Abgrenzung zu anderen Theorien der kognitiven Entwicklung
Mit den Theorien der Informationsverarbeitung
Definition von Problemen und Problemlösen
= Ein Problem liegt vor, wenn ein bestimmtes Ziel nicht unmittelbar erreicht werden kann z.B. weil Hindernisse bestehen
= Problemlösen ist der Prozess der Überführung eines Ausgangszustands in einen Zielzustand durch die Anwendung einer Strategie, mit der ein Hindernis überwunden werden kann
Mentale Repräsentation eines Zielzustandes
Mentale Repräsentation von Hindernissen, die dem Erreichen des Ziels im Weg stehen
Mentale Repräsentation von Strategien, die zum Erreichen des Ziels geeignet sind
Evaluation der Ergebnisse von zielgerichteten Handlungen im Hinblick auf die Problemösung
Weil es eine mentale Repräsentation von vielen verschiedenen Faktoren voraussetzt
Beispiel: Lösen des Brückenbau-Problems
Planen
Ab 12 Monaten
Rudimentäre Handlungsplanung d.h. einfache Pläne, die noch Lücken aufweisen
Beispiel: Studie zur Untersuchung des Planens bei 12-Monate-alten Kindern von Willatts
Die Kinder sollen an ein Spielzeug herankommen, indem sie ein Hindernis beseitigen und das Spielzeug mit einer Schnur heranziehen -> 12-Monate-alte Kinder sind dabei erfolgreich
3- und 4-Jährige handeln meist wenig planvoll und scheitern in Situationen, in denen Planung notwendig wäre, um ein Problem zu lösen und somit ein Ziel zu erreichen
5-Jährige zeigen Ansätze systematischer Planung
Schwierigkeit, Handlung zu unterdrücken (Hemmung)
Übermäßiger Optimismus
Beanspruchung großer mentaler Ressourcen
Äußerung:
Planen erfordert eine Strategieauswahl, bei der man auf sofortige Lösungsversuche verzichtet und stattdessen analysiert, welche Strategie wahrscheinlich am effektivsten ist
Dabei muss der Wunsch, sich direkt auf das Ziel zuzubewegen, unterdrückt werden
Die Fähigkeit von Kindern unter 5 Jahren, Handlungen zu unterdrücken, ist noch beschränkt
Grund:
Fehlende Reife des Frontallappens, der für Inhibitionsprozesse wichtig ist (reift bis zur Pubertät)
Kinder denken, dass sie Probleme effektiver lösen können als es ihnen tatsächlich möglich ist d.h. sie überschätzen ihre Leistung
Dementsprechend sind sie dazu geneigt, nicht zu planen, weil sie glauben, dass sie auch ohne das Planen Erfolg haben
Eher aufgrund von Wunschdenken als durch Defizite in der Metakognition
Planen braucht bei jüngeren Kindern größere mentale Ressourcen als bei älteren Kindern
Gründe:
Geringere Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Weniger Wissen über geeignete Strategien
Regelgeleitetes Denken
Ab 5 Jahren
Fähigkeit zur Regelumstellung
Beispiel: Studie zur Untersuchung der Umstellung auf neue Sortierregeln bei 3- bis 5-Jährigen von Frye et al.
Die Kinder spielen ein Sortierspiel, bei dem nach einiger Zeit die Sortierrregel verändert wird -> 5-Jährige sind bei der Regelumstellung erfolgreich
Voraussetzung für das Gelingen der Regelumstellung ist die Unterdrückung aufgabenirrelevanter Informationen z.B. muss das Farbenspiel unterdrückt werden, wenn das Formenspiel gespielt wird
Grund für die Interferenzanfälligkeit der 3- und 4-Jährigen ist die fehlende Reife ihres präfrontalen Cortex, der für Inhibitionsprozesse wichtig ist (reift bis ins junge Erwachsenenalter)
5-Jährige schaffen die Regelumstellung, weil ihr präfrontaler Cortex schon gereifter ist (reift beschleunigt im Altersbereich von 4 bis 7 Jahren)
Ab 9 Jahren bei einfachen Aufgaben
Erst ab dem Erwachsenenalter vollständig
Beispiel: Studie zur Anwendung von Regeln beim Balkenwaage-Problem von Siegler
Die Kinder sollen das Balkenwaage-Problem in verschiedenen Variationen lösen und erklären, warum sie sich für welche Lösung entschieden haben (die Antworten werden jeweils einer von vier definierten Regeln zugeordnet) -> Nur wenige nutzen Regel 4, erst 9-Jährige nutzen teilweise Regel 3
Analoges Schlussfolgern
= Analoges Schlussfolgern ist das Verstehen und Lösen eines Problems durch den Rückschluss auf ein bereits bekanntes Problem und dessen Lösung
Vergleich des gegenwärtigen Problems mit einem früheren Problem
Finden von Übereinstimmungen zwischen dem gegenwärtigen und früheren Problem
Transfer von Erkenntnissen aus der Auseinandersetzung mit dem früheren Problem auf das gegenwärtige Problem
Nutzung perzeptueller Ähnlichkeiten
Nutzung relationaler Ähnlichkeiten
Rudimentäre Form des analogen Schlussfolgerns d.h. nur dann möglich, wenn das Problem einem früheren Problem stark ähnelt
Beispiel: Studie zur Nutzung perzeptueller Ähnlichkeiten beim analogen Schließen von Chen et al.
Die Kinder sollen mehrmals an ein Spielzeug herankommen, indem sie eine Hindernis beseitigen und das Spielzeug mit einer Schnur heranziehen (diese Problemsituation erleben sie in drei analogen Varianten) -> 13-Monate-alte Kinder sind auch dann erfolgreich, wenn die Oberflächenmerkmale der Spielzeuge weniger ähnlich sind
Ab 4 Jahren
Nur dann, wenn das Problem aus einem vertrauten Bereich stammt
Beispiel: Studie zur Nutzung relationaler Ähnlichkeiten beim analogen Schließen von Goswami und Brown
Die Kinder sollen ein Bilderlegespiel mit dem Aufgabentyp “A:B = C:?” (A verhält sich zu B wie C zu D) lösen -> 4-Jährige sind dabei erfolgreich, wenn das Spiel aus einem vertrauten Bereich stammt
Auch, wenn Kinder analoges Schlussfolgern schon sehr früh nutzen können, verbessert sich diese Fähigkeit gravierend mit steigendem Alter
Grund: Zunahme des kindlichen Wissens über Probleme und Relationen
Deduktives Denken
= Deduktives Denken ist das Ziehen eines logischen Schlusses aufgrund gegebener Prämissen
Beispiel: Syllogismus
Prämisse 1: Alle Hunde bellen.
Prämisse 2: Rex ist ein Hund.
Logischer Schluss Rex bellt.
Kinder neigen dazu, ihr Weltwissen heranzuziehen und aufgrund des Wahrheitsgehalts von Prämissen zu urteilen -> Ablehnung kontrafaktischer Schlüsse
Präsentation der Prämissen in einem Fantasiekontext
Intonation, die ein fiktives Szenario signalisiert
Instruktion, die auffordert, visuelle Vorstellungen zu bilden
Gleiche Aufgaben mit gleichem Schwierigkeitsgrad sind in einer konkreten Version (Aufgabe anhand eines Alltagsbeispiels) sehr viel leichter zu lösen als in einer abstrakten Version
Beispiel: Studie zum Einfluss des Aufgabenkontexts auf das
deduktive Schließen von Erwachsenen von Goswami
Die Erwachsenen sollen eine konkrete und eine abstrakte Version der Selektionsaufgabe von Wason lösen -> Die meisten können die konkrete Version, jedoch können nur 10% die abstrakte Version lösen
Für Kinder gilt das gleiche wie für Erwachsene: Gleiche Aufgaben mit gleichem Schwierigkeitsgrad sind in einer konkreten Version (Aufgabe anhand eines Alltagsbeispiels) sehr viel leichter zu lösen als in einer abstrakten Version
Beispiel: Studie zur Selektionsaufgabe bei Kindern von Harris und Nunez
Die Kinder sollten eine konkrete Version der Selektionsaufgabe von Wason lösen -> 3- und 4-Jährige sind dabei erfolgreich
Weil bei alltagsnahen Aufgabenkontexten auf pragmatische (aus der Alltagserfahrung bekannte) Denkschemata zurückgegriffen werden kann z.B. Erlaubnisregeln
Mit steigendem Alter nimmt die Neigung nur Orientierung am Wahrheitsgehalt bzw. an der Realität (Alltagsnähe) ab
Höhere Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Verbesserte Problemlösestrategien
Mehr inhaltliches Wissen
Verbesserte Metakognition
Wissenschaftliches Denken
= Wissenschaftliches Denken ist die Anwendung systematischer Strategien zur Hypothesenprüfung und Bewertung von Befunden
Erst ab dem Jugendalter (formal-operatorisches Stadium)
Ab dem Ende der Grundschulzeit
Nur dann, wenn ihnen ein unterstützender Kontext für die Methotik geboten wird
Beispiel: Münchener Längsschnittstudie LOGIK von Sodian et al.
Die Kinder müssen mittels der Variablenkontrollstrategie herausfinden, wodurch der Treibstoffvebrrauch eines Flugzeuges beeinflusst wird (entweder als Produktions- oder als Wahlaufgabe) -> Bei der Produktionsaufgabe sind erst Jugendliche erfolgreich, bei der Wahlaufgabe sind schon 4. Klässler erfolgreich
Implementierung wissenschaftstheoretisch und forschungsmethodisch adäquater Curricula im Sachkundeunterricht der Grundschule und naturwissenschaftlichen Unterricht der Sekundarstufe I
Förderung des wissenschaftliches Denkens im Grundschulalter durch Strategietrainings
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