Abgrenzung zu anderen Theorien der kognitiven Entwicklung
Durch die Betonung der Rolle der sozialen Umwelt
In Abgrenzung zu Piagets Theorie, Informationsverarbeitungtheorien und Theorien des domänenspezifischen Wissens: Betonung der Bedeutung der Interaktionen mit anderen Menschen statt Betonung der aktiven Rolle des Kindes für die Entwicklung
Kinder sind soziale Wesen
Kognitive Entwicklung findet in direkter Interaktion von Kindern mit anderen Menschen statt
Andere Menschen helfen Kindern, die Fertigkeiten und Wissensinhalte ihrer Kultur zu erwerben
Wygotskis Theorie
Zone der proximalen Entwicklung
Gelenkte Partizipation
Inneres Sprechen
= Die Zone der proximalen Entwicklung ist der Bereich zwischen der Leistung, die ein Kind aus eigener Kraft erbringen kann und der Leistung, die ihm mit optimaler Unterstützung durch andere möglich ist
= Gelenkte Partizipation ist ein Prozess, bei dem eine kompetentere Person ein Kind beim Erlernen einer neuen Fähigkeit anleitet
Wichtig: Nicht nur am aktuellen Entwicklungsstand des Kindes, sondern auch an seinem Leistungspotential orientieren -> Kognitive Entwicklung findet dann statt, wenn die anleitende Person das Denken des Kindes auf geringfügig höherem Niveau unterstützt als es dem Kind von sich aus möglich wäre
Idee: “Was das Kind heute in Zusammenarbeit und unter Anleitung vollbringt, wird es morgen selbständig ausführen können”
= Inneres Sprechen meint internalisierte Selbstgespräche bzw. Denken
Privates Sprechen d.h. laute Selbstgespräche
Im Vorschulalter
Funktionen:
Selbstgespräche als Hilfe zur Selbstregulation
Selbstgespräche als Selbstanleitungen beim Problemlösen
Selbstgespräche als Grundlage für alle höheren kognitiven Prozesse
Phase: Das Verhalten des Kindes ist gesteuert durch die Kommunikation mit anderen
Phase: Das Verhalten des Kindes ist gesteuert durch privates Sprechen d.h. das laute Selbstgespräch
Phase: Das Verhalten des Kindes ist gesteuert durch inneres Sprechen d.h. das internalisierte Selbstgespräch bzw. Denken
Mechanismen der kognitiven Entwicklung
Intersubjektivität
Soziale Stützung
Beachtung der Zone der proximalen Entwicklung
Mechanismen der kognitiven Entwicklung - Intersubjektivität
= Intersubjektivität ist das wechselseitige Verstehen in der Kommunikation zwischen Menschen
Voraussetzung für:
Effektive Verständigung (Bezug auf dieselben Inhalte und Reaktion auf die Mitteilungen des anderen)
Wirksames Lehren und Lernen
Geteilte Aufmerksamkeit
= Geteilte Aufmerksamkeit ist ein Prozess, bei dem zwei soziale Partner ihre Aufmerksamkeit bewusst und gemeinsam auf einen Gegenstand der äußeren Umwelt richten
Erhöht die Fähigkeit, von anderen zu lernen
Zwischen 9 und 15 Monten
Äußerung:
Anschauen derselben Gegenstände wie der Sozialpartner
Verfolgen von Änderungen im Blickverhalten des Sozialpartners d.h. Anpassung der eigenen Blickrichtung, wenn der Sozialpartner ein neues Objekt fokussiert
Aktive Lenkung der Aufmerksamkeit von Erwachsenen auf Objekte, die für das Kind interessant sind
Wenn ein Erwachsener einen Gegenstand benennt, schaut er ihn an oder zeigt darauf -> Kinder, die denselben Gegenstand anschauen, sind beim Erlernen der Wortbedeutung im Vorteil
Wortschatzentwicklung wird dadurch vorhergesagt wie erfolgreich Säuglinge dem Blick anderer Menschen folgen -> Je früher Kinder geteilte Aufmerksamkeit zeigen, desto schneller ihr Spracherwerb
4-Jährige sind besser dazu in der Lage, beim Spielen eine Übereinstimmung bezüglich Spielregeln zu finden und sich bezüglich Rollen im Spiel zu einigen, als 3-Jährige
Schulkinder sind mit steigendem Alter besser dazu in der Lage, sich wechselseitig etwas beizubringen und von anderen zu lernen
Mechanismen der kognitiven Entwicklung - Soziale Stützung
= Soziale Stützung ist ein Prozess, bei dem eine kompetentere Person (als das Kind) zeitweilig ein Rahmengerüst bietet, welches Denken auf einer höheren Ebene ermöglicht als das Kind von selbst bewältigen könnte
Bezug zur gelenkten Partizipation nach Wygotski
Beispiele:
Ziel einer Aufgabe erklären
Mögliche Lösungswege aufzeigen
Hilfe bei schwierigen Teilen einer Aufgabe geben
Die Stützmaßnahmen sind zunächst umfangreich, werden jedoch mit der Zeit immer mehr zurückgenommen bis das Kind die Aufgabe ohne fremde Hilfe selbstständig bewältigen kann
Je besser die Qualität der sozialen Stützung, desto größer der Lernerfolg
Beispiel: Studie von Radziszewska und Rogoff -> 5- bis 9-Jährige schneiden bei Aufgaben besser ab, wenn sie ähnliche Aufgaben vorher mit ihren Eltern gelöst haben, wie wenn sie ähnliche Aufgaben vorher mit anderen Kindern gelöst haben
Mechanismen der kognitiven Entwicklung - Beachtung der Zone der proximalen Entwicklung
= Die Beachtung der Zone der proximalen Entwicklung meint die Beachtung des Bereichs zwischen der Leistung, die ein Kind aus eigener Kraft erbringen kann und der Leistung, die ihm mit optimaler Unterstützung durch andere möglich ist
Bezug zur Zone der proximalen Entwicklung nach Wygotski
Eltern verstehen das Prinzip der Zone der proximalen Entwicklung implizit bzw. intuitiv
Oft richtet sich ihre Unterstützung auf das obere Ende der Fähigkeiten ihres Kindes
Oft ermutigen sie ihr Kind, auf einem höheren Niveau über eine Aufgabe nachzudenken, wenn es einfache Aspekte der Aufgabe beherrscht
Beispiel: Studie zur Beachtung der Zone der proximalen Enwticklung durch Erwachsene von ?
Kulturübergreifende Entwicklungsmechanismen vs. kulturspezifische Inhalte
Viele Prozesse, die Entwicklung anstoßen, kommen in allen Kulturen vor -> Kulturübergreifende Entwicklungsmechanismen
Die Inhalte (Symbolsysteme, Gebrauchsgegenstände, Fähigkeiten und Werte), die die Kinder lernen, variieren jedoch und formen das Denken des Kindes -> Kulturspezifische Inhalte
Beispiel: Studie zu kulturellen Unterschieden in der Bewerkstelligung der sozialen Stützung von Rogoff et al.
Mütter verschiedener Kulturen sollen ihr Kind dazu bringen, neue Spielzeuge korrekt zu verwenden -> Alle nutzen soziale Stützung, wenn auch in verschiedenen Ausführungen z.B. hinsichtlich verbalen Instruktionen, Gesten, Blicken und Berührungen
Beispiel: Studie zur Erfahrung mit de Abakus und Strategien des Kopfrechnens von ?
Beispiel: Studie zur langfristigen Anwendung von Analogieschlüssen aus Märchen beim Problemlösen von Chen et al.
Studierende aus den USA und China sollen sechs Aufgaben lösen (davon ist eine analog zu einem amerikansichen Märchen, eine analog zu einem chinesischen Märchen und vier sind neutral) -> Die zwei Aufgaben mit einer Analogie zu einem kulturspezifischen Märchen werden von den Studierenden der entsprechenden Kultur eher gelöst d.h. (bewusster oder unbewusster) Rückgriff auf kulturspezifische Inhalte beim Problemlösen
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