Ziele
Welche Stellen der Zähne stehen unter großem Kariesrisiko?
Bei Kindern und Jugendlichen gerade die an den Fissuren.
Selbst bei guter Muhy kommt es dort zu ungünstigen Ernährungsgewohnheiten zu Karies.
Wie wird dieses große Kariesrisiko an den Fissuren erklärt?
Weil enge Fissuren von den Zahnbürstenborsten nicht erreicht werden.
Es ist ebenso bekannt, dass die Kariesprophylaxe mit Fluoriden in den Fissuren die geringste Wirkung zeigt.
Wie kann die Fissurenkaries wirksam verhindert werden?
Durch Versiegelung des Fissurensystems.
Wie ist das Prinzip?
Indem das Fissurensystem mit Kunststoff aufgefüllt wird, verhindert man eine Besiedelung der Plaque und macht es zudem durch eine Formveränderung putzbar.
Welchen zwei Aspekte ergeben sich daraus?
Nicht jede Fissur muss versiegelt werden, sondern nur jene, die sich in einem Mund mit erhöhten Kariesrisiko befinden. Dabei ist es eher unerheblich, welche anatomische Form die einzelne Fissur hat. Die Entscheidung, eine Fissur zu versiegeln, muss individuell aufgrund einer Diagnose erfolgen und ist daher dem Zahnarzt vorbehalten.
Da das Kariesrisiko in der Fissur am frisch durchgebrochenen Zahn am größten ist, sollten Fissuren so früh wie möglich versiegelt werden, was aber durchaus Probleme verursachen kann, da es schwierig ist, durchbrechende Molaren trocken zu halten.
Grundlagen
Mithilfe von welchem Material können die Fissuren versiegelt werden?
Kunststoff mit Adhäsivtechnik.
Versiegelung mit anderen Materialien (z.B. Galsionemerzement) haben sich infolge einer hohen Verlustrate nicht bewährt.
Auf welchen Tatsachen (geht auf Buoncore zurück) beruht die Adhäsivtechnik?
Durch eine Ätzung mit 40%iger Phosphorsäure wird der Schmelz infolge seiner Prismenstruktur selektiv aufgelöst.
Wozu kommt es bei einer Ätzung des Schmelzes mit 40%iger Phosphorsäure?
Es kommt neben einem geringen Substanzverlust (ca. 10 µm) zu einer immensen Oberflächenvergrößerung (Aufrauung) und zu einer Steigerung der Oberflächenenergie, die solche Oberflächen benetzbar macht.
Wie kommt es zu einer mikroskopischen Verankerung des ausgehärteten Kunststoffes am Schmelz?
Das Material (dünnfließende Acrylatkunststoffe) kann in alle durch die Säure hervorgerufenen Unterschnitte eindringen und verankern.
Wie kommt der mikromechanische Verbund nur zustande?
Wenn absolute Trockenheit herrscht.
Wie wäre es sinnvoll, Fissuren unter absoluten Trockenheit zu versiegeln?
Fissuren unter Kofferdam zu versiegeln, was im Widerspruch steht, Zähne möglichst bald nach dem Durchbruch zu versiegeln.
Auf solchen frisch durchgebrochenen Zähnen lässt sich in der Regel Kofferdam nicht dicht applizieren.
Was muss nach Schmelzätzung mit Sicherheit ausgeschlossen werden?
Das das Schmelzrelief mit Speichel kontaminiert wird.
Schon eine kurzzeitige Kontamination mit Speichel führt wegen Ausfällung von Proteine aus dem Speichel zu einer Verlegnung der durch die Ätzung geschaffenen Mikroretentionen, selbst wenn danach mit dem Spray gespült wurde.
Was bedeutet es für die DH oder ZMF/P bei der Fissurenversiegelung ohne Kofferdam?
Keine Fissurenversiegelung ohne kompetente Assistenz durchzuführen.
Welche Folgen kann eine nicht sachgerechte Fissurenversiegelung haben?
An den Stellen, an denen kein Verbund zustande kam, entstehen Spalten, die von den Mikroorganismenbesiedelt werden und durch die Substrat eindringen kann. Es kommt dann zu einer Fissurenkaries, die sich, von einer Kunststoffschicht geschützt, optimal entwickeln kann.
Im günstigeren Fall fällt die Versiegelung ab und man verliert den angestrebten Schutz.
Was hat die sogenannte prophylaktische Fissurenversiegelung zum Ziel?
Den Verschluss von gesunden Fissuren zu erreichen.
Wie soll man sich aber bei fraglichen Fissuren verhalten, bei denen Kariesfreiheit nicht mit Sicherheit diagnostiziert werden kann?
Aufgrund neuester Erkenntnisse sollte auch in diesen Fällen versiegelt werden, denn eine lege artis durchgeführte Versiegelung resultiert in einer Substrat- und Säurebarierre.
Selbst wenn die kariöse Läsion bereits das Dentin erreicht hat, ,,verhungern” die darunterliegenden Keime und die kariöse Läsion wird stabilisiert.
Was ist wenn eine größere kariöse Läsion unter der Fissur vermutet wird?
Das sogenannte exspektative Vorgehen, eine vor- und umsichtige Verhaltensweise.
Was bedeutet das exspektive Vorgehen?
An den fraglichen Stellen wird die Fissur vorsichtig mit einem flammenförmigen Finierdiamant eröffnet und gefundene Karies ggf. exkaviert.
Was bedeutet die erweiterte oder therapeutische Fissurenversiegelung?
Die entstanden Minikavität wird mit Komposite und Adhäsivtechnik gefüllt, während der Rest des Fissurensystems im gleichen Arbeitsgang versiegelt wird.
Sie ist nach den Abrechnungsbestimmungen eine einflächige Füllung.
Da es invasiv ist, darf die erweiterte Fisssurenversiegelung nicht delegiert werden, sie muss dem Zahnarzt vorbehalten werden.
Technik
Wie sollte bei der Fissurenversiegelung vorangegangen werden?
ohne Kofferdam ist eine kompetente Assistenz unbedingt erforderlich
Reinigung: der Okkluslafläche, und soweit möglich, des Fissurensystems mit Polierpaste und Bürste. Mit diesem Schritt wird das Pellikel von der Schmelzoberfläche entfernt. Die Polierpaste darf kein Fluorid enthalten, weil dies den Schmelz gegen Auflösung widerstandsfähiger macht und damit den nachfolgenden Schritt, die Schmelzätzung, unnötig erschweren würde.
Trocknen des Arbeitsfeldes mit dem Luftbläser und Auftragen der Phosphorsäure. Diese wird entweder in flüssiger Form mit einem Pinselchen oder als Gel direkt aus einer Spritze in die Fissur appliziert. Die Phosphorsäure muss 60 Sekunden einwirken. Bei der Fissurenversiegelung kann die Ätzzeit nicht verkürzt werden, weil man im Fissurenbereich den sogenannten prismenfreien Schmelz weglösen muss, bevor ein retentives Ätzmuster entstehen kann.
Nun muss mit scharfem Wasserspray 60 Sekundne gespült werden, damit Säurereste, gelöster Schmelz und evtl. gebildete Präzipitate sicher entfernt werden. Die Assistenz muss das Wasser zuverlässig absaugen.
Trocknung der Okklusalfläche mit dem Luftbläser. Der geätzte Schmelz erscheint milchig trübe und opak.
Applikation des Versiegelers mit einem Pinselchen oder einer Applikationsspritze. Man achte darauf, dass keine Luftblasen entstehen. Der Applikator des Delton-Systems (Dentsply Sirona) ist hier das Mittel der Wahl. Mit einer kleinen Pumpe wird der Versiegler in ein wegwerfbares Plastikröhrchen aufgezogen. Die Applikation erfolgt dann schnell durch Fingerdruck. Wenn man damit an der Peripherie des Fissurensystems ansetzt und diesen Tropfen dann mit der Sonde durch die Fissur ziehen. Damit kann man den Versiegler sparsamer applizieren und vermeidet blasen. Noch einfacher ist die Applikation mit einem Cavifil ( Einzel-Applikations-Verpackung), was aber nur mit lichthärtenden Versieglern möglich ist.
Lichthärtende Versiegler müssen zwischen 10 und 60 Sekunden mit der Polymerisationslampe gehärtet werden. Die Polymerisat- ionszeithängt einerseits vom Versiegler selbst und anderseits von der Leistung der Lampe ab. Verfügt man über eine Hochleistungspolymerisationslampe mit 1200W/cm², so lässt sich die Polymerisationszeit auf 10 Sekunden verkürzen. Daher müssen die Gebrauchsanweisungen der Hersteller, sowohl von der Lampe als auch vom Versiegler, unbedingt beachtet werden.
Zweikomponenten-Versiegler härten in der Regel nach 30 Sekunden aus. Wir bevorzugen transparente Versiegler. Dies hat zwei Gründe: Erstens kann man schlecht einen weißen, deutlich sichtbaren Versiegler rechtfertigen, wenn damit ein kariesfreier, ästhetisch perfekter Zahn behandelt wird. Zweitens erlaubt der transparente Versiegler die optische Kontrolle des Fissuren-systems unter dem Versiegler. Sollte einmal eine Versiegelung undicht sein und sich eine Karies unter der Versiegelung entwickeln, würde man die Farbveränderung der Fissur beobachten können. Eine gute Alternative ist ein Versiegler, der während der Verarbeitung eine rosa Farbe hat und beim Polymerisieren transparent wird. Dieser Versiegler erlaubt einerseits eine gute optische Kontrolle während der Verarbeitung und ist anschließend im Fissurenrelief nicht als störend zu erkennen.
Um geätzte, aber nicht versiegelte Schmelzareale zu remineralisieren, erfolgt als letzter Arbeitsgang die Fluoridierung der Okkluslafläche mit einer Fluoridlösung oder einem Fluoridgelee.
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