Intelligenz
Nützlichkeit und Kritikpunkte
Nützlichkeit
Sehr objektiv, reliabel, valide (Schulerfolg, beruflicher Erfolg, …)
Sehr stabiles Merkmal, gute Vorhersage über die Zeit
Leistungsfähigste diagnostische Verfahrensklasse in der Psychologie
Kritik
Zuschreibung einer einzelnen Maßzahl (IQ) ▪
Kulturabhängigkeit der Konstrukte oder der Verfahren
Mangelnde Testfairness (Kulturen, Minoritäten)
Diskussion der Vorhersagevalidität
Historische Entwicklung von Intelligenz
Was ist denn Intelligenz?
Wahrscheinlichkeitsdichte bzw. Häufigkeitsverteilung mit einer Variable suggeriert g-Faktor
Assoziation mit SES, Berufen, Lebensproblemen suggerieren Intelligenz ist kausal
—> Beides (und vieles mehr) sind aber empirische Fragen
Spearman: 2-Faktorentheorie
Zwei-Faktoren-Theorie (1904)
Ausgangslage: alle Tests sind korreliert
Zusammenführung von zwei Forschungswerkzeugen: Mental Tests und Korrelationen
homogene Intelligenz: (g-Faktor) + Testspezifische Faktoren (s-Faktoren) (+Fehler)
Entwicklung einer (Vorläufermethode der) Faktorenanalyse (Tetradenanalyse), die erlaubt, einen Faktor zu extrahieren: Evidenz für g-Faktor. Korrelationen der Tests verschwinden, falls g konstant gehalten oder partialisiert wird.
g-Faktoren von irgendzwei Tests (disattenuiert) perfekt korreliert
Thurstone: Primärfaktoren
+ Würdigung
Annahme: Für verschiedene Tests verschiedene Gruppenfaktoren relevant (Thurstone,1938)
—> Methodische Entwicklung: multiple Faktoranalyse (Extraktion mehrerer Faktoren), VariMax-Rotation (Einfachstruktur)
Überprüfung: 56 Tests; N = 218 College Studenten. Zunächst 9, dann 7 Primärfähigkeiten (primary mental abilities) extrahiert
=> schiefwinklige Rotation (Korrelationen zwischen Faktoren) für optimale Einfachstruktur
Würdigung
Primärfaktoren unterschiedlich breit
Thurstone sieht sich im Gegensatz zu Spearman: Berechnung eines g-Faktors verbietet sich
Mit Verfügbarkeit Faktorenanalyse pandemische Verbreitung. Testkompilation entscheidend
Nenne die 7 Primärfaktoren von Thurnstone
Cattell: gf und gc
Synthese des 2F-Modells und des Primärfaktorenmodells
Korrelationen zwischen den Primärfaktoren: Extraktion von Faktoren höherer Ordnung;
Faktoren höherer Ordnung: gf und gc „Fluide“ und „Kristallisierte Intelligenz“
Gf: Fähigkeit, sich neuen Situationen anzupassen (obscurum), Primärfähigkeiten: Figural Relations, Memory Span, Induction (Reasoning); relativ kulturfrei erfassbar (Entwicklung des Culture Fair Test; CFT). Fähigkeiten nehmen mit dem Alter ab
Gc: kumuliertes Wissen aus früherem Lernen, kulturgebunden, bleiben über Alter robust
gf und gc interkorreliert (r = .50)
Faktor höherer Ordnung (gf(h); h=historical; bzw. Spearmans g); gf(h) hat höhere Ladung von gf
Veränderung von gc und gf über das Alter
Erweiterte gc und gf Theorie
(Horn et al.)
8 oder 9 spezifischere Faktoren:
Kurzzeitgedächtnis (short-term apprehension and retrieval; SAR)
Flüssigkeit des Abrufs aus Langzeitgedächtnis (fluency of retrieval from long-term storage; TSR);
Fähigkeit zum Verarbeiten visueller Informationen (visual processing; Gv);
Fähigkeit zum Verarbeiten auditiver Informationen (auditive processing; Ga);
Verarbeitungsgeschwindigkeit (processing speed; Gs);
Geschwindigkeit für richtige Entscheidungen (correct decision speed; CDS)
Quantitatives Wissen (quantitative knowledge; Gq)
Praktisches Problemlösen
soziale und emotionale Intelligenz unter gc subsummiert (allerdings nicht empirisch bestätigt)
In der erweiterten Theorie
=> Zurückweisung eines g-Faktors (insbesondere durch Horn)
Guttman, Guilford & Jäger
„Intelligence = systematic collection of abilities or functions for processing information of different kinds on various forms.“
Theoriegeleitetes Modell (anders als die faktoranalytischen Modelle)
FA mit Zielrotationen: keine Faktoren höherer Ordnung, kein hierarchisches Modell)
Guttman, Guilford & Jäger (II)
5 Operationen [Vorgänge], 4 Inhalte, 6 Produkte, bei Guilford 120 unterschiedliche Fähigkeiten
Später zusätzlich auditive Inhalte als zusätzlicher Inhalt und Gedächtnis aufgeteilt in memory recording und memory retention): es resultieren 180 Fähigkeiten!
Für zahlreiche der postulierten Fähigkeiten wurden Tests entwickelt. Problem: Leistungen sind interkorreliert. Facettentheorie falsch verstanden. ▪
Modell nur teilweise empirisch bestätigt. In späteren Arbeiten auch g-Faktor
Methodisch problematisch: orthogonale Faktoren mit Prokrustes Rotation
Aber: viele Tests entwickelt, die auch andernorts verwendet werden.
Intelligenzmodell mit einem Faktor für Kreativität!
BIS Modell / BIS Test
BIS-Modell, BIS-Test
Integration konkurrierender Strukturmodelle. Inventarisieren von ca. 2000 Aufgaben, Reduktion auf 200 Aufgaben, dann Faktorisierung von sog. Parceln.
Hierarchisches, bimodales Modell (gFaktor und Fähigkeitskonstrukte)
An jedem Test sind alle Fähigkeiten mit unterschiedlicher Gewichtung beteiligt
Facettentheoretische Konzeption: 7 Fähigkeitskonstrukte 1. Ordnung, entlang zweier Modalitäten: Operationen (4) und Inhalte (3)
Carroll: Three Stratum Theory (Erklärung)
Ca. 2000 Veröffentlichungen zu Intelligenz zwischen 1930 und 1985. Reanalyse von 461 Studien (Mindestqualitätsstandards: N, Anzahl Instrumente, …) mit einheitlicher EFAMethodik ▪
Meilenstein der Intelligenzforschung. Aufwändiger Versuch umfassende, empirisch begründete Taxonomie menschlicher kognitiver Fähigkeiten zu entwickeln
sehr differenziert: gut als Taxonomie geeignet, um Instrumente zu verorten
Kritik: nur EFA, keine CFA; keine gemeinsame Analyse über alle Tests möglich; möglicherweise Anzahl der spezifischen Primärkatoren überschätzt. Nah an gf-gc Theorie
Carroll: Three Stratum Theory (Abbildung)
Oberste Ebene: allgemeine Intelligenz, durch gf markiert
Mittlere Ebene: acht generelle Fähigkeiten:
fluide Intelligenz (2F)
kristalline Intelligenz (2C)
allgemeines Gedächtnis und Lernen (2Y)
visuelle Wahrnehmung (2V)
auditive Wahrnehmung (2U),
Wiedergabefähigkeit (2R)
kognitive Schnelligkeit (2S)
Verarbeitungsgeschwindigkeit (Reaktionszeit für richtige Entscheidungen) 2T)
Unterste Ebene: insgesamt 68 spezifische Fähigkeitskonstrukte
—> Kognitionspsychologisch unterentwickelt. Merkmale wie EI schwer zu verorten. Diskussionsbedarf
Wo würde „induktives Denken“ sensu Thurstone bei Carroll verortet werden?
a) Fluide Intelligenz
b) Kristalline Intelligenz
c) Allgemeines Gedächtnis und Lernen
d) Kognitive Schnelligkeit
Wo wäre der Raven Matrizentest im Circumplex zu verorten?
a) Im Sektor figural/Räumlich nahe am Centroid
b) Im Sektor figural/Räumlich in der Peripherie
c) Im Sektor numerisch/symbolisch mit mittlerer Komplexität
d) Der Test kann in diesem Modell nicht mühelos verortet werden.
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