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Recht der Auswärtigen Gewalt

YS
by Yannick S.

Auswärtige Gewalt der Bundesrepublik Deutschland

(Gewaltenteilung)

Verteilung auf die drei Gewalten (Abschluss völkerrechtlicher Verträge):

(in Gutachten bietet sich eine Unterscheidung zwischen Organ- und Verbandskompetenz an)

- Exekutive (traditionell überwiegender Anteil)

grds. Art. 32 I GG; arg. sachliche, personelle, organisatorische Kompetenz (GG)/ einheitliche Vertretung nach außen/ Handlungsfähigkeit (-> aber: funktionsadäquater Zuordnung, Wahrung von Demokratie/ Bundesstaatlichkeit/ Rechtsstaat)

-> Bundespräsident Art. 59 I GG (rein notarielle Funktion; Gegenzeichnungspflicht, Art. 58 GG)

Praxis: Bevollmächtigung von anderen Organen zur Unterzeichnung von völkerrechtlichen Verträgen (Unterscheidung im Einzelfall zwischen Staatsverträgen; Regierungsabkommen; Ressortabkommen); Delegation der Befugnisse auch konkludent bzw. stillschweigend jedenfalls im Einzelfall (!) möglich (Generalvollmacht str. -> contra: dafür wäre Verfassungsänderung des Art. 59 I nötig)

-> Bundesregierung (Richtlinienkompetenz: Kanzler; kollektive Verantwortung, § 15 GOBReg)

- Legislative

v.a. über Art. 59 II GG -> doppelter Zweck: Wahrung des Gesetzgebungsmonopols/ Kontrolle der Exekutive

=> Zustimmung des Gesetzgebers (Art. 59 II S.1); grds. nach Aushandlung

-> Doppelfunktion des Vertragsgesetzes: Zustimmung und Ratifikation (außen);

Anwendungsbefehl für innerstaatl. Vollzug (innen)

-> Erforderlichkeit eines Vertragsgesetzes nach Art. 59 II S.1 -> 2 Varianten:

-> Bezug auf politische Beziehungen des Bundes (eng auszulegen: wenn Existenz/ Gewicht

in Staatengemeinschaft/ territoriale Integrität/ Unabhängigkeit Deutschlands betroffen)

-> Bezug auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung (wenn Erfüllung nur durch Erlass eines

(Bundes-) Gesetzes möglich; Abgrenzung: legislative/ exekutive Kompetenz => Vertrag/

Verwaltungsabkommen; Frage nach Gesetzesvorbehalt)

=> Anwendung der Vorschriften über die Bundesverwaltung im Falle des Art. 59 II S.2

- Judikative

v.a. über Art. 1 III GG -> kein Unterschied zwischen innerem und äußerem Handeln

=> Bindung an die Verfassung (!), Präambel, Art. 26, 23, 24, 20 (Rechtsstaat/ Demokratie)/ Bindung aus den Grundrechten, Art. 1 III GG (P: Zurechenbarkeit/ Verantwortlichkeit?)

=> judikative Kontrolle von Vertragsgesetzen und außenpolitischen Akten (VerfBeschw., Abs. NK, B-L-Str.); Inzidentprüfung völkerrechtlicher Regeln (Art. 100 I oder II GG)

Auswärtige Gewalt der Bundesrepublik Deutschland

(Föderalismus)

(Gliedstaaten in föderalen Ordnungen sind partielle Völkerrechtssubjekte)

Vertragsschlusskompetenz im GG:

-> zentral: Art. 32 I <-> Art. 32 III (Kriterium: Gesetzgebungskompetenz)

P: Streitfrage (Bsp. BRK) bei ausschließlicher Gesetzgebungskompetenz der Länder:

-> Zentralistische Lösung: unbeschränkte Vertragsschlusskompetenz/ Vollzugskompetenz des

Bundes; Abs. 3 ist Ergänzung (arg. Wortlaut: "können sie"; nicht "nur sie"/ entspricht allg.

Gepflogenheiten) -> außerdem (!): Annex aus Abs. 1, auch Volllzugskompetenz bei Bund, um

Risiko der Blockade durch Länder entgegenzuwirken (<-> P: Kompetenzgefüge der Art. 70 ff. GG)

-> Föderalistische Lösung: ausschließliche Vertragsschluss-/ Vollzugskompetenz der Länder, Abs. 3

ist lex specialis zu Abs. 1 (arg. rechtspol. Konvergenzprinzip: Ineinanderfallen von Abschluss und

Erfüllung/ sonst: Aushöhlung der Landesgestzgebungskompetenz)

-> Vermittelnde Lösung (h.M.): konkurrierende Vertragsschlusskompetenz des Bundes, aber

Vollzugskompetenz der Länder (Zweck Art. 32 I: Einheitliches Auftreten des Bundesstaates)

mögliches Risiko: völkerrechtliche Verpflichtungen des Bundes laufen durch fehlende

Transformations-/ Vollzugsakte der Länder ins Leere

=> Lindauer Abkommen (Praxis seit 14.11.1957) - Mittel zur Handlungsfähigkeit des Bundes im völkerrechtlichen Verkehr:

Nr. 1: Streitparteien halten an Auffassungen fest (keine Streitlösung als solche)

Nr. 3: Bund hat die volle Vertragsabschlusskompetenz; allerdings bei Fragen s.o.: vorheriges Einvernehmen mit Ländern (ständiges Gremium: rechtzeitige Konsultation bei allen Verträgen, die „wesentliche Interessen“ der Länder berühren <-> „Gesetzgebungskompetenz“ => etwas weiter als verfassungsrechtlich vorgesehen)

Rechtsnatur des Lindauer Abkommens str.:

u.a. angenommen: Staatsvertrag; Verwaltungsabkommen; rechtlich-unverbindliche, pol. Vereinbarung; verfassungswidrig (Abkommen kann jedenfalls nicht in die Kompetenzordnung des GG eingreifen, gem. Art. 79 nur durch Gesetz)

-> keine abschließende Klärung durch BVerfG, da es noch nicht durch Bund-Länder-Streit angerufen wurde

Innerstaatlicher Vollzug von Völkerrecht

im GG; Dogmatik des Art. 59 II GG:

- Konsequenzen für Geltung und Rang: Existenz eines Übernahmeakts ist innerstaatliche Geltungsvoraussetzung/ Form des Übernahmeakts definiert den Rang der Völkerrechtsnorm in der staatlichen Rechtsordnung

- Verständnis des Vertragsgesetzes/ der Verordnung (bzw. des Übernahmeakts) oder Notwendigkeit derselben bis heute str:

e.A. als "Transformationsakt" (schafft innerstaatliches Recht mit identischem Inhalt der völkerrechtlichen Norm);

a.A. betont Völkerrechtsfreundlichkeit (GG: Präambel, Art. 23, 24, 59 II 1, 25) -> Rechtswirkungen ohne Anwendungsbefehl (P: Zuwiderlaufen der dualistischen Rechtsordnung bei konsequenter Anwendung auf beide Sätze des Art. 59 II GG);

a.A. als "Vollzugsanordnung" (erteilt innerstaatlichen Anwendungsbefehl, etwa durch Ratifikationsakt und verweist auf Völkerrechtsnorm -> Norm wird weiter als Völkerrecht behandelt)

=> Bundesgerichte (Transformationslehre) <-> BVerfG / Lehre (eher Vollzugslehre); wohl Einigkeit: Publizitätsakt (durch Ratifizierung) erforderlich

unmittelbare Anwendbarkeit von völkerrechtlichen Verträgen (oder von allg. Regeln des Völkerrechts):

Vertrag müsste nach Wortlaut, Inhalt und Zweck so aufgebaut sein, dass Rechtsunterworfene (Art. 20 III GG) ohne weiteres durch ihn gebunden sein können (self-executing norm; z.B. WEK: nur Behmühenspflichten, zu unkonkret und geht selbst von Konkretisierungsakten aus)

(-> an allg. Regeln des Völkerrechts sind Gerichte somit gem. Art. 25 i.V.m. Art. 20 III GG gebunden)

(in Gutachten muss häufig trotz fehlender unmittelbarer Anwendungsmöglichkeit eines Vertrages ein möglicher Verstoß gegen die Vorschriften desselben geprüft werden)

Wehrverfassung der Bundesrepublik Deutschland

Landesverteidigung: Art. 115a ff. GG (...)

Verteidigung nach Art. 87a II GG:

1) Anwendbarkeit des Art. 87a II GG:

alle Einsätze außerhalb der Landesverteidigung (a.A. nur bezogen auf Inlandseinsätze, arg. Systematik nachfolgende Abs. 3, 4; hist. mit Notstandsverfassung - Inlandsbezug - in GG aufgenommen <-> aber: arg. Wortlaut des Abs. 2 lässt offen; ansonsten wäre Art. 26 die einzige - zu weite - Grenze für Auslandseinsätze)

2) immanente Erlaubnis:

"Verteidigung" = Einsätze zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung i.S.v. Art. 51 UN-Charta -> alle Verstöße gegen Art. 2 (4) UN- Charta (Gewaltverbot) sind demnach rechtfertigungsbedürftig

-> Rechtfertigung bei Evakuierungseinsätzen str.: eher kein Ausnahmetatbestand des Art. 2 (4) UN-Charta (a.A. vertretbar), da Art. 51 UN-Charta Angriff auf sich selbstverteidigenden Staat voraussetzt => Praxis: derartige Operationen häufig mit Zustimmung des betroffenen Staates; Ausnahmefall daher unabhängig von Art. 51 UN-Charta gegeben

-> kollektive Selbstverteidigung; grds. (+)

-> personelle Verteidigung im Ausland (arg. Schutzpflicht im GG ggü. GR-Berechtigten); weiterer Ausnahmetatbestand zu Art. 2 (4) UN-Charta als „Völkergewohnheitsrecht“ (a.A. kritisiert, da etwa der unspezifische Art. 25 S. 1 nicht ausdrücklichen Anforderungen des Art. 87a II genügt) tendenziell (-)

3) Ausdrückliche Erlaubnis in GG:

bspw. Einordnung in System kollektiver Sicherheit gem. Art. 24 II GG => Zulassung i.S.v. Art. 87a II GG?: Grundsatzurteil BVerfGE 90, 286:

-> Einsatz der BW jenseits von Landesverteidigung (pro: Teleologie/ Systematik <-> contra: Wortlaut, keine explizite Ermächtigung)

-> UN (+); NATO (= System kollektiver Sicherheit? - pro: gegenseitiges Bündnis <-> contra: NATO als Teilsystem, Berufung auf UN-Recht); EU (str.)

-> Kompetenzfrage; Entscheidung über Einsatz (e.A. jeweils Gesetz i.S.v. Art. 59 II S.1 GG; in Praxis: kein Gesetz nötig, aber Parlamentsvorbehalt/ konstitutiver Zustimmungsbeschluss im BT; im ParlBG näher ausgestaltet)

wehrverfassungsrechtlicher Parlamentsvorbehalt:

-> Herleitung aus Gesamtschau aller relevanten Vorschriften des GG notwendig (BVerfG):

[Art. 45a, 45b, 87a I 2 (i.V.m. 110), 115a I]

=> Voraussetzungen der Zustimmungsbedürftigkeit:

1) Tatbestand: Auslandseinsatz ohne Einbeziehung in bewaffnete Unternehmungen (nach BVerfG

Out-of-Area-Entscheidung: "rein humanitäre Hilfsdienste mit Waffen zur Selbstverteidigung,

wobei kein bewaffneter Einsatz zu erwarten ist" sind nicht zustimmungsbedürftig)

2) Reichweite - entscheidend: "Einbeziehung in bewaffnete Auseinandersetzungen nach den

einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen konkret zu erwarten?" (qualifizierte

Erwartung, reine Möglichkeit reicht nicht aus)

3) Ausnahme zur Zustimmungspflicht: Gefahr in Verzug => dann evtl. nachträgliche Zustimmung:

- Zustimmungserfordernis für Fortsetzung des Einsatzes; ggf. Rückholverpflichtung

- keine Zustimmungserfordernis bei bereits beendeten Einsätzen (früher str.; jedenfalls

umfassende Pflicht, qualifiziert zu informieren, als Ausfluss des Parlamentsvorbehalts)

Extraterritoriale Geltung deutschen Rechts

extraterritoriale Geltung deutscher Grundrechte - Meinungen:

- strenges Territorialitätsprinzip (per se keine extraterritoriale Wirkung) -> P: Bundesrepublik handelt im Ausland (Diplomatischer Dienst/ Militär/ Nachrichtendienste)

- Wirkungsprinzip (Grundrechtsbindung gilt absolut und umfassend, gleich wo und in welcher Intensität sie wirkt) -> P: Kollision mit ausländischen Verfassungsrecht; Zurechenbarkeit deutschen Handelns häufig schwierig

- Subordination als Grundrechtsvoraussetzung (Geltung für Personen, die in einem subordinativen Grundverhältnis zum deutschen Staat stehen); innerhalb von gemeinsamen Militäroperationen sind solche Staaten in diesem Verhältnis zu betrachten, die die "effektive Kontrolle" über den GR-Eingriff im Einzelfall ausüben

=> BVerfG/ Teil d. Lehre: keine pauschale Aussage möglich; für jedes GR und jeden Einzelfall auszuloten (in der Prüfung sind die allg. Rechtsgrundsätze, wie Bestimmtheit, Verhältnismäßigkeit, etc. im Sinne der „Völkerrechtsfreundlichkeit“ des GG zu modifizieren und an Völkerrechtsnormen anzulehnen)

-> möglicher Fall: Festnahme und Überstellung von Verbrechern (z.B. Piraten) im Rahmen von ausländischen Militäroperationen der Bundeswehr (Art. 2 II 2, 3 i.V.m. Art. 104 I 1, III 1 GG / Art. 2 II 2 i.V.m. Art. 1 GG, Art. 3 EMRK)

extraterritoriale Geltung einfachen deutschen Rechts:

grds.: Gesetzgeber kann einfaches Recht so gestalten, dass es auf Sachverhalte im Ausland anwendbar ist (z.B. Handlungen deutscher Amtspersonen im Ausland)

-> Kunduz-Entscheidung: staatshaftungsrechtliche Verantwortung - nach BGH ist § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG bei Kampfhandlungen der Bundeswehr im Ausland von vornherein nicht anwendbar; arg.: hist. Kontext (Preußisches AllgLR)/ strukturell auf Normalfall des Verwaltungshandelns ausgerichtet/ aus Völkerrecht werden grds. nur Ersatzansprüche zwischen Staaten abgeleitet/ Gefahr für Bündnisfähigkeit (=> Entscheidung sehr umstritten!)

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Yannick S.

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