Was ist das Antragprinzip?
Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung werden nur auf Antrag erbracht, soweit sich aus besonderen Vorschriften nichts Abweichendes ergibt. § 19 S.1 SGB IV i.V.m §115 Abs.1 S.1 SGB VI.
Das gilt ebenso für die Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung (aber ohne §115 SGB VI)
Was sind Ausnahmen vom Antragsprinzip?
Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung (werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus besonderen Vorschriften nichts Abweichendes ergibt. § 19 S.2 SGB IV)
In der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben sich die Abweichungen vom Antragsprinzip in erster Linie aus §115 SGB VI -> man braucht keinen Antrag bei:
Minderung der Rentenhöhe wegen Änderung der Verhältnisse -> kein Antrag notwendig § 115 Abs.1 S.2 SGB VI
Gewährung einer Regelaltersrente im Anschluss einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder einer Erziehungsrente -> kein Antrag notwendig § 115 Abs.3 S.1 SGB VI
Haben Witwen oder Witwer, bis zum Erreichen der Altersgrenze für eine große W-Rente, eine kleine W-Rente bezogen, ist anschließend eine große W-Rente zu leisten
§ 115 Abs.3 S.2 SGB VI
Leistungen zur Teilhabe mit Zustimmung des Versicherten gelten als Antrag § 115 Abs.4 SGB VI
Rentenauskünfte werden von Amts wegen erteilt (und Renteninformation - vgl. § 109 SGB VI) § 115 V SGB VI
Was ist die Rechtsnatur und Rechtswirkung des Antrags?
Der Antrag ist eine
• empfangsbedürftige
• öffentlich- rechtliche
Willenserklärung (es gelten für WE §§ 130,133 BGB), mit dem Begehren, dass der Leistungsträger in bestimmter Weise für den Antragsteller tätig wird.
Im Bereich der Rentenversicherung hat der Antrag formell- rechtliche, nämlich verfahrenseinleitende (vgl. § 115 Abs.1 SGB VI) Bedeutung.
Materiell-rechtliche Relevanz erhält er insbesondere aufgrund seiner leistungsauslösenden Wirkung, also dem Rentenbeginn (§ 99 SGB VI). Der Antrag ist aber KEINE materiell-rechtliche Voraussetzung
Wann wird der Antragsteller gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X zum Beteiligten des Verfahrens?
Mit der Antragstellung
Welche Punkte müssen erfüllt sein, damit ein Antrag wirksam gestellt wurde?
Antragsteller muss handlungsfähig/ in der Lage sein/ berechtigt sein, einen wirksamen Antrag zu stellen §11 SGB X
Der Antrag muss bei der „richtigen“ Stelle gestellt werden §16 SGB I
Welche Person sind zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig und damit in der Lage, einen wirksamen Antrag zu stellen?
Personen, die handlungsfähig sind
-> siehe Karteikarten zu 1.13.3
In welchem Paragraph ist die Bevollmächtigung geregelt? Kann ein wirksam Bevollmächtigter auch einen Antrag für den Beteiligten stellen?
§13 SGB X
Ja, kann er
Wann sind Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit handlungsfähig?
Vor Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn sie nach dem Recht ihres Heimatlandes bereits die volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit erreichen (Art.7 EGBGB)
ab Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn sie nach dem Recht ihres Heimatlandes, die volle Rechts- und Geschäftsfähigkeit erst später erreichen (§11 Abs.3 SGB X i.V. m. §55 ZPO)
Staatenlose: Beurteilung nach deutschem Recht, wenn sie sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten
Wann spricht man von einer Antragsfiktion?
Antrag auf Vorschuss für sog. „Sterbevierteljahr“ fingiert einen Antrag auf Witwen-/Witwerrente § 115 Abs. 2 SGB VI
Zustimmung zu Teilhabeleistungen (Vgl. § 115 Abs. 4 S.1 SGB VI) gilt als Antrag § 115 Abs.4 S.2 SGB VI
Umdeutung eines Antrags auf Leistungen zur Teilhabe in einen Rentenantrag § 116 Abs. 2 SGB VI
➔erfolgt, wenn
• Versicherter vermindert erwerbsfähig (voll oder teilweise) ist und
• Leistungen zur Teilhabe voraussichtlich nicht erfolgreich sind oder
• Leistungen zur Teilhabe nicht erfolgreich waren.
Was ist die Hinweispflicht und in welchem Paragraphen ist sie geregelt?
Die Hinweispflicht besagt, das Träger der Rentenversicherung, die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen sollen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen
§115 Abs.6 SGB VI
In Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen
Bsp.:
Versicherte, die die Voraussetzungen für eine Regelaltersrente erfüllen
In welchem Paragraphen ist die Handlungsfähigkeit beim Vorliegen eines Betreuungsverhältnisses geregelt?
§ 11 Abs. 2 SGB X i.V.m. §§ 1896 ff BGB
Warum muss man zwischen der Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt und ohne Einwilligungsvorbehalt, im Hinblick auf die Handlungsfähigkeit des Betreuten, unterscheiden?
Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt -> Betreuter bleibt handlungsfähig
fallen die Verfahrenshandlungen in den Aufgabenkreis des Betreuers, kann dieser das Verfahren jederzeit an sich ziehen -> Folge: die bis dahin vom Betreuten vorgenommenen Verfahrenshandlungen bleiben wirksam, anschließend ist der Betreute nicht mehr handlungsfähig (§ 11 Abs. 3 SGB X iVm § 53 ZPO)
Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt § 1903 BGB -> grundsätzlich keine rechtlich wirksame Handlungsfähigkeit des Betreuten mehr
Welche Behörden haben ein eigenes Antragsrecht und wofür ist das gut?
Ein eigenes Antragsrecht haben Behörden, für die sich aus § 104 SGB X als nachrangig verpflichteter Leistungsträger ggf. ein Erstattungsanspruch ergibt
Bedeutung hat dies insbesondere für die Träger der Grundsicherung und die Träger der Sozialhilfe, die für Hilfebedürftige eine Leistung erbringen -> sie haben die Möglichkeit, Leistungen eines anderen Trägers, für diesen Hilfebedürftigen zu beantragen, um sich von dort die erbrachten Sozialhilfeleistungen erstatten zu lassen (§ 5 Abs. 3 SGB II bzw. § 95 SGB XII)
Jugendämter haben auch ein Antragsrecht, soweit sie grundsätzlich erstattungsberechtigt sind (§ 97 SGB VIII).
Wer ist zur Entgegennahme von Anträgen berechtigt? In welchem Paragraphen ist dies geregelt?
§16 Abs.1 SGB I
zuständige Leistungsträger
unzuständige Leistungsträger
Gemeinden
amtliche Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland
Wer sind zuständige Leistungsträger für Leistungen der Rentenversicherung?
• Regionalträger der DRV
• Deutsche Rentenversicherung Bund
• Deutsche Rentenversicherung Knappschaft- Bahn- See
Auch:
• ihre A & B Stellen,
• Außendienstmitarbeiter,
• Versichertenälteste (§ 39 SGB IV) (auch Versichertenberater genannt) -> Achtung! Nicht Rentenberater !!!
Gibt es Vorschriften für die Form eines Antrags, wenn ja in welchen Paragraphen?
§ 9 SGB X: Anträge können mündlich, schriftlich (formlos),per Fax, E-mail, Internet etc. gestellt werden
Aber:
§ 60 Abs.2 SGB I: Angaben sollen auf den hierfür vorgesehenen Vordrucken gemacht werden
§ 17 Abs. 1 Nr. 3 SGB I: Verwendung einfach gestalteter Antragsvordrucke
Was sind unzuständige Leistungsträger allgemein gesagt?
In welchen Paragraphen werden diese genannt?
Was sind Beispiele?
§ 18 – 22, 23 II Nr.3, 24 – 29 SGB I
Unzuständige Leistungsträger sind alle Leistungsträger nach dem SGB, die aber für die beantragte Leistung nicht zuständig sind
Dazu gehören:
Ämter für Ausbildungsförderung
Agenturen für Arbeit
Krankenkassen
Pflegekassen
UV- Träger
ZBFS
Familienkassen
Jugendämter
Sozialhilfeträger
Wer ist noch für Anträge zuständig, ist aber weder ein zuständiger, noch ein unzuständiger Leistungsträger?
Kreisfreie Städte und kreisangehörige Gemeinden
Von den Gemeinden auf öffentlich- rechtlicher Basis betriebene Institutionen z.B. Städtisches Krankenhaus
Amtliche Vertretungen im Ausland
Botschaften; Konsulate; Gesandtschaften
(Besteht zwischen einem Staat und der Bundesrepublik Deutschland ein SV- Abkommen oder handelt es sich um einen Mitgliedstaat der EU kann der Antrag auch bei der nach dem Recht dieses Staates für die RV zuständigen Stelle gestellt werden)
Was müssen unzuständige Leistungsträger, Gemeinden, etc. gem. §16 Abs, 2 S. 1 SGB I tun, wenn bei Ihnen ein Antrag gestellt wird?
➢ Ggf. den zuständigen Leistungsträger ermitteln
➢ den Antrages unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterleiten
Wann gilt der Antrag als gestellt, wenn er (nach § 16 Abs. 2 S.1 SGB I)bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt wird?
§ 16 Abs. 2 S. 2 SGB I
➢ Der Antrag gilt als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei der unzuständigen Stelle nach § 16 Abs. 2 S.1 SGB I eingegangen ist
Bis zu welchem Zeitpunkt kann ein Antrag zurück genommen werden?
Ein wirksam gestellter Antrag kann grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes (= idR Ablauf der Widerspruchsfrist (wenn kein Widerspruch eingelegt wurde)) zurückgenommen werden
Welche Einschränkungen gibt es bei der Antragsrücknahme?
Einschränkungen bestehen bei
Minderjährigen:
Rücknahme nur mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters § 36 Abs.2 SGB I
eingeschränkter Dispositionsbefugnis:
Bei Antragstellung durch Träger der Grundsicherung oder der Sozialhilfe besteht kein Dispositionsrecht seitens des Betroffenen -> der Antrag kann nur mit Zustimmung des Trägers zurückgenommen werden
Das Gleiche gilt in den Fällen der Umdeutung nach § 116 Abs.2 SGB VI, wenn eine Krankenkasse nach § 51 SGB V oder die Agentur für Arbeit nach § 145 Abs.2 SGB III zur Reha- Antragstellung aufgefordert hat -> Rücknahme des ggf. umgedeuteten Antrags ebenfalls nur mit Zustimmung der auffordernden Stelle möglich. Die Einschränkung der Dispositionsbefugnis bezieht sich auch auf die Möglichkeit, der Umdeutung zu widersprechen.
Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Einschränkung der Dispositionsbefugnis selbst dann gegeben, wenn der Versicherte von sich aus einen Antrag gestellt hat und der entsprechende Leistungsträger erst danach eine Aufforderung nachschiebt
In welchem Paragraphen ist die wiederholte Antragstellung geregelt?
Wozu dient die wiederholte Antragstellung?
§28 SGB X
dient dazu, Rechtsnachteile zu verhindern, die dadurch entstanden sind, dass der Leistungsberechtigte die Stellung eines Antrags bei einem bestimmten Leistungsträger unterlassen hat, weil er Anspruch auf andere, demselben Zweck dienende, Leistungen geltend gemacht hat, diese jedoch abgelehnt wurden
Welche Folgen hat die Verletzung der Hinweis- und Beratungspflicht?
es kann unter Umständen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegen den RV- Träger bestehen, wodurch der Betroffene so gestellt wird, als hätte er den Antrag rechtzeitig gestellt
Schadensersatzansprüche z.B. im Rahmen der Amtshaftung sind denkbar
Aus welchem Paragraphen resultiert die Beratungspflicht?
Was sind Beispiele für die Beratungspflicht?
§ 16 Abs. 3 SGB I
Hinweis der DRV an den Bezieher einer Rente wegen teilweiser EM, wenn bei Nachuntersuchung volle EM festgestellt wurde
Hinweis der DRV an Witwe, dass Abfindung wegen Heirat nur auf Antrag gewährt wird
Hinweis, wenn eine andere als die beantragte Rente zu einem früheren Rentenbeginn führen würde
Eine Beratungspflicht besteht auch bei von Amts wegen eingeleiteten Verfahren.
Jeder hat gemäß §14 SGB I Anspruch auf Beratung
§ 19 SGB IV geht insoweit als lex specialis der allgemeinen Regelung des § … vor
Welchen § muss man bei “…” einsetzen?
§18 S.1 SGB X
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