Soziale Entwicklung
Lerntheoretische Sicht:
elterliches Verhalten = zentrale Wirkgröße für soziale Entwicklung
Anbieten von Sozialisationsgelegenheiten
Psychoanalytische Sicht:
Freud -> Einfluss elterlichen Verhaltens: vermittelt Wirkung durch Über-Ich und Angemessenheit der Bedürfnisbefriedigung des Kindes in den verschiedenen Stufen der psychosexuellen Entwicklung
Erikson -> soz. Entwicklung = Lösung von Krisen der psychosozialen Entwicklung über 8 Stufen; Eltern müssen unterstützen bei Bewältigung
Systemorientierte Sicht:
Bronfenbrenner -> soziale Umwelt des Kindes als ein Mehrebenenmodell -> beschreibt die soziale Entwicklung im Kontext sozialer Beziehungen; Kind wird nicht nur durch Umgebung beeinflusst, sondern beeinflusst diese auch aktiv
Entwicklung sozialer Kognition
Forschungsgebiet der soz. Kognition bezieht sich darauf, wie wir andere Menschen wahrnehmen, wie wir über sie denken und wie wir ihre Handlungen verstehen und erklären
Bedeutsamkeit: wie wir andere Menschen verstehen beeinflusst unsere Beziehung zu ihnen maßgeblich, weshalb der sozialen Kognition eine wichtige Bedeutung zukommt
Bedeutsame Veränderungen in den Beziehungen zu Gleichaltrigen (Peers) lassen sich durch die Entwicklung sozial-kognitiver Fähigkeiten und Fertigkeiten erklären
Perspektivübernahme
Selman 1980
wichtig: aktive Rolle des Kindes bei der eigenen sozialen Entwicklung
jüngere Kinder: wenig Verständnis für Bedürfnisse anderer
Entwicklung der Perspektivübernahmefähigkeit in 5 Phasen von der Kindheit bis in die Adoleszenz
jugendlicher Egozentrismus: Überzeugung, dass man selbst konstant im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit aller anderen steht, einmalig und einzigartig ist und keine andere Person die eigene Situation verstehen kann
Prozessmodell sozialen Problemlösens
Crick & Dodge 1994
stellt kognitive Verzerrungen in den Vordergrund, um aggressives oder antisoziales Verhalten zu erklären
Bindungsqualität
Prosoziales und sozial kompetentes Verhalten steht im Zusammenhang mit einer sicheren Bindung
Aggressives und delinquentes Verhalten bis in das Jugendalter hinein kann dagegen mit einem desorganisiert-desorientierten Bindungsstil in Verbindung gebracht werden
Monotropieannahme
ursprüngliches Bindungskonzept: Kind richtet seine Bindung auf eine zentrale Bezugsperson, meist die Mutter (Monotropieannahme Bowlby)
konnte nicht empirisch abgesichert werden: heute geht man eher von multiplen Bindung aus (auch zu Vater)
Bedeutung der Vater-Kind-Beziehung
Bindung an Mutter erfüllt höchstwahrscheinlich andere Funktion als Bindung an Vater oder andere Bezugsperson
v.a. Bedeutung für emotionale & herausfordernde Unterstützung des Explorationsverhaltens (Studie Grossmann et al. 2002) -> steht langfristig mit guten (schulischen) Anpassungsleistungen in Verbindung
Erziehungsstile
Baumrind 1971
Lenkung: Ausmaß der elterlichen Anforderung an das Kind und elterliche Kontrolle
Responsivität: Ausmaß elterliche Wärme, soziale Unterstützung, Akzeptanz
Soziometrischer Status
Coie & Dodge 1988
Entwicklung von Freundschaften
Vorschulalter:
Spielpartnerschaften auf Basis räumlicher Nähe, Aktivitäten und eigenem Nutzen
Erste Schuljahre:
Entwicklung sozialer Perspektivübernahme, aber immer noch “Schönwetterpartnerschaft”
-> zunehmend wechselseitige Vertrautheit, gegenseitige emotionale Unterstützung
-> Freundschaft als stabile Vertrauensbeziehung
Eltern-Kind-Beziehung
Autonomie -> neue (Risiko-) Verhaltensweisen in der Peergroup werden exploriert
Zunahme der Eltern-Kind-Konflikte
Prädikator der psychischen Gesundheit des Jugendlichen
Mehr Gleichberechtigung
Beziehung zu Gleichaltrigen
Positive Freundschaften: gute Voraussetzung für positive Entwicklung der psychischen Gesundheit und Lebenskompetenz
Negative Effekte von Freundschaften, wenn aggressives Verhalten der Freundschaft akzeptiert wird
-> Selektion: Kind sucht Freunde mit ähnlichem Verhalten
-> Kausalzusammenhang: Verhalten der Freunde beeinflusst Verhalten des Kindes
-> Vitaro et al. (1997): Einfluss aggressiver Freunde führt zu einem negativen Effekt, wenn Kind selbst ein mittleres Maß aggressiven Verhaltens zeigt
Peergroup ersetzt nicht Sozialisationsinstanz Familie:
-> Situationshypothese (Fend 2000): Jugendliche wenden sich an Eltern bzgl. Entscheidungen zu ihrer Zukunft, bzgl. Status-/Identitätsproblemen an Peers
-> Interaktionshypothese (Fend 1998): positive Korrelation zwischen Eltern- und Peerbeziehungen
Entwicklungsrisiken durch soziometrischen Status: abgelehnter Status des Jugendlichen unter Peers steht langfristig mit Entwicklungsrisiken in Zsh, wie z.B. Substanzmissbrauch, Delinquenz, Mobbing oder Suizidalität
Antisoziales Verhalten
Arten von Aggression
nach Ziel:
Instrumentelle Aggression (Ziel, z.B. Spielzeug)
Beziehungsaggression (andere verletzen, Peer-Beziehungen schädigen, z.B. vom Spiel ausschließen)
nach Auftreten:
Heiße Aggression (ausgelöst durch Emotionen wie Wut oder Zorn)
Kalte Aggression (geplant)
Ursachen:
Soziale Kognition (Unterstellung feindseliger Motive bei anderen, eigene Verfolgung feindseliger Ziele, Entwicklung & Ausführung aggressiver Reaktionen in schwierigen Situationen und Bewertung aggressiven Verhaltens als vorteilhaft)
Reaktive Aggression (emotionsgesteuerte, als Gegenreaktion gedachte Aggression, dadurch ausgelöst, dass man die Motive anderer als feindselig wahrnimmt)
Proaktive Aggression (nicht gefühlsbasierte Aggression, die auf Erfüllung von Wünschen und Zielen gerichtet ist)
2 Verlaufsformen bei Entstehung von Aggression und Gewalt
Lebenslaufresistene Form
Juvenile Form
antisoziales Verhalten über Kindes- und Jugendalter hinweg
auf Adoleszenz beschränkter Entwicklungsverlauf aufgrund von Diskrepanz zwischen biologischer Entwicklung und fehlender sozialer Reife
schon früh Interaktionsschwierigkeiten wegen (angeborenen) Defiziten oder schwierigem Temperament
zur Kompensation zeigen Jugendliche (aggressives und illegales) Risikoverhalten, Alkohol- und Drogenkonsum
wenn Sozialumwelt aggressiv oder hilflos reagiert: Verfestigung des negativen Verhaltens
nimmt mit sich verringerndem Reifestand ab
durch Verantwortungsübernahme (z.B. Leitung Jugendgruppe) wird Wahrscheinlichkeit juveniler Gewalt reduziert, da den Jugendlichen soziale Reife zugestanden wird und kein kompensatorisches Verhalten notwendig ist
Bullying Prevention Program
Olweus 2002
setzt an allen 3 beteiligten Ebenen an: Schul-, Klassen- und Individualebene
Anfängliche Erhebung des tatsächlichen Bullyings an der Schule: Bewusstsein schaffen, Wegsehen/Ignorieren durch Eltern und Lehrer entgegenwirken
Etablierung sozialer Normen: Ächtung von Bullying und Gewalt in der Klasse; Stärkung der Klassengemeinschaft, Einsatz von kooperativer Lernformen
Abweichungshypothese
Jugendliche mit zu frühem/spätem Eintritt in Pubertät weichen von Altersgenossen ab -> Probleme, da notwendige soziale Unterstützung bei frühreifen noch nicht bzw. bei spätreifen nicht mehr angeboten wird
bei verzögerter physischer Reife besteht auch Gefahr, dass weniger Verantwortlichkeit und Unabhängigkeit gewährt wird: fühlen sich ggü. Peers zurückgesetzt und ausgeschlossen
Frühreifungshypothese
v.a. sehr früher Eintritt in Pubertät problematisch, da notwendige psychosoziale Fähigkeiten, um körperlichen Entwicklungsschritt zu bewältigen, noch nicht entwickelt -> z.B. Fähigkeiten zur Impulskontrolle oder kontext-adäquatem Entscheidungsverhalten
da die gleichaltrigen Klassenkameraden aufgrund ihrer mangelnden Reife weniger interessant sind -> Orientierung an älteren/ebenfalls abweichenden verhaltenden Peers; werden dabei mit für ihr Alter untypischen Verhaltensweisen konfrontiert bzw. ggf. mit Substanzmissbrauch/Risikoverhalten bekannt gemacht
v.a. für Mädchen geht ein sehr früher Reifeeintritt mit Problemverhalten einher (Mendle et al. 2007) -> frühreifen Mädchen muss besondere pädagogische Aufmerksamkeit und Unterstützung gewährt werden
Kohlbergs kognitive Entwicklungstheorie
Kohlberg 1966
Geschlechtsidentität (ab Mitte des 3. LJ):
Bestimmung des eigenen Geschlechts und Differenzierung vom fremden Geschlecht
Geschlechtsstabilität (ab 3. bis 4. LJ):
Wissen über die zeitliche Unveränderbarkeit des Geschlechts
Geschlechtskonstanz (ab Mitte des 5. LJ):
Wissen über die Unabhängigkeit des Geschlechts von äußeren Größen
Annäherung
nach Schmid und Tannwald-Kluge 1998
In Bezug auf Sexualverhalten der Geschlechter
1981: Unterschied von 0,7 Jahren
1994: Unterschied von 0,3 Jahren
Heute: Kein Unterschied mehr
4 Phasen der Entwicklung von Beziehungen
Brown 1999
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