Was wird unter Emotionen verstanden?
komplexe Muster aus körperlichen / mentalen Veränderungen als Antwort auf eine Situation
Funktion:
Emotionen erfüllen eine handlungsregulierende Funktion
Komponenten:
Verhaltensänderung
physiologische Erregung
kognitive Prozess
Frühste emotionale Entwicklung
„Vorläuferemotionen“: Missbehagen, Ekel, Erschrecken, Interesse, Wohlbehagen -> direkte Reaktion auf Reiz ohne kognitive (Interpretation, Bewertung) Komponente
Primäre Emotionen: Freude, Kummer, Ärger, Angst -> frühe motivbezogene Bedeutungszuschreibung
Ende des 1. Lj. häufig bindungsrelevante Motive als Emotionsauslöser
Wutgefühle werden im 2. Lebensjahr häufiger, wenn Kinder in der Lage sind, ihre Umwelt zu kontrollieren und ärgerlich werden, wenn ihnen Kontrolle entzogen wird
Emotionale Entwicklung
Kiga-Alter
Sekundäre (Selbst-bewusste) Emotionen entwickeln sich im Kiga-Alter in Zusammenhang mit der Selbst-Entwicklung
Wissen über Ursachen als Basis emotionaler Selbstregulation entwickelt sich
–>Emotionale Regulation verläuft von interpersonell zu intrapersonell
Schulalter
insgesamt weniger negative Gefühle und Differenzierung nach Rahmenbedingungen des Anlasses
Wissen um emotionale Ausdrucksregeln entwickelt sich
Selbst-bewusste Emotionen
–> Emotionen, die auf die Wahrnehmung unseres Selbst bezogen sind und auf unser Bewusstsein, wie andere auf uns reagieren
Selbst-bewusste Emotionen: Einflüsse von Sozialisation und Erziehung
Situationen, die selbst-bewusste Emotionen auslösen sind deutlich kulturabhängig:
– in kollektivistischen Kulturen führt Hervorheben herausragender Leistung eher zu Zeichen von Verlegenheit und Scham als Stolz
– Konflikt zwischen eigener Leistung und Bedürfnissen der Gruppe
–>in diesen Kulturen wirkt häufig Scham erzeugendes Disziplinierungsverhalten weniger negativ, als in westlichen Kulturen
–>Dieselben Situationen rufen bei manchen Menschen Scham, bei anderen Schuld hervor
ein induktiver Erziehungsstil mit Fokus auf Konsequenzen der eigenen Handlungen und Wiedergutmachung fördert Schuld anstelle von Scham
Einfluss der Erziehungspraktiken: Betonung des Verhaltens, nicht der Person als Verursacher
Emotionen erkennen und Ursachen benennen
–>Das Wissen über die Ursachen von Emotionen ist wichtig, um Verhalten bei sich selbst/ anderen zu verstehen.
–>Schlüssel zur Regulierung des eigenen Verhaltens.
mit 8-12 Monaten erkennen Kleinkinder, dass sich Emotionsausdrücke Anderer auf Umwelt beziehen können
Mit 2 Jahren können fröhliche Situationen in Geschichten identifizieren, jedoch sind sie bis zum Alter von 4 Jahren nicht akkurat bei der Identifikation trauriger Situationen.
Die korrekte Identifikation von Angst und Wut gelingt erst im Schulalter besser
Stolz, Schuld, Scham, Eifersucht erst ab dem 7. Lebensjahr
Reale vs. vorgetäuschte Emotion verstehen
Ausdrucksregeln:
= informelle Normen einer sozialen Gruppe über den angemessenen Ausdruck von Emotionen
Über die Grundschulzeit entwickeln Kinder ein differenzierteres Verständnis davon, wann und warum Ausdrucksregeln gebraucht werden
Studie von Gnepp & Hess (1986):
• Aufgabe
„Kinder in der 1., 3., 5. und 10. Klasse hörten sich Geschichten an, die Ausdrucksregeln auslösten und sollten von den Protagonisten gefühlten und gezeigten Emotionen vorhersagen“
• Ergebnis
–> Verständnis war früher und größer bei verbalen Ausdrucksregeln als bei mimischen
–> prosoziale Ausdrucksregeln besser verstanden, als solche zum Selbstschutz
Von der interpersonellen zur intrapersonellen Regulation
Regulation:
–>Reduzierung der Diskrepanz zwischen intendiertem und aktuellem Zustand
Säugling:
sehr stark von anderen Personen abhängig:
–Emotionaler Ausdruck
–Aufmerksamkeit Bezugsperson
–Befriedigung der Bedürfnisse
Selbstberuhigende Maßnahmen:
– Blickabwendung, Daumenlutschen nur bei mäßiger Belastung erfolgreich
– Kind und Bezugsperson als koreguliertes System
– Übergang zur Selbstregulation
Übergang zur Selbstregulation
Vollständiges Ausdruckszeichen in dem Maße überflüssig, in dem emotionale Handlungsbereitschaft in angemessene Bewältigungshandlung überführt werden kann
Zunehmend eigenständige emotionale Regulation
–> ab Schulalter auch kognitive Regulationsstrategien: z.B. Reduktion sensorischen Inputs; zu sich selbst sprechen; an etwas anderes denken (sich ablenken)
–> Durch kogntive Entwicklung Fähigkeit, negative Konsequenzen von Handlungen vorherzusehen und Handlungen vorab so zu regulieren, dass Konsequenzen nicht eintreten
Impulskontrolle & Belohnungsaufschub
Einflussfaktoren
• Aktive Ablenkung von Distraktor
• Aufmerksamkeit auf abstraktes, antizipiertes Ziel des Wartens
−>Eher schwierig, wenn Ziel konkret präsent
• Verbale Selbstinstruktion
• Modelllernen
–>Marshmallow-Test (Mischel et al., 1989)
• Fähigkeit zum Belohnungsaufschub im Vorschulalter sagt schulische Leistungen, soziale Kompetenzen, Umgang mit Frustration in der Adoleszenz voraus
Förderung der Emotionsregulation
Wichtige Rolle des Modelllernens: Eltern, Peers, Bezugspersonen
Intuitive elterliche Didaktik: angemessen auf Bedürfnisse des Säuglings reagieren zu können trägt maßgeblich zur Entwicklung der Selbstregulation bei
–> “Erziehung zur emotionalen Kompetenz/Intelligenz”:
höhere soziale Kompetenz und soziale Anpassung bei besseren Emotionsregulationsfähigkeiten!
Motivationale Entwicklung
Altersmäßige Veränderungen von Motiven (->Deci & Ryan)
Interesse:
Mehr oder weniger überdauernde spezifische Beziehung zwischen Person und (Lern-) Gegenstand
Personen-Gegenstands-Konzeption: emotionale, motivationale und kognitive Beziehung Person-Gegenstands-Beziehung
->wertbezogene Valenz: Gegenstand hat eine persönliche Bedeutung
-> Gegenstandsspezifizität: Bedeutung des Gegenstands höher als die anderer -> emotionale Valenz der Beschäftigung mit Gegenstand
-> Selbstintentionalität: freiwillige zielorientierte Beschäftigung mit Gegenstand -> epistemische Orientierung: Bestreben, mehr über Gegenstand zu erfahren
Interessenentwicklung (nach Todt, 1995)
0 – 2 Jahre: universelle Interessen
angeborene Orientierungstendenzen
Aber: neuere Studien zeigen schon zu Beginn des 2. Lj. mitunter „geschlechtstypische“ Interessen
2 – 8 Jahre: Kollektiv geschlechtstypische Interessen
Siehe Exkurs Schematheorie in Foliensatz „Selbst“
7 – 9 Jahre: allgemeine Interessen
Gleichaltrigengruppe und gesellschaftliche Angebote
Vielfältige (situative) Interessen auch im Schulkontext
Ab 9 Jahren: zunehmend individuelle Interessen
Eigene Kompetenzen
Identitätsrelevante individuelle Interessen
Ausgrenzung von Interessen mit schlechter Selbstkonzeptpassung
Vier Phasen der Interessenentwicklung im Schulkontext (Hidi & Renninger, 2006)
• initiiertes situationales Interesse: ausgelöst und getragen durch Merkmale der Umgebung
• aufrechterhaltenes situationales Interesse: durch Umgebung unterstützte längere Aufrechterhaltung von Konzentration und Ausdauer
• aufkommendes personales Interesse: vertiefte teilweise selbstgesteuerte Beschäftigung getragen von positiven Emotionen, erweiterten Wissensbeständen, positiver Bewertung des Gegenstands --> epistemisches Interesse (Lernmotivation- >Kompetenz)
• voll entwickeltes personales Interesse: autonome Lernhandlungen und Aufrechterhaltung durch positive Emotionen bei der Beschäftigung mit Gegenstand, umfangreicheres Wissen
Phasen der Entwicklung des Leistungsmotivs nach Holodynski & Oerter (2008)*
Attributionsschema nach Weiner (1985)
Entwicklung der Lernfreude im Fach Mathematik (Helmke, 1993)
Das Absinken der Lernmotivation bzw. der Lernfreude und des Interesses an der Schule ist ein international beobachtbarer und gut belegter Effekt.
Längsschnittstudien zeigen, dass beim Übergang von der 6. zur 7. Klasse die emotional- motivationalen Lernvoraussetzungen einbrechen.
Helmke (1993): Demotivierungsprozesse beginnen bereits in der Grundschule, setzen sich je nach Fach und Geschlecht unterschiedlich stark fort.
Entwicklung der Selbsteinschätzung
„Vom Optimismus zum Realismus“ (Helmke, 1999)
Junge Kinder: überoptimistisch, unrealistisches Wunschdenken, kaum Motivationsprobleme
bis zum Beginn der Sekundarstufe schrittweiser Rückgang des Überoptimismus und der allgemeinen Lernfreude
Gründe für den Übergang „vom Optimismus zum Realismus“
• Empfänglichkeit für leistungsbezogenes Feedback
• Veränderung des Fähigkeitskonzeptes
• Verbesserte Denkmöglichkeiten
• Nachlassen des Wunschdenkens
• Schulischer Kontext wird normativer
–>bis ca. 8-9 Jahre reagieren Kinder nur auf positives Feedback
–> ab ca. 11/12 Jahre Nutzung negativen Feedbacks zur Verhaltensanpassung um Leistung zu verbessern
Erklärung des Motivationsabfalls: Stage- Environment-Fit-Theory (Eccles et al., 1989)
Annahme: abnehmenden Passung zwischen den Bedürfnissen der Schüler und den Kontextbedingungen der Schule
1. Veränderungen der Lehrer-Schüler Beziehung
2. Strengere Notenpraxis in der Sekundarstufe I
3. stärkere Ausrichtung der Noten an der sozialen Bezugsnorm
4. Stärker lehrerzentrierter Unterricht im Vergleich zur Grundschule
Fazit: Betrachtung der grundlegenden Bedürfnisse der Lernenden scheint notwendig
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