Was ist die Idee vom Liberalen Paternalismus?
Erkenntnisse der Verhaltensökonomik werden zur staatlichenVerhaltenslenkung der Bürger eingesetzt (Paternalismus ohne Zwang – „Nudge“)
Was bedeutet Liberaler Paternalismus?
Menschen treffen „falsche“ Entscheidungen, die sie so nicht treffen würden, wenn sievollständige Informationen, unbegrenzte kognitive Fähigkeiten, unbegrenzteRationalität und Willenskraft hätten.
Welche staatlichen Maßnahmen zur Lenkung ohne Zwang gibt es?
Default-Optionen: z.B. wird statt einer Opting-in-Regel eine Opting-out-Regel festgelegt (beispielsweise bei Gestaltung betrieblicher Pensionspläne oder Organspenden) – so wird durch Framing der Status-quo-Effekt ausgenutzt und die Teilnahmequote steigt, obwohl dieEntscheidungsmöglichkeiten unverändert bleiben.
Hilfe zur Selbstbeschränkung:Staat gibt Menschen Möglichkeiten, um sich selbst zu beschränken und zeitinkonsistentesVerhalten zu vermeiden, beispielsweise beim Save-more-tomorrow-Programm oder derPlatzierung ungesunder Lebensmittel an unattraktiven Stellen, z.B. unten im Regal, am Endevom Gang. Die Entscheidungsmöglichkeiten bleiben auch hier erhalten, aber dieTransaktionskosten für die „unvorteilhafte“ Wahl steigen.
Asymmetrischer Paternalismus: Nenne ein Beispiel für einen Kosten-Nutzen Vergleich
Eine einfache Regelung zur Verbesserung der Gesundheitssituation könnte darinbestehen, dass man Menschen zwingt (oder nudged), vor größeren Operationen eine zweite Diagnose bei einem anderen Arzt einzuholen.Die Menschen, die das ansonsten nicht tun würden, erfahren dadurch potenziell einenWohlfahrtszuwachs, weil ihre Diagnose auf solidere Beine gestellt wird und eine möglicherweise unnötige Operation vermieden wird. Diejenigen, die das ohnehin getanhätten (weil sie rationaler sind), erleiden nur geringe bis gar keine Zusatzkosten.Wenn aber eine Zweitdiagnose nicht notwendig ist, sinkt der Nutzen für die irrationalenPatienten, während die Kosten für die rationalen Patienten gleich bleiben (sie hätten ohnehin eine zweite Diagnose eingeholt).
Wie erfolgt beim Asymmetrischen Paternalismus die politische Ausgestaltung?
Durch
Versorgung mit Informationen:
Cooling-off-Perioden
Beschränkungen von Konsumentenrechten
Sündensteuern
Asymmetrischer Paternalismus – politische Ausgestaltung - Was bedeutet Versorgung mit Informationen?
Semantische Umgestaltung einer Situation durch Art der Informationsdarstellung
Ausnutzen des Framing-Effektes
Asymmetrischer Paternalismus – politische Ausgestaltung - Was bedeutet Cooling-off-Perioden?
Verzögerungsperioden können eingesetzt werden, um falsche Entscheidungen, z.B.wegen Emotionen, Wahrnehmungsfehlern oder der Minderschätzung des zukünftigenNutzens, zu vermeiden oder im Nachhinein zu korrigieren
Kauf erst nach vorher festgelegter Periode möglich
Frist zur Rückabwicklung (z.B. Rücktrittsrechte bei Haustür- undFernabsatzgeschäften)
Anreiz für Unternehmen ihre Kunden zu rationaleren Kunden zu machen, um teureRückabwicklungen zu vermeiden
Wartezeit stellt für rationale Kunden unnötige Kosten dar
Asymmetrischer Paternalismus – politische Ausgestaltung - Was sind Beschränkungen von Konsumentenrechten?
Bindende Vorschriften sollen helfen, bestimmte Tätigkeiten zu erledigen oder menschlicheSchwächen zu beseitigen (z.B. feste Abgabetermine für Hausarbeiten, Steuererklärungen).
Vergleichsweise invasive Maßnahme
Asymmetrischer Paternalismus – politische Ausgestaltung - Was sind Sündensteuern?
Steuern auf schädliche Verhaltensweisen (z.B. Alkoholsteuer, Tabaksteuer,Plastiksteuer, Zuckersteuer etc.)
Idee der Internalitäten: Eine Person besteht aus zwei Personen A (heutig) und B (zukünftig),wobei A von einer Handlung profitiert, während B die Kosten zu tragen hat
Beseitigung wie bei negativen Externalitäten durch Steuern (analog Pigou-Steuer)
Welche Kritik zum Liberalen Paternalismus gibt es?
Selbstkontrollprobleme als Rechtfertigung
Wenn Menschen wissen, dass sie zu Schwächen neigen, dann sind Beschränkungen derKonsumentenfreiheit nicht nötig, sondern die Menschen können sich Restriktionen selbstschaffen.
Wenn sich Menschen ihrer Schwächen nicht bewusst sind, dann stellt sich die Frage, ob derStaat besser weiß als der Konsument, was für diesen gut ist.
Gefahr der „Präferenzdiktatur“ (Staat schreibt vor, was man zu wollen hat)
Internalitäten als Rechtfertigung
Dem Konzept der Internalitäten liegt die Annahme zugrunde, dass Menschen sich immermehr um ihr heutiges Selbst als um ihr zukünftiges Selbst kümmern.Warum wird dann in Ausbildung investiert?
Außerdem ist eine Gewichtung von heutigem und zukünftigem Selbst vorzunehmen.Warum sollte man aber z.B. nur die zukünftigen gesundheitlichen Folgen des Rauchensbetrachten ohne den gegenwärtigen Nutzen zu berücksichtigen?
Sündensteuern legen den Fokus auf den Nutzen für das zukünftige Selbst und erachten dasWohlbefinden des gegenwärtigen Selbst gering.
Irrtümer als Rechtfertigung:
Korrekturbedarf durch staatliche Politik könnte geringer sein, als Laborexperimente nahelegen.
In der Realität verbessern sich Entscheidungen gegenüber Laborexperimenten durch Hilfen(Bücher, Berater, Internet etc.), Erfahrungen oder richtige monetäre Anreize.
Das Individuum hat mehr Anreize Fehler zu vermeiden und wird daher mit mehr Aufwandund Akribie nach Möglichkeiten der Fehlerbeseitigung suchen.
Auch Politiker könnten bei ihrer Fehlerbeeinflussung beeinflusst werden, z.B. durchLobbyisten.
Auch Regierungen könnten das Ergebnis fehlerhaften (Wahl-)Verhaltens sein; dann würdendurch fehlerhaftes Verhalten bestimmte Regierungen Verhaltensirrtümer korrigieren.
Welche weiteren Kritikpunkte gibt es?
Psychologische Kosten: Schlechtes Gewissen bewirkt Wohlfahrtsverlust, wennVerhalten nicht abgelegt wird.
Kontrolle: Weicher Paternalismus lässt sich schlechter kontrollieren als harterPaternalismus und ruft weniger Widerstand hervor, sodass er politischen Missbrauchbedingen kann.
Diskriminierung: Aufbau von Vorurteilen gegen bestimmte Personengruppen (z.B.Raucher, Autofahrer)
Slippery Slope: Gefahr, dass weicher Paternalismus zu hartem Paternalismus undeinem „Bevormundungsstaat“ oder gar „Überwachungsstaat“ führt, da Akzeptanz fürStaatseingriffe steigt.
Missbrauch: Gefahr der Manipulation von Menschen durch den Staat.
Erzwungene Entscheidungen: Entscheidungen werden erzwungen, obwohl keineEntscheidung getroffen werden soll.
Pro:
Bildungsstudien belegen, dass höhere Anwesenheit zu höherem Lernerfolg führt(Mess- und Kausalitätsprobleme?)
Selbstkontrollprobleme und zeitinkonsistentes Verhalten (langfristig schlechtererLernerfolg wegen kurzfristigem Freizeitgenuss statt Anwesenheit, Prokrastination undBulimielernen) rechtfertigen invasiven staatlichen Eingriff
Kontra:
Staatliche Bevormundung reduziert intrinsische Motivation, Zwang zurEigenverantwortung und Selbstorganisation, was Selbstkontrollprobleme undzeitinkonsistentes Verhalten langfristig eher verstärkt
Höhere Anwesenheit führt nicht automatisch zu besseren Lernergebnissen, lieberAnreize durch gute Lehre oder Zusatzpunkte schaffen, statt Studierende in denHörsaal zu zwingen
Nudge:
Opting-out-Regel bei Kursanmeldung macht Anwesenheit zur Standardoption, wasden Status-quo-Effekt ausnutzt
Hilfe zur Selbstbeschränkung durch (freiwillige) Anwesenheitsvereinbarung, z.B. mit 75% als Standardoption, die Abwesenheit als Verlust an neuem Wissen beschreibt(Framing)
Nenne Möglichkeiten von Nudging
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