Methoden der Persönlichkeitserfassung
Persönlichkeitsinventare, die auf Selbsteinschätzungen beruhen (Fragebögen wie der MMPI, NEO-FFI, 16PF)
Fremdratings (durch Partner, Eltern, Fachleute)
Nominationen (durch Klassenkameraden)
Interviews (klinische Interviews, Typ A strukturiertes Interview)
Verhaltensbeobachtungen (Stichprobenartige Beobachtung, Videoaufzeichnungen)
Dokumentenanalyse (Psychobiographie, Traumtagebücher)
Biologische Messungen (Reaktionszeit, Hautleitfähigkeit, EEG, PET)
Analyse des Ausdruckverhaltens (Sprechgeschwindigkeit, Gesten, interpersonelle Distanz)
Demografische und Lifestyle-Angaben (Alter, kulturelle Gruppe, politische Orientierung)
Projektive Tests (Mann-Zeichen-Test, TAT, Rorschach)
Persönlichkeitserfassung über Selbsteinschätzungen
Person schätzt sich in einem Fragebogen selbst ein
Einschätzung entweder, ob Aussagen richtig oder falsch sind oder in Form abgestufter Zustimmungen /Ablehnungen zu Fragen und Stellungnahmen
Persönlichkeitsinventare erfassen in der Regel mehrere Persönlichkeitsdimensionen
Ausprägungen auf den einzelnen Skalen ergeben zusammen ein Persönlichkeitsprofil
NEO Fünf Faktoren Inventar (NEO FFI)
–>10 verschiedene Fragen für jede Dimension
Bewertung von Selbsteinschätzungen
Vorzüge
• Erfassung von vergangenem oder nicht-beobachtbarem Verhalten möglich.
• Ökonomie: minimale Kosten, Befragung vieler Personen möglich
• Anonymität
Probleme
• Unvollständige Antworten, Rücklaufquoten
• Mangelnde Übereinstimmung von mitgeteilten Einstellungen und tatsächlichem
Verhalten
• Systematische, verzerrende Antworttendenzen Täuschungsversuche
• Response-Sets (Tendenz Bejahung, zu ungewöhnlichen Antworten, zu sozialer Erwünschtheit)
Fremdratings
Einschätzung des Verhaltens einer Person X durch Person Y auf vorgegebenen Skalen
Person Y zumeist Personen, die Person X gut kennen
Problem: Beurteilungsfehler
– Halo-Effekt: Von einem hervorstechenden Merkmal wird auf andere Persönlichkeitsmerkmale geschlossen
– Fehler der zentralen Tendenz: Vermeiden der Extreme auf Ratingskalen, vornehmlich Einschätzungen im mittleren Bereich der Skala
– Reihenfolge-Effekte: Bei der Integration von Einzelbeobachtungen zu einem Gesamteindruck spielen der erste Eindruck (Primacy-Effekt) und die letzte Beobachtung (Recency-Effekt) eine besondere Rolle
Nominationen
Person wird von vielen verschiedenen Personen beurteilt
Wert einer Person: prozentuale Häufigkeit der Nominationen (z.B. Klasse mit 30 Schülern, Paul wird von 15 als Kind benannt, das nicht still sitzen kann–> Paul erhält einen Wert von 50%)
Vorteil:
eine Person wird von vielen beurteilt, Reduktion systematischer Beurteilungsfehler
Beurteilungsverzerrungen können jedoch nicht ausgeschlossen werden (auch viele Personen können sich systematisch irren)
Nachteile:
Nominationen sehr aufwändig und auf Beobachtbares beschränkt
Persönlichkeit von Schülern
Schülerpersönlichkeit
Implizite Persönlichkeitstheorie von Lehrkräften
Beurteilung von Intelligenz
Was ist Intelligenz?
Denkgestütztes Lösen von neuen Aufgaben und Problemen
Schlussfolgerndes Denken
Abstraktionsvermögen
Verständnis und Einsicht
Erkennen und Herstellen von Struktur und Bedeutung
–> Intelligenz: Anstieg bis nach Schulende (Max. mit ca. Anfang 20)
Was ist Intelligenz nicht
Erfolg
Wissen
Kompetenz
Talent
Verteilung von Intelligenz
Paradigmenübergreifende Annahmen (nach Stern & Guthke, 2001)
Intelligenz ist ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal
Mindestens 50% der Varianz in Intelligenztestleistungen ist in Kulturkreisen, in denen Kindern weitgehend alle Lerngelegenheiten offen stehen, genetisch erklärbar.
Unterschiede in der Intelligenz haben eine zerebrale Grundlage, die weitgehend aufgeklärt werden kann.
Der kulturelle und individuelle Kontext sind entscheidend dafür, wie die kognitiven Fähigkeiten die Aneignung und Nutzung von Wissen beeinflussen.
Generalfaktoren-Theorie (Charles Spearman 1863-1945)
Viele unterschiedliche Aufgaben zur Erfassung der Intelligenz korrelieren.
–> Intelligenz wird auf einen Generalfaktor (g) zurückgeführt.
Korrelationen sind aber nur mittelhoch
–> Spezielle Fähigkeiten (s) sind für Unterschiede in den einzelnen Subtestleistungen (z.B. räumliches Denken vs. Verstehen von Begriffen) verantwortlich.
Fluide und kristaline Intelligenz (Raymond B. Cattell )
fluide Intelligenz (ähnlich g-faktor)
ist angeboren, kann nicht durch die Umwelt beeinflusst werden
beispielsweise geistige Kapazität, Auffassungsgabe, das Verarbeitungsniveau
kristalline Intelligenz
Fähigkeiten, die im Laufe des Lebens erlernt/durch die Umwelt bestimmt werden
kristalline von der fluiden Intelligenz abhängig
umfasst sowohl explizites Wissen (semantisches und episodisches, wie z. B. Faktenwissen), als auch implizit Gelerntes (bestimmte Verhaltensweisen, Fahrradfahren, Rechnen etc.)
Mehrfaktorentheorien
Primary Abilities
1. Verbales Verständnis
2. Wortflüssigkeit,
3. Schlussfolgerndes Denken, Erkennen von Regelhaftigkeiten
4. Räumliches Vorstellungsvermögen
5. Merkfähigkeit, Kurzzeitgedächtnis
6. Rechenfähigkeit
7. Wahrnehmungsgeschwindigkeit
Fähigkeitsselbstkonzept
schätzt ein, wie gut eine Person nach eigener Einschätzung bei einer bestimmten Aktivität ist
reflektiert Erwartungen für zukünftige Leistungen–> im Sinne von Selbstwirksamkeitserwartungen
Spezifitätsebenen
Selbstkonzept: Gesamtheit der auf das Individuum bezogenen Gedanken „Ich bin zufrieden mit mir.“
Schulisches Fähigkeitsselbstkonzept: „Ich bin ein guter Schüler.“
Schulfach-/domänenspezifisches Fähigkeitsselbstkonzept: „Ich bin gut in Mathe.“
Fähigkeitssebstkonzept
Entwicklung
• Abfall in 2. Klasse durch sozialen Vergleich
• Lehrerurteil wird bedeutsamer
• Frame of reference: Besser als die anderen (external frame), aber nicht so gut wie in Deutsch (internal frame)
4 Stufen des Fähigkeitsselbstkonzept
Nicholls (1984)
1. Tüchtigkeitsselbstkonzept (bis ca. 3 Jahre):
Leistungsbewertung („geschafft“ vs. „nicht-geschafft“), Bewertung von Gewinn und Verlust
2. Ipsatives Fähigkeitsselbst (4-5 Jahre):
Vergleich mit sich selbst („heute habe ich mehr geschafft als gestern“) wobei zwischen Anstrengung und Fähigkeit differenziert wird.
3. Normatives Fähigkeitsselbst (Grundschulalter):
Sozialer Vergleich mit anderen.
4. Gesellschaftlich-normatives Fähigkeitsselbst (Beginn des Jugendalters):
Die sozialen Vergleiche werden abstrakter/ beziehen sich nicht mehr nur auf bekannte Menschen
Fähigkeitsselbstkonzept und Leistung
Big Fish-Little-Pond-Effekt (Marsh,2001,2005)
–> Beschreibt Auswirkungen der Referenzgruppe auf das Selbstkonzept
–> Bezogen auf die Schule: Je besser die Klasse, desto niedriger das Fähigkeitsselbstkonzept des einzelnen Schülers (und umgekehrt)
Selbstwirksamkeitserwartungen
• Die Überzeugung eine bestimmte Handlung durchführen zu können
• Abzugrenzen von der inhaltlichen Erfolgsüberzeugung, dass die Handlung zum angestrebten Ziel führen wird (Instrumentalität)
Einfluss auf das Leistungsverhalten:
• Auswahl von Aufgaben (z.B. aus unterschiedlichen Fachgebieten)
• Auswahl des Schwierigkeitsniveaus
• Ausdauer bei der Aufgabenbearbeitung, Persistenz, investierte Anstrengung
• Lern- und Leistungsverhalten insgesamt (Verhaltensänderung)
Fähigkeitsselbstkonzept und Selbstwirksamkeitserwartung
Selbstkonzept bleibt eher gleich (Objektiv) aber Selbstwirksamkeit steigt an (wir lernen, können somit im laufe der Zeit mehr)
Entwicklung positiver Selbstwirksamkeitserwartungen
SuS müssen in die Lage versetzt werden, Ziele zu erreichen durch geschickte Zielwahl, Überredung und Modelllernen
SuS müssen Zielerreichungen internal attribuieren
->Unterstützung von Autonomie durch Offenheit und Engagement des Lehrers
mütterliches Engagement
Prüfungsängstlichkeit als Personenmerkmal
Definition: Stabile/ überdauernde dispositionelle Eigenschaft, in Prüfungssituationen mit Angst zu reagieren
Komponenten: Besorgtheit (kognitiv) = negative Erwartungen und Befürchtungen Aufgeregtheit (physiologisch)= körperlichem Unwohlsein wie zittern
Auswirkungen der Prüfungsängstlichkeit
Angst bindet kognitive Kapazitäten:
• Verengung der Aufmerksamkeit
• Beeinträchtigung der aufarbeitenden Prozesse
• Beeinträchtigung des Abrufs aus dem Gedächtnis (Black out)
• Verlust von Interesse und intrinsischer Motivation
Auswirkungen von Angst auf Leistung
• Kein linearer Zusammenhang, sondern eher U-förmiger Verlauf.
• Höchste Leitungsfähigkeit zwischen geringen und mittlerem Angstniveau.
• Starke Angst (Prüfungsangst) führt zu Leistungszusammenbruch.
Prüfungsangst
• Mädchen > Jungen.
• elterliche Strenge, mangelnde Unterstützung, Inkonsistenz
• kompetitives Schulklima, autoritäres Lehrerverhalten, eine strenge, an sozialer
Bezugsnorm orientierte Schulleistungsbewertung,
• unverständlich vorgetragener Lehrstoff, unklare oder die Schwierigkeit von Aufgaben betonende Prüfungsankündigungen
Motivation / Zielorientierung
Lernzielorientierung = Aufgabenorientierung
Ziel: Kompetenzen zu erweitern, neue Fähigkeiten zu erlernen.
Fähigkeitsbeurteilung auf der Grundlage objektiver Kriterien oder anhand des individuellen Lernfortschritts.
Leistungsrückmeldungen sind werden aufgesucht.
Misserfolge werden als Teil des Lernprozesses und als Chance angesehen.
Leistungszielorientierung = Folgenorientierung
Ziel: Kompetenzen beweisen oder fehlende Kompetenzen verbergen, positive Bewertungen erhalten.
Fähigkeitsbeurteilung durch Sozialvergleich
Leistungsrückmeldungen als Bestandsaufnahmen eigner Fähigkeiten
Misserfolge werden als Versagen interpretiert
2x2-Modell der Zielorientierungen
Hohe Lernzielorientierung =
• höhere Leistungsmotivation
• höhere intrinsische Motivation
• besseres Fähigkeitsselbstkonzept
• günstigere Attributionen für Erfolg/Misserfolg
• positivere Einstellungen zur Schule, Lernen und Bearbeiten schwieriger Aufgaben
• besseres subjektives Wohlbefinden
–> Leistungs- und Lernzielorientierung keine gegensätzlichen Pole:
Hohe Lernziel- + hohe Leistungszielorientierung = keine ungünstigen Effekte
Lernzielorientierung
• Sozialer Vergleich
• Verständnis von Fähigkeit als fester Kapazität
• Positive/ negative Leistungsrückmeldung der Umwelt
• Entity Theory der eigenen Fähigkeit
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