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Rechtsquellen/ Geltungsrang des Völkerrechts

YS
by Yannick S.

Geltung und Rang von völkerrechtlichen Verträgen und allg. Regeln des Völkerrechts

Rang völkerrechtlicher Verträge in Normhierarchie der deutscher Rechtsordnung:

  • Zustimmung des Gesetzgebers gem Art. 59 II S.1 GG => Rang eines Bundesgesetzes

  • Verwaltungsabkommen wird nach Art. 59 II S. 2 GG als Rechtsverordnung umgesetzt und nimmt deren Rang ein

-> nach BVerfG: „Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG" => Auftrag zur Nutzung aller methodisch vertretbaren Auslegungstechniken zur Vermeidung eines Völkerrechtsverstoßes (Vermutung der intendierten VölkerR-Treue des Gesetzgebers; Grenze tragende Grundsätze des Verfassungsrechts); Auslegungsmethoden:

  • Vertragsgesetz als lex specialis

  • Vermutung gegen stillschweigende lex posterior

  • völkerrechtskonforme Auslegung des Gesetzesrechts

  • menschenrechtskonforme Auslegung von Grundrechten

  • Berücksichtigung der Spruchpraxis internationaler Gerichte („Orientierungswirkung“, insb. EGMR)

Geltung/ Rang von allg. Regeln des Völkerrechts (vgl. Art. 25 S.1 GG):

-> Art. 25 S. 1 GG umfasst Gewohnheitsrecht und allg. Rechtsgrundsätze nach Art. 38 IGH-Statut (soweit „allgemein“ verbreitet und nicht nur von einzelnen Staaten akzeptiert)

(Gewohnheitsrecht: Übung von einiger Dauer, longa consuetudo/ getragen von Rechtsüberzeugung, opinio iuris)

-> kein Übernahmeakt erforderlich; Vorrang vor Bundesgesetzen = keine lex posterior durch (einfachen) Gesetzgeber möglich, allerdings unter Rang der Verfassung (h.M.)

-> pers. Anwendungsbereich: Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebiets (vgl. Art. 25 S. 2, 2. Hs.); in Prozess: Gerichte sind allg. Regeln unterworfen gem. Art. 25 i.V.m. Art 20 III GG -> für Unklarheiten besitzt BVerfG das Entscheidungsmonopol (s.u.)/ außerdem: VerfBeschwerde, gestützt auf Art. 2 I i.V.m. Art. 25 GG

(Bsple.: argentinische Finanzkrise/ Bombenangriff auf Brücke von Varvarin)


=> Rolle des BVerfG - Normverifikationsverfahren:

-> verbindliche Klärung der völkerrechtlichen Existenz einer „allgemeinen Regel des Völkerrechts“ gem. Art. 100 II GG („Entscheidungsmonopol“ des BVerfG; ergänzt Verwerfungsmonopol für nachkonstitutionelle Gesetze in Abs. 1)

Zweck: Reaktion auf besondere Schwierigkeiten im Umgang mit ungeschriebenen/ dynamischen Normen im Gewohnheitsrecht/ effektive Durchsetzung des VölkerR im innerstaatlichen Bereich

Geltung und Rang der EMRK und Funktion des EGMR

EMRK = (grds.) völkerrechtlicher Vertrag (Unterzeichner: Mitglieder des Europarates)

Individualbeschwerde bei EGMR:

-> bei Behauptung, in einem durch Konvention oder ZP garantierten Recht verletzt zu sein

(!) Subsidiarität: Art. 35 I EMRK (Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs)

=> (nur) Feststellungsurteil - aber Pflicht zur Beendigung der Beeinträchtigung (ggf. Entschädigung)


Problemfall: BVerfG und EGMR vertreten gegensätzliche Positionen zur Grundrechts- bzw. Menschenrechtskonformität eines nationalen Gesetzes (BVerfG bejaht Verfassungsmäßigkeit; EGMR stellt Verstoß gegen EMRK fest)

-> Rolle eines EGMR-Urteils: grds. Pflicht zur Umsetzung der EMRK (Art. 46 EMRK); aber EMRK ist ein völkerrechtlicher Vertrag => (lediglich) förmliches Bundesgesetz (über Art. 59 II GG)

-> unbilliges Ergebnis: Menschenrechte stehen auf einer Ebene mit einfachen Bundesgesetzen (wie bspw. BJagdG)

=> Lösung: Berücksichtigungspflicht (≠ schematische Anwendungspflicht) durch Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des GG (vgl. Präambel, Art. 1 II, 9 II, 23-26 GG) <-> Grenze: Berührung von tragenden Verfassungsgrundsätzen [vgl. Görgülü-Entscheidung d. BVerfG]

-> alternativ: Wertung der EMRK als Völkergewohnheitsrecht; Vorrang gem. Art 25 GG (allg. Praxis, schwer vertretbar)

=> EGMR nimmt faktische Orientierungs- und Leitfunktion ein (inter-partes, Bindungswirkung nur für BRD selbst als Völkerrechtssubjekt, wenn dt. Staat selbst verurteilt wurde); BVerfG versucht Konventionsverstöße zu vermeiden (erneute Klage bei BVerfG ausnahmsweise möglich, aufgrundrechtserheblicher Änderungen der Sach- und Rechtslage) <-> bei (materiellen) Widerspruch mit nationalen Grundrechten, gehen diese vor

-> Pflicht einer deutschen Behörde zur Anwendung eines EMRK-widrigen Gesetzes: BVerfG hat alleiniges Verwerfungsmonopol (lediglich Pflicht des Gesetzgebers aus Art. 46 EMRK zur Änderung des konventionswidrigen Gesetzes; bis dahin muss Verwaltung durch den Gewaltenteilungsgrundsatz geltendes Recht anwenden, insofern ihr keine Auslegungsspielräume zustehen)

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Yannick S.

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