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by Pascal P.

Welche Gebiete des Zivilverfahrensrechts kennen Sie?

Zivilverfahrensrecht ist der Oberbegriff für mehrere verschiedene zivilgerichtliche Verfahrensarten. Es ist zu unterscheiden zwischen folgenden Teilgebieten:

  • Zivilprozessrecht (im engeren Sinn)

    • Der Zivilprozess ist das in der ZPO geregelte Verfahren vor einem staatlichen Gericht, das der Feststellung (und ev Gestaltung) von bürgerlichrechtlichen Ansprüchen dient (streitiges Erkenntnisverfahren).

    • Wird durch Klage eingeleitet und (im Regelfall) mit Urteil beendet.

    • uU auch durch Beschluss, Vergleich oder Klagsrücknahme

  • Verfahren außer Streitsachen

    • Dient ebenfalls der Feststellung und Gestaltung von Privatrechten. In dieser Verfahrensart werden jedoch all jene Angelegenheiten behandelt, die zwar bürgerliche Rechtssachen sind, aber keine „Streitsachen“ (also Zivilprozess-Sachen).

    • Abgrenzung zwischen Streitsachen und „außerstreitigen Angelegenheiten“ ist aber schwer, weil der Gesetzgeber in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Rechtssachen in das Außerstreitverfahren verwiesen hat, die durchaus „streitigen Charakter“ haben.

    • Im Kern geht es jedoch häufig um die Gestaltung von Rechtsbeziehungen mit dauerhaftem Charakter, die zwischen Personen bestehen, die weiter miteinander leben müssen.

      • Diese zukunftsweise, gewissermaßen „friedensrichterliche“ Fürsorgekomponente stellt ein typisches Charakteristikum des Außerstreitverfahrens dar.

    • Hauptrechtsquelle ist das Außerstreitgesetz (AußStG)

  • Einstweilige Verfügungen

    • Auch hier handelt es sich eig um ein Erkenntnisverfahren, allerdings um ein bloß summarisches und (weitgehend) vorläufiges Verfahren (sog Provisorialverfahren)

    • Die dafür einschlägigen Bestimmungen sind jedoch in die Exekutionsordnung (§§ 378ff EO) eingeordnet.

  • Exekutionsrecht (Zwangsvollstreckungsrecht)

    • Es regelt die Anwendung von staatlicher Zwangsgewalt zur Durchsetzung von Ansprüchen, deren Existenz in einem (streitigen oder außerstreitigen Erkenntnis-)Verfahren festgestellt worden ist, oder auch von anderen vollstreckbaren Ansprüchen (Exekutionstiteln), nach den Grundsätzen der Spezialität und Priorität(Einzelvollstreckung)

    • Hauptrechtsquelle ist die Exekutionsordnung (EO)

      • Darin werden auch die Sicherung von Ansprüchen (Exekution zur Sicherstellung - §§370ff) und der provisorische (vorläufige) Rechtsschutz (§§378ff) geregelt.

  • Insolvenzrecht

    • Das Insolvenzverfahren hat die Sicherung und Befriedigung der Ansprüche der Gläubiger eines zahlungsunfähigen oder überschuldeten Schuldners nach den Grundsätzen der Generalität und Perzentualität zum Gegenstand.

    • Dazu kommt das Ziel der Erhaltung von (gewissen) insolventen UN (Sanierungszweck) bzw der Entschuldung von natürlichen Personen (Privatkonkurs), und auch die Insolvenzprophylaxe gewinnt an Bedeutung.

    • Hauptrechtsquelle ist die Insolvenzordnung (IO)

  • Internationales Zivilprozessrecht

    • Darunter versteht man all jene Normen die zivilprozessuale TB mit internationalem Bezug betreffen


Unterscheiden Sie die sachliche von der persönlichen Unmittelbarkeit!

Unmittelbarkeit bedeutet, dass Entscheidungsgrundlage nur ist, was sich vor dem erkennenden Gericht selbst abgespielt hat.

  • Zentrale Bedeutung liegt in der Förderung der Wahrheitsfindung durch den unmittelbaren prozessualen Kontakt zwischen Richter, Parteien und Beweismittel.

    • In dem Umstand, dass der Richter die Beweise selbst in eigener Wahrnehmung aufnimmt, liegt auch die innere Rechtfertigung für das System der freien Beweiswürdigung.

  • Der Unmittelbarkeitsgrundsatz zeigt sich in drei Erscheinungsformen:

    • Sachliche Unmittelbarkeit

      • Bedeutet, dass Beweise in der Vehrandlung unmittelbar vor dem erkennenden Gericht aufzunehmen sind (§276 Abs. 1 ZPO)

      • Wird die sachliche Unmittelbarkeit verletzt, so liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel (§496 Abs. 1 Z2 ZPO) vor.

      • Wird gleichzeitig das rechtliche Gehör beeinträchtigt, ist das Urteil nichtig (§477 Abs. 1 Z4 ZPO).

      • Geht das Berufungsgericht ohne Beweisergänzung über den vom Erstgericht festgestellten SV hinaus, liegt eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrecht vor.

    • Persönliche Unmittelbarkeit

      • Der verhandelnde und der erkennende (=die Entscheidung fällende) Richter müssen ident sein.

      • Kommt es während des Verfahrens zu einem Richterwechsel, ist die Verhandlung – wenn auch unter Anwendung des §281a ZPO – von neuem durchzuführen (§412 ZPO).

      • Bei einem Verstoß gg die persönliche Unmittelbarkeit ist das Urteil nichtig (§477 Abs. 1 ZPO)

    • Zeitliche Unmittelbarkeit

      • Ziel ist Kontinuität der Stoffsammlung sowie die zeitnahe Verwertung des gesammelten Prozessstoffes.

      • So muss der Vorsitzende in einer späteren Tagsatzung die bisherigen Verhandlungsergebnisse vorführen und daran die Verhandlung anknüpfen (§138 ZPO) sowie Urteil sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkünden und binnen vier Wochen zur Ausfertigung geben oder binnen vier Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung fällen und zur Ausfertigung geben (§414 Abs. 3, §415 ZPO)


Was ist der Unterschied zwischen Ausschließungs- und Befangenheitsgründen?

Zu unterscheiden ist zwischen Gründen, die den Richter von der Ausübung des Richteramtes ausschließen, und den Befangenheitsgründen.

  • Ausschließungsgründe

    • Werden in §20 JN (und in §537 ZPO für die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage) taxativ aufgezählt.

    • Danach ist ein Richter ausgeschlossen

      • Wenn er selbst Partei (Mitberechtigtiger, Mitverpflichtigter, Regressverpflichtigter) ist

      • Wenn er mit der Partei verheiratet oder verpartnert, nahe verwandt oder verschwägert ist

      • In Sachen seiner Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder und in Sachen der von ihnen vertretenden schutzberechtigten Personen

      • Wenn er in dieser Sache Bevollmächtigter einer Partei ist oder war

      • Wenn er an der angefochtenen (oder mit RM-Klage bekämpften) Entscheidung (in unterer Instanz mitgewirkt hat.

  • Befangenheitsgründe

    • Diese werden notwendigerweise nicht ausdrücklich aufgezählt, sondern mit Generalklausel umschrieben

      • Nach §19 Z2 JN ist eine Befangenheit des Richters dann gegeben, wenn „ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“.

      • Hier ist ein strenger Maßstab anzusetzen:

        • Bereits der äußere Anschein einer Voreingenommenheit ist ausreichend

        • Ablehnungsvorschriften sollen aber auch nicht dazu missbraucht werden können, um einen „nicht genehmen“ Richter zu umgehen.

        • Fühlt sich Richter selbst befangen, so sit seiner Befangenheitsanzeige (Selbstmeldung) bzw seiner Stellungnahme zum Ablehnungsantrag einer Partei im Regelfall Rechnung zu tragen.

      • Taugliche Ablehnungsgründe sind etwa:

        • Freundschaft oder Feindschaft des Richters & einer Partei

        • Vorschnelle Aussagen über Prozessausgang, etc.

        • Unrichtige Rechtsansichten des Richters oder Verfahrensfehler allein stellen hingegen keine tauglichen Ablehnungsgründe dar, weil das Ablehnungsverfahren n9icht dazu dient, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu prüfen – dafür RM-Verfahren

  • Wesentlicher Unterschied zwischen Ausschließungs- und den Befangenheitsgründen ist, dass die Ausschließungsgründe absolut wirken

    • Das bedeutet, dass das Gesetz bei den Ausschließungsgründen unwiderlegbar vermutet, dass durch sie die Objektivität des Richters beeinträchtigt wird.

    • Bei tauglichen Befangenheitsgründe führt es zu berechtigten Zweifel an der Objektivität des Richters bei der Verfahrensführung und Entscheidungsfällung.

  • Ausschließungsgründe können nicht heilen

    • Sie sind in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen oder auf Antrag (Ablehnungsantrag) wahrzunehmen und bilden im RM-Verfahren einen Nichtigkeitsgrund (§477 Abs. 1 Z1 ZPO).

    • Selbst nach Eintritt der Rechtskraft kann noch eine Nichtigkeitsklage erhoben werden (§529 Abs. 1 Z1, Abs. 2 und Abs. 3 ZPO)

  • Befangenheitsgründe müssen sofort nach Kenntnis geltend gemacht werden

    • Lässt sich keine Partei trotz Kenntnis des Ablehnungsgrundes auf die Verhandlung ein oder stellt sie Anträge, kann sie keinen erfolgreichen Ablehnungsantrag mehr stellen (§21 Abs. 2 JN).

    • Außerdem ist eine Geltendmachung von Befangenheitsgründen nach Eintritt der Rechtskraft ausgeschlossen.


Skizzieren Sie den Ablauf eines Verfahrens vor den Gerichtshöfen!

Gerichtshofverfahren:

  • Im Gerichtshofverfahren müssen die Parteien regelmäßig durch Rechtsanwälte vertreten sein.

  • Verfahren beginnt mit der Einbringung einer (schriftlichen) Klage bei Gericht. (Gerichtsanhängigkeit)

  • Sie wird vorerst (in limine litis) von Gericht auf das Vorliegen der formellen Erfordernisse (Prozessvoraussetzung) geprüft (Klagsprüfung).


    • Liegen diese nicht vor (und kann der Mangel auch durch ein Verbesserungsverfahren nicht beseitigt werden), so wird die Klage sofort (a limine) mit Beschluss zurückgewiesen.

  • Wenn die formellen Erfordernisse erfüllt sind wird die Klage vom Gericht dem Beklagten zugestellt und ihm gleichzeitig der Auftrag erteilt, binnen vier Wochen eine Klagebeantwortung einzubringen.


    • Wird die Klage nicht rechtzeitig beantwortet, ergeht auf Antrag des Klägers ein Versäumungsurteil.

  • Wird die Klagebeantwortung rechtzeitig erstattet, so kommt es zur mündlichen Streitverhandlung.

    • Diese beginnt mit der vorbereitenden Tagsatzung, die insb dem Vorbringen der Parteien, der Erörterung der Streitsache sowie der Besprechung und Festlegung des weiteren Prozessverlaufs dient.

    • In der fortgesetzten mündlichen Streitverhandlung werden dann vor allem Beweise aufgenommen. (weitere Tagsatzungen)

  • Nach der Beendigung des Beweisverfahrens erklärt das Gericht den Schluss der mündlichen Streitverhandlung und verkündet entweder sofort (mündlich) das Urteil oder behält sich (zumeist) die schriftliche Urteilsausfertigung vor.

    • Wird das erstinstanzliche Urteil von den Parteien angefochten, kommt es zum Rechtsmittelverfahren vor dem Gericht zweiter Instanz.

      • Gegen dessen Entscheidung ist uU noch ein RM an dritte Instanz (OGH) zulässig)


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Im bezirksgerichtlichen Verfahren herrscht bis zu einem Streitwert von 5000 € keine Anwaltspflicht, dafür hat das Gericht die untertretende Partei anzuleiten und zu unterstützen (Manduktionspflicht)


Sonst unterscheidet es sich iW nur dadurch, dass im bezirksgerichtlichen Verfahrenkeine Klagebeantwortungvorgesehen ist, sondern sofort die mündliche Streitverhandlung anberaumt wird.

Was sind die prozessualen Folgen des Fehlens von Prozessvoraussetzungen?

Das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen oder aufgrund einer Einrede der beklagten Partei zu prüfen.

Sie müssen im Zeitpunkt der Entscheidung über sie bzw spätestens im ZP des Schlusses der mündlichen Verhandlung (erster Instanz) gegeben sein.

  • Für die Ermittlung der Prozessvoraussetzungen und der für ihre Feststellung erforderlichen Tatsachen gilt (ausnahmsweise) der Untersuchungsgrundsatz.

  • Allerdings wird das Gericht nur dann einschlägige Erhebungen durchführen, wenn sich Anhaltspunkte ergeben, dass eine Prozessvoraussetzung nicht gegeben ist (also insb, wenn der Beklagte eine Einrede erhoben hat)

Das Fehlen einer Prozessvoraussetzung (bzw das Vorliegen eines Prozesshindernisses) hat idR die

  • Aufhebung einer allenfalls bereits ergangenen Entscheidung,

  • die Nichtigerklärung des Verfahrens und

  • sofern die Nichtigkeit auch die Verfahrensleitung betrifft, die Zurückweisung der Klage mittels Beschluss zur Folge.

Bei mangelnder Partei- bzw Prozessfähigkeit, gesetzlicher Vertretung, Ermächtigung zur Prozessführung oder Vertretungsmacht des Einschreiters muss vorerst ein Heilungsversuch unternommen werden.


Ist sonst der Prozessvoraussetzungsmangel einer Verbesserung zugänglich, muss vor der Zurückweisung  der Klage ein Verbesserungsversuch unternommen werden (§§84f, 230 Abs. 2 ZPO)


Exkurs:

Gericht kann (Unabhängigkeit von einer gemeinsamen oder getrennten Verhandlung über die Prozesseinrede), wenn es dies aus prozessökonomischen Gründen für sinnvoll hält, den Beschluss, mit dem es das Vorliegen einer positiven bzw das Nichtvorliegen einer negativen Prozessvoraussetzung bejaht (also eine diesbezügliche Prozesseinrede verwirft), gesondert ausfertigen.

  • Damit ermöglicht es eine sofortige Anfechtung dieses Beschlusses und eine vorzeitige Klärung dieser Frage im Instanzenzug.

  • Gericht kann dennoch sofort zur Verhandlung in der Hauptsache übergehen oder die Rechtskraft seiner Entscheidung abwarten.


In welche Kategorien lassen sich Prozessvoraussetzungen einteilen?

Nennen Sie je 2 Beispiele!

Allgemeine und besondere Prozessvoraussetzungen

  • Allgemeine Prozessvoraussetzungen gelten in jedem Zivilprozess

  • Besondere Prozessvoraussetzungen hingegen nur für bestimmte Rechtsschutzformen (zB Feststellungsinteresse für Feststellungsklagen), besondere Verfahrensarten (zB Wechsel für das Wechselmandatsverfahren) oder bestimmte Verfahrensstadien (zB statthaftes und rechtzeitiges RM sowie die Beschwer für das RM-Verfahren)

Positive und negative Prozessvoraussetzungen

  • Positive PV sind Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit eine Sachentscheidung ergehen kann (zB Zuständigkeit des Gerichts)

  • Negative PV sind Umstände, die nicht vorliegen dürfen, damit eine Sachentscheidung ergehen kann.

    • Man kann sie auch als Prozesshindernisse bezeichnen. Es handelt sich dabei insb um die Streitanhängigkeit, Rechtskraft und die Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht

 

Regelungsgegenstand

Nach dem Regelungsgegenstand kann man unterscheiden zwischen

  • Parteibezogene (persönlichen) PV (Partei und Prozessfähigkeit, Vertretungsmacht des Einschreiters)

  • Gerichtsbezogenen PV (inländische Gerichtsbarkeit, Zulässigkeit des RW, Zulässigkeit des streitigen bzw außerstreitigen Verfahrens, sachliche, örtliche und internationale Zuständigkeit, vorschriftmäßige Gerichtsbesetzung, Unbefangenheit des Richters)

  • Streitgegenstandsbezogenen PV (ordnungsgemäße Klagserhebung, Streitanhängigkeit, Rechtskraft, Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht)

 

Absolute und relative Prozessvoraussetzungen

  • Absolute PV sind grds bis zur Rechtskraft der Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen (oder auf Antrag der Parteien) wahrzunehmen

    • Manche absoluten PV heilen selbst mit dem Eintritt der Rechtskraft nicht, sondern können auch noch später wahrgenommen werden:

    • Ausgeschlossenheit eines Richters sowie der Mangel der Prozessfähigkeit bzw der gesetzlichen Vertretung und der Vertretungsmacht des Einschreiters mit Nichtigkeitsklage (§529 Abs. 1 ZPO) geltend gemacht werden.

    • Das schuldlose Übersehen einer bereits rechtskräftigen Entscheidung in derselben Sache mit Wiederaufnahmsklage (§530 Abs. 1 Z6 ZPO) und der Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit (wegen völkerrechtlicher Immunität) sowie die Unzulässigkeit des Rechtswegs (ieS) mittels eines Aufhebungsantrags der obersten VwBH an den OGH (§42 Abs. 2 JN)

  • Relative PV können nicht mehr aufgegriffen werden, wenn die rechtzeitige Erhebung einer entsprechenden Parteieinrede unterlassen wurde.

    • Relative PV heilen also, wenn sie nicht rechtzeitig eingewendet werden

    • zB sachliche, örtliche und die porogable internationale Unzuständigkeit oder die nicht vorschriftmäßige Gerichtsbesetzung


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Übersicht und Einteilung der Prozess- bzw Sachentscheidungsvoraussetzungen:


Prozessvoraussetzungen im engeren Sinn

  • Ordnungsgemäße Klagserhebung

  • Ordnungsgemäße Gerichtsbesetzung

  • Einhaltung der Geschäftsverteilung

  • Unparteilichkeit des Gerichts

Parteibezogene Sachentscheidungsvoraussetzung

  • Parteifähigkeit

  • Prozessfähigkeit bzw erforderliche gesetzliche Vertretung bzw Ermächtigung zur Prozessführung oder zu einzelnen Prozesshandlungen

  • Vertretungsmacht des Einschreiters

Gerichtsbezogene Sachentscheidungsvoraussetzung

  • Zulässigkeit des (ordentlichen) Rechtswegs

  • Inländische Gerichtsbarkeit

  • Zulässigkeit des streitigen bzw außerstreitigen Verfahrens

  • (sachliche, örtliche, internationale) Zuständigkeit des Gerichts

Streitgegenstandsbezogenen (negative) Sachentscheidungsvoraussetzungen (Prozesshindernisse)

  • (Fehlen der) Streitanhängigkeit

  • (Fehlen der) Rechtskraft

  • (Fehlen einer) Klagszurücknahme unter Anspruchsverzicht

Besondere Sachentscheidungsbedürfnisse

  • Rechtsschutzbedürfnis


Wie hat das Gericht vorzugehen, wenn eine außerstreitige Rechtssache vom Antragsteller irrtümlicherweise als „Klage“ und daher auch beim sachlich unzuständigen Gericht eingebracht wird? Was gilt im umgekehrten Fall?

Gem §1 Abs. 2 AußStrG ist das Außerstreitverfahren nur in denjenigen bürgerlichen RS anzuwenden, für die dies im Gesetz angeordnet ist.

Es besteht daher eigentlich eine Generalklausel zugunsten des streitigen Verfahrens. Die Rsp neigt jedoch dazu, auch solche RS im Außerstreitverfahren zu behandeln, die zwar nicht ausdrücklich aber doch „unzweifelhaft schlüssig“ nach den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens zu behandeln sind.


  • Bei Zweifelsfragen über die Anwendung des streitigen oder des außerstreitigen Verfahrens ist nach §40a JN vorzugehen.

Die Behandlung der RS in der richtigen Verfahrensart bildet eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Sachentscheidung (Prozessvoraussetzung).


Die Beurteilung dieser Voraussetzung richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei (ist nicht maßgebend, ob die Verfahrenseinleitung als klage oder als Antrag im Außerstreits- oder Vollstreckungsverfahren bezeichnet worden ist), sondern nach dem Inhalt des Begehrens und des Vorbringens der Partei.


  • Eine Disposition der Parteien über das anzuwendende Verfahren ist nicht möglich.

  • Ist zweifelhaft welches Verfahren anzuwenden ist, so hat das Gericht darüber mit einem besonderen Beschluss zu entscheiden (§40a JN).

  • Dieser Beschluss ist nach den Regeln der von der verfahrenseinleitenden Partei gewählten Verfahrensart selbstständig anfechtbar.

  • Stellt sich dabei heraus, dass die vom Einschreiter gewählte Verfahrensart nicht die richtige ist, so ist das bisher durchgeführte Verfahren für nichtig zu erklären, der Rechtsschutzantrag (Klage oder Antrag) aber idR nicht zurückzuweisen, sondern umzudeuten und – ev nach Durchführung eines Verbesserungsverfahrens – in der (rechtskräftig) festgestellten, richtigen Verfahrensart zu behandeln, also ein Zivilprozess oder ein Außerstreitverfahren durchzuführen.

Die Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen richtet sich dann nach den Regeln der rechtskräftig festgestellten Verfahrensart. Ist daher das aufgerufene Gericht für die Behandlung der RS in der anderen, richtigen Verfahrensart (sachlich oder örtlich) unzuständig, so ist die Klage zurückzuweisen (mit der Möglichkeit einen Überweisungsantrag zu stellen)

  • Ein außerstreitiger Antrag ist hingegen nach §44 JN von Amts wegen an das zuständige Gericht zu überweisen.


Wann heilt eine internationale Unzuständigkeit nach autonomem österreichischem Recht?

Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist eine Prozessvoraussetzung (Sachentscheidungsvoraussetzung), die von Amts wegen oder aufgrund einer Einrede der beklagten Partei geprüft wird.


Aus prozessökonomischen Gründen heilt eine Unzuständigkeit jedoch regelmäßig in einem relativ frühen Verfahrensstadium und kann dann nicht mehr aufgegriffen werden.

  • Nichtigkeitsgrund nach §477 Abs. 1 Z3 ZPO liegt daher nur noch in den seltenen Ausnahmefällen vor, in denen die Unzuständigkeit nicht bereits in erster Instanz geheilt worden ist.

Es muss zwischen zwei Arten der Unzuständigkeit unterschieden werden, nämlich zwischen einer prorogablen und einer unprorogablen Unzuständigkeit.

  • Eine prorogable Unzuständigkeit liegt vor, wenn die Unzuständigkeit durch eine Vereinbarung der Parteien (Prorogation) beseitigt werden könnte.

  • Eine unprorogable Unzuständigkeit ist hingegen dann gegeben, wenn das angerufenen Gericht auch durch eine Vereinbarung der Parteien nicht zuständig gemacht werden könnte (und somit eine Zwangszuständigkeit vorliegt).



In Rechtssachen nach §81 JN (streitigkeiten um unbewegliches Gut), §83 JN (Bestandsstreitigkeiten, §§83b und 92b JN (Streitigkeiten aus einem Verbands- oder gesellschaftsverhältnis) ist jedoch eine Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit (oder eine rügelose Einlassung) ausgeschlossen (§104 Abs. 4 JN).


Eine unprorogable internationale Zuständigkeit heilt erst mit der Rechtskraft der Entscheidung.

Skizzieren Sie grob die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit!


Hier geht es primär darum herauszufinden welcher Gerichtstyp in 1. Instanz zuständig ist.


Durch die Bestimmungen über die sachliche Zuständigkeit werden die Rechtssachen vorerst entweder der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit oder de Kausalgerichtsbarkeit zugewiesen.


Innerhalb der allgemeinen Gerichtsbarkeit verteilen dann die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit die Rechtsstreitigkeiten auf das BG oder LG auf.


Das Verteilungskriterium ist entweder die Beschaffenheit der Streitsache (Eigenzuständigkeit) oder ihr Wert (Wertzuständigkeit).

  • Die Eigenzuständigkeit geht der Wertzuständigkeit vor.

In §49 Abs 2 JN werden jene Streitigkeiten aufgezählt, die kraft Eigenzuständigkeit (ohne Rücksicht auf den WErt des Streitgegenstandes) vor die (allgemeinen) BG gehören.

  • ehe- und familienrechtliche Streitigkeiten, Besitzstörungsstreitigkeiten, Bestandstreitigkeiten über unbewegliches Gut und Streitigkeiten nach §549 ZPO

Eigenzuständigkeiten der LG bestehen nur noch selten und sind meist in Sondergesetzen vorgesehen.(§50 JN)


Sofern keine Eigenzuständigkeit vorliegt, richtet sich die sachliche Zuständigkeit nach dem Wert des Streitgegenstands (Wertzuständigkeit)

  • Maßgeblich ist gem §54 Abs 1 JN der ZP der Einbringung der Klage bei Gericht (Gerichtsanhängigkeit)

    • Danach tritt perpetuatio fori ein.

Bei einem Streitwert bis (einschließlich) 15.000 € sind die BG zuständig, übersteigt der Streitwert 15.000 €, fällt die Streitsache in die Zuständigkeit der Gerichtshöfe (§49 Abs 1, §50 JN)


Welche Arten der örtlichen Zuständigkeiten gibt es?


Nennen Sie je ein Beispiel!


  • Allgemeiner Gerichtsstand (§§65 JN)

    • Sofern kein besonderer GS besteht, ist die Klage bei jenem (sachlich zuständigen) Gericht einzubringen, in dessen Sprengel der Beklagte seinen allgemeinen GS hat (actor sequitor forum rei; §65 JN)

    • Allg. GS von nat. P. wird durch Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt bestimmt

      • Allg. GS einer minderjährigen Person bestimmt sich gem §71 JN nach dem allgemeinen GS der gesetzlichen Vertreter.

      • Zur Begründung eines Wohnsitzes ist einerseits das körperliche Moment des tatsächlichen Aufenthaltes an einem bestimmten Ort notwendig und auch das subjektive Willensmoment der erweislichen nach außen erkennbaren Absicht, dort einen bleibenden Aufenthalt zu nehmen (§66 JN)

      • Aufenthalt einer Person bestimmt sich ausschließlich nach tatsächlichen Umständen.

        • Ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, hängt in erster Linie von seiner Dauer und Beständigkeit sowie von anderen Umständen persönlicher und beruflicher Art ab, die dauerhafte beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthaltsort anzeigen (§66 Abs 2 JN).

        • Maßgeblich ist, ob der Ort zum Mittelpunkt des Lebens, der wirtschaftlichen Existenz und der sozialen Beziehungen gemacht wird.

      • Person kann auch mehrere Wohnsitze oder Aufenthaltsorte haben. Der Käger kann dann zwischen mehreren allgemeinen GS wählen (§66 Abs 3 JN)

      • Allg GS jur. P. richtet sich nach deren Sitz. Als Sitz gilt in zweifel der Ort, an dem die Verwaltung geführt wird (§75 Abs 1 JN).

  • Wahlgerichtsstände (§§86a ff JN)

    • Die JN sieht in §§86a ff eine Reihe von Wahl-GS vor.

    • GS der Niederlassung:

      • Gem §87 JN kann eine Person, die außerhalb ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes eine Niederlassung oder eine Betriebsstätte besitzt, wegen Ansprüchen, die sich auf ihre geschäftliche oder berufliche Tätigkeit, auf die Zweigniederlassung oder auf die Bewirtschaftung des Gutes beziehen, bei dem Gericht geklagt werden, in dessen Sprengel sich deie Hauptniederlassung befindet.

    • GS des Erfüllungsortes bzw der Faktura

      • Wenn Erfüllungsort vereinbart ist, kann die Klage auf Feststellung des Bestehen oder Nichtbestehens des Vertrags, auf seine Erfüllung oder Aufhebung sowie auf SAE wegen Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung beim Gericht dieses Ortes erhobe n werden (§88 Abs 1 JN)

    • GS der Schadenszufügung

      • Zur Geltendmachung von deliktischen oder vertraglichen SAE-Ansprüchen, sofern sie auf der tötung oder Verletzung von Personen, einer Freiheitsberaufung oder der beschädigung einer körperlichen Sache beruhen, ebsteht nach §92a JN ein Wahl-GS bei jenem Gericht, in dessen Sprengel das den Schaden verursachte Verhalten gesetzt worden ist neben dem allg. GS (“können auch”)

    • GS der Streitgenossenschaft

      • Mehrere Beklagte, die eine einheitliche Streitpartei (§14 ZPO) oder eine materielle Streitgenossenschaft (§11 Z1 ZPO) bilden, können nach §93 Abs 1 JN gemeinsam beim allg. GS eines Streitgenossen geklagt werden, sofern kein gemeinsamer besonderer GS besteht und außerdem dieses Gericht nicht unprorogabel unzusätndig ist.

    • GS des Vermögens

      • Wenn eine Person im Inland keinen allg. GS hat, kann wegen vermögensrechtlicher Ansprüche bei dem Gericht geklagt werden, in dessen Sprengel sich Vermögen dieser Person oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand selbst befindet (§99 Abs 1 JN)

  • Ausschließliche GS (§§76ff JN)

    • Diese verdrängen den allgemeinen GS und schließen auch die Anrufung eines Wahl-GS aus.

    • Eine abweichende GS-Vereinbarung durch die Parteien bleibt jedoch - im Gegensatz zu den “ausschließlichen GS” nach Art 24 EuGVVO - möglich.

      • Ist auch eine abweichende Gerichtsstandvereinbarung ausgeschlossen, so spricht man von Zwangsgerichtsständen.

    • Eine ausschließliche Zuständigkeit besteht insb für Streitigkeiten aus dem Eheverhältnis oder der EP (§76 JN) bei dem BG, in dessen Sprengel die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder gehabt haben.

    • Ferner gilt eine ausschließliche Zuständigkeit etwa für dingliche Streitigkeiten um unbewegliches Gut (§81 JN) und für Bestandstreitigkeiten (§83 JN) bei dem Gericht, in dessen Sprengel die Sache liegt.

  • Zwangsgerichtsstände

    • Wenn bei ausschließlichen GS eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen ist spricht man von Zwangsgerichtsständen.

    • Im Bereich des Außerstreit-, Exekutions- und Insolvenzverfahren bestehen grds nur Zwangsgerichtsstände.

    • Für Streitigkeiten aus Verbandsverhältnissen sieht §83b JN einen ZwangsGS beim sachlich zuständigen GH (Handelsgericht) am Sitz des Verbandes vor.

    • Wichtig ist die in §14 Abs 1 KSchG für Klagen eines UN gg einen Verbraucher vorgesehene Zwangszuständigkeit.

      • Grundgedanke ist, dass die schwächere Partei vor den Nachteilen eines für sie örtlich ungünstig gelegenen GS geschützt werden soll, dass sie nur vor einem Gericht geklagt werden darf, zu dem sie eine örtliche Nahbeziehung hat.

      • Wird ein Gericht angerufen, das nicht der Regelung das nicht der Regelung des §14 Abs 1 KSchG entspricht, so ist dieses unprorogabel unzusätndig.

        • Unzuständigkeit kann jedoch - wie jede andere unprorogable Unzuständigkeit auch - durch rügelose Einlassung der (vertretenen oder belehrten) Partei heilen (§14 Abs 2 KSchG)

    • Im Umgekehrten Fall Verbraucher gg UN sieht §14 Abs 3 KSchG vor, dass gesetzlich vorgesehene GS nicht ausgeschlossen werden dürfen (Derogationsverbot).



Wann spricht man von prorogabler, wann von unprorogabler Unzuständigkeit?


Wie geht das Gericht bei Unzuständigkeit vor?


Wie können die Parteien vorgehen?


Unter Prorogation versteht man Gerichtsstandvereinbarung.


Nach §104 Abs 1 JN können sich die Parteien durch eine ausdrückliche (nicht bloß schlüssige) Vereinbarung der internationalen Zuständigkeit österreichische Gerichte und / oder einem oder mehreren Gerichten namentlich angeführter Orte unterwerfen (Prorogation).

  • Vereinbarung muss sich entweder auf einen bestimmten Rechtsstreit oder auf die aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringenden Rechtsstreitigkeiten beziehen (Bestimmtheitserfordernis nach §104 Abs 2 JN)

  • Formzwang ist nicht vorgesehen, Vereinbarung muss aber im Bestreitungsfall dem Gericht urkundlich nagewiesen werden.

  • Eine Gerichtsstandvereinbarung bildet im Zweifel nur einen zusätzlichen Wahl-GS für den Kläger.


Vereinbarungen über die internationale und über die örtliche Zuständigkeit (Gerichtsstandvereinbarungen) sind grds zulässig, ausgenommen es liegt ein internationaler (§104 Abs 4 JN) oder ein nationaler (örtlicher) Zwangs-GS (insb nach §14 KSchG) vor.


Die sachliche Zuständigkeit kann durch Parteienvereinbarung grds nicht geändert werden. Eine Ausnahme besteht insoweit, als bei Wertzuständigkeit von einem Gerichtshof zum BG prorogiert werden kann.

  • Wird daher ein bestimmtes BG vereinbart, so gilt dies auch für die sachliche Zuständigkeit (nicht nur für die örtliche)



Wenn ein unzuständiges Gericht durch eine Parteienvereinbarung zuständig gemacht werden kann, so spricht man von einer prorogablen Unzuständigkeit.


Wenn eine Zuständigkeitsverschiebung ausgeschlossen ist, liegt eine unprorogable Unzuständigkeit vor. Das angerufene Gericht kann also auch durch eine Vereinbarung der Parteien nicht zuständig gemacht werden. (es liegt somit eine Zwangszuständigkeit vor)



Wie geht das Gericht bei Unzuständigkeit vor


Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist eine Prozessvoraussetzung., die von Amts wegen oder auf Einrede der beklagten Partei geprüft wird.


Wenn sich das angerufene Gericht für unzuständig hält, so weist es die Klage (a limine litis) von Amts wegen mit Beschluss zurück (§43 Abs 1 S1 JN)


Dieser Zurückweisungsbeschluss ist immer (auch bei Streitwert unter 2.700 Euro - siehe §517 ZPO) mit einem Rekurs anfechtbar.


Wird die Zutändigkeitsentscheidung nach dem Eintritt der Streitanhängigkeit getroffen, so ist zu differenzieren, ob sie die örtliche oder sachliche Zuständigkeit betrifft.

  • Entscheidungen über die örtliche Zuständigkeit sind immer anfechtbar.

  • Entscheidungen über die sachliche nur dann, wenn die Zuständigkeit verneint wird und das Gericht, das eigentlich sachlich zuständig wäre, seinen Sitz nicht in derselben Gemeinde hat (§45 JN)


Zu welchem bzw welchen Zeitpunkt(en) tritt Heilung der sachlichen/örtlichen Unzuständigkeit ein?


Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist eine Prozessvoraussetzung., die von Amts wegen oder auf Einrede der beklagten Partei geprüft wird.

  • Aus prozessökonomischen Gründen heilt eine Unzuständigkeit jedoch regelmäßig in einem relativ frühen Verfahrensstadium und kann dann nicht mehr aufgegriffen werden.

Das Vorliegen der Zuständigkeit wird grds nach dem ZP der Einbringung der Klage bei Gericht (Gerichtsanhängigkeit) beurteilt.

  • Ist zu diesem ZP die Zuständigkeit gegeben, so bleibt sie gem §29 Satz 1 JN aufrecht, auch wenn sich die maßgeblichen Umstände im Laufe des Verfahrens ändern (perpetuatio fori)

Amtswegige Prüfung:

  • Angerufene Gericht hat seine Zuständigkeit nach Einlangen der Klage bei Gericht, also im Stadium der Gerichtsanhängigkeit noch bevor es die Klage dem Beklagten zustellt (und dadurch Streitanhängigkeit eintritt), aufgrund der Angabe in der Klage zu prüfen (§41 JN)

    • Der Kläger muss daher entsprechende zuständigkeitsbegründende Behauptungen aufstellen, also einen Kompetenzsachverhalt in die Klage aufnehmen.

  • Diese amtswegige Prüfungsbefugnis “in limine litits” steht dem Gericht nur so lange zu, bis es die erste amtliche Verfügung über die Klage getroffen hat, also insb nur

    • bis zur Anberaumung der mündlichen Streitverhandlung (im BG-Verfahren)

    • bis zum Auftrag zur Erstattung der Klagebeantwortung (im Gerichtshofverfahren) oder

    • bis zur Erlassung eines Zahlungsbefehls, eines (Wechselzahlungs-)Auftrags oder eines Unterlassungsauftrags (im bezirksgerichtlichen Verfahren)

  • Danach kann von Amts wegen nur noch eine unprorogable Unzuständigkeit - sofern sie noch nicht geheilt ist - wahrgenommen werden (§43 Abs 1 JN)

    • Heilung liegt vor nach §104 Abs 3 JN wenn der Beklagte

      • schriftlich oder mündlich zur Sache vorbringt eben ohne Unzuständigkeitseinrede während er dabei qualifiziert Vertreten (RA / Notar) ist oder

      • er durch den Richter über die Möglichkeit einer derartigen Einrede und deren Wirkung belehrt wurde und dies protokolliert wurde.

Einrede des Beklagten:

  • Sofern Unzuständigkeit nicht bereits von Amts wegen wahrgenommen wurde, ist es Sache der beklagten Partei, eine allfällige Unzuständigkeit einzuwenden.

  • Grundregel ist, dass eine prorogable Unzuständigkeit bei sonstiger Hielung bei der ersten Gelegenheit eingewendet werden muss.

Ein unprorogabel Unzuständiges Gericht wird nur dann zuständig:

  • wenn der Beklagte

    • schriftlich oder mündlich zur Sache vorbringt eben ohne Unzuständigkeitseinrede während er dabei qualifiziert Vertreten (RA / Notar) ist oder

    • er durch den Richter über die Möglichkeit einer derartigen Einrede und deren Wirkung belehrt wurde und dies protokolliert wurde.

    • §104 abs 3 JN



Worin unterscheidet sich die Wirkung einer Gerichtsstandsvereinbarung nach der JN von einer solchen nach der EuGVVO?


Gerichtsstandsvereinbarungen JN:

  • Nach österreichischem Recht bildet eine GS-Vereinbarung im Zweifel nur einen zusätzlichen Wahlgerichtsstand für den Kläger.

  • Vereinbarungen über die internationale und über die örtliche Zuständigkeit sind grds zulässig, ausgenommen es liegt ein internationaler (siehe Art 104 Abs 4 JN) oder ein nationaler (örtlicher) Zwangsgerichtsstand (insb nach §14 KSchG) vor.

  • Inländische Gerichtsbarkeit kann nicht vereinbart werden. Verzicht auf Immunität ist aber möglich.

  • Zwischen allgemeiner und Handelsgerichtsbarkeit kann (theoretisch) prorogiert werden.

  • In Arbeits und Sozialsachen darf die sachliche Zuständigkeit nciht verändert werden (§9 Abs 1 ASGG)

  • Funktionelle Zuständigkeit kann nicht geändert werden. Zulässigkeit des Rechtswegs und die Zulässigkeit des anzuwendenden Verfahrens unterliegen nicht der Parteiendisposition.

  • Zuständigkeit eines Schiedsgericht kann grds durch Parteienvereinbarung (Schiedsvereinbarung nach §§581 ff ZPO)

Europäisches Recht:

  • Nach Art 25 EuGVVO können die Parteien für eine bereits entstandene oder für eine künftig aus einem bestimmten REchtsverhältnis entstehende Rechtsstreitigkeit eine Vereinbarung über die internationale und / oder örtliche Zuständigkeit treffen.

  • Voraussetzung ist dass ein Gericht oder die Gerichte eines MS als zuständig vereinbart werden.

    • Wohnsitz der Parteien im MS ist nicht erforderlich.

  • Hinsichtlich der Formerfordernisse stellt Art 25 EuGVVO vier Formalternativen zur Wahl

  • Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, wird das vereinbarte Gericht ausschließlich zuständig

  • Unzulässig sind GV wenn sie den Schutzvorschriften zugunsten der Versicherungsnehmer, Verbraucher und Arbeitnehmer zuwiderlaufen oder wenn sie gegen die ausschließlichen Zuständigkeiten des Art 24 EuGVVO verstoßen.


Welches Problem soll durch die Möglichkeit von Überweisungsanträgen primär behoben werden?


Gibt es einen Überweisungsantrag im Außerstreitverfahren?


Eine amtswegige Überweisung der Rechtssache an das zuständige Gericht odrnet §44 Abs 1 JN für das Außerstreit-, Exekutions- und Insolvenzverfahren an.


Im streitigen Verfahren (Ausnahme im arbeits- udn sozialgerichtlichen Verfahren) sit eine solche Überweisung nicht vorgesehen.


Allerdings räumt §261 Abs 6 ZPO dem Käger das REcht ein, für den FAll einer Unzuständigkeitsentscheidung durch das angerufene Gericht einen Eventualantrag zu stellen, dass es die Klage an ein namhaft zu machendes, nicht offenbar unzuständiges Gericht überweisen möge.

  • Stellt der Kläger einen solchen Überweisungsantrag, so verliert er das Recht, die dann allenfalls erfolgende Unzuständigkeitsentscheidung anzufechten.

Hat das Gericht seine Unzuständigkeit ausgesprochen, ohne dass der Kläger einen Überweisungsantrag nach §261 Abs 6 ZPO stellen konnte (also inbs bei einer a limine-Zurückweisung der Klage), so sieht §230a ZPO vor, dass der Kläger noch 14 Tage nach der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses einen Überweisungsantrag an ein anderes Gericht stellen kann..

  • Wurde dieser Antrag rechtzeitig gestellt und ist das andere Gericht nicht offenbar unzuständig, so hat das Gericht seinen Unzuständigkeitsbeschluss aufzuheben und die Klage an dieses Gericht zu überweisen.

    • Das Gericht an welches überwiesen wurde, aknn sich nicht für unzuständig erklären, eine Unzuständigkeitseinrede des Beklagten bleibt freilich möglich.

  • In Lehre und Rsp ist anerkannt, dass eine Häufung eines RM gg den Zurückweisungsbeschluss mit einem (Eventual-)Antrag auf Überweisung nach §230a ZPO möglich ist.

    • Kläger kann also für den Fall der Erfolgslosigkeit seines Rekurses einen Überweisungsantrag stellen.


Welches Problem wird behoben?


Wichtig ist, dass in beiden erwähnten Fällen einer Überweisung die Gerichts- bzw Streitanhängigkeit nicht aufgehoben wird, was bedeutet, dass der Lauf der Verjährungsfrist unterbrochen bleibt.

Außerdem erspart sich der Kläger durch Überweisugn die Kosten einer neuerlichen Klage.


Welche Arten von Überweisungsanträgen kennen Sie? Wodurch unterscheiden sie sich in ihrem Anwendungsbereich?


Eventualantrag nach §261 Abs 6 ZPO:


§261 Abs 6 ZPO dem Käger das Recht ein, für den Fall einer Unzuständigkeitsentscheidung durch das angerufene Gericht einen Eventualantrag zu stellen, dass es die Klage an ein namhaft zu machendes, nicht offenbar unzuständiges Gericht überweisen möge.

  • Stellt der Kläger einen solchen Überweisungsantrag, so verliert er das Recht, die dann allenfalls erfolgende Unzuständigkeitsentscheidung anzufechten.


Eventualantrag nach §230a ZPO:

Hat das Gericht seine Unzuständigkeit ausgesprochen, ohne dass der Kläger einen Überweisungsantrag nach §261 Abs 6 ZPO stellen konnte (also inbs bei einer a limine-Zurückweisung der Klage), so sieht §230a ZPO vor, dass der Kläger noch 14 Tage nach der Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses einen Überweisungsantrag an ein anderes Gericht stellen kann

  • Wurde dieser Antrag rechtzeitig gestellt und ist das andere Gericht nicht offenbar unzuständig, so hat das Gericht seinen Unzuständigkeitsbeschluss aufzuheben und die Klage an dieses Gericht zu überweisen.

    • Das Gericht an welches überwiesen wurde, aknn sich nicht für unzuständig erklären, eine Unzuständigkeitseinrede des Beklagten bleibt freilich möglich.

  • In Lehre und Rsp ist anerkannt, dass eine Häufung eines RM gg den Zurückweisungsbeschluss mit einem (Eventual-)Antrag auf Überweisung nach §230a ZPO möglich ist.

    • Kläger kann also für den Fall der Erfolgslosigkeit seines Rekurses einen Überweisungsantrag stellen.

§230a ZPO ist also für den Nachhinein geschaffen.



Gilt für Beide:

  • Grenzüberschreitende Überweisungen an ein ausländisches Gericht kann das österreichisches Recht nicht anordnen.

  • Auch das europäische Recht sieht - abgesehen vom Spezialfall des Art 15 EUEheKindVO - eine Pberweisung von Rechtssachen innerhalb der MS (noch) nicht vor.

  • Die Gefahr der Verjährung die durch diese fehlende Überweisungsmöglichkeit besteht, hat der OGH dadurch beschränkt, dass die Verjährungsunterbrechung dann aufrecht bleibt, wenn die zurückgewiesene Klage unverzüglich im international zuständigen Staat (neuerlich) eingebracht wird und das ursprünglich angerufene Gericht nicht offenbar unzuständig war.



Welchen Einfluss hat die Veräußerung der streitverfangenen Sache auf den Prozess?


Die Veräußerung einer streitverfangenen Sache oder Forderung hat auf den Prozess keinen Einfluss.


Der Erwerber ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners in den Prozess einzutreten (§234 ZPO).

  • So will die ZPO das ursprüngliche Prozessverhältnis schützen und Doppelprozesse vermeiden.

  • §234 ZPO gilt für jede Art der Einzelrechtsnachfolge, nicht jedoch für den originären REchtswerwerb.


Es gilt die Irrelevanztheorie:

  • Die Veräußerung der streitverfangenen Sache ist sowohl für die Parteistellung als auch für die materiell-rechtliche Beurteilung des zugrunde liegenden Anspruchs irrelevant.

  • Im Prozess ist so vorzugehen, als wäre keine Veräußerung erfolgt.

  • Urteil ergeht daher für oderr gegen den ursprünglich legitimierten Rechtsvorgänger, die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich aber auch auf den REchtsnachfolger.

  • Für die Exekutionsführung gg den Rechtsnachfolger ist aber der Nachweis der REchtsnachfolge durch öff. oder beglaubigte Urkunden (§9 EO) oder eine Titelergänzungsklage (§10 EO) notwendig.

  • Alternativ kann sich der Kläger auch an den Beklagten halten. Dieser muss ihm die Sache auf seine Kosten zurückverschaffen oder SAE leisten (§378 ABGB)


Es gibt daneben auch die Relevanztheorie, die von Teilen der Lehre vertreten wird:

  • Nach der strengen Relevanztheorie ist bei Veräußerung auf Kläger- und Beklagtenseite das Klagebegehren jeweils auf Leistung an den Rechtsnachfolger bzw Verurteilung des Rechtsnachfolgers umzustellen.

  • Dies erübrigt den Nachweis der Rechtsnachfolge nach §§9,10 EO.


Definieren Sie Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit und setzen Sie sie mit materiellrechtlichen Rechtsinstituten in Beziehung!


Parteifähigkeit bedeutet die Fähigkeit, im Prozess selbstständiger Träger von (prozessualen) Rechten und Pflichten im eigenen Namen zu sein.


  • Diese ergibt sich grds aus dem materiellen Recht und ist Ausfluss der Rechtsfähigkeit.

  • Alle physischen und juristischen Personen sind daher in Ö parteifähig.

  • Darüber hinaus sind auch andere Personenmehrheiten und Sondervermögen parteifähig, sofern die RO ihnen diese Fähigkeit ausdrücklich eingeräumt hat

    • Personengesellschaften, Wohnungseigentümergemeinschaft sowie Insolvenzmasse.

  • Parteifähigkeit ist Prozessvoraussetzung!

    • Fehlen bildet einen Nichtigkeitsgrund!

    • Die von nicht parteifähigen Personen oder gg eine nicht parteifähige Personerhobene Klage ist daher - sofern Heilung nicht möglich ist - zurückzuweisen.


Prozessfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, alle Prozesshandlungen selbst oder durch einen selbst gewählten Vertreter wirksam vornehmen bzw entgegennehmen zu können.


  • Prozessunfähige können nicht selbst wirksame Prozesshandlungen setzen, sondern benötigen dazu einen gesetzlichen Vertreter.

  • Prozessfähigkeit ist Prozessvoraussetzung

    • Ihr Fehlen bildet einen Nichtigkeitsgrund (§477 Abs 1 Z5 ZPO)

  • Mangelnde Prozessfähigkeit kann auch noch nach Rechtskraft mit Nichtigkeitsklage nach §529 Abs 1 Z2 ZPO geltend gemacht werden.

Nach §1 ZPO ist prozessfähig, wer nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig ist.

  • Prozessfähigkeit von Ausländern bestimmt sich nach dem Recht ihres Heimatstaates.

    • Ausländer in Heimatrecht prozessunfähig, in Ö aber prozessfähig, ist er als prozessfähig zu behandeln (§3 ZPO)

  • Prozessfähig sind daher alle voll geschäftsfähigen Personen, alle mündigen Minderjährigen im Rhamen ihrer zivilrechtlichen Geschäftsfähigkeit (§2 ZPO), aber auch psychisch Kranke und geistig Behinderte, für die ein EV oder Vorsorgebevollmächtigter bestellt wurde, in jenen Angelegenheiten, die nicht in den Wirkungskreis des EV bzw Vorsorgebevollmächtigten fallen.

  • Prozessunfähig sind vor allem alle juristischen Personen, weil diese nicht durch einen selbst gewählten Vertreter, sondern nur durch ihre Organe handeln können.

    • Gilt auch für Personengesellschaften, Insolvenzmasse und den ruhenden Nachlass.


Was gilt bei Vollbeendigung einer beklagten GmbH oder OG?


Kann man zwischen Kläger und Beklagtem differenzieren?


Bei Vollbeendigung einer beklagten GmbH gibt es keine Gesamtrechtsnachfolge.


Dem Kläger kommt ein Wahlrecht zu

  • Er kann die Fortsetzung des Verfahrens wählen oder erklären, den Prozess nicht fortsetzen zu wollen.

    • Diesfalls wird die Klage wegen Fehlens einer Gegenpartei zurückgewiesen und das Verfahren für nichtig erklärt.

    • Mangel der Parteiexistenz wird wie die fehlende Parteifähigkeit behandelt.

    • Auf diese Weise kann der Kläger das Verfahren beenden, ohne selbst kostenersatzpflichtig zu werden.

    • Äußert sich der Kläger nicht innerhalb angemessener Frist ab Bekanntwerden der Auflösung oder Löschung der GmbH wird angenommen, dass er das Verfahren fortsetzen will.

    • Ist die gelöschte GmbH in der Klägerrolle, schließt der geltend gemachte anspruch als Aktivum die Vollbeendigung aus.


Die Vollbeendigung einer Personengesellschaft während des anhängigen Zivilprozesses bereitet besondere Schwierigkeiten.

  • Hier wird teilweise darauf abgestellt, dass das Vorhandensein von Aktiva (der geltend gemachte anspruch oder der Prozesskostenersatzanspruch) oder das Vorhandensein von Passiva die Vollbeendigung hindere.

  • Teilweise wird auch eine Fortbestehensfiktion in Analogie zu §234 ZPO angenommen.

  • Der OGH hat einmal dem KLäger die Wahl eingeräumt, ob er das Verfahren gegen eine gelöschte Kommanditgesellschaft fortsetzen oder die Vermutung der Vermögenslosigkeit gegen sich gelten lassen will.

  • Nach aM ist das Problem durch Parteiwechsel und Klagsänderung zu lösen

    • An Stelle der Gesellschaft treten die Gesellschafter; der ursprüngliche Leistungsprozess ist als Feststellungsprozess darüber fortzuführen, dass die Gesellschaft geschuldet hat.

    • Kläger könnte auch eine Klageänderung auf Verurteilung der Gesellschafter auf Leistung beantragen.

    • Auf diese Weise könnte der bisherige Prozessaufwand im verfahren gegen die Gesellschaft nutzbar gemacht werden.


Wie ist das Beitrittsverfahren des Nebenintervenienten geregelt?


Nebenintervenient ist jeder Dritte, der - ohne selbst Partei zu sein - sich an einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit zur Unterstützung einer Partei (Hauptpartei) beteiligt, an deren Obsiegen er ein rechtliches Interesse hat.


  • Dies ist ab Gerichtsanhängigkeit bis zur Rechtskraft des Urteils möglich (§17, 18 ZPO).

  • Man unterscheidet

    • Die einfache Nebenintervention. Da geht es darum, den Ausgang eines Verfahrens zu beeinflussen, dessen unmittelbare Urteilswirkung zwar nur die Hauptpartei betreffen, das aber auch die eigene rechtliche Situation beeinflussen kann.

    • Die streitgenössische Nebenintervention liegt vor, wenn das Urteil kraft Beschaffenheit des streitigen RV oder kraft gesetzlicher Vorschrift unmittelbar auch für das RV des Nebenintervenienten zum Gegner der Hauptpartei wirksam ist (§20 ZPO)

Ablauf:


Jede Partei kann einen Dritten durch Streitverkündigung zum Beitritt als Nebenintervenient auffordern.


Beitritt als Nebenintervenient erfolgt durch Schriftsatz (§18 Abs 1 ZPO).


Das Gericht führt zunächst nur eine formelle Prüfung durch und stellt dann den Beitrittsschriftsatz beiden Parteien zu.


Fehlen schon formelle Voraussetzungen für den Beitritt, wird die Nebenintervention mit Beschluss zurückgewiesen.


Wenn eine der Parteien einen Antrag auf Zurückweisung der Nebenintervention stellt, wird das rechtliche Interesse auch materiell geprüft.


Bei fehlendem rechtlichen Interesse wird die Nebenintervention zurückgewiesen.


Dieser beschluss ist gesondert anfechtbar.


Was sind der notwendige und ratsame Inhalt einer Klage?


Die Klage ist der den Zivilprozess einleitende Antrag auf Gewährung von Rechtsschutz in der Hauptsache.

  • Mit der Klage wird der Zivilprozess eingeleitet; durch sie bestimmt der Kläger auch die Parteien des Zivilprozesses und den Streitgegenstand

Die Klage muss zwingend den Form- und Inhaltserfordernissen eines vorbereitenden Schriftsatzes (§§75, 226 ZPO) entsprechen.


Daraus ergibt sich das ERfordernis der Bezeichnung des Gerichts, der Parteien, Parteienvertreter, des Streitgegenstandes und der Unterschrift der Partei bzw ihres Vertreters.


Man unterscheidet notwendiger, ratsamer und möglicher Klagsinhalt.


Notwendiger Klagshinhalt:

  • Klagserzählung

  • bestimmtes Begehren (§226 Abs 1 ZPO)

    • Das Klagsbegehren muss den Inhalt des gewünschten Urteilsspruchs wiedergeben.

    • Um Vollstreckbarkeit des Leistungsbefehls sicherzustellen udn die Grenzen der materiellen Rechtskraft - bzw Gestaltungswirkung - des Urteils beurteilen zu können, muss die Klage bestimmt sein.

      • zB geforderter Geldbetrag ziffernmäßig angeben

  • Angaben, aus denen die sachliche und örtliche Zuständigkeit erschlossen werden kann.

    • Wird die Klage beim allgemeinen GS des Beklagten erhoben, erübrigen sich gesonderte Ausführungen

Ratsamer Inhalt:

  • Nach §226 Abs 1 ZPO sind in der Klage auch die Beweismittel anzuführen, auf die sich der Kläger stützen will.

    • Dabei gilt der Grundsatz der Beweisverbindung:

      • Beweismittel ist zugleich mit der jeweiligen Tatsachenbehauptung zu nennen.

  • Da Beweismittel aber auch erst im Zuge des weiteren Verfahren beantragt werden können, wird deren Anführung in der Klage teilweise nur als “ratsamer Klagsinhalt” bezeichnet.

Möglicher Klagsinhalt:

  • Darüebrhinaus können in der Klage noch weitere Anträge gestellt werden.

  • Hierzu gehört etwa ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (§65 ZPO)

  • Antrag auf Beweissicherung (§§384ff ZPO)

  • Antrag auf Streitanmerkung im GB (§§61ff GBG)

  • Erlassung eienr einstweiligen Verfügung (§§378ff EO)


Welche unterschiedlichen Klagsarten kennen Sie?


Nach der Art des begehrten Rechtsschutzes unterscheidet man heute drei Klagsarten:


1 Leistungsklagen (iwS)

  • Sind auf die Verurteilung des Beklagten zu einem positiven Tun (Leistung im engeren Sinn, zB Zahlung einer Geldsumme), zur Duldung bestimmter Handlungen des Klägers oder auf Unterlassung eines bestimmten Verhalten gerichtet.

    • id Praxis stehen Zahlungsklagen im Vordergrund

  • Jede Leistungsklage enthält zwei Elemente

    • implizit das Begehren auf Feststellung des dem Kläger gegen den Beklagten zustehenden Leistungsanspruches und

    • das eigentliche Leistungsbegehren, also das Begehren, dem Beklagten aufzutragen, eine bestimmte Leistung zu erbringen

    Im Klagebegehren wird nur der Leistungsbefehl zum Ausdruck gebracht; in Rechtskraft erwächst aber auch die implizite Feststellung, dass dem Kläger ggü dem Beklagten der betreffende Leistungsanspruch zusteht (Feststellungswirkung des Leistungsanspruchs).

    • Der im Leistungsurteil enthaltene Leistungsbefehl kann vollstreckt werden.

    Die begehrte Leistung muss grds zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz fällig sein (§406 S1 ZPO)

    • Verurteilung zu künftigen Leistungen ist jedoch bei Unterhaltsansprüchen möglich (§406 S2 ZPO).

    • Dies wird von der Rsp weit ausgelegt und auch auf andere wiederkehrende Geld- oder Sachleistungen ausgedehnt.

    • Voraussetzung ist, dass der Schuldner seine Verpflichtung bereits einmal verletzt hat oder mit der Vernachlässigung derselben gedroht hat.

  • Duldungsklagen

    • Sind darauf gerichtet, dem Beklagten die Duldung bestimmter Handlungen aufzutragen.

    • Unterfall der Leistungsklage iwS

  • Unterlassungsklagen

    • Darauf gerichtet, dass der Beklagte bestimmte Handlungen zu unterlassen hat.

    • Unterfall der Lesitungsklage iwS

    • Wird unterschieden zwischen “echten Unterlassungsklage”, die eine bereits erfolgte Rechtsverletzung voraussetzt, und der “vorbeugenden Unterlassungsklage” gegen einen drohenden Eingriff

    • Voraussetzung in beiden Fällen ist

      • Vorliegen von Begehungsgefahr (bei vorbeugenden UK) bzw Wiederholungsgefahr (bei echten UK)

      • Wiederholungs- bzw Begehungsgefahr ist Bestandteil des materiell-rechtlichen Unterlassungsansprcuhs; fehlt diese, ist die Klage mit Urteil als unbegründet abzuweisen.

      • Da bei der echten Unterlassungsklage bereits ein rechtswidriger Eingriff vorgenommen wurde, ist es Sache des Beklagten, den Wegfall der Wiederholungsgefahr zu behaupten und zu beweisen.

      • Hingegen ist die Erstbegehungsgefahr bei der vorbeugenden Unterlassungsklage vom Kläger zu behaupten und zu beweisen.

      • Wichtige Anwendungsfälle sind das Nachbarrechts und der Besitzschutz

2 Feststellungsklagen


  • Nach §228 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder Rechts oder der Echtheit oder der Unechtheit einer Urkunde geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung hat.

    • Hauptanwendungsfall sit die Feststellung der Haftung für künftige Schäden.

  • Durch die Feststellungsklage können strittige Rechtsfragen zwischen den Parteien geklärt werden.

  • Der Richter eines nachfolgenden Prozesses ist an die präjudizielle Entscheidung gebunden, ohne darüber neuerlich Beweise aufnehmen zu dürfen.

  • Nicht feststellungsfähig sind Tatsachen (mit Ausnahme der Echtheit einer Urkunde) und abstrakte Rechtsfragen.

    • Allerdings lässt die Rsp die Feststellung der rechtlichen Qualifikation eines Vertrages zu

  • Das festzustellende RV muss grds zwischen den Parteien bestehen.

    • In mehrpersonalen RV müssen idR alle Beteiligten auf Kläger- oder Beklagtenseite im Prozess auftreten; andernfalls fehlt das rechtliche Interesse, weil ein Urteil gerade keine umfassende Bereinigungswirkung zwischen allen Beteiligten erreichen kann.

  • Rechtliches Intesesse liegt vor, wenn ein aktueller Anlass zur Klärung des strittigen RV besteht.

    • Das ist der Fall, wenn der Bestand des streitigen RV vom Beklagten bestritten wird oder - bei der negativen Feststellungsklage - der Beklagte das strittige Recht behauptet (Berühmung).

    • Teilweise ergibt sich das rechtliche Interesse unmittelbar aus dem materiellen REcht.

  • Rechtliches Interesse fehlt, wenn dem Kläger ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, dasselbe Ziel zu erreichen, oder er die Möglichkeit hat, weitergehenden Rechtsschutz zu erhalten (Subsidiarität der Feststellungsklage)

    • Feststellungsklage daher nicht möglich, wenn der Kläger bereits eine Leistungsklage erheben könnte. (Ausnahme in Arbeitsrechtssachen)

  • Rechtliches Interesse bildet eine Erfolgsvoraussetzung für die Feststellungsklage - bei seinem Fehlen ist die Klage nach der Rsp mit Urteil abzuweisen.

    • Die Lehre vertritt überwiegend die Zurückweisung mit Beschluss.

  • Der Mangel des rechtlichen Interesses ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen.

    • Außerhalb der Festellungsklage ist das Rechtsschutzinteresse nicht als allgemeine Prozessvoraussetzung statuiert.

      • Doch aber bei bestimmten Prozesshandlungen wie Beitritt als Nebenintervenient oder Erhebung von RM

  • Zwischenantrag auf Feststellung nicht vergessen!


3 Rechtsgestaltungsklagen

  • Diese ist im Gegensatz zu Leistungs- und Feststellungsklagen auf die unmittelbare Begründung, Änderung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien gerichtet.

  • Das Gestaltungsurteil wirkt konstitutiv, während ein Feststellungsurteil bloß deklarativ wirkt.

  • Eine Zwangsvollstreckung ist (außer hinsichtlich Prozesskosten) nicht erforderlich, das Rechtsgestaltungsurteil vollstreckt sich gewissermaßen von selbst.

  • Sie enthelt neben dem eigentlichen Gestaltungsgebehren ein implizites Begehren auf Feststellung des dem Kläger gegen den Beklagten zustehenden Gestaltungsgrundes.

  • Nach dem ZP der Gestaltungswirkung kann zwischen Gestaltungsurteilen mit ex nunc-Wirkung und solchen mit ex tunc-Wirkung unterschieden werden.

    • Bei ersteren tritt die Rechtsgestaltung mit Eintritt der Rechtskraft ein, wirkt aber nicht zurück.

      • zB Scheidungsurteil

    • Die meisten Gestaltungsurteile haben aber ex tunc-Wirkung.

  • Nach dem Umfang der Rechtsgestaltungs kann zwischen vollkommenen Rechtsgestaltungsklagen, bei denen das stattgebende Urteil die Rechtsgestaltung unmittelbar auslöst (zB Scheidungsurteil), und unvollkommenen Rechtsgestaltungsklagen, bei denen durch das stattgebende Urteil zwar die Rechtsänderung ausgelöst wird, aber noch ein zusätzlicher Akt erforderlich ist unterschieden werden.

  • In Fällen wo das öff. Interesse besonders berührt ist und die Rechtsgestaltung auch ggü Dritten evident sein soll, darf die Rechtsgestaltung ausschließlich durch den Richter erfolgen.

    • zB Scheidung, Nichtigerklärung von HV-Beschlüssen einer AG, Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage


Anordnungsklagen

  • Mitunter wird eine weitere Klagsart unterschieden.

  • Hier strebt der Kläger die urteilsmäßige Anordnung an ein Gericht oder eine andere Stelle an.



Was verstehen Sie unter einem Zwischenantrag auf Feststellung?


Welche Voraussetzungen müssen hierfür vorliegen?


Dabei handelt es sich um ein vom Kläger (§236 ZPO) oder vom Beklagten (§259 Abs 2 ZPO) im Lauf des Verfahrens gestellter Antrag mit dem Begehren, urteilsmäßig über den Bestand oder Nichtbestand eines präjudiziellen Rechts oder Rechtsverhältnisses abzusprechen.


Dadurch kann eine Vorfrage verselbstständigt und mit bindender Wirkung im Spruch des Urteils entschieden werden.

  • Eine bloße Beurteilung der vorfrage in den Entscheidungsgründen eines urteils würde demggü nicht über den Anlassfall hinauswirken.

Ein Zwischenfeststellungsantrag kann auch auf die Anerkennung ausländischer Urteile oder sonstiger Akte zielen (§236 Abs 3 ZPO).

  • Wenngleich die Anerkennung in diesen Fällen an sich ejdenfalls im AWB der EuGVVO automatisch erfolgt, kann eine Partei doch in Zweifelsfällen auf diesem Weg im Prozess eine ausdrückliche Entscheidung über die Anerkennung einer präjudiziellen Entscheidung erreichen.

Wird der Zwischenfeststellungsantrag vom Kläger erhoben, so liegt darin eine nachträgliche Klagserweiterung durch ein Feststellungsbegehren.


Der Zwischenantrag des Beklagten ist demggü ein aktives Abwehrmittel.


Die Zulässigkeit des Zwischenantrags auf Feststellung hängt von mehreren Voraussetzungen ab (§236 ZPO):

  1. Klage muss bereits streitanhängig sein; die mündliche Verhandlung 1. Instanz darf noch nicht geschlossen sein

  2. das festzustellende Recht bzw Rechtsverhältnis muss noch streitig sein

  3. das festzustellende Recht bzw RV muss für die Entscheidung präjudiziell sein, also von seinem Bestehen oder Nichtbestehen muss die Entscheidung über das Klagebegehren ganz oder teilweise abhängen

  4. Wirkung der Feststellung muss über den konkreten Rechtsstreit hinausreichen

  5. Gericht muss für den Zwischenfeststellungsantrag sachlich zuständig sein und es darf keine besondere Verfahrensart vorgeschrieben sein

Bei Fehlen einer allgemeinen Prozessvoraussetzung oder einer besonderen Zulässigkeitsvoraussetzung des §236 ZPO ist der Antrag mit Beschluss zurückzuweisen.


Andernfalls wird mit Urteil entschieden.


Ist der Zwischenfeststellungsantrag früher spruchreif als die Klage, kann das Gericht gem §393 Abs 2 ZPO über ihn mit Zwischenurteil entscheiden.

Wann liegt eine Klagsänderung vor und was sind die Voraussetzungen hierfür?


Eine Klagsänderung (§235 ZPO) ist jede Änderung des Streitgegenstandes.


Ob eine solche vorliegt, hängt daher maßgeblich vom Streitgegenstandsbegriff ab.


In folgenden Fällen liegt eine Klagsänderung vor:

  • wenn das Klagebegehren erweitert (statt 10k werden 20k begehrt) oder geändert wird (zB von Fesstellungsbegehren auf Rechtsgestaltungsbegehren)

  • wenn der Klagegrund, also dei rechtserzeugenden Tatsachen, geändert werden.

Keine Klagsänderungen sind:

  • ein Zwischenantrag auf Feststellung

  • eine Änderung der rechtlichen Qualifikation, sofern die rechtserzeugenden Tatsachen und das Klagebegehren gleich beliben

  • die Parteiänderung bzw die Änderung oder Richtigstellung der Parteibezeichnung (§235 Abs 5 ZPO)


Uneingeschränkt zulässig ist auch die Umstellung des Begehrens von einer Sachleistung auf das Interesse oder der Austausch des ursprünglich geforderten Gegenstandes gegen einen gleichwertigen ohne Änderung der rechtserzeugenden Tatsachen.


Klagsänderung kann in Form eines Schriftsatzes oder durch mündlichen Vortrag in der Verhandlung erfolgen.

  • Ein mittels Schriftsatzes vorgenommene Klagsausdehnung unterbricht zwar hinsichtlich des ausgedehnten Betrages die Verjährung sofort (ab Gerichtsanhängigkeit); dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Klagsausdehnung in der folge auch in der Verhandlung mündlich vorgetragen wird.


Eine Klagsänderung ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung 1 Instanz möglich.


Bis zur Streitanhängigkeit kann der Kläger die Klage ohne weitere Voraussetzungen jederzeit ändern.


Nach der Streitanhängigkeit bedarf der Kläger hierzu grds die Zustimmung (auch konkludent) des Beklagten (§235 Abs 2 ZPO).

  • Einwilligung wird vermutet wenn der Beklagte verhandelt ohne Einwendungen zu erheben

Gericht kann eine Klagsänderung auch gg den Willen des Beklagten zulassen, wenn durch die Änderung das Prozessgericht nicht unzuständig wird und aus der Klagsänderung eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist (§235 Abs 3 ZPO).

  • Rsp großzügig - zuzulassen wenn ein neuer Prozess vermieden wird


Über die Zulassung einer Klagsänderung wird in Beschlussform entschieden. Beschluss ist mit Rekurs anfechtbar.


Ohne Zustimmung des beklagten oder Zulassung durch das Gericht können bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung 1 Instanz Klageveränderungen (Berichtigung Schreib / Rechenfehler, Richtigstellung Kaufgegenstand) und Klagseinschränkungen vorgenommen werden.


Unter welchen Voraussetzungen ist eine Zurücknahme der Klage zulässig?


Klagszurücknahme ist die im Prozess abgegebene Erklärung des Klägers, auf die Entscheidung des in der Klage gestellten Rechtsschutzgesuchs zu verzichten.


Man unterscheidet zwischen der Klagszurücknahme ohne Anspruchverzicht (diesfalls ist also eine neuerliche Geltendmachung desselben Anspruchs möglich) und Klagszurücknahme mit Anspruchsverzicht.

  • Mit Anspruchsverzicht stehen einer neuerlichen Einklagung ein Prozesshindernis entgegen.

Klagszurücknahme ist grds eine reine Prozesshandlung.

  • Auch wenn diese wirkungslos sein sollte, kann darin jedoch ein materiell-rechtlicher Verzicht liegen.

Es handelt sich um eine doppelfunktionelle Prozesshandlung.


Die Klagsrücknahme führt zur Beendigung des Prozesses; Gerichts- und Streitanhängigkeit entfallen.

  • Aus Gründen der Rechtssicherheit fasst die Rsp allerdings einen deklarativen Beschluss (üblicherweise mit der Formulierung: “Klagsrücknahme dient zur Kenntnis”)

Kläger hat dem Beklagten grds alle Kosten zu ersetzen, zu deren Tragung der Beklagte nicht bereits rechtskräftig verurteilt wurde (§237 Abs 3 ZPO).


Zulässigkeit:


Die Klage kann ohne Anspruchsverzicht im Gerichtshofverfahren

  • bis zum Einlangen der Klagebeantwortung oder des Einspruchs gg den Zahlungsbefehl,

im bezirksgerichtlichen Verahren

  • bis zum Beginn der vTs oder

  • bis zum Einlangen des Einspruchs gg den Zahlungsbefehl

ohne Zustimmung des beklagten zurückgenommen werden (§237 Abs 1 S1 ZPO).


Nach diesem ZP ist eine Klagszurücknahme ohne Anspruchsverzicht nur mehr mit Zustimmung des Beklagten möglich.


Der Kläger soll dem Beklagten nicht ohne weiteres die Möglichkeit, eine klagsabweisende Entscheidung zu erreichen, entziehen können.


Eine Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht ist auch ohne Einwilligung des Bkelagten während des gesamten Verfahrens, also auch noch im RM-Verfahren, möglich.


Im RM-Verfahren kann die Klage aber nur so weit zurückgenommen werden, als sie noch Gegenstand des RM-V ist (§483 Abs 3 ZPO)

  • Diesfalls hat das RM-Gericht mit Beschluss das angefochtene Urteil - soweit dieses von der Klagsrücknahme betroffen ist - für wirkungslos zu erklären (§483 Abs 3 ZPO).

  • Diese Regelung wird für das Berufungsverfahren wird auch auf das Revisionsverfahren angewendet.

Die Rsp wendet §237 ZPO nur auf die gänzliche Klagsrücknahme, nicht auf bloße Klagseinschränkungen an.

  • Die Klagseinschränkung als partielle Klagszurücknahme sollte aber auch nur unter den Voraussetzungen des §237 ZPO zugelassen werden.




Was ist eine Widerklage?


Die Widerklage (§96 JN, §233 Abs 2 ZPO) ist die selbstständige Klage des Beklagten gegen den Kläger eines bereits anhängigen Rechtsstreits zur Durchsetzung eines mit der Hauptsache eng zusammenhängenden Anspruchs.


Die Widerklage ist ein selbstständiges Angriffmittel des Beklagten.

  • Sie ist auf Verurteilung des Widerbeklagten (also Klägers) und nicht nur auf Abweisung der ursprünglichen Klage gerichtet.

  • Sie ist im Gegensatz zum Zwischenfeststellungsantrag und zur Aufrechnungseinrede unabhängig vom Shcicksal der vorklage.

    • So kann der Beklagte mit der Widerklage jedenfalls eine urteilsmäßige Entscheidung über seinen Anspruch erreichen.

Eine Widerklage benötigt folgende Voraussetzungen:

  1. Prozessparteien müssen - mit vertauschten Parteirollen - mit denen des Vorprozesses identisch sein

  2. Hauptklage muss bereits streitanhängig sein

  3. die mündliche Verhandlung darf aber noch nicht in erster Instanz geschlossen sein

  4. der mit Widerklage geltend gemachte Anspruch muss zum Klagsanspruch entweder im Verhältnis der Konnexität, Komplexität, Kompensabilität oder Präjudizialität stehen ()§96 Abs 1 JN)

    1. Konnexität bedeutet, dass der mit Widerklage geltend gemachte Anspruch zumindest teilweise aus dem gleichen Tatsachenkomplex oder aus der gleichen Rechtsnorm abgeleitet werden kann.

      1. Tatsächlicher Zusammenhang genügt

    2. Kompensabilität bedeutet, dass Klagsanspruch und Widerklagsanspruch zur Aufrechnung geeignet sind

    3. Präjudizialität liegt vor, wenn die Widerklage auf Feststellung eines streitigen Rechtsstreits gerichtet ist, von dem die Entscheidung über die Klage notwendig abhängt.

  5. Im AWB der EuGVVO muss die Widerklage auf denselben Vertrag oder SV wie die Klage gestützt werden (Art 8 Nr 3 EuGVVO)


Widerklage ist nicht möglich, wenn das Gericht der Hautpkalge unprorogabel sachlich oder örtlich unzuständig ist (§96 Abs 2 JN).


Im AWB der EuGVVO ist die Widerklage unzulässig, wenn ein ausschließlicher GS nach Art 24 EuGVVO vorliegt.


Das Verfahren über die Klage und Widerklage kann zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (§187 ZPO).


Hauptanwendungsfall der Widerklage ist das streitige Eheverfahren.


Abgrenzung zur Aufrechnungseinrede:


Zwischen der Aufrechnungseinrede (§391 Abs 3 ZPO) und der Widerklage bestehen wichtige Unterschiede:

  • Aufrechnungseinrede ist durch ihren eventualen Charakter gekennzeichnet.

  • Über die Gegenforderung wird nur bis zur Höhe der Hauptforderung entschieden.

  • Der die Hauptforderung übersteigende Teil der Gegenforderung muss jedenfalls selbstständig geltend gemacht werden.

  • Bei Klagsabweisung wird über die Gegenforderung überhaupt nicht abgesprochen.

  • Bei der Widerklage ist demggü auf jeden Fall über die Widerklage zu entscheiden, also auch dann, wenn die Hauptforderung nicht zu Recht besteht.

  • Die Aufrechnungseinrede setzt nicht voraus, dass das Gericht auch zur Entscheidung über die Gegenforderung zuständig ist.

  • Die Aufrechnungseinrede bewirkt auch keine Streitanhängigkeit - der compensando eingewendete Betrag kann auch gleichzeitig in einem weiteren selbstständigen Verfahren geltend gemacht werden

  • Bei der Aufrechnungseinrede kann ein Teilurteil über die Hauptforderung ergehen, wenn sie spruchreif ist und in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Gegenforderung steht (§391 Abs 3 ZPO).

  • Bei der Widerklage kann demggü über jede der beiden Klagen bei spruchreife des betreffenden Anspruchs ein TEilurteil ergehen (§391 Abs 2 ZPO).


Die Widerklage ist eine selbstständige Klage und führt daher zu zusätzlichen Gerichts- und Anwaltskosten und dmait auch zu eienm zusätzlichen Prozessrisiko, bietet aber wegen des selbstständigen Charakters im Vergleich zur Aufrechnung weitergehenden Rechtsschutz.


Welche Funktionen erfüllt der Streitgegenstand?


Der Streitgegenstand bezeichnet den Gegenstand des Zivilprozesses, also die Frage, worum es “geht”.


Der Streitgegenstand ist auf mehreren Ebenen von zentraler Bedeutung:

  • Zunächst richtet sich die Zulässigkeit des Rechtswegs nach dem Streitgegenstand.

    • Gleiches gilt für die sachliche Zuständigkeit, die sich nach dem Wert des Streitgegenstands oder dessen Beschaffenheit richtet.

    • Teilweise ist der Streitgegenstand auch für die örtliche Zuständigkeit maßgeblich.

  • Die Streitanhängigkeit steht einer zweiten Klage nur bei Identität des Streitgegenstands entgegen (§233 Asb 1 ZPO)

  • Eine Klagsänderung iS des §235 ZPO liegt nur dann vor, wenn der Streitgegenstand geändert wird.

  • Die materielle Rechtskraft des Urteils bezieht sich nur auf den Streitgegenstand (§411 ZPO)

    • Die richterliche Entscheidungsbefugnis ist durch den Streitgegenstand beschränkt.

    • Streitgegenstand begrenzt also den sachlichen Umfang des Rechtsstreits.

    • Gem §405 ZPO darf der Richter nämlich nicht mehr und nichts anderes zusprechen, als begehrt wurde.

  • Eine objektive Klagenhäufung nach §227 ZPO setzt eine Mehrheit von Streitgegenständen voraus.

Vor allem Streitanhängigkeit und REchtskraft sind gewissermaßen die Prüfsteine oder Knackpunkte des Streigegenstandsbegriffs.


Nach hA ist für alle diese Fragen von einem identen Streitgegenstandsbegriff auszugehen.


Die hA geht von einem rein prozessualen Streitgegenstandbegriff aus.

  • Früher wurde gedacht, Streitgegenstand sei der materielle Anspruch - ist überholt




Wie ist der Streitgegenstand im österreichischen Recht definiert?


Der Streitgegenstand bezeichnet den Gegenstand des Zivilprozesses, also die Frage, worum es “geht”.


Nach hA liegt der ZPO ein zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff zugrunde.


Demnach umfasst der Streitgegenstand neben dem Klagebegehren auch den Klagegrund, also die Tatsachengrundlage des Begehrens.


Wann ein anderer Sachverhalt vorliegt, ist allerdings strittig.


Vielfach wird auf den “rechtserzeugenden Sachverhalt” abgestellt.


Dies sind jene Tatsachen, die zur Erfüllung des in Anspruch genommenen gesetzlichen TB erforderlich sind.


  • Die Nachteile dieser Auffassung vermeidet die Theorie vom Lebenssachverhalt.

    • Dabei werden auch Tatsachen als identischer SV gewertet, wenn sie nach der Verkehrsauffassung bzw bei “natürlicher Betrachtung” eine Einheit bilden.

      • OGH hat in neuerer Zeit in einigen Entscheidungen allerdings eine gewisse Symphatie für diese Theorie erkennen lassen.


Neben gibt es noch weitere Streitgegenstandtheorien:

  • Eingliedrige Streigegenstandtheorie

    • Demnach kommt es für den Streitgegenstand allein auf das Klagebegehren an.

    • Sehr weit und erleichtert Klagsänderung, erschwert aber die neuerliche Geltendmachung von Ansprüchen nach Abweisung der ersten Klage

  • Dreigliedrige Streitgegenstandtheorie

    • Hier wird neben dem Begehren und den zugrunde liegenden Tatsachen auch auf die rechtliche Qualifikation abgestellt.

    • Eine rechtliche Qualifikation muss der Kläger jedoch nicht vornehmen.

    • In mehreren Entscheidungen hat der OGH aber angenommen, dass dann, wenn der Kläger sein Klagebegehren ausdrücklich auf bestimmte Klagegründe beschränkt, es dem Gericht verwehrt ist, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben.





Welchen Streitgegenstandsbegriff legt der EuGH zugrunde? Wofür ist dieser in der EuGVVO relevant?


Grds richtet sich auch hier der Streitgegenstandbegriff weiter nach nationalem Recht.


Die gilt insb für den Rechtskraftumfang.

  • Hier ist der einem Urteil im Ursprungsstaat zukommende Rechtskraftumfang ovn allen anderen MS anzuerkennen.

Lediglich in einem Teilbereich richtet sich der Streitgegenstand unmittelbar nach der EuGVVO:


Nach Art 29 EuGVVO muss, wenn bei Gerichten verschiedener MS Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht werden, das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aussetzen, bis die Zuständigkeit bzw Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.


Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gericht feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht für unzuständig.


Damit sieht die EuGVVO auch auf internationaler Ebene das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit (Rechtsanhängigkeit) vor.


Der EuGH hat dazu einen autonomen Streitgegenstandsbegriff entwickelt:

  • Demnach liegt Rechtsanhängigkeit (Streitanhängigkeit) vor, wenn der Kernpunkt beider RS die Wirksamkeit eines Vertrages ist oder die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Haftung im Mittelpunkt beider Verfahren steht (Kernpunkttheorie)

  • Entscheidend ist demnach, ob die beiden Klagen denselben Lebenssachverhalt betreffen und dieselbe materiell-rechtliche Fragestellung ihren Kernpunkt bildet.

    • Nach Ansicht EuGH besteht etwa zwischen einer Klage auf Zahlung des Kaufpreises und einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Kaufvertrags Identität.

    • Auch zwischen einer negativen Feststellungsklage wonach der Schuldner dem Gläubiger nichts schulde und einer Leistungsklage des Gläubigers würde Identität vorliegen.

  • Diese Rsp machen sich manche durch Erhebung von “Torpedoklagen” zunutze.


Kennen Sie Ausnahmen vom Prinzip der Erfolgshaftung im Kostenersatzrecht?


Welche Überlegung liegt diesen Ausnahmen zugrunde?


Im Fall des Obsiegens steht der Partei gegen den unterlegenen Gener ein Anspruch auf Kostenersatz zu. (reine Erfolgshaftung, Verschulden spielt im Rahmen des Prozesskostenersatzes nach §41 Abs 1 ZPO keine Rolle).


Die strikte Erfolgshaftung des §41 ZPO ist jedoch in der ZPO teilweise durchbrochen.


  • Wenn eine Partei tatsächliche Behauptungen oder Beweismittel schuldhaft verspätet vorgebracht hat und dadurch die Erledigung des Rechtsstreits verzögert worden ist, kann die obsiegende Partei auf Antrag oder von Amts wegen ganz oder teilweise mit den Prozesskosten belastet werden (§44 ZPO)

  • Dies nennt man Kostenstrafe.

    • In der Praxis relativ selten.

Größere Bedeutung kommt der Kostenseparation (§48 ZPO; §142 ZPO) zu.

  • Dabei können einer Partei auf Antrag oder von Amts wegen ohne Rücksicht auf den Prozessausgang die Kosten eines Verfahrensabschnitt auferlegt werden, wenn sie ihrem Gegner durch ihr Verhalten im Prozess schuldhaft oder aufgrund eines ihr widerfahrenen Zufalls mehr Kosten verursacht.

Während bei der Kostenstrafe die gesamten Verfahrenskosten strafweise einer Partei auferlegt werden können, betrifft die Kostenseperation immer nur denjenigen Verfahrensabschnitt, in dem eine Partei tatsächlich Mehrkosten verursacht hat.

  • Bsp Kläger ist bei Termin für seine Parteivernehmung erkrankt; daher muss Tagsatzung erstreckt werden. Partei stellt während der Tagsatzung einen weiteren Beweisantrag, sodass ein zusätzlicher Termin erforderlich ist.

Hat eine Partei Wiedereinsetzung beantragt, so ist ihr der Ersatz aller Kosten, die dadurch entstanden sind, aufzuerlegen (§154 ZPO)

  • Dazu gehören die Kosten des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag und die Kosten des infolge bewilligung der Wiedereinsetzung unwirksam gewordenen Verfahrens

  • Auch die Kosten eines Exekutionsverfahrens, dem aufgrund derr Wiedereinsetzung im Titelverfahren die Grundlage entzogen wurde.


Wird das Verfahren wegen Nichtigkeit aufgehoben, so sind die Kosten gegenseitig aufzuheben, sofern nicht eine Partei ein Verschulden trifft (§51 Abs 3 ZPO)


Wenn der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und den in der Klage erhobenen Anspruch sofort bei erster Gelegenheit anerkannt hat, hat der siegreiche Kläger ihm dennoch alle Kosten zu ersetzen (§45 ZPO).


  • Bestimmung wird auch angewendet, wenn der Anspruch erst während des Prozesses fällig wird.

  • Diesfalls muss der Beklagte, will er in den Genuss des §45 ZPO kommen, sofort nach Fälligkeit den Anspruch anerkennen und nach der Rsp auch die Leistung erbringen.

    • Hauptanwendungsfall ist die Exszindierungsklage nach §37 EO.

    • Wird bei einer Fahrnispfändung zB der Fernseher eines unbeteiligten Dritten gepfändet, so kann dieser zunächst die betreibende Partei auffordern, die Exekution hinsichtlich des TV einzustellen. Erst wenn dies verweigert wird, muss der Dritte klagen. Klagt er direkt, und die Partei erkennt direkt an, riskiert er dass nach §45 ZPO die Kosten des Prozesses zu tragen hat.


Was verstehen Sie unter der Streiteinlassung?


Die Streiteinlassung besteht darin, dass die betreffende Partei schriftlich oder mündlich zur Sache vorbringt.


Der Kläger lässt sich schon dadurch in den Streit ein, dass er die Klage bzw den sonstigen verfahrensleitenden Schriftsatz (zB die Aufkündigung) einbringt und überdies in der vTs zur Sache mündlich vorträgt.


Die Streiteinlassung des Beklagten erfolgt im BG-Verfahren im Regelfall mündlich durch Bestreitung des Klagebegehren in der vTs, im Gerichtshofverfahren dagegen schriftlich (Klagebeantwortung bzw Einspruch gg den Zahlungsbefehl) und mündlich (Bestreitung in der vTS).


Eine Pflicht zur Streiteinlassung (Einlassungszwang) besteht niht.


Die Nichteinlassung zieht allerdings Säumnisfolgen nach sich (§§396, 442 ZPO).


Wirkung der Streiteinlassung:

  • Nach Streiteinlassung kann kein Versäumnisurteil mehr ergehen.

  • Ist der Beklagte durch einen RA oder Notar vertreten, so wird dadurch, dass er zur Sache vorbringt oder mündlich verhandelt, die unprorogable sachliche oder örtliche Unzuständigkeit sowie die prorogable internationale Unzuständigkeit geheilt (§104 Abs 3 JN)

  • Richter kann nicht mehr abgelehnt werden, wenn sich die. Parteien in Kenntnis des Ablehnungsgrundes in die Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt haben (§21 Abs 2 JN)

  • Auch die nicht gehörige Gerichtsbesetzung oder ein Verstoß gg die feste Geschäftsverteilung können nach Einlassung der Parteien in die Streitverhandlung nicht mehr geltend gemacht werden (§260 Abs 2 ZPO).


Was sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand?


Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ein Rechtsbehelf gegen die Folgen der Versäumung einer Tagsatzung oder einer befristeten Prozesshandlung.


Bei Bewilligung der Wiedereinsetzung wird der Rechtsstreit in die Lage zurückversetzt, wie er sich vor der Versäumung befunden hat.


Dabei kann sogar ein infolge der Versäumung bereits erlassenes Urteil - selbst nach Rechtskraft - aufgehoben werden (§150 Abs 1 ZPO).


Voraussetzung für die Wiedereinsetzung ist, dass die Säumnis auf ein (subjektiv) unvorhergesehenes oder (objektiv) unabwendbares Ereignis zurückzuführen ist (§146 ZPO).

  • Gründe für die WE sind etwa ein Unfall auf dem Weg zur Tagsatzung, plötzliche schwere Erkrankung, schwerwiegende Verkehrsstörungen aber nicht Parkplatzschwierigkeiten oder Stau.

  • Auch bildet die spätere Änderung der Rsp, die nunmehr ein RM aussichtsreich erschienen leiße, einen Wiedereinsetzungsgrund.

Dass den WE-Werber ein Verschulden trifft, steht der Bewilligung der WE nicht entgegen, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens (leichte Fahrlässigkeit) handelt.


Verfahren:

  • Der Wiedereinsetzungsantrag ist innerhalb von 14 Tagen ab Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht einzubringen, bei dem die versäumte Prozesshandlung vorzunehmen war (§ 148 Abs 1 und 2 ZPO).

  • Im Wiedereinsetzungsantrag sind alle den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände (Wiedereinsetzungsgründe), die Mittel zu ihrer Glaubhaftmachung (Bescheinigungsmittel) sowie die Behauptung und die Glaubhaftmachung der Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrags anzuführen (§ 149 Abs 1 ZPO).

  • Hinsichtlich der Wiedereinsetzungsgründe gilt die Eventualmaxime; der Wiedereinsetzungswerber darf daher nicht später noch Gründe „nachschieben"

  • Zugleich mit dem Wiedereinsetzungsantrag ist die versäumte Prozesshand.ung (zB die Klagebeantwortung oder das Rechtsmittel) nachzuholen.

Beachte:


Die Wiedereinsetzung steht nur bei der Versäumung prozessualer Fristen offen, nicht aber bei Versäumung materiell-rechtlicher Fristen wie der Verjährungsfrist, aber auch nicht bei Versäumung der absoluten Frist für die Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage.


Außerdem ist die Wiedereinsetzung im Exekutions-, Insolvenz- und Grundbuchsverfahren generell ausgeschlossen (§ 58 Abs 2 EO, § 259 Abs 4 IO, § 82 GBG).


Der Wiedereinsetzungsantrag ist der Gegenpartei zur Äußerung zuzustel-len.


  • Dies ist jedenfalls dann unerlässlich, wenn sich der Wiedereinsetzungsan-trag gegen eine Sachentscheidung (insb Versäumungsurteil oder Zahlungsbe-fehl) richtet.

  • Erforderlichenfalls kann das Gericht auch eine eigene Tagsatzung anberaumen (§§ 149 Abs 2, 150 Abs 2 ZPO).

Bewilligt das Gericht die Wiedereinsetzung, ist dies unanfechtbar (§ 153 ZPO).


Die Ab- oder Zurückweisung eines Wiedereinsetzungsantrags ist demgegenüber auch bei Streitwerten unter € 2.700 anfechtbar (§ 517 Z 4 ZPO).


Die Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens trägt unabhängig vom Ausgang in der Hauptsache immer der Wiedereinsetzungswerber (§ 154 ZPO).

  • Dazu gehören nach neuerer Auffassung auch die Kosten eines bereits eingeleiteten Exekutionsverfahrens, das aufgrund der Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Exekutionstitel eingestellt wurde.



In welcher Konstellation ist der Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil zulässig?


Was ist der große Nachteil dieses Rechtsbehelfs?


Der Widerspruch ist ein Rechtsbehelf gegen Versäumungsurteile nach §396 Abs 1 oder § 442 ZPO.


Er steht nur dem Beklagten offen.


Der Vorteil des Widerspruchs besteht darin, dass er die Bekämpfung von Versäumungsentscheidungen ohne Angabe von Gründen ermöglicht.


Der große Nachteil besteht aber darin, dass sich der Beklagte dadurch der Gefahr einer Exekution zur Sicherstellung aussetzt!

  • Aufgrund eines mit Widerspruch bekämpften Versäu-mungsurteils, das auf eine Geldleistung lautet, kann nämlich bereits Exekution zur Sicherstellung geführt werden (§ 371 Z 1, § 373 EO).


Dadurch will der Gesetzgeber bewussten Verfahrensverzögerungen Einhalt gebieten.


Um Verfahren zu beschleunigen wurde die Zulässigkeit des Widerspruchs gegen Versäumungsurteile auf zwei Fallkonstellationen beschränkt:


  • Im Gerichtshofverfahren steht dem Beklagten die Erhebung des Widerspruchs (nur) dann offen, wenn er die Klagebeantwortung nicht rechtzeitig erstattet hat und deswegen gegen ihn ein Versäumungsurteil gefällt worden ist (§ 397a Abs 1 ZPO).


    Ergeht das Versäumungsurteil im Gerichtshofverfahren hingegen infolge einer TS (also nach KB, Einspruch gg einen Zahlungsbefehl oder Einbringung von Einwendungen), so kann die säumige Partei dagegen keinen Widerspruch erheben (e contrario §397a Abs 1 ZPO).

  • Gegen im BG-Verfahren gefällte Versäumungsurteile (oder im Besitzstörungsverfahren ergangene Versäumungsbeschlüsse) kann der säumige Beklagte grds Widerspruch einbringen, es sei denn, er hat im selben Verfahren bereits zu einem früheren ZP Widerspruch, Einspruch doer Einwendungen erhoben (§442a Abs 1 ZPO).


Dem Kläger steht der Widerspruch entgegen dem (nicht differenzierenden) Gesetzestext (dort ist nur von der Partei die Rede) nicht offen.


Daraus ergibt sich, dass das Gesetz den Widerspruch nur dann vorsieht, wenn der Beklagte die erste Verteidigungshandlung versäumt.

  • Ab diesem ZP unterliegt der Beklagte einer gesteigerten prozessualen Diligenzpflicht.


Der Widerspruch hat den Inhalt einer KB zu enthalten (§397a Abs 1 sowie §442a Abs 1 ZPO)

  • Begründung der Säumnis ist aber - anders als beim Wiedereinsetzungsantrag - nicht erforderlich.

Der Widerpsruch ist binnen 14 Tagen ab Zustellung des Versäumungsurteils beim Erstgericht einzubringen.


Dieses Gericht entscheidet auch über den Widerspruch (remonstrativer Rechtsbehelf).


Der Widerpsruch kann solange nicht darüber entschieden wurde, wieder zurückgenommen werden (§397a Abs 5 ZPO).


Ist der Widerspruch verspätet oder unzulässig, ist er zurückzuweisen; andernfalls ist die vTS anzuberaumen.


Zu deren Beginn ist das Versäumungsurteil in jedem Fall mit Beschluss aufzuheben.

  • Dieser Aufhebungsbeschluss wird nicht ausgefertigt und ist unanfechtbar (§397a Abs 3 ZPO).

  • Versäumt eine der Partei diese TS, so kann auf Antrag der erscheinenden Partei erneut ein - nun nicht mehr mit Widerspruch bekämpfbares - Versäumunsurteil gefällt werden.

    • Wird kein solcher Antrag gestellt ruht das Verfahren (§398 Abs 2 ZPO)

    • Erscheint keine Partei, kommt es ebenfalls zum Ruhen des Verfahrens (§170 ZPO).

Die durch Säumnis und Widerspruch entstandenen Kosten hat der Widerspruchswerber zu tragen (§397a Abs 4 ZPO).


Inwiefern kann mit einer Berufung gegen ein Versäumungsurteil vorgegangen werden?

Das Versäumungsurteil kann - wie jedes andere Urteil auch - mit Berufung angefochten werden.


  • Der Vorteil der Berufung liegt darin, dass dafür eine längere Frist (vier Wochen) offensteht.


  • Außerdem steht die Berufung jeder Partei, also auch dem Kläger, offen.

  • Die Berufung hat zudem aufschiebende Wirkung.

  • Wenn der Berufungswerber gewinnt, trägt der Gegner auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

    • Insoweit gibt es also keine Kostenseparation.

Dafür setzt die Berufung voraus, dass das angefochtene Urteil fehlerhaft ist.

  • Aufgrund des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbots ist eine Berufung aber in der Regel wenig erfolgversprechend.

  • Am ehesten wird das Argument in Betracht kommen, dass eine Versäumung nicht vorliegt (§ 471 Z4 ZPO), das Urteil also an einem Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z4 bzw Z 5 ZPO leidet, also etwa bei einer fehlerhaften Zustellung (§§ 471 Z 4, 477 Abs 1 Z 4 ZPO).

    • Dieser Nichtigkeitsgrund ist nicht auf Versäumungsurteile beschränkt.

    • Er kommt etwa auch dann in Betracht, wenn zu einem späteren Zeitpunkt ein Urteil ergeht, ohne dass etwa die betreffende Partei ordnungsgemäß geladen oder erforderlichenfalls durch ihren gesetzlichen Vertreter vertreten war.


Allenfalls kann auch ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegen (zB bei Fällung eines Versäumungsurteils ohne vorherige Erledigung eines Fristerstreckungs- oder Ver-fahrenshilfeantrags).


UU kommt auch der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung in Betracht.

  • Dies ist dann der Fall, wenn das Klagebegehren unschlüssig war, sich das gestellte Begehren also auch dann, wenn man von der Richtigkeit der Angaben in der Klage ausgeht (vgl § 396 Abs 1 ZPO), nicht aus diesem Tat-sachenvorbringen ableiten lässt.

  • Ist dies der Fall, kann der Beklagte durch eine Berufung gegen das Versäumungsurteil sogar die sofortige Klagsabweisung erreichen.

  • Insoweit bietet die Berufung den weitestgehenden Rechtsschutz.


Das Erstgericht kann der Berufung selbst stattgeben, wenn die Berufung auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO gestützt wird.

  • Diesfalls ist ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht zulässig.

  • Damit können vor allem „,Pannenfälle" (zB Zustellfehler) vom Erstgericht selbst behoben werden (§ 469 Abs 3 ZPO).


Wann ist eine Klage gerichts-, wann streitanhängig?


Nennen Sie Wirkungen der Gerichts- und Streitanhängigkeit!


Gerichtsanhängigkeit tritt mit dem Einlangen der Klage ein.

  • Bei erst während des Verfahrens gestellten Sachanträgen (zB Klagsausdehnungen) tritt die Gerichtsanhängigkeit bei schriftlicher Geltendmachung mit Einlangen des Schriftsatzes, sonst mit Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung ein.

  • Durch die Klagseinbringung werden materielle Fristen (Verjährung, Präsklusivfristen) unterbrochen, sofern die Klage gehörig fortgesetzt wird.

Auch in prozessrechtlicher Sicht hat die Gerichtsanhängigkeit wesentliche Bedeutung:

  • Prozessrechtsverhältnis wird zweiseitig, mit Zustellung der Klage an den Beklagten (Streitanhängigkeit) sogar dreiseitig.

  • Außerdem haben nachträglcihe Änderungen für die Zuständigkeit und die Zulässigkeit des (außer-)streitigen Verfahrens keinen Einfluss; die Zuständigkeit wird perpetuiert (perpetuatio fori; §29 JN)

  • Der Wert des für die (sachliche) Zuständigkeit maßgebenden Streitgegenstands richtet sich nach dem ZP der Gerichtsanhängigkeit (§54 Abs 1 JN).

Nach Einlangen der Klage prüft das Gericht die Klage auf das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen bzw das Fehlen von Prozesshindernissen und die Einhaltung der Form- und Inhaltsvorschriften.



Streitanhängigkeit tritt mit ordnungsgemäßer Zustellung des verfahrensleitenden Schriftsatzes (Klage, Aufkündigung, etc) an den Beklagten ein (§232 Abs 1 ZPO).

  • Wird ein Anspruch erst im Laufe eines Prozesses erhoben, tritt die Streitanhängigkeit grds mit der Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung ein (§232 Abs 1 ZPO).

  • Die Streitanhängigkeit besteht, solange das Verfahren anhängig ist.

  • Wrid das Verfahren mit Urteil beendet, verwandelt sie sich in die Rechtskraftwirkung.

  • Die Streitanhängigkeit fällt aber auch durch rechtskräftige Zurückweisung der Klage bzw des anspruchs, durch Klagszurücknahme oder prozessbeendenden Vergleich weg.

    • Ein bloßer Stillstand des Verfahrens (zB Ruhen oder Unterbrechung) hat hingegen auf die Streitanhängigkeit keinen Einfluss.


Wirkung der Streitanhängigkeit:

  • Materielle Wirkung


Worin unterscheidet sich eine Aufrechnungseinrede von einer Widerklage und von einer außergerichtlichen Aufrechnung?


Die Aufrechnung ist die wechselseitige Tilgung zweier einander gegenüberstehender Forderungen durch Verrechnung.


Im Prozess kann eine dem Beklagten zustehende Gegenforderung durch Aufrechnungseinrede oder durch selbstständige Widerklage geltend gemacht werden.


Die Aufrechnungseinrede ist der Antrag des Beklagten, auszusprechen, dass die Klagsforderung durch Aufrechnung mit einer ihm gegen den Kläger zustehenden Gegenforderung ganz oder teilweise erloschen ist und deshalb das Klagebegehren abzuweisen ist.


Unterschiede:

Die Prozessaufrechnung unterscheidet sich von der außergerichtlichen Aufrechnung durch ihren Eventualcharakter -> die Gegenforderung wird nur für den Fall eingewendet, dass das Gericht die geltend gemachte Hauptforderung für berechtigt ansieht.

  • Demggü wird die außergerichtliche Aufrechnung nach dr Rsp unbedingt und ohne Rücksicht auf den Bestand der Hauptforderung erklärt.


Die Widerklage ist im Gegensatz zur Aufrechnungseinrede unabhängig vom Schicksal der Vorklage


Voraussetzungen:


Aufrechnungseinrede setzt voraus, dass die Aufrechnung nach materiellem REcht zulässig ist, also die Voraussetzung der Gegenseitigkeit, Fälligkeit, Gültigkeit und Gleichartigkeit der Forderung erfüllt sind und kein Aufrechnungsverbot besteht.

Die Aufrechnungseinrede setzt voraus, dass für die geltend gemachte Gegenforderung der Rechtsweg zulässig ist und inländische Gerichtsbarkeit besteht, nicht aber, dass das Gericht auch für die Gegenforderung zuständig wäre.

  • Es handelt sich um ein reines Verteidigungsmittel des Beklagten, dessen Zulässigkeit sich nicht nach der EuGVVO, sondern nach nationalem REcht richtet.


Entscheidung über Aufrechnungseinrede:


  • Über Aufrechnungseinrede ist wegen ihres Eventualcharakters nur zu entscheiden, wenn die Hauptforderung zumindest teilweise zu Recht besteht.

  • Über die Gegenforderung kann nur bis zu der Höhe entschieden werden, in der die Hauptforderung zu REcht besteht (§411 Abs 1 ZPO).

    • Darüber hinaus gehendes müsste in einem seperaten Prozess eingefordert werden.

  • Besteht die Klagsforderung zur Gänze nicht, ist die KLage mit Urteil abzuweisen, ohne dass auf die Aufrechnungseinrede einzugehen wäre.



Was verstehen Sie unter der materiellen Prozessleitungspflicht des Richters?


Trifft den Richter eine Erörterungs- bzw Anleitungspflicht auch gegenüber vertretenen Parteien?


Die Prozessleitung umfasst alle Gerichtshandlungen, die der Ingangsetzung und Inganghaltung des gerichtlichen Verfahrens und der erschöpfenden Verhandlung des Prozessstoffes dienen.


Dabei ist zwischen formeller Prozessleitung und materieller Prozessleitung zu unterscheiden.

  • Die formelle Prozessleitung umfasst alle den äußeren Gang des Verfahrens (Prozessbetrieb) betreffenden Gerichtshandlungen.

    • Dazu gehört die Anberaumung von Tagsatzungen, Ladungen, Zustellungen etc.

  • Demgegentiber ist die materielle Prozessleitung auf Sammlung und Aufbereitung des Prozessstoffes gerichtet.

    • Dazu gehören die richterliche Aufklärungs- und Anleitungspflicht, die Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens, aber auch die Beweisaufnahme.


Anleitungspflicht:

Der Richter hat bei der mündlichen Verhandlung durch Fragestellung oder in anderer geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben vervollständigt, die erforderlichen Beweismittel bezeichnet, angeboten, unzureichende Beweise ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, die zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Tatbestandes notwendig erscheinen

(8 182 Abs 1 ZPO).

  • Die Anleitungspflicht nach § 182 ZPO besteht auch im Anwaltsprozess.

    • Das Gericht ist im Anwaltsprozess aber nicht verpflichtet, die Parteien über die mit ihren Handlungen und Unterlassungen verbundenen Rechtsfolgen zu belehren oder sie zur Stellung bestimmter prozessualer Anträge anzuleiten.

  • Im bezirksgerichtlichen Verfahren trifft den Richter gegenüber rechtsunkundigen und nicht anwaltlich vertretenen Parteien eine weitergehende Anleitungspflicht.


Die Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht stellt einen Verfahrensmangel dar.


Was verstehen Sie unter einer Überraschungsentscheidung?


Unter welcher Voraussetzung ist eine solche zu bekämpfen?


Eine Überraschungsentscheidung liegt dann vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, stützt, ohne dass es diese mit den Parteien erörtert oder ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt.

  • Diese sollen in §182a S2 ZPO verhindert werden.


Nach der durch die ZVN 2002 eingeführte Bestimmung des §182a ZPO hat der Richter das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und das Prozessprogramm vorzubereiten sowie strittige Tat- und Rechtsfragen und dafür in Betracht kommende Beweismittel festzustellen.

  • Bei dieser Erörterung ist auf rechtliche Umstände Bedacht zu nehmen, die das Gericht für entscheidungserheblich hält, die eine Partei oder beide Parteien aber erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten haben.

  • Dazu kann auch - im Rahmen des erkennbar verfolgten Rechtsschutzziels - der Hinweis auf ein verfehltes Klagebegehren gehören.

  • Die Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens soll sicherstellen, dass alle entscheidungserheblichen Tatsachen in den Prozess eingeführt werden.

  • Damit sollen auch sog „Überraschungsentscheidungen* verhindert werden.


Das Gericht darf seine Entscheidung also nur dann auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen so Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat (§ 182a Satz 2 ZPO).

  • Dies gilt auch für das Rechtsmittelgericht sowie für den OGH selbst.


Ein Verstoß gegen diese Pflicht stellt einen Verfahrensmangel dar!!!!


Welche Wirkungen entfaltet ein gerichtlicher Vergleich?


Der Prozessvergleich ist ein vor Gericht geschlossener Vertrag, durch den die Parteien einen (idR bereits anhängigen) Rechtsstreit gütlich beenden oder einzelne Streitpunkte bereinigen (vgl auch § 1380 ABGB).


  • Die durch den Vergleich bereinigten Streitfragen dürfen nicht mehr aufgeworfen werden (Bereinigungswirkung).

  • In der Praxis wird in den Vergleich vielfach eine „Generalklausel" aufgenommen, wonach sämtliche zwischen den Parteien strittigen Ansprüche bereinigt und verglichen sind.

Im Gegensatz zum Vergleich iSd § 1380 ABGB ist ein beiderseitiges Nachgeben nicht erforderlich; es genügt, wenn eine Partei von ihrem bisherigen Prozessstandpunkt abrückt.

  • Es kann daher etwa auch ein Anerkenntnis oder Verzicht in die Form eines Prozessvergleichs gekleidet werden (sog Submissionsvergleich).

Durch den Vergleich wird - wenn er den gesamten Streitgegenstand erledigt- das Verfahren beendet (vgl § 204 Abs 1 Satz 1 ZPO).

  • Der Vergleich bildet, wenn er auf eine Leistung, Duldung oder Unterlassung lautet, einen Exekutionstitel (§ 1 Z 5 EO).


Ein gerichtlicher Vergleich kann während des gesamten Verfahrens, im Fall des sog prätorischen Vergleichs beim Bezirksgericht (§ 433 ZPO) auch vor dessen Beginn, abgeschlossen werden, also auch noch während eines Rechtsmittelverfahrens, allerdings stets nur in der mündlichen Verhandlung (§ 204 Abs 1 ZPO).


n der vorbereitenden Tagsatzung ist ausdrücklich ein Vergleichsversuch vorgesehen (§ 258 Abs 1 Z 4 ZPO).


  • Zur Förderung von Vergleichsabschlüssen ermäßigt sich die Gerichtsgebühr (Pauschalgebühr) nach Tarifpost 1 GGG um die Hälfte, wenn die Rechtssache in der ersten Verhandlung rechtswirksam verglichen wird.


Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen ist weitere Voraussetzung für den Vergleichsabschluss, dass:

  • der Gegenstand des Vergleiches überhaupt vergleichsfähig ist

  • dessen Inhalt nicht gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstößt und

  • der Vergleich ausreichend bestimmt formuliert ist, sodass er den Erfordernissen der Bestimmtheit eines Exekutionstitels entspricht.


Ausgeschlossen ist ein Vergleich etwa im:

  • Eheverfahren (§ 460 Z 9 ZPO)

  • über die Rechtskraft und - damit zusammenhängend - das Bestehen eines Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklagegrundes

  • über Ersatzansprüche für falsche Angaben hinsichtlich der Stammeinlage einer GmbH, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist (§ 10 Abs 6 GmbHG).

In der Praxis werden Vergleiche vielfach unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kein Widerruf erhoben wird (bedingter Vergleich).

  • Mangels gegenteiliger Vereinbarung muss in diesem Fall der Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist bei Gericht einlangen (materiell-rechtliche Frist!).


Bekämpfung des Vergleichs:

Der Vergleich ist eine doppelfunktionelle Prozesshandlung.

Nach der hA vom Doppeltatbestand ist zwischen prozessualer und materiell-rechtlicher Wirksamkeit zu unterscheiden.

  • Die prozessuale Unwirksamkeit eines Prozessvergleiches (zB wegen fehlender Partei- oder Prozessfähigkeit) muss durch einen Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden

    • diesfalls hat der - prozessual nicht wirksame - Vergleich den Prozess ja nicht beendet.

  • Die materiell-rechtliche Wirkung des Vergleichs kann demgegenüber nur nach den Regeln des bürgerlichen Rechts beseitigt werden.

    • Der Vergleich kannaus zivilrechtlichen Gründen mittels Klage angefochten werden, wobei die erfolgreiche Anfrechtung aber nicht die prozessualen Wirkungen des Vergleichs, also die Prozessbeendigung und die Exekutionsfähigkeit, beseitigt.



Die Behandlung der neuerlichen Einklagung des aus d schuldeten ist strittig:

  • Vielfach wird eine derartige Klage als zulässig angesehen; allerdings sind idR die Prozesskosten nicht zu ersetzen weil diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl §60 Abs 2; § 156a Abs 3 IO).

  • Nach der Gegenansicht ist die Klage mit Urteil abzuweisen.


Wird hingegen der ursprünglich eingeklagte, später verglid neuerlich geltend gemacht, steht nach überwiegender Auffassung nur die matriell-rechtliche Einwendung der verglichenen Rechtssache (crogres actae) entgegen.

  • Demnach ist die neuerliche Klage mit Urteil abzuweisen



Wie gehen Sie prozessual vor, wenn Sie der Meinung sind, ein von Ihnen abgeschlossener Prozessvergleich leidet an einem Willensmangel?


Die materiell-rechtliche Wirkung des Vergleichs kann nur nach den Regeln des bürgerlichen Rechts beseitigt werden - ich fechte ihn also aus zivilrechtlichen Gründen mittels Klage an.


——————————


Der Vergleich ist eine doppelfunktionelle Prozesshandlung.

Nach der hA vom Doppeltatbestand ist zwischen prozessualer und materiell-rechtlicher Wirksamkeit zu unterscheiden.

  • Die prozessuale Unwirksamkeit eines Prozessvergleiches (zB wegen fehlender Partei- oder Prozessfähigkeit) muss durch einen Fortsetzungsantrag geltend gemacht werden

    • diesfalls hat der - prozessual nicht wirksame - Vergleich den Prozess ja nicht beendet.

  • Die materiell-rechtliche Wirkung des Vergleichs kann demgegenüber nur nach den Regeln des bürgerlichen Rechts beseitigt werden.

    • Der Vergleich kannaus zivilrechtlichen Gründen mittels Klage angefochten werden, wobei die erfolgreiche Anfrechtung aber nicht die prozessualen Wirkungen des Vergleichs, also die Prozessbeendigung und die Exekutionsfähigkeit, beseitigt.



Die Behandlung der neuerlichen Einklagung des aus d schuldeten ist strittig:

  • Vielfach wird eine derartige Klage als zulässig angesehen; allerdings sind idR die Prozesskosten nicht zu ersetzen weil diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl §60 Abs 2; § 156a Abs 3 IO).

  • Nach der Gegenansicht ist die Klage mit Urteil abzuweisen.


Wird hingegen der ursprünglich eingeklagte, später verglid neuerlich geltend gemacht, steht nach überwiegender Auffassung nur die matriell-rechtliche Einwendung der verglichenen Rechtssache (crogres actae) entgegen.

  • Demnach ist die neuerliche Klage mit Urteil abzuweisen



Erklären Sie das Zustandekommen einer Feststellung unter Einbeziehung der folgenden Begriffe:


Beweiswürdigung, Beweisthema, Beweismittel, Beweislast, Beweismaß!


Tatsachenbehauptung (Beweisthema) -> Beweismittel -> Beweiswürdigung -> Feststellung


Gegenstand des Beweises sind immer Tatsachen.

  • Nicht Gegenstand des Beweises sind Rechtssätze. Das anzuwendende Recht hat das Gericht von Amts wegen zu erforschen (iura novit curia). Anders gilt nur bei ausländischem REcht. Hier kann das Gericht auch die Mitwirkung der Parteien, Auskünfte des BMJ und SV-Gutachten verwenden

Die ZPO regelt die fünft klassischen BEweismittel:

  • Urkunden

  • Zeugen

  • Sachverständige

  • Augenschein

  • Parteienvernehmung



Nach dem Grundsatz der Gemeinschaftlichkeit der Beweismittel können Beweismittel unabhängig davon, wer sie beantragt hat, von beiden Parteien zur Unterstützung ihrer Behauptungen verwendet werden.


Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung

  • Nach §272 Abs 1 ZPO hat das Gericht “unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse der gesamten Verhandlung und Beweisführung nach freier überzeugung zu beurteilen, ob eine tatsächliche Angabe für wahr zu halten ist oder nicht”.

In die Überzeugungsbildung des Richters fließen nicht nur die Beweisergebnisse im engeren Sinn, sondern die Ergebnisse der gesamten Verhandlung mit ein.


Die freie Beweiswürdigung greift immer erst nach Ausschöpfung aller Beweismittel ein.

  • Vorgreifende Beweiswürdigung ist unzulässig

Der Richter muss die Beweiswürdigung sorgfältig begründen.

Dies ermöglicht der Berufungsinstanz die Überprüfung der Entscheidung.

  • Mangelhafte Begründung ist ein Verfahrensmangel nach §496 ZPO.



Kennen Sie Beweisverbote im österreichischen Zivilprozess?


Im Gegensatz zum angloamerikanischen Rechtskreis ist unser Beweisverfahren relativ wenig formal und kennt nur wenige Beweisverbote.

Hierbei kann nach dem Inhalt des Verbotes zwischen:

  • Beweisthemenverboten,

  • Beweismittelverboten und

  • Beweismethodenverboten unterschieden werden.

Bei Beweisthemenverboten ist die Beweisaufnahme über ein bestimmtes Beweisthema verboten.

  • Beweisthemenverbote sieht die ZPO derzeit nicht vor.


Demgegenüber verbieten Beweismittelverbote die Benützung bestimmter Beweismittel, und zwar etwa generell (§ 320 Z 1 ZPO) oder hinsichtlich bestimmter Tatsachen (8 320 Z 2 bis 4 ZPO).


  • In diesem Zusammenhang wird auch die Zulässigkeit der Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel (zB entwendeter Urkunden, heimlich aufgenommener Gespräche) diskutiert:

  • Nach hA führt die rechtswidrige Erlangung eines Beweismittels jedoch nicht) zu dessen Unverwertbarkeit. Die materielle Rechtswidrigkeit und die prozes-suale Verwertbarkeit hängen demnach nicht zwingend zusammen (sog „Tren-nungstheorie").

  • In der ZPO finden sich zahlreiche Hinweise, dass der Schutzzweck der entsprechenden materiellen Rechtsvorschriften nicht in den Prozess reicht: So ist ein Zeuge, der entgegen einer ihn treffenden Verschwiegenheitspflicht (8 321 Z4 ZPO) aussagen möchte, jedenfalls zu vernehmen, obwohl der Zeuge damit gegen materielles Recht verstößt.

  • Auch ist zu beachten, dass die Parteien weitgehende prozessuale Mitwirkungspflich-ten treffen, die über materiell-rechtliche Mitwirkungspflichten hinausgehen. Dies zeigt sich besonders deutlich bei den Pflichten zur Urkundenvorlage (§§ 303 ff ZPO). Müsste aber eine Partei eine Urkunde herausgeben, wenn sie sie selbst in Händen hat, kann sie deren Vorlage durch den Gegner nicht verhindern, wenn dieser sie entwendet hat. Nach

  • §41 UrhG steht zudem das „Urheberrecht" (dazu gehören auch die im UrhG geregelten Persönlichkeitsrechte wie zB der Bildnisschutz) der Beweisaufnahme nicht entgegen.

Beweismethodenverbote verbieten ein bestimmtes Vorgehen bei der Auf nahme eines an sich zulässigen Beweismittels. So sind zB Zwangsmittel gegen eine Partei unzulässig (§ 380 Abs 3 ZPO).

Welche Entscheidungsformen stehen einem Gericht offen?


Wie unterscheiden sie sich?


Die ZPO kennt nur zwei Entscheidungsformen - nämlich Urteil und den Beschluss.

  • Sie unterscheiden sich durch die anforderungen an die Begründung sowie durch die Anfechtbarkeit.

Im Urteil wird über den geltend gemachten Anspruch inhaltlich entschieden. Es handelt sich um eine Sachentscheidung über einen Urteilsantrag der Parteien.

  • Klage wird zur Gänze oder zum Teil stattgegeben oder sie wird abgewiesen.

  • Wird eine Klage inhaltlich abschlägig entschieden, weil der behauptete Anspruch n icht zu Recht besteht, so wird sie mit Urteil abgewiesen.

  • Besteht sie zurecht wird mit Urteil stattgegeben

Nach der Grundlage, auf die sich das Urteil stützt, kann unterschieden werden zwischen:

  • kontradiktorischen (zweiseitigen) Urteilen, bei denen Urteilsgrundlage das Vorbringen beider Parteien ist

  • einseitigen Urteilen, die sich auf das Vorbringen einer Prozesspartei stützen.

    • Versäumungsurteile, Anerkenntnis- und Verzichtsurteile

Nach Umfang der Erledigung kann unterschieden werden:

  • Endurteile

  • Teilurteile

  • Zwischenurteile

  • Ergänzungsurteile

Nach dem Sachausgang ist zu unterscheiden zwischen:

  • stattgebenden Urteil

  • abweisenden Urteil

  • Gemischte Urteile

Und nach der Art des Klagebegehrens, über das mit Urteil entschieden wird, kann unterschieden werden zwischen:

  • Leistungsurteile

  • Rechtsgestaltungsurteile

  • Feststelllungsurteile

Mit Beschluss werden hingegen idR verfahrensrechtliche Fragen, also etwa über das Vorliegen von Prozessvoraussetzungen, entschieden oder sonstige verfahrensgestaltende oder prozessletiende Entscheidungen getroffen.

  • Fehlt eine Prozessvoraussetzung, so wird die Klage mit Beschluss zurückgewiesen.


Welche Entscheidungswirkungen kennen Sie?


Formelle RK:

  • Unabänderlichkeit

  • Voraussetzung für Materielle RK

Materielle RK:

  • Einmaligkeitswirkung

  • Bindugnswirkung

  • Präsklusionswirkung

  • Aber subjektive, objektive und zeitliche Grenzen


——————————————-

Mit mündlicher Verkündung oder Abgabe des Urteils zur Ausfertigung an die Geschäftsabteilung ist das Gericht an seine Entscheidung gebunden (§416 Abs 2 ZPO).

  • Ab diesem ZP kann Gericht die Entscheidung nicht mehr selbstständig ändern.

Nächste Stadium ist die Wirksamkeit des Urteils ggü den Parteien.

  • Diese tritt idR mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung (§416 Abs 1 ZPO) ein.

  • Mit der Wirksamkeit der Entscheidung beginnen die Rechtsmittelfrist und die Leistungsfrist zu laufen.


Formelle Rechtskraft


Liegt vor wenn eine Entscheidung nicht mehr mit RM bekämpft werden kann.


Formelle Rechtskraft bedeutet also Unabänderlichkeit der Entscheidung. Dies kann der Fall sein:

  • mit ungenütztem Ablauf der RM-Frist

  • bei RM-Verzicht oder RM-Zurücknahme

  • bei Entscheidung der letzten Instanz

  • mit ungenütztem Ablauf der Anmeldungsfrist für die Berufung.

Es gibt keine Einheitlichkeit der formellen Rechtskraft. Zeitpunkt ihres Eintritts ist vielmehr für jede der Parteien verschieden.

  • Hauptsächlich wenn Entscheidung an die Parteien zu verschiedenen ZP zugestellt wird.

Formelle Rechtskraft ist Voraussetzung für die materielle Rechtskraft und für die Gestaltungswirkung sowie idR für die Vollstreckbarkeit.


Materielle Rechtskraft


Bezeichnet die Maßgeblichkeit der Entscheidung.

  • Diese äußert sich in der Einmaligkeits- und in der Bindungswirkung.

Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem) steht einer neuerlichen Entscheidung über die bereits entscheidene Hauptfrage entgegen.

  • Materielle RK daher negative Prozessvoraussetzung (Prozesshindernis) und ist daher in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen.

  • Trotz Vorliegens einer rechtskräftigen Entscheidung eingebrachte idente neuerliche Klage ist daher mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Bindungswirkung verplichtet den Richter eines Folgeprozesses, die für ihn präjudizielle Vorentscheidung ungeprüft seiner eigenen Entscheidung zugrunde zu legen.

  • Diese Bindung entfaltet aber nur die Entscheidung über die Hauptfrage!

Bindungswirkung stellt sicher, dass das Ergebnis des ersten Prozesses auch in weiteren Verfahren berücksichtigt wird.


Subjektive Grenzen materiellen RK

  • RK wirkt grds nur zwischen den Parteien - in bestimmten Fällen wird die Rechtskraft auf dritte Personen erstreckt

Objektive Grenzen materiellen RK

  • Nach §411 ZPO erwächst das Urteil in RK, soweit darin über den in der Klage gelten gemachten Anspruch entschieden wird.

  • Anspruch ist iSv Streitgegenstand zu verstehen.

  • Neuerliche Geltendmachung eines Anspruchs, der bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, steht die Einmaligkeitswirkugn des ersten Urteils entgegen. Neue Klage ist daher zurückzuweisen.

  • Einmaligkeitswirkung der mat. RK erstreckt sich auch auf später geltend gemachte Ansprüche, die das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entscheidenen Anspruchs darstellen.

  • Nicht rechtskraftfähig sind die Tatsachenfeststellungen sowie einzelne Elemente der rechtlichen Beurteilung wie die Entscheidung über Vorfragen (außer sie wurden mittels Zwischenfeststellungsantrag verselbstständigt) oder Einwendungen und Einreden des Beklagten (Ausnahme: Aufrechnungseinrede)

  • Als Fausregel kann man formulieren, dass nur der Spruch in Rechtskraft erwächst!

    • Allerdings sind zur Auslegung oft die Entscheidungsgründe heranzuziehen.

  • Die Rsp nimmt teilweise allerdings unter Berufung auf das Gebot der “Entscheidungsharmonie” zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen eine weitergehende Bindungswirkung an.

Zeitliche Grenzen materiellen RK

  • Materielle RK bezieht sich auf den ZP, bis zu dem die Parteien während des Prozesses neue Tatsachenbehauptungen aufstellen können.

  • Dies ist idR der Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz

  • Änderung des rechtserzeugenden SV nach diesem ZP sind von der Rechtskraft nicht erfasst.

  • Auf Tatsachen, die zum ZP des Schlusses der mündlichen Verhandlung 1. Instanz bereits bestanden haben, aber im Vorprozess nicht geltend gemacht wurden, können sich Parteien nicht mehr berufen.

    • Präklusionswirkung der materiellen RK

    • uU aber Wiederaufnahmsklage


Beseitigung der Rechtskraft:


Rechtskraft dient Rechtssicherheit - daher grds nicht möglich.


Bestimmte Rechtsbehelfe / RM kommen aber nach Rechtskraft in Betracht:

  • Nichtigkeitsklage

  • Wiederaufnahmsklage

  • Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

  • Antrag der obersten Verwaltungsbehörde an den OGH auf Aufhebung einer rechtskräftigen Entscheidung (§42 Abs 2 JN)



Welche Wirkungsweisen hat die materielle Rechtskraft?


Materielle Rechtskraft


Bezeichnet die Maßgeblichkeit der Entscheidung.

  • Diese äußert sich in der Einmaligkeits- und in der Bindungswirkung.

Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem) steht einer neuerlichen Entscheidung über die bereits entscheidene Hauptfrage entgegen.

  • Materielle RK daher negative Prozessvoraussetzung (Prozesshindernis) und ist daher in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen.

  • Trotz Vorliegens einer rechtskräftigen Entscheidung eingebrachte idente neuerliche Klage ist daher mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Bindungswirkung verplichtet den Richter eines Folgeprozesses, die für ihn präjudizielle Vorentscheidung ungeprüft seiner eigenen Entscheidung zugrunde zu legen.

  • Diese Bindung entfaltet aber nur die Entscheidung über die Hauptfrage!

Bindungswirkung stellt sicher, dass das Ergebnis des ersten Prozesses auch in weiteren Verfahren berücksichtigt wird.


Subjektive Grenzen materiellen RK

  • RK wirkt grds nur zwischen den Parteien - in bestimmten Fällen wird die Rechtskraft auf dritte Personen erstreckt

Objektive Grenzen materiellen RK

  • Nach §411 ZPO erwächst das Urteil in RK, soweit darin über den in der Klage gelten gemachten Anspruch entschieden wird.

  • Anspruch ist iSv Streitgegenstand zu verstehen.

  • Neuerliche Geltendmachung eines Anspruchs, der bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, steht die Einmaligkeitswirkugn des ersten Urteils entgegen. Neue Klage ist daher zurückzuweisen.

  • Einmaligkeitswirkung der mat. RK erstreckt sich auch auf später geltend gemachte Ansprüche, die das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entscheidenen Anspruchs darstellen.

  • Nicht rechtskraftfähig sind die Tatsachenfeststellungen sowie einzelne Elemente der rechtlichen Beurteilung wie die Entscheidung über Vorfragen (außer sie wurden mittels Zwischenfeststellungsantrag verselbstständigt) oder Einwendungen und Einreden des Beklagten (Ausnahme: Aufrechnungseinrede)

  • Als Fausregel kann man formulieren, dass nur der Spruch in Rechtskraft erwächst!

    • Allerdings sind zur Auslegung oft die Entscheidungsgründe heranzuziehen.

  • Die Rsp nimmt teilweise allerdings unter Berufung auf das Gebot der “Entscheidungsharmonie” zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen eine weitergehende Bindungswirkung an.

Zeitliche Grenzen materiellen RK

  • Materielle RK bezieht sich auf den ZP, bis zu dem die Parteien während des Prozesses neue Tatsachenbehauptungen aufstellen können.

  • Dies ist idR der Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz

  • Änderung des rechtserzeugenden SV nach diesem ZP sind von der Rechtskraft nicht erfasst.

  • Auf Tatsachen, die zum ZP des Schlusses der mündlichen Verhandlung 1. Instanz bereits bestanden haben, aber im Vorprozess nicht geltend gemacht wurden, können sich Parteien nicht mehr berufen.

    • Präklusionswirkung der materiellen RK

    • uU aber Wiederaufnahmsklag


Erläutern Sie die subjektiven Grenzen der objektiven Rechtskraft und ihre Ausnahmen!


Subjektive Grenzen materiellen RK

  • RK wirkt grds nur zwischen den Parteien - in bestimmten Fällen wird die Rechtskraft auf dritte Personen erstreckt

    • Hierzu gehören die Gesamt- und Einzelrechtsnachfolge, bestimmte Urteile über gesellschaftsrechtliche Klagen sowie die Entscheidung im Insolvenzverfahren über Richtigkeit und Rangordnung angemeldeter und bestrittener Forderungen.

Objektive Grenzen materiellen RK

  • Nach §411 ZPO erwächst das Urteil in RK, soweit darin über den in der Klage gelten gemachten Anspruch entschieden wird.

  • Anspruch ist iSv Streitgegenstand zu verstehen.

  • Neuerliche Geltendmachung eines Anspruchs, der bereits rechtskräftig zuerkannt oder aberkannt wurde, steht die Einmaligkeitswirkugn des ersten Urteils entgegen. Neue Klage ist daher zurückzuweisen.

  • Einmaligkeitswirkung der mat. RK erstreckt sich auch auf später geltend gemachte Ansprüche, die das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entscheidenen Anspruchs darstellen.

  • Nicht rechtskraftfähig sind die Tatsachenfeststellungen sowie einzelne Elemente der rechtlichen Beurteilung wie die Entscheidung über Vorfragen (außer sie wurden mittels Zwischenfeststellungsantrag verselbstständigt) oder Einwendungen und Einreden des Beklagten (Ausnahme: Aufrechnungseinrede)

  • Als Fausregel kann man formulieren, dass nur der Spruch in Rechtskraft erwächst!

    • Allerdings sind zur Auslegung oft die Entscheidungsgründe heranzuziehen.

  • Die Rsp nimmt teilweise allerdings unter Berufung auf das Gebot der “Entscheidungsharmonie” zur Vermeidung widersprechender Entscheidungen eine weitergehende Bindungswirkung an.

Zeitliche Grenzen materiellen RK

  • Materielle RK bezieht sich auf den ZP, bis zu dem die Parteien während des Prozesses neue Tatsachenbehauptungen aufstellen können.

  • Dies ist idR der Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz

  • Änderung des rechtserzeugenden SV nach diesem ZP sind von der Rechtskraft nicht erfasst.

  • Auf Tatsachen, die zum ZP des Schlusses der mündlichen Verhandlung 1. Instanz bereits bestanden haben, aber im Vorprozess nicht geltend gemacht wurden, können sich Parteien nicht mehr berufen.

    • Präklusionswirkung der materiellen RK

    • uU aber Wiederaufnahmsklag


Was ist der Unterschied zwischen einem Grund- und Grundlagenurteil?


Hierbei handelt es sich jeweils um ein Zwischenurteil.


Das Zwischenurteil teilt den Prozessstoff in qualitativer Hinsicht.


Mit ihm wird (aus prozessökonomischen Gründen) über einen Streitpunkt entschieden, dessen Klärung vor der Entscheidung über die Hauptsache sinnvoll erscheint.


Die ZPO (§393 ZPO) kennt zwei Arten eines Zwischenurteils, nämlich das Grundurteil und das Grundlagenurteil.


Ein Grundurteil (§393 Abs 1 ZPO) wird gefällt, wenn in einem REchtsstreit ein Anspruch dem Grunde und der Höhe nach streitig und die Verhandlung zunächst nur hinsichtlich des Anspruchsgrundes zur Entscheidung reif ist.

  • Kläger macht SAE Ansprüche geltend - mit Zwischenurteil (Grundurteil) nach §393 Abs 1 ZPO wird über siene Ansprüche dem Grunde nach entschieden.

  • Gelangt Gericht zum ERgebnis, dass der Anspruch gg den Beklagten dem Grunde nach zurecht besteht, kann es ein Grundurteil fällen und damit kann diese Frage vorab im RM-Verfahren geklärt werden.

  • Frage der Höhe des SAE Anspruchs wird erst im Endurteil entschieden.

Ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs ist nach dem Verständnis der Rsp kein Feststellungsurteil, sondern entfaltet nur innerprozessuale Bindungswirkung, aber keine über den konkreten Rechtsstreit hinausreichende materielle Rechtskraftwirkungen.


Außerdem kann das Gericht über die Verjährungseinrede mit Zwischenurteil entscheiden, wenn die Klage nicht aus diesem Grund ohnedies abzuweisen ist (§393a ZPO).

  • Damit soll aus prozessökonomischen Gründen die frühzeitige Klärung einer allfälligen Verjährung ermöglicht werden.

Hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit ist das Zwischenurteil einem Endurteil gleichgestellt.

  • Ein RM gegen ein Grundurteil hemmt bis zum Eintritt der Rechtskraft des Zwischenurteils die weitere Verhandlung über die Klage (§393 Abs 3 ZPO).


Ein sog Grundlagenurteil wird gefällt, wenn die Verhandlung über einen Zwischenantrag auf Feststellung zur Entscheidung reif ist (§393 Abs 2 ZPO).

  • Es handelt sich um ein echtes Feststellungsurteil, das volle Rechtskraft und Bindungswirkung zeitigt.

  • Anfechtung hat grds keine hemmende Wirkung für das weitere Verfahren, jedoch kann das Gericht eine solche anordnen (§393 Abs 3 ZPO)

Nach der Rsp liegt die fällung eines Zwischenurteils im Ermessen des Gerichts.



Wie ist die Bindung der Zivilgerichte an strafrechtliche und verwaltungsbehördliche/-gerichtliche Entscheidungen zu beurteilen?


An (rechtskräftige) Bescheide einer Verwaltungsbehörde und an Entscheidungen von Verwaltungsgerichten, gegen die kein RM mit aufschiebender Wirkung zulässig ist, sind Gerichte grds gebunden.

  • Ausnahme wird nach rsp für absolut nichtige Verwaltungsakte angenommen.

  • Ein solcher absolut nichtiger Verwaltungsakt liegt vor, wenn die Verwaltungsbehörde offenkundig unzuständig war, ihren Wirkungskreis überschritten hat oder einen offenkundig unzulässigen Verwaltungsakt gesetzt hat.


Ergibt sich im Lauf eines Rechtsstreits der Verdacht einer strafbaren Handlung, deren Ermittlung und Aburteilung für die Entscheidung des Rechtsstreits von maßgeblichem Einfluss ist, so kann das Gericht das Verfahren auch dann unterbrechen, wenn noch kein Strafverfahren anhängig ist (§191 Abs 1 ZPO).

  • Früher (wurde von VfGH aufgehoben) gab es eine Bestimmung die vorsah, dass Zivilichter an Strafurteile gebunden sind.

OGH hat aber entschieden, dass ein strafgerichtlich Verurteilter das Urteil gegen sich gelten lassen muss und sich in einem nachfolgenden Rechtsstreit nicht darauf berufen kann, dass er die Tat, derentwegen er strafrechtlich verurteilt wurde, in Wahrheit nicht begangen habe.

  • Bindung erstreckt sich auf alle den Schuldspruch notwendigerweise begründenden Tatsachen, unabhängig davon, ob sie im Spruch oder in den Gründen des Strafurteils enthalten waren.

  • Bindungswirkung kommt auch ausl. Strafverurteilungen zu, wenn das ausländische Strafurteil in Ö anzuerkennen ist.

  • Keine Bindung besteht an freisprechende strafgerichtliche Entscheidungen.

    • Gleiches gilt für diversionelle Entscheidungen.

  • Ein Verstoß gegen die Bindung bewirkt ein Nichtigkeitsgrund!

    • Irrige Annahme einer Bindung bildet eine Mangelhaftigkeit (§496 Abs 1 Z2 ZPO).

  • Wird Strafurteil an das sich Richter für gebunden hilt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung aufheboben, bildet dies ein Wiederaufnahmsklagegrund (§530 Abs. 1 Z5 ZPO).


Welche besonderen Inhaltserfordernisse der Berufung kennen Sie?


Die Berufung ist das RM gg Urteile der 1. Instanz.


Wegen der Bedeutung der Sache (es geht um die Anfechtung der Hauptsache-Entscheidung) bietet sie die weitgehenste Überprüfungsmöglichkeit.


Wegen die Bindung an Berufungsgründe und des Neuerungsverbots (§482 ZPO) handelt es sich aber auch bei der Berufung um ein “beschränktes” Rechtsmittel.


Be den Berufungsgründen ist zwischen Verstöße gg Prozessrecht, also Verfahrensfehler iwS und sog (inhaltlichen) Entscheidungsfehlern, also materielle Mängel, zu unterscheiden.


Es gibt:


Verfahrensmängel iwS:

  1. Nichtigkeit

    1. Schwerwiegensten Verfahrensfehler die unsere ZPO kennt

    2. Führen aber nicht dazu, dass die Entscheidung als nicht existenz angesehen wird.

    3. Auch Nichtigkeitsgründe sind nur mittels eines RM geltend zu machen.

    4. Wird kein RM erhoben erwächst die Entscheidung trotz der ihr anhaftenden Mängel in Rechtskrfat (“Rechtskraft heilt Nichtigkeit”)

    5. Wegen des Gewichtes des Verfahrensverstoßes sind sie von Amts wegen zu beachten.

    6. Nichtigkeitsgründe wirken absolut

      1. RM-Gericht hat daher nicht zu prüfen, ob der Nichtigkeitsgrund die Richtigkeit der Entscheidung beeinflusst hat.

    7. §477 ZPO enthält eine Aufzählung von Nichtigkeitsgründen die nach hA aber nicht taxativ ist.

    8. Umstritten ist welche weiteren Mängel Nichtigkeitsgründe darstellen.

      1. Jedenfalls sollten sie gleiches Gewicht wie die in §477 ZPO angeführten Mängel haben.

      2. Es gehört jedenfalls der Mangel anderer Prozessvoraussetzungen, ebenso das Vorliegen eines Prozesshindernisses.

  2. Wesentliche Verfahrensmängel

    1. Diese sind in §496 ZPO geregelt.

    2. Es handelt sich ebenso wie bei den Nichtigkeitsgründen um Verstöße gegen Prozessrecht.

    3. Allerdings ist der Verstoß weniger schwer.

    4. Sind nicht von Amts wegen wahrzunehmen, sondern müssen ausdrücklich gelten gemacht werden in der Berufung.

    5. Wirken nicht absolut, sind nur dann relevant, wenn sie sich auf die Richtigkeit der Sachentscheidung auswirken können.

    6. Verfahrensmangel wird nur durch ein “Zuwenig”, nicht durch ein “Zuviel” verwirklicht.

    7. Hauptanwendungsfall ist Nichtaufnahme beantragter Beweismittel.

      1. Dazu gehört auch ein Verstoß gg die richterliche Prozessleitungspflicht

    8. Wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens 1. Instanz in der Berufung nicht geltend gemacht, kann dies in der Revision nicht mehr nachgeholt werden.

    9. In §496 Abs 1 ZPO finden sich zwei Sondertatbestände, nämlich die unvollständige Erledigigung der Sachanträge (§496 Abs 1 Z1 ZPO) und die unvollständige SV-Feststellung als Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§496 Abs 1 Z3 ZPO)

      1. Im zweiten Fall ist der Verfahrensmangel nicht Folge eines Verstoßes gg Prozessrecht, sondern Folge der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

        1. Man spricht dann von einem sekundären Verfahrensmangel.

    10. Liegen nach Auffassung des Berufungsgericht die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor, bestätigt das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung mit Urteil.

    11. Liegt ein Verfahrensmangel vor, so soll das Berufungsgericht nach §496 Abs 3 ZPO das Verfahren ergänzen und in der Sache selbst mit Urteil entscheiden.

      1. In der Praxis heben die Berufungsgerichte in diesem Fall aber vielfach das angefochtene Urteil auf und verweisen das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (Aufhebungs- und Zurückvberweisungsbeschluss)



Materielle Mängel

  1. Unrichtige Tatsachenfeststellung

    Mit diesem Berufungsgrund werden Fehler bei der lösung der Tatfrage bekämpft.

    Es muss dargelegt werden, warum das Erstgericht diesen und nicht anderen Bewismitteln hätte Glauben schenken sollen.

    1. Aktenwidrigkeit

      1. Sondertatbestand der unrichtigen SV-Feststellung.

      2. Aktenwidrigkeit besteht in einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks und dessen Wiedergabe durch das Gericht.

        1. Dass ein Widerpsruch zwischen einer Tatsachenfeststellung und irgendeinem vorhandenen Beweismittel besteht, reicht nicht aus.

        2. Liegt nicht in dre Gewinnung tatsächlicher Feststellungen durch Schlussfolgerungen.

    2. Unrichtige Beweiswürdigung

      1. Hier behauptet der Berufungswerber, dass das Erstgericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Beweisergebnisse falsch gewichtet hat.

    3. Unrichtige Anwendung von Erfahrungssätzen

      1. Hier behauptet der Berufungswerber dass das ERstgericht durch Anwendung falscher Erfahrungssätze unrichtige Tatsachenfeststellungen getroffen hat.

  2. Unrichtige rechtliche Beurteilung

    1. Berufungspunkt wendet sich gegen die rechtliche Subsumption des Erstgerichts.

    2. Bekämpft wird immer die unrichtige Entscheidung der Hauptsache.

    3. Bezieht sich idR auf Fragen des materiellen Rechts.

    4. Bei der Ausführung der Rechtsrüge muss der Berufungswerber von den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ausgehen.

    5. Möglich ist aber der Einwand, dass zur rechtlichen Beurteilung erforderliche Feststellung fehlen und eine abschließende rechtliche Beruteilung auf Basis der getroffenen FEststellungen nicht möglihc ist.

      1. Diesfalls spricht man von einem sekundären Verfahrensmangel.

    6. Ohne Rechtsrüge darf das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts nicht überprüfen.

      1. Rechtsrüge muss deutlich machen worin der Fehler bei der Lösung der Rechtsfrage liegen soll.


Was sind die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für ein Rechtsmittel?


Neben den allgemeinen Prozessvoraussetzungen müssen für RM auch besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein.


Dazu gehören insb:

  • Statthaftigkeit

    • Bedeutet, dass die betreffende Entscheidung überhaupt anfechtbar ist und dass sie durch das gewählte RM anfechtbar ist.

    • Kommen mehrere RM bzw Rechtsbehelfe in Betracht, darf die Partei idR zwischen ihnen wählen oder diese auch kumulieren.

  • Rechtsmittellegitimation

    • Beantwortet die Frage, ob die Person zur Erhebung eines derartigen RM abstrakt befugt ist.

      Legitimiert sind bei Entscheidungen in der Hauptsache nur die Parteien und der Nebenintervenient

  • Rechtzeitigkeit

    • Bedeutet dass die Frist eingehalten wurde

    • Frist für Berufung (§464 Abs 1 ZPO) und die Revision (§505 Abs 2 ZPO) beträgt jeweils 4 Wochen

    • die Rekursfrist idR 14 Tage, ausnahmsweise vier Wochen (§521 ZPO)

    • RM muss bei Einbringung im Postweg am letzten Tag der Frist zur Post gegeben werden.

    • Bei elektronischer Einbringung muss es vor 24:00 des letzten Tages der Frist einlangen.

    • Wenn während der RM-Frit ein Antrag auf Beigebung eines Verfahrensanwalt gestellt wird, beginnt die RM-Frist für den Antragsteller erst mit Zustellung des Bescheides über die Bestellung des RA bzw mit Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses.

    • Bei mehreren Entscheidungen mit verschieden langen RM-Fristen in einer Ausfertigung steht für die Bekämpfung aller die längste in Betracht kommende Frist zu.

  • Beschwer

    • Unter Beschwer versteht man eine besondere Form des Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für die Anrufung einer höheren Instanz.

    • Nur derjenige kann ein RM erheben, der durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt wird

    • Formelle Beschwer maßgeblich

      • Ob Entscheidung vom zugrunde liegenden Sachantrag des RM-Werbers zu seinem Nachteil abweicht -> Beschwert ist jede Partei, die mit ihrem Sachantrag nicht zur Gänze durchgedrungen ist.


    • Materielle Beschwer

      • Vergleich der Rechtsstellung der Person vor der Entscheidung und danach – wenn sie sich verschlechtert hat ist die Person materiell Beschwert

      • Materielle Bewschwer im streitigen Zivilverfahren dort relevant wo es keinen Sachantrag gibt

        • Besonders bei Säumigkeitsentscheidung

  • Nichtvorliegen von RM-Verzicht und RM-Zurücknahme

    • Betreffene Partei darf nicht auf ein RM verzichtet haben bzw dieses auch nicht zurückgenommen haben.

    • Ein RM-Verzicht ist nach §472 Abs 2 ZPO nach Erlass der Entscheidung zulässig.


Wodurch unterscheiden sich wesentliche Verfahrensmängel von Nichtigkeitsgründen?


Nichtigkeit

  • Schwerwiegensten Verfahrensfehler die unsere ZPO kennt

  • Führen aber nicht dazu, dass die Entscheidung als nicht existenz angesehen wird.

  • Auch Nichtigkeitsgründe sind nur mittels eines RM geltend zu machen.

  • Wird kein RM erhoben erwächst die Entscheidung trotz der ihr anhaftenden Mängel in Rechtskrfat (“Rechtskraft heilt Nichtigkeit”)

  • Wegen des Gewichtes des Verfahrensverstoßes sind sie von Amts wegen zu beachten.

  • Nichtigkeitsgründe wirken absolut

    1. RM-Gericht hat daher nicht zu prüfen, ob der Nichtigkeitsgrund die Richtigkeit der Entscheidung beeinflusst hat.

  • §477 ZPO enthält eine Aufzählung von Nichtigkeitsgründen die nach hA aber nicht taxativ ist.

  • Umstritten ist welche weiteren Mängel Nichtigkeitsgründe darstellen.

    1. Jedenfalls sollten sie gleiches Gewicht wie die in §477 ZPO angeführten Mängel haben.

    2. Es gehört jedenfalls der Mangel anderer Prozessvoraussetzungen, ebenso das Vorliegen eines Prozesshindernisses.

Wesentliche Verfahrensmängel

  • Diese sind in §496 ZPO geregelt.

  • Es handelt sich ebenso wie bei den Nichtigkeitsgründen um Verstöße gegen Prozessrecht.

  • Allerdings ist der Verstoß weniger schwer.

  • Sind nicht von Amts wegen wahrzunehmen, sondern müssen ausdrücklich gelten gemacht werden in der Berufung.

  • Wirken nicht absolut, sind nur dann relevant, wenn sie sich auf die Richtigkeit der Sachentscheidung auswirken können.

  • Verfahrensmangel wird nur durch ein “Zuwenig”, nicht durch ein “Zuviel” verwirklicht.

  • Hauptanwendungsfall ist Nichtaufnahme beantragter Beweismittel.

    1. Dazu gehört auch ein Verstoß gg die richterliche Prozessleitungspflicht

  • Wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens 1. Instanz in der Berufung nicht geltend gemacht, kann dies in der Revision nicht mehr nachgeholt werden.

  • In §496 Abs 1 ZPO finden sich zwei Sondertatbestände, nämlich die unvollständige Erledigigung der Sachanträge (§496 Abs 1 Z1 ZPO) und die unvollständige SV-Feststellung als Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§496 Abs 1 Z3 ZPO)

    1. Im zweiten Fall ist der Verfahrensmangel nicht Folge eines Verstoßes gg Prozessrecht, sondern Folge der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

      1. Man spricht dann von einem sekundären Verfahrensmangel.

  • Liegen nach Auffassung des Berufungsgericht die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor, bestätigt das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung mit Urteil.

  • Liegt ein Verfahrensmangel vor, so soll das Berufungsgericht nach §496 Abs 3 ZPO das Verfahren ergänzen und in der Sache selbst mit Urteil entscheiden.

    1. In der Praxis heben die Berufungsgerichte in diesem Fall aber vielfach das angefochtene Urteil auf und verweisen das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (Aufhebungs- und Zurückvberweisungsbeschluss)



Nennen Sie drei Beispiele für wesentliche Verfahrensmängel!


  • Hauptanwendungsfall ist Nichtaufnahme beantragter Beweismittel.

    1. Dazu gehört auch ein Verstoß gg die richterliche Prozessleitungspflicht


Wesentliche Verfahrensmängel

  • Diese sind in §496 ZPO geregelt.

  • Es handelt sich ebenso wie bei den Nichtigkeitsgründen um Verstöße gegen Prozessrecht.

  • Allerdings ist der Verstoß weniger schwer.

  • Sind nicht von Amts wegen wahrzunehmen, sondern müssen ausdrücklich gelten gemacht werden in der Berufung.

  • Wirken nicht absolut, sind nur dann relevant, wenn sie sich auf die Richtigkeit der Sachentscheidung auswirken können.

  • Verfahrensmangel wird nur durch ein “Zuwenig”, nicht durch ein “Zuviel” verwirklicht.

  • Hauptanwendungsfall ist Nichtaufnahme beantragter Beweismittel.

    1. Dazu gehört auch ein Verstoß gg die richterliche Prozessleitungspflicht

  • Wird eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens 1. Instanz in der Berufung nicht geltend gemacht, kann dies in der Revision nicht mehr nachgeholt werden.

  • In §496 Abs 1 ZPO finden sich zwei Sondertatbestände, nämlich die unvollständige Erledigigung der Sachanträge (§496 Abs 1 Z1 ZPO) und die unvollständige SV-Feststellung als Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung (§496 Abs 1 Z3 ZPO)

    1. Im zweiten Fall ist der Verfahrensmangel nicht Folge eines Verstoßes gg Prozessrecht, sondern Folge der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

      1. Man spricht dann von einem sekundären Verfahrensmangel.

  • Liegen nach Auffassung des Berufungsgericht die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht vor, bestätigt das Berufungsgericht die angefochtene Entscheidung mit Urteil.

  • Liegt ein Verfahrensmangel vor, so soll das Berufungsgericht nach §496 Abs 3 ZPO das Verfahren ergänzen und in der Sache selbst mit Urteil entscheiden.

    1. In der Praxis heben die Berufungsgerichte in diesem Fall aber vielfach das angefochtene Urteil auf und verweisen das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (Aufhebungs- und Zurückvberweisungsbeschluss)




Wozu dient der Zulassungsausspruch im Berufungsurteil?


Inwieweit ist er bindend?


Im Hinblick auf die Anrufung des OGH hat das Berufungsgericht verschiedene Nebenaussprüche zu treffen:

  • Wertausspruch:

    • Wenn Streitgegenstand vermögenswerter Natur ist, aber nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, hat das Berufungsgericht auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstand 5000 EUR übersteigt oder nicht (§500 Abs 2 Z1a ZPO)

  • Ggf hat das Berufungsgericht auch auszusprechen, dass die Revision nach §502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig ist (§500 Abs 2 Z2 ZPO)

    • Dieser Ausspruch hat nur Servicecharakter und bindet weder die Parteien noch die Gerichte (§500 Abs 3 ZPO)

  • Auch hat das Berufungsgericht auszusprechen, ob die ordentliche Revision nach §502 Abs 1 ZPO zulässig ist oder nicht (§500 Abs 2 Z3 ZPO)

    • Hier hat das Berufungsgericht mit kurzer Begründung zu beurteilen, ob die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrecht abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.


Antrag auf Abänderung des Zulassungsausspruchs:


  • Wertausspruch und Ausspruch, dass Revision jedenfalls unzulässig ist sind nicht anfechtbar.

  • Aber kann in Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand zwischen 5000 und 30000 EUR liegt, wenn das Berufungsgericht ausgesprochen hat, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, eine Partei nach §508 Abs 1 ZPO einen Antrag auf Abänderung des Zulasssungsausspruchs (Moniturantrag) an das Berufungsgericht richten.

  • Antrag zielt darauf ab, dass das Berufungsgericht (nicht OGH) diesen Ausspruch dahingegend abändert, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt wird.


Der OGH ist nicht an den Ausspruch des Berufungsgerichts gebunden.

  • Er kann trotz Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Ruechtsfrage zurückweisen.


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Pascal P.

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