VIE Theorie (Vroom, 1964)
Akronym
V = Valenz
Wert/Attraktivität, den ein bestimmter Zustand hat
I = Instrumentalität
subjektive Wahrscheinlichkeit, dass Handlungsergebnis zu wünschenswerten Folgen führt
E = Erwartung –
subjektive Wahrscheinlichkeit, dass eine Handlung oder Anstrengung zu einem Ergebnis führt
Bei der Wahl von Handlungsalternativen:
Abwägen der Valenzen möglicher Ergebnisse und der Erwartung, diese Ergebnisse zu erreichen
Berücksichtigung der Beziehung zwischen Handlungsergebnissen und wahrgenommenen Folgen
Soll man sich auf eine Stelle bewerben?
Erwartung: wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man eingestellt wird, wenn man sich bewirbt?
Instrumentalität: wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man
auf der Stelle interessante Aufgaben hat?
ein gutes Gehalt bekommt?
nette Kollegen hat?
noch ausreichend Freizeit hat?
…?
Valenz/Wert: wie wichtig sind diese Folgen?
VIE Theorie
Abbildung
(Mit Beispiel)
(ohne Beispiel)
Beispiel
Abteilungsleitung (E) wird ausgeschrieben. –
Bewerbung??
Folgen
Freizeit (F1)
—> Die Position hat eine negative Instrumentalität [I(F1)] für die Freizeit.
—> Valenz für Freizeit leicht positiv
Gehalt (F2)
—> Die Position hat eine positive Instrumentalität [I(F2)] für Gehalt
—> Gehalt hat hohe positive Valenz
Bewertung der VIE-Theorie (I)
Erklärt die Wahl von Handlungszielen
Mathematische Formulierung ermöglicht präzise Vorhersagen und damit präzise empirische Prüfung
2 Wesentliche Kritikpunkte (Donovan, 2001)
Mensch als rational kalkulierendes Wesen, das nur Selbstinteresse folgt – economic man!
Hohe Anzahl von Berechnungen
Nicht alle Aspekte werden berücksichtigt
—> Verarbeitung der Informationen nach Prinzip „gut genug“
—> Nicht alle Alternativen werden berücksichtigt
Multiplikative Verknüpfung der Größen wird kritisiert
„motivational force“ auch gegeben, wenn eine der Größen gleich Null
Additive Verknüpfung vorgeschlagen (Stahl & Harrel, 1981)
Bewertung der VIE-Theorie (II)
Betrachtung adäquater Modelltests: Bestätigung der Modellvorhersagen (Donovan, 2001)
Gute Prädiktion von Intentionen und Anstrengung
Modell erweist sich aber im praktischen Kontext als brauchbar (Donovan, 2001)
Vorhersage und Modifikation von Verhalten im Organisationskontext
Kompensationsmodelle in Organisationen
Kohärentes Modell der Prozesse, die individuellen Entscheidungen im Organisationskontext zugrunde liegen
Theorie der Zielsetzung (Locke & Latham)
engl: Goal-Setting Theory
Begründer:
Edwin Locke
Gary Latham
Entwicklung seit den 1960ern
Hypothese 1
=> Schwierige, herausfordernde Ziele führen zu besseren Leistungen als mittlere oder leicht zu erreichende Ziele
Hypothese 2
=> Herausfordernde und präzise, spezifische Ziele führen zu besseren Leistungen
Theorie der Zielsetzung
Spezifische Ziele
Schwierges Ziel?
Spezifische Ziele machen eindeutig klar, was eine gute Leistung darstellt!
=> nur spezifische Ziele machen klar, was effektive Leistung bedeutet
Was ist ein schwieriges Ziel?
nur 10% bis 20% der Pbn erreichen dieses Ziel üblicherweise
Ziele sollten in einem realistischen Maße über den in bisherigen Aufgaben gezeigten Leistungen liegen
=> Herausfordernd & leistungsfördernd
Klassischer Befund (Locke)
Vpn mussten für 60 Minuten Mathe-Aufgaben lösen
Bedingungen:
„Do your Best“
schwierige, spezifische Ziele (10% höher als bei „Do Your Best“ im 1. Durchgang; dann individuelle Anpassung)
Wirkmechanismen/vermittelnde Prozesse (3)
Hohe spezifische Ziele beeinflussen Leistung durch Wirkung auf:
Handlungsrichtung (Direction):
durch Steuerung der Aufmerksamkeit bestimmt
Anstrengung/Intensität (Effort):
entsprechend der Schwierigkeit reguliert
Ausdauer (Persistence):
erhöht durch Herausforderung und spezifische Ziele
Gilt nur ohne zeitliche Begrenzungen
Bei zeitlichen Begrenzungen Erhöhung der Anstrengung
Stimulierung aufgabenspezifische Pläne und Strategien:
gespeichert oder neu entwickelt, je nach Schwierigkeit
Moderatoren im Zielsetzungs-Prozess
(4)
Entscheiden über die Enge des Zusammenhangs zwischen Zielen und Leistung
wichtigste Moderatoren:
Zielbindung (Goal Commitment)
Partizipation
Selbstwirksamkeit
Aufgabenkomplexität
Feedback
Zielbindung
= Goal Commitment
= Entschlossenheit, ein Ziel zu erreichen (Locke & Latham, 1990)
Gefühl der Verpflichtung gegenüber Ziel
“It is virtually axiomatic that if there is no commitment to goals, the goal setting will not work“ (Locke et al., 1988, S. 23)
Deutliche metaanalytische Hinweise für Moderator-Effekt (Klein et al., 1999)
Zielbindung und Partizipation
Führen partizipativ gesetzte Ziele zu besserer Leistung als extern gesetzte Ziele?
Kontroverse zwischen Latham und Erez
Latham: nein (assigned goals are equally effective)
Erez: ja (assigned goals are not effective)
Gemeinsame Experimente von Latham, Erez & Locke (1988)
Unterschiedliche Strategien für vorgegebene Ziele:
Tell-und-Sell-Strategie vs. Tell-Strategie
Ausschlaggebend ist die Zielbindung!
Zwei Wege die Zielbindung zu erreichen:
Tell-und-Sell-Strategie:
Erläuterung von Sinn und Zweck des vorgegebenen Ziels
Pbn überzeugen, dass Ziel tatsächlich sinnvoll ist
Einschätzung einer Person über ihr Vermögen, nötige Handlungen zu organisieren und auszuführen, um ein bestimmtes Leistungsniveau zu erreichen (Bandura, 1986)
Personen mit hoher Selbstwirksamkeit
setzen sich selbst höhere Ziele
zeigen höhere Zielbindung bzgl. gesetzten Zielen
finden und benutzen bessere Problemlösestrategien
reagieren positiver auf negatives Feedback
= Rückmeldung über die Ergebnisse
Entscheidend ist Interpretation durch Empfänger
Metaanalyse Neubert (1998):
Effekt von Zielsetzung + Feedback im Vergleich zu Zielsetzung allein d = .63
Effekt ist stärker bei komplexen Aufgaben als bei einfachen Aufgaben
bei komplexen Aufgaben ca. doppelt so starker Effekt wie bei einfachen Aufgaben
=> Feedback erhöht den Effekt von Zielsetzung, und dies vor allem bei komplexen Aufgaben, da das Lernen gefördert wird
Metaanalyse von Wood et al. (1987): Effekte von Zielsetzung auf Leistung in Abhängigkeit von der Aufgabenkomplexität:
Komplexe Aufgaben erfordern gut ausgearbeitete Pläne und Strategien => Leistung hängt stark von Qualität der Pläne und Strategien ab
Einfache Aufgaben erfordern nur Willen zur Leistung => auf diesen wirken Ziele direkt
Praktische Implikationen
Insgesamt gute empirische Bestätigung der Zielsetzungstheorie à Zielsetzung ist sinnvoll
ABER
Formulierte Ziele sollten SMART sein (= spezifisch, messbar, aktiv beeinflussbar, realistisch, terminiert)
Vermeidung von multiplen, inkompatiblen Zielen, von zu komplexen Zielen und von unerreichbaren Zielen —> weniger Ziele, Formulierung von Unterzielen
Vermeidung von zu hohen Zielen, die zu zu riskanten Strategien führen
Partizipative Zielfestlegung oder Vorgabe mittels Tell-and-Sell-Strategie
Praktische Implikationen (neg. Konsequenzen)
Zu spezifische Ziele => Steigerung der individuellen Leistung auf Kosten des Gesamtergebnisses in Verhandlungssituationen (vgl. Nerdinger, 2013)
Zu herausfordernde Ziele => Druck => evtl. unethisches Verhalten
Verfehlen Vpn herausfordernde Ziele —> eher zu unethischem Verhalten bereit als Vpn mit „Geben Sie Ihr Bestes“-Zielen
Besonders wenn Ziel knapp verfehlt wird (Schweitzer, Ordonez, & Duoma, 2004)
Zu herausfordernde Ziele bei Führungskräften => Stress => destruktives Führungsverhalten (Bardes & Piccolo, 2010)
Fazit
Arbeitszufriedenheit ist eine Einstellung zur Arbeit, die sich auf verschiedene Facetten der Arbeit bezieht.
Die Zwei-Faktoren-Theorie betont den Wert des Arbeitsinhalts für die Arbeitszufriedenheit
Job Characteristics Model erklärt, wie Tätigkeiten beschaffen sein müssen, damit sie zufrieden machen
Arbeitszufriedenheit wird auch durch Persönlichkeitsmerkmale beeinflusst.
Eine Vielzahl von Theorien beschäftigt sich mit Arbeitsmotivation, sie unterscheiden sich aber in ihrem Fokus
Wahl von Zielen lässt sich durch VIE-Theorie beschreiben, die Zielrealisierung durch die Theorie der Zielsetzung.
Zielsetzungstheorie ist am besten bestätigt und am einflussreichsten
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