Die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs (nicht: das Vermögen)
—> Ist eine Einwilligung des Ausstellers / Eigentümers in die Tat möglich ?
Die Allgemeinheit
daher ist auch keine Einwilligung des Ausstellers / Eigentümers in die Tat möglich
§ 267 I Urkundenfälschung
§ 271 StGB Mittelbare Falschbeurkundung
§ 276 StGB Verschaffen von falschen amtlichen Ausweisen
§ 348 StGB Falschbeurkundung im Amt
§ 274 I Nr. 1 StGB Urkundenunterdrückung
§ 273 StGB Verändern von amtlichen Ausweisen
§ 281 StGB Mißbrauch von Ausweispapieren
—> Prüfungsschema
—> Definition
—> Verkörperte (menschliche) Gedankenerklärung (Perpetuierungsfunktion)
Gedanklicher Inhalt
willentliche Entäußerung zur Nachrichtenübermittlung geeigneter und bestimmter Zeichen durch einen Menschen.
menschliche Erklärung erforderlich
(Urkunde spiegelt eine Willensäußerung wider)
rein technische Aufzeichnung z.B. EKG Blatt (-)
Gedankenerklärung ist abzugrenzen vom Augenscheinsobjekt (= sachliche Beweismittel, die Schlussfolgerungen zulassen, z.B. Fingerabdrücke)
Feste Verkörperung
Sie ist verkörpert, wenn sie eine hinreichend feste Verbindung mit einem körperlichen Gegenstand aufweist und visuell erfassbar ist.
Bsp. es muss einige Mühe aufgewendet werden
gedanklicher Inhalt muss stofflich fixiert sein
Bsp. Schriftstücke, Aufkleber
Abgrenzung zu bloß mündlichen Äußerungen
optisch visuelle Wahrnehmbarkeit
Abgrenzung zur bloß akustischen Wahrnehmung
Daten, die auf Medien gespeichert sind (-)
z.B. CD, Festplatte (-)
Perpetuierungsfunktion
Klausurbogen = körperlicher Gegenstand
vom Papier untrennbare Gedankenerklärung,
dass der Verfasser in der Lage ist, den gelernten Pflichtstoff auf einen konkreten Sachverhalt anzuwenden
dass der Ticketbesitzer das Eintrittsgeld bezahlt hat und berechtigt ist sich dieses anzusehen
Beweisfunktion
Beweis der erbrachten Studienleistung
Beweis des für den Artikel bestimmten Preises
Beweis des entrichteten Eintrittspreises als rechtlich erhebliche Tatsache
Garantiefunktion
Matrikelnummer ist einem Studenten fest zugeordnet und macht diesen als Aussteller erkennbar
—> Zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet (Beweisfunktion)
Beweiseignung (objektives Element)
objektive Beweisfähigkeit
Gegenstand muss zur Überzeugungsbildung über rechtlich erhebliche Tatsachen beitragen
fehlt z.B. bei offensichtlich nichtigen Urkunden (z.B. nicht handschriftliches Testament)
Beweisbestimmung (subjektives Element)
Absichturkunde (Bsp. Zeugnis, Ausweis)
(= Herstellung der Urkunde gerade zu dem Zweck, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen)
Zufallsurkunde (Bsp. persönl. Notizen, die in einen Prozess eingebracht werden)
(= nachträgliche Beweisbestimmung vom Aussteller oder einem Dritten)
Solange die Beweisbestimmung nicht getroffen ist, liegt keine Urkunde vor !
—> Erkennbarkeit des Ausstellers (Garantiefunktion)
Verkörperte Gedankenerklärung müsste ihren Aussteller bezeichnen oder sonst erkennbar machen, also auf eine bestimmte Person oder Behörde hinweisen.
Erkennbarkeit des Ausstellers
Aussteller ist derjenige, dem das urkundlich Erklärte im Rechtsverkehr zugerechnet wird und von dem die Erklärung in diesem Sinne geistig herrührt, weil er sich zu ihr als Urheber bekennt
—> Geistigkeitstheorie
Identität des Urhebers erschließt sich zumindest für Beteiligte oder Eingeweihte aus der Urkunde selbst
Entscheidend ist NICHT, wer die Urkunde körperlich hergestellt hat
Unterschrift oder Namensgabe ist nicht erforderlich, wenn eine Ermittlung des Ausstellers aus den Umständen möglich ist
—> Schreibgehilfe bei gebrochenen Armen
zusammengesetzte Urkunde
wenn eine verkörperte Gedankenerklärung mit ihrem Bezugsobjekt räumlich fest zu einer Beweismitteleinheit verbunden ist, sodass beide zusammen einen einheitlichen Beweis- und Erklärungsinhalt in sich vereinigen.
—> dadurch Urkundenqualität
Bsp. Preisschild & Ware
Bsp. Kennzeichen & Kfz
Bsp. Strichcode + Stecker
Bsp. Das Hemd zusammen mit der bedruckten Hülle erklären als Einheit, dass das Hemd zu dem auf der Hülle aufgedruckten Preis zu verkaufen ist
Untrennbarkeit ist nicht erforderlich
Bsp. geschlossene Klebelasche einer Klarsichthülle
Gesamturkunde
Mehrerer einzelne Urkunden sind dergestalt verbunden, dass gerade durch ihre Zusammensetzung eine Beweiskraft entsteht, die über die der einzelnen Urkunden hinausgeht
Bsp. einzelne Rechnung —> Endabrechnung
Wenn der wirkliche Aussteller der Urkunde mit dem scheinbaren Aussteller nicht übereinstimmt
—> hier Geistigkeitstheorie anbringen
Beispiel Klausur:
gedanklicher Inhalt rührt von A
Durch die Matrikelnummer geht B als Aussteller hevor
—> wahrer und aus der Urkunde hervorgehender Aussteller stimmen nicht überein
Eine Urkunde ist echt, wenn ihre Erklärung von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht
Subsumtion:
Der wahre und der scheinbare Aussteller stimmten beim (ursprünglich verpackten Hemd) überein / sind identisch
Handlung, durch welche erstmals sämtliche Urkundenmerkmale vorliegen, die auf einen anderen als ihren wirklichen Hersteller hinweisen.
Jede unbefugte, nachträgliche Änderung des gedanklichen Inhalts, wobei der Anschein erweckt wird, der neue Erklärungsgehalt habe von Anfang an in dieser Form vorgelegen.
Beispiel:
A entfernt den Strichcode vom Stecker (10 €) und steckt das Kabel (5 €) mit Aufkleber hinein. Diese Erklärung (Kabel & Stecker zum Preis von 5 €) wurde entegegen dem Anschein so nicht abgegeben
Achtung!
Dies gilt selbst dann, wenn für den Austausch der Bezugsobjekte für einen Moment die Urkunde aufhört zu existieren, weil notwendigerweise zunächst das eigentliche Bezugsobjekt entfernt und dabei die feste Verbindung aufgehoben werden muss. Insoweit ist auf den einheitlichen Vorgang abzuheben. Allerdings hatte A die Banderole von der ursprünglichen Pfandflasche im Supermarkt entfernt und erst zuhause an die andere Flasche angebracht. Angesichts dieser zeitlichen und örtlichen Zäsur kann nicht mehr von einem einheitlichen Vorgang ausgegangen werden, sodass A die Urkunde nicht verfälscht hat. Andere Ansicht vertretbar.
Wenn die Urkunde dem zu Täuschenden in der Weise zugänglich gemacht wird, dass er die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat
—> tatsächliche Einsichtnahme/Kenntnisnahme ist nicht erforderlich
Klausur wird zur Korrektur abgegeben und den Prüfern in der Weise zugänglich gemacht, dass sie bei der Korrektur von der unechten Urkunde Kenntnis nehmen
A legt das Falsifikat an der Kasse vor und hat es dem Kassenpersonal in der Weise zugänglich gemacht, dass es von der verfälschten Urkunde Kenntnis nahm.
Zur Täuschung im Rechtsverkehr handelt, wer einen anderen über die Echtheit oder Unverfälschtheit der Urkunde zu täuschen sucht und ihn dadurch zu einem rechtserheblichen Verhalten veranlassen will
Ausreichend ist der Wille zur Täuschung im Sinne des dolus directus 2. Grades und das Bewusstsein eines sicheren Eintritts des vorgestellten Täuschungserfolges
muss objektiv nicht in Form eines gebrauchens umgesetzt werden. ausreichend ist die Täuschungsabsicht zum Zeitpunkt der Tathandlung
späteres distanzieren oder vernichten ist daher unerheblich
Entwurf / Vordruck / Aufüllformular
einfache Abschrift
beglaubigte Abschrift
Durchschrift / Ausfertigung
Fotokopie
Telefax
Entwurf / Vordruck / Aufüllformular (-)
Beweisbestimmung fehlt
Herstellen falscher Vordrucke für Euroschecks ist daher in § 152a StGB gesondert mit Strafe bedroht
einfache Abschrift (-)
lässt keinen Aussteller erkennen, der die Richtigkeit der Wiedergabe garantiert
beglaubigte Abschrift (+)
alle Urkundenmerkmale werden erfüllt
Durchschrift / Ausfertigung (+)
Verkörperte Originalerklärung des Ausstellers
Zweck: mehrere Exemplare
Fotokopie (umstritten)
einfache Fotokopie und als solche erkennbar (-)
täuschend echt (+)
Telefax (+)
sofern Absender erkennbar
Diskutieren beim Urkundenbegriff
Fotokopie ist keine Urkunde
verkörperte Gedankenerklärung (-)
Kopiervorgang schaffe aufgrund eines Kausalgesetzes einen Abgleich des Originals, auf dessen Entstehung der Fotokopierende keinen Einfluss habe
Fotokopie gebe lediglich Auskunft darüber, was in einem anderen Schriftstück – dem Original – verkörpert sei
Aussteller zu erkennen (-)
Die Fotokopie selbst weise keinen Aussteller aus
Vielmehr sei lediglich der Aussteller des Originals erkennbar
Der Hersteller des Originals garantiere nicht für die Richtigkeit einer Kopie
kriminalpolitische Argumente
Aufgrund der Manipulationsgefahr sei der Inhaber einer Kopie weniger schutzbedürftig als der Inhaber des Originals
aber beglaubigte Fotokopie (+)
Urkunde (+)
Ausnahme wenn Fotokopie den Anschein einer Originalurkunde erweckt und sie als eine vom angeblichen Aussteller herrührende Urschrift ausgegeben wird—> täuschend echt
Kopie verfügt aufgrund ihrer hohen Wiedergabequalität über die gleiche Perpetuierungsleistung wie das (gefälschte) Original
Das Vertrauen des Rechtsverkehrs, dass diese vermeintliche verkörperte Gedankenerklärung von dem Aussteller stammt, ist bei einer täuschend echten Farbkopie im gleichen Umfang schützenswert, wie beim Original.
Soll eine derartige Kopie im Rechtsverkehr als vermeintliches Original angesehen wer- den, dann „rückt die Kopie zur Urkunde auf“
Objektiv müsste die Kopie dem Original bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit zum Verwechseln ähnlich sein
subjektiv müsste G ihr gezielt den Anschein einer Originalurkunde gegeben haben
Gegen eine Urkundeneigenschaft spricht, dass Fotokopien keine menschliche Gedankenerklärung verkörpern, sondern diese vervielfältigen, keinen Aussteller erkennen lassen und ihre Beweisqualität zumindest zweifelhaft ist.
Beispiel: Damit stellte A durch die Manipulation der ursprünglich echten Urkunde zugleich eine neue unechte Urkunde her. Die neben dem Verfälschen zugleich verwirklichte Herstellung einer neuen unechten Urkunde tritt hinter den Verfälschungstatbestand zurück.
h.M. Abhängig davon, ob der Täter von vornherein einen ganz bestimmten Gebrauch des Falsifikats geplant hat, oder ob die Tat nur in allgemeinen Umrissen ins Auge gefasst wurde.
1) Weiß der Täter schon bei dem Erstellen des Falsifikats, wozu und wann er es konkret verwenden möchte, so beendet er die schon mit dem Herstellungs- bzw. Verfälschungsakt vollendete Tat. —> Abstellen nur auf Var. 3 (Verfälschen als Vorbereitungshandlung des Gebrauchens)
2) Hat der Täter die konkrete Verwendung hingegen nicht von Anfang an geplant, so stellt der spätere Gebrauch eine selbstständige neue Straftat dar. —> Tatmehrheit, § 53 I
Objektiver Tatbestand —> Tathandlung
Eine Stellvertretung ist anzunehmen, wenn sich der aus der Urkunde hervorgehende Aussteller die Gedankenerklärung nach den Regeln der Stellvertretung zurechnen lassen muss
Voraussetzung für zulässige Stellvertretung:
Eigenhändigkeit der Erklärung ist nicht rechtlich vorgeschrieben oder wird zumindest nicht erwartet
Beispiel: Prüfungsleistungen (-)
sind gerade höchstpersönlich zu erbringen
Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will
JA
Das es letztlich nicht zur wiederholten Tatbegehung gekommen ist, ist für die Gewerbsmäßigkeit irrelevant, da es insoweit ausschließlich auf die Absicht des Täters bei der Tat ankommt.
Für gewerbsmäßiges Handeln ist es nicht erforderlich, dass der Täter die Einnahmen unmittelbar aus der Urkundefälschung selbst erzielt. Vielmehr genügt es, dass die Urkundenfälschung dazu dient, mit Hilfe anderer Straftaten Gewinne zu erzielen. Ansonsten liefe das Merkmal der gewerbsmäßigen Tatbegehung bei Nicht-Vermögensdelikten nämlich leer. Insoweit genügt auch ein bloß mittelbarer Vorteil des Täters, d.h. die Tat muss nicht selbst zur Einnahme führen, sondern lediglich notwendige Zwischenstufe hierfür sein.
Herstellung des Promotionszeugnisses für C, als notwendiges Zwischenstadium, um in den Besitz des von C hergestellten Siegels zu gelangen. Dieses soll zur herstellung weiterer Zeugnisse genutzt werden aus deren Verkauf Gewinne erzielt werden sollen
teilweise verneint
bei der bandenmäßigen Tatbegehung müsse es sich um ein “Mehr” gegenüber der Mittäterschaft handeln
bejaht (überzeugender)
Strafschärfung der bandenmäßigen Begehung kommt daher, dass aufgrund der getroffenen Abrede ein ständiger Anreiz zur Begehung weiterer Taten besteht
gilt unabhängig von der Beteiligungsform der Bandenmitglieder, sodass auch ein Gehilfe Mitglied einer Bande sein kann
Urkunde gehört dem Täter entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich.
bezieht sich nicht auf die Eigentumsverhältnisse
bezeichnet nach Sinn und Zweck der Vorschrift das Vorliegen eines fremden Beweisführungsrechts an dem betreffenden Objekt.
(= das Recht, mit der Urkunde Beweis zu erbringen)
Bsp. Staat hat bei KFZ ein Beweisführungsrecht
A nimmt aus der Auslage ein Ladekabel zum Preis von 5 Euro. Der Preis ist – genau wie die Preise für alle anderen Artikel in dem Laden – nicht auf einem Etikett am Kabel, sondern nur auf einem Ausdruck an der Auslage angebracht. Am Kabel ist nur ein Aufkleber mit einem Strichcode aufgeklebt, der – an der Kasse eingescannt – den Preis des Artikels wiedergibt.
Handelt es sich um eine Urkunde ?
Hier (+)
Strichcode dient als Zugriffsschlüssel auf die Produktinformationen
Diese Informationen umfassen insbesondere den Preis des Produktes
Der Strichcode allein ist noch keine Urkunde, weil er ohne Verbindung mit einem Bezugsobjekt keinen Erklärungs-/ bzw. Beweiswert hat
Insofern könnte es sich beim Strichcode um ein Beweiszeichen handeln, das erst in einer einigermaßen festen Verbindung mit einem Augenscheinobjekt, namentlich dem Stecker, eine zusammengesetzte Urkunde und damit ein taugliches Tatobjekt einer Urkundenunterdrückung darstellt.
wenn dem taugliche Tatobjekt ihr gedanklicher Inhalt überhaupt nicht mehr zu erkennen ist, wenn also die Funktion als Beweismittel nicht mehr existiert.
Abkratzen /Entfernen des Strichcodes = Trennung der zusammengesetzten Urkunde
A hat den Strichcode vom Stecker (10 €) entfernt und diesen mit dem Kabel zusammengesteckt. Nur an diesem klebt noch das Preisschild (5 €). Durch diese Handlung ist eine ____________________________ entstanden
neue zusammengesetzte Urkunde
A schreibt eine Klausur. und gibt diese unzufrieden ab. Am nächsten Tag entdeckt A den Klausurenstapel im Büro des Professors, fischt ihre Arbeit heraus und fügt schnell den noch fehlenden Prüfungspunkt ein.
A müsste eine unechte Urkunde hergestellt haben
Eine Urkunde ist unecht, wenn ihre Erklärung nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht
Aussteller in diesem Sinne ist nach der Geistigkeitstheorie derjenige, der sich das urkundlich Erklärte im Rechtsverkehr zurechnen lassen will, von dem die Gedankenerklärung geistig herrührt
Folglich ist nicht derjenige, der die Urkunde körperlich hergestellt hat, zwangsläufig auch deren Aussteller.
—> A hat die Klausur geschrieben. Der gedankliche Inhalt der Klausur rührt geistig daher von A her. Damit liegt keine Identitätstäuschung über den wahren Aussteller der Urkunde vor. Die Urkunde ist echt.
A hat folglich keine unechte Urkunde hergestellt.
A schreibt eine Klausur und gibt diese unzufrieden ab. Am nächsten Tag entdeckt A den Klausurenstapel im Büro des Professors, fischt ihre Arbeit heraus und fügt schnell den noch fehlenden Prüfungspunkt ein.
(P) Kann dies auch durch den Aussteller selbst geschehen ?
Eine Ansicht
setzt Identitätstäuschung voraus
geschützt wird nicht die Wahrheit der Urkunde, sondern die Echtheit
—> A hat als Aussteller die Urkunde nicht verfälscht
(+) durch § 274 I sei hinreichender Schutz geboten. Würde man annehmen, dass auch der Aussteller selbst den Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB erfüllen kann, würde sich der Schutzbereich des § 267 mit dem des § 274 StGB vermengen.
(-) die Alternative des Verfälschens echter Urkunden wäre überflüssig, da der Fall des Manipulierens einer Urkunde durch Dritte immer auch die Herstellung einer unechten Urkunde bedeute
________________________________________________________
Gegenauffassung (vorzugswürdig)
auch der wahre Aussteller kann die Urkunde verfälschen
nachträgliche Inhaltsänderungen wird als verfälschen gewertet
ausreichend ist jede unbefugte, nachträgliche Änderung der Beweisrichtung und des gedanklichen Inhalts
Voraussetzung: Täter hat in der Zwischenzeit seine Dispositionsbefugnis über die entsprechende Urkunde verloren
(+) Zweck des Delikts: Schutz berechtigter Beweisinteressen des Rechtsverkehrs
ABER: Wann ist eine Abänderung nachträglich ?
abhängig von konkreten Umständen
Abzustellen ist darauf, ob die Urkunde bereits derart in den Rechtsverkehr gelangt ist, dass ein anderer ein Recht auf ihren unverfälschten Fortbestand erlangt hat
Klausur: Ende der Bearbeitungszeit —> Uni erlangt mit Abgabe das Recht auf unverfälschten Fortbestand der Prüfungsleistung
T hat seine juristische Prüfung abgelegt und möchte seine Note verbessern. Dazu fertigt er mit seinem Computer eine „11“ und druckt diese auf einem weißen Etikett aus. Die „11“ schneidet er aus und klebt sie so auf das Zeugnis, dass die „6“ nicht mehr zu sehen ist. Zuvor hat T das Etikett mit einem Föhn angewärmt, damit es sich später leicht wie ein Post-it wieder entfernen lässt. Aufgrund des erhitzten Klebstoffs wäre die „11“ ohnehin nach kurzer Zeit von ganz allein abgefallen. Danach kopiert er das „beklebte“ Zeugnis mit einem Farbkopierer. Die Kopie ist vom Original nicht mehr zu unterscheiden. Sogar der Stempel des Prüfungsamtes sowie die Unterschriften des Prüfungsvorsitzenden wirken täuschend echt.
PROBLEM: Verfälschen, wenn z.B. das Etikett nur vorübergehend (zum Zwecke der Anfertigung einer Fotokopie) aufgeklebt wurde und damit nicht dauerhaft auf dem Original verbleiben sollte und konnte ?
Verfälschen (-)
Der Vorteil einer Urkunde – etwa im Vergleich zu einer Zeugenaussage – besteht darin, dass die Gedankenerklärung dauerhaft verkörpert und damit jederzeit zu Beweiszwecken reproduzierbar ist.
Das bedeutet, dass der Inhalt einer Urkunde auch nur dann verändert werden kann, wenn eine dauerhafte Einwirkung auf den Urkundenkörper selbst vorgenommen wurde.
—> Zwischen dem Etikett und dem Urkundenkörper ist keine dauerhafte Verbindung entstanden
—> Urkundenkörper selbst erfuhr keine Veränderung
—> Urkunde wurde nicht verfälscht.
Kontrollüberlegung bestätigt: Das Produkt einer Urkundenfälschung muss immer die Voraussetzungen einer Urkunde erfüllen, ansonsten sind die Voraussetzungen des § 267 Abs. 1 Var. 2 nicht erfüllt.
Es käme allenfalls eine Urkundenunterdrückung nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Die zusammengeklebte Kopiervorlage erfüllt jedenfalls nicht das Merkmal der Beweiseignung. Sie diente lediglich dem „Beschicken“ des Kopierers.
—> Der objektive Tatbestand des § 267 I Var. 2 StGB ist nicht erfüllt
X bringt eine durchsichtige, aber reflektierende Folie auf dem Kennzeichen seines Autos an. Als er stadteinwärts mit 80 km/h fährt, obwohl nur 50 km/h zugelassen sind, wird er prompt von einer Geschwindigkeitskontrolle erfasst. Durch die starke Reflexion der Folie wird das Kennzeichen bis zur Unkenntlichkeit überbelichtet. Dem zuständigen LKA gelingt es lediglich durch eine kosten-/ und zeitaufwendige Nachbehandlung, X als Fahrer ausfindig zu machen.
Perpetuierungsfunktion (+)
Kennzeichen enthält keine Gedankenäußerung in Schriftform
jedoch allgemein anerkannt, dass auch Beweiszeichen menschliche Gedankenerklärungen verkörpern können
Der Nummer auf dem Nummernschild ist bei isolierter Betrachtung keine eigenständige Gedankenerklärung beizumessen
Das Kennzeichen stellt mit dem unlösbaren Stempel der Zulassungsstelle eine Einheit dar. Sie erklärt, dass ein unter diesem Kennzeichen registrierter PKW ordnungsgemäß zugelassen ist. Damit liegt eine zusammengesetzte Urkunde vor.
Welcher konkrete PKW wiederum dem Kennzeichen zuzuordnen ist, ergibt sich aus der durch Schrauben verbundenen Einheit aus Nummernschild und PKW. Damit stellt auch das gesamte Nummernschild in Verbindung mit dem PKW eine eigene zusammengesetzte Urkunde dar.
Beweisfunktion (+)
Garantiefunktion (+)
Beschädigt wird eine Urkunde, wenn ihr Beweiswert beeinträchtigt wird
Beschädigt = wenn der Beweiswert der Urkunde beeinträchtigt wird
Im allgemeinen Straßenverkehr stellt die durchsichtige Folie kein Hindernis hinsichtlich des Erkennens der Kennziffer für andere Verkehrsteilnehmer dar
Allerdings verhindert die Folie aufgrund ihrer reflektierenden Eigenschaft, dass das Nummernschild auf dem Foto eines Radargerätes erkennbar ist
Der Sinn und Zweck eines solchen Fotos liegt aber gerade darin, das fotografierte Fahrzeug zu identifizieren.
Unterdrückung (+)
Ein Unterdrücken ist bei jeder Handlung anzunehmen, durch die dem Beweisführungsberechtigten die Benutzung des Beweismittels entzogen oder vorenthalten wird.
Indem X das Erkennen seines Nummernschildes und damit seine Identifikation verhinderte, entzog er den kontrollierenden Beamten die Benutzung der Urkunde. Dies geschah jedenfalls zeitweilig.
Nachteilzufügungsabsicht (-)
Unter Nachteil ist jede Beeinträchtigung fremder Rechte zu verstehen. Der Täter muss dabei beabsichtigen, die Benutzung gerade des gedanklichen Inhalts der Urkunde in einer aktuellen Beweissituation zu vereiteln.
—> Vermögensschaden muss nicht zwingend vorliegen
X bezweckt mit seinem Verhalten, dem staatlichen Straf-/ und Bußgeldanspruch zu entgehen. Dieser stellt anerkanntermaßen etwa vor dem Hintergrund des nemo tenetur- Grundsatzes (niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten) kein von § 274 I geschütztes Interesse dar.
—> Dauerhaftigkeit oder Heimlichkeit werden nicht vorausgesetzt
Legaldefinition siehe Abs. 2
Unter einer „Darstellung“ i.S.d. § 268 II ist eine Aufzeichnung zu verstehen, bei der die geräteautonom hergestellte Information in einem selbstständig verkörperten, vom Gerät abtrennbaren, Stück enthalten ist.
vom Gerät abtrennbare Informationen
Info über entrichtete Parkgebühr, zugelassene Parkdauer, Standort des Automaten
Inhalte des Parkscheins sind allgemein erkennbar und stellen als Papierstück auch vom Parkscheinautomaten abtrennbare Informationen dar
technisches Gerät
Parkscheinautomat
geräteautonom hergestellte Information
Automat stellt die Parkscheine selbstständig her
Beweis
zum Beweis der rechtlich erheblichen Tatsache, der zugelassenen Parkdauer bestimmt
—> technische Aufzeichnung (+)
—> Definition i.S.d. § 268 I Var. 2 StGB
jede Veränderung der technischen Aufzeichnung, die dazu führt, dass diese zur unechten Aufzeichnung wird.
Unecht ist die Aufzeichnung, wenn sie in beweiserheblicher Weise verändert wird und so den Anschein eines authentischen Aufzeichnungsprozesses erweckt
A hat den Parkschein dahingehend verändert, dass er einen anderen Zeitraum hinsichtlich des berechtigten Parkens umfasst. Der Parkschein soll gerade darüber Beweis erbringen, wie lange berechtigt geparkt werden darf. Es handelt sich somit um eine beweiserhebliche Veränderung. Überdies erweckt das Falsifikat durch die geschickte Manipulation den Anschein, es sei in seiner aktuellen Form Ergebnis eines selbsttätigen Aufzeichnungsprozesses des Parkscheinautomaten. A hat damit eine technische Aufzeichnung gem. § 268 I Nr. 1 Var. 2 verfälscht.
Darunter sind alle Gegebenheiten zu verstehen, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen für die Entstehung, Erhaltung oder Veränderung eines Rechts bedeutsam sind.
Bsp. Vormerkung
dient der Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs auf eine dingliche Rechtsänderung
wirkt konstitutiv und ist somit für die Entstehung eines Rechts bedeutsam.
Falsch
wenn das Beurkundete mit dem zu beurkundeten Vorgang nicht übereinstimmt
Beurkundet
Eine Erklärung usw. ist beurkundet, wenn ihre inhaltliche Richtigkeit in der vorgeschriebenen Form in einer Weise festgestellt ist, die dazu bestimmt ist, Beweis für und gegen jedermann zu begründen.
Die Vormerkung dient der Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs auf eine dingliche Rechtsänderung. Sie wirkt konstitutiv (rechtsbegründend) und ist somit für die Entstehung eines Rechts bedeutsam.
Nachteilzufügungsabsicht
Begriff ist weit zu verstehen
muss kein Vermögensschaden sein
vielmehr wird jeder Beweisnachteil erfasst, der gerade durch das Vorenthalten der Urkunde entsteht
Will der Täter lediglich die Verhängung einer Strafe bzw. eines Bußgeldes verhindern, ist nach h.M. die Nachteilszufügungsabsicht zu verneinen
1. Ansicht (h.M.) - NEIN
(+) Wortlaut § 274 I Nr. 1 StGB
setzt ausdrücklich die Absicht voraus, einem „anderen“ einen Nachteil zuzufügen. Der Staat ist jedoch kein „anderer“ im Sinne des Gesetzes.
Der „Nachteil“ liegt nicht innerhalb des Schutzbereichs der Norm.
(+) Der „Nachteil“ liegt nicht innerhalb des Schutzbereichs der Norm.
Der staatliche Straf- und Bußgeldanspruch darf mit Blick auf strafverfahrensrechtliche Wertentscheidungen nicht mit dem privaten oder öffentlich-rechtlichen Interesse gleichgesetzt werden.
(+) § 258 V StGB habe einen abschließenden Charakter
2. Ansicht - JA
(+) Der Staat kann ein „anderer“ im Sinne des § 274 I Nr. 1 StGB sein.
Die Annahme, der Staat sei nicht als „anderer“ im Sinne des § 274 I Nr. 1 StGB zu werten, wird weder durch die Teleologie der Norm noch durch die Systematik der Strafrechtsordnung gestützt.
Innerhalb des StGB finden sich zahlreiche Normen, die den Staat als solchen bzw. in Ausübung gemeinschaftsförderlicher Tätigkeiten schützen. Es bestehen daher keine Bedenken, den Staat auch im Rahmen des § 274 I Nr. 1 StGB als „anderen“ zu werten, der durch die Vereitelung des staatlichen Straf-/ und Bußgeldanspruchs einen Nachteil erleiden kann.
—> Synonym
Verpflichtung zur Rückgabe oder die Sache zu einem besonderen Zwecke zu verwenden
Öffentliche Urkunden sind solche, die von einer Behörde oder einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb ihrer Zuständigkeit in der vorgeschriebenen Form aufgenommen worden ist. Sie muss zudem hinsichtlich der beurkundeten Erklärung für den Rechtsverkehr nach außen bestimmt sein und dem Zweck dienen, Beweis für und gegen jedermann zu erbringen.
von einer öffentlichen Urkunde ist stets eine erhöhte Beweiskraft zu fordern. d.h.,
Urkunde muss Beweiswirkung für und gegen jedermann entfalten
Abzugrenzen von sog. schlicht amtlichen Urkunden, die nur zur Ordnung oder Erleichterung des inneren Dienstes bestimmt sind.
Glaubwürdigkeit einer Urkunde bemisst sich insgesamt nach der Glaubwürdigkeit des Ausstellers
Damit lässt sich der Wahrheitsschutz der §§ 271, 348 StGB extensiver legitimieren als allgemein angenommen
eine dazu ermächtigte, mit öffentlichem Glauben versehene Person oder Behörde hat die Beurkundung vorgenommen
Der Aussteller repräsentiert die Autorität des Staates, eben diese Autorität bewirkt das besondere Vertrauen der Allgemeinheit in den Wahrheitsgehalt der Urkunde
Der Wahrheitsgehalt ist gerade der Schutzzweck des § 348 Abs. 1 StGB. Eine Beamtin ist eine solche mit öffentlichem Glauben versehene Person, der durch die Aufnahme und Bearbeitung von z.B. Verwarngeldern auch von anderen Personen Vertrauen entgegengebracht wird. Außenstehende vertrauen auf den korrekten Umgang desjenigen Beamten, der für die Entgegennahme dieser Gelder zuständig ist. Folglich stellen auch die Durchschriften über die Verwarngelder öffentliche Urkunde dar.
Behörde
Standesamt (§ 11 I Nr. 7 i.V.m. § 1 PStG)
zuständig für Anfertigung von Eheurkunden (§ 1 I,II PStG)
innerhalb der Zuständigkeit
Standesbeamter handelt in seiner Zuständigkeit (§ 2 I PStG)
in vorgeschriebener Form
§§ 54 I 1, 15 PStG
Eintrag im Eheregister
Eheregister dient dem Bewis der Eheschließung ggü. jedermann (§ 54 I PStG)
Kausale Herbeiführung der unrichtigen Beurkundung
= Beihilfe, die erst zwischen Voll-/ und Beendigung und mithin im Beendigungsstadium entsteht
Die Rechtsprechung bejaht dies sowohl für die Beihilfe als auch für die Mittäterschaft, solange die Tat noch nicht beendet ist, weil sich das Einverständnis desjenigen, der in Kenntnis des bisherigen Geschehens täterschaftlich oder hilfeleistend in das Geschehen eintritt, auf den verbrecherischen Gesamtplan beziehe, sodass ihm das einheitliche Verbrechen zugerechnet werde.
NEIN (h.M.)
Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass Hilfeleistungen nach Beendigung der Tat bereits nicht mehr geeignet sind, die Herbeiführung des Taterfolges zu fördern, da der Taterfolg schon eingetreten ist. Somit erfolgt die Hilfeleistung gerade nicht mehr zur Tatbestandsverwirklichung, sondern zur Sicherung der Vorteile der Tat. Gerade dies ist jedoch der Anwendungsbereich der Anschlussdelikte, insbesondere der §§ 257, 261 StGB. Mit der Möglichkeit einer sukzessiven Beihilfe ist jedoch eine klare Abgrenzung zu den Anschlussdelikten nicht mehr möglich. Insbesondere mit Blick auf das Analogieverbot aus Art. 103 Abs. 2 GG ist somit die Möglichkeit einer sukzessiven Beihilfe abzulehnen.
—> Dann ggfs. § 257 StGB prüfen
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