Zulässigkeit Organstreitverfahren, Art. 93 I Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG
I. Parteifähigkeit
II. Statthafter Verfahrensgegenstand
III. Antragsbefugnis (§ 64 BVerfGG)
IV. Form und Frist
Beteiligtenfähigkeit OSV
oberstes Bundesorgan (im GG mit Rechten und Pflichten ausgestattetes Verfassungsorgan) unproblematisch (vgl. § 63 BVerfGG)
(P) Organteile:
(+) soweit durch GG oder GeschO des BT, der Bundesregierung oder BR eigene Rechte zugestanden
(P) Fraktionen:
weder GG noch § 63 BVerfGG ausdrückliche Regelung
aber: Fraktion = Teilorgan BT mit eigenen Rechten in GeschO (zB § 76 GeschO BT -> Gesetzesinitiative)
(P) einzelner Abgeordneter; Parteien, Bundesversammlung -> nach engem WL des § 63 BVerfGG nicht erfasst, aber insoweit auf weiteren WL des Art. 93 I Nr. 1 GG abzustellen
Abgeordneter (+) wenn es zB um Rechte aus Art. 38 I GG geht
Partei (+) wenn es zB um Rechte aus Art. 21 GG geht
statthafter Verfahrensgegenstand OSV
jedes Handeln o. (evtl.) pflichtwidrige Unterlassen des Antragsgegners auf Gebiet des obj. Verfassungsrechts
Unterlassen = PV, wenn Pflicht zum Tun besteht
Setzt OSV Antragsbefugnis voraus?
(+) vgl. WL “geltend macht, unm. verletzt o. gefährdet zu sein” -> kein obj. Rechtsschutz
Vss. Antragsbefugnis OSV
gem. § 64 I BVerfGG behauptetet Verletzung/Gefährdung Recht durch Maßnahme Antragsgegner
in Betracht kommen zB Verletzungen des Initiativrechts, Art. 76 I GG iVm § 76 Gescho BT oder der Gesetzgebungskompetenz, Art. 77 I 1 GG
(P) Verfahrenstandschaft (Antragsbefugnis?)
nach WL § 64 BVerfGG kann Teil des Organs Rechte des ganzen Organs geltend machen (zB Fraktion Rechte des BT) -> nach hM aber nur, wenn es sich um ständigen, verfestigten Teil Bundesorgan handelt (nicht etwa der einzelne Abgeordnete)
dabei unerheblich, ob Fraktion Mehrheit im BT bildet -> Prozessstandschaft soll gerade auch für Minderheit gelten
Form und Frist OSV
Form:
gem. §§ 64 I, 23 I BVerfGG schriftl. Antrag erforderlich
gem. § 64 II BVerfGG müssen Parteien Verletzung ihres jeweiligen Rechts, sowie der Pflicht des Antragsgegners in Antrag bezeichnen
Frist:
gem. § 64 III BVerfGG innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis PV Antragsgegner
Obersatz Begründetheit OSV
Der Antrag ist begründet, wenn das “Tun/Unterlassen” des “Antragsgegners” rechtswidrig ist, dh eine Pflicht besteht/verletzt wurde, und dadurch in Kompetenzen des Antragsstellers eingegriffen wird, vgl. § 67 BVerfGG
Pflicht Bundespräsident nach Art. 82 I 1 GG
muss nach Vorschriften des GG zustandegekommenes Gesetz ausfertigen und verkünden -> mit Ausfertigung bekundet er Übereinstimmung mit Verfassung
diese Bekundung aber nur möglich, wenn Befugnis besteht, tatsächliche Übereinstimmung zu prüfen -> Umfang Prüfungskompetenz = Spielraum Verweigerungsgründe
unstr. hat er form. PrüfungsR; str. ist mat. PrüfungsR
Wann Wahrung Rechtseinheit anzunehmen (Art. 72 II GG)
bundesgesetzliche Reglung wegen Wahrung Rechtseinheit erlaubt, wenn auf Landesebene Gesetzesvielfalt besteht oder zu entstehen droht, die Rechtszersplitterung darstellt
Beschlussfähigkeit BT
gem. § 45 GeschO BT nur (+), wenn mehr als Hälfte Mitglieder tatsächlich anwesend
(P) wenn im SV nicht erwähnt -> welche Abgeordnetenzahl?
nach Art. 121 GG iVm § 1 BWG im Idealfall 589 Abgeordnete (gesetzl. Mitgliederzahl)
durch BWG können sich Erhöhungen ergeben (Überhangs- und Ausgleichmandate)
aber: Beschlussfähigkeit muss ausdrücklich aus Mitte BT angezweifelt werden
nach § 45 II GeschO dazu Rüge erfdl., welche vor Abstimmnung erfolgen muss
anders nur, wenn nicht einmal 5 % Mitglieder anwesend -> Festellung Unfähigkeit von Amts wegen
Werden Enthaltungen im BT mitgezählt?
wenn es um einfache Mehrheit iSd Art. 42 II GG geht jedenfalls nicht (vgl. auch § 48 II GeschO BT) -> sonst Enthaltung wie “Nein”, was nicht Intention entspricht
beachte: wenn es um absolute Mehrheit wirken Enthaltungen wie “Nein” -> bei Frage nach absoluter Mehrheit geht es darum ob genug “Ja”-Stimmen vorhanden
so zB für alle Beschlüsse im BR
unverzüglich iSv Art. 77 I 2 GG
nicht sofort, sondern wie im Zivilrecht (vgl. § 121 BGB) ohne schuldhaftes Verzögern
Wann liegt Zustimmungsgesetz vor?
immer dann, wenn Zustimmungsbedürftigkeit im GG geregelt, wobei diese Regelungen nach hM abschließend
was wenn, ÄnderungsG ein Zustimmungsgesetzt ändert, ohne selbst zustimmungsbedürftige Regelung zu haben?
e.A. (insb BR): jede Änderung Zustimmungsgesetz bedarf erneut Zustimmung (Arg.: mit Zustimmung übernimmt BR Mitverantwortlichkeit für ganzes Gesetz -> weil urspr. Gesetz & ÄnderungsG zu Sinneinheit werden, kann BR diese Mitverantwortung nur tragen, wenn auch Änderung Zustimmung bedarf)
Contra: vom GG vorgesehen Regel-Ausnahme-Verhältnis (Zustimmung = Ausnahme) würden in Gegenteil verkehrt
hM: entscheidend ist Inhalt ÄnderungsG selbst -> Zustimmung (+) wenn
selbst neue Vorschriften enthalten, die zustimmungsbedürftig
zustimmungsbedürftie Regelungen Ursprungsgesetz geändert werden
ÄnderungsG indirekt auf die die Zustimmungspflicht auslösenden Vorschriften einwirkt
Arg.: Funktion BR (schon nach GG-WL keine gleichwertige 2. Kammer) -> Art. 50, 77 GG (BR nur Mitwirkung -> Gesetze nur von BT beschlossen)
mat. PrüfungsR Bundespräsident
WL des GG:
82 I 1: indifferent -> mehrere Auslegungsmöglichkeiten
56 (Amtseid): “GG zu wahren und verteidigen” -> nur insoweit möglich, als entsprechende Befugnis durch GG (Amtseid selbst keine Befugnis) -> daher: falscher Rückschluss
61 (Präsidentenanklage): ebenso unzulässiger Rückschluss
Contra-Argumente:
staatsrechtl. Stellung BPräs -> Verhältnis zu BVerfG & Gewaltenteilung -> kann nicht überzeugen
historische Auslegung -> GG gibt schwächere Stellung als WRV (nur repräsentative Rolle) -> unzulässiger Zirkelschluss
tatsächlich. Prüfungsmöglichkeiten BPräs -> zurückzuweisen, weil tatsächliche Gestaltung geändert werden kann
Pro-Argumente:
Verknüpfung form. und mat. Verfassungsmäßigkeit (bzgl. verfassungsändernden Gesetzen und Zustimmungsgesetzen)
Grundgesetzbindung BPräs
mat. PrüfungsR BPräs -> WL Art. 82 I 1 GG
“nach den Vorschriften GG zustande gekommen”
a.A.: enger sachl. Zsmhng mit § 78 GG, der nur bestimmte Verfahrensvss. verlangt -> Indiz gegen
ferner deute “zustande gekommen” auf Weg und somit Verfahren hin
e.A.: keine Einschränkung auf bestimmte Vorschriften GG enthalten -> Indiz für PrüfungsR
Gesetz auch dann nicht nach Vorschriften “dieses GG” zustande gekommen, wenn es inhaltlich gegen Verfassung verstößt
ferner reiche Überbetonung “zustande gekommen” nicht für Ablehnung wegen WL
mat. PrüfungsR BPräs -> WL Art. 61 GG
Art. 61 GG -> Möglichkeit Präsidentanklage wg vs. Verfassungsverletzung -> hierdurch wird eigene rechtl. Verantwortlichkeit BPräs festgelegt
daher: muss auch Möglichkeit haben, sich eines für ihn verfassungswidrigen Aktes zu enthalten
Contra: durch Ausfertigung mat. verfassungwidrigen Gesetzes verstößt BPräs nur dann gegen seine Pflichten, wenn ihm mat. PrüfungsR überhaupt zusteht -> Art. 61 GG begründet keine Pflicht, sondern regelt RF für Verstoß gg Pflicht
mat. PrüfungsR BPräs -> staatsrechtl. Stellung BPräs als Gegenargument
kein Raum für mat. PrüfungsR neben BVerfG, das umfassende Kompetenz für Prüfung Verfassungsmäßigkeit hat -> würde Entscheidung BVerfG in Gefahr bringen
Contra:
Frage, ob BPräs hätte ausfertigen müssen, kann sofort Gegenstand OSV sein
Hinweis, dass nur BVerfG verbindlich über VMK entscheiden kann, schließt vorherige Prüfung durch BPräs nicht aus
“BPräs sonst Hüter der Verfassung” -> gegenstandslos, weil nur vorläufige Entscheidung & BVerfG endgültige Entscheidung
eigenständige Wert eines präventativen, normenkontrollähnlichen Verfahrens -> dadurch schon Kontrolle vor Inkrafttreten (BVerfG erst nach)
BPräs sonst zu viel Einfluss auf gesetzgeberische Willensbildung und damit Verstoß Gewaltenteilung
Einfluss auf Negation (Ablehnung) beschränkt
Entscheidung BPräs durch OSV überwindbar
mat. PrüfungsR BPräs -> historisch-genetische Auslegung als Gegenargument
BPräs ggü ReichsPräs geschwächte Stellung -> in GG (anders als WRV) eher repäsentative Rolle -> wegen dieser geschwächten Stellung restr. Auslegung übriggebliebener Befugnisse
ferner ergebe sich aus dieser Stellung, dass er keinen Einfluss auf gesetzgeberische Willensbildung haben darf -> dies folge zudem aus Grundentscheidung Verfassung für Gewaltenteilung & daraus, dass dem BPräs mat. PrüfungsR nicht ausdrücklich zugewiesen
Contra: schwächere Stelung darf nicht dazu verwendet werden, verbliebenen Befugnisse weiter zu beschränken -> Zirkelschluss, da gerade zu prüfen, ob Verringerung auch Ablehnung mat. PrüfungsR enthält
außerdem kommt BPräs eigene aus GG abzuleitende Stellung zu -> seine Bedeutung kann nicht lediglich aus neg. Vergleich mit WRV gewonnen werden
mat. PrüfungsR BPräs -> untrennbare Verknüpfung von form. und mat. VMK als Pro-Argument
Bzgl. verfassungsändernder Gesetze: Gesetz, das inhaltlich Verfassung widerspricht, kann formell nur dann verfassungsgemäß zustande kommen, wenn es von BT und BR mit 2/3 Mehrheit beschlossen (Art. 79 II GG) uund der Text GG ausdrücklich abgeändert wird (Art. 79 I 1 GG) -> mat. VWK hat stets form. VWK zur Folge (mat. PrüfungsR zwingend enthalten)
a.A.: Prüfung darauf beschränkt, ob Weg Verfassungsänderung bzw einfaches Gesetz eingehalten -> dabei kommt es allein darauf an, ob Gesetzgeber für seinen Akt verfassungsänderndes Gesetz oder einfaches für erfdl hält (Festsetzung dieser gewählten Form vom BPräs nicht mehr überprüfbar)
Contra: nicht vom Gesetzgeber gewählte Form entscheidet, sondern allein mat. Gehalt des Gesetzes -> BPräs muss nachprüfen können, was nur geht wenn auch mat. PrüfungsR
Bzgl Zustimmungsgesetz: ohne Prüfung Gesetzesinhalt nicht feststellbar, ob Gesetz Zustimmung BR bedarf
Contra: Erfordernis Zustimmung ergibt sich bereits aus Gegenstand Regelung, sodass es keines inhaltlichen Vergleichs des einfachen Recht mit Verfassungsrecht bedarf
aber: ob Gesetz unter Katalog Zustimmungsbedürftigkeit fällt, nur dadurch festzustellen, dass Inhalt einfachen Gesetzes mit Inhalt Katalog verglichen wird -> dies ist Prüfung mat. VMK (Contra: dies ist nur materiellrechtl. Vorfrage iRd Prüfung bzgl Zustimmungsbedürftigkeit)
aber selbst dann ist Arg. der Verknüpfung v. form. und mat. VMK dadurch nicht entwertet -> soll PrüfungsR nicht unwiderleglich beweisen, sondern in Verbindung mit anderen Argumenten plausibel machen
mat. PrüfungsR BPräs -> GG-Bindung als pro-Argument
alle Verfassungsorgane an GG gebunden, Art. 1 III & 20 III GG -> alle Organe tragen für eigene Akte und Akte, an denen sie mitwirken, verfassungsrechtl. Verantwortung
alle Organe, die an GesGebung beteiligt sindmüssen daher zu Prüfung Gesetze auf VMK berechtigt sein -> somit auch BPräs, da beteiligt
ferner für oberstes Staatsoberhaupt unzumutbar, einer nach seiner Überzeugung verfassungswidrigen Maßnahme zur Durchsetzung zu verhelfen
daher: BPräs muss befugt sein mat. zu prüfen -> jedenfalls dann, wenn sich mat. VWK aufdrängt
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