Implantat und orale Gewebe
Ein erfolgreich eingeheiltes Implantat ist wie ein Zahn von Knochen, Bindegewebe und Epithel umgeben. Der Knochen liegt der Implantatoberfläche jedoch in direktem Kontakt an (Osseointegration). Es sind keinerlei Fasern zwischengeschaltet, deshalb ist das Implantat auch völlig unbeweglich.
An der Durchtrittsstelle in die Mundhöhle bildet sich wie am Zahn ein Saumepithel aus, das in seinem Aufbau und der vertikalen Ausdehnung diesem gleicht. Zwischen den apikalsten Zellen dieses Saumepithels und dem Beginn des Knochens liegt, genau wie am Zahn, ein Abschnitt von ca. 2 mm Höhe, in dem das Implantat von Bindegewebe umgeben ist. Hier liegen die kollagenen Fasern allerdings der Implantatoberfläche parallel an, es gibt keine zirkulären Fasern und keine an dem Implantat befestigten Fasern. Das Gewebe setzt der Parodontalsonde entsprechend weniger Widerstand entgegen, sodass auch im gesunden Gewebe deutlich höhere Sondierungstiefen auftreten (nach Ericsson und Lindhe 1993 ca. 2 mm, gegenüber ca. 0,7 mm an Zähnen bei einem Sondierungsdruck von 0,2N, was sehr wenig ist!)
Die Zusammensetzung der Mikroflora ist im entzündungsfreien Zustand ebenfalls mit der an natürlichen Zähnen vergleichbar. Es überwiegen grampositive Kokken und Stäbchen. In entzündeten Gewebe wurde allerdings bei teilbezahnten Patienten an Implantaten ein höherer Anteil parodontalpathogener Keime beobachtet als im Sulkus vergleichbar entzündeter Gingiva um Zähne.
Mukositis und Periimplantitis
Bei der reinen Entzündung des marginalen Gewebes handelt es sich um eine periimplantäre Mukositis. Sie ist durch Rötung, Schwellung und Sekretbildung und Blutung auf Sondierung gekennzeichnet.
Sobald auch der Knochen betroffen ist, spricht man von einer Periimplantitis. Dann kann es zu raschen Knochenverlust kommen.
Pflege des Implantats/ Häusliche Muhy
muss im Prinzip nicht anders gereingt werden als nätürliche Zähne
werden wie Nachbarzähne mit ZB und geeigneten Interdentalraumbürstchen gepflegt
Besonderes Augenmerk ist auf wenig- bzw. nicht abrasive Mittel zu richten, damit die polierte OF des Abutments nicht zerkratzt wird
Es sollte also eine kaum abrasive ZP (z.B. Gelpaste), ZS oder Flausch-ZS bzw. IDB mit einem Kunststoff-Borstenträger verwendet werden.
Metalldraht im Bürstchen kann das Abutment leicht zerkratzen
Professionelle Zahnreinigung an Implantaten
Auch bei der PZR im Rahmen der Prophylaxesitzung gilt der Gundsatz:
die glatt polierten Oberflächen dürfen dabei nicht zerkratzt werden!
Die Verwendung von Stahlküretten und Ultraschall-Arbeitsenden können an der Implantat-Oberfläche zu signifikanten Oberflächenveränderungen und hohem Substanzabtrag führen. Auch Titanküretten zeigen zwar geringere, aber schon nach einmaliger Anwendung sichtbare Oberflächenveränderungen (also Kratzer). Die Verwendung von Kunststoff- oder Karbonfaser-Arbeitsspitzen (Kürette, Ultraschall- und Airscaler) ließen dagegen nahezu keine Arbeitsspuren zurück.
Allerdings wird in einigen Studien gezeigt, dass diese Arbeitsenden aus Kunststoff oder Karbonfasermasse teilweise einen nur ungenügenden Reinigungseffekt aufweisen. Auf maschinell angetriebene Scaler aufgesetzt hinterlassen sie zudem Materialrückstände, die ihrerseits ebenfalls wieder entzündliche Abwehrvorgänge in den Geweben auslösen könnte.
Diese Problematik ist wissenschaftlich noch nocht geklärt. Nach heutigem Kenntnisstand sollte solchen oberflächenschonenden Instrumenten an Implantaten trotzdem der Vorzug gegeben werden. In der praktischen Anwendung stellen diese Instrumente den Behandelnden aber oft vor besondere Herausforderungen, da sie materialbedingt nicht so grazil gestaltet werden können wie solche aus Edelstahl. Der Zugang an die Oberfläche des Implantat-Abutments gestaltet sich deshalb oft mühsam, besonders, wenn auch noch ein wenige Millimeter tiefer Sulkus um das Implantat mitgereinigt werden muss. Bei straff anliegendem Gewebe ist dies auch oft für den Patienten besonders unangenehm, zudem die Suprastruktur, wenn sich nicht abnehmbar ist, meist eine zusätzliche Zugangserschwernis darstellt.
Eine Alternative bietet sich durch die Anwendung eine Pulver-Wasser-Strahlgerätes mit einem nicht-abrasiven Pulver (Glycin- oder Erythritol-Pulver) an. Damit kann auch bis ca. 4 mm submukosal der Biofilm entfernt werden und es arbeitet oberflächenschonend. Dabei muss allerdings besonders auf eine korrekte Anwendung geachtet werden, um die Emphysen-Bildung (Einpressen von Luft ins Gewebe: trotz Reversibilität sehr unagenehm!) zu vermeiden: ein Abstand der Düse von 4 - 6 mm muss zur Oberfläche eingehalten werden und die Düse in ständiger Bewegung bleiben. An sehr lockerem Gewebe (stark entzündet oder bei fehlender keratinisierter Mukosa) sollte dieses Gerät nicht eingesetzt werden. Zst bzw. sehr festanhaftende Beläge können damit ebenfalls nicht beseitigt werden.
Für die Entfernung solch hartnäckiger Beläge müssen also Kunststoffküretten oder Ultraschall-/ Airscaler mit Kunststoff-Ansätzen zum Einsatz kommen, weiche Biofilmansammlungen können natürlich auch mit Gummikelch und einer nicht abrasiven Paste entfernt werden. Interdental und im submukösen Bereich (dem Sulkus des Implantats) kommen Flauschzahnseide oder (metallfreie) Interdentalraumbürstchen zur Anwendung.
Die abnehmbaren und bedingt abnehmbaren Suprakonstruktionen werden paralell im Ultraschall-Bad gereinigt.
Zusätzlich zur mechanischen Reinigung können natürlich auch antimikrobielle Spüllösungen und Gele zum Einsatz kommen. Hier bieten sich in erster Linie Chlorhexidin oder auch Spüllösungen auf der Basis von ätherischen Ölen an. Letztere zeichnen sich gegenüber Chlorhexidin durch weniger Nebenwirkungen (z.B. Verfärbungen) aus, sodass sie auch für eine langfristige Anwendung besser geeignet erscheinen. Ob diese chemischen Wirkstoffe tatsächlich einen zusätzlichen positiven Effekt für die Gesunderhaltung der periimplantären Gewebe erbringen, kann aus der vorhandenen wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig abgeleitet werden. Die Entscheidung, ob man sie einstzen möchte, kann also nur vom Einzelfall abhängig gemacht werden: Wie gut kann der Patient selbst reinigen, welche Risiken bringt er mit (z.B. parodontal vorgeschädigt, Raucher etc.), wie sind die Suprakonstrukturen gestaltet u.a.?
Fluoridanwendung an Titan-Implantaten
Titan gilt als das in elekrolytischen Lösungen korrosionsstabilste Metall. Es bildet eine Titanoxid-Oberflächenschicht von wenigen Nanometern Stärke aus, die es passivieren und somit vor Korrosion schützen. Diese Schicht vermittelt ausßerdem dan Kontakt des Implantates mit dem umgebenden Gewebe, weil sich hier Fibroblasten gut anlagern können. Damit verfügt es auch über eine sehr gute Biokompatibilität.
Die Stabilität des Titans gegenüber Korrosion bleibt sogar in sauren Lösungen erhalten, nicht jedoch bei zusätzlicher Anwesenheit von Fluorid. Hier bildet sich Flusssäure, die die Titanoberfläche chemisch verändert, was zu Strukturdefekten in der Passivschicht führt, sodass die Schutzfunktion verloren geht.
Bei der Bearbeitung von Titan-Oberflächen sollte deshalb darauf geachtet werden, keine hochkonzentrierten, angesäuerten Fluorid-Präperate zu verwenden. Fluorid in einer neutralen Umgebung scheint dagegegen unproblematisch zu sein. Inwieweit die Behandlung des Restzahnbestandes mit sauren Fluoridgelen auf die Implantate einen negativen Einfluss haben kann, muss noch wissenschaftlich geklärt werden. Niedrig konzentrierte fluoridhaltige Mundspüllösungen scheinen indes keine negativen Auswirkungen auf Implantatoberflächen zu haben.
Last changed25 days ago