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by Fehr Q.

Akute Bronchitis : Abstract ?



Die akute Bronchitis ist eine (überwiegend virale) Infektion der unteren Atemwege und betrifft insb. mittlere und größere Bronchien.


Sie geht (fast) immer mit Erkältungssymptomen wie leichtem Fieber, Halsschmerzen, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen einher.


Auskultatorisch sind seitengleich grob- bis mittelblasige Rasselgeräusche zu vernehmen, bei Bronchialobstruktion außerdem exspiratorisches Pfeifen.


Die Diagnosestellung erfolgt meist klinisch.


Röntgen-Thorax und Laboruntersuchung sollten nur bei V.a. eine Pneumonie erfolgen.


Die Erkrankung verläuft i.d.R. selbstlimitierend.


Essenziell ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, symptomatisch können Antipyretika und abschwellende Nasensprays sinnvoll sein.


Bei bakterieller Sekundärinfektion kommen Antibiotika zum Einsatz.


N:

  • Der Übergang von Erkältung zu Bronchitis ist fließend. Eine akute Bronchitis ohne Erkältungssymptome ist selten, daher sollten hier mögliche Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden!

  • Die Indikation zum Ausschluss einer SARS-CoV-2-Infektion per Nasen-Rachen-Abstrich sollte auch bei atypischer Symptomatik großzügig gestellt werden!

  • Bei klinischer Diagnose einer unkomplizierten akuten Bronchitis kann auf weitere Laboruntersuchungen, Erregerdiagnostik und Bildgebung verzichtet werden!

  • Eine Antibiotikatherapie vermindert bei der unkomplizierten akuten Bronchitis Symptomatik und Krankheitsdauer nur minimal und kann Resistenzbildungen fördern!

  • Eine akute unkomplizierte Bronchitis bei Patienten ohne chronische Lungenerkrankung soll nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden.


Pneumonie : Abstract ?


(Lungenentzündung)

Eine Pneumonie bezeichnet eine Entzündung des Alveolarraums und/oder des interstitiellen Lungengewebes, die vornehmlich durch Bakterien verursacht wird.


Sie stellt die häufigste zum Tode führende Infektionserkrankung in Industrienationen dar.


Das Erregerspektrum unterscheidet sich je nach Altersgruppe und Infektionsursache (ambulant oder im Krankenhaus erworben).


Die häufig durch Pneumokokken verursachte „klassische“ Pneumonie geht mit plötzlichem Krankheitsgefühl, Fieber und produktivem Husten einher.


Auskultatorisch imponieren feinblasige, klingende Rasselgeräusche und laborchemisch erhöhte Entzündungsparameter.


Die Krankheit kann aber besonders bei älteren Patienten oder bestimmten Erregern (bspw. Viren, Mykoplasmen) atypisch mit abgeschwächten Symptomen und ohne physikalische Zeichen einer Infiltration verlaufen, sodass das einzige obligate Kriterium für die Diagnose einer Pneumonie ein neu aufgetretenes Infiltrat im Röntgenbild der Lunge darstellt.


Bei Erkrankung sollte auf körperliche Schonung, eine rege Flüssigkeitsaufnahme und eine erregergerechte antibiotische Therapie geachtet werden.


N:

  • Bei Patienten mit Pneumonie soll in der Notaufnahme die Therapie entsprechend der Zuordnung zu einer der drei Formen erfolgen: a) Ambulant erworben {(community-acquired pneumonia, CAP) außerhalb des Krankenhauses} , Patient immunkompetent. b) Nosokomial erworben {(hospital-acquired pneumonia, HAP) im Krankenhaus (> 48 h nach Krankenhausaufnahme oder in den ersten 3 Monaten nach Krankenhausentlassung)} , Patient immunkompetent. c) Unter Immunsuppression erworben {(pneumonia in the immunosuppressed host) außerhalb oder im Krankenhaus,} Patient immunsupprimiert. (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)

  • Eine Trennung von typischer und atypischer Pneumonie ist im klinischen Alltag aufgrund fließender Übergänge nicht immer möglich, zudem können beide Erscheinungsbilder theoretisch durch jeden Erreger ausgelöst werden. Folglich erlaubt diese Unterscheidung keine sichere therapeutische Konsequenz!

  • Eine Zuordnung des Röntgenbefundes zum auslösenden Erreger ist nicht sicher möglich. Typische Pneumonien zeigen eher eine Lobärpneumonie, atypische Pneumonien eher eine interstitielle Pneumonie!

  • Die Diagnose Pneumonie setzt als Hauptkriterium ein neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen voraus!

  • Jeder ambulant behandelte Patient mit Pneumonie sollte nach 48–72 Stunden erneut untersucht werden, um die Wirksamkeit des verschriebenen Antibiotikums zu prüfen!

  • Prüfe immer die Diagnosekriterien einer Sepsis!

  • Bei Patienten mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie soll unverzüglich eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)

  • Die antibiotische Medikation kann 2–3 Tage nach Entfieberung beendet werden. Bei einer ambulant erworbenen Pneumonie, die ambulant behandelt werden kann, ist eine antibiotische Medikation von 7 Tagen ausreichend!

  • Bei Therapieversagen sollten eine (erneute) Erregerdiagnostik sowie eine Wiederholung oder Ausweitung der Bildgebung erfolgen!

  • Bei Patienten mit Immunsuppression, fortgeschrittener Leberzirrhose oder Niereninsuffizienz soll eine sequenzielle Pneumokokkenimpfung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)


Pneumonie : Ätiologie ?

Ätiologie

Erreger

  • Ambulant erworbene Pneumonie: Pneumokokken (häufigster Erreger bei jungen Erwachsenen) , Haemophilus influenzae (seit Einführung der Impfung in den Ländern des Globalen Nordens nur noch selten), Mycoplasma pneumoniae und Chlamydia pneumoniae (die beiden letztgenannten häufig bei Schulkindern und Jugendlichen) u.a.

  • Nosokomial erworbene Pneumonie: Vor allem gramnegative Erreger (wie Pseudomonas aeruginosa und Enterobacteriaceae) und Staphylokokken

  • Neugeborenenpneumonie: Escherichia coli, Streptokokken der Serogruppe B (Streptococcus agalactiae), Pneumokokken, Haemophilus influenzae u.a.

Infektionsweg

  • Tröpfcheninfektion, aerogen, Mikroaspiration

    • Physiologische Schutzfaktoren („mukoziliäre Clearance“) : Hustenreflex, Schleimproduktion und Ziliarfunktion des respiratorischen Flimmerepithels, Alveolarmakrophagen

  • „Echte“ Aspiration: Schwächung der lokalen Immunitätsbarrieren durch Magensaft (Mendelson-Syndrom), Aspiration nährstoffreicher Nahrung als bakterielles Nährmedium

  • Selten als hämatogene Streuung

Risikofaktoren

  • Hohes Alter und Immobilität jeglicher Ursache

  • Schlechter Immunstatus : Insb. bei Pneumocystis-Pneumonie und Pilzpneumonien

  • Chronische Erkrankungen

    • Kardiopulmonale Vorerkrankungen: Bspw. Asthma bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz

    • Erworbene oder angeborene Alterationen der Atemwege: Bspw. Bronchiektasien, raumfordernde Prozesse, Mukoviszidose

  • Maschinelle Beatmung: Risiko steigt mit der Beatmungsdauer, dann i.d.R. als nosokomiale Pneumonie


Pneumonie : Diagnostik ?

Diagnostik

Klinische Untersuchung

  • Erfassung der erweiterten Vitalzeichen

    • Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Pulsoxymetrie

      • Oxygenierung mit Werten des spO2 <92% in Raumluft deutet auf ein hohes Risiko hin

    • qSOFA-Score zur Evaluation einer Sepsis

  • Inspektion und Palpation

    • Vor allem bei Kindern durch große Anstrengung bei Inspiration → Zeichen der Dyspnoe

      • Thorakale Einziehungen (jugular, subkostal, interkostal)

      • Nasenflügeln

    • Verstärkter Stimmfremitus

  • Auskultation

    • Zeichen für ein Infiltrat

      • Feinblasige, klingende Rasselgeräusche

      • Verstärkte Bronchophonie

      • Bei atypischer Pneumonie oft kein pathologischer Auskultationsbefund

  • Perkussion: Bei lokalisierter Pneumonie eventuell gedämpfter Klopfschall

Labordiagnostik

  • Blut

    • Entzündungszeichen

      • Leukozytose, im peripheren Blutausstrich ggf. Granulozyten mit toxischer Granulation

      • CRP↑

      • BSG↑

      • PCT↑: Höchste Spezifität für den Nachweis einer bakteriellen Pneumonie

    • Blutgasanalyse (BGA), um respiratorische Insuffizienz auszuschließen

  • Erregerdiagnostik bei stationärer Aufnahme

    • Blutkulturen: Mindestens jeweils zwei aerobe und anaerobe Kulturen

    • Urin: Pneumokokken-Antigentest, bei Verdacht auf Legionellen-Pneumonie auch Bestimmung des Legionellenantigens

    • Sputum-Diagnostik: Sputumkultur, zusätzlich mikroskopische Erfassung der Anzahl reaktiver Leukozyten pro Gesichtsfeld (polymorphkernige Leukozyten, toxische Granulation) und ggf. Legionellen-PCR alternativ zum Antigen-Test im Urin

      • Sputum ≠ Speichel!

        • Besteht aus Wasser, Zellen (Leukozyten, Epithelzellen), Fremdkörpern (Staubteilchen, Rauchpartikel), Proteinen (Glykoproteine, IgA, Albumin, Fibrinogen) und Mikroorganismen

      • Indikation

        • Schwerer Verlauf, antibiotisch vorbehandelte Patienten, Verdacht auf multiresistente Keime, nosokomial erworbene Pneumonie sowie häufige Exazerbationen bei COPD (≥3×/Jahr)

      • Interpretation

        • Die Farbe des Sputums kann bereits diagnostische Hinweise geben (siehe: Auswurf)

        • Der Nachweis von oropharyngealer Flora gilt als Zeichen einer Kontamination: α-hämolysierende Streptokokken (Oralstreptokokken), Neisserien u.a.

    • Pleurapunktion: Bei Vorliegen eines Pleuraergusses Probepunktion mit Bestimmung des pH, Beimpfung von Blutkulturflaschen mit dem Punktat und Bestimmung der Leukozytenzahl und des Eiweißgehaltes

Bildgebung

  • Konventionelles Röntgen-Thorax

    • Befunde

      • Lobärpneumonie: Großflächige auf den Lungenlappen begrenzte Verschattung mit positivem Aerobronchogramm (Bronchopneumogramm)

      • Bronchopneumonie: Unscharf begrenzte, in der Lunge verteilte Infiltrate, Bronchopneumogramm nicht typisch

      • Interstitielle Pneumonie: Netzartige (retikuläre) Verschattung

    • Lokalisationsbestimmung: Silhouettenphänomen

      • Eine Grenzfläche wird im Röntgenbild sichtbar, wenn zwei Strukturen stark unterschiedlicher Dichte aneinander grenzen (bspw. der rechte Vorhof und der luftgefüllte rechte Mittellappen)

      • Grenzen hingegen zwei Strukturen mit ähnlicher Dichte aneinander, z.B. der rechte Vorhof an einen transparenzgeminderten Mittellappen bei Mittellappenpneumonie, so bilden diese beiden Strukturen eine gemeinsame Silhouette – die Grenze zwischen beiden ist nicht mehr sichtbar

  • CT-Thorax

    • Indikation: Bei unklaren Befunden im Röntgen-Thorax

    • Vorteil: Zuverlässigere Beurteilung von diskreten Verschattungen, einem Pleuraempyem oder bspw. Einschmelzungen

Eine Zuordnung des Röntgenbefundes zum auslösenden Erreger ist nicht sicher möglich. Typische Pneumonien zeigen eher eine Lobärpneumonie, atypische Pneumonien eher eine interstitielle Pneumonie!

Sicherung der Diagnose Pneumonie

  • 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien

    • Hauptkriterium: Neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen

    • Nebenkriterien

      • Fieber (≥38,5 °C) oder Hypothermie (≤36,5 °C)

      • Leukozytose (>10.000/μL) oder Leukopenie (<4.000/μL)

      • Eitriger Auswurf (gelblich-grün)

      • Für Infiltration sprechende physikalische Zeichen (Bronchophonie, Stimmfremitus u.a.): Nur geringe Sensitivität und Spezifität

      • Nachweis eines Erregers (Blutkultur, Sputum, Bronchialsekret oder Pleuraflüssigkeit)

Die Diagnose Pneumonie setzt als Hauptkriterium ein neu aufgetretenes Infiltrat im konventionellen Röntgen-Thorax in zwei Ebenen voraus!

Pneumonie : Therapie ?

Therapie

Kriterien für eine stationäre Aufnahme

  • CRB-65-Score

    • C = Confusion → Bewusstseinseintrübung

    • R = Respiratory Rate → Atemfrequenz ≥30/min

    • B = Blood pressure → Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg oder systolischer Blutdruck <90 mmHg

    • 65 = Age ≥65 → Alter ≥65 Jahre

  • CURB-65-Score

    • C = Confusion → Bewusstseinseintrübung

    • U = Urea → Serum-Harnstoff >7 mmol/L (42 mg/dL)

    • R = Respiratory Rate → Atemfrequenz ≥30/min

    • B = Blood Pressure → Diastolischer Blutdruck ≤60 mmHg oder systolischer Blutdruck <90 mmHg

    • 65 = Age ≥65 → Alter ≥65 Jahre


Jeder ambulant behandelte Patient mit Pneumonie sollte nach 48–72 Stunden erneut untersucht werden, um die Wirksamkeit des verschriebenen Antibiotikums zu prüfen!


Prüfe immer die Diagnosekriterien einer Sepsis!


Supportive Maßnahmen

  • Körperliche Schonung, jedoch keine strenge Bettruhe

  • Physiotherapie: Frühmobilisierung und Atemtherapie

  • Hohe Flüssigkeitsaufnahme

  • Bei Hypoxie: Atemunterstützung bzw. Sauerstoffgabe

    • Nicht-invasiv: Sauerstoffgabe über Nasensonde oder Gesichtsmaske

    • Invasiv: Maschinelle Beatmung

  • Antipyretika, Analgetika (z.B. Paracetamol, Ibuprofen)

  • Antitussiva (z.B. Codein)

  • Expektoranzien und Mukolytika

Medikamentöse Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie

Leichte Pneumonie → Ambulante Behandlung

  • Definition: CRB-65 = 0 und ausreichende Oxygenierung (SaO2 ≥92%)

  • Patienten ohne Risikofaktoren

    • Mittel der Wahl: Aminopenicillin (z.B. Amoxicillin)

    • Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit bzw. Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger

      • Makrolid (z.B. Clarithromycin)

      • Doxycyclin

      • nachgeordnet Fluorchinolone der Gruppe III oder IV (Levofloxacin oder Moxifloxacin)

  • Patienten mit dem Risikofaktor Komorbidität

    • Mittel der Wahl: Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor (z.B. Amoxicillin/Clavulansäure)

      • Bei Verdacht auf Beteiligung atypischer Erreger: Kombination mit einem Makrolid (z.B. Clarithromycin)

    • Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV (Levofloxacin oder Moxifloxacin)

Mittelschwere und schwere Pneumonie → Stationäre Behandlung


Mittelschwere Pneumonie

  • Definition: Zwischen leichter und schwerer Pneumonie, Vorliegen von max. 2 Minorkriterien der ATS-Klassifikation, Laktat > 2 mmol/L

  • Mittel der Wahl: Aminopenicillin + β-Lactamase-Inhibitor i.v. (z.B. Ampicillin/Sulbactam) oder Cephalosporine der 2. oder 3. Generation (z.B. Cefuroxim oder Ceftriaxon)

    • Kombination mit einem Makrolid: Abdeckung atypischer Erreger und Nutzung immunmodulatorischer Effekte (z.B. Clarithromycin)

  • Alternativ (z.B. bei Penicillin-Allergie): Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin)

Schwere Pneumonie

  • Definition: Akute respiratorische Insuffizienz und/oder Sepsis und/oder dekompensierte Komorbidität (z.B. kardiale Dekompensation, exazerbierte COPD, akute Nierenschädigung)

  • Mittel der Wahl: Piperacillin/Tazobactam oder Cephalosporine der 3. Generation (z.B. Ceftriaxon) und immer zusätzlich ein Makrolid (z.B. Clarithromycin)

  • Alternative für Patienten ohne septischen Schock: Fluorchinolone der Gruppe III oder IV mit guter Pneumokokken-Wirksamkeit (z.B. Levofloxacin oder Moxifloxacin)

Bei Patienten mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie soll unverzüglich eine Antibiotikatherapie eingeleitet werden! (DGIM - Klug entscheiden in der Notaufnahme)


Fluorchinolone bei Pneumonien

Aufgrund bekannter Risiken der Anwendung von Fluorochinolonen sollten diese stets nachrangig und unter individueller Risiko-Nutzen-Bewertung angewendet werden. Beachte hierzu auch Rote-Hand-Briefe zu Fluorchinolonen


Multiresistente Erreger und nosokomiale Pneumonie

  • Siehe: Nosokomiale Pneumonie

Die antibiotische Medikation kann 2–3 Tage nach Entfieberung beendet werden. Bei einer ambulant erworbenen Pneumonie, die ambulant behandelt werden kann, ist eine antibiotische Medikation von 7 Tagen ausreichend!

Aspirationspneumonie

  • Siehe: Therapie der Aspirationspneumonie

Bei Therapieversagen sollten eine (erneute) Erregerdiagnostik sowie eine Wiederholung oder Ausweitung der Bildgebung erfolgen!


Pneumonie : Verlaufs- und Sonderformen ?

Verlaufs- und Sonderformen

Die nosokomiale Pneumonie, die Aspirationspneumonie und die durch spezielle Erreger ausgelösten Pneumonien haben in der klinischen Präsentation und Diagnostik ihre Besonderheiten und benötigen spezielle Therapieregime.

Aspirationspneumonie

  • Definition: Pneumonie als Folge einer Aspiration (= Einatmen von Fremdmaterial in die Lunge), bspw.

    • Aktive oder passive Regurgitation von Mageninhalt

    • Oropharyngeales Sekret

    • Blut

    • Fremdkörper (siehe auch: Fremdkörperaspiration)

    • Voraussetzung für eine Aspiration: Unzureichende Schutzreflexe

  • Pathophysiologie

    • Direkte Verlegung der Alveolaroberfläche bzw. Verlegung ganzer Bronchialabschnitte

      • Voraussetzung: Größere Mengen Flüssigkeit

      • Folge: Kompromittierung des Gasaustausches → Oxygenierung↓

    • Chemische Reizung: Mendelson-Syndrom

      • Voraussetzung: Aspiration von saurem Mageninhalt

      • Nicht-infektiöse Lungenentzündung (chemische Pneumonitis)

      • Verlauf bis zum ARDS möglich

      • Komplikation: Sekundäre bakterielle Pneumonie

    • Mikroaspiration: Wiederholte Aspiration kleiner Mengen Flüssigkeit

      • Insb. bei Patienten mit Schluckstörungen

      • Potenziell pathogene Erreger aus der oropharyngealen Flora → Nosokomiale Pneumonie

  • Prädisposition für eine Aspiration

    • Schluckstörungen jeglicher Ursache (neurologische Erkrankungen)

    • Stenosen bzw. Veränderungen am oberen Gastrointestinaltrakt (insb. auch HNO-Operationen)

    • PPI-Therapie (fehlende Bakterizidie des Magensaftes)

    • Bettlägerige Patienten

    • Fehler bei der Ernährung mit Magensonde/PEG (zu flache Lagerung, zu schnelle Laufrate)

    • Ineffektiver Hustenstoß, Hypersalivation und gastroösophagealer Reflux

    • Für die Risikofaktoren im Rahmen einer Narkoseeinleitung siehe: Perioperatives Aspirationsrisiko

  • Lokalisation: Abhängig von der Lage des Patienten bei Aspiration

    • Liegender Patient: Posteriore Segmente der Oberlappen, apikale Segmente der Unterlappen

    • Sitzender Patient: Basale Segmente der Unterlappen (insb. rechts)

  • Klinische Hinweise: Sofortreaktionen nach Aspiration

    • Bronchospasmus

    • Rasselgeräusche

    • Zyanose bei Hypoxämie

  • Therapeutisches Vorgehen bei Aspiration

    • Bei Verdacht auf Aspiration im Rahmen einer Allgemeinanästhesie: Sofortige Kopftieflagerung

    • (Re‑)Intubation bei respiratorischer Insuffizienz oder im Rahmen einer Narkoseeinleitung (siehe auch: RSI)

    • Möglichst vollständiges Absaugen bzw. bronchoskopisches Bergen des aspirierten Materials; bei soliden Aspiraten Extraktion mit Magill-Zange bzw. Bronchoskopie

    • Nach Absaugen/Bronchoskopie: Bedarfsgerechte Beatmung bei respiratorischer Insuffizienz bzw. im Rahmen einer Narkoseeinleitung

  • Diagnostik nach einer Aspiration

    • Mikrobiologische Untersuchung des Bronchialsekrets

    • Engmaschige Verlaufskontrollen per Röntgen-Thorax auf Komplikationen der Aspiration bzw. des Mendelson-Syndroms

  • Therapie der Aspirationspneumonie

    • Beatmungstherapie (wenn erforderlich)

    • Bei komplikationslosem Verlauf keine routinemäßige Gabe von Glucocorticoiden und/oder Antibiotika

    • Erregerspektrum: Häufig polymikrobielle Mischinfektion

      • Anaerobier wie Peptostreptococcus spp.

      • Enterobakterien

      • Staphylococcus aureus (insb. bei schleichender Aspiration)

    • Kalkulierte Antibiotikatherapie: Intravenöse Therapie, Erstwahl analog zur Therapie der mittelschweren Pneumonie

      • Primär: Ampicillin/Sulbactam

      • Alternativen

        • Cephalosporin Gr. III (z.B. Ceftriaxon) oder Gr. II (z.B. Cefuroxim) und Clindamycin

        • Moxifloxacin

  • Komplikationen

    • Lungenabszess in Bereichen der pneumonischen Infiltrate

    • ARDS

Spezielle Pneumonien

  • Andere Erreger-assoziierte Erkrankungen, die sich klinisch als Pneumonie präsentieren können

    • Legionellen-Pneumonie

    • Ornithose

    • Primäre Influenza-Pneumonie

    • Tuberkulose

    • Diverse Viren (z.B. RSV-Infektion, Hantavirus-Infektion)

      • SARS

      • COVID-19

  • Bei immunsupprimierten Patienten

    • Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie

    • CMV-Pneumonie

    • Aspergillose

    • Candidose

  • Lipidpneumonie

    • Epidemiologie: Sehr seltene Pneumonieform

    • Ätiologie: Endogene (z.B. Tumorzerfall, tumoröse Bronchialobstruktion) oder exogene Faktoren (Aspiration von Fetten, Ölen etc. ) führen zu einer Ablagerung von Lipiden in der Lunge → Entzündungsreaktion der Alveolen und des interstitiellen Lungengewebes

    • Diagnostik

      • Bildgebung der Wahl: CT-Thorax

      • Bronchoskopie mit Zytologie / Histologie (Nachweis von lipidbeladenen Makrophagen)

    • Therapie

      • Kausal (z.B. Sistieren der Fettexposition); symptomatisch

    • Komplikation: Lungenfibrose


Pneumonie : Prävention ?

Prävention

Übersicht der Präventionsmaßnahmen

  • Pneumokokken-Impfung

  • Grippe-Impfung

  • Aufgabe des Rauchens

  • Beseitigung bzw. optimierte Therapie und Prophylaxe einer Schluckstörung mit Aspirationsneigung

Impfungen zur Pneumonie-Prävention

Pneumokokken-Impfung

  • Die STIKO empfiehlt allen Kindern (bis 23 Monate) und allen Personen ab 60 Jahren die Pneumokokken-Impfung (als Standardimpfung)

    • Siehe auch: STIKO-Impfkalender

  • Ziel: Prävention von invasiven und lokalisierten Pneumokokken-Erkrankungen

  • Impfstoff: Zwei Totimpfstoffarten stehen zur Auswahl

    • Polyvalenter Polysaccharidimpfstoff: PPSV23 (23-valent)

    • Polyvalente Konjugatimpfstoffe: PCV10 (10-valent) und PCV13 (13-valent)

  • Grundimmunisierung: Ab dem Alter von 2 Monaten

    • Reifgeborene: 3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff

    • Frühgeborene: Zusätzliche Impfdosis mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff im Alter von 3 Monaten (insgesamt also 4 Impfdosen)

  • Standardimpfung: Alle Personen ab 60 Jahren

    • Einmalige Impfung mit Pneumokokken-Polysaccharidimpfstoff

  • Sequenzielle Impfung: Initial Impfung mit PCV13, nach 6–12 Monaten Impfung mit PPSV23

  • Berufsbedingte Impfung

    • Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Metallrauch, bspw. Schweißen und Trennen von Metallen

      • Impfung mit PPSV23

      • Wiederholungsimpfung mit PPSV23 im Abstand von mind. 6 Jahren, solange Exposition andauert

Indikationsimpfungen

Bei Patienten mit Immunsuppression, fortgeschrittener Leberzirrhose oder Niereninsuffizienz soll eine sequenzielle Pneumokokkenimpfung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Inneren Medizin)

Grippe-Impfung

  • Für Details siehe

    • Influenza-Impfung

    • Influenza-Impfstoffe


Tuberkulose : Abstract ?


(Tbc)

Der (Haupt‑)Erreger der Tuberkulose (Mycobacterium tuberculosis) wurde 1882 von Robert Koch entdeckt.


Aufgrund der besonderen Eigenschaften der Tuberkelbakterien (säurefest, langsames Wachstum, überleben in Makrophagen) unterscheidet sich das klinische Bild der Erkrankung deutlich von anderen bakteriellen Infektionskrankheiten.


Die meist aerogene Erstinfektion verläuft häufig latent ohne röntgendiagnostisch nachweisbaren Organbefund – seltener kommt es zur manifesten Primärtuberkulose mit intrapulmonalen Läsionen.


Typisch ist ein subklinischer Verlauf, gelegentlich mit nur geringer Temperaturerhöhung sowie Gewichtsverlust und Nachtschweiß.


Klassisches pulmonales Symptom ist ein produktiver Husten, gelegentlich mit Hämoptysen, der auf die symptomatische Therapie nicht anspricht.


Ausgehend von dieser Infektion kann es auch nach langjährigem Verlauf insb. bei immungeschwächten Patienten zu einer endogenen (seltener exogenen) Reaktivierung mit hämatogener Streuung in theoretisch jedes Organ kommen.


Aus diesem Grund ist die Tuberkulose ein interdisziplinäres Krankheitsbild, das sich sehr unterschiedlich präsentieren kann (z.B. Knochentuberkulose → Spezifische Spondylitis; Hauttuberkulose → Lupus vulgaris).


Diagnostisch wegweisend sind Befunde im Röntgen-Thorax und in laborchemischen Verfahren (z.B. γ-Interferon-Test, Tuberkulin-Test).


Gesichert wird die Diagnose aber über den direkten Keimnachweis in der Mikroskopie, Kultur und/oder PCR.


Da die Bakterien nur langsam wachsen, sich in Makrophagen „verstecken“ und ihre Zellwand von Medikamenten kaum penetriert werden kann, ist die Tuberkulosetherapie langwierig und kompliziert.


Laut Standardschema werden zunächst Rifampicin, Isoniazid, Ethambutol und Pyrazinamid für zwei Monate kombiniert gegeben.


Im Anschluss werden Rifampicin und Isoniazid für mind. weitere vier Monate verabreicht.


Die Inzidenz der Tuberkulose mit multiresistenten Erregern nimmt jedoch stetig zu.


N:

  • Tuberkulose und AIDS beschleunigen wechselseitig den Krankheitsverlauf!

  • Bei jungen Menschen mit Bluthusten sollte immer an eine Tuberkulose gedacht werden!

  • Die Tuberkulose kann bei Aussaat jedes Organ befallen!

  • Bei unklaren chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen sollte auch immer an eine Pleuritis tuberculosa gedacht werden! {Pleuritis tuberculosa Pleurabeteiligung meist im Rahmen einer Primärtuberkulose. Es handelt sich um eine exsudative Rippenfellentzündung mit chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen, die meist durch einen subpleural gelegenen Tuberkuloseherd hervorgerufen wird. Der Nachweis erfolgt über eine thorakoskopische Pleurabiopsie}

  • Direkter Erregernachweis : Bei Fehlen spezifischer Erforderlichkeiten sollten Untersuchungsmaterialien nativ in einem sterilen Behältnis aufgefangen und umgehend zur Untersuchung verschickt werden. Falls eine Lagerung notwendig ist, sollte bei 2–8°C gelagert werden!

  • Direkter Erregernachweis : Proben sollten stets VOR Therapiebeginn gesichert werden!

  • Abstriche (z.B. Wundabstriche auf Abstrichtupfern) sind zum direkten Erregernachweis schlecht geeignet. Zu diesem Zweck sollten stattdessen bspw. Gewebebiopsie, Aspiration oder Geschabsel vorgezogen werden!

  • Vor Probenentnahme enge Rücksprache mit dem zuständigen Labor halten! Die optimale Materialasservierung und der fachgemäße Versand tragen entscheidend zum Diagnoseerfolg im Labor bei!

  • Blutkulturen gehören nicht zur Standarddiagnostik bei Tuberkulose, da sich die Mykobakterien in Blutkulturen kaum anzüchten lassen!

  • „PERI“ als Akronym für die vier Standardmedikamente: Pyrazinamid, Ethambutol, Rifampicin, Isoniazid

  • Durch Enzyminduktion in der Leber kann es zu Wirkungsabschwächungen anderer Medikamente kommen, die über das gleiche Cytochrom metabolisiert werden (u.a. orale Antidiabetika, Calciumantagonisten, Statine, orale Kontrazeptiva)!

  • Während der tuberkulostatischen Therapie müssen regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Harnsäure, Nierenretentionsparametern und Leberwerten erfolgen!

  • Vor Therapiebeginn ist wegen der Gefahr einer Optikusneuritis {Entzündung des Sehnerven (N. opticus)} bei Ethambutol-Gabe ein Ophthalmologie-Konsil indiziert!

  • Vor Therapiebeginn ist wegen der Ototoxizität von Streptomycin immer ein HNO-Konsil indiziert!

  • Ein falsch-positiver Tuberkulintest bei BCG-Geimpften ist möglich!


Tuberkulose : Ätiologie ?

Ätiologie

Erreger: Mykobakterien

  • Allgemeine Merkmale

    • Unbewegliche, aerobe, grampositive, säurefeste Stäbchen mit lipidhaltiger Zellhülle

    • Widerstandsfähigkeit: Lebensfähig in der Luft auch über längere Distanzen

    • Säurefestigkeit

      • Lebensfähig im Magensaft

      • Schwer zu entfärben

  • Mycobacterium-tuberculosis-Komplex

    • Mycobacterium tuberculosis (95%): Haupterreger der Tuberkulose

      • Infektionsweg: Insb. durch Tröpfcheninfektion

      • Erregerreservoir: Vorwiegend Menschen

    • Mycobacterium bovis: Haupterreger der Darmtuberkulose

      • Infektionsweg: Insb. über den Verzehr von kontaminierter Kuhmilch

      • Erregerreservoir: Vorwiegend Rinder

    • Mycobacterium africanum (auf dem afrikanischen Kontinent verbreitet)

Multiresistente Erreger

Die Inzidenz an multiresistenten Tuberkulosekeimen nimmt weltweit jährlich zu.

  • Epidemiologie

    • Regionen mit erhöhter Inzidenz: Ehemalige Mitgliedsstaaten der Sowjetunion (z.B. Kasachstan, Estland, Moldawien), Indien, China und Südafrika

    • In Deutschland geringe Inzidenz

  • Varianten

    • Single-drug-resistant Tuberculosis (SDR-TB)

    • Multi-drug-resistant Tuberculosis (MDR-TB)

    • Extensively-drug-resistant Tuberculosis (XDR-TB)

  • Ursachen

    • Unzureichende Kombination, Regelmäßigkeit und Wirkstoffkonzentration, z.B. bei mangelnder Compliance oder nicht adäquater Behandlung

    • Armut, Immunschwäche: Weltweite Tuberkuloseinzidenz steigt an und geht mit vermehrten multiresistenten Keimen einher

  • Folgen (im Vergleich zu nicht-resistenten Erregern)

    • Prognose: Heilungschancen bis zu 50% geringer

    • Klinischer Verlauf: Häufiger Befall mehrerer Organe, häufiger Rezidive

Risikofaktoren

  • Immunsuppression, HIV (weltweit betrachtet ist Tuberkulose die häufigste Todesursache bei AIDS-Patienten)

  • Drogenabhängigkeit und Alkoholkrankheit

  • Unterernährung

  • Vorgeschädigte Lunge (z.B. Silikose, COPD)

Tuberkulose und AIDS beschleunigen wechselseitig den Krankheitsverlauf!

Tuberkulose : Symptome/Klinik ?

Symptome/Klinik

Primärtuberkulose (siehe auch: Klassifikation)

Die Primärtuberkulose ist fast ausschließlich eine Lungentuberkulose. Weitaus seltener zeigen sich andere Verlaufsformen der Primärtuberkulose.

  • Entstehung: Mit einer Latenz von 4–8 Wochen nach Erstinfektion kommt es zu einer Immunantwort und damit zur Primärtuberkulose

  • Klinischer Verlauf: Meist symptomlos; fakultativ kann es zu folgenden Symptomen kommen:

    • Unspezifische Allgemeinsymptome: Subfebrile Temperaturen, Gewichtsverlust, Nachtschweiß (→ B-Symptomatik), Abgeschlagenheit

    • Pulmonale Symptome: Produktiver Husten (evtl. mit Blutbeimengung, sog. Hämoptysen), Belastungsdyspnoe

Bei jungen Menschen mit Bluthusten sollte immer an eine Tuberkulose gedacht werden!

Postprimäre Tuberkulose (siehe auch: Klassifikation)

Eine postprimäre Tuberkulose entsteht zumeist durch endogene Reaktivierung (z.B. bei Immunschwäche) und kann durch hämatogene Streuung zu einzelnen Organmanifestationen führen. Häufig ist ein einzelnes Organsystem betroffen.

  • 80% Lungentuberkulose (Klinik → Primärtuberkulose)

  • 20% extrapulmonale Tuberkulose

Extrapulmonale Tuberkulose

Die Tuberkulose kann bei Aussaat jedes Organ befallen!

Urogenitale Tuberkulose (Genitaltuberkulose)

Die Tuberkulose kann sich in allen Strukturen des Urogenitaltraktes manifestieren (z.B. Tuberkulose der Nieren, der Ureteren, der Harnblase, der Urethra, der Prostata, der Samenblase, des Nebenhodens, der Adnexen)

  • Mögliche Symptomatik

    • Ableitende Harnwege: Dysurie, Flankenschmerzen, Hämaturie

    • ♂: Bspw. Prostatabefall: Symptome einer Prostatitis

    • ♀: Bspw. Adnexbefall: Sekundäre Amenorrhö, Tubenverwachsungen mit Infertilität/Sterilität

      • Bei Pyosalpinx: Eitriger Fluor, Metrorrhagien und Hypermenorrhö, subfebrile Temperaturen

  • Diagnostik

    • Ableitende Harnwege

      • Klinische Chemie mit Leitbefund: Sterile Leukozyturie in der Primärurinkultur

      • Radiologische Bildgebung: Kalzifikationen, Strikturen und Kavernen

    • ♀: Adnexbefall

      • Labor: Direkter Nachweis der Mykobakterien im Menstrualblut

      • Bildgebung: Pyosalpinx

  • Therapie: Medikamentöse Tuberkulosetherapie, ggf. operative Lösung von Verwachsungen (♀) und Harnröhrenstrikturen

Hauttuberkulose

Die Tuberkulose der Haut kann sich auf unterschiedliche Weise manifestieren und exogener oder endogener (per continuitatem, lymphogen oder hämatogen) Genese sein. Häufigste Manifestationsformen sind der Lupus vulgaris und das Skrofuloderm.

  • Exogene Genese (Inokulationstuberkulose)

    • Tuberculosis verrucosa cutis: Betrifft insb. Hände und Füße; Auftreten v.a. bei beruflicher Exposition

  • Endogene Genese (sekundäre Tuberkulose)

    • Lupus vulgaris: Häufigste und klassische Erscheinungsform der Hauttuberkulose, Auftreten insb. in Ländern mit schlechten hygienischen Verhältnissen

      • Synonym: Tuberculosis cutis luposa

      • Lokalisation: Bevorzugt im Gesicht

      • Effloreszenzen: Rötlich-braune Verhornungen, später sind Ulzerationen, Narbenbildung und Verstümmelungen möglich

      • Keine Schmerzen

      • Diagnostik: Positives Sondeneinbruchsphänomen

        • Einbrechen der Sonde in die betroffene Haut, bereits bei geringem Druck

    • Skrofuloderm

      • Synonym: Tuberculosis cutis colliquativa (Sonderform: tuberkulöse Gumma)

      • Tuberkulose der Subkutis

      • Meist bei mittelguter bis schlechter Abwehrlage

      • Epidemiologie: Gehäuftes Vorkommen in Ländern des Globalen Südens

  • Tuberkulide

    • Z.B. Tuberculosis cutis indurativa (Erythema induratum Bazin): Knotige Gefäßentzündung der Waden; betrifft v.a. Frauen

Andere Lokalisationen

  • Rachen und Hals

    • Kehlkopftuberkulose

      • Klinik: Heiserkeit

      • Endoskopische Diagnostik: Entzündung einer Stimmlippe (Monochorditis) mit Ulzerationen und Granulationen

    • Angina tonsillaris bei Tuberkulose: Verkäsend ulzerierende Gaumentonsille

  • Knochen („Knochentuberkulose“)

    • Lokalisation: Am häufigsten Wirbelsäule (>50%) → Spezifische Spondylitis

    • Bildgebung: Osteolysen

  • Herz

    • Manifestationsform: Am häufigsten feuchte Perimyokarditis mit Perikarderguss

    • Verlauf: Häufig Entwicklung einer chronisch-konstriktiven Perikarditis, oft auch mit Kalkeinlagerungen (sog. „Panzerherz“)

  • Auge: Meist in Form einer Uveitis posterior (z.B. retinale Vaskulitis)

  • Darm („Darmtuberkulose“)

    • Klinik: Chronische (blutige) Durchfälle, Fieber, Gewichtsverlust

    • Ätiologie

      • Früher häufig durch Trinken unpasteurisierter Milch, die mit Mycobacterium bovis kontaminiert war

      • Heute insg. selten, wenn überhaupt meist als schwere Komplikation der Lungentuberkulose (Verschlucken von erregerhaltigem Sputum, auch hämatogene Übertragung möglich) v.a. bei Immundefizienz (AIDS)

    • Lokalisation: Zu etwa 90% Ileozökalregion mit diskontinuierlichem, asymmetrischem Befallsmuster

    • Diagnostik: Gastroskopie und Koloskopie mit Biopsie


Tuberkulose : Verlaufs- und Sonderformen ?

Verlaufs- und Sonderformen

Weitere Manifestationsformen der Primärtuberkulose

Hiluslymphknoten-Tuberkulose

  • Ätiologie: Mitreaktion der (hilären und/oder paratrachealen) Hiluslymphknoten im Rahmen einer Primärtuberkulose

  • Komplikationen: Vergrößerung des Hilus mit Kompression und Verlegung von Bronchien mit nachfolgenden Atelektasen

Pleuritis tuberculosa

  • Ätiologie: Tritt bei 30% aller Patienten mit Lungentuberkulose auf, meistens als Erstmanifestation ca. 3–7 Monate nach Infektion

  • Klinik: Meist exsudative Rippenfellentzündung mit Pleuraerguss

  • Diagnostik: Histologischer Nachweis mittels thorakoskopischer Pleurabiopsie (der kulturelle Erregernachweis aus der Pleuraflüssigkeit gelingt nur selten, da die Erregerkonzentration im Punktat meist zu gering ist)

Bei unklaren chronisch rezidivierenden Pleuraergüssen sollte auch immer an eine Pleuritis tuberculosa gedacht werden!

Miliartuberkulose

  • Definition: Hämatogene Generalisation bei schlechter Immunlage mit Befall mehrerer Organe

  • Ätiologie: Kann direkt aus einer Primärtuberkulose (2–5 Monate nach Erstinfektion) oder Jahre nach einer Primärtuberkulose entstehen

  • Formen der Miliartuberkulose: Der isolierte Befall nur eines Organs ist eher die Ausnahme

    • Pulmonale Form (häufigste Form)

      • Röntgen-Thorax: Gleichmäßig große, feinknotige Lungenherde über die gesamte Lunge („Schneegestöber“)

    • Meningeale Form (Meningitis tuberculosa)

    • Weitere Organe: Leber/Milz (Hepatosplenomegalie), Nieren, Nebennieren, Chorioidea und Retina

Landouzy-Sepsis

  • Erklärung: Septische Verlaufsform der Primärtuberkulose bei schlechter Immunlage mit hoher Sterblichkeit


Tuberkulose : Diagnostik ?

Diagnostik

Anamnese

  • Reise- bzw. Migrationsanamnese

    • Kontakt zu Erkrankten?

    • Reise oder Herkunft aus Gebiet mit hoher Tuberkuloseinzidenz, insb. mit hoher Rate resistenter Tuberkulosestämme?

  • Allgemeine Anamnese mit Fokus auf Risikofaktoren

    • Risikofaktoren für eine Immunschwäche? (= prädisponierender Faktor für eine Tuberkuloseinfektion)

  • Vorgeschichte einer Tuberkulose-Erkrankung oder -vorbehandlung?

Blutuntersuchung

  • Evtl. unspezifische Infektkonstellation (CRP↑, BSG↑, Leukozytose)

  • Keine tuberkulosespezifische Serologie bzw. Antikörper-Diagnostik!

Radiologie

  • Bildgebende Verfahren bei Lungentuberkulose

    • Röntgen-Thorax in 2 Ebenen (p.a. und lateral)

    • Ggf. auch CT-Thorax

  • Typische Radiologiebefunde bei Lungentuberkulose

    • Primäre pulmonale Tuberkulose

      • Wenig spezifisch!

      • Hiläre Lymphknotenvergrößerung, homogene Konsolidierungen , einseitiger Pleuraerguss

    • Postprimäre pulmonale Tuberkulose

      • Unscharf berandete, häufig bilaterale Konsolidierungen in den Oberlappen

        • Im Verlauf: Ausbildung von dickwandigen, unscharf und unregelmäßig berandeten Kavernen („kavernöser Spitzenherd“)

      • Einseitiger, häufig septierter Pleuraerguss mit reaktiven Pleuraverdickungen

    • Abgeheilte Tuberkulose

      • Verkalkte, teilweise sternförmige Narben

      • Pleuraverdickungen und -verkalkungen, bevorzugt apikal

      • Fibrose des Lungenparenchyms

Erregerdiagnostik

Indirekter Erregernachweis

Nachweis einer zellulären Immunreaktion auf Proteine von Mykobakterien

  • Tuberkulin-Hauttest (Mendel-Mantoux-Test): Intrakutane Applikation von 2 Tuberkulineinheiten (= 0,1 mL) in die Beugeseite des Unterarmes nach Desinfektion der Haut; beurteilt wird nach 48–72 h der Durchmesser der Induration an der markierten Applikationsstelle

  • Interferon-γ-Test (z.B. Quantiferon-Test) Bei diesem Test wird mittels ELISA die Menge an Interferon-γ gemessen, die von den T-Zellen des Patienten bei Kontakt mit Antigenen des Tuberkuloseerregers ausgeschüttet wird

  • Veraltet: Tine-Test®

Aussagewert der indirekten Erregernachweisverfahren

Nachweis einer durchgemachten Infektion ohne Bezug zur Klinik. Es kann nicht zwischen aktiver klinischer und alter stummer Infektion unterschieden werden .

  • Eingeschränkte Spezifität und Sensitivität (nur 70%)

    • Falsch-negative Ergebnisse beim Tuberkulintest durch :

      • Immunsuppression (z.B. bei HIV)

        • Miliartuberkulose

        • Meningitis tuberculosa

      • Infektion liegt weniger als 6–8 Wochen zurück

      • Lymphome

      • Sarkoidose

    • Falsch-positive Ergebnisse beim Tuberkulintest durch:

      • BCG-Impfung

      • Infektion mit anderen Mykobakterien

  • Vorteile des Interferon-γ-Tests gegenüber dem Tuberkulintest

    • Kein Störeinfluss durch BCG-Impfung

    • Bei frischen Infektionen schneller positiv (Tuberkulin-Hauttest ist im Mittel erst nach 8 Wochen positiv)

Direkter Erregernachweis

Ein direkter Erregernachweis kann aus verschiedenen Untersuchungsmaterialien erfolgen und sichert die Diagnose. Insb. bei extrathorakalen Manifestationen ist ein entsprechender Erregernachweis wegweisend.

  • Sputum: Gewinnung und Untersuchung an drei verschiedenen Tagen durch Abhusten aus tiefen Atemwegen

  • Bronchialsekret

  • Bronchoalveoläre Lavage

  • Bronchoskopische Biopsie bzw. Biopsie mit der „geschützten Bürste“

  • Magensaft

  • Urin

  • Ejakulat

  • Stuhl

  • Blut bzw. Knochenmark

  • Menstrualblut

  • Gewebeproben bzw. Biopsien (bspw. koloskopische Biopsie bei V.a. Darmtuberkulose)

  • Pleuraflüssigkeit, Aszites, Synovialflüssigkeit bzw. andere Exsudate

Bei Fehlen spezifischer Erforderlichkeiten sollten Untersuchungsmaterialien nativ in einem sterilen Behältnis aufgefangen und umgehend zur Untersuchung verschickt werden. Falls eine Lagerung notwendig ist, sollte bei 2–8°C gelagert werden!

Proben sollten stets VOR Therapiebeginn gesichert werden!

Untersuchungsverfahren

  • Mikroskopie: Durch Spezialfärbung nach Ziehl-Neelsen oder Kinyoun ; zwar können säurefeste Stäbchen identifiziert werden, es kann aber nicht zwischen Tuberkulosebakterien und nichttuberkulösen Mykobakterien differenziert werden (Ergebnis sehr schnell, Voraussetzung ist eine Bakterienzahl von ca. 103–104 Keimen/mL)

  • Spezielle Kultur (z.B. lipidhaltiger Löwenstein-Jensen-Agar): Die kulturelle Anzüchtung dauert bis zu 6 Wochen, erlaubt aber Speziesbestimmung und Antibiogramm und stellt damit den Goldstandard der Erregerdiagnostik dar

  • PCR: Schnelldiagnostik in 2–3 Tagen, kann nach durchgemachter Tuberkulose noch bis zu einem Jahr positiv sein

Zur weiteren Erregerdiagnostik im Therapieverlauf siehe: Therapiemonitoring bei Lungentuberkulose

Abstriche (z.B. Wundabstriche auf Abstrichtupfern) sind zum direkten Erregernachweis schlecht geeignet. Zu diesem Zweck sollten stattdessen bspw. Gewebebiopsie, Aspiration oder Geschabsel vorgezogen werden!

Vor Probenentnahme enge Rücksprache mit dem zuständigen Labor halten! Die optimale Materialasservierung und der fachgemäße Versand tragen entscheidend zum Diagnoseerfolg im Labor bei!

Diagnostische Sicherung einer Tuberkulose

  • Durchführung: An drei aufeinander folgenden Tagen wird Material gewonnen (z.B. Sputum, Urin, Magensaft, Menstruationsblut)

  • Ergebnis

    • Angestrebt wird immer eine Kultur mit Antibiogramm

      • Aufgrund des verzögerten Vorliegens von Ergebnissen wird versucht, die Diagnose durch den mikroskopischen Nachweis von säurefesten Stäbchen + positiver PCR des gleichen Materials zu sichern

    • Bei negativem Befund und weiterhin begründetem Verdacht → Ggf. bronchoalveoläre Lavage mit Biopsie

  • Offene Tuberkulose = Direkter Keimnachweis in Sekreten, v.a. in Sputum oder Magensaft

Blutkulturen gehören nicht zur Standarddiagnostik bei Tuberkulose, da sich die Mykobakterien in Blutkulturen kaum anzüchten lassen!

Tuberkulose : Differenzialdiagnosen ?

Differenzialdiagnosen

Atypische Mykobakteriose

  • Erreger: Nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM), früher MOTT (engl. Akronym für „Mycobacteria other than tuberculosis“)

    • Mykobakterien, die nicht dem Mycobacterium-tuberculosis-Komplex und nicht Mycobacterium leprae zugeordnet werden

    • Häufige Vertreter: Erreger des Mycobacterium-avium-intracellulare-Komplexes oder Mycobacterium kansasii

    • Ubiquitär verbreitet, fakultativ humanpathogen

Klinik

  • Pulmonale Infektionen (Häufigste Manifestation)

    • Husten, Dyspnoe

    • Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust

  • Zervikale Lymphadenitis und Lymphknotenabszess (bei Kindern)

    • Erreger: Meist Mycobacterium avium

    • Therapie: Exstirpation, ggf. tuberkulostatische Therapie bei ausgeprägter Umgebungsentzündung

  • Disseminiert (bei HIV-Patienten mit CD4-Zellzahl <25/μL) : Häufig Lymphadenopathie und Knochenmarkinfiltration mit transfusionspflichtigen Zytopenien

Diagnostik

  • Diagnosekriterien bei pulmonaler Infektion

    1. Klinisch-röntgenologische Kriterien

      • Klinik: Bronchopulmonale Symptome und

      • Röntgen-Thorax: Noduläre oder kavernöse Herde oder

      • HRCT: Multilokuläre Bronchiektasen und noduläre Herde

      • Ausschluss der Differenzialdiagnosen

    2. Mikrobiologische Kriterien

      • Mind. 2 positive Kulturen mit säurefesten Stäbchen

  • Diagnostik disseminierter Mycobacterium-avium-Infektion bei HIV-Patienten

    • Mikrobiologischer Nachweis: >90% aus Blutkulturen möglich

Therapie

  • Medikamentöse Therapie einer Mycobacterium-avium-Infektion

    • Schwere Erkrankung: Täglich Clarithromycin + Rifampicin + Ethambutol

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Tuberkulose : Therapie ?

Therapie

Allgemeines

  • Indikation: Sowohl der gesicherte als auch der hochgradige V.a. eine Tuberkulose sind Indikationen für die medikamentöse Standardtherapie

    • Wenn möglich, sollte vor Beginn der Therapie genug Material für eine Kultur gewonnen werden, um in einem Antibiogramm mögliche Resistenzen zu erkennen und die Therapie im Verlauf anpassen zu können

  • Infektiosität

    • 4–6 Wochen nach Therapiebeginn ist ein Patient mit einer unkomplizierten Lungentuberkulose i.d.R. nicht mehr infektiös

      • Ausnahme: Persistierender direkter Keimnachweis in Sekreten wie Sputum, Magensaft oder Urin (→ weiterhin „offene Tuberkulose“)

  • Hygienische Maßnahmen

    • Isolation

      • Alle Personen mit V.a. offene Tuberkulose müssen isoliert werden!

      • Ende der Isolation: 3 negative Sputummikroskopien an 3 unterschiedlichen Tagen

    • Kontaminierte Abfälle müssen separat entsorgt werden, Schutzkleidung muss separat gewaschen werden

  • Therapiemonitoring

    • Prüfung der Compliance

      • Ggf. Directly Observed Therapy (DOT)

    • Prüfung des Therapieansprechens bzw. von Resistenzentwicklung

      • Mikroskopische bzw. kulturelle Verlaufsuntersuchungen

      • Röntgenkontrollen in regelmäßigen Abständen

    • Monitoring von Medikamentennebenwirkungen

Medikamentös

  • Ambulante Therapie möglich: Medikamente der Standardtherapie haben bei p.o.-Gabe eine hohe Bioverfügbarkeit

  • Gesamttherapiedauer: Im Regelfall 6 Monate

    • Initialphase mit 4-fach-Therapie: 2 Monate Isoniazid (INH) + Rifampicin (RMP) + Pyrazinamid (PZA) + Ethambutol (EMB)

    • Kontinuitätsphase mit 2-fach-Therapie: Über weitere 4 Monate, hierbei möglichst mit INH + RMP

    • Verlängerung der Therapiedauer (auf 9–24 Monate), ggf. erforderlich bei

      • Komplizierten Verläufen

      • Unverträglichkeit eines der Medikamente der Standardtherapie

      • Erkrankung durch multiresistente Erreger

  • Eine Kombinationstherapie ist obligat, um eine adäquate Erregerelimination zu ermöglichen und eine Resistenzbildung zu verhindern

Tuberkulostatika

Bis auf Ethambutol (bakteriostatisch) wirken alle Tuberkulostatika bakterizid.



„PERI“ als Akronym für die vier Standardmedikamente: Pyrazinamid, Ethambutol, Rifampicin, Isoniazid


Durch Enzyminduktion in der Leber kann es zu Wirkungsabschwächungen anderer Medikamente kommen, die über das gleiche Cytochrom metabolisiert werden (u.a. orale Antidiabetika, Calciumantagonisten, Statine, orale Kontrazeptiva)!


Während der tuberkulostatischen Therapie müssen regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Harnsäure, Nierenretentionsparametern und Leberwerten erfolgen!


Vor Therapiebeginn ist wegen der Gefahr einer Optikusneuritis bei Ethambutol-Gabe ein Ophthalmologie-Konsil indiziert!


Weitere Tuberkulostatika

  • Substanzen: Bspw.

    • Fluorchinolone (z.B. Levofloxacin, Moxifloxacin)

    • Injizierbare Medikamente (z.B. Amikacin und Streptomycin )

    • Siehe auch: WHO-Gruppierung der Tuberkulostatika

  • Indikation: Resistenzen oder Komplikationen bei der Therapie mit den Medikamenten der Standardtherapie

Vor Therapiebeginn ist wegen der Ototoxizität von Streptomycin immer ein HNO-Konsil indiziert!

Sarkoidose : Abstract ?


(Morbus Besnier-Boeck-Schaumann, Morbus Boeck)

Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine Multisystemerkrankung mit der Lunge als Hauptmanifestationsort.


Sie kann jedoch auch zahlreiche andere Organe befallen.


Typisch ist der histopathologische Nachweis von nicht-verkäsenden Granulomen mit mehrkernigen Riesenzellen.


Das sog. Löfgren-Syndrom, eine akute, meist selbstlimitierende Form der Sarkoidose, geht mit Fieber und der Trias aus Gelenkschmerzen, Erythema nodosum sowie bihilärer Lymphadenopathie einher und betrifft hauptsächlich junge Frauen.


Die häufigere chronische Sarkoidose (selten Folge der akuten Form) verläuft anfangs häufig symptomarm (ggf. Reizhusten, Belastungsdyspnoe).


Schon früh zeigen sich radiologisch jedoch Veränderungen in der Lunge sowie eine Verschlechterung der Vital- und Diffusionskapazität.


Im Verlauf kann es zu einer Lungenfibrose kommen.


Diagnostisch stehen die histologische Sicherung von betroffenem Gewebe sowie eine bronchoalveoläre Lavage (typischerweise erhöhter CD4/CD8-Quotient) im Vordergrund.


Bei akuter Sarkoidose kann aufgrund der hohen Spontanheilungsrate eine symptomatische Therapie mit NSAR ausreichend sein.


Progrediente Verlaufsformen der akuten und chronischen Sarkoidose werden ebenso wie extrapulmonale Manifestationen immunsuppressiv (Glucocorticoide, Kombinationstherapien mit anderen Immunsuppressiva) behandelt.


N:

  • Vom Löfgren-Syndrom sind vor allem junge Frauen betroffen!

  • Bei Sarkoidosepatienten mit Hyperkalzämie soll keine Osteoporoseprophylaxe mittels Calcium- und Vitamin-D-Substitution durchgeführt werden!

  • Typisch ist die Divergenz zwischen den ausgeprägten radiologischen Lungenbefunden und der mäßigen klinischen Symptomatik!

  • Je akuter die Erstmanifestation der Sarkoidose, desto höher ist i.d.R. die Remissionsrate!

  • Die Spontanheilungsrate der akuten Sarkoidose ist sehr hoch, während sie bei chronischem Verlauf vom Typ der Erkrankung abhängig ist!


Sarkoidose : Symptome/Klinik ?

Symptome/Klinik

  • Zwei Verlaufsformen

    • Akute Sarkoidose

    • Chronische Sarkoidose

  • Nur sehr selten geht die akute Sarkoidose in eine chronische Sarkoidose über!

Akute Sarkoidose (ca. ⅓ der Fälle)

  • Allgemeinsymptome: Hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme

  • Pulmonale Symptome: Dyspnoe, Husten, thorakale Schmerzen

  • Weitere Manifestationen: Ggf. Polyarthritis

  • Sonderformen

    • Löfgren-Syndrom : Hochakutes Krankheitsbild mit Fieber und folgender Symptomtrias

      1. Polyarthritis, insb. der Sprunggelenke (Sprunggelenksarthritis)

      2. Erythema nodosum, insb. an Streckseiten der Unterschenkel

      3. Bihiläre Lymphadenopathie

    • Heerfordt-Syndrom : Seltenes Krankheitsbild mit Fieber und Symptomtrias aus Parotitis, Uveitis (Iridozyklitis) und Fazialisparese

  • Prognose: Heilt i.d.R. folgenlos aus, sehr selten Übergang in chronische Form

Chronische Sarkoidose (ca. ⅔ der Fälle)

  • Sarkoidose der Lunge (häufig)

    • Oftmals symptomlos/-arm

    • Ggf. Reizhusten, Belastungsdyspnoe

  • Extrapulmonale Sarkoidose

    • Auge: Bspw. Iridozyklitis, chronische Konjunktivitis

    • Haut: In ca. 20–50% der Fälle

      • Erythema nodosum

      • Lupus pernio: Flächenhafte, livide Infiltration meist von Nase und Wangen mit sog. „nackten histiozytären Granulomen“ in der Dermis

      • Narbensarkoidose: Entzündliche, livide Veränderung einer alten Narbe im Rahmen einer systemischen Sarkoidose

    • Weitere Manifestationsorte

      • Lymphknoten (häufigster Manifestationsort)

      • Nervensystem (Neurosarkoidose)

      • Herz (kardiale Sarkoidose)

      • Leber, Milz, Niere

      • Gelenke, Skelettmuskulatur

    • Sonderform

      • Jüngling-Syndrom: Sarkoidose der Knochen mit zystischem Befall der Finger (Endphalangen) und Zehen


Sarkoidose : Diagnostik ?

Diagnostik

Blutuntersuchung

  • Akute Sarkoidose

    • Entzündungsparameter

    • Die für die chronische Sarkoidose charakteristischen Laborbefunde finden sich eher selten bei der akuten Verlaufsform

  • Chronische Sarkoidose

    • Entzündungsparameter

    • ACE als Aktivitätsparameter und zur Therapiekontrolle

    • IgG↑ (ca. 50%)

    • Calcium↑ (Epitheloidzellen produzieren Vitamin D): Prognostisch ungünstig, da eine Erhöhung zu Niereninsuffizienz führen kann

    • Löslicher Interleukin-2-Rezeptor (S-IL-2R), Neopterin: Parameter korrelieren ebenfalls mit der Krankheitsaktivität und werden daher auch zum Therapiemonitoring eingesetzt

Bei Sarkoidosepatienten mit Hyperkalzämie soll keine Osteoporoseprophylaxe mittels Calcium- und Vitamin-D-Substitution durchgeführt werden!

Konventionelles Röntgen-Thorax

Die chronische Sarkoidose wird häufig als Zufallsbefund entdeckt. Die Stadieneinteilung der chronischen Sarkoidose erfolgt nach radiologischem Thoraxbefund.


Chronische Sarkoidose

Befund im Röntgen-Thorax

Remissionsrate

Typ 0

Normalbefund

/

Typ I

Bihiläre Lymphadenopathie (reversibel)*

ca. 70%

Typ II

Bihiläre Lymphadenopathie mit Lungenbefall → Disseminierte, retikulonoduläre Zeichnungsvermehrung

ca. 50%

Typ III

Lungenbefall ohne Lymphadenopathie

ca. 20%

Typ IV

Lungenfibrose

Irreversibel

*Dieser Röntgenbefund zeigt sich ebenfalls beim Löfgren-Syndrom (Form der akuten Sarkoidose)


Typisch ist die Divergenz zwischen den ausgeprägten radiologischen Lungenbefunden und der mäßigen klinischen Symptomatik!

Weiterführende Diagnostik

Die histologische Sicherung von betroffenen Geweben (z.B. Lymphknoten, Lunge, Haut) mit Nachweis von nicht-verkäsenden Granulomen stellt den Goldstandard dar (siehe: Pathologie).

  • CT des Thorax: Bspw. bei unklaren Röntgenbefunden

  • Bronchoskopie

    • Bronchoalveoläre Lavage

      • CD4/CD8-Quotient bei Sarkoidose i.d.R. erhöht (häufig >5)

      • Lymphozytäre Alveolitis

    • Transbronchiale Biopsie: I.d.R. als Feinnadelaspiration (FNA) aus Lymphknoten in frühen Stadien unter endobronchialer Ultraschallsteuerung (EBUS)

      • In Stadium I und II bei hilärer Lymphadenopathie

      • In höheren Stadien auch transbronchiale Biopsie des Lungengewebes aussagekräftig

  • Lungenfunktion: Frühe Verminderung der Diffusionskapazität und der Vitalkapazität, diese werden als Parameter zur Aktivitätsbestimmung und Verlaufsbeurteilung genutzt

    • Beim Fibrosestadium kann zudem die Lungencompliance bestimmt werden

  • (Langzeit)-EKG und Echokardiografie: Hinweise auf eine kardiale Sarkoidose (AV-Blockierungen, Rhythmusstörungen, Kardiomyopathie)

  • Augenärztliche Untersuchung: Vergrößerung der Tränendrüsen, periphere chorioretinale Läsionen, Bindehautgranulome

  • Ausschluss einer Lungentuberkulose: Quantiferon-Test

  • (Ganzkörper‑)MRT: Suche nach Organbeteiligungen

  • F-FDG-PET: Suche nach entzündlich aktiven Organen

Veraltet: Nur noch selten verwendete Diagnostik

  • Tuberkulin-Test

    • Mögliche Durchführung zur Abgrenzung der Tuberkulose

    • Wird aufgrund von falsch-positiven und falsch-negativen Werten verlassen

  • Kveim-Test

    • Intrakutane Injektion von Granulom-Material

    • Bei positiv ausfallendem Test: Körpereigene Ausbildung von Granulomen

    • Wird aufgrund fehlender Validität nicht mehr verwendet


Sarkoidose : Therapie ?

Therapie

Indikationen für eine immunsuppressive Therapie bei Sarkoidose

  • Chronische Sarkoidose ab Typ II mit Einschränkung der Lungenfunktion

  • Hyperkalzämie

  • Extrapulmonale Sarkoidose (insb. bei kardialer, ophthalmologischer, hepatischer und/oder zentralnervöser Beteiligung)

  • Akute Sarkoidoseformen (Löfgren-Syndrom): Keine unmittelbare Glucocorticoidtherapie – wegen hoher Spontanremissionsrate (ca. 85%) zunächst antiphlogistische und symptomatische Therapie mit NSAR ausreichend

    • Bei nicht beherrschbaren Arthralgien und/oder progredientem Verlauf: Glucocorticoid-Monotherapie wie bei chronischer Sarkoidose, jedoch mit Auslassversuch nach Ausschleichen binnen 4–8 Wochen

Je akuter die Erstmanifestation der Sarkoidose, desto höher ist i.d.R. die Remissionsrate!

Therapieprinzip

  • Eskalationsschema abhängig von der Wirksamkeit der Therapieoptionen

    1. Glucocorticoid-Monotherapie: Als immunsuppressive Therapieeinleitung

    2. Kombination aus Glucocorticoiden in reduzierter Dosierung + alternatives Immunsuppressivum (wie z.B. Methotrexat oder Azathioprin): Bei Reaktivierung unter Dosisreduktion einer Glucocorticoid-Monotherapie

    3. Kombination aus Glucocorticoid in reduzierter Dosierung + Anti-TNF-α-Antikörper: Bei Versagen der Kombinationstherapie aus Glucocorticoiden + Methotrexat oder Azathioprin

    4. Lungentransplantation (Ultima ratio)

Verlaufskontrolle

  • Neben dem klinischen Beschwerdebild müssen die organspezifischen Veränderungen (z.B. Röntgen-Thorax zur Beurteilung der Rückbildung der bihilären Lymphknotenschwellung, EKG für Hinweise auf myokardialen Befall etc.) und die Lungenfunktion kontrolliert werden


Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Abstract ?


(Gerinnungsstörungen, Pathologische Blutungsneigung)

Hämorrhagische Diathesen entstehen aufgrund einer Störung der physiologischen Blutgerinnung und bezeichnen eine pathologisch gesteigerte Blutungsneigung.


Um die Symptome und Befunde einem bestimmten Krankheitsbild zuordnen zu können, ist ein Grundverständnis der Pathophysiologie der Gerinnung sehr wichtig.


Störungen der primären Blutstillung (Thrombozytenaggregation) müssen dabei von Störungen der sekundären Blutstillung (plasmatische Gerinnungskaskade) unterschieden werden.


Bei Störungen der Thrombozytenaggregation ist mit petechialen Blutungen und in der Gerinnungsdiagnostik mit einer verlängerten Blutungszeit zu rechnen.


Bei Störungen in der plasmatischen Gerinnung kommt es eher zu großflächigen Blutungen und in der Gerinnungsdiagnostik entweder zu einer Verlängerung der aPTT (intrinsisches System, z.B. bei Hämophilie) oder zu einer Erhöhung der INR (extrinsisches System, z.B. Cumarin-Therapie).


Bei kombinierten Störungen ist das gleichzeitige Vorliegen von Petechien und großflächigen Blutungen typisch (z.B. beim Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom – wiederum ein Beispiel für eine Störung, die oftmals erst bei größeren Verletzungen oder Operationen auffällt).


N:

  • Der Ablauf der Gerinnungskaskade ist nur im Beisein von Calcium-Ionen (Faktor IV) möglich!

  • Pathologien der Inhibitoren der Gerinnungskaskade führen zu einer verstärkten Gerinnungsneigung!

  • Die häufigsten Komplikationen einer Fibrinolyse sind Blutungen verschiedenster Art, wobei intrakranielle Blutungen am gefürchtetsten sind. Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei schwerwiegenden Blutungskomplikationen ist die sofortige Beendigung der Fibrinolytikagabe!

  • Bei Störungen der primären Hämostase ist die Thrombozytenaggregation beeinträchtigt!

  • Bei Störungen der sekundären Hämostase ist die plasmatische Gerinnung (Gerinnungskaskade) beeinträchtigt!

  • Thrombozytenaggregationshemmer sind aufgrund der Erhöhung der Blutungsgefahr kontraindiziert bei der therapie des Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS)

  • Petechiale Blutungen sprechen für eine Störung der primären Hämostase, großflächige Blutungen für eine Störung der sekundären Hämostase!


Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Physiologische Grundlagen der Hämostase ?

Physiologische Grundlagen der Hämostase

Ablauf der Hämostase

  • Primäre Hämostase (= zelluläre Hämostase) : Bezeichnet die Blutstillung, die durch eine Adhäsion und Aggregation der Thrombozyten hervorgerufen wird

    1. Thrombozytenadhäsion an geschädigtem Endothel mittels GPIb-Rezeptor und von-Willebrand-Faktor

    2. Thrombozytenaktivierung → Ausbildung von Pseudopodien, Phospholipid-Expression an der Zelloberfläche und Freisetzung von ADP, Thromboxan und plättchenaktivierender Faktor (PAF)

    3. Thrombozytenaggregation über GPIIb/IIIa-Rezeptor und Fibrinogen → Bildung eines Abscheidungsthrombus aus Thrombozyten (weißer Thrombus)

  • Sekundäre Hämostase (= plasmatische Hämostase) : Bezeichnet die Blutstillung, die durch ein Zusammenwirken von Gerinnungsfaktoren („Gerinnungskaskade“) zustande kommt

    1. Aktivierung des extrinsischen Wegs durch eine Gewebeverletzung

      • Tissue Factor (= Gewebefaktor, Faktor III) der Fibrozytenoberfläche kommt mit Faktor VII in Kontakt und aktiviert ihn dadurch

      • Faktor VIIa und der Tissue Factor bilden einen Komplex*, der Faktor X aktiviert

      • Faktor Xa und Faktor Va bilden einen Komplex*, der Thrombin aktiviert

    2. Zusätzlich Aktivierung des intrinsischen Wegs v.a. durch Thrombin

      • Thrombin aktiviert Faktor XI und Faktor VIIIFaktor XIa aktiviert Faktor IX

      • Faktor IXa und VIIIa bilden einen Komplex*, der Faktor X aktiviert

      • So kommt es durch den intrinsischen Weg zu einer positiven Rückkopplung der Faktor-X- und Thrombinaktivierung

    3. Nun folgt die gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Wegs

      • Faktor Xa und Faktor Va bilden einen Komplex*, der Prothrombin zu Thrombin (Faktor IIa) spaltet

      • Thrombin spaltet Fibrinogen (Faktor I) in Fibrinmonomere, die sich zu einem Fibrinnetz zusammenlagern

      • Quervernetzung des Fibrinnetzes wird durch Faktor XIIIa stabilisiert → Bildung eines sekundären Gerinnungsthrombus (roter Thrombus) (*) Die Bildung der mit * gekennzeichneten Komplexe findet Ca2+-abhängig an der (negativen) Oberfläche von Fibrozyten bzw. aktivierten Thrombozyten statt.

Der Ablauf der Gerinnungskaskade ist nur im Beisein von Calcium-Ionen (Faktor IV) möglich!

Physiologische Inhibition der Gerinnungskaskade

  • Tissue factor pathway inhibitor: Hemmung des extrinsischen Gerinnungssystems durch Inhibition des tissue factor

  • Protein S: Cofaktor des Protein C

  • Protein C: Formt zusammen mit Protein S den aktiviertes-Protein-C-Komplex (APC-Komplex) → Hemmung von Faktor V und VIII → Inhibition der Gerinnungskaskade

    • Wird Vitamin-K-abhängig in der Leber synthetisiert

    • Kürzere Halbwertszeit als die Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren

    • Klinische Relevanz: APC-Resistenz, Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten

  • Antithrombin: Einer der wichtigsten natürlichen Hemmer der Blutgerinnung. Es baut Thrombin und andere Gerinnungsproteasen (F.IXa, F.Xa) ab und aktiviert t-PA.

    • Klinische Relevanz: Vor allem eine Verstärkung oder Verminderung der Wirkung von Antithrombin.

Pathologien der Inhibitoren der Gerinnungskaskade führen zu einer verstärkten Gerinnungsneigung!

Für weitergehende Informationen zu Erkrankungen der Inhibitoren der Blutgerinnung siehe auch: Risikofaktoren der tiefen Beinvenenthrombose

Fibrinolyse

Blutgerinnung und Fibrinolyse laufen ständig parallel im Gefäßsystem ab. Durch das fibrinolytische System wird kontinuierlich Fibrin gespalten und abgebaut.

  • Physiologische Fibrinolyse

    1. Urokinase und tissue-type-plasminogen-activator (t-PA) spalten Plasminogen → Entstehung des aktiven Plasmins

    2. Plasmin spaltet Fibrin → Entstehung von D-Dimeren

  • Regulation: Bindung von t-PA an PA-Inhibitor (PA-I) vermindert die t-PA Aktivität und somit die Fibrinolyse


Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Pharmakologische Beeinflussung ?

Pharmakologische Beeinflussung

[2]

Pharmakologische Beeinflussung der Hämostase

  • Für Informationen zur pharmakologischen Beeinflussung der primären Hämostase siehe:

    • Thrombozytenaggregationshemmer

    • Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen - Therapie

  • Für Informationen zur pharmakologischen Beeinflussung der sekundären Hämostase siehe:

    • Vitamin-K-Antagonisten und direkte orale Antikoagulanzien

    • Nicht-orale Antikoagulation

    • Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen - Therapie

Pharmakologische Beeinflussung der Fibrinolyse

Medikamentös kann die Fibrinolyse durch Fibrinolytika verstärkt und durch Antifibrinolytika gehemmt werden. Fibrinolytika sind bspw. in der Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls von großer Bedeutung, während Antifibrinolytika u.a. bei schwerwiegenden Blutungen aufgrund einer Hyperfibrinolyse eingesetzt werden.


Fibrinolytika (therapeutisch eingesetzte Plasminogenaktivatoren) :

  • Streptokinase

  • Urokinase (u-PA = engl. für „urokinase-type plasminogen activator)

  • Alteplase (rt-PA = rekombinanter Gewebeplasminogenaktivator)

  • Reteplase (r-PA)

  • Tenecteplase (TNK)

Die häufigsten Komplikationen einer Fibrinolyse sind Blutungen verschiedenster Art, wobei intrakranielle Blutungen am gefürchtetsten sind. Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei schwerwiegenden Blutungskomplikationen ist die sofortige Beendigung der Fibrinolytikagabe!

  • Für weitergehende Informationen siehe:

    • Medikamentöse Thrombolyse bei STEMI

    • Medikamentöse Fibrinolyse bei LAE

    • Medikamentöse Thrombolyse bei Schlaganfall

    • Akuter arterieller Extremitätenverschluss - Interventionelle Revaskularisation

Antifibrinolytika :

  • Tranexamsäure


Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Ätiologie ?

Ätiologie

[1]

Störungen der primären Hämostase

Bei Störungen der primären Hämostase ist die Thrombozytenaggregation beeinträchtigt!

  • Thrombozytopathien

  • Thrombozytopenien

  • Beeinträchtigung des Gefäßsystems

    • Vaskuläre hämorrhagische Diathesen

    • Thrombotische Mikroangiopathie

Störungen der sekundären Hämostase

Bei Störungen der sekundären Hämostase ist die plasmatische Gerinnung (Gerinnungskaskade) beeinträchtigt!

  • Intrinsisches System

    • Mangel an einzelnen Gerinnungsfaktoren: Hämophilie A (Faktor VIII) oder Hämophilie B (Faktor IX)

    • Autoantikörper gegen einzelne Faktoren (z.B. bei SLE)

  • Extrinsisches System: Verminderung der Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X

    • Vitamin-K-Antagonismus: Cumarin-Therapie

    • Vitamin-K-Mangel: z.B. bei Malabsorptionssyndrom

    • Lebersynthesestörung: z.B. bei Leberzirrhose

Störungen der Fibrinolyse

  • Hyperfibrinolyse: Übermäßige Aktivität von Plasmin verursacht verstärkten Fibrinabbau → Blutgerinnsel werden instabil bzw. lösen sich nach Bildung wieder auf

    • Primäre Hyperfibrinolyse

      • Definition: Gesteigerte Fibrinolyse ohne vorangegangene Thrombenbildung

      • Vorkommen

        • Nach Operationen an t-PA-reichen Organen wie Prostata, Uterus

        • Paraneoplastisch bei Prostata-Karzinom

        • Im Rahmen peripartaler Komplikationen

    • Sekundäre Hyperfibrinolyse

      • Definition: Gesteigerte Fibrinolyse nach vorangegangener Thrombenbildung

      • Vorkommen: Verbrauchskoagulopathie

    • Iatrogene Hyperfibrinolyse: Einsatz von rt-PA z.B. in der Lysetherapie beim Schlaganfall

Kombinierte Gerinnungsstörungen

Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS)

  • Kurzbeschreibung: Beim von-Willebrand-Jürgens-Syndrom liegt ein quantitativer oder qualitativer Mangel des von-Willebrand-Faktors (vWF) vor

  • Epidemiologie: Häufigste angeborene Störung der Blutstillung

  • Klinik

    • Meistens asymptomatisch

    • Symptomatische Fälle

      • Großflächige Blutungen (insb. Schleimhautblutungen) → durch verkürzte Halbwertszeit des F. VIII

      • In schweren Fällen petechiale Blutungen → durch Störung der Thrombozytenaggregation

  • Diagnostik

    • Verlängerte Blutungszeit und evtl. verlängerte aPTT

  • Therapie: Nur bei symptomatischen Patienten

    • Desmopressin

Thrombozytenaggregationshemmer sind aufgrund der Erhöhung der Blutungsgefahr kontraindiziert!


Verbrauchskoagulopathie


Blutgerinnung und hämorrhagische Diathesen : Diagnostik ?

Diagnostik

Gerinnungslabor

Die verschiedenen laborchemischen Untersuchungen erfassen jeweils Abschnitte des komplexen Gerinnungssystems. Zusammengenommen geben sie meist Aufschluss über den Ort einer Störung.

Diagnostik von Störungen der primären Blutstillung

  • Thrombozytenzahl

  • Blutungszeit

    • Maß für die Dauer zwischen Lanzettenstich und Stillstand der Blutung

    • Erfasst quantitative und qualitative Pathologien der Thrombozyten

    • Norm: Je nach Testverfahren 2–5 Min

Diagnostik von Störungen der sekundären Blutstillung


Weitere Diagnostik

  • Rumpel-Leede-Test

    • Durchführung: Anlage einer Blutdruckmanschette am Oberarm → Aufpumpen bis 10 mmHg über den diastolischen Blutdruck → Nach 5 min: Manschette wieder entfernen → I.d.R. keine Petechien sichtbar

    • Positives Testergebnis: Nachweis von Petechien distal der Stauung

    • Interpretation: Hinweis auf eine Thrombozytenfunktionsstörung, Thrombozytopenie oder eine vaskuläre hämorrhagische Diathese (bspw. Morbus Osler, Purpura Schönlein-Henoch) oder erhöhte Kapillarfragilität (bspw. bei Scharlach)

  • Faktor Xa: Bestimmung kann zur Therapiekontrolle in speziellen Situationen indiziert sein

    • Gabe von niedermolekularen Heparinen oder Fondaparinux bei eingeschränkter Nierenfunktion

    • Gabe von unfraktioniertem Heparin bei verfälschter aPTT-Messung

  • D-Dimere: Parameter zur Aktivität der Gerinnung und Fibrinolyse

    • Klinische Relevanz: Ausschlusstest für venöse Thrombose, Lungenembolie und disseminierte intravasale Gerinnung

  • Bei Verdacht auf Hyperfibrinolyse

    • Clot-Observation-Test: Leicht durchführbarer Bedside-Test zur Beurteilung der Blutgerinnung insb. bei Verdacht auf Hyperfibrinolyse

      • Durchführung: Blut des Patienten wird ohne Zusatz in ein Röhrchen gegeben und makroskopisch nach einigen Minuten beurteilt

        1. Stabiler Thrombus → Normale Gerinnung

        2. Ausbleibende Gerinnung des Blutes → Ungerinnbarkeit

        3. Bildung eines instabilen Thrombus, der sich wieder auflöst → Hyperfibrinolyse

    • Thrombelastogramm: Vollblutanalyseverfahren, das neben Quick und aPTT auch die Entstehung, Festigkeit und Auflösung eines Blutgerinnsels untersuchen kann


Thrombozytopenien : Verlaufs- und Sonderformen ?

Verlaufs- und Sonderformen

Idiopathische immunthrombozytopenische Purpura

Die idiopathische immunthrombozytopenische Purpura ist eine Ausschlussdiagnose bei einer isolierten Thrombozytopenie (<100.000/μL, abweichend vom unteren Referenzwert 150.000/μl)

  • Synonyme: ITP, Morbus Werlhof

  • Ätiologie: Unbekannt, eine Assoziation mit Virusinfektionen der oberen Atemwege wird diskutiert

  • Epidemiologie: Häufigste Ursache einer Blutungsneigung bei Kindern

  • Klinik

    • Ein Drittel aller Patienten zeigt einen asymptomatischen Verlauf

    • Die Klinik ist abhängig von der Thrombozytenzahl (→ siehe Klinik)

  • Diagnostische Hinweise

    • Isolierte Thrombozytopenie aufgrund verkürzter Lebenszeit der Thrombozyten mit reaktiv gesteigerter Megakaryopoese im Knochenmarkspunktat

    • Nachweis von IgG-Antikörpern gegen Thrombozyten (Bildungsort ist i.d.R. die nicht vergrößerte Milz) ohne Nachweis einer ursächlichen Erkrankung (s. oben)

  • Chronifizierung: Erkrankungsdauer >12 Monate → chronische ITP

  • Therapie

    • Symptomlose Patienten oder Thrombozytenzahl >30.000/μL: "Watch and wait" (>80% zeigen spontane Remission innerhalb einiger Wochen)

    • Symptomatische Patienten oder Thrombozytenzahl <30.000/μL: Glukokortikoide, ggf. als hochdosierte Stoßtherapie

      • Second-line: Bei Nicht-Ansprechen auf Glukokortikoidtherapie, Cushing-Gefahr oder mehreren Rezidiven

        • Splenektomie

          • Indikation: Persistierende Thrombozytopenie und schwere Blutungen

          • Verfahren: Bevorzugt minimal-invasive, laparoskopische Operation

        • Intravenöse Immunglobuline: Insbesondere vor Operationen kann durch Immunglobulingabe die Thrombozytenzahl kurzfristig erhöht werden

        • Immunsuppression: Ausweitung der Glukokortikoidtherapie, CD 20-Antikörper (Rituximab)

        • Thrombopoetin-Rezeptoragonisten: Romiplostim, Eltrombopag

    • Bei lebensbedrohlichen Blutungen: Gabe von Thrombozytenkonzentraten, Immunglobulinen und Glukokortikoiden

Eine dezente Splenomegalie kann in Einzelfällen vorkommen, ist aber eher untypisch und spricht deswegen gegen die Diagnose ITP!

Thrombotische Mikroangiopathie : Abstract ?


(TMA)

Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS, Synonym: Gasser-Syndrom)

und die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP, Synonym: Moschcowitz-Syndrom)

> vereinen das Auftreten einer Hämolyse sowie Mikroangiopathien durch Plättchenthromben.


Charakteristisch für das HUS ist eine ausgeprägte Nierenbeteiligung, für die TTP eine schwere Thrombozytopenie.


Eine sichere Unterscheidung ist nicht immer möglich.


Das HUS tritt gehäuft im Kindesalter im Anschluss an eine EHEC-Gastroenteritis, vermittelt durch das Shiga-Toxin, auf.


Als weitere Ursache für eine thrombotische Mikroangiopathie sind angeborene oder antikörpervermittelte Inaktivierungen einer antithrombotisch wirkenden Protease zu nennen.


Der Verdacht ergibt sich durch Symptome des Nierenversagens und den Nachweis einer Thrombozytopenie.


In einer solchen Konstellation sollte ein Blutausstrich erfolgen, um den wegweisenden Nachweis von Fragmentozyten zu prüfen.


Eine zügige Behandlung zur Abwendung eines terminalen Nierenversagens oder eines letalen Verlaufs ist wichtig.


Über einen Plasmaaustausch mit Gabe von Frischplasma wird versucht, die Toxine und Antikörper zu eliminieren und die verminderte Proteaseaktivität zu substituieren.


D:

  • Gasser-Syndrom : Das hämolytisch-urämische Syndrom, kurz HUS, ist eine seltene, postinfektiöse Erkrankung der Endothelzellen. Es zählt wie die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura zu den thrombotischen Mikroangiopathien. Das Syndrom ist durch die Symptomtrias aus mikroangiopathischer hämolytischer Anämie, Thrombozytopenie und akutem Nierenversagen mit Urämie charakterisiert.

  • Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura, kurz TTP, ist ein Erkrankungsbild, das durch Thrombozytopenie, hämolytische Anämie und zentralnervöse Symptome gekennzeichnet ist. Es zählt zu den thrombotischen Mikroangiopathien (TMA).

  • EHEC-Gastroenteritis : Die Escherichia-coli-Enteritis ist eine bei Infektion mit verschiedenen enteropathogenen Varianten des Bakteriums Escherichia coli auftretende bakterielle Gastroenteritis.

  • Fragmentozyten :

    (Schistozyten) Durch Schädigung der Membran entstandene deformierte Erythrozyten oder Erythrozytenbruchstücke. Die Verletzungen kommen aufgrund eines behinderten Blutflusses entweder durch mechanische Hindernisse (z.B. künstlicher Herzklappenersatz) oder durch körpereigene Hindernisse (z.B. Mikrothromben bei HUS) zu Stande.


Asplenie : Folgen einer Asplenie ?


Folgen einer Asplenie

Erhöhte Infektanfälligkeit

  • Ätiologie: Ausfall der Milz als sekundäres lymphatisches Organ

  • Epidemiologie: Lebenslang erhöhtes Infektrisiko

  • Therapie: Frühe antibiotische Therapie bei Fieber bzw. Infektverdacht , bspw. mit Amoxicillin-Clavulansäure

Laborveränderungen

  • Passagere Thrombozytose: Postoperativ erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen

  • Lymphozytose

  • Verminderte Bildung von Immunglobulinen (IgG, IgM)

  • Howell-Jolly-Körperchen: DNA-Reste in jungen Erythrozyten

Ein Fehlen von Howell-Jolly-Körperchen nach Splenektomie spricht für das Vorliegen einer Nebenmilz!

Prophylaxe bei elektiver Splenektomie

Prävention von Infektionen

  • Allgemein

    • Ausreichende Aufklärung der Patienten

    • Betroffene sollten einen Notfallausweis mit sich tragen (mit dokumentiertem Impfstatus)

    • Strengere Vorsichtsmaßnahmen bei Aufenthalt in Malaria-Risikogebieten

  • Antibiotikaprophylaxe

    • Indikation: Falls Impfung nicht möglich ist

  • Frühzeitige Antibiotika-Therapie bei fieberhaften Infekten

  • Immunisierung

    • Zeitpunkt

      • Möglichst bis 14 Tage vor dem Eingriff

      • Postoperativ nach ausreichender AZ-Stabilisierung

    • Impfungen bei (funktioneller) Asplenie: Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ b, Meningokokken, jährliche Influenza-Impfung

Patienten mit (funktioneller) Asplenie sollten gegen Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae Typ b geimpft werden sowie die jährliche Influenza-Impfung erhalten!

Splenektomierte Patienten müssen über das erhöhte Infektrisiko aufgeklärt werden!

Pleuraerguss : Abstract ?


Ein Pleuraerguss ist eine Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle zwischen Lunge und Brustwand.


Handelt es sich um eine zell- und eiweißarme Flüssigkeit, wird dies als Transsudat bezeichnet.


Es entsteht infolge eines vermehrten Flüssigkeitsaustritts aus den Kapillaren bei einer Stauung oder einer pathologischen Zusammensetzung des Blutes.


Ist die Flüssigkeit hingegen zell- und eiweißreich, handelt es sich um ein Exsudat.


Dieses entsteht in Folge einer entzündungs- oder tumorbedingten Störung der Barriere zwischen Blutbahn und Lymphwegen mit Austritt von Zellen.


Der Erguss sammelt sich bei aufrechtem Oberkörper der Schwerkraft folgend in den Randwinkeln der Pleurahöhle.


Perkutorisch fällt dann basal ein gedämpfter Klopfschall und auskultatorisch ein abgeschwächtes bis fehlendes Atemgeräusch auf.


Nachweisverfahren der ersten Wahl ist die Ultraschalluntersuchung.


Um die Genese zu klären, sollte jeder erste bzw. unklare Pleuraerguss punktiert und untersucht werden (Mikrobiologie, Zytologie, klinische Chemie).


Erst große Pleuraergüsse führen zu Luftnot und können gegebenenfalls symptomatisch punktiert und drainiert werden.


Generell steht die Therapie der Grundkrankheit im Vordergrund.


N:

  • Transsudat und Exsudat Ergussese : Beiden Formen gemeinsam ist, dass die erhöhte Produktion von Lymphe die maximale Lymphrückresorption der Pleura (pleurale Lymphstromgeschwindigkeit) übersteigt!

  • Bei diagnostischer Pleurapunktion muss nur eine Seite punktiert werden. Aber auch bei therapeutischer Indikation wird zunächst immer nur einseitig punktiert, aufgrund der Komplikationsgefahr!

  • Ein blutiger Pleuraerguss ist verdächtig auf eine maligne Genese und bedarf einer Abklärung!

  • Bei einem Pleuraempyem sind in jedem Stadium die antibiotische Therapie sowie die Anlage einer Thoraxdrainage indiziert!

  • Ein maligner Pleuraerguss {Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt im Rahmen einer Tumorerkrankung. Ursachen können lokales Tumorwachstum oder die Blockade des Lymphabstroms durch ein Malignom sein. Symptome treten häufig erst ab einer gewissen Flüssigkeitsmenge auf} ist Zeichen einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und häufig mit einer schlechten Prognose verbunden!

  • Bei Entwicklung von Symptomen eines Pneumothorax nach Punktion sollte unmittelbar ein Röntgen-Thorax erfolgen.


Pleuraerguss : Diagnostik ?


Diagnostik

Anamnese und körperliche Untersuchung

  • Anamnese

  • Inspektion und Palpation

    • Nachschleppen der betroffenen Thoraxhälfte (asymmetrische Thoraxexkursion)

    • Stimmfremitus vermindert

  • Auskultation

    • Abgeschwächtes oder fehlendes Atemgeräusch

    • Bronchophonie vermindert

  • Perkussion: Gedämpfter Klopfschall (nach lateral ansteigend )

Bildgebung zum Nachweis

Sonografie

  • Lagerung: Sitzende Position

  • Vorteil: Sehr empfindliche Nachweismethode

  • Befund: Echoarme/-freie Struktur am ehesten in den am tiefsten stehenden Randwinkeln der Pleurahöhle (Recessus costodiaphragmaticus) zu sehen

Konventionelles Röntgen-Thorax

  • Röntgen in 2 Ebenen: p.a.-Aufnahme in Seitenlage oder im Stehen , Seitaufnahme im Stehen

  • Befund: Homogene Verschattung in den am tiefsten stehenden Randwinkeln der Pleurahöhle (Recessus costodiaphragmaticus)

    • Zwerchfellkontur aufgehoben

    • Verschattung steigt nach lateral an (Meniskuszeichen); die von medial betrachtet konvexe Begrenzungslinie zwischen Lunge und Erguss wird dabei als Ellis-Damoiseau-Linie bezeichnet

    • Verschattung steigt mit Ergussmenge nach kranial an

    • Totale Verschattung der Lunge mit Verdrängung des Mediastinums nach kontralateral möglich


CT-Thorax

  • Vorteil

    • Nachweis auch kleiner Ergussmengen

  • Befund: Sichelförmiger Saum zwischen Lunge und Thoraxwand


Pleurapunktion

  • Indikation

    • Großer Erguss mit Dyspnoe (therapeutisch)

    • Unklare Genese des Ergusses (diagnostisch)

  • Durchführung

    • Sonografische Beurteilung der Ergussmenge in sitzender Position

    • Wahl des Punktionsortes

    • Lokalanästhesie am Oberrand einer Rippe

    • Punktion der Pleurahöhle von dorsal bzw. dorsolateral am Oberrand der Rippe entlang, wenn möglich unter sonografischer Kontrolle

    • Max. 1,5 L Flüssigkeit in einem Eingriff ablassen, andernfalls droht Reexpansionsödem

    • Mind. 3 Untersuchungsröhrchen entnehmen

  • Kontraindikation: Quick <50%; INR >1,5; Thrombozyten <50.000/μL

  • Komplikationen: Infektionen, Blutungen, Nervenläsionen, Leber- und Milzverletzungen sowie Pneumothorax

Bei diagnostischer Pleurapunktion muss nur eine Seite punktiert werden. Aber auch bei therapeutischer Indikation wird zunächst immer nur einseitig punktiert, aufgrund der Komplikationsgefahr!


Differenzialdiagnose Pleurapunktat

  • Untersuchungen des Punktats

    • Mikrobiologie: Bakterienkultur, evtl. Gram- oder Ziehl-Neelsen-Färbung

    • Klinische Chemie

      • Gesamteiweiß, LDH, spezifisches Gewicht

      • Cholesterin, Triglyceride , Amylase und Lipase , ggf. Tumormarker

      • Zellzahl und Glucose

      • pH-Wert: Bei V.a. Pleuraempyem

    • Pathologie

      • Zytologischer Ausstrich zum Ausschluss eines malignen Ergusses (Tumorzellen ja/nein)

      • Siehe auch: Exfoliativzytologie

  • Light-Kriterien: Unterscheidung zwischen Exsudat und Transsudat; trifft mind. eines dieser Kriterien zu, handelt es sich um ein Exsudat

    1. Pleura-Gesamteiweiß/Serum-Gesamteiweiß >0,5

    2. Pleura-LDH/Serum-LDH >0,6

    3. Pleura-LDH >200 U/L


Pleuraerguss : Verlaufs- und Sonderformen ?


Verlaufs- und Sonderformen

Hämatothorax

  • Definition: Blutansammlung im Pleuraspalt

  • Ätiologie

    • Spontan

    • Traumatisch: Stumpfe oder perforierende Verletzungen des Brustkorbs

    • Iatrogen

  • Symptome/Klinik

    • Dyspnoe

    • Thorakale Schmerzen

    • Kreislaufinstabilität

  • Diagnostik

    • Körperliche Untersuchung: Abgeschwächtes/fehlendes Atemgeräusch, gedämpfter Klopfschall

    • Sonografie: Nachweis selbst geringer Mengen Blut bzw. Flüssigkeit

    • Röntgen-Thorax: Basale Verschattung , ggf. Begleitverletzungen (bspw. Rippenfraktur, Pneumothorax)

    • CT-Thorax

    • Pleurapunktion: Blutiger Erguss (siehe auch: Charakteristische Befunde bei Pleurapunktion)

  • Therapie

    • Thoraxdrainage

    • Ggf. operative Blutungsstillung

Ein blutiger Pleuraerguss ist verdächtig auf eine maligne Genese und bedarf einer Abklärung!

Pleuraempyem/Pyothorax

  • Definition: Eiteransammlung in der Pleurahöhle

  • Stadiengerechte Therapie

    • Jedes Stadium

      • Kalkulierte antimikrobielle Therapie

        • Aminopenicillin plus β-Lactamase-Hemmer

      • Thoraxdrainage

    • Stadium I: Zusätzlich Spültherapie über Thoraxdrainage

    • Stadium II zusätzlich erwägen

      • Lokaltherapie mit Fibrinolytika

      • Chirurgische Intervention

    • Stadium III: Chirurgische Sanierung

Bei einem Pleuraempyem sind in jedem Stadium die antibiotische Therapie sowie die Anlage einer Thoraxdrainage indiziert!

Maligner Pleuraerguss

  • Definition: Meist exsudativer Pleuraerguss durch Pleurametastasen oder direktes Tumorwachstum

  • Ätiologie

    • Pleurametastasen

    • Pleuramesotheliom

Ein maligner Pleuraerguss ist Zeichen einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung und häufig mit einer schlechten Prognose verbunden!

Chylothorax

  • Definition: Ansammlung von Chylus im Pleuraspalt (Verdachtsdiagnose bei weißlichem Drainagesekret)

  • Ätiologie

    • Traumatisch: Verletzung des Ductus thoracicus

    • Neoplastisch: Benigne oder maligne

Syndromale Konstellationen

Bestimmte Konstellationen beim Auftreten eines Pleuraergusses können auf zugrunde liegende Ätiologien hinweisen.

  • Meigs-Syndrom: Raumforderung des Ovars und i.d.R. bds. Pleuraergüsse

  • Polyserositis: Bei rheumatologischen und autoinflammatorischen Syndromen auftretende Ergussbildungen an Pleurae, Peritoneum und Perikard

    • Lupus erythematodes

    • Rheumatoide Arthritis und Morbus Still

    • Familiäres Mittelmeerfieber

    • Serumkrankheit

  • Wichtigste Differenzialdiagnosen bei generalisierter Ergussbildung: Herzinsuffizienz, Hypoalbuminämie, Hypervolämie, Urämie


Pleuraerguss : Pleuritis ?


Pleuritis

  • Definition und klinische Verlaufsformen: Entzündung der Pleura mit zwei Verlaufsformen

    1. Pleuritis sicca (Pleuritis fibrinosa): Starke atemabhängige Thoraxschmerzen ausgehend von der sensorisch innervierten Pleura parietalis, häufig dorsal oder lateral, verstärkt bei Inspiration oder Husten, Besserung bei Exspiration

      • An die betroffene Seite gepresster Arm, um die Thoraxbewegungen zu reduzieren

      • Auskultierbares Pleurareiben („Lederknarren“)

    2. Pleuritis exsudativa

      • Entsteht häufig innerhalb kurzer Zeit aus einer Pleuritis sicca

      • Ausbildung eines Pleuraergusses, Besserung der Schmerzsymptomatik durch die Separation der Pleurablätter

  • Ätiologie

    • Infektiös

      • Bakteriell: Parapneumonisch, Pleuritis tuberculosa

      • Viral: Meist unproblematische, selbstlimitierende Verläufe

        • Häufigste Erreger: Adenoviren (Erreger atypischer Pneumonien), Coxsackie-B-Viren, RS-Viren, Zytomegalieviren, Herpes-simplex-Viren

      • Pilze: Sehr seltene Ursache für chronische Pleuritiden

      • Parasitär: Bspw. bei Amöbiasis, Echinokokkose

      • AIDS-assoziiert

    • Nicht-infektiös

      • Malignome

      • Rheumatoide Arthritis

      • Systemischer Lupus erythematodes

      • Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis

      • Benigne Asbestpleuritis

      • Medikamenteninduzierte Pleuritis: Bspw. durch Amiodaron, Nitrofurantoin, Phenytoin, Methotrexat

  • Diagnostik

    • Für die Pleuritis exsudativa siehe: Differenzialdiagnose Pleurapunktat

    • Bei Pleuritis sicca: Klinische Diagnosestellung (siehe auch: Thoraxschmerz)

  • Therapie: Therapie der Grunderkrankung, symptomatische Schmerztherapie

    • Pleurapunktion: Bei großen Pleuraergüssen bzw. Atemnot infolge von Ergussbildung oder zu diagnostischen Zwecken

      • Siehe auch: Pleurapunktion - Klinische Anwendung

  • Komplikationen: Pleuritis calcarea, Pleuraschwarte


Asthma bronchiale : Abstract ?


Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die mit einer reversiblen bronchialen Obstruktion und/oder mit einem hyperreagiblen Bronchialsystem einhergeht.


Das klinische Bild ist variabel: Es reicht von leichten Verläufen mit nur rezidivierendem Husten oder Räusperzwang bis hin zu intermittierend (ggf. anfallsartig) auftretender Luftnot mit pfeifender Atmung und auskultatorischem Giemen und Brummen.


Anamnestisch sind oft bereits in der Kindheit respiratorische Symptome eruierbar.


Diagnostisch wegweisend sind v.a. die Anamnese sowie die Befunde von Lungenfunktionsmessung und Allergiediagnostik.


Die Genese ist multifaktoriell, sodass es diverse Einteilungen gibt.


Die wichtigste Unterform ist das allergische Asthma bronchiale, das neben der rein symptomatischen Therapie auch kausal mittels Allergenkarenz und Allergen-Immuntherapie (sog. „Hyposensibilisierung“) behandelt werden kann.


Bei einem allergischen sowie eosinophilen Asthma können auch sog. Biologicals zum Einsatz kommen.


Die antientzündliche Dauertherapie erfolgt i.d.R. mit inhalativen Corticosteroiden (ICS) und ggf. langwirksamen bronchienerweiternden Medikamenten.


Die akute Asthmasymptomatik wird mit schnellwirksamen β2-Sympathikomimetika (insb. Salbutamol) und, wenn notwendig, mit systemischen Corticosteroiden durchbrochen.


Eine gute Patientenschulung ist essenziell, insb. zur richtigen Applikation der Substanzen und zum Vorgehen im Notfall.


Je nach Verlauf ist eine Eskalation oder Deeskalation der Medikation anhand des Stufenschemas sinnvoll.


Bei einem akuten Asthmaanfall besteht Lebensgefahr, weshalb ein notfallmäßiger Transport in die Klinik indiziert ist!


N:

  • Eine Tabakrauchexposition erhöht das Asthmarisiko im Kindesalter!

  • Bei einer Exazerbation oder einem Asthmaanfall ist eine Therapieintensivierung notwendig!

  • Die Diagnose Asthma bronchiale gilt als gesichert bei charakteristischer Symptomatik + Nachweis einer Obstruktion + Reversibilität!

  • Bronchiale Hyperreagibilität ist typisch beim Asthma – aber auch bei allergischer Rhinitis, CF, COPD, Sarkoidose und bei Gesunden (unspezifischer Befund)!

  • Der Methacholin-Provokationstest kann einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen! Deshalb muss immer(!) eine Bronchodilatation im Anschluss erfolgen!

  • Die vollständige Wirkung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht!

  • Seit dem GINA-Update 2019 und in der NVL 2020 wird ICS + LABA {ICS = Inhalative Corticosteroide: Budesonid, Fluticason + LABA = Langwirksame β2-Sympathomimetika: Formoterol, Salmeterol} als Fixkombination bedarfsorientiert bereits ab Stufe 1 empfohlen. Laut GINA soll SABA {SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin} als einziges Bedarfsmedikament nicht mehr angewandt werden, in der NVL ist dies hingegen als Alternative zu ICS + LABA als Fixkombination noch möglich. Beide Leitlinien erlauben eine Kombination von SABA mit ICS in höheren Stufen.

  • Vor der Verschreibung von LTRA {LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast} (Montelukast) sollte eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da es unter der Therapie zu psychischen Nebenwirkungen kommen kann, bspw. zu Schlaf- und Verhaltensstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken! Die FDA hat hierzu ein Boxed Warning herausgegeben.

  • Bei einem akuten Asthmaanfall stehen inhalative β2-Sympathomimetika im Vordergrund! Da Glucocorticoide bei inhalativer(!) Applikation einen verzögerten Wirkungseintritt aufweisen, sollten diese immer oral oder i.v. gegeben werden!

  • Bei jedweder Form eines Asthmaanfalls dürfen keine Betablocker gegeben werden!

  • Jeder Patient mit einem schweren bis lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus gebracht werden!

  • Bei Kindern tritt eine bronchiale Obstruktion insb. im Rahmen von Infekten auf, sodass hier mit den Eltern der frühzeitige Einsatz von SABA zu besprechen ist!


Asthma bronchiale : Unterformen ?


Unterformen

Bei der Unterteilung in verschiedene Asthmaformen sind vor allem die multifaktoriellen Ursachen zu beachten. Die Klassifizierung in verschiedene Subtypen ist daher als fließend anzusehen.

Allergisches vs. nicht-allergisches Asthma bronchiale

Allergisches Asthma bronchiale

  • Synonym: Extrinsisches Asthma

  • Kriterien: Nachweis spezifischer IgE-Antikörper (atopische Diathese) plus Allergenbezug zur Asthmasymptomatik

  • Alter

    • Meist im Kindesalter

    • Transiente Verlaufsform: Häufiges Verschwinden der Symptomatik in der Pubertät, manchmal Wiederauftreten im Erwachsenenalter

  • Auslösende Allergene

    • Saisonal: Pollen, Schimmelpilz

    • Nicht-saisonal (perennial=ganzjährig): Hausstaubmilben , Tierepithelien

    • Berufsbedingt: Bspw. Mehlstaub (Bäckerasthma)

Nicht-allergisches Asthma bronchiale

  • Synonym: Intrinsisches Asthma

  • Kriterien: Kein Nachweis spezifischer IgE-Antikörper und fehlende Allergiesymptomatik

  • Prävalenz: ca. 30–50% aller erwachsenen Asthmatiker

  • Alter: Insb. >40 Jahre

  • Auslösender Faktor: Insb. Atemwegsinfekte

Anstrengungsinduzierte Bronchokonstriktion

  • Synonym: Belastungsasthma

  • Kriterien: Bronchiale Obstruktion nur oder insb. bei körperlicher Belastung

  • Therapie

    • Allgemein: Aufwärmphase vor körperlicher Belastung

    • Akuttherapie: Kurzwirksame inhalative β2-Sympathomimetika (Salbutamol) nach Bedarf

Analgetika-Asthma

  • Synonym: Aspirin-Exacerbated Airway Disease

  • Kriterien: Sog. Samter-Trias

    • Asthma bronchiale (meist intrinsisch)

    • Chronische Sinusitis und Polyposis nasi

    • Intoleranz gegenüber COX-1-Hemmern (wie Aspirin oder Ibuprofen)

  • Therapie

    • Adaptive Desaktivierung: ASS-Dauertherapie

Eosinophiles Asthma bronchiale

  • Kriterien: Nachweis der eosinophilen bronchialen Entzündung mittels Sputumuntersuchung und Differenzialblutbild (siehe auch: Diagnostik des Asthma bronchiale)

  • Ätiologie: Eosinophilie der Atemwege sowohl bei allergischem als auch bei nicht-allergischem Asthma möglich

  • Identifizierung wichtig!

    • Besseres Ansprechen auf ICS

    • Indikationskriterium für Biologikatherapie


Asthma bronchiale : Diagnostik ?


Diagnostik

Diagnose-Kriterien des Asthma bronchiale

Diagnose Asthma bronchiale gesichert

  • Typische Klinik und Anamnese

  • plus Nachweis einer Bronchialobstruktion

  • plus komplette Reversibilität in der Lungenfunktion (durch Bronchospasmolysetest oder antiasthmatische Stufentherapie)

Die Diagnose Asthma bronchiale gilt als gesichert bei charakteristischer Symptomatik + Nachweis einer Obstruktion + Reversibilität!

Erstdiagnostik bei Asthma bronchiale

Anamnese

  • Eigenanamnese

    • Asthmatypische Symptomatik (insb. nachts und früh morgens)

    • Bekannte Allergie oder allergietypische Symptome

    • Triggerfaktoren, die die Symptomatik begünstigen oder auslösen (bspw. Allergene, Infekte)

  • Familienanamnese: Atopie (Allergie, atopisches Ekzem oder Asthma bronchiale)

  • Sozial- und Berufsanamnese

    • Raucherhaushalt

    • Haustiere

    • Allergenexposition am Arbeitsplatz (bspw. Bäcker, Schreiner)

Labor

  • Indikation: Rezidivierende Bronchialinfekte, Lungeninfiltrate, fehlender Therapieerfolg oder Vorliegen eines schweren Asthma bronchiale

  • Parameter

    • Differenzialblutbild, insb. mit der Fragestellung „Eosinophilie“

    • CRP

    • Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale

    • Ggf. Sputumbakteriologie

Allergiediagnostik bei Asthma bronchiale

  • Indikation: Alle Patienten bei Erstdiagnose Asthma (jedes Alter)

  • Methoden

    • Prick-Test oder spezifische IgE-AK im Serum (z.B. durch CAP (Carrier-Polymer-System)-Test)

    • Gesamt-IgE im Serum

Lungenfunktionsdiagnostik bei Asthma bronchiale

  • Spirometrie: FEV1↓, Tiffeneau-Index (FEV1/VC)↓ = Obstruktive Ventilationsstörung mit Erhöhung des Atemwegswiderstandes

  • Bronchospasmolysetest

    • Komplette Reversibilität der Obstruktion durch Bronchodilatatoren, insb. Salbutamol: Nachweis eines Asthma bronchiale

    • Teilreversibilität: Therapieversuch mit hochdosierten ICS ± weiteren Antiasthmatika für 4 Wochen und anschließender Reversibilitätsprüfung

Provokationstest zum Nachweis eines hyperreagiblen Bronchialsystems

  • Indikation

    • Verdacht auf Asthma bei aktuell fehlender Klinik und fehlender bronchialer Obstruktion in der Lungenfunktion

  • Direkte Stimulation: Methacholin-Provokationstest

    • Positivbefund: FEV1-Abfall ≥20%

  • Indirekte Stimulation: Belastungs-Lungenfunktionstest

    • Hintergrund: Körperliche Belastung, Inhalation von Kaltluft, Mannitol, hyper- und hypotoner NaCl-Lösung oder Adenosin → Freisetzung entzündlicher Mediatoren → Bronchokonstriktion

    • Positivbefund: Signifikanter FEV1-Abfall um ≥10%

Bronchiale Hyperreagibilität ist typisch beim Asthma – aber auch bei allergischer Rhinitis, CF, COPD, Sarkoidose und bei Gesunden (unspezifischer Befund)!

Der Methacholin-Provokationstest kann einen lebensbedrohlichen Asthmaanfall auslösen! Deshalb muss immer(!) eine Bronchodilatation im Anschluss erfolgen!

Peak-Flow-Messung

  • Indikation: Objektive Verlaufsbeurteilung zusätzlich zur Klinik (bei jedem Asthma-Patienten)

  • Methode: Eigenmessung mittels Peak-Flow-Meters, das den exspiratorischen Spitzenfluss (PEF) misst

FeNO-Messung

  • Erklärung: Fraktion des exhalierten Stickstoffmonoxids

  • Indikation: Diagnosestellung bzw. Überprüfen der Asthmakontrolle (in jedem Alter)

  • Methode: Non-invasiver Biomarker der Atemwegsinflammation

Bildgebung

  • Röntgen-Thorax

    • Indikation: Bei Erstdiagnose Asthma (zum Ausschluss anderer Erkrankungen)

    • Befunde bei Asthma: Zeichen der Lungenüberblähung

      • Tiefstehendes, abgeflachtes Zwerchfell

      • Verbreiterte Interkostalräume

      • Bei längerem Bestehen: Ggf. Fassthorax


Asthma bronchiale : Therapie ?


Therapie

Initialtherapie bei Erstdiagnose

  • Initialtherapie entsprechend der Asthmakontrolle (bei unbehandelten Patienten)

    • Teilweise kontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit Therapiestufe 2

    • Unkontrolliertes Asthma: Therapiebeginn mit mind. Therapiestufe 3

Therapieanpassung im Verlauf

Bei der regelmäßigen ärztlichen Überprüfung der Asthmakontrolle sollte immer eine Therapieanpassung erwogen werden.

  • Nicht- oder teilkontrolliertes Asthma: Ggf. Therapie-Eskalation

  • Gute Asthmakontrolle über ≥3 Monate: Therapie-Deeskalation ; bei klinischer Verschlechterung sofortige Re-Eskalation

Stufentherapie bei Asthma bronchiale



*1 Langwirksame β2-Sympathomimetika sind keine Monotherapeutika und werden nur in Kombination mit inhalativen Glucocorticoiden eingesetzt; wirken insb. gut zur Prophylaxe der nächtlichen Asthmasymptomatik.

*2 Aus der Gruppe der LAMA ist Tiotropiumbromid bei Asthma bronchiale zugelassen (ab dem Alter von 6 Jahren).

*3 Anti-IL-5(R)- oder Anti-IL-4R-Antikörper werden bei schwergradigem eosinophilem Asthma (ab dem Alter von 18 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen.

*4 Anti-IgE-Antikörper werden bei allergischem Asthma (ab dem Alter von 6 Jahren) in Stufe 5 zusätzlich empfohlen.

*5 Die Bedarfstherapie mit ICS + Formoterol erfolgt im Rahmen des sog. SMART-Konzepts, bei dem eine fixe Kombination aus ICS + LABA sowohl zur Langzeit- als auch zur Bedarfstherapie verwendet wird. Im Vordergrund steht bei der Akuttherapie der schnelle Wirkungseintritt des Formoterol. Das SMART-Konzept wird von der GINA-Leitlinie klar favorisiert gegenüber einer Dauermedikation + SABA als Akuttherapie.

  • SABA = Kurzwirksame β2-Mimetika: Salbutamol, Fenoterol, Terbutalin

  • ICS = Inhalative Corticosteroide: Budesonid, Fluticason

  • LTRA = Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten: Montelukast

  • LABA = Langwirksame β2-Sympathomimetika: Formoterol, Salmeterol

  • LAMA = Langwirksame Muscarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Insb. Tiotropiumbromid

  • Kombinationspräparate ICS + LABA: Budesonid + Formoterol, Beclometason + Formoterol, Fluticason propionat + Formoterol, Fluticason propionat + Salmeterol, Fluticason furoat + Vilanterol

  • Biologicals

    • Anti-IL-5-Antikörper: Mepolizumab und Reslizumab

    • Anti-IL-5R-Antikörper: Benralizumab

    • Anti-IL-4R-Antikörper: Dupilumab

    • Anti-IgE-Antikörper: Omalizumab


Die vollständige Wirkung von inhalativen Glucocorticoiden (ICS) wird erst nach 2–4 Wochen regelmäßiger Anwendung erreicht!


Seit dem GINA-Update 2019 und in der NVL 2020 wird ICS + LABA als Fixkombination bedarfsorientiert bereits ab Stufe 1 empfohlen. Laut GINA soll SABA als einziges Bedarfsmedikament nicht mehr angewandt werden, in der NVL ist dies hingegen als Alternative zu ICS + LABA als Fixkombination noch möglich. Beide Leitlinien erlauben eine Kombination von SABA mit ICS in höheren Stufen.


Vor der Verschreibung von LTRA (Montelukast) sollte eine genaue Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da es unter der Therapie zu psychischen Nebenwirkungen kommen kann, bspw. zu Schlaf- und Verhaltensstörungen bis hin zu suizidalen Gedanken! Die FDA hat hierzu ein Boxed Warning herausgegeben.




Asthma bronchiale : Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall ?


Akuttherapie bei Exazerbation und Asthmaanfall

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

Ablauf

Schwere der Exazerbation

Leichte bis mittelschwere Exazerbation

Schwere Exazerbation

Lebensbedrohlicher Asthmaanfall

Klinische Zeichen und diagnostische Parameter

Sprechen unbeeinträchtigt


Atemfrequenz (AF) <25/min


Herzfrequenz (HF) <110/min


PEF ≥50% des PBW

Sprechen durch Dyspnoe beeinträchtigt


AF ≥25/min


HF ≥110/min


PEF <50% des PBW

Kein Atemgeräusch („Silent Lung“)


Frustrane Atemarbeit


Zyanose


Bradykardie/Hypotension


Erschöpfung, Verwirrtheit, Koma


PEF <33% des PBW


SaO2 <92%


PaCO2 >45 mmHg

Initialtherapie

Atemerleichternde Manöver (bspw. Lippenbremse) und Körperposition (sitzende Position mit aufgestützten Armen für den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur)


Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika, bspw. Salbutamol

  • Ziel: Normalisierung von AF und HF sowie PEF >70%

Glucocorticoide p.o.

Glucocorticoide p.o. oder i.v.

  • Sauerstoffgabe

  • Ggf. Ipratropiumbromid inhalativ

Zusätzliche Maßnahmen



β2-Sympathomimetika parenteral


Terbutalin s.c.


oder Reproterol i.v.


Magnesiumsulfat i.v.


Im Ausnahmefall: Theophyllin i.v. (CAVE: Intoxikation!)


Je nach Klinik: Intubation und invasive Beatmung

Versorgung

Ambulante Versorgung

Stationäre Aufnahme erwägen

Umgehend stationäre Aufnahme und intensivmedizinische Betreuung!

Bei unzureichendem Therapieansprechen nach 30–60 min: Stationäre Aufnahme, ggf. mit intensivmedizinischer Betreuung


Bei einem akuten Asthmaanfall stehen inhalative β2-Sympathomimetika im Vordergrund! Da Glucocorticoide bei inhalativer(!) Applikation einen verzögerten Wirkungseintritt aufweisen, sollten diese immer oral oder i.v. gegeben werden!


Bei jedweder Form eines Asthmaanfalls dürfen keine Betablocker gegeben werden!


Jeder Patient mit einem schweren bis lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte unter Notarztbegleitung ins Krankenhaus gebracht werden!

Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Abstract ?


(COPD)

Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) kommt es vorwiegend durch inhalative Noxen zu einer Entzündung der kleinen Atemwege.


Dies führt zu einer fortschreitenden, irreversiblen Verengung der Bronchien und zu einer Überblähung der Alveolen mit Verlust der zur Verfügung stehenden „Lungenaustauschfläche“ (Emphysem), die der Organismus für die Sauerstoffaufnahme und die Kohlendioxidabgabe benötigt.


Die Lunge kann folglich nicht mehr ihrer Funktion nachkommen – Sauerstoffmangel (Hypoxie) sowie später eine Erhöhung des Kohlendioxidgehalts im Blut (Hyperkapnie) sind die Folgen.


Die erschwerte Atmung erfordert einen erschöpfenden Einsatz der Atemhilfsmuskulatur und führt im Endstadium zum völligen körperlichen Verfall (Kachexie).


In 90% der Fälle ist die Erkrankung eine Folge des Rauchens.


Leitsymptome sind progrediente Luftnot und produktiver Husten.


Mittels Lungenfunktionsuntersuchung und Klinik wird der Schweregrad der COPD bestimmt und anschließend die stadiengerechte symptomatische Therapie mit bronchodilatatorischen und entzündungshemmenden Medikamenten eingeleitet.


Die einzige Maßnahme, die den Krankheitsverlauf aufhalten kann, ist der Verzicht auf weitere Noxen (Rauchstopp).


N:

  • Der Schweregrad der Obstruktion wird nach inhalativer Bronchodilatation bestimmt! Die Bestimmung sollte nicht während einer akuten Exazerbation erfolgen!

  • Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓{Diffusionskapazität} ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!

  • Bisher wird in der klinischen Praxis das Symptom-Scoring noch zu selten angewendet – wesentlich gängiger ist noch die Schweregradeinteilung nach dem spirometrischen Befund!

  • Eine obstruktive Ventilationsstörung ist bei fortschreitender COPD und Lungenemphysem kaum reversibel, da pathophysiologisch irreversible Prozesse wie Fibrose und Destruktion im Vordergrund stehen!

  • Leitsymptome: „AHA“ = Auswurf, Husten, Atemnot

  • Die Therapie der COPD kann lediglich eine Symptomlinderung und somit einen Erhalt der Alltagskompetenz ermöglichen. Eine Verzögerung der Krankheitsprogression ist für die medikamentösen Therapien nicht nachgewiesen! Therapieziel ist die Vermeidung von Exazerbationen.

  • Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sollen ab dem 60. Lebensjahr gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

  • Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

  • Die exazerbierte COPD ist häufig ein lebensbedrohlicher Notfall! Daher sollte der Zustand des Patienten bei Erstkontakt dringlich erfasst werden und ggf. eine sofortige Verlegung auf die Intensivstation erfolgen!

  • Bei schwerer exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und kardialem Lungenödem soll frühzeitig eine nichtinvasive Atemunterstützung (NIV beziehungsweise CPAP) eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)

  • Nach einer akuten Exazerbation einer COPD, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, soll eine pneumologische Rehabilitation erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

  • Beatmete Intensivpatienten sollen ohne spezifische Indikation keine tiefe Sedierung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)

  • Bei Patienten, denen im Krankenhaus wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Erkrankung eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde, soll ohne Überprüfung der Notwendigkeit (weiter andauernde Hypoxämie) keine Weiterverordnung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)


Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Klassifikation ?


Klassifikation

COPD-Einteilung

  • Relevanz der Spirometrie: Stellenwert der COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion (in der Spirometrie mittels FEV1) wird in den aktuellen Leitlinien heruntergestuft

  • Therapieentscheidung

    • Maßgeblich ist COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen

    • Kombinierte Einschätzung der COPD: Berücksichtigt weiterhin Schweregrad der Obstruktion

Einteilung nach GOLD

  • Prinzip: Klassifikation liegt eine Lungenfunktionstestung mit Messung des Tiffeneau-Index und der FEV1 (Einsekundenkapazität) zugrunde

    • Normwertiger Tiffeneau-Index möglich: Bei erniedrigter CO-Diffusionskapazität und schwerem Emphysem sowie massiver Lungenüberblähung mit RV↑, FRC↑, TLC↑ und FVC↓

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

COPD-Einteilung nach GOLD zur Beurteilung der Atemwegsobstruktion


Tiffeneau-Index (FEV1/VC)

FEV1 % vom Soll

Schweregrad der Atemwegsobstruktion

GOLD 1

<70%

≥80%

Leicht

GOLD 2

50–79%

Mittel

GOLD 3

30–49%

Schwer

GOLD 4

<30%

Sehr schwer

Der Schweregrad der Obstruktion wird nach inhalativer Bronchodilatation bestimmt! Die Bestimmung sollte nicht während einer akuten Exazerbation erfolgen!

Bei normalem Tiffeneau-Index mit TLC↓ und DLCO↓ ist immer differenzialdiagnostisch an eine restriktive Lungenerkrankung zu denken!

Einteilung in ABCD-Gruppen

  • Prinzip: Die neuen Empfehlungen berücksichtigen vorrangig die Symptomschwere anhand spezieller Fragebögen und die Anzahl der vorausgegangenen Exazerbationen

  • Standardisierte Befragungsinstrumente: Zum Einsatz kommen der mMRC und der CAT (COPD Assessment Test)

    • mMRC-Dyspnoe-Skala (Modified medical Research Council)

      • Graduierung anhand der Schwere der Dyspnoe (nach Belastungstoleranz) und des Einflusses auf die Alltagsaktivitäten

        • 0 – Atemnot nur bei starker körperlicher Belastung

        • 1 – Atemnot bei schnellem Gehen und leichtem Bergaufgehen

        • 2 – Vermeidungsverhalten, geht langsamer als Gleichaltrige ohne Erkrankung bzw. benötigt beim Gehen Pausen zur Erholung

        • 3 – Benötigt beim Gehen nach 100 m Strecke oder wenigen Minuten eine Pause zur Erholung

        • 4 – Verlässt das Haus nicht mehr und ist wegen Dyspnoe kaum noch in der Lage, sich selbstständig zu versorgen

      • Interpretation: mMRC ≥2 spricht für das Vorliegen einer schweren Symptomatik

    • CAT (COPD Assessment Test)

      • Beantwortung von 8 Fragen über Beschwerden und deren Schweregrad durch den Patienten (numerische Skala, siehe: Tipps & Links)

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen zur Beurteilung der Symptome und des Exazerbationsrisikos


Exazerbationen/Jahr

Klinische Symptomatik

A

  • ≤1 mit ambulanter Behandlung

  • Wenig symptomatisch

    • mMRC <2

    • CAT® <10

B

  • Stark symptomatisch

    • mMRC ≥2

    • CAT® ≥10

C

  • ≥2 mit ambulanter Behandlung oder

  • ≥1 mit stationärer Behandlung

  • Wenig symptomatisch

    • mMRC <2

    • CAT® <10

D

  • Stark symptomatisch


    mMRC ≥2


    CAT® ≥10

Kombinierte Einschätzung der COPD

  • Hintergrund: Nach aktueller Leitlinie wird das verfeinerte ABCD-Beurteilungsinstrument empfohlen

  • Beispiel 1

    • FEV1 von 40% in der Spirometrie → GOLD 3

    • mMRC = 3 Punkte, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D

    • Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist

  • Beispiel 2

    • FEV1 von 40% in der Spirometrie → GOLD 3

    • mMRC = 1 Punkt, ≥2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe C

    • Ergebnis: Einstufung als GOLD 3 C, wobei das „C“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist

  • Beispiel 3

    • FEV1 von 75% in der Spirometrie → GOLD 2

    • mMRC = 2 Punkte, 2 Exazerbationen im zurückliegenden Jahr → Gruppe D

    • Ergebnis: Einstufung als GOLD 2 D, wobei das „D“ für die Therapieentscheidung maßgeblich ist

Bisher wird in der klinischen Praxis das Symptom-Scoring noch zu selten angewendet – wesentlich gängiger ist noch die Schweregradeinteilung nach dem spirometrischen Befund!

Lungenemphysem-Klassifikation

  • Zentrilobuläres (zentroazinäres) Lungenemphysem: Häufig (Vorkommen insb bei Tabakrauchen), Lokalisation bevorzugt im Oberlappen

  • Panlobuläres (panazinäres) Lungenemphysem: Selten (Vorkommen insb. bei α1-Antitrypsin-Mangel), Lokalisation bevorzugt im Unterlappen

  • Weitere Klassifizierungen bzw. Typen

    • Narbenemphysem: Chronische Entzündung mit knotiger Narbenbildung bei Quarzstaubbelastung

    • Großbullöses Emphysem: Große Bullae (angeboren oder erworben) mit verdrängendem Effekt; Rupturgefahr, die zu einem Pneumothorax führen kann; je nach Ausprägung muss Resektion der Bullae erwogen werden

    • Altersemphysem: Altersbedingte Abnahme der Lungenelastizität, was zu einer emphysematischen Lunge führt, ohne echten Krankheitswert


Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Diagnostik ?


Diagnostik

Körperliche Untersuchung

  • Inspektion

    • „Fassthorax“

    • Kachexie

    • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur

    • Zyanose

    • Periphere Ödeme (meist Knöchelödeme)

  • Perkussion: Insb. bei Patienten mit ausgeprägter Emphysemkomponente aussagekräftig!

    • Hypersonorer Klopfschall

    • Tiefstehendes, wenig verschiebliches Zwerchfell

    • Relativ verkleinerte Herzdämpfung

  • Auskultation

    • Trockenes Nebengeräusch

      • Verlängertes Exspirium

      • Giemen und Brummen

    • Abgeschwächtes Atemgeräusch

      • Eventuell „Silent Lung“ (Silent Chest)

    • Bei Infiltrat: Feuchte Rasselgeräusche

Blutuntersuchung

  • Entzündungsparameter: Kleines Blutbild (Leukozytose), CRP, ggf. PCT

  • Blutgasanalyse: Initial und auch als Verlaufskontrolle während des stationären Aufenthalts

    • Typische Befundkonstellationen

      • pO2↓ = Hypoxämische respiratorische Insuffizienz durch ventilatorische Verteilungsstörung infolge der Obstruktion von Atemwegen

      • pO2↓ und pCO2↑ = Hyperkapnische respiratorische Insuffizienz

  • Blutkulturen: Insb. bei Fieber oder Nachweis eines Infiltrats im Röntgen-Thorax

  • α1-Antitrypsin: Spiegelbestimmung bei allen Betroffenen <50 Jahre bei Erstdiagnose zum Ausschluss eines α1-Antitrypsin-Mangels

Apparative Diagnostik

  • Pulsoxymetrie: Bei Sauerstoffsättigung (spO2) <94% ist eine BGA indiziert

  • Lungenfunktionstestung

    • Typische Befunde

      • FEV1 und FEV1/VC (Tiffeneau-Index)↓, Residualvolumen↑, intrathorakales Gasvolumen↑, Diffusionskapazität↓

      • Differenzierung COPD / Asthma bronchiale

        • Bronchospasmolyse-Test: Kein wesentlicher Anstieg von FEV1 bei COPD (ΔFEV1 <12% bzw. <200 mL)

    • Stellenwert/Aussagekraft: Zur Diagnosesicherung (siehe: Klassifikation)

      • Bei Exazerbation sind die Werte nicht zur Klassifikation geeignet

  • Konventionelles Röntgen-Thorax

    • Ausschluss eines Infiltrates

    • Zeichen eines Lungenemphysems

      • Bild eines „Fassthorax“

        • Horizontal verlaufende Rippen, weite Interkostalräume

        • Zwerchfell tief stehend und abgeflacht

        • Strahlentransparente Lunge mit Rarefizierung der peripheren Gefäße

      • Durch emphysematisch verändertes Lungengewebe vergrößerter Retrosternalraum im Seitenbild

    • Zeichen eines Cor pulmonale

      • Erweiterte Pulmonalarterien

  • CT-Thorax

    • Charakterisierung und Beurteilung der Verteilung eines Lungenemphysems

    • Darstellung von Bronchiektasen als Ursache für rezidivierende Infektexazerbation

    • Darstellung von Bullae, ggf. vor einer operativen Resektion




    Interventionell

    • Bronchoskopie

      • Bei schwerer, infektbedingter akuter Exazerbation einer COPD zur Erregerdiagnostik, insb. nach Versagen einer primären kalkulierten antibiotischen Therapie


Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Therapie ?


Therapie

Allgemein

  • Verzicht auf Rauchen bzw. Expositionsstopp

  • Impfungen: Influenzaviren (jährlich), Pneumokokken-Impfung

  • Patientenschulung: Atemtraining, bspw. Lippenbremse

  • Sole-Inhalation (Kochsalzlösung), Drainagelagerung

  • Körperliche Aktivität: Erhält Belastbarkeit, lindert Dyspnoe

  • Osteoporoseprophylaxe mit Vitamin D3 und Calcium

  • Ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen

Die Therapie der COPD kann lediglich eine Symptomlinderung und somit einen Erhalt der Alltagskompetenz ermöglichen. Eine Verzögerung der Krankheitsprogression ist für die medikamentösen Therapien nicht nachgewiesen! Therapieziel ist die Vermeidung von Exazerbationen.

Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen sollen ab dem 60. Lebensjahr gegen Influenza und Pneumokokken geimpft werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

Medikamentös

COPD-Stufentherapie

  • Leitsubstanzen

    • SABA – Inhalative kurzwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salbutamol, Fenoterol

    • SAMA – Inhalative kurzwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Ipratropiumbromid

    • LABA – Inhalative langwirksame β2-Sympathomimetika (β2-Agonisten): Salmeterol, Formoterol, Indacaterol

    • LAMA – Inhalative langwirksame Muskarinrezeptor-Antagonisten (Anticholinergika): Tiotropiumbromid

    • ICS („Inhaled Corticosteroids“) – Inhalative Glucocorticoide: Budesonid, Fluticason, Beclometason

    • PDE-4-Hemmer – Phosphodiesterase-4-Hemmer: Roflumilast

COPD-Stufentherapie gemäß Einteilung in ABCD-Gruppen

COPD-Einteilung in ABCD-Gruppen

Therapie der 1. Wahl

Alternative (bei nicht ausreichendem Ansprechen)

Bedarfsmedikation

Gruppe A

Dauertherapie nicht unbedingt erforderlich


Ggf. SAMA und SABA (initial)


Ggf. Monotherapie LAMA oder LABA

Wechsel der Substanzklasse auf bisher nicht verwendete Substanzklasse bzw. Kombination

SABA und/oder


SAMA

Gruppe B

Monotherapie LAMA oder LABA

2er-Kombination LAMA und LABA

Gruppe C

Monotherapie, vorzugsweise mit LAMA

Bei Initialtherapie mit LAMA: Zusätzlich LABA


Bei Initialtherapie mit LABA und LAMA: Eskalation auf 2er-Kombination LABA und ICS

Gruppe D

2er-Kombination LABA und LAMA


Bei COPD mit asthmatischer Komponente und/oder Eosinophilie in Blut/Sputum : Initialtherapie mit


2er-Kombination LABA und ICS oder


3er-Kombination LABA + LAMA + ICS

Bei Initialtherapie mit LABA und LAMA: Eskalation auf


3er-Kombination (sog. „Triple Therapie“ der COPD) LABA + LAMA + ICS oder


2er-Kombination LABA und ICS


Bei Initialtherapie mit LABA und ICS: Zusätzlich LAMA


Bei schwerer therapierefraktärer Symptomatik


Zusätzliche Gabe von PDE-4-Hemmer (Roflumilast) oder


Theophyllin (die Substanzen dürfen nicht kombiniert werden)


Bei rezidivierenden Exazerbationen ≥2 pro Jahr und Nachweis von P. aeruginosa: Antibiotische Dauerprophylaxe mit Makrolid-Antibiotikum erwägen


Bei Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma und COPD soll eine Therapie mit Inhalatoren nicht begonnen oder geändert werden, ohne dass der Patient im Gebrauch des Inhalationssystems geschult ist und die korrekte Anwendung der Inhalatoren überprüft wurde. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)


Theophyllin als Therapieoption bei COPD

  • Wirkung: Wahrscheinlich über unspezifische Phosphodiesterase-(PDE‑)Hemmung und Adenosin-Rezeptor-Blockade

  • Indikation

    • In der Therapie der COPD nur in begründeten Ausnahmefällen

    • Bei akuten Exazerbationen wird Theophyllin nicht mehr empfohlen

  • Nebenwirkungen (sehr geringe therapeutische Breite und individuell unterschiedliche Eliminationszeit von Theophyllin → Drug monitoring durch Plasmaspiegelbestimmung notwendig)

    • ZNS

      • Tremor

      • Unruhe und Schlaflosigkeit

      • Psychotische Veränderungen

      • Zerebrale Krampfanfälle

    • Herz-Kreislauf: Tachykarde Herzrhythmusstörungen

    • Vegetativ

      • Gesteigerte Diurese

      • Übelkeit, gastrointestinale Nebenwirkungen

  • Kontraindikationen

    • Vor allem kardiale Schädigung (frischer Herzinfarkt, Tachyarrhythmie, HOCM)


Chronisch obstruktive Lungenerkrankung : Komplikationen ?


Komplikationen

Akute Exazerbationen (AECOPD)

  • Ätiologie

    • Ca. 80% eindeutig infektbedingt (v.a. in Winter und Herbst) → Häufige Erreger sind Haemophilus influenzae und Streptococcus pneumoniae oder Viren

  • Klinik

    • Zunehmende Atemnot mit respiratorischer Insuffizienz

    • Zentrale Zyanose

Die exazerbierte COPD ist häufig ein lebensbedrohlicher Notfall! Daher sollte der Zustand des Patienten bei Erstkontakt dringlich erfasst werden und ggf. eine sofortige Verlegung auf die Intensivstation erfolgen!

Therapie der AECOPD

Je nach klinischer Ausprägung

  • Sitzende Lagerung

  • Inhalative Therapie

    • β2-Sympathikomimetika (z.B. Salbutamol)

    • Parasympathikolytika (z.B. Ipratropiumbromid)

  • Intravenöse Applikation

    • Ausreichende Flüssigkeitsgabe

      • Bei Herzinsuffizienz als Komorbidität kann jedoch im Rahmen einer begleitenden kardialen Dekompensation auch ein Flüssigkeitsentzug notwendig sein, z.B. durch Gabe des Schleifendiuretikums Furosemid

    • Glucocorticoide (in der Akutsituation für 5–14 Tage)

    • Morphin in individuell adaptierter Dosierung zur Beruhigung bei starker Dyspnoe

    • β2-Sympathikomimetika, wenn auf die inhalative Therapie kein gutes Ansprechen feststellbar ist: z.B. Reproterol i.v. oder alternativ bei fehlendem Venenzugang Terbutalin s.c.

  • Antibiotische Therapie der AECOPD

    • Indikation

      • Bei purulentem Sputum und Hinweisen auf eine bakterielle Infektion (z.B. Aminopenicillin +/- β-Lactamase-Inhibitor)

  • Sauerstoffgabe

    • Über eine Nasenbrille → Aufgrund der drohenden schweren Hyperkapnie langfristig nicht mehr als 1–2 Liter pro Minute geben

  • Ggf. Beatmung

    • Indikation: Bei zunehmender respiratorischer Insuffizienz: Nichtinvasive Beatmung (NIV); als Ultima Ratio invasive Beatmung

Bei schwerer exazerbierter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und kardialem Lungenödem soll frühzeitig eine nichtinvasive Atemunterstützung (NIV beziehungsweise CPAP) eingesetzt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)

Nach einer akuten Exazerbation einer COPD, die zu einem Krankenhausaufenthalt führte, soll eine pneumologische Rehabilitation erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

Beatmete Intensivpatienten sollen ohne spezifische Indikation keine tiefe Sedierung erhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)

Chronische respiratorische Insuffizienz

  • Kurzbeschreibung: Durch zunehmenden emphysematischen Ausbau und fortschreitenden Verlust der effektiven Diffusionsfläche ergibt sich in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung häufig eine chronische respiratorische Insuffizienz. Diese kann je nach Ausmaß und führender Ursache durch eine Langzeit-Sauerstofftherapie, eine Heimbeatmung, lungenvolumenreduktive Verfahren und als Ultima ratio mit einer Lungentransplantation behandelt werden.

  • Kriterien: Dauerhafte hypoxämische (pO2 in Ruhe <60 mmHg) bis hyperkapnische respiratorische Insuffizienz (zusätzlich pCO2 >45 mmHg)

  • Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT): Mind. 16 Stunden täglich, senkt die Mortalität

    • Indikation: COPD Grad IV und schwere respiratorischer Insuffizienz, trotz optimaler Medikation dauerhaft pO2-Werte von <55 mmHg

      • Voraussetzung für eine sinnvolle Verordnung ist, dass der pO2 durch die Sauerstofftherapie ansteigt und das pCO2 60–70 mmHg nicht überschreitet bzw. die Hyperkapnie nicht zu einer respiratorischen Azidose bzw. Bewusstseinstrübung führt

  • Heimbeatmung

    • Prinzip: Es erfolgt eine nichtinvasive Beatmung über Nacht, die eine Erholung der Atemmuskulatur erlaubt, damit auch tagsüber eine bessere respiratorische Funktion erzielt werden kann

  • Volumenreduzierende Verfahren

    • Prinzip: Stark emphysematische Areale werden von der Ventilation ausgeschaltet. Hierdurch sollen die Überblähung verringert und die Dyspnoe und die Lungenfunktion verbessert werden. Es stehen operative und endoskopische Verfahren zur Verfügung

  • Lungentransplantation: Als Ultima ratio bei fortgeschrittener COPD mit Lungenemphysem und schwerster Diffusionsstörung

Bei Patienten, denen im Krankenhaus wegen einer akuten Verschlechterung ihrer Erkrankung eine Langzeit-Sauerstofftherapie verordnet wurde, soll ohne Überprüfung der Notwendigkeit (weiter andauernde Hypoxämie) keine Weiterverordnung erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

Weitere Komplikationen und Spätkomplikationen

  • Alveoläre Hypoventilation → Hypoxische pulmonale Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) → Pulmonale Hypertonie → Cor pulmonale

  • Pulmonale Kachexie

  • Sekundärer Spontanpneumothorax durch Ruptur einer Bulla (insb. bei bullösem Emphysem)

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Exogen-allergische Alveolitis : Diagnostik ?


Diagnostik

Körperliche Untersuchung und klinische Chemie

  • Auskultation: Beidseitig betontes, basales inspiratorisches Knisterrasseln (Sklerosiphonie)

  • Blut: Leukozytose, CRP↑, BSG↑

Die klassischen Entzündungswerte können zur Fehldiagnose einer bakteriellen Infektion der Atemwege verleiten!

  • Serologie: Präzipitierende IgG-Antikörper (= Präzipitine = Antigen-Antikörper-Komplexe) → Kombinierte Immunkomplex-(Typ-III)-Reaktion und zellgebundene (Typ-IV) Reaktion → Aktivierung der Komplementkaskade und Phagozytose von Immunkomplexen → Freisetzung von Entzündungsmediatoren → Interstitielle Entzündung

    • Antigen-spezifisches IgG i.d.R. deutlich höher bei Erkrankten vs. exponierten Patienten ohne Erkrankung

    • Gesamt-IgG häufig auch bei exponierten Personen ohne Erkrankung erhöht

Bei der exogen-allergischen Alveolitis finden sich Typ IgG-Antikörper trotz allergischen Geschehens!

Apparative Diagnostik

  • Röntgen-Thorax

    • Akutes Stadium: Meist unauffällig, eventuell fleckige Infiltrate in den basalen Lungenabschnitten

    • Chronisches Stadium: Retikulonoduläre (netz- und feintüpfelige) Zeichnungsvermehrung

  • CT-Thorax: Disseminierte, milchglasartige Eintrübungen in den basalen Lungenabschnitten

  • Lungenfunktion: Primär restriktive Ventilationsstörung (insb. Vitalkapazität↓), in 40% zusätzlich Obstruktion (siehe Diagnostik: Interstitielle Lungenparenchymerkrankungen)

  • Bronchoalveoläre Lavage (BAL)

    • Akutes Stadium: Neutrophilie

    • Chronisches Stadium: CD8-Lymphozytose → CD4/CD8-Quotient <1 (Normalwert um 2)

    • Verfahren mit hoher Sensitivität: Eine normale BAL schließt eine exogen-allergische Alveolitis nahezu aus


Schlafbezogene Atmungsstörungen : Abstract ?


Die häufigste Ursache einer schlafbezogenen Atemstörung ist eine Obstruktion der oberen Atemwege durch Kollaps der Schlundmuskulatur während des Schlafes, das sogenannte Obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS).


Die Patienten sind meist adipös und leiden unter starker Tagesmüdigkeit.


Fremdanamnestisch geben die Lebenspartner Atempausen und starkes Schnarchen während des Schlafens an.


Die Lebenserwartung der Patienten ist durch kardiovaskuläre Folgen einer sekundären Hypertonie eingeschränkt, kann aber durch konsequente Gewichtsreduktion und nächtliche Überdruckbehandlung (nCPAP) normalisiert werden.


Der Therapieerfolg bedarf einer hohen Therapieadhärenz mit regelmäßigen Kontrollen durch Schlafuntersuchungen.


N:

  • Die meisten Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom sind adipös!

  • Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine sehr häufige Ursache der sekundären Hypertonie!

  • Während physiologischerweise Dauer und Anteil der REM-Schlafphasen im Verlauf der Nacht zunehmen, kommt es beim Schlafapnoesyndrom zu einer Abnahme der REM-Schlafphasen.

  • Bei Adipösen, Diabetikern, Patienten mit Vorhofflimmern und Patienten mit Hypertonie, die über Schnarchen berichten, soll die Diagnostik zum Ausschluss eines Schlafapnoesyndroms erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

  • Beim symptomatischen obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom ist die Überdruckbehandlung in der Nacht mittels nCPAP-Therapie {nCPAP (Nasal continuous positive airway pressure)} das Mittel der Wahl. Für den Therapieerfolg bedarf es einer hohen Patientencompliance mit regelmäßiger Therapieüberwachung durch Schlafuntersuchungen!


Schlafbezogene Atmungsstörungen : Diagnostik ?


Diagnostik

Allgemeines

  • Schlafmedizinische Anamnese

    • Eigenanamnese, insb. Abfragen der typischen Symptome

  • Epworth Sleepiness Scale (ESS)

    • Fragebogen zur Beurteilung der Einschlafneigung in typischen Alltagssituationen

    • Für Links zu den Fragebögen: Siehe Tipps&Links

  • 24-Stunden-Blutdruck-Messung

Schlafuntersuchung

  • Polygrafie

    • Messen folgender Parameter während des Schlafens: Atemfluss, Atempausen, Sauerstoffsättigung im Blut, Herzfrequenz, Schnarchgeräusche und Atembewegungen von Brustkorb und Bauch

    • Hieraus Bestimmung von Apnoen, Hypopnoen und Apnoe-Hypopnoe-Index möglich

  • Polysomnografie

    • Neben den Parametern der Polygrafie zusätzlich

      • Kortikale Potentialschwankungen mittels Elektroenzephalografie (EEG) → Ermöglicht Einteilung in Schlafphasen und Schlafstadien

      • Augenbewegungen mittels Elektrookulografie (EOG) → Zur Erfassung der REM-Phasen

      • Muskelaktivität mittels Elektromyografie (bspw. durch Sensoren für die Bewegungen der Beine oder am Kinn)

      • Oft (aber nicht zwangsläufig): Elektrokardiografie (EKG)

    • Klassische Befunde beim Schlafapnoesyndrom

      • Apnoen und Hypopnoen (Apnoe-Hypopnoe-Index >15)

      • Abfälle der Sauerstoffsättigung

      • Weckreaktionen (Arousal)

      • Fragmentierung des Schlafs mit pathologischer Abnahme der Traumschlaf- (REM-Schlaf‑) und Tiefschlafphasen

Das Schlafapnoe-Syndrom ist eine sehr häufige Ursache der sekundären Hypertonie!


Während physiologischerweise Dauer und Anteil der REM-Schlafphasen im Verlauf der Nacht zunehmen, kommt es beim Schlafapnoesyndrom zu einer Abnahme der REM-Schlafphasen.


Bei Adipösen, Diabetikern, Patienten mit Vorhofflimmern und Patienten mit Hypertonie, die über Schnarchen berichten, soll die Diagnostik zum Ausschluss eines Schlafapnoesyndroms erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

Lungenkarzinom : Abstract ?


Bösartige Neubildungen der Lunge bzw. des Bronchialsystems gehören bei beiden Geschlechtern weltweit zu den häufigsten Krebsneuerkrankungen und -todesursachen.


Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen, wobei Menge und Dauer des Konsums das Krebsrisiko bestimmen.


Symptome der Erkrankung sind erst bei stärkerem Tumorwachstum und damit spät zu erwarten.


Insbesondere bei Rauchern sollten somit therapieresistenter Husten (später auch Hämoptysen) und Gewichtsverlust an eine Karzinomerkrankung denken lassen.


Radiologisch zeigt sich meist zunächst eine typische unscharf begrenzte Läsion im Röntgenbild der Lunge.


Zur Diagnosesicherung muss je nach Lage des Tumors der Befund bronchoskopisch, durch CT-gesteuerte Punktion oder seltener offen thorakoskopisch histologisch gesichert werden.


Eine Heilungsaussicht besteht allein in frühen Stadien durch operative Resektion eines oder mehrerer Lungenlappen.


Mehr als zwei Drittel der Patienten sind jedoch aufgrund von Metastasierung oder einer schlechten Funktion der Lunge inoperabel.


Es verbleibt nur noch eine palliative Chemotherapie und/oder Bestrahlung, die das Überleben um Monate oder wenige Jahre verlängern können.


Die Prognose des Lungenkarzinoms hat sich in den letzten Jahren kaum verbessert: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt bei Diagnosestellung circa 15%!


N:

  • Sobald ein zweiter Tumor im kontralateralen Lungenflügel oder eine Fernmetastasierung besteht, liegt ein Stadium IV vor!

  • Tumormarker haben für die Diagnostik des Lungenkarzinoms keine und für die Verlaufsbeurteilung auch nur eine begrenzte Bedeutung!

  • Jeder Lungenrundherd bei einem Patienten >40 Jahre gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Lungenkarzinom!

  • Es soll kein CT-Screening für Lungenkrebs bei Patienten mit einem niedrigen Risiko durchgeführt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)

  • Das kleinzellige Lungenkarzinom wächst rasant, spricht aber initial gut auf eine Chemotherapie an. Es kann nur in Ausnahmefällen operiert und damit geheilt werden. Bei Inoperabilität sollte die Indikation einer palliativen Chemotherapie gegenüber „Best Supportive Care“ kritisch abgewogen und mit dem Patienten besprochen werden!


Klassifikation

TNM-Stadien für SCLC und NSCLC

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

TNM

Eigenschaften

T

Tis

Carcinoma in situ

T1

Größter Durchmesser <3 cm, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, Hauptbronchus nicht beteiligt

T2

Größter Durchmesser >3 bis ≤5 cm und/oder


Infiltration des Hauptbronchus oder


Infiltration der viszeralen Pleura oder


Tumorbedingte partielle Atelektase oder obstruktive Pneumonie bis in den Hilusbereich, Teile der Lunge oder die gesamte Lunge umfassend

T2a: Größter Durchmesser >3 bis ≤4 cm

T2b: Größter Durchmesser >4 bis ≤5 cm

T3

Größter Durchmesser >5 bis ≤7 cm und/oder


Infiltration von Thoraxwand (inkl. parietaler Pleura und Tumoren des „Superior Sulcus“ ), N. phrenicus oder parietalem Perikard


Zusätzlicher Tumor im selben Lungenlappen

T4

Größter Durchmesser >7 cm und/oder


Mit direkter Infiltration von Diaphragma, Mediastinum, Herz, großen Gefäßen, Trachea, N. laryngeus recurrens, Ösophagus, Wirbelkörper oder Carina


Zusätzlicher Tumor in anderem ipsilateralen Lungenlappen

N

N1

Lymphknotenmetastase ipsilateral: Peribronchial, hilär und/oder intrapulmonal

N2

Lymphknotenmetastase ipsilateral: Mediastinal und/oder subcarinal

N3

Lymphknotenmetastase kontralateral: Mediastinal, hilär oder tief zervikal, und/oder

Lymphknotenmetastase ipsilateral: Tief zervikal und/oder supraklavikulär

M

M1

Fernmetastasen


M1a: Separater Tumorknoten in einem kontralateralen Lungenlappen, Pleura mit knotigem Befall, maligner Pleuraerguss, maligner Perikarderguss


M1b: Isolierte Fernmetastase in einem extrathorakalen Organ


M1c: Mehrere Fernmetastasen (>1) in einem oder mehreren Organen


Symptome/Klinik

Symptome

Meist treten Symptome erst in fortgeschrittenem Tumorstadium auf.

  • B-Symptomatik

  • Typische Symptome

    • Chronischer Husten oder rezidivierende Erkältungskrankheiten mit kurzer Anamnese sind bei Patienten ≥40 Jahre immer karzinomverdächtig

    • Hämoptysen, Dyspnoe

    • Bei chronischer Hypoxie: Uhrglasnägel und Trommelschlägelfinger , Kachexie

  • Verdrängungsbedingte Beschwerden

    • Dysphagie bei Kompression des Ösophagus

    • Heiserkeit

    • Obere Einflussstauung

Metastasierung

  • Lymphogen

    • Lunge und Mediastinallymphknoten

    • Skalenus- und supraklavikuläre Lymphknoten

  • Hämatogen

    • Leber, Gehirn, Nebennieren , Knochen

    • Knochenmarksmetastasierung: Ggf. Panzytopenie im Blutbild

    • Weitere Organmetastasen in Niere, Haut, Schilddrüse etc. möglich, aber selten

Paraneoplastische Syndrome bei Lungenkarzinom

Paraneoplastische Syndrome sind besonders häufig beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu beobachten. Die Zellen des kleinzelligen Lungenkarzinoms entstammen nämlich dem diffusen neuroendokrinen System (DNES) und können Hormone produzieren.

  • Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH, Schwartz-Bartter-Syndrom)

  • Hyperkalzämie: Produktion eines dem Parathormon ähnlichen Peptids

  • Cushing-Syndrom: ACTH-Produktion

  • Lambert-Eaton-Syndrom: Antikörper gegen präsynaptische Calciumkanäle

  • Hypoglykämie: Produktion von Insulin-Like-Growth-Factor durch Tumorzellen

  • Paraneoplastische zerebelläre Degeneration und paraneoplastische Polyneuropathie: Antineuronale Antikörper (Anti-Hu-Antikörper)

  • Thrombozytose mit vermehrter Phlebothrombose und Phlebitis migrans

  • Hypertrophe pulmonale Osteoarthropathie (Pierre-Marie-Bamberger-Syndrom)

    • Definition: Paraneoplasie, die mit bilateralen periostalen Knochenreaktionen an den Dia- und Metaphysen der kurzen und langen Röhrenknochen einhergeht

    • Ätiologie: Nicht abschließend geklärt

      • Assoziierte Erkrankungen: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, chronische Lungenerkrankungen

    • Klinik

      • Schwellung und Schmerzen im Bereich der Diaphysen der Extremitäten

      • Uhrglasnägel sowie Trommelschlägelfinger und -zehen

      • Arthritische Beschwerden

    • Diagnostik: Skelettszintigrafie

    • Therapie

      • Nicht-steroidale Antirheumatika

      • Symptome verschwinden bei erfolgreicher Behandlung der Grunderkrankung

  • Weitere paraneoplastische Syndrome


Diagnostik

Körperliche Untersuchung und Blutuntersuchung

  • Körperliche Untersuchung: Untersuchung insb. fokussiert auf mögliche Folgen einer Ausbreitung und eingetretener Komplikationen (maligner Pleuraerguss, Atelektase, Pneumonie, Kachexie)

  • Blutuntersuchung

    • Blutbild, Elektrolyte, Kreatinin, Harnstoff, Leberwerte , LDH, Harnsäure

    • Tumormarker

      • Neuronenspezifische Enolase (NSE): Tumormarker des kleinzelligen Lungenkarzinoms

      • LDH: Als möglicher prognostischer Marker bei kleinzelligem Lungenkarzinom

      • CYFRA 21-1: Tumormarker für Lungenkarzinome unabhängig der Histologie (aber insb. nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome)

Tumormarker haben für die Diagnostik des Lungenkarzinoms keine und für die Verlaufsbeurteilung auch nur eine begrenzte Bedeutung!

Bildgebende Untersuchungen

  • Basisdiagnostik: Röntgenthorax

  • Weitere Bildgebung

    • 1. Wahl: CT mit Kontrastmittel von Thorax und Oberbauch

    • Alternative: MRT mit Kontrastmittel von Thorax und Oberbauch

  • Merkmale karzinomverdächtiger Befunde: Insb. bei Patienten >40 Jahre mit ausgeprägter Rauchanamnese besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für Malignität

    • Unscharf begrenzt

    • Ohne Verkalkung

    • Spicula: Tumorausläufer, die vom Rand aus in das Lungenparenchym einstrahlen

    • Größenzunahme im Vergleich zu einer Voraufnahme


Jeder Lungenrundherd bei einem Patienten >40 Jahre gilt bis zum Beweis des Gegenteils als Lungenkarzinom!


Es soll kein CT-Screening für Lungenkrebs bei Patienten mit einem niedrigen Risiko durchgeführt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Pneumologie)


Sicherung der Diagnose: Bioptisch-histologische Untersuchung

Bei Verdacht auf Lungenkarzinom in der Bildgebung ist für die definitive Diagnose der bioptische Beweis obligat und für die Therapieentscheidung essenziell.

  • Bronchoskopie mit transbronchialer Biopsie: Bei zentraler Raumforderung bzw. mediastinalen Lymphknoten

  • Transthorakale, CT-gesteuerte Biopsie: Bei peripheren Raumforderungen

  • Thorakoskopie bzw. Mediastinoskopie: Bei unzureichender Sicherung bzw. Fragestellung nach genauer intrathorakaler Ausbreitung

Staging bei Lungenkarzinom (Ausbreitungsdiagnostik)

  • Ausschluss Fernmetastasierung

    • CT-Abdomen

      • Ergänzend: Abdomensonografie

    • MRT des Schädels

    • Knochenszintigrafie oder PET-CT


Molekulare Diagnostik bei NSCLC

  • Molekulare bzw. immunologische Therapie-Targets: Neue Chemo-/Immunotherapeutika sind vor allem bei NSCLC vermehrt in klinischer Prüfung oder bereits zugelassen

    • EGFR-Mutation

    • EML4-ALK-Translokation

    • PD-L1 bzw. PD-1 (Immuntherapie)

    • VEGF

Diagnostik vor thoraxchirurgischem Eingriff

  • Präoperative Lungenfunktionsdiagnostik zur Feststellung der funktionellen Operabilität (Letalitätsrate ≤5%)

    • Lobektomie: FEV1>1,5 L; Diffusionskapazität von >60% der Norm gefordert

    • Pneumonektomie: FEV1>2,0 L (80% des Solls); Diffusionskapazität von >60% der Norm gefordert

    • Für Grenzfälle ggf. Spiroergometrie und/oder Lungenperfusionsszintigrafie nötig


Pathologie

Histologische Typen nach WHO

Histologisch erfolgt die Einteilung der Lungenkarzinome anhand der Morphologie und der Immunhistochemie. Dabei können zusammenfassend die folgenden Entitäten unterschieden werden.

Plattenepithelkarzinom der Lunge

  • Epidemiologie

    • Mit ca. 45% häufigstes NSCLC bei Männern

    • Bei Frauen nur ca. 30% der NSCLC

  • Lokalisation: Meist zentral gelegen, da diese häufiger im Bereich der zentralen Bronchien (Haupt-, Segmentbronchien) entstehen

  • Histopathologie

    • Epithelialer, solider Tumor des Bronchialepithels

    • Verhornt oder unverhornt

    • Interzellularbrücken durch Intermediärfilamente

    • Fehlender Nachweis von Muzin (Schleim)

    • Immunhistochemie: Expression der Zytokeratin-Subtypen CK5 und CK6 oder des Markers p40

Adenokarzinom

  • Epidemiologie

    • Mit ca. 40% häufigstes NSCLC bei (insb. auch nichtrauchenden!) Frauen

    • Bei Männern nur ca. 25% der NSCLC

    • Häufigster histologischer Typ bei Nichtrauchern

  • Lokalisation: Meist peripher gelegen

  • Histopathologie

    • Meist mit Drüsen-/Schleimbildung

    • Immunhistochemie: Expression von TTF-1 und CK7

Neuroendokrine Tumoren

Die neuroendokrinen Tumoren der Lunge gehen von den neuroendokrinen Zellen der Bronchialmukosa aus. Folgende Subtypen werden dabei unterschieden.

  • Kleinzelliges Lungenkarzinom

    • Lokalisation: Liegt meist zentral

    • Histopathologie

      • Kleine spindelförmige Tumorzellen mit hyperchromatischen Zellkernen und kaum Zytoplasma

      • Zellen liegen meist einzeln oder in einem sehr lockeren Zellverband

      • Immunhistochemisch: Expression von CK7 und CK18 möglich

      • Auftreten paraneoplastischer Syndrome durch ektope Hormonausschüttung

  • Großzelliges neuroendokrines Lungenkarzinom

  • Karzinoide

    • Typisches Karzinoid

    • Atypisches Karzinoid


Therapie

Therapie des NSCLC

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

Tumorstadium

Therapieansatz

Maßnahmen

Alle Stadien bis IIIA3

Kurativ

Operative Resektion


Alternative bei lokal begrenzten Tumoren aber Inoperabilität: Stereotaktische Radiatio


Adjuvante Kombinationschemotherapie


Bei größeren Tumoren


Bei positivem Lymphknotenstatus bis N2


Alternative: Neoadjuvante bzw. Induktionspolychemotherapie vor OP


Ggf. konsolidierende Radiatio des Mediastinums bei N2-Status, im Anschluss an die adjuvante Chemotherapie und nur bei geeigneten Patienten

Ab Stadium IIIA4

Palliativ

Definitive Radiochemotherapie (Kombinationschemotherapie + Radiatio)


Alternativ


Neoadjuvante Radiochemotherapie, dann OP


Induktions-Chemo, dann OP, dann Bestrahlung


In Stadium IV: Palliative Systemtherapie (Chemotherapeutika)


Ausnahme: Bei solitären Nebennieren-, ZNS-, Lungen-, Leber- oder Knochenmetastasen kann ein kuratives Behandlungskonzept infrage kommen

Pancoast-Tumoren bis Stadium IIIB

Kurativ

Neoadjuvante Radiochemotherapie (Kombination aus simultaner Radiatio und Kombinationschemotherapie), dann OP

Therapie des SCLC

VOLLBILDTABELLEN-QUIZ

Tumorstadium

Therapieansatz

Maßnahmen

Very Limited Disease (5%)

Kurativ

OP + adjuvante Chemotherapie + prophylaktische Schädelbestrahlung


Alternativ: Simultane Radiochemotherapie + prophylaktische Schädelbestrahlung

Limited Disease (20%)

Kurativ

Simultane Radiochemotherapie


Prophylaktische Schädelbestrahlung

Extensive Disease (75%)

Palliativ

Palliative Chemotherapie


Radiatio des Mediastinums


Prophylaktische Schädelbestrahlung oder regelmäßige cMRT-Kontrollen („Watchful Waiting“)

Das kleinzellige Lungenkarzinom wächst rasant, spricht aber initial gut auf eine Chemotherapie an. Es kann nur in Ausnahmefällen operiert und damit geheilt werden. Bei Inoperabilität sollte die Indikation einer palliativen Chemotherapie gegenüber „Best Supportive Care“ kritisch abgewogen und mit dem Patienten besprochen werden!

Operative Therapie

Die Lobektomie (ggf. Bilobektomie, Pneumonektomie) inkl. systematischer, mediastinaler Lymphknotendissektion ist die Therapie der Wahl und Hauptmodalität bei kurativem Therapieansatz.

  • Indikation: Kurativer Therapieansatz

    • Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom: Bis UICC-Stadium IIIA möglich

    • Kleinzelliges Lungenkarzinom: Nur bei „Very Limited Disease“ oder bei erst postoperativ gestellter, histologischer Diagnose im Rahmen der Operation eines unklaren Rundherdes

  • Ausmaß der Resektion

    • Keilresektion : Bei kleinen, peripher gelegenen Tumoren und/oder Kontraindikation für Lobektomie

    • Lobektomie : Tumor wächst nur in einem Lappen

    • Bilobektomie : Tumor wächst auf zwei Lappen übergreifend

    • Lobektomie mit Manschettenresektion : OP-Alternative bei zentralen Tumoren und Bronchusbefall, wenn aufgrund schlechter Lungenfunktion keine Pneumektomie durchgeführt werden kann

    • Pneumektomie : Zentral gelegene Tumoren

    • Lymphknotenresektion: Standard ist die komplette Entfernung aller interlobären, hilären und mediastinalen Stationen

  • Durchführung: Offene laterale Thorakotomie oder videoassistierte Thorakoskopie (VATS)

  • Komplikationen

    • Bronchusstumpfinsuffizienz nach Pneumonektomie

      • Nach einseitiger Lungenresektion füllt sich die „leere“ Thoraxhöhle mit seröser Flüssigkeit → Übertreten der Flüssigkeit über „undichten“ Bronchusstumpf ins Innere der anderen Seite der Lunge → Ergussbildung mit Gefahr eines Pleuraempyems (→ Entzündungszeichen)

    • (Spannungs‑)Pneumothorax

    • Akutes Cor pulmonale

    • Atelektasen

    • Pneumonie

    • Nachblutung

    • Verletzung des Ductus thoracicus (→ Chylothorax)

    • Verlagerung des Herzens auf die operierte Seite


Medikamentöse Therapie und Strahlentherapie

Medikamentöse Therapie des NSCLC

  • Indikation: Ab UICC-Stadium II ist die Kombinationschemotherapie Bestandteil der Therapie

    • Adjuvant: In operablen Stadien als adjuvante Chemotherapie

    • Neoadjuvant bzw. Induktionschemotherapie: Bei grenzwertig operablen Lungenherden, um eine Tumorverkleinerung und damit Operabilität zu erreichen (Stadium III)

    • Definitiv: In inoperablen Stadien als definitive Radiochemotherapie

    • Palliativ: In Stadium IVB; hier auch weiteste Verbreitung der Targeted Therapies (s.u.)

      • Targeted Therapies : Alternative Kombinationspartner bzw. Ersatz der „regulären“ Chemotherapeutika bei Vorhandensein bestimmter genet. Marker bzw. sog. „Treibermutationen“

        • Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI): Afatinib, Erlotinib, Gefitinib oder Osimertinib bei EGF-Rezeptormutation

          • Infolge der Hemmung des EGF-Rezeptors, der physiologischerweise auch vermehrt in Haut und Haarfollikeln exprimiert wird, treten sehr häufig (bis zu 90%) Hautreaktionen (z.B. akneiforme Ausschläge) auf

        • ALK1-Inhibitoren: Crizotinib und Ceritinib bei EML4-ALK-Translokation oder ROS1-Translokation

        • PD-1-Inhibition: Pembrolizumab bzw. Nivolumab bei Expression von PD-1 (Immunhistochemie) bzw. hoher Mutationslast

        • Bei fehlenden Treibermutationen: Wirkstoffe mit Effekt auf den VEGF-Signalweg einsetzbar und effektiv (Bevacizumab, Nintedanib, Ramucirumab)

  • Therapieschemata: Cisplatin in Kombination mit Vinorelbin, Docetaxel, Paclitaxel, Etoposid, Gemcitabine oder Pemetrexed

Medikamentöse Therapie des SCLC

  • Indikation

    • Bei Extensive Disease (bzw. Stadium IV): Als palliative Chemotherapie

    • Bei Limited Disease: Als definitive simultane Radiochemotherapie (s.u.)

    • Bei Very Limited Disease: Als adjuvante Chemotherapie nach primärer Operation

  • Therapieschemata: Kombinationstherapie mit Cisplatin und Etoposid; die Remissionsraten betragen ca. 70%

Strahlentherapie der Lungenkarzinome

  • NSCLC: I.d.R. Tumorbestrahlung

    • In den Stadien I und II: Bei nicht operablen Patienten

    • Bei operierten Patienten: Nach inkompletter Resektion oder ggf. bei präoperativem Status ≥N2

    • Ab Stadium III: Simultane Radiochemotherapie mit Cisplatin + Etoposid als Standard

    • Palliativ: Ggf. als neoadjuvante Therapie Bestrahlung des Primärtumors und Mediastinums, oder zur Bestrahlung von Hirn- und Knochenmetastasen

      • Bei Hirnmetastasen: Gute lokale Tumorkontrolle durch vergleichsweise schonende stereotaktische Bestrahlung möglich

  • SCLC: Bestrahlung des Tumorfeldes und/oder Schädelbestrahlung

    • In allen Stadien: Adjuvante bzw. prophylaktische Ganzschädelbestrahlung; bei Extensive Disease ggf. erst bei Nachweis von zerebralen Metastasen („Watchful Waiting“)

    • Bei Limited Disease und Very Limited Disease: Definitive Radiochemotherapie

    • Bei Extensive Disease: Ggf. mediastinale Bestrahlung eines Resttumors nach palliativer Chemotherapie


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Fehr Q.

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