Sprache
Sprache ist universell (wird von allen Menschen erlernt).
Ausnahmen bei extrem abweichenden Umweltbedingungen oder starken kognitiven Beeinträchtigungen.
Sprache wird nur erlernt durch Erfahrung mit anderen Menschen, die sprachlich kommunizieren
Sprache als artspezifisches Verhalten
Nur die menschliche Sprache zeichnet sich durch hohe Generativität aus:
Unser verbales Kommunikationssystem erlaubt es uns, eine unendliche Anzahl neuartiger Äußerungen hervorbringen
Iteration: Aneinanderreihung von Äußerungen, um neue Sätze zu bilden
-> Das Kind holte Luft / Das Kind holte Luft und hustete /
-> Das Kind holte Luft, hustete und fühlte sich schlecht
Rekursion: Eingebettete Strukturen
-> Das Kind, das die Mutter, die den Mann verließ, liebte, holte Luft
-> andere Kriterien der Sprache wie z.B. Losgelöstheit, Bedeutungshaltigkeit und Willkürlichkeit der Einheiten kommen auch in andren Kommunikationssystemen vor
Sensible Phasen des Spracherwerbs
Berichte über deprivierte Kinder (nur eingeschränkt aussagekräftig)
Nach sprachbeeinträchtigenden Hirnverletzungen ist die neuronale Plastizität in jungen Jahren besser.
Studien zum Zweitspracherwerb legen ein kritisches Zeitfenster für den Zweitspracherwerb nahe: Vor Erreichen des Schulalters ist der Zweitspracherwerb wesentlich einfacher und erfolgreicher.
Gehirn und Sprache
Aspekte der Sprachkompetenz
Sprachwahrnehmung / Sprachverständnis
Sprachproduktion
Frühe Sprachwahrnehmung
Frühe Sensibilität für suprasegmentale Spracheigenschaften (Prosodie)
Prosodische Unterscheidung zwischen Muttersprache und Fremdsprachen bereits bei Neugeborenen.
Bereits Neugeborene bilden phonologische Kategorien
Bis ca. 10 Monate sind Kinder „universelle Sprachversteher“: Sie treffen auch kategoriale Lautunterscheidungen, die nicht spezifisch für ihre Muttersprache sind.
Danach wird diese phonologische Differenzierungsfähigkeit auf die Muttersprache eingeengt.
Breits innerhalb des ersten Lebensjahres achten Kinder auf Regelhaftigkeiten in der Sprache
Prosodische Regelmäßigkeiten: Kinder schenken Wortlisten mit muttersprachlichem Betonungsmuster mehr Aufmerksamkeit.
Beachtung der Verteilungscharakteristika von Lauten im Sprachfluss (Welche Laute folgen oft/weniger oft auf andere?)
Beachten der typischen „Pausen-setzung“
Ammensprache (An Kinder gerichtete Sprache)
Frühe Sprachwahrnehmung:
-> Höhere Tonlage verstehen Kinder besser (Im hohen Alter andersrum)
20 sec “ba ba ba” vorgspielt/gesprochen
Testphase: papapa
-> Kinder hören Phonmemkategorien wie auch Erwachsene
-> Bis 10 Monate Unterscheidungsvermögen
Sprachliche SEGMENTIERUNGS-LEISTUNGEN
Frühe Sensitivität für Regelhaftigkeiten in kontinuierlichem Lautstrom
-> Kinder schenken bekannten Wortliste deutlich mehr Aufmerksamkeit
-> Hilft sehr beim Spracherwerb
Studien zum Zweitspracherwerb
Studien von Neville und Kollegen (e.g.1999)
Untersuchung an Erwachsenen, die in unterschiedlichem Alter eine Zweitsprache erwerben.
Unterschiedliche Organisation in der cerebralen Organisation bei frühen und späten Zweitsprachenlernern (ZL)
Späte ZL: weniger linkshemisphärische Lokalisation der Gehirnareale, die mit grammatikalischer Information verbunden sind
Unterschiede in der cerebralen Organisation bereits wenn der Zweitspracherwerb später als mit 4 Jahren begonnen wird
Studien von Johnson und Newport (e.g. 1989)
Untersuchung von Immigranten, die in den USA entweder als Kind oder als Erwachsene Englisch lernten.
Grammatik-Beherrschung besser in Abhängigkeit davon
in welchem Alter mit der neuen Sprache begonnen wurde (jünger = besser); die besten Leistungen, wenn vor dem Alter von 7 Jahren begonnen wurde
Nicht Abhängig davon, wie lange die Pb der neuen Sprache ausgesetzt war.
Warum sind Kinder bessere Sprachlerner als Erwachsene?
Newport-Hypothese:Bei Kindern Encodierung und Wahrnehmung kleinerer „Sprachportionen“ (Gedächnisbeschränkungen)
Sprachstruktur lässt sich an kürzeren Beispielen leichter herausfiltern. [„Weniger ist mehr“]
Frühe Sprachproduktion - Meilensteine
Übergeneralisierung: Namen des eigenen Hundes auf andere übertragen/anwenden
Frühes sprachrelevantes Interaktionsverhalten
Wie baut sich das Lexikon auf?
Die ersten eigenen Worte werden mit ca. 12 Monaten gesprochen.
Mit 18 Monaten sollte der Wortschatz etwa 50 Worte umfassen (falls nicht, besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Spracherwerbsstörung)
Ein zweijähriges Kind hat einen Wortschatz von ca. 200 Worten.
Ab 18 Mon: Wortschatzexplosion
Zwischen 2 und 6 Jahren steigt der aktive Wortschatz bis auf 10.000 an. Damit werden ca. 5 Wörter pro Tag (!) gelernt.
Das Interpretations-oder Induktionsproblem:
Was ist „miton“?
das ganze Objekt, ein Teil des Objekts die Farbe, die Form, die Konsistenz, die Funktion?
„Das Problem, daß zahlreiche unterschiedliche Bedeutungen mit einem Wort verbunden sein können, wird in der Literatur als Induktionsproblem bezeichnet
-> sagt ein Wort und beschreibt damit ein Gegenstand
-> erschließung der Wortbedeutung -> gibt viele Arten von Stühlen/Tischen
Die Constraint (Beschränkung) Hypothese zum Erwerb von Wortbedeutungen
Weitere Funktionen, die zur Lösung des Induktionsproblem beitragen
Constraintannahme (Nativistisch)
Beachtung allgemeiner Kontextinformation:
->Kontrastive Verwendung bekannter/ unbekannter Wörter (rotes, chromernes Auto) —> Auschlussverfahren (kind kennt rote Autos —> das nicht rote muss das Chromere sein)
—> Gabel —> begriff gabel bereits bekannt -> dann muss Messer das andere Obejkt sein
Beachtung pragmatischer Hinweise im sozialen Kontext:
-> z.B., Aufmerksamkeitsfokus, Intentionalität, Emotionen des Sprechers
Beachtung des sprachlichen Kontexts:
-> Grammatische Wortformen beeinflussen die Wortinterpretation
-> (Dies ist ein „Dax“, dies ist ein „daxes“ Ding) = Syntaktische Selbsthilfe
Einflüsse v. Erwachsenen:
Benennungsspiele, Wiederholungen, Objektbezeichnungen am Satzende,...
Ergänzung:
Kontrastive Verwendung = Ausschlussverfahren
nicht blaue/gelbe/rote Auto gemeint; muss chromernes Auto sein
Sprachliche Kontext: Kinder wissen das Objekt kein „Dax“ ist
Sprachproduktion - von der Ein-Wort-Phase zum ganzen Satz
Ab ca. 12 Monaten „Einwortsätze“ -> Holophrasische Phase
Das Wort Saft kann mit verschiedenen Intentionen verwendet werden
Kind will mehr Saft haben / Kind hat den Saftverschüttet / Anderes Kind hat Saft
Zwei-Wort-Sätzewerden ab ca. 18-20 Monatengebildet.
Zu Beginn der Satzproduktion lassen Kinder Artikel, Hilfsverben, Präpositionen, Konjunktionen weg
-> Telegrammstil
-> Beispiele: „Max weg“, „Türe auf“, „mehr Saft“, „Papa schläft“, „Mama Hut“
Adjektive werden nie vor Pronomen gestellt
Beispiele: „groß das“ oder „schön die“ kommen nicht vor
Zu Beginn des Grammatikerwerbs stehen unflektierte Verben immer am Satzende
Beispiele:„Mama Buch lesen“. (3 Wort-Sätze ab ca. 24 Monaten)
Später (ca. 3Jahre) wird das Verb in die zweite Position gebracht
Beispiel: Mama liest Buch
Grammatikentwicklung - Kindergartenalter
Reorganisation des Grammatikverständnisses im Kindergartenalter (nach Bowermann,1982)
Root stage (2-3 Jahre)
Einzelne Formen von Verben oder Substantiven werden als unanalysierte Ganze verarbeitet (z.B. „gegangen“, „gelogen“, „Nadeln“)
Rule stage (4-5 Jahre)
Kind hat erkannt, dass Vergangenheits-und Pluralbildung Regeln folgt. Diese Regeln werden übergeneralisiert (z.B. „Ich gang“, „Papa hat gelügt“, „Gib mir die Nadels“, „Wo sind die Ananässe?“)
Grammatical stage (ab ca. 6 Jahre)
Grammatische Regeln werden korrekt angewendet; Ausnahmen sind weitestgehend bekannt.
-> Zwischen 5. und 8. Lebensjahr: Erwerb metalinguistischer Bewusstheit
Grammatikentwicklung
Root stage: Lernen Sätze wie sie Sie gehört haben (Kein Wissen über Regeln)
Rule stage: Einbruch in Sprachleistung
grammatical stage: Reorganisation des grammatikalischen Verständnis
Grundschulalter
Verwendung abstrakter Begriffe
Verständnis von Passiv Formen
Beginnendes Verständnis von Witz und Ironie (kognitive Anforderung)
Weitere Entwicklung von Grammatik und Sprachverständnis im Grundschulalter
Beginnende Verwendung abstrakter Begriffe
„Mama, der Lukas hat einfach keine Moral –der hat gesagt, ich bin nicht mehr seine Freundin.“
Verständnis von Passiv-Formen
z.B. „Die Kekse wurden von Leonie gegessen, nicht von mir!“
Beginnendes Verständnis von Witz und Ironie
SprachPRAGMATIK
Privatsprache: Denken verinnerlichen
Turn Taking: Perspektivübernahme
Störungen der Sprachentwicklung
Messen/Erafssung: Über Eltern (ausfüllen von Fragebögen)
Prävalenz 5-8% (Jungs ca. 2-3-mal häufiger betroffen als Mädchen)
Artikulationsstörungen (IDC-10)
Die Artikulation des Kindes liegt unterhalb des seinem Intelligenzalter angemessenen Niveaus, die sprachlichen Fähigkeiten sind jedoch im Normbereich. z.B: Störungen beim Gebrauch bestimmter Laute oder Lautkombinationen
Expressive Sprachentwicklungsstörungen (ICD-10)
Probleme beim Verwenden gesprochener Sprache
z.B: Mit 2 Jahren noch geringer Wortschatz, mit 3 Jahren noch keine Zweiwortsätze, auch später noch eingeengter Wortschatz und Grammatikfehler.
Rezeptive Sprachentwicklungsstörungen (ICD-10)
Probleme beim Verständnis gesprochener Sprache, tritt oft gemeinsam mit expressiven Störungen auf.
Artikulationsstörungen haben deutlich bessere Prognose als Expressive oder rezeptive Sprachentwicklungsstörungen.
Bei expressiven SES ca. 40%, bei rezeptiven SES ca. 75% noch Sprachdefizite bis ins Jugend-und Erw.alter.
Störungen der Sprachentwicklung oft Vorläufer für Lese-Rechtschreibstörung.
Hohe Komorbidität von Sprachstörungen mit anderen Störungen:
V.a.:
Hyperkinetische Störungen
Störungen des Sozialverhaltens
Emotionale Störungen
Auffälligkeiten in der Motorik(Sprachmotorik, aber auch Fein-und Grobmotorik allg.), sowie weitere psychische Begleitsymptome
z.B. Unruhe , trotzig-oppositionelles Verhalten v.a. bei Jungs soz. Rückzug, Überempfindlichkeit v.a. bei Mädchen)
Risikofaktoren
Starke genetische Einflüsse bei expressiven und rezeptiven SES (ca. 75% erklärte interindividuelle Varianz, vgl. Fisher et al., 2003)
Umwelt: Unzureichende Förderung der sprachlichen Entwicklung erhöht das Risiko der Manifestation genetischer Anlagen, ein sprachförderliches Umfeld senkt das Risiko.
Theorien zum Spracherwerb - Der behavioristsiche Ansatz
z.B. Skinner
Sprache wird durch operante Konditionierung gelernt.
Wenn das Kind Geräusche macht, werden es die Eltern durch Lächelns o.ä. belohnen.
Später werden immer nur jene Laute verstärkt, die der eigenen Muttersprache entstammen. (Shaping)
der nativistsiche Ansatz
z.B. Chomsky
Wendet sich gegen behavioristische Erklärungen des Spracherwerbs.
Bestimmte grammatische Regeln sind angeboren.
Diese Regeln sind in allen Sprachen gleich.
Universalgrammatik.
Strenge nativistische Position: Modul-Theorien (z.B., Fodor, 1983)
Der konnektivistsiche Ansatz
Für den Spracherwerb notwendige Information ist in der Sprache selbst enthalten (Keine Notwendigkeit angeborener sprachspezifischer Lernmechanismen).
Sprachentwicklung ergibt sich aus der graduellen Erhöhung von Verbindungsstärken im neuronalen Netzwerk.
-> Sprache beruht auf allgemeinen Lernmechanismen.
Dafür spricht:
Frühe Fähigkeit, strukturelle Sprach-Eigenschaften zu erkennen und zu analysieren (siehe frühe Sprachwahrnehmung: Kategoriale Wahrnehmung sprachlicher Laute, Beachtung von Regelhaftigkeiten in der Sprache).
Netzwerkmodelle (Bislang aber nur für wenige Aspekte des Spracherwerbs)
-> Sprache folgt keinen spezifischen Regularien
Sprache als sozial-kommunikative Interaktion
Sprachentwicklung ist durch ihre kommunikative Funktion beeinflusst.
Sprache als soziale Fähigkeit (z.B. Tomasello, 1995).
Die Verständigung mit anderen steht im Vordergrund.
Sprache kann gesehen werden als eine Menge sozialer Konventionen, mit deren Hilfe Menschen miteinander kommunizieren können.
Die formalen Eigenschaften der Sprache werden in der Kommunikation mit anderen erlernt.
-> Frühe Sensibilität für pragmatische Sprachaspekte.
Kognition und Sprache -Piaget
Sprache = Repräsentant für etwas über das ich mich unterhalte (Verständnis für Objekte -> Objektpermanenz)
brauche kognitive Konzepte/Voraussetzungen
Starke Interaktion von Sprache und Kognition
Kognitive Entwicklung und Spracherwerb beeinflussen sich gegenseitig.
Es müssen bestimmte kognitive Voraussetzungen gegeben sein, damit das Kind Sprache lernen kann.
Die Sprache selber verändert die kognitiven Prozesse und das Denken von Kindern.
Zusammenhänge zwischen kognitiven und sprachlichen Eigenschaften müssen immer auf spezifische Inhalte bezogen werden. (z.B., wird das Wort „weg“ um die Zeit erstmals gebraucht, wenn Kinder über das Konzept der Objektpermanenz sensu Piaget verfügen).
-> Spezifitätsannahme (Gopnik & Meltzoff)
-> beziehen sich nur auf sprachspezifische Mechanismen des Spracherwerbs (nicht angeboren)
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