Buffl

Eigentum

LH
by Licia Huber H.

Verhältnis res vindicatio zu Bereicherungsanspruch

  • ist Eigentümer berechtigt, steht ihm gegenüber dem Sachebesitzer kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu

  • ZGB 641 II schliess OR 62 aus


Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten:

  • er kann zunächst einwenden, der Kläger sei nie Eigentümer gewesen

  • er kann sodann einwenden,d ass der Kläger wohl führer (allenfalls) Eignetümer der Sache gewesen sei, dass er (der Beklagte) die Sache jedoch gültig zu Eigentum erworebn habe (Ersitzung nach ZGB 644 ff. und ZGB 728; gutgläubiger Erwerb nach ZGB 933, 935 und 973) und damit das frühere Eigentum des Klägers untergegangen sei

  • er kann schliesslich einwenden, dass er (der Beklagte) einen gültigen Titel zum Besitz der Sache habe, mit anderen Worten einen Sachbesitz auf ein beschränktes dingliches RRecht (etwa auf ein Retentionsrecht) oder auf ein (vom Eigentümer selber bestlltes) obligatorisches Recht stütze. Hierfür trägt der Beklagte die Beweislast. Geling dieser Nachweis, so ist das Vorenthalten der Sache gerechtfertigt, weshalb die Herausgabe klage abgeweisen werde muss

  • BGer Rechtsprechung: ist die Abtretung des Herausgabeanspruchs nicht möglich, und zwar weder in Form einer unselbständigen Vindikationszession noch in Form einer selsbtändigen Vindikationszession

  • Umstritten ist, ob OR 66, wonach nicht zurückgefordert werden kann, was in der Absicht gegeben worden ist, einen rechtswidrigen oder unsittliichen ERfolg herbeizuführen, auf die Vindikation analoge Anwendung findet


BGE 95 II 397

Verletzung des Eigentums. Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen.

1. Art. 641 Abs. 2 ZGB. Unmittelbare, einer Besitzesstörung im Sinne des Art. 928 ZGB gleichkommende Einwirkung auf ein Weggrundstück durch Flugverkehr (Erw. 2 a).

2. Art. 646 und 648 ZGB. Jeder Miteigentümer des von der Störung betroffenen Grundstückes kann die Eigentumsfreiheitsklage erheben, selbst wenn die andern Miteigentümer mit der Störung einverstanden sind (Erw. 2 b).

Im Miteigentum der Nachbarn stehende Weggrundstücke. Grösse der Anteile (Erw. 2 Anfang).

3. Der Einbezug zweier Weggrundstücke, die bisher rein landwirtschaftlichen Zwecken dienten, in einen Flugplatzbetrieb bedeutet eine Änderung ihrer Zweckbestimmung. Hiezu bedarf es bei einem im Miteigentum stehenden Grundstück - sofern nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart ist - nach Art. 648 Abs. 2 ZGB der Zustimmung aller Miteigentümer (Erw. 2 c).

4. Klage auf Verbot des Überrollens zweier Weggrundstücke und des Überfliegens dieser Wege in so geringer Höhe, dass Menschen und Sachen gefährdet werden (Erw. 4 a). Interesse des Klägers an diesem Verbot (Erw. 4 b). Die Mindestflughöhe braucht nicht im Urteil festgelegt zu werden. Aufgaben des Eidgenössischen Luftamtes (Art. 44 Abs. 3 Luftfahrtgesetz und Art. 47, 63 und 81 der dazugehörigen VV) (Erw. 4 c).


2. Im Grundbuch sind keine Quoten der einzelnen Miteigentümer an den beiden Wegparzellen eingetragen. Es handelt sich jedoch um sog. Realrechte, weil das Miteigentum dem jeweiligen Eigentümer der den Wegparzellen benachbarten Grundstücke zusteht. Die Grösse der Anteile richtet sich somit nach diesem Besitz (vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar, N. 9 und 36 und HAAB, Kommentar, N. 2 zu Art. 646 ZGB).

Beim gegebenen Sachverhalt stellt sich in erster Linie dieBGE 95 II 397 S. 401Frage, ob sich der Kläger den Eingriff der Beklagten in sein Eigentum gefallen lassen muss oder nicht.

a) Gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB hat der Eigentümer einer Sache das Recht, jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren. Ungerechtfertigt ist eine Einwirkung immer dann, wenn sie eine unmittelbare ist und somit einer Besitzesstörung im Sinne von Art. 928 ZGB gleichkommt, es sei denn, der Störer könne sich zu seiner Rechtfertigung auf eine gesetzliche Vorschrift oder auf ein dingliches oder vertragliches Recht berufen (BGE 88 II 267 mit Verweisungen; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. Februar 1967 i.S. Erni und Cie c. Galetti; MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 63 Abs. 2, HAAB, a.a.o., N. 42 und LEEMANN, N. 38 zu Art. 641 ZGB). Indem Flugzeuge über die beiden Wege rollen und sie in niedriger Höhe überfliegen, wird zweifellos eine Besitzesstörung bewirkt. Die Beklagte kann sich zur Rechtfertigung weder auf eine gesetzliche Vorschrift noch auf ein dingliches oder vertragliches Recht gegenüber dem Kläger, welcher dem Überrollen und Überfliegen der Wegparzellen nie zugestimmt hat, stützen.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes von Sursee ist die Häufigkeit der Störung oder der Umstand, dass beim Start und bei der Landung der Flugzeuge auf die Wegbenützer Rücksicht genommen wird, unerheblich. Trotz der nötigen Rücksichtnahme kann nicht verhindert werden, dass die Wegberechtigten den Weg nicht benützen können, solange ein Flugzeug startet oder landet. Aus diesem Grunde ist auch die Berechnung, welche die Beklagte in ihrer Berufungsschrift über die zeitliche Inanspruchnahme der Wege durch landende oder startende Flugzeuge vorgenommen hat, bedeutungslos. Zudem dürfte man einer solchen Berechnung nicht nur die Zeit, die ein Flugzeug zum Überrollen oder Überfliegen eines Weges braucht, zugrunde legen, wie es die Beklagte getan hat, sondern es wäre auch die Zeitspanne zu berücksichtigen, die bei jeder Flugbewegung aus Sicherheitsgründen vor dem Begehen oder Befahren des Weges abgewartet werden muss.

Die Beklagte beruft sich auf MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 63 Abs. 1 zu Art. 641 ZGB, wonach sich die Kriterien für die Bestimmung, ob ein Eingriff ungerechtfertigt sei, nicht dem Art. 641 Abs. 2 ZGB entnehmen lassen, sondern zum Teil vom Gesetzgeber in den Bestimmungen des Nachbarrechts gegeben worden sind und zum Teil vom Richter auf dem Wege derBGE 95 II 397 S. 402Rechtsfindung festgelegt werden müssen. Auf den vorliegenden Fall findet diese Kommentarstelle jedoch keine Anwendung, weil es sich eben nicht um eine Verletzung der Bestimmungen über das Nachbarrecht handelt. Es liegt vielmehr eine Besitzesstörung und damit eine unmittelbare Verletzung des Eigentums des Klägers vor.

b) Die Tatsache, dass der Kläger nur Miteigentümer und nicht Alleineigentümer der Wegparzellen Nr. 690 und 693 ist, vermag an sich seinen Anspruch aus Art. 641 Abs. 2 ZGB nicht in Frage zu stellen. Jeder Miteigentümer ist befugt, sich gegen ungerechtfertigte Einwirkungen auf sein Eigentum mit der Eigentumsfreiheitsklage zu wehren und zwar nicht bloss gegen Störungen Dritter, sondern auch gegen solche von Miteigentümern (MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 60 zu Art. 641 und N. 64 und 71 zu Art. 646 ZGB; HAAB, a.a.O., N. 2 zu Art. 648 ZGB). Es spielt deshalb keine Rolle, dass sich im vorliegenden Fall andere Miteigentümer mit der Störung ausdrücklich einverstanden erklärt haben oder dagegen nicht eingeschritten sind.

Art. 648 Abs. 1 ZGB steht dem Vorgehen des Klägers ebenfalls nicht im Wege. Nach dieser Vorschrift ist jeder Miteigentümer befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern verträglich ist. Das Überrollen und Überfliegen der Wege verträgt sich nicht mit dem Recht des Klägers auf ihre ungehinderte Benützung. Ebensowenig wie die Errichtung einer entsprechenden Dienstbarkeit zulasten einzelner Miteigentumsanteile zulässig wäre (LIVER, Kommentar, N. 18 der Einleitung und N. 22 zu Art. 730 ZGB), kann eine inhaltlich ähnliche vertragliche Abmachung zwischen den andern Miteigentümern und der Beklagten den Kläger binden.

c) Nachdem die Beklagte ihren Anspruch nicht auf Art. 641 ZGB stützen kann, bleibt zu prüfen, ob der Kläger auf Grund anderer Vorschriften über das Miteigentum gehalten ist, den Eingriff der Beklagten zu dulden.

Gemäss Art. 647 b ZGB können wichtigere Verwaltungshandlungen mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grössern Teil der Sache vertritt, durchgeführt werden. Darunter fallen u.a. nach der gesetzlichen Aufzählung, die nicht abschliessend ist, die Änderung der Kulturart oder Benutzungsweise und der Abschluss und die Auflösung von Miet- oder Pachtverträgen. Im vorliegenden Fall ist jedoch keinBGE 95 II 397 S. 403solcher Beschluss der Mehrheit der Miteigentümer nachgewiesen worden. Hinsichtlich der Wegparzelle Nr. 690 wäre ein solcher Beschluss gar nicht möglich, da der Kläger zur Hälfte Miteigentümer dieser Parzelle ist. Entscheidend ist jedoch, dass hier nicht bloss eine wichtigere Verwaltungshandlung, sondern eine Veränderung der Zweckbestimmung der Grundstücke in Frage steht, die nach Art. 648 Abs. 2 ZGB der Zustimmung aller Miteigentümer bedarf, sofern diese nicht - was im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen ist - einstimmig eine andere Ordnung vereinbart haben.

Die beiden Weggrundstücke dienten früher rein landwirtschaftlichen Zwecken, nämlich als Zugang zu den landwirtschaftlich beworbenen Grundstücken, an die sie östlich und westlich des Winakanals grenzen. Später wurden sie freilich auch als Zufahrtswege zum Flugplatz westlich der Wina, den die Luzern-Beromünster-Genossenschaft bis zum 31. Dezember 1965 und nachher die Beklagte auf den Grundstücken Nr. 280 (GB Beromünster), 696 und 698 (GB Neudorf) betrieben haben, benützt. In beiden Fällen wurden die Wege aber im wesentlichen nur in ihrer Längsrichtung befahren. In der Berufungsschrift der Beklagten ist auch von Querüberrollungen die Rede, die bei der Wegparzelle Nr. 693 gelegentlich vorkommen konnten, wenn Kaspar Erni, dem die Grundstücke Nr. 714 und 692 beidseits dieser Parzelle gehören, bei landwirtschaftlichen Arbeiten vom einen auf das andere Grundstück fuhr. Das lässt sich jedoch mit dem Überrollen und Überfliegen durch Flugzeuge nicht vergleichen.

Demgegenüber bewirkt die Tatsache, dass die beiden Wege in den Flugplatz der Beklagten einbezogen und demzufolge sehr häufig überrollt und überflogen werden, zweifellos eine Änderung in der Zweckbestimmung der Wegparzellen. Zwar müssen sie nach wie vor als Zufahrtswege zu den Grundstücken des Klägers und Fritz Hüslers westlich der Wina, die keine andere Verbindung zur Kantonsstrasse haben, dienen. Diese Benützungsart der beiden Wegparzellen tritt aber gegenüber der Tatsache, dass sie zum Bestandteil eines Flugplatzes geworden sind, in den Hintergrund. Es handelt sich daher nicht um eine blosse Änderung in der Benutzungsweise im Sinne von Art. 647 b ZGB, sondern um eine einschneidende Änderung der wirtschaftlichen Art der beiden Parzellen, wobei der bisherige Zweck zu einem nebensächlichen geworden ist (MEIER-BGE 95 II 397 S. 404HAYOZ, a.a.O., N. 33 zu Art. 648 ZGB und HAAB, a.a.O., N. 10 zu Art. 647 ZGB).

Es nützt der Beklagten auch nichts, dass sie sich darauf beruft, sie habe die Grundstücke Nr. 691, 692 und 714 gepachtet und dürfe somit auch die Rechte ausüben, die den Eigentümern dieser Grundstücke an den Miteigentumsanteilen der Wegparzellen Nr. 690 und 693 zustehen. Das ist an sich zutreffend; doch können dem Pächter eines Miteigentumsanteils nicht mehr Rechte gegenüber den andern Miteigentümern zustehen als dem Verpächter selber. Wenn dieser nicht zu einer Veränderung der Zweckbestimmung der Sache befugt ist, kann es auch der Pächter nicht sein.

Es ist aus den gleichen Gründen belanglos, dass die Beklagte angeblich durch Erwerb einer vom Grundstück Nr. 689 abgetrennten Parzelle Miteigentümerin der Wegparzelle Nr. 690 geworden ist. Dass diese neue Tatsache gestützt auf Art. 55 Abs. 1 lit. c OG im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden kann, benachteiligt sie deshalb nicht.

3 ...

4. Es bleibt zu prüfen, ob die Berufung des Klägers begründet ist. Dabei stellt sich die Frage, ob das Obergericht des Kantons Luzern mit Recht nur das Überrollen und nicht auch das Überfliegen der beiden Wegparzellen verboten hat.

a) Der Kläger hatte vor dem kantonalen Obergericht zwei Rechtsbegehren gestellt, mit denen er dem Wortlaut nach der Beklagten verbieten lassen wollte, mit dem Flugplatzbetrieb einerseits ungerechtfertigt auf die Wegparzellen Nr. 690 und 693 "einzuwirken" und anderseits Verkehr und Sicherheit von Personen und Sachen auf diesen Parzellen "auf andere Weise" zu beeinträchtigen und zu gefährden. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, richten sich diese Begehren dem Sinne nach gegen das Überrollen und Überfliegen der beiden Parzellen im Zusammenhang mit dem Flugplatzbetrieb der Beklagten. Aus der Klagebegründung konnte zudem ersehen werden, dass sich der Kläger nur insoweit gegen das Überfliegen der Wegparzellen zur Wehr setzt, als es in so niedriger Höhe erfolgt, dass Menschen und Sachen gefährdet werden. Daraus ergibt sich weiter, dass der Kläger seinen Abwehranspruch entgegen dem Wortlaut seines ersten Rechtsbegehrens nicht auf die Vorschriften des Nachbarrechts stützt, also nicht klagt, weil die Beklagte ihr Eigentumsrecht dadurch überschreitet, dass sie inBGE 95 II 397 S. 405übermässiger Weise auf die beiden Wegparzellen einwirkt (Art. 679 und 684 ZGB). Er wendet sich vielmehr nur gegen die unmittelbare Verletzung seines Eigentums, also gegen eine Besitzesstörung, die nach Art. 641 ZGB zu beurteilen ist, wie bereits in Erw. 2 a dargetan wurde.

b) Gemäss Art. 667 Abs. 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht. Dieses Interesse ist hinsichtlich des Luftraumes über einem Grundstück mindestens soweit gegeben, als Menschen und Sachen, die sich darauf befinden, durch den Luftverkehr konkret gefährdet sind. Der Kläger hat mit seinen Rechtsbegehren und Vorbringen deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Luftraum über seinem Grundstück nur innerhalb dieses Mindestanspruches geschützt haben will. Das kantonale Obergericht hat dem Kläger daher zu Unrecht ein Interesse am Verbot des Überfliegens der Wegparzellen in niedriger Höhe abgesprochen und erklärt, er hätte in seinem Rechtsbegehren Nr. 1 präzisieren müssen, unterhalb welcher Flughöhe das Überfliegen verboten werden solle. Ebensowenig trifft die Bemerkung des Obergerichtes zu, es fehle in dieser Beziehung an genügenden Sachbehauptungen. Indem es das Begehren, der Beklagten sei das Überfliegen der Wegparzellen in niedriger Höhe zu verbieten, aus prozessualen Gründen abgewiesen hat, ist das Bundeszivilrecht verletzt worden. Das Begehren wurde - wenn auch mit unklarem Wortlaut - ordnungsgemäss angebracht und war daher materiell zu behandeln (vgl. KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft im schweizerischen Recht, S. 60; GULDENER, Bundesprivatrecht und kantonales Zivilprozessrecht, ZSR 1961 II S. 23 ff.; VOYAME, Droit privé fédéral et procédure civile cantonale, ebendort S. 70 ff.).

c) Im Berufungsverfahren hat der Kläger sein Rechtsbegehren Nr. 2 dahin ergänzt, dass der Beklagten zu verbieten sei, beim Starten und Landen eine Flughöhe unter 60 m einzuhalten. Gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG sind jedoch neue Begehren im Berufungsverfahren vor Bundesgericht ausgeschlossen. Dieses Verbot gilt auch für Ergänzungen, die gegenüber den vor der letzten kantonalen Instanz gestellten Begehren materiellrechtlich abweichen, hingegen nicht für blosse Verdeutlichungen.

BGE 95 II 397 S. 406

Ob der Kläger eine Verdeutlichung oder eine materielle Ergänzung angebracht hat, kann indessen offen bleiben, weil sein ursprüngliches Rechtsbegehren, richtig aufgefasst, gar keiner Ergänzung bedarf. Es braucht nicht festgelegt zu werden, welche Mindestflughöhe in Metern eingehalten werden muss, damit Menschen oder Sachen beim Überfliegen der Wegparzellen nicht gefährdet werden. Vielmehr wird das Eidgenössische Luftamt, das die Bewilligung zum Betrieb des Flugplatzes erteilt hat, zu prüfen haben, ob der Flugbetrieb trotz der Beschränkungen, die sich aus dem Eigentumsrecht des Klägers an den beiden Wegparzellen ergeben, weiterhin aufrecht erhalten werden kann oder ob die Sicherheit der Luftfahrt erfordert, die Bewilligung zu entziehen, bis sich der Kläger und die Beklagte über den Einbezug der beiden Wegparzellen in den Flugbetrieb geeinigt haben werden (vgl. Art. 44 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 sowie Art. 47, 63 und 81 der dazugehörigen Vollziehungsverordnung vom 5. Juni 1950, AS 1950 I S. 471 ff.). Bei Start und Landung von Flugzeugen besitzen die üblichen Höhenvorschriften gemäss Art. 18 Abs. 3 der Verfügung des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartementes über die Verkehrsregeln für Luftfahrzeuge vom 20. Mai 1967 (AS 1967 S. 923 ff. und 1968 S. 157 ff.) ohnehin keine Geltung. Noch weniger könnte es Aufgabe des Zivilrichters sein, bestimmte Flughöhen vorzuschreiben. Seine Zuständigkeit beschränkt sich auf den privatrechtlichen Schutz des Eigentums gegen Besitzesstörungen und übermässige Immissionen (vgl. A. BAI, Luftrecht und Grundeigentum, Zürcher Diss. 1955, S. 92 f., 198 f. und 255 f.). Soweit der Flug- und Flugplatzverkehr auf Piste, Rollfeld, Rollweg und Landebereich des Flugplatzes eine Besitzesstörung an den Parzellen Nr. 690 und 693 darstellt, ist die Berufung des Klägers begründet, und seine Rechtsbegehren sind in diesem Sinne gutzuheissen. Hingegen kann der Flugbetrieb im genannten Umfange nicht schlechthin verboten werden, wie es das Rechtsbegehren Nr. 1 entsprechend seinem Wortlaut verlangt. Ein solches Verbot liesse sich nur rechtfertigen, wenn vom Flugplatzbetrieb übermässig auf die fraglichen Wegparzellen eingewirkt würde (Art. 684 ZGB), ohne dass eine unmittelbare Verletzung des Eigentumsrechts stattfände. Dergleichen wird vom Kläger aber nicht einmal behauptet.

BGE 95 II 397 S. 407

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.- Die Berufung der Berufungsbeklagten wird abgewiesen.

2.- Die Berufung des Berufungsklägers wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern (I. Kammer) vom 4. November 1968 aufgehoben und der Berufungsbeklagten verboten, die Wegparzellen Nr. 690 und 693 GB Neudorf mit Flugzeugen zu überrollen und in so niedriger Höhe zu überfliegen, dass die Sicherheit von Menschen und Sachen auf diesen Parzellen gefährdet wird. Widerhandlungen werden auf Antrag des Berechtigten gemäss Art. 292 StGB mit Haft oder mit Busse bestraft.

BGE 111 II 24

Verletzung von Grundeigentum; Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen (Art. 641 Abs. 2 ZGB).

Wird bei Strassenbauarbeiten auf einem Grundstück unmittelbar in die Substanz des Nachbargrundstücks eingegriffen (Abgrabungen), so hat dessen Eigentümer - gestützt auf Art. 641 Abs. 2 ZGB - einen Anspruch auf Beseitigung des Störungszustandes.


1. Aufgrund der für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass beim Bau der Zufahrtsstrasse zum Grundstück der Beklagten Erdreich von der Parzelle des Klägers abgetragen wurde. Es steht ferner fest, dass durch die Überschreitung der natürlichen Neigung sich im oberen Teil der Böschung kleine Rutschungen ereignet haben.

2. a) Die Beklagte bringt vor, die ungerechtfertigte Einwirkung auf das Grundstück des Klägers habe mit der Beendigung der Strassenbauarbeiten aufgehört. Seither seien nur noch die Folgen der Einwirkung vorhanden. Gegen einen zeitlich zurückliegenden, nicht mehr andauernden Eingriff könne aber nicht mit der Negatorienklage vorgegangen werden. Es bestehe in diesem Fall kein Beseitigungs-, sondern nur ein Schadenersatzanspruch, der aber hier gemäss Art. 60 OR verjährt sei.

b) Im Entscheid 107 II 134 ff. hat das Bundesgericht den Fall, da die schädigende Handlung oder der schädigende Zustand mit einem bestimmten Grundstück verbunden ist und die Wirkungen auf einem andern Grundstück eintreten, klar vom direkten EingriffBGE 111 II 24 S. 26in die Substanz des geschädigten Grundstücks unterschieden. Es hielt fest, dass im ersten Fall mit der Beseitigungsklage gemäss Art. 679 ZGB nur die Beseitigung des den Schaden verursachenden Zustandes auf dem Ausgangsgrundstück, nicht aber die Wiederherstellung des früheren Zustandes auf dem geschädigten Grundstück verlangt werden könne (BGE 107 II 136 f.; im gleichen Sinne auch LIVER, in: ZBJV 119/1983, S. 116). Letzteres ist in der Tat nur auf dem Weg der Schadenersatzklage möglich, sei es mit einem Begehren auf Geldleistung, sei es mit einem solchen auf Naturalersatz. Die Schadenersatzklage unterliegt freilich der Verjährung gemäss Art. 60 OR. Bei einem direkten Eingriff in die Substanz des geschädigten Grundstücks steht dem Eigentümer dagegen der allgemeine Abwehranspruch des Art. 641 Abs. 2 ZGB zu, der dinglicher Natur und unverjährbar ist (vgl. BGE 83 II 198).

c) Wie sich aus den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ergibt, wurde bei den Strassenbauarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten unmittelbar in die Substanz des klägerischen Grundstücks eingegriffen. Dieses wurde durch die Grabungen somit nicht nur im Sinne von Art. 685 Abs. 1 ZGB gefährdet, sondern in Gebrauch und Nutzung unmittelbar beeinträchtigt. Der Störungszustand, der durch das Abtragen von Erdreich auf dem klägerischen Grundstück eingetreten ist, dauert an und ist als dem Eigentum widersprechender Zustand zu qualifizieren (vgl. MEIER-HAYOZ, 5. Aufl., N. 103 zu Art. 641 ZGB; BGE 88 II 267 unten). Der Kläger hat deshalb - und zwar gestützt auf Art. 641 Abs. 2 ZGB - einen Anspruch auf Beseitigung des Störungszustandes. Die Gutheissung der Klage in dem von der Vorinstanz festgehaltenen Sinn verstösst somit nicht gegen Bundesrecht. Bei dieser Sachlage ist der Einrede der Beklagten, ein aus Art. 679 ZGB abgeleiteter Schadenersatzanspruch sei verjährt, der Boden entzogen.

BGer 5A_655/2010

1. 

1.1 Bei der vorliegend strittigen Eigentumsfreiheitsklage und der damit konnexen Widerklage auf Einräumung einer Legalservitut handelt es sich um zivilrechtliche Angelegenheiten vermögensrechtlicher Natur (Art. 72 Abs. 1 BGG, Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hat als letzte kantonale Instanz entschieden (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist mit ihren Anträgen unterlegen, weshalb sie über ein rechtlich geschütztes Interesse verfügt (Art. 76 Abs. 1 BGG in der hier anwendbaren bis zum 31. Dezember 2010 gültigen Fassung, dazu Art. 132 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde ist im Übrigen rechtzeitig erfolgt (Art. 100 Abs. 1 BGG). 

 

1.2 Entgegen den Vorgaben in Art. 112 Abs. 1 lit. d BGG ist dem angefochtenen Entscheid keine Angabe zum Streitwert der jeweiligen Begehren zu entnehmen; das Kantonsgericht geht offenbar stillschweigend von einem unbestimmten Streitwert aus. 

1.2.1 Lauten die Begehren, wie vorliegend, nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, setzt das Bundesgericht den Streitwert nach Ermessen fest (Art. 51 Abs. 2 BGG); dabei sind die Begehren der Haupt- und einer Widerklage grundsätzlich nicht zusammenzurechnen (Art. 53 Abs. 1 BGG). Die Befugnis des Bundesgerichtes, nach Ermessen zu entscheiden, entbindet die Parteien nicht von ihrer grundsätzlichen Pflicht, dem Gericht die sachdienlichen Angaben zur Verfügung zu stellen (Jean-Maurice Frésard, Commentaire de la LTF, 2009, N. 7 und 36 zu Art. 51 BGG). 

1.2.2 Für keines der strittigen Begehren ist die erforderliche Streitwertgrenze von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) erreicht. Bezüglich ihres Hauptbegehrens auf Gutheissung ihrer Eigentumsfreiheitsklage verweist die Beschwerdeführerin selbst auf eine Kostenschätzung des Architekten vom 10. Februar 2006, welcher den finanziellen Aufwand für die Entfernung des Betons auf Fr. 20'000.-- schätzte. Mit ihrem Hinweis auf Unwägbarkeiten und auf die Ausführungen des Kantonsgerichts zum Missverhältnis zwischen den Parteiinteressen vermag sie nicht rechtsgenüglich zu begründen, wieso trotzdem die Streitwertgrenze erreicht sein soll. Im Zusammenhang mit der Widerklage des Beschwerdegegners auf Einräumung einer Überbaudienstbarkeit formuliert die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht ein Begehren um Zusprechung einer Entschädigung von Fr. 40'000.--. Das Begehren ist allerdings neu (Art. 99 BGG) und kann somit auch für die Streitwertberechnung nicht herangezogen werden. Im Lichte der Voraussetzung des genügenden Streitwertes ist die Beschwerde in Zivilsachen somit nicht gegeben, wie dies der Beschwerdegegner zu Recht bemerkt hat. 

1.3 

1.3.1 Nach Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG ist die Beschwerde in Zivilsachen dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Die Beschwerdeführerin sieht eine grundsätzliche Rechtsfrage einmal darin, ob die Eintragung einer resolutiv bedingten Grunddienstbarkeit im Grundbuch zulässig ist. Des weiteren erachtet sie die Frage als von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Verpflichtung des jeweils berechtigten Grundeigentümers, für die Kosten der Beseitigung des "Überbaurechts" dereinst aufzukommen, als Dienstbarkeit im Grundbuch eintragungsfähig ist. Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführerin nicht begründet, inwiefern die Voraussetzung der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erfüllt sein soll (Art. 42 Abs. 2 letzter Satz), ist die entsprechende Voraussetzung vorliegend auch nicht erfüllt: 

1.3.2 Das Bundesgericht nimmt nur mit Zurückhaltung eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung an (BGE 133 III 493 E. 1.1). Entscheidend ist nicht die jeweils konkrete Rechtsfrage, sondern das allgemeine Interesse an einem Präjudiz. Ein solches wurde unter anderem hinsichtlich einer Rechtsfrage bejaht, die infolge der Streitwertgrenze kaum je dem Bundesgericht unterbreitet werden könnte (BGE 134 III 267 E. 1.2.3 S. 270 f.; Urteil 5A_224/2008 vom 3. Dezember 2008 E. 1.2.2). Im Bereich der Eigentumsfreiheitsklage, bei der in der Regel von sehr hohen Streitwerten auszugehen ist, darf angenommen werden, dass die von der Beschwerdeführerin als grundsätzlich aufgeworfenen Fragen später in einem Fall, der den Streitwert erreicht, im Rahmen einer Beschwerde in Zivilsachen geprüft werden können. Von daher ist mit dem Beschwerdegegner im vorliegenden Fall die Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen zu verneinen. Damit ist zu prüfen, ob die Eingabe der Beschwerdeführerin als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen werden kann. 

 

1.4 Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden. In diesem Bereich kommt der Grundsatz der gerichtlichen Rechtsanwendung von Amtes wegen (Art. 106 Abs. 1 BGG) nicht zum Tragen (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Vielmehr gilt das Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Das Bundesgericht prüft nur klar und detailliert erhobene Rügen, die soweit möglich zu belegen sind, während es auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid nicht eintritt (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234; 134 II 244 E. 2.2 S. 246). Die Beschwerdeführerin wirft dem Kantonsgericht nicht nur eine Verletzung von Bundesrecht vor, sondern macht insbesondere auch geltend, das Kantonsgericht habe Art. 2 und Art. 641 Abs. 2 ZGB unhaltbar angewendet. Damit wirft sie der Vorinstanz im Ergebnis eine willkürliche Anwendung eidgenössischen Rechts vor (Art. 9 BV), die sie im Weiteren denn auch begründet. Die Eingabe der Beschwerdeführerin ist somit als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegen zu nehmen. 

 

1.5 In Bezug auf den Farbanstrich und die überragenden Fensterbänke hat das Kantonsgericht das kantonale Rechtsmittel des Beschwerdegegners abgewiesen, was vom Beschwerdegegner nicht beim Bundesgericht beanstandet worden ist. Diese Streitpunkte sind damit definitiv erledigt und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Zu beurteilen bleibt einzig das Schicksal der Betonhinterfüllung. 

 

2. 

Nach den unbestrittenen tatsächlichen Feststellungen des Kantonsgerichts hat der Beschwerdegegner bei der Ausführung des unterkellerten Anbaus auf seiner Parzelle Nr. 1436 GB Z.________ an der Grenze zur Parzelle der Beschwerdeführerin Nr. 1437 GB Z.________, unterirdisch eine Betonhinterfüllung angebracht, die an einzelnen Stellen auf das Grundstück der Beschwerdeführerin hinüberragt. Das Bezirksgericht Liestal hat darin eine Eigentumsverletzung im Sinn von Art. 641 Abs. 2 ZGB erblickt und dem Begehren der Beschwerdeführerin, die angebrachte Betonhinterfüllung sei zu entfernen und der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen, stattgegeben. Demgegenüber hat das Kantonsgericht Basel-Landschaft festgehalten, der auf ihrem Grundstück angebrachte Beton stelle für die Beschwerdeführerin gar keinen ersichtlichen Nachteil dar. Der Aufwand, der für die Entfernung des Betons und die Wiederherstellung des Hinterhofes der Beschwerdeführerin erforderlich wäre, stehe in keinem auch nur ansatzweise vernünftigen Verhältnis zum mit dem Klagebegehren verfolgten Ergebnis. Ein solches Missverhältnis von Interessen stelle einen Fall von Rechtsmissbrauch dar. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin den Gang der Bauarbeiten fortlaufend beobachtet, jedoch erst nach deren Vollendung die Entfernung des Betons verlangt. Dieses Verhalten sei als stossend zu bezeichnen, und zusammen mit dem Missverhältnis des Klagebegehrens im Verhältnis zum Aufwand, den der Beschwerdegegner bei Gutheissung des Begehrens zu gewärtigen hätte, führe dies zur Abweisung der Klage wegen Rechtsmissbrauchs. 

Dagegen wendet die Beschwerdeführerin zunächst ein, die Feststellung der Vorinstanz, sie habe kein aktuelles Interesse an der Entfernung des Betons, sei mit dem Inhalt des Eigentums unvereinbar und folglich unhaltbar. Insgesamt habe die Vorinstanz mit der Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens Art. 2 und Art. 641 ZGB krass verletzt. 

Der Beschwerdegegner schliesst sich der kantonsgerichtlichen Auffassung an. 

 

2.1 Im vorliegenden Fall wird vonseiten des Beschwerdegegners und der Vorinstanz nicht bestritten, dass der unterirdisch in das Grundstück der Beschwerdeführerin hineinragende Beton als ungerechtfertigter Eingriff im Sinn von Art. 641 Abs. 2 ZGB zu werten ist und die Beschwerdeführerin im Lichte von Art. 667 Abs. 1 ZGB über ein Interesse an der Ausübung ihres Eigentumsanspruchs bis in die Tiefe verfügt, wo sich der besagte Beton befindet. Zwar mag zutreffen, dass die Beschwerdeführerin aktuell von der ungerechtfertigten Einwirkung auf ihr Grundstück nicht besonders betroffen ist. Das ändert aber nichts daran, dass dieses Interesse spätestens dann aktuell wird, wenn sie auf ihrem Grundstück am fraglichen Ort eine unterirdische Baute zu erstellen beabsichtigt, wozu sie aufgrund des Grenzbaurechts gegenüber dem Beschwerdegegner berechtigt ist. Abgesehen davon kann der Beschwerdeführerin nicht zugemutet werden, mit der Durchsetzung ihres berechtigten und an sich unverjährbaren Abwehranspruchs (BGE 83 II 193 E. 2 S. 198) zuzuwarten, zumal sie sich nach einer länger andauernden unangefochten geduldeten Einwirkung des Beschwerdegegners unter Umständen das Verbot des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten lassen muss (vgl. dazu: Urteil 5A_40/2009 vom 14. Mai 2009 E. 3.3; ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 117; WOLFGANG WIEGAND, Basler Kommentar Zivilgesetzbuch II, 3. Aufl. 2007, N. 67, je zu Art. 641 ZGB). Der Vorinstanz ist unter dem Gesichtspunkt von Art. 9 BV insoweit nicht beizupflichten, als sie jegliches Interesse aufseiten der Beschwerdeführerin ausschliesst. Denn die Verteidigung ihres Eigentums stellt ein legitimes und folglich ausreichendes Interesse dar. Im Lichte von Art. 9 BV ist somit die Schlussfolgerung der Vorinstanz nicht haltbar, zumal sie wesentliche Elemente tatsächlicher und rechtlicher Art unberücksichtigt lässt. 

 

2.2 Die Vorinstanz begründet den Rechtsmissbrauch der Beschwerdeführerin ferner mit dem Hinweis auf das Missverhältnis zwischen dem Aufwand für die Entfernung des Betons und die Wiederherstellung des Hinterhofes der Beschwerdeführerin und dem mit dem Klagebegehren verfolgten Ergebnis. Sie hat dabei im Rahmen der Prüfung der Verletzung von Art. 2 Abs. 2 ZGB das Verhalten des Beschwerdegegners nicht in ihre Erwägungen miteinbezogen, jedoch an anderer Stelle, nämlich bei der Prüfung des Widerklagebegehrens nach Art. 674 Abs. 3 ZGB festgehalten, der Beschwerdegegner sei gutgläubig gewesen. 

Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz lasse unbeachtet, dass bei Eigentumsverletzungen das Verhältnis zwischen der Störung und dem Aufwand für ihre Beseitigung grundsätzlich keine Rolle spiele. Überdies habe sie im Zusammenhang mit der Frage nach einem eventuellen Rechtsmissbrauch das bösgläubige Verhalten des Beschwerdegegners nicht beachtet. Auch insoweit rügt die Beschwerdeführerin eine krass unrichtige Anwendung von Art. 2 Abs. 2 ZGB. 

Der Beschwerdegegner schliesst sich im Wesentlichen den kantonsgerichtlichen Ausführungen an. 

2.2.1 Der Anspruch auf Beseitigung der Eigentumsstörung gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB richtet sich gegen jede Art der Einwirkung. Ob der Nachteil im Verhältnis zu den Kosten, die der Störer zu seiner Beseitigung aufwenden muss, als geringfügig anzusehen ist, spielt dabei unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich keine Rolle, lässt doch Art. 641 ZGB für derartige Abwägungen keinen Raum (vgl. BGE 68 II 369 E. 4; MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 105 und 117 zu Art. 641 ZGB; WIEGAND, a.a.O., N. 65 und 67 je zu Art. 641 ZGB). Geht es wie hier um einen Anspruch auf ein Tun bzw. Unterlassen, betrachtet die Lehre ein krasses Missverhältnis der Interessen bzw. ein fehlendes oder ungenügendes Interesse eines an sich zustehenden Rechts, als einen möglichen Rechtsmissbrauchstatbestand (Hausheer/Jaun, Die Einleitungsartikel des ZGB, 2003, N. 93 und 97 ff. zu Art. 2 ZGB; Heinrich Honsell, Basler Kommentar, 4. Aufl. 2010, N. 39 und 41 zu Art. 2 ZGB; Hans Merz, Berner Kommentar, 1966, N. 373 ff. zu Art. 2 ZGB; Max Baumann, Zürcher Kommentar, 1998, N. 303 zu Art. 2 ZGB). Allerdings ist offenbarer Rechtsmissbrauch nur mit grösster Zurückhaltung anzunehmen und im Zweifel das formelle Recht zu schützen (Hausheer/ Jaun, a.a.O., N. 90 zu Art. 2 ZGB; Merz, a.a.O., N. 40 zu Art. 2 ZGB); je mehr das zu schützende formelle Recht absolute Geltung beansprucht, desto restriktiver muss Rechtsmissbrauch angenommen werden. Das gilt insbesondere für das absolute Recht auf Eigentum; so ist z.B. mit Merz festzuhalten, dass die genaue Herstellung der Grenze auch für eine kleine Fläche an sich ein legitimes Interesse darstellt (Merz, a.a.O., N. 376 am Ende zu Art. 2 ZGB). Dennoch ist auch bei Eigentumsstörungen Rechtsmissbrauch in der Form eines krassen Missverhältnisses der Interessen denkbar: Dies wird etwa beim Grundeigentümer bejaht, der Kleinkonstruktionen auf einem Geländestreifen von 2 bis 5 cm Breite (ZBJV 93 [1957] S. 439 ff., zit. bei Merz a.a.O., N. 376 am Ende) oder eine rechtswidrige Mauer entfernen lassen möchte, die unmittelbar vor einer rechtmässigen zweiten Mauer liegt (BGE 40 II 335 E. 2 S. 343, zit. bei Merz a.a.O., N. 377). 

Die für oder gegen Rechtsmissbrauch sprechenden Umstände bzw. deren Nachweis ist Tatfrage; Rechtsfrage ist hingegen, ob auf der Basis dieser Umstände der Rechtsmissbrauch zu bejahen oder verneinen ist. 

2.2.2 Überdies wird, wie die Beschwerdeführerin zu Recht bemerkt, bei der Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit eines Verhaltens zu fragen sein, ob und inwieweit das Verhalten der Gegenpartei sich auf deren Recht auswirkt, rechtsmissbräuchliches Verhalten der anderen Partei zu rügen. Nach der im öffentlichen Recht vertretenen Auffassung kann sich z.B. auch ein Bauherr auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit berufen, der nicht gutgläubig gehandelt hat (BGE 132 II 21 E. 6.4 S. 39 f.). Diese Regel, die im Verhältnis zwischen der öffentlichen Hand und Privaten Geltung beansprucht, lässt sich indes nicht ohne Weiteres auf das vom Privatrecht beherrschte Verhältnis zwischen zwei Privaten übertragen. Im Privatrecht verweigert die Lehre vielmehr dem Schuldner die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung aus dem Gesichtspunkt der Berufung auf eigenes Unrecht, wenn zurechenbare Nachlässigkeit die Pflichtverletzung mitbewirkt hat (Merz, a.a.O., N. 387 und N. 540 ff. zu Art. 2 ZGB) oder wenn widerrechtliches Verhalten ausnahmsweise einer Rechtsausübung zugrunde liegt (Merz, a.a.O., N. 550). Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass der Beschwerdegegner, sollte er denn bösgläubig sein, sich nicht auf angeblich rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beschwerdeführerin berufen kann, um deren Eigentumsfreiheitsklage erfolgreich zu begegnen. Dem angefochtenen Urteil lässt sich zwar bei den Erwägungen zum Rechtsmissbrauch (Art. 2 Abs. 2 ZGB) kein Hinweis auf das Verhalten des Beschwerdegegners entnehmen. Das Kantonsgericht hat indes den Beschwerdegegner im Rahmen der Behandlung seiner Widerklage (Art. 674 Abs. 3 ZGB) als gutgläubig bezeichnet. 

2.2.3 Bösgläubig ist, wer in vollem Unrechtsbewusstsein eine bestimmte Handlung vornimmt oder bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte (Art. 3 Abs. 3 ZGB). Die für oder gegen den guten Glauben sprechenden Umstände bzw. deren Nachweis sind eine für das Bundesgericht verbindlich festgestellte Tatfrage (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG). Rechtsfrage ist hingegen, ob auf der Basis der festgestellten tatsächlichen Umstände der gute Glaube zu bejahen oder verneinen ist (BGE 131 III 418 E. 2.3.1 S. 421). 

In tatsächlicher Hinsicht ist erstellt, dass der Beschwerdegegner von einem ähnlichen Verhalten seines Nachbarn betroffen war, wobei die vom Grundstück des Nachbarn in dasjenige des Beschwerdegegners hineinragenden Betonüberschüsse erst anlässlich der Bauarbeiten zum Vorschein gekommen waren. Mithin wusste der Beschwerdegegner, dass er seine Baute nicht so erstellen darf, dass sie in das nachbarliche Grundstück hineinragt. Abgesehen davon darf als Allgemeinwissen vorausgesetzt werden, dass ein Nachbargrundstück nicht ohne rechtliche Grundlage für eigene Zwecke verwendet werden kann. Überdies war dem Beschwerdegegner laut den verbindlichen kantonsgerichtlichen Feststellungen bekannt, dass der Beton wegen der vom Architekten gewählten Methode der Betonhinterfüllung auf das Grundstück der Beschwerdeführerin hineinragt. Soweit das Kantonsgericht angesichts der aufgezeigten tatsächlichen Umstände dennoch von der Gutgläubigkeit des Beschwerdegegners ausgegangen ist, weil er den Ausführungen seines Architekten vertraute, wonach das Vorgehen mit der Betonhinterfüllung den Regeln der Baukunst entspreche, vermag dies den begründeten Willkürvorwurf - entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners - nicht zu entkräften: Der Architekt stand in einem Auftragsverhältnis und damit in gewissem Masse in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Beschwerdegegner; mit Bezug auf die Bauarbeiten war der Architekt gleichsam dessen Hilfsperson. Damit ist offensichtlich, dass der Beschwerdegegner aufgrund einer Auskunft, die ihm eine ihm zuzuordnende Hilfsperson erteilte, von vornherein keine Vertrauensposition erwerben konnte. Sodann hat sich das Kantonsgericht von den Ausführungen des Beschwerdegegners überzeugen lassen, wonach er von der Rechtmässigkeit seines Handelns überzeugt gewesen sein soll, zumal er von Anfang an zur zukünftigen Entfernung des Betons auf eigene Kosten bereit gewesen sei. Mit dem Zugeständnis, den Beton im Bedarfsfall zukünftig einmal auf eigene Kosten zu beseitigen, räumt der Beschwerdegegner im Ergebnis ein, es sei ihm von Anfang an klar gewesen, dass er eigentlich nicht habe auf das Grundstück der Beschwerdeführerin einwirken dürfen. Die Annahme des guten Glaubens durch das Kantonsgericht beruht insgesamt auf einer Würdigung der festgestellten tatsächlichen Umstände, die sich mit Art. 9 BV nicht vereinbaren lässt. 

 

2.3 Zusammenfassend ergibt sich, dass das Kantonsgericht willkürlich den guten Glauben des Beschwerdegegners angenommen hat. Weil dieser bösgläubig war, durfte er sich nach dem Gesagten nicht auf den Rechtsmissbrauch der Beschwerdeführerin berufen. Das hat das Kantonsgericht verkannt und damit Art. 9 BV verletzt. 

 

3. 

Das Kantonsgericht hat die Widerklage des Beschwerdegegners gestützt auf Art. 674 Abs. 3 ZGB gutgeheissen und das Grundbuchamt Liestal zur Eintragung der in lit B des Sachverhalts erwähnten Grunddienstbarkeit angewiesen. Die Beschwerdeführerin weist auf die Bösgläubigkeit des Beschwerdegegners hin und macht geltend, der Widerklage könne mangels Gutgläubigkeit des Beschwerdegegners nicht entsprochen werden. Damit kritisiert sie den angefochtenen Entscheid insoweit als im Ergebnis willkürlich. Der Beschwerdegegner bestreitet die Bösgläubigkeit unter Hinweis auf das angefochtene Urteil. 

Mit der Gutheissung der Hauptklage ist die Widerklage abzuweisen, zumal die in Art. 674 Abs. 3 ZGB erwähnte Voraussetzung des guten Glaubens im vorliegenden Fall - wie dargelegt - nicht erfüllt ist. 

 

4. 

Damit ist die Verfassungsbeschwerde im Sinne des Antrages gutzuheissen; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und der Beschwerdegegner ist zu verurteilen, innert drei Monaten ab Datum dieses Urteils die auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin auf Parzelle Nr. 1437, Grundbuch Z.________, eingebrachte Betonhinterfüllung zu entfernen sowie den ursprünglichen Zustand der Parzelle Nr. 1437, Grundbuch Z.________, wieder herzustellen. Dem Antrag entsprechend ist die Widerklage abzuweisen. Zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen der kantonalen Verfahren ist die Sache an das Kantonsgericht zurückzuweisen. 

 

5. 

Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner die Gerichtskosten des bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen und die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 66 Abs.1 BGG, Art. 68 Abs. 1 BGG). 

 

Demnach erkennt das Bundesgericht: 

 

1. 

Auf die Beschwerde in Zivilsachen wird nicht eingetreten. Die Eingabe wird als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen und gutgeheissen. Das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 6. Juli 2010 wird aufgehoben. 

 

1.1 Der Beschwerdegegner wird verurteilt, innert drei Monaten ab Datum dieses Urteils die auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin auf Parzelle Nr. 1437, Grundbuch Z.________, eingebrachte Betonhinterfüllung zu entfernen sowie den ursprünglichen Zustand der Parzelle Nr. 1437, Grundbuch Z.________, wieder herzustellen. 

 

1.2 Die Widerklage wird abgewiesen. 

 

2. 

Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt. 

 

3. 

Der Beschwerdegegner hat die Beschwerdeführerin für das Verfahren vor Bundesgericht mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 

 

4. 

Die Sache wird zwecks Regelung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung der kantonalen Verfahren an das Kantonsgericht Basel-Landschaft zurückgewiesen. 

 

5. 

Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 

BGE 132 III 155

Art. 641 Abs. 2 ZGB, Art. 922 ff. ZGB; Übertragung von Besitz und Eigentum an einer Fahrnissache.Eine Besitzanweisung (Art. 924 Abs. 1 ZGB) setzt gestuften Besitz voraus. Anerkennt der unmittelbare Besitzer die Herrschaft des mittelbaren Besitzers nicht (mehr) an, verliert dieser seinen Besitz und kann eine Sache nicht mittels Besitzanweisung übertragen (E. 4).Die Übergabe einer Sache mittels longa manu traditio (Art. 922 Abs. 2 ZGB) setzt eine offene Besitzlage sowie den unmittelbaren Besitz des Veräusserers voraus. Fehlen diese Voraussetzungen ist eine Besitzübertragung durch longa manu traditio ausgeschlossen (E. 5).Unzulässigkeit der unselbstständigen Vindikationszession: Die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB stellt kein zulässiges Traditionssurrogat dar. Durch die Abtretung des Vindikationsanspruchs kann kein Eigentum an einer Sache übertragen werden (E. 6.1).Unzulässigkeit der selbstständigen Vindikationszession: Der Herausgabeanspruch gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB kann nicht selbstständig, d.h. ohne gleichzeitige Übertragung des Eigentums an der Sache, abgetreten werden (E. 6.2).Der Kläger kann seine Legitimation zur Vindikationsklage nur dann auf eine Bevollmächtigung stützen, wenn dem Vollmachtgeber selber die Herausgabeklage überhaupt zustünde (E. 7).


4. Die Kläger behaupten zur Hauptsache, der Besitz - und damit auch das Eigentum - sei durch Besitzanweisung übertragen worden.

4.1 Nach Art. 924 Abs. 1 ZGB kann ohne Übergabe der Besitz an einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter auf Grund eines besonderen Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt. Voraussetzung einer solchen Besitzanweisung ist gestufter Besitz: Ein selbstständiger mittelbarer Besitzer (z.B. Vermieter) hat die Sache dem Gewahrsam eines Dritten (z.B. Mieter) überlassen, der unselbstständigen unmittelbaren Besitz daran hat. Der Besitz an der Sache geht über, sobald dies zwischen dem Veräusserer und dem Erwerber vereinbart worden ist. Die Benachrichtigung des Dritten ist für den Übergang der Sache auf den Erwerber als neuer selbstständiger mittelbarer Besitzer nicht nötig (BGE 109 II 144 E. 3d S. 150; BGE 112 II 406 E. 5c S. 420).

Hingegen ist erforderlich, dass der Dritte (unselbstständiger unmittelbarer Besitzer) die Herrschaft des Veräusserers anerkennt.BGE 132 III 155 S. 159Er muss für diesen besitzen. Ist diese Voraussetzung nicht (mehr) gegeben, geht der Besitz des mittelbar Besitzenden unter - ungeachtet der Rechtmässigkeit des Handelns des Dritten (BGE 54 II 244 E. 2 S. 246; EMIL W. STARK, Berner Kommentar, 2001, N. 20 zu Art. 920 ZGB; A. HOMBERGER, Zürcher Kommentar, 1938, N. 7 zu Art. 920 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, 3. Aufl. 1997, N. 224). Er kann ihn damit auch nicht (mehr) durch Besitzanweisung übertragen.

So besitzt beispielsweise ein Dieb nicht für den Bestohlenen; er anerkennt dessen Herrschaft nicht. Der Bestohlene verliert damit den Besitz an der gestohlenen Sache und kann sie deshalb nicht mittels Besitzanweisung übertragen (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 8 f. zu Art. 924 ZGB; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 924 ZGB; JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 2. Aufl. 2003, N. 166; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 273a).

4.2 Im vorliegenden Fall haben nach verbindlicher Sachverhaltsfeststellung (Art. 63 Abs. 2 OG) die Beklagten die Herrschaft der Erbengemeinschaft E. über das strittige Mobiliar nie anerkannt. Sie haben das Mobiliar nicht für diese besessen. Vielmehr waren sie der Auffassung, die M. AG sei mittelbare und selbstständige Besitzerin der Sachen. Während der Dauer des Mietverhältnisses haben die Beklagten demnach für diese besessen. Nach dem Kauf des Hotelbetriebs im Jahr 1998 hielt sich schliesslich der Beklagte V. für den Eigenbesitzer des Mobiliars. Da folglich die Erbengemeinschaft E. keinen selbstständigen und mittelbaren Besitz an den Sachen haben konnte, erweist sich eine Besitzübertragung durch Besitzanweisung an die Kläger als ausgeschlossen. Damit konnte ihnen die Erbengemeinschaft auf diese Weise auch kein Eigentum daran verschaffen. Die Berufung erweist sich insoweit als unbegründet.

5. Die Kläger machen weiter geltend, das Hotelmobiliar sei ihnen durch Besitzvertrag übereignet worden. Es sei gleich zu behandeln wie Baumstämme oder Bausteine.

5.1 Nach Art. 922 Abs. 2 ZGB ist die Übergabe der Sache vollzogen, sobald sich der Empfänger mit Willen des bisherigen Besitzers in der Lage befindet, die Gewalt über die Sache auszuüben. Charakteristisch an dieser longa manu traditio (Übertragung der offenen Besitzlage; Besitzvertrag) ist die offene Besitzlage: Der Erwerber muss die Möglichkeit haben, ohne weiteres Zugriff auf die SacheBGE 132 III 155 S. 160zu nehmen und die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben. In der Lehre wird als Beispiel für eine offene Besitzlage regelmässig der im Wald gelegene Ster Holz angeführt (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 37 zu Art. 922 ZGB; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 13 zu Art. 922 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 268). Zudem muss der Veräusserer unmittelbaren Besitz an der Sache haben, damit er diesen an den Erwerber übertragen kann (EMIL W. STARK, a.a.O., N. 49 f. zu Art. 922 ZGB; A. HOMBERGER, a.a.O., N. 12 zu Art. 922 ZGB; HEINZ REY, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. Aufl. 2000, N. 1721).

5.2 Im vorliegenden Fall sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt: Einerseits liegt keine offene Besitzlage vor; das strittige Mobiliar hat sich im Gewahrsam der Beklagten befunden und die Kläger hatten darauf nie eine tatsächliche Zugriffsmöglichkeit. Andererseits war die Erbengemeinschaft E. - wie oben ausgeführt (E. 4.2) - nicht unmittelbare Besitzerin des Mobiliars. Damit ist auch eine Besitzübertragung durch longa manu traditio ausgeschlossen.

6. Als Nächstes stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit der Vindikationszession, auf welche die Kläger sich berufen. Dabei sind zwei Formen auseinander zu halten: Erstens die Abtretung des dinglichen Herausgabeanspruchs als Traditionssurrogat zur Übertragung von Eigentum (unselbstständige Vindikationszession), und zweitens die Abtretung des Vindikationsanspruchs ohne Absicht der gleichzeitigen Eigentumsübertragung (selbstständige Vindikationszession).

6.1 Die Anerkennung der unselbstständigen Vindikationszession als Traditionssurrogat würde dem nicht besitzenden Eigentümer erlauben, sein Eigentumsrecht an einer Fahrnissache an einen Dritten zu übertragen. Namentlich könnte der Bestohlene, dem - wie oben dargelegt (E. 4.1) - die Besitzanweisung nicht zur Verfügung steht, auf diese Weise eine ihm gestohlene Sache veräussern.

6.1.1 Das deutsche Recht - welches grundsätzlich wie das schweizerische dem Traditionsprinzip folgt - anerkennt die Abtretung des Herausgabeanspruchs als Ersatz für eine Übergabe. Es regelt diesen Tatbestand ausdrücklich in § 931 BGB (vgl. WOLFGANG WIEGAND, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl. 1989, N. 10 ff. zu § 931 BGB, mit zahlreichen Hinweisen).

Im ZGB fehlt eine solche rechtliche Grundlage. Namentlich lässt sich die Zulässigkeit der Vindikationszession nicht aus Art. 922BGE 132 III 155 S. 161Abs. 1, 2. Halbsatz ZGB ableiten. Unter "Mittel" gemäss dieser Bestimmung ist ein technisches Mittel wie beispielsweise ein Schlüssel zu einem Warenlager zu verstehen. Durch die Übergabe der Mittel wird unmittelbarer Besitz an der Sache verschafft (BGE 109 II 144 E. 3b S. 148 f.). Diese Voraussetzung ist durch die Zession des Herausgabeanspruchs, welcher als rechtliches Mittel angesehen werden kann, nicht erfüllt (FELICITAS EINSELE-WILI, Die Vindikationszession, Diss. Zürich 1975, S. 100; EMIL W. STARK, a.a.O., N. 22 zu Art. 922 ZGB; a.M.: KARL OFTINGER, Von der Eigentumsübertragung an Fahrnis, Diss. Bern 1933, S. 36 f.).

6.1.2 Es stellt sich die Frage, ob das Gesetz eine zu füllende Lücke enthält, da es dem nicht (unmittelbar oder mittelbar) besitzenden Eigentümer keine Möglichkeit zur Verfügung stellt, sein Recht auf einen Dritten zu übertragen, und diese Lücke durch die Zulassung der Eigentumsübertragung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs zu füllen ist. Im vorliegenden Fall steht die Konstellation im Vordergrund, in der ein Dritter die Sache in seinem Gewahrsam hat.

Dabei ist zu beachten, dass sich der historische Gesetzgeber bewusst für das Traditionsprinzip (und gegen das Vertragsprinzip) ausgesprochen hat. Gleichzeitig hat er erkannt, dass sich dieses nicht ohne Ausnahmen anwenden lässt und hat daher solche ausdrücklich geregelt (vgl. z.B. Votum Berichterstatter Huber vom 13. Juni 1906, Sten.Bull. 1906 N S. 565). Da er sich der Problematik bewusst gewesen ist und eine entsprechend differenzierte Lösung getroffen hat, lässt sich aus der Nichterwähnung der Vindikationszession eher auf ein qualifiziertes Schweigen schliessen. Zudem ist die praktische Bedeutung gering, und als zulässige Alternative steht die Bevollmächtigung zur Ausübung des Eigentumsanspruchs zur Verfügung, evtl. mit Übertragung des Eigentumsrechts durch brevi manu traditio, sobald der Bevollmächtigte in den Besitz der Sache gelangt ist (FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 101 u. 105; PAUL PIOTET, ZSR 81/1962 I S. 158).

6.1.3 Damit ist festzuhalten, dass durch die Abtretung des Herausgabeanspruchs das Eigentum an einer Fahrnissache nicht übertragen werden kann, da dies mit dem Traditionsprinzip nicht zu vereinbaren ist (gl.M.: FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 97 ff.; a.M.: HANS HINDERLING, Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 441; ROBERT HAAB, Zürcher Kommentar, 1977, N. 37 zu Art. 641 ZGB und N. 64 zu Art. 714 ZGB).BGE 132 III 155 S. 162

6.2 Weiter ist zu entscheiden, ob die selbstständige Vindikationszession zulässig ist, also die Abtretung des Herausgabeanspruchs ohne Absicht der Eigentumsübertragung.

6.2.1 Das Bundesgericht hat sich bisher mit dieser Frage nur am Rande beschäftigt: In BGE 122 III 1 war als Klägerin in einem Vindikationsprozess eine Versicherung aufgetreten, welcher im Gegenzug zur Leistung einer Entschädigung sämtliche Rechte an den gestohlenen Sachen abgetreten worden waren. Die Frage ihrer Aktivlegitimation war aber im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittig (BGE 122 III 1 E. 2 S. 2).

In BGE 131 III 217, in welchem es um die Abtretung einer (künftigen) Getreideernte ging, hat das Bundesgericht festgehalten, dass dem aus der Abtretung Berechtigten kein dingliches Recht an der Ernte zustehe, welches er erga omnes geltend machen könnte (BGE 131 III 217 E. 4.1 S. 221).

JÖRG SCHMID und BETTINA HÜRLIMANN-KAUP leiten aus einem nicht publizierten Urteil des Bundesgerichts die Zulässigkeit der Abtretbarkeit des Herausgabeanspruchs ab (JÖRG SCHMID/BETTINA HÜRLImann-Kaup, a.a.O., N. 668): In diesem Entscheid wird festgehalten, dass der mittelbare Besitzer, der erfolgreich mit der Vindikationsklage nach Art. 641 Abs. 2 ZGB belangt worden ist, die Sache aber selber nicht herausgeben kann, verpflichtet ist, dem Kläger seinen eigenen Herausgabeanspruch gegen den Dritten abzutreten (Urteil 5C.119/2002 vom 31. Juli 2002, E. 3.3). Das Bundesgericht hat aber in diesem Urteil nicht präzisiert, ob es sich dabei um einen dinglichen oder nur um einen obligatorischen Herausgabeanspruch handelt.

In BGE 102 III 94 hat das Bundesgericht zudem - in teilweiser Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtsprechung - die grundsätzliche Pfändbarkeit des dinglichen Herausgabeanspruchs anerkannt. Indes hat es gleichzeitig präzisiert, dass ein Herausgabeanspruch für sich allein der Pfändung und Arrestierung nicht unterliegt, sondern stets auf das ihm zu Grunde liegende (dingliche oder obligatorische) Vermögensrecht gegriffen werden muss (BGE 102 III 94 E. 5d S. 108).

6.2.2 In der Lehre ist die Frage der selbstständigen Abtretbarkeit des Vindikationsanspruchs strittig: MAX WOLFF bejaht die Zessionsfähigkeit mit Blick auf ein fehlendes ausdrückliches Abtretungsverbot sowie die Praktikabilität (MAX WOLFF, Wesen undBGE 132 III 155 S. 163Voraussetzungen der Zession, Diss. Zürich 1916, S. 193 ff.). Ihm schliessen sich namentlich die Autoren des Zürcher Kommentars an (A. HOMBERGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 924 ZGB; ROBERT HAAB, a.a.O., N. 37 zu Art. 641 ZGB).

Verneint wird die Abtretbarkeit durch PAUL PIOTET mit der Begründung, der Herausgabeanspruch verkörpere das Eigentumsrecht selbst bzw. sei ein von diesem untrennbarer Bestandteil; die selbstständige Zession des Herausgabeanspruchs würde bedeuten, das Eigentumsrecht zu zerstückeln (PAUL PIOTET, a.a.O., S. 158). ARTHUR MEIER-HAYOZ bejahte zunächst die Zulässigkeit der Vindikationszession (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1959, N. 49 zu Art. 641 ZGB), tendiert aber später unter Bezugnahme auf die Kritik von PIOTET zur Unzulässigkeit (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 73 zu Art. 641 ZGB). Ebenfalls dagegen sprechen sich ANDREAS VON TUHR und ARNOLD ESCHER aus, da der Eigentümer nach der Abtretung nicht mehr in der Lage wäre, sein Recht geltend zu machen und fremde Eingriffe abzuwehren. Ein solcher schutzloser Zustand des Eigentums sei für das schweizerische Recht abzulehnen (ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II, 3. Aufl. 1974, S. 351 f.). Auch PETER LIVER tendiert zur Ablehnung (PETER LIVER, Schweizerisches Privatrecht, Bd. V/1, 1977, S. 27 Fn. 5).

Ausführlich mit der Problematik der Vindikationszession setzt sich FELICITAS EINSELE-WILI auseinander: Sie prüft die Anwendung der Zessionsregeln auf die Vindikation und stellt zunächst fest, dass diese grundsätzlich ein Vermögensrecht darstelle. Sie sei aber in ihrem Bestand dauernd vom zu Grunde liegenden dinglichen Recht abhängig. Ihre Zession könne deshalb - selbst wenn man ihre Zulässigkeit postulieren wolle - die Funktionen, die sie erfüllen sollte, gar nicht erfüllen. Sie bringe dem Zessionar zwar den Vorteil, von einem Besitzer unter privativem Ausschluss des Zedenten die Herausgabe der Sache an sich selbst zu verlangen. Aber der Eigentumsverlust des Zedenten hätte den Untergang der Vindikation zur Folge. Schliesslich verbiete die besondere Funktion der Vindikation die Anwendung der Zessionsregeln. Denn die Vindikation habe auch im schweizerischen Recht ausschliesslich die Funktion, das dingliche Recht zur Geltung zu bringen. Sie bezeichne das subjektive Recht des Eigentümers, die Sache in seine Herrschaftsgewalt zurückzuführen, sobald durch die Trennung von Eigentum und Besitz ein dem Recht widersprechender tatsächlicherBGE 132 III 155 S. 164Zustand bestehe. Gestützt auf diese Erwägungen kommt die Autorin zum Schluss, die Vindikation hebe sich nicht inhaltlich, aber funktionell entscheidend von all den anderen Ansprüchen auf Sachherausgabe ab. Ihre selbstständige Abtretbarkeit sei daher zu verneinen (FELICITAS EINSELE-WILI, a.a.O., S. 92 ff.).

Die neuere Lehre tendiert - soweit sie zu dieser Frage überhaupt Stellung bezieht - zur Ablehnung der selbstständigen Abtretbarkeit (ablehnend: HEINZ REY, a.a.O., N. 2040; THEO GUHL/ALFRED Koller, Das schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 34 N. 16; WOLFGANG WIEGAND, Basler Kommentar, 2003, N. 56 zu Art. 641 ZGB; PAUL-HENRI STEINAUER, a.a.O., N. 1024b; Frage offen lassend: EMIL W. STARK, a.a.O., N. 9 zu Art. 924 ZGB; ders., Basler Kommentar, 2003, N. 5 zu Art. 924 ZGB; JÖRG SCHMID/ BETTINA HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., N. 668; Frage eher bejahend: DIETER ZOBL, Berner Kommentar, 1982, N. 712 f. zu Art. 884 ZGB).

6.2.3 Das Eigentum als dingliches Recht zeichnet sich - neben der unmittelbaren Herrschaft über die Sache - durch die absolute Ausschlusswirkung gegenüber Dritten aus (ARTHUR MEYER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 1 zu Art. 641 ZGB; HEINZ REY, a.a.O., N. 208). Die äussere Erscheinungsform dieser Ausschlusswirkung ist die Vindikationsklage, also das Recht von jedem Dritten sein Eigentum herauszuverlangen. Die Vindikation ist vollständig abhängig vom Bestand des dinglichen Rechts. Geht das Eigentum unter, fällt auch der Vindikationsanspruch dahin. Eigentum und Vindikation sind damit eine untrennbare Einheit. Die Abtretung der Vindikation würde zu einer Aushöhlung des Eigentumsrechts führen. Sie ist daher abzulehnen.

6.3 Dementsprechend ist zusammenfassend festzuhalten, dass die Kläger ihre Aktivlegitimation weder auf eine selbstständige noch eine unselbstständige Zession des Herausgabeanspruchs am Hotelmobiliar stützen können, und sich ihre Berufung insoweit als unbegründet erweist.

7. Damit ist als Letztes noch zu prüfen, ob der Abtretungs- und Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 zwischen der Erbengemeinschaft E. und den Klägern als Bevollmächtigung zur Geltendmachung des Vindikationsanspruchs (vgl. E. 6.1.2 oben) angesehen werden könnte.BGE 132 III 155 S. 165

7.1 Die Kläger können aus einer Bevollmächtigung nur dann ihre Legitimation ableiten, wenn E. bzw. seine Erben Eigentum am Mobiliar erworben haben und ihnen selber die Vindikation überhaupt zustünde. Der Gerichtspräsident hat in einer Eventualerwägung festgehalten, auch zwischen der L. AG und E. habe keine gültige Eigentumsübertragung stattgefunden. Das Obergericht hat sich dieser Auffassung durch Verweis angeschlossen.

7.1.1 E. bzw. seine Erben stützen ihren Eigentumserwerb auf den Darlehens- und Pfandvertrag vom 19. April 1996 und die anschliessende Pfandverwertung vom 3. Juli 1997.

Art. 884 Abs. 1 ZGB statuiert das Faustpfandprinzip: Für die Begründung eines Pfandrechts ist also die Übertragung des Besitzes an der Pfandsache erforderlich. Pfandbesitz kann zwar auch mittels Besitzanweisung nach Art. 924 ZGB begründet werden, indes scheitert vorliegend die Gültigkeit einer Besitzanweisung an den oben erwähnten Gründen (vgl. E. 4). Zudem ist die Benachrichtigung des Dritten bei der Bestellung eines Faustpfandes - im Gegensatz zur Übertragung von Eigentum - Gültigkeitsvoraussetzung (BGE 109 II 144 E. 3d S. 150). Dass die Beklagten von der Pfandbestellung benachrichtigt worden wären, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen und wird von den Klägern auch nicht behauptet. Damit hat kein gültiges Pfandrecht entstehen können, so dass der Pfandverwertung vom 3. Juli 1997 der Boden entzogen ist.

7.1.2 Der Gerichtspräsident hat weiter festgehalten, die L. AG und E. hätten das Eigentum am Hotelmobiliar selbst dann übertragen wollen, wenn sie von der Nichtigkeit des Pfandvertrages gewusst hätten. Demnach wäre die private "Versteigerung" vom 3. Juli 1997 als kaufvertragsähnliches Geschäft zu würdigen: E. übernimmt das Hotelmobiliar zu einem "Kaufpreis" von Fr. 60'000.-. Wegen fehlender Besitzübertragung und der Unzulässigkeit der Vindikationszession sei indes die Eigentumsübertragungskette bereits hier unterbrochen.

Dieser Auffassung kann zugestimmt werden: Auch wenn man die Vereinbarung vom 3. Juli 1997 als Kaufvertrag deutete, scheitert die Gültigkeit der Eigentumsübertragung daran, dass keine Besitzübertragung bzw. kein zulässiges Traditionssurrogat vorliegt. Es kann auf die vorangehenden Erwägungen verwiesen werden (E. 4-6).BGE 132 III 155 S. 166

7.2 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bereits an einem gültigen Eigentumserwerb am Mobiliar durch E. fehlt, so dass auch seinen Erben das Eigentum und damit der Herausgabeanspruch nicht zustehen kann. Folglich können die Kläger ihre Aktivlegitimation nicht auf eine Bevollmächtigung durch die Erbengemeinschaft stützen.

Damit kann offen bleiben, inwieweit mit dem Abtretungs- und Übereignungsvertrag vom 30. Oktober 2002 ein Verstoss gegen die Vorschriften über die Berechtigung zur Prozessvertretung vorliegt. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang eine Verletzung von kantonalem Recht geltend machen, kann ohnehin auf die Berufung nicht eingetreten werden (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

BGE 142 III 220

Art. 649a Abs. 1 ZGB; Art. 354, Art. 358 und Art. 393 lit. b ZPO; Schiedsklausel in einer Nutzungs- und Verwaltungsordnung einer Miteigentümergemeinschaft; Zuständigkeitsrüge.

Grundsätze der Zuständigkeitsrüge nach Art. 393 lit. b ZPO (E. 3.1); Umfang der gesetzlichen Sukzession nach Art. 649a Abs. 1 ZGB mit Blick auf Schiedsklauseln (E. 3.4.1); Gültigkeit statutarischer Schiedsklauseln (E. 3.4.2 und 3.4.3) und Anwendung im konkreten Fall (E. 3.4.4); objektive Schiedsfähigkeit (E. 3.5).


3.1 Die für die interne Schiedsgerichtsbarkeit in Art. 393 lit. b ZPO vorgesehene Zuständigkeitsrüge entspricht jener für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG (SR 291; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7405 Ziff. 5.25.8 zu Art. 391 E-ZPO; Urteil 4A_627/2011 vom 8. März 2012 E. 3.1). Das Bundesgericht prüft die Zuständigkeitsrüge in rechtlicher Hinsicht frei, einschliesslichBGE 142 III 220 S. 224materieller Vorfragen, von deren Beantwortung die Zuständigkeit abhängt (BGE 140 III 477 E. 3.1, BGE 140 III 134 E. 3.1; je mit Hinweisen). Demgegenüber überprüft es tatsächliche Feststellungen des angefochtenen Schiedsentscheids auch im Rahmen der Zuständigkeitsrüge nicht, da es an den vom Schiedsgericht festgestellten Sachverhalt gebunden ist und diesen weder ergänzen noch berichtigen kann (vgl. Art. 77 Abs. 2 i.V.m. Art. 97 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Nur wenn gegenüber den Sachverhaltsfeststellungen zulässige Rügen im Sinne von Art. 393 ZPO vorgebracht oder ausnahmsweise Noven berücksichtigt werden (Art. 99 BGG), kann das Bundesgericht die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Schiedsentscheids überprüfen (vgl. BGE 138 III 29 E. 2.2.1 S. 34 mit Hinweisen).

3.2 Die Schiedsklausel in Ziff. IV des Verwaltungsreglements datiert aus der Zeit vor Inkrafttreten der ZPO am 1. Januar 2011. Gemäss Art. 407 Abs. 1 ZPO beurteilt sich im Binnenverhältnis die Gültigkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden, nach dem für sie günstigeren Recht. Der Schiedsrichter ging unangefochten und zutreffend davon aus, dass die formellen Anforderungen der ZPO an eine Schiedsvereinbarung gegenüber denjenigen des früheren kantonalen Rechts günstiger sind, und prüfte dementsprechend das Vorliegen einer Schiedsvereinbarung und deren Auswirkung auf die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nach Massgabe der ZPO (vgl. BGE 140 III 367 E. 2.1).

3.3 Der Schiedsrichter hielt fest, dass die schriftlich festgehaltene Schiedsklausel in Ziff. IV des Verwaltungsreglements das Formerfordernis nach Art. 358 ZPO erfülle. Für die Einhaltung der Form sei irrelevant, dass die Schiedsvereinbarung ursprünglich nicht zwischen den heutigen Parteien, sondern zwischen C. und dem Beschwerdeführer abgeschlossen worden ist, da eine eigenständige Unterzeichnung der Vereinbarung nicht erforderlich sei. Das Formerfordernis der Schriftlichkeit betreffe nur die Existenz einer Schiedsvereinbarung, während gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Ausdehnung auf einen Dritten kein Thema der Form sei (unter Hinweis auf BGE 129 III 727 E. 5.3.1). Die im Verwaltungsreglement enthaltene Schiedsklausel gelte sodann bereits aufgrund von Art. 649a Abs. 1 ZGB, wonach die von den Miteigentümern vereinbarte Nutzungs- und Verwaltungsordnung und die von ihnen gefassten Verwaltungsbeschlüsse sowie die gerichtlichen Urteile und Verfügungen auch für den Rechtsnachfolger eines MiteigentümersBGE 142 III 220 S. 225und für den Erwerber eines dinglichen Rechtes an einem Miteigentumsanteil verbindlich seien. Das Bundesgericht habe in BGE 110 la 109 die Verbindlichkeit einer Schiedsklausel für Rechtsnachfolger eines Miteigentümers nämlich nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sondern von der Erfüllung der Voraussetzungen abhängig gemacht, die nach kantonalem Prozessrecht erfüllt sein müssten. Der Anwendbarkeit der im Verwaltungsreglement F. enthaltenen Schiedsklausel auf die Parteien stünden nun aber keine (formellen) Bestimmungen der ZPO entgegen. Die Schiedsvereinbarung stehe zudem in einem direkten Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung des Miteigentums. Es sei deshalb nicht ersichtlich, weshalb die im Verwaltungsreglement enthaltene Schiedsklausel nicht von Art. 649a Abs. 1 ZGB erfasst sein und automatisch auf die Rechtsnachfolgerin von C., d.h. die Beschwerdegegnerin, übergehen sollte. Schliesslich ergebe sich aus Ziff. V.3 des Verwaltungsreglements, dass jeder Miteigentümer verpflichtet sei, die sich aus dem Verwaltungsreglement F. ergebenden Verpflichtungen einem Rechtsnachfolger zu überbinden. Sämtliche Verpflichtungen inklusive die Schiedsvereinbarung sollten somit auch für allfällige Rechtsnachfolger gelten. Der Beschwerdeführer habe sich im Verwaltungsreglement F. ausdrücklich gegenüber allfälligen Rechtsnachfolgern verpflichtet und könne sich nun nicht im Nachhinein auf die Unverbindlichkeit der Schiedsvereinbarung gegenüber der Beschwerdegegnerin als Rechtsnachfolgerin von C. berufen.

3.4 Diese Erwägungen vermag der Beschwerdeführer im Ergebnis nicht als unrichtig auszuweisen:

3.4.1 Die Nutzungs- und Verwaltungsordnung der Miteigentümer gemäss Art. 647 ZGB ist ein Vertrag mit gesellschaftsrechtlichem Einschlag (Urteil 5A_380/2013 vom 19. März 2014 E. 3.1). Nach Art. 649a Abs. 1 ZGB sind diese Ordnung und die von den Miteigentümern gefassten Verwaltungsbeschlüsse sowie gerichtlichen Urteile und Verfügungen auch für den Rechtsnachfolger eines Miteigentümers und für den Erwerber eines dinglichen Rechtes an einem Miteigentumsanteil verbindlich. Die vereinbarte Nutzungs- und Verwaltungsordnung ist damit für jeden Erwerber eines Miteigentumsanteils kraft Gesetzes verbindlich, und zwar unabhängig davon, ob dieser den Inhalt des Reglements überhaupt kennt (Urteile 5D_98/2012 vom 14. August 2012 E. 3.3; 5C.177/2006 vom 19. Dezember 2006 E. 4.1). Aus Art. 649a Abs. 1 ZGB folgt insoweit eine gesetzliche Sukzession in die Rechte und Pflichten, die sich aus der Nutzungs- und Verwaltungsordnung ergeben.BGE 142 III 220 S. 226

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt diese Sukzession indessen nur bezüglich denjenigen Bestimmungen der Nutzungs- und Verwaltungsordnung, die einen unmittelbaren Bezug zur gemeinschaftlichen Verwaltung und Nutzung der Sache haben (BGE 123 III 53 E. 3a; BGE 110 Ia 106 E. 4c; Urteil 5A_499/2010 vom 20. Dezember 2010 E. 6.1). Was eine Schiedsklausel in der Nutzungs- und Verwaltungsordnung anbelangt, hat das Bundesgericht im publizierten Entscheid BGE 110 Ia 106 E. 4 S. 108 ff. offengelassen, ob eine solche auch von der gesetzlichen Sukzessionswirkung des Art. 649a Abs. 1 ZGB erfasst werde; im (unpublizierten) Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001 E. 3c/aa kam es dann zum Schluss, dass eine Schiedsklausel nicht bereits kraft Art. 649a Abs. 1 ZGB auf den Erwerber eines Miteigentumsanteils übergehe. In beiden Entscheiden hielt das Bundesgericht aber fest, dass sich die Wirkung der Verwaltungs- und Nutzungsordnung einer Miteigentümergemeinschaft jener von Statuten juristischer Personen annähere, womit die Gültigkeit von Schiedsklauseln für neue Miteigentümer nach den gleichen Massstäben zu beurteilen sei, die für Schiedsklauseln in Statuten juristischer Personen hinsichtlich neu eintretender Mitglieder (Gesellschafter, Aktionäre) gelten (BGE 110 Ia 106 E. 4d ff.; Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001 E. 3c/bb-cc). Nach der früheren, für die interne Schiedsgerichtsbarkeit geltenden Regelung von Art. 6 Abs. 2 des Konkordats vom 27. März 1969 über die Schiedsgerichtsbarkeit (AS 1969 1093) bedurfte es hierzu einer schriftlichen Beitrittserklärung zur juristischen Person mit einer ausdrücklichen Bezugnahme auf die Schiedsabrede (BGE 110 Ia 106 E. 4e). Diese konkordatsrechtliche Spezialregelung war für das Bundesgericht denn auch ausschlaggebend dafür, Art. 649a Abs. 1 ZGB nicht direkt auf Schiedsklauseln anzuwenden, da eine bundesrechtliche Norm den Kantonen nicht vorschreiben konnte, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Schiedsklauseln in den Statuten von Körperschaften für nachträglich eintretende Mitglieder gelten lassen müssen (BGE 110 Ia 106 E. 4f).

3.4.2 Anders als das frühere Konkordatsrecht enthält der heute geltende 3. Teil der ZPO keine ausdrückliche Bestimmung zur Gültigkeit von Schiedsklauseln, die sich in den Statuten juristischer Personen befinden. Ausweislich der bundesrätlichen Botschaft soll sich die Gültigkeit statutarischer Schiedsklauseln nach der allgemeinen Norm von Art. 358 ZPO richten, wonach die Schiedsvereinbarung schriftlich oder in einer anderen Form zu erfolgen hat, die denBGE 142 III 220 S. 227Nachweis durch Text ermöglicht. Damit gelten gemäss der Botschaft für die Binnenschiedsgerichtsbarkeit nunmehr die gleichen Grundsätze wie für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit nach Art. 178 Abs. 1 IPRG (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221, 7395 zu Art. 356; so auch bereits der Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission vom Juni 2003, S. 168; sodann STEFANIE PFISTERER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. III, 2014, N. 6 und 17 zu Art. 358 ZPO; TARKAN GÖKSU, Schiedsgerichtsbarkeit, 2014, N. 519).

3.4.3 Zur Gültigkeit statutarischer Schiedsklauseln unter dem 12. Kapitel IPRG hat sich das Bundesgericht bisher nur punktuell geäussert. Im bereits erwähnten Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001, wo es - wie im vorliegenden Fall - um die Gültigkeit einer Schiedsklausel in der Nutzungs- und Verwaltungsordnung bezüglich eines neuen Miteigentümers ging, hielt das Bundesgericht fest, dass eine statutarische Schiedsklausel die ursprünglichen Miteigentümer binde, welche die entsprechenden Statuten verabschiedet und unterzeichnet haben. Neue Miteigentümer seien hingegen nur dann an die Schiedsklausel gebunden, wenn sie diese in Textform akzeptieren (Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001 E. 3c/cc). Ein solches nach Art. 178 Abs. 1 IPRG formgültiges Akzept liege dabei spätestens dann vor, wenn sich der neue Miteigentümer als Schiedskläger in seiner (schriftlichen) Schiedsklage auf die Schiedsklausel beruft (Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001 E. 3d/bb).

In der heutigen Lehre sowohl zum IPRG als auch zur ZPO wird mehrheitlich vertreten, dass statutarische Schiedsklauseln zunächst die Gründungsmitglieder binden, welche die Statuten unterzeichnet haben, weiter aber auch neu eintretende Mitglieder eo ipso mit dem Erwerb eines vorbestehenden Mitgliedschaftsanteils (z.B. Aktien oder Stammanteile), ohne dass im Erwerbsakt in Textform ausdrücklich auf die Statuten geschweige denn die Schiedsklausel verwiesen werden müsste. Nur wo die Mitgliedschaft nicht an den Erwerb eines vorbestehenden Mitgliedschaftsanteils gebunden ist (und insoweit kein Rechtsnachfolgetatbestand vorliegt), wie etwa bei einem Beitritt zu einem Verein oder einer Genossenschaft, bedürfe es in der Beitrittserklärung auch noch eines Globalverweises auf die Statuten (PFISTERER, a.a.O., N. 17 zu Art. 358 ZPO; FELIX DASSER, in: ZPO, Oberhammer und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 358 ZPO; DANIEL GIRSBERGER, in: Basler Kommentar, SchweizerischeBGE 142 III 220 S. 228Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 30a zu Art. 357 ZPO; BRUNO COCCHI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [...], 2011, S. 1500;BERGER/KELLERHALS, International and Domestic Arbitration in Switzerland, 3. Aufl. 2015, N. 467; DIETER GRÄNICHER, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N. 68 ff. zu Art. 178 IPRG; CHRISTOPH MÜLLER, in: Arbitration in Switzerland, The Practicioner's Guide, Arroyo [Hrsg.], 2013, N. 73 ff. zu Art. 178 IPRG). Einzelne Autoren sind noch liberaler und wollen auch im letzteren Fall einen in Textform nachweisbaren Beitrittsakt genügen lassen, ohne dass dabei auch noch (global) auf die Statuten zu verwiesen werden bräuchte (KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, International Arbitration, Law and Practice in Switzerland, 2015, N. 3.90; GÖKSU, a.a.O., N. 520; wohl auch PIERRE-YVES TSCHANZ, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, 2011, N. 45 zu Art. 178 IPRG).

Auch in der älteren aktienrechtlichen Lehre wurde vertreten, dass sich ein Aktionär bereits mit dem Erwerb einer Aktie der statutarischen Schiedsklausel unterwerfe (CHRISTOPH VON GREYERZ, Die Aktiengesellschaft, in: SPR Bd. VIII/2, 1982, S. 194). Diese Auffassung wird freilich von BÖCKLI aus aktienrechtlicher Sicht in Frage gestellt: Er ist der Auffassung, dass der Verzicht auf die staatlichen Gerichte und die Unterwerfung unter ein Schiedsgericht verpflichtenden Charakter aufweise und damit in einem Spannungsfeld zum aktienrechtlichen Grundsatz stehe, wonach ein Aktionär zu nichts anderem verpflichtet sei als zur Liberierung seiner Aktien. Nach BÖCKLImuss ein Aktionär daher einer statutarischen Schiedsklausel ausdrücklich zustimmen, damit sie ihm gegenüber Wirksamkeit entfaltet (PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 16 N. 150). Die gleichen aktienrechtlichen Überlegungen stellen auch BÜCHLER und VON DER CRONE an, die ebenfalls eine ausdrückliche Zustimmung zur Schiedsklausel verlangen (BÜCHLER/VON DER CRONE, Die Zulässigkeit statutarischer Schiedsklauseln, SZW 3/2010 S. 261 ff.). In der Gesetzgebung zeichnet sich indessen eine gegenteilige Entwicklung ab, welche der Haltung der oben referierten zivilprozessualen Literatur entspricht: Gemäss Art. 697l Abs. 1 des Vorentwurfs des Bundesrats vom 28. November 2014 zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht) können die Statuten für die Beurteilung gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten ein Schiedsgericht vorsehen; diese statutarische Schiedsklausel ist "gegenüber allen Aktionären, der Gesellschaft und den OrganenBGE 142 III 220 S. 229verbindlich". Ausweislich des Erläuternden Berichts zum Vorentwurf (www.bj.admin.ch/dam/data/bj/wirtschaft/gesetzgebung/aktienrechtsrevision14/vn-ber-d.pdf, S. 117 f.) soll damit entgegen den Bedenken in der aktienrechtlichen Literatur "eine klare gesetzliche Grundlage für statutarische Schiedsklauseln" geschaffen werden; "neu hinzukommende Aktionärinnen und Aktionäre" würden "mit dem Erwerb der Aktionärsstellung ipso iure der Schiedsklausel" unterliegen; ein "zusätzliches Zustimmungs- und Formerfordernis" bestehe nicht. Der Vorschlag des Bundesrats wurde in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst (Bericht zur Vernehmlassung zum Vorentwurf vom 28. November 2014 zur Änderung des Obligationenrechts [Aktienrecht] vom 17. September 2015, S. 32).

3.4.4 Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin mit der Einreichung des Gesuchs vom 25. Oktober 2013 an das Bezirksgericht Höfe um Ernennung eines Schiedsrichters ausdrücklich und in Textform ihre Zustimmung zur Schiedsklausel bekundet. An diese ist selbstredend auch der Beschwerdeführer gebunden, der die Schiedsklausel bei der Verabschiedung der Nutzungs- und Verwaltungsordnung eigenhändig unterzeichnet hat. Er macht zwar in seiner Beschwerde geltend, dass er nur gegenüber C., also dem Rechtsvorgänger der Beschwerdegegnerin, eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen habe. Dieser Einwand geht aber fehl, ist es doch gerade die Eigenheit statutarischer Schiedsklauseln, dass diese nicht nur gegenüber den anderen Gründungsmitgliedern verbindlich sind, sondern auch gegenüber deren Rechtsnachfolgern (so implizit Urteil 4P.113/2001 vom 11. September 2001 E. 3c/cc). Im vorliegenden Fall haben dies C. und der Beschwerdeführer in Ziff. V.2 und V.3 des Verwaltungsreglements auch noch ausdrücklich vereinbart: Danach soll dieses Reglement (dessen Bestandteil die in Ziff. IV enthaltene Schiedsklausel bildet) für alle Rechtsnachfolger an der Liegenschaft GBBl. z verbindlich sein, wobei die Miteigentümer verpflichtet sind, ihren Rechtsnachfolgern die reglementarischen Verpflichtungen zu überbinden. Inwiefern damit die Schiedsklausel für den Beschwerdeführer gegenüber der Rechtsnachfolgerin von C. nicht mehr bindend sein soll, ist unerfindlich.

3.5 Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, die vom Schiedsgericht beurteilte Angelegenheit betreffe die Frage, ob eine gewisse Verwaltungshandlung bezüglich der im Miteigentum stehenden Liegenschaft notwendig sei. Gemäss Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB bestehe ein Anspruch, dass diese Frage von einem staatlichenBGE 142 III 220 S. 230Gericht beurteilt werde, womit vorliegend nicht nur keine formgültige Schiedsvereinbarung zustande gekommen, sondern auch die objektive Schiedsfähigkeit nicht gegeben sei.

Auch dieser Einwand geht fehl. Jeder Miteigentümer kann gestützt auf Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB vor Gericht verlangen, dass die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache notwendigen Verwaltungshandlungen durchgeführt werden (Urteil 5A_407/2015 vom 27. August 2015 E. 3.1). Ausweislich der Feststellungen im angefochtenen Schiedsspruch hat sich die Beschwerdegegnerin in ihrer Schiedsklage nun aber gerade nicht auf Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB berufen und das Schiedsgericht auch nicht um die Anordnung einer notwendigen Verwaltungshandlung im Sinne dieser Norm ersucht. Vielmehr hat sie sich auf die in Ziff. IV des Verwaltungsreglements getroffene Vereinbarung berufen, wonach sich die Parteien bei jeglichen Pattsituationen hinsichtlich Fragen, welche die Miteigentümerschaft betreffen, dem Entscheid eines Schiedsrichters unterwerfen. Damit haben die Parteien einen gegenseitigen Anspruch auf Zustimmung zu einem Beschlussantrag vereinbart, wobei nach schiedsrichterlichem Ermessen zu bestimmen ist, wem dieser Anspruch im konkreten Fall zusteht. Dabei handelt es sich um einen vermögensrechtlichen Anspruch, über den die Parteien ohne weiteres im Sinne von Art. 354 ZPO frei verfügen, d.h. darauf verzichten oder sich darüber vergleichen können. Die objektive Schiedsfähigkeit ist gegeben. (...)

BGE 136 III 261

Art. 647d Abs. 2 und Art. 647e Abs. 2 ZGB; bauliche Massnahmen beim Stockwerkeigentum; Vetorecht des nicht zustimmenden Stockwerkeigentümers.

Die Vorschriften über bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB betreffen beim Stockwerkeigentum die gemeinschaftlichen Teile und berücksichtigen die unterschiedlichen Interessen der Stockwerkeigentümer mit verschieden hohen Zustimmungserfordernissen (E. 2). Das Vetorecht des nicht zustimmenden Stockwerkeigentümers gegen nützliche und luxuriöse bauliche Massnahmen setzt ein Nutzungs- und Gebrauchsrecht voraus, dessen Ausübung durch die rechtsgültig beschlossenen Änderungen oder Arbeiten im Gesetzessinne beeinträchtigt wird (E. 3). Ein ausschliessliches Nutzungs- und Gebrauchsrecht an gemeinschaftlichen Teilen bedarf der Grundlage im Reglement oder in einem Beschluss der Stockwerkeigentümergemeinschaft und kann nicht formlos begründet werden (E. 4).


2. Das Obergericht hat die Gültigkeit des angefochtenen Beschlusses nach den Bestimmungen über bauliche Massnahmen gemäss Art. 647c ff. ZGB geprüft. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 712a ZGB.

2.1 Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grundstück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen (Art. 712a Abs. 1 ZGB). Während die bauliche Ausgestaltung der im Sonderrecht stehenden Gebäudeteile im Abschnitt über das Stockwerkeigentum geregelt ist (Art. 712a Abs. 2 ZGB), wird für die baulichen Massnahmen an den gemeinschaftlichen Teilen auf die Bestimmungen über das Miteigentum verwiesen (Art. 712g Abs. 1 ZGB). Die Gesamtsache betreffende bauliche Massnahmen werden in notwendige (Art. 647c ZGB), nützliche (Art. 647d ZGB) und luxuriöse (Art. 647e ZGB) eingeteilt mit je unterschiedlichen Zustimmungserfordernissen für ihre Anordnung im Einzelfall (vgl. BGE 130 III 441 E. 3.4 S. 448 f.). Auf diese Vorschriften verweist vorbehaltlos das Benutzungs- und Verwaltungsreglement der Beschwerdegegnerin.

2.2 Die Terrasse vor den zu Sonderrecht ausgeschiedenen Räumen für das Restaurant und die Bank steht als Teil des Bodens der Liegenschaft kraft Gesetzes (vgl. Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB) im gemeinschaftlichen Eigentum aller Stockwerkeigentümer, so dass die Zulässigkeit baulicher Massnahmen nach Art. 647c ff. ZGB zu beurteilen ist. Seinen gegenteiligen Standpunkt begründet der Beschwerdeführer mit der Interessenlage. Er macht geltend, die bauliche Veränderung der Terrasse vor den Bankräumen sei aus der Sicht der Gesamtsache weder notwendig noch nützlich noch luxuriös, sondern werde ausschliesslich zum Vorteil der Bank Z. gestattet. Richtig ist, dass die Art. 647c ff. ZGB beim Stockwerkeigentum die baulichen Massnahmen im gemeinschaftlichen Interesse betreffen (vgl. MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1981, N. 8 zu Art. 647c ZGB). ObBGE 136 III 261 S. 264die Bank Z. die Terrasse vor den Bankräumen baulich umgestalten darf, ist jedoch auch eine Frage, die das gemeinschaftliche Interesse angeht (z.B. Mitbenutzung der Terrasse, spätere Wiederherstellung usw.), selbst wenn das Hauptinteresse an der baulichen Veränderung bei der Bank Z. liegt. Die Interessenlage berücksichtigt das Gesetz durch die unterschiedlichen Zustimmungserfordernisse, die umso höher sind, je weniger die bauliche Massnahme der Gesamtsache zum Vorteil gereicht. Die bauliche Massnahme (z.B. der Anbau eines Balkons), die ausschliesslich der Wertsteigerung eines einzigen Anteils dient, ist deshalb eher zu den luxuriösen als zu den nützlichen baulichen Massnahmen zu zählen (vgl. BRUNNER/WICHTERMANN, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 3. Aufl. 2007, N. 3 zu Art. 647d ZGB; zur Abgrenzung im Einzelfall: BGE 130 III 441 E. 3.3-3.5 S. 447 ff.; Urteile 5C.110/2001 vom 15. Oktober 2001 E. 5b und 5C.264/2006 vom 30. März 2007 E. 5, in: ZBGR 86/2005 S. 257 und 89/2008 S. 246).

2.3 Entgegen der Annahme des Beschwerdeführers sind die Art. 647c ff. ZGB hier anwendbar. Da keine notwendige bauliche Massnahme in Frage gestanden ist, hat das Obergericht beurteilt, ob die bauliche Massnahme die Voraussetzungen der Art. 647d oder Art. 647e Abs. 2 ZGB erfüllt. Die gesetzlich vorgeschriebene Zustimmung der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, hat mit 23 Kopfstimmen und 797 Wertquoten gegen 5 Kopfstimmen und 111 Wertquoten vorgelegen. Streitig ist, ob dem nicht zustimmenden Beschwerdeführer ein Vetorecht zusteht. Denn nützliche bauliche Massnahmen, die einem Stockwerkeigentümer den Gebrauch oder die Benutzung der Sache zum bisherigen Zweck erheblich und dauernd erschweren oder unwirtschaftlich machen, können nicht ohne seine Zustimmung durchgeführt werden (Art. 647d Abs. 2 ZGB), und mit Mehrheitsbeschluss angeordnete luxuriöse bauliche Massnahmen können gegen den Willen eines nicht zustimmenden Stockwerkeigentümers ausgeführt werden, sofern dieser durch sie in seinem Nutzungs- und Gebrauchsrecht nicht dauernd beeinträchtigt wird und die übrigen Stockwerkeigentümer ihm für eine bloss vorübergehende Beeinträchtigung Ersatz leisten und seinen Kostenanteil übernehmen (Art. 647e Abs. 2 ZGB). Das Gesetz gewährleistet damit einen gewissen Minderheitenschutz, der allerdings nicht voraussetzungslos besteht und im Vergleich zum Erfordernis der Einstimmigkeit, z.B. für Zweckänderungen (Art. 648 Abs. 2 ZGB), abgeschwächt ist (vgl. zum Minderheitenschutz imBGE 136 III 261 S. 265Stockwerkeigentum: BGE 131 III 459 E. 5 S. 461 ff.; für einen Anwendungsfall bei baulichen Massnahmen: Urteil 5C.110/2001 vom 15. Oktober 2001 E. 5d/bb, in: ZBGR 86/2005 S. 259 f.).

3. Nach Ansicht des Obergerichts setzt das Vetorecht eine geschützte Rechtsposition voraus und begründet die blosse Duldung des Gastwirtschaftsbetriebs auf der Terrasse kein Vetorecht gegen nützliche oder luxuriöse bauliche Massnahmen. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 647d Abs. 2 ZGB und macht geltend, der Tatbestand fordere für ein Veto kein Recht oder gar Sondernutzungsrecht für den bisherigen Nutzer.

3.1 Das gesetzliche Vetorecht setzt im Fall von Art. 647e Abs. 2 ZGB eine Beeinträchtigung des Rechts auf Nutzung und Gebrauch voraus, verlangt hingegen im Fall von Art. 647d Abs. 2 ZGB, dass der Gebrauch oder die Benutzung der Sache zum bisherigen Zweck erheblich und dauernd erschwert oder unwirtschaftlich gemacht wird. Die unterschiedliche Formulierung des Vetorechts findet sich auch in den französischen und italienischen Gesetzestexten (Art. 674e Abs. 2 ZGB: "droit d'usage et de jouissance" bzw. "diritto d'uso e di godimento"; Art. 647d Abs. 2 ZGB: "l'usage ou la jouissance de la chose selon sa destination actuelle" bzw. "l'uso o il godimento cui la cosa era fino allora destinata").

3.2 Das Vetorecht gemäss Art. 647d Abs. 2 ZGB schützt den Gebrauch und die Nutzung der Sache zum bisherigen Zweck. Es steht damit vor dem Hintergrund des auch im Stockwerkeigentum anwendbaren Art. 648 ZGB, wonach jeder Miteigentümer namentlich befugt ist, die Sache insoweit zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern verträglich ist (Abs. 1), und wonach insbesondere die Veränderung der Zweckbestimmung der Sache der Übereinstimmung aller Miteigentümer bedarf, soweit diese nicht einstimmig eine andere Ordnung vereinbart haben (Abs. 2). Ein Gebrauch und eine Nutzung, die zweckwidrig oder mit den Rechten der anderen Stockwerkeigentümer unverträglich sind, können das Vetorecht gemäss Art. 647d Abs. 2 ZGB deshalb nicht begründen. Dabei bedürfen Gebrauch und Nutzung von gemeinschaftlichen Teilen - wie hier - durch einen Stockwerkeigentümer mit Ausschlusswirkung gegenüber anderen Stockwerkeigentümern einer schuldrechtlichen Grundlage (z.B. eines Sondernutzungsrechts) oder einer dinglichen Berechtigung (z.B. einer Dienstbarkeit), sollen sie rechtswirksam ausgeübt werden können (vgl. MEIER-HAYOZ/REY, Berner Kommentar, 1988, N. 37 ff. zu Art. 712g ZGB; WERMELINGER, LaBGE 136 III 261 S. 266propriété par étages, 2008, N. 143-145 und 151 ff. zu Art. 712a ZGB). Eine bloss geduldete Nutzung oder ein auf Zusehen hin gestatteter Gebrauch schaffen keine Berechtigung (vgl. Urteil 5C.40/2006 vom 18. April 2006 E. 9, in: ZBGR 88/2007 S. 473, betreffend Benutzung eines Weges) und sind unter Vorbehalt eines Verstosses gegen das Verbot offenbaren Rechtsmissbrauchs jederzeit widerrufbar (vgl. BGE 127 III 506 E. 4 S. 512 ff.). Entgegen der allenfalls missverständlichen Formulierung des Gesetzestextes setzt das Vetorecht gemäss Art. 647d Abs. 2 ZGB - gleich wie dasjenige nach Art. 647e Abs. 2 ZGB - ein Recht auf Nutzung und Gebrauch voraus.

3.3 Aus den dargelegten Gründen ist die obergerichtliche Ansicht richtig, der Beschwerdeführer könne sich einer nützlichen wie einer luxuriösen baulichen Massnahme nur widersetzen, wenn ihm ein Recht auf den Gebrauch oder die Nutzung der Terrasse zustehe, dessen Ausübung die von der Beschwerdegegnerin beschlossene bauliche Massnahme im Gesetzessinne erschwere oder unwirtschaftlich mache (Art. 647d Abs. 2 ZGB) oder beeinträchtige (Art. 647e Abs. 2 ZGB). Blosse Duldung der Nutzung oder des Gebrauchs begründet kein Vetorecht.

4. Das Obergericht hat ein Gebrauchs- oder Nutzungsrecht des Beschwerdeführers verneint. Es ist davon ausgegangen, der Beschwerdeführer verfüge weder über ein Sonderrecht noch über ein Sondernutzungsrecht noch über die Zustimmung der anderen Stockwerkeigentümer, die Terrasse vor dem Restaurant und teilweise vor der Bank für seinen Gastwirtschaftsbetrieb zu nutzen. Das langjährige Dulden der Nutzung bedeute keine geschützte Rechtsposition, die das Vetorecht begründe. Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung betreffend die Zustimmung der Stockwerkeigentümer und reicht vor Bundesgericht die Bau-, Gastwirtschafts- und Gewässerschutzpublikation für das Restaurant vom 29. September 1983 ein. Daraus und aus dem Gründungsakt ergebe sich sein spezialvertragliches Nutzungsrecht an der Terrasse.

4.1 Das eingereichte Bewilligungsgesuch wurde den kantonalen Gerichten nicht vorgelegt. Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit neuer Vorbringen sind in der Beschwerde zu begründen (vgl. BGE 133 III 393 E. 3 S. 395). Eine darauf bezogene Begründung fehlt. Der Beschwerdeführer legt dar, dass das heute nachgereichte Bewilligungsgesuch für die kantonalen GerichteBGE 136 III 261 S. 267gerichtsnotorisch und kein Novum sei. Weshalb es für das Bundesgericht nicht neu und unzulässig ist, begründet der Beschwerdeführer nicht. Der nachträglich eingereichte Beleg kann nicht berücksichtigt werden. Willkür oder andere Verfassungsverletzungen gegenüber den kantonalen Gerichten, die die angebliche Notorietät verkannt haben sollen, rügt der Beschwerdeführer nicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beweiswert des neu eingereichten Belegs ist im Übrigen fraglich. Zum einen handelt es sich lediglich um die Veröffentlichung des Bewilligungsgesuchs, so dass damit nicht belegt werden kann, welche Bewilligungen tatsächlich erteilt wurden. Zum anderen soll das Gesuch "ca. 28 Plätze" auf einer Terrasse umfassen, so dass in dieser ungefähren Angabe ("ca.") sowohl die vom Beschwerdeführer beanspruchten 32 Plätze als auch die nach der Umgebungsgestaltung ihm verbliebenen 24 Plätze unter Willkürgesichtspunkten als erfasst gelten könnten. Für den genauen Inhalt des angeblichen Nutzungsrecht erscheint der nachgereichte Beleg insoweit als wenig beweiskräftig.

4.2 Die Terrasse zwischen dem Wohn- und Geschäftsgebäude und dem B.-bach kann einem Stockwerkeigentümer kraft Gesetzes nicht zu Sonderrecht zugeschieden werden, handelt es sich doch um den Boden der Liegenschaft (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 1 ZGB). Der Beschwerdeführer behauptet ein besonderes Nutzungsrecht an der Terrasse auf Grund des Begründungsaktes. Er widerspricht damit der Erklärung des damaligen Notars an der Versammlung der Stockwerkeigentümer vom 14. Mai 2007, wonach die Benutzung der Terrasse durch den Beschwerdeführer von der Beschwerdegegnerin bis jetzt geduldet worden sei, der Beschwerdeführer aber kein eigentliches Recht auf die Terrasse besitze und diesbezüglich auch kein Sondernutzungsrecht bestehe. Der damalige Notar ist zwar der heutige Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin, doch spricht für die Richtigkeit seiner Erklärung, dass das Benutzungs- und Verwaltungsreglement der Beschwerdegegnerin ausdrücklich Sondernutzungsrechte, z.B. an der Dachterrasse, begründet, aber gerade nicht an der Terrasse im Erdgeschoss, und dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers an der Versammlung der Stockwerkeigentümer vom 14. Mai 2007 beantragt hatte, die Beschlussfassung über die Umgebungsgestaltung auszusetzen, "damit ein Sondernutzungsrecht erarbeitet werden kann". Daraus darf unter Willkürgesichtspunkten gefolgert werden, dass vor Einleitung des Anfechtungsprozesses allseits Einigkeit geherrscht hat, es bestehe kein SondernutzungsrechtBGE 136 III 261 S. 268des Beschwerdeführers an der Terrasse. Die daherige Beweiswürdigung des Obergerichts erweist sich insgesamt nicht als willkürlich (Art. 9 BV; vgl. zum Begriff: BGE 134 V 53 E. 4.3 S. 62; BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Aber selbst wenn zu Gunsten des Beschwerdeführers angenommen werden wollte, Sondernutzungsrechte an der Terrasse im Erdgeschoss seien vergessen worden und das Reglement insoweit lückenhaft, müsste davon ausgegangen werden, dass sich ein derartiges Recht auf die Terrasse unmittelbar vor dem Restaurant beschränkte und nicht auf die Terrasse vor den Fenstern der Bank erstreckte, zumal das Reglement im Erdgeschoss verschiedene Geschäftsräume zu Sonderrecht ausscheidet mit im Zweifelsfalle gleichen Nutzungsbefugnissen für alle Gewerbetreibenden. Darüber gehen die Forderungen des Beschwerdeführers indessen hinaus.

4.3 Aus den dargelegten Gründen kann nicht beanstandet werden, dass das Obergericht ein Nutzungs- und Gebrauchsrecht und damit ein Vetorecht des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 647d Abs. 2 und Art. 647e Abs. 2 ZGB verneint hat. Es durfte insoweit auch offenlassen, ob die genehmigte bauliche Massnahme als nützliche oder luxuriöse zu betrachten ist. Soweit der Beschwerdeführer behaupten will, ein Nutzungsrecht könne auch formlos eingeräumt werden, kann ihm nicht gefolgt werden. Der Vertrag über die Einräumung eines Sondernutzungsrechts bedarf keiner besonderen Form, setzt aber einen ordnungsgemäss zustande gekommenen Beschluss der Versammlung der Stockwerkeigentümer, d.h. einen schriftlichen Zirkulationsbeschluss oder einen mündlich gefassten und protokollierten Beschluss voraus, bestimmten Stockwerkeigentümern ein vertragliches Recht auf ausschliessliche Nutzung gewisser gemeinschaftlicher Teile einzuräumen (Urteil 5C.264/2006 vom 30. März 2007 E. 3.2, in: ZBGR 89/2008 S. 244, mit Hinweis auf BGE 127 III 506 E. 3 S. 508 ff.). Am Nachweis eines entsprechenden Beschlusses der Stockwerkeigentümerversammlung fehlt es im vorliegenden Fall.

BGE 141 III 357

Art. 647c-647e i.V.m. Art. 712g Abs. 1 ZGB; bauliche Massnahmen an gemeinschaftlichen Teilen im Partikularinteresse einzelner Stockwerkeigentümer.

Liegt eine bauliche Massnahme an einem gemeinschaftlichen Teil im ausschliesslichen Interesse eines oder weniger Stockwerkeigentümer, ist sie aus der Optik der Gemeinschaft als luxuriös anzusehen (E. 3).


2. Das Bezirksgericht wies das Gesuch ab, weil der Begründungsakt von einem "alleinigen Benützungsrecht gemäss Reglement" spreche und die Begehbarkeit der Dachfläche nach Auslegung des Reglementes nicht bezweckt worden sei.

Das Obergericht befand, der Prozess drehe sich vielmehr um die Frage, ob die beantragten baulichen Massnahmen notwendig im Sinn von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB seien. Dabei müssten die Fragen der Begehbarkeit der Dachfläche und der Notwendigkeit der Plattenverlegung auseinandergehalten werden. Bei der beantragten Anordnung handle es sich um eine Leistungsklage; die Feststellung des Umfangs der Begehbarkeit der Dachfläche sei nicht Verfahrensgegenstand, auch nicht vorfrageweise, denn selbst bei Bejahung der Begehbarkeit zufolge dahingehender Auslegung des Reglements würde dies nicht bedeuten, dass hierfür ein Plattenbelag notwendig wäre.BGE 141 III 357 S. 359

Das Obergericht erwog weiter, bei notwendigen baulichen Massnahmen gehe es um die Erhaltung des durch die bestehende Bausubstanz definierten Wertes. Die Beschwerdeführer würden nicht dartun, dass ohne die Verlegung der Platten die bestehende Bausubstanz beeinträchtigt oder zumindest gefährdet wäre. Bei der Errichtung der Liegenschaft sei nur ein Teil der Dachfläche mit Platten belegt worden. Daraus sei die durch die Bausubstanz definierte Gebrauchsfähigkeit ersichtlich und die bauliche Massnahme müsse daher auf den Erhalt der Gebrauchsfähigkeit des bereits mit Platten versehenen Abschnitts abzielen. Die anbegehrte bauliche Massnahme könne mithin nicht als notwendig im Sinn des Gesetzes qualifiziert werden.

Schliesslich befand das Obergericht, entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer ergebe sich auch aus der Bau- und Zonenordnung der Gemeinde U., wonach Flachdächer grösser als 30 m2 zu begrünen seien, soweit sie nicht als begehbare Terrassen benutzt würden, kein Anspruch auf das Verlegen von Platten auf der gesamten Dachfläche. Ebenso wenig verfange die Argumentation, eine Beschwerung mittels Platten sei notwenig, weil das Geländer instabil sei; die Montage bzw. Stabilität des Geländers sei nicht Verfahrensgegenstand. Die Plattenverlegung lasse sich nicht klar den nützlichen Massnahmen im Sinn von Art. 647d Abs. 1 ZGB oder den luxuriösen Massnahmen gemäss Art. 647e Abs. 1 ZGB zuordnen; jedenfalls aber sei sie insgesamt nicht notwenig und könne deshalb nicht gegen den Mehrheitsbeschluss durchgesetzt werden.

3. Die Beschwerdeführer machen eine Notwendigkeit geltend, dass sie endlich in die Lage versetzt würden, das ihrer Stockwerkeinheit zugewiesene Sondernutzungsrecht in vollem Umfang ausüben zu können. Einzig mit einem Plattenbelag könne das Dach begangen werden; die Kiesbedeckung im strittigen Bereich genüge hierfür nicht.

3.1 In diesem Zusammenhang rügen die Beschwerdeführer eine falsche Anwendung von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 647c ZGB. Das Obergericht sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass es bei Art. 647c ZGB nur um die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der bestehenden Bausubstanz gehe; indes seien nach der Rechtsprechung auch Neubauten bzw. neue Anlagen unter die Art. 647c-647e ZGB zu subsumieren. Folglich würden auch solche Bauten darunter fallen, welche notwendig seien, um die Gebrauchsfähigkeit gemäss festgelegter ursprünglicher Zweckbestimmung zu erlangen. Die ursprüngliche Zweckbestimmung könne ohne weiteresBGE 141 III 357 S. 360von der bestehenden Bausubstanz abweichen; dies sei vorliegend der Fall, indem ihnen an der gesamten Dachterrasse ein Sondernutzungsrecht zugewiesen worden sei. Für die Ausübung dieses Sondernutzungsrechts sei die Verlegung von Platten auf der ganzen Fläche notwendig, denn nur so werde die ihnen zu Sondernutzung zugewiesene Gesamtfläche überhaupt begehbar.

Der Kern der Problematik ist vorliegend nicht die Frage der Neubaute, sondern dass die Beschwerdeführer ihr bauliches Partikularinteresse demjenigen der Gemeinschaft gleichsetzen. Dies wird im Folgenden zu erörtern sein.

3.2 Die Bestimmungen von Art. 647 ff. ZGB finden gemäss Art. 712g Abs. 1 ZGB insbesondere auf das Stockwerkeigentum Anwendung, welches gesetzlich als besondere Form des Miteigentums ausgestaltet ist (BGE 119 II 404 E. 4 S. 407). Soweit für eine notwendige bauliche Massnahme im Sinn von Art. 647c ZGB kein Mehrheitsbeschluss zustande kommt, kann jeder Miteigentümer/Stockwerkeigentümer gestützt auf Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB vor Gericht verlangen, dass die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache notwendigen Verwaltungshandlungen durchgeführt werden, denn zu diesen gehören insbesondere auch bauliche Massnahmen (vgl. BRUNNER/WICHTERMANN, Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 5. Aufl. 2015, N. 51 zu Art. 647 ZGB).

Mit "Sache" im Sinn der Bestimmungen von Art. 647 ff. ZGB ist stets die gemeinschaftliche Sache gemeint; im Zusammenhang mit dem Stockwerkeigentum geht es um die Bauteile, welche nicht zu Sonderrecht im Sinn von Art. 712b ZGB ausgeschieden, sondern gemeinschaftlich sind (BGE 130 III 441 E. 3.4 S. 448; BGE 136 III 261 E. 2.1 S. 263; MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 2. Aufl. 1982, N. 8 und 17 zu Art. 647c ZGB).

Dächer betreffen die Konstruktion und das äussere Ansehen der Liegenschaft, weshalb sie (nicht sonderrechtsfähige) gemeinschaftliche Bauteile sind (Art. 712b Abs. 2 Ziff. 2 ZGB); sie bleiben auch dann gemeinschaftlich, wenn daran ein Sondernutzungsrecht besteht (Urteil 5A_116/2011 vom 14. März 2011 E. 5; WERMELINGER, Zürcher Kommentar, 2010, N. 165 zu Art. 712a und N. 127 zu Art. 712b ZGB). So verhält es sich auch vorliegend; die Beschwerdeführer haben kein Sonderrecht, sondern vielmehr ein Sondernutzungsrecht an der Dachterrasse. Die bauliche Verwaltungsbefugnis steht, weil es sich um einen gemeinschaftlichen Bauteil handelt, unbekümmertBGE 141 III 357 S. 361um das Sondernutzungsrecht der Gemeinschaft zu (vgl. TURNHERR, Bauliche Massnahmen bei Mit- und Stockwerkeigentum, 2010, S. 106 oben) und bauliche Massnahmen unterliegen mithin den Vorschriften von Art. 647 ff. ZGB (BGE 136 III 261 E. 2.2 S. 263; WERMELINGER, a.a.O., N. 165 zu Art. 712a ZGB).

3.3 Soweit die Beschwerdeführer eine Notwendigkeit des Verlegens von Platten aus ihrem Sondernutzungsrecht ableiten - sie machen ferner geltend, die Notwendigkeit ergebe sich auch aus den kommunalen Bauvorschriften (dazu nicht publ. E. 4) sowie aus technischen Gründen (dazu nicht publ. E. 5) -, geht es um die Einordnung der Konstellation, dass die anbegehrte bauliche Massnahme ausschliesslich im Interesse der Beschwerdeführer als Stockwerkeigentümer der Attikawohnung liegt, sie die Massnahme aber auf Kosten der Gemeinschaft vornehmen lassen möchten.

Notwendig im Sinn von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 647c ZGB kann eine bauliche Massnahme bei Stockwerkeigentum nach dem Gesagten nur dann sein, wenn es um die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der gemeinschaftlichen Bauteile geht, vorliegend beispielsweise um die Dichtigkeit eines Flachdaches, woran alle Stockwerkeigentümer gleichermassen ein Interesse haben. Gleiches gilt für nützliche Massnahmen im Sinn von Art. 647d ZGB, wie sie vorliegend etwa in einer besseren Isolation des Flachdaches bestehen könnten, an welcher ebenfalls ein gemeinsames Interesse aller Stockwerkeigentümer zu bejahen wäre, weil sich damit die Heizkosten senken lassen. Die Frage der Notwendigkeit oder Nützlichkeit bestimmt sich mithin immer aus der Sicht der Gemeinschaft (vgl. BGE 135 III 212 E. 3.2 S. 219 unten). Steht die bauliche Massnahme hingegen im ausschliesslichen Individualinteresse eines oder weniger Stockwerkeigentümer, so ist sie aus der Optik der Gemeinschaft als luxuriös anzusehen (BGE 136 III 261 E. 2.2 S. 264; BGE 130 III 441 E. 3.5 S. 449 e contrario; BRUNNER/WICHTERMANN, a.a.O., N. 3 zu Art. 647d ZGB; ausführlich zum Thema sodann TURNHERR, a.a.O., S. 104 ff., welcher allerdings für eine nur analoge Anwendung von Art. 647d und 647e ZGB plädiert, insb. S. 111 ff.; zur Kostentragung vgl. auch WERMELINGER, a.a.O., N. 207 der Vorbemerkungen zu Art. 712a-712t ZGB [Kosten eines Terrassenbelages gehen zu Lasten des betreffenden Stockwerkeigentümers] sowie N. 167 zu Art. 712a ZGB [Kosten der baulichen Massnahme gehen nicht zu Lasten der Gemeinschaft, wenn diese keinen Vorteil hat]).BGE 141 III 357 S. 362

Im erwähnten BGE 136 III 261 ging es um ein Restaurant (als Stockwerkeinheit), welches die davor befindliche Terrasse benutzte, ohne hierfür über ein Sondernutzungsrecht zu verfügen, und dessen Eigentümer sich gegen die von der Mehrheit beschlossenen baulichen Massnahmen (Aufstellen von Blumentrögen) zur Wehr setzte, weil er dadurch zwei Tische weniger aufstellen konnte. In BGE 130 III 441 ging es bei einer Apartanlage um die Erstellung eines ausschliesslich vom Hotelbetrieb (als Stockwerkeinheit) gewünschten und finanzierten Wellnessbetriebes, gegen welchen sich einzelne Stockwerkeigentümer von Apartwohnungen wandten. Das Bundesgericht erwog, dass die Wellnessanlage aus der Sicht der Gemeinschaft insofern als nützliche bauliche Massnahme zu betrachten sei, als sie auch den Wohnungseigentümern offenstehe und die Steigerung der Attraktivität des Hotels nach allgemeiner Erfahrung zu einer besseren Auslastung der als Apartwohnungen ausgestalteten Stockwerkeinheiten und damit zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bzw. Bewirtschaftungsmöglichkeit - und damit verbunden zweifellos auch zu einer Wertsteigerung - der Wohnungen führe.

Einzig im nicht publizierten Urteil 5C.110/2001 vom 15. Oktober 2001 wurde in Bezug auf das Anheben des Gartensitzplatzes einer Parterre-Wohnung auf das Niveau des Balkons von einer nützlichen Massnahme ausgegangen, obwohl diese ausschliesslich im Interesse des betreffenden Stockwerkeigentümers lag. Die hierzu angeführte Begründung - die Erhöhung des Wertes der Parterre-Wohnung führe insofern auch zu einer Erhöhung des Wertes der Gesamtliegenschaft, als sich deren Wert aus einer Addition der Werte der einzelnen Stockwerkeinheiten ergebe (E. 5c) - lässt sich nicht halten, denn nach Begründung von Stockwerkeinheiten bilden diese und nicht mehr das Stammgrundstück die Objekte des Rechtsverkehrs (Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4, Art. 712c Abs. 1 und 2, Art. 943 Abs. 1 Ziff. 4 ZGB), so dass die anderen Stockwerkeigentümer von der Wertsteigerung einer Einheit nicht profitieren; im Übrigen entspricht die Addition der Verkehrswerte der einzelnen Stockwerkeinheiten auch in den wenigsten Fällen dem Verkehrswert, welchen das Gesamtobjekt aufweisen würde, wenn es einem einzigen Eigentümer gehören würde.

3.4 Vorliegend ist das Verlegen von Platten auf der gesamten Sondernutzungsfläche aus Sicht der Beschwerdeführer unzweifelhaft nützlich, weil die Massnahme die Nutzungsmöglichkeiten steigert und die Nutzung bequemer macht, indem das Begehen der Terrasse und namentlich das Aufstellen von Möbeln erleichtert wird. IndesBGE 141 III 357 S. 363ist nicht ersichtlich, inwiefern ein Interesse der Gemeinschaft an einer besseren Nutzungsmöglichkeit der Eigentümer der Attikawohnung bestehen soll, zumal die Dachfläche nur von dieser Wohnung aus zugänglich ist. Weil die Fläche von unten bzw. von anderen Wohnungen her nicht einsehbar ist, ergibt sich ferner auch - abgesehen davon, dass es hier ohnehin nicht um eine Notwendigkeit gehen könnte - kein ästhetisches Interesse der Gemeinschaft.

Die im ausschliesslichen Partikularinteresse der Beschwerdeführer als Stockwerkeigentümer der Attikawohnung stehende bauliche Massnahme muss nach dem Gesagten in Bezug auf die Gemeinschaft als luxuriös im Sinn von Art. 647e ZGB gelten. Folglich kann die vorliegend anbegehrte bauliche Massnahme keine notwendige Verwaltungshandlung im Sinn von Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB darstellen, soweit der Anspruch aus dem Sondernutzungsrecht abgeleitet wird.

BGE 113 II 15

Ausschluss aus der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer (Art. 649b ZGB).

1. Die Klage auf Ausschluss aus der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer betrifft eine vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG (E. 1).

2. Voraussetzungen für den Ausschluss eines Miteigentümers aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ein Ausschluss kommt nur als ultima ratio in Betracht, wenn alle andern möglichen und zumutbaren Massnahmen zur Beseitigung der Störungen wirkungslos geblieben sind (E. 3 und 6).


1. Der Anspruch auf Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft wegen schwerer Pflichtverletzung berührt ausser persönlichen und gesellschaftsrechtlichen Interessen vor allem auch erhebliche vermögenswerte Interessen des betroffenen Wohnungseigentümers. Der Anspruch auf Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft ist deshalb als vermögensrechtliche Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 46 OG zu betrachten (vgl. BGE 105 Ia 25 und ZBGR 63(1982), S. 371 E. 1). Das Kantonsgericht und die Prozessparteien stimmen darin überein, dass der Streitwert auf über Fr. 15'000.-- zu bemessen ist. Dieser Schätzung ist zuzustimmen. Auf die Berufung ist daher einzutreten.

2. Nach Art. 649b ZGB kann ein Miteigentümer durch richterliches Urteil aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, wenn durch sein Verhalten oder das Verhalten von Personen, denen er den Gebrauch der Sache überlassen oder für die er einzustehen hat, Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Mitberechtigten so schwer verletzt werden, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann. Es ist unbestritten, dass diese Bestimmung nicht nur für gewöhnliches Miteigentum, sondern ebenso für Stockwerkeigentum im Sinne der Art. 712a ff. ZGB gilt. Ebenso ist unbestritten, dass die formelle Voraussetzung der Klage auf Ausschluss der Beklagten, nämlichBGE 113 II 15 S. 18die Ermächtigung durch einen Mehrheitsbeschluss aller Miteigentümer im Sinne von Art. 649b Abs. 2 ZGB, erfüllt ist. Streitig ist nur, ob die materiellen Voraussetzungen für den Ausschluss der Beklagten aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft gegeben sind und ob sie demgemäss im Sinne von Art. 649b Abs. 3 ZGB verpflichtet werden können, ihren Stockwerkanteil, d.h. die von ihnen bewohnte 5 1/2-Zimmerwohnung, in angemessener Frist zu veräussern oder diesen Anteil zur Zwangsversteigerung zu bringen.

3. Wie die Beklagten in ihrer Berufungsantwort zutreffend ausführen, zeigt das vorliegende Verfahren die Schwierigkeit menschlichen Zusammenlebens unter einem Dach bei gemeinschaftlichem Eigentum auf. Es obliegt der Stockwerkeigentümergemeinschaft, in ihrem Reglement, der Hausordnung und mit ihren Versammlungsbeschlüssen den Rahmen zu schaffen, innerhalb welchem das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und verschiedener Lebensart sich möglichst reibungslos abspielen kann. Jeder Stockwerkeigentümer ist ganz allgemein verpflichtet, sich so zu verhalten, dass ein ungestörtes, friedliches Zusammenleben möglich wird; er hat das Seine dazu beizutragen, dass Konflikte erst gar nicht entstehen und, soweit solche bestehen, sie in einer Art und Weise behoben werden können, wie das für vernünftige, wohlerzogene und rechtdenkende Menschen selbstverständlich ist. Zu den im Reglement, in der Hausordnung und durch Versammlungsbeschlüsse näher konkretisierten Pflichten eines jeden Stockwerkeigentümers gehört es daher, nicht nur das Eigentum und die Persönlichkeit jedes andern zu respektieren (MEIER-HAYOZ, N. 8 zu Art. 649b und c ZGB), sondern auch Bestimmungen über Ruhezeit und Ordnung in und um das Haus einzuhalten. Das Zusammenleben in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft läuft im Grunde nach ähnlichen Spielregeln ab, wie sie in einer Demokratie selbstverständlich sind. Dort wie hier gilt es, sich gegenseitig bei allem Unterschied der Lebensart, der Lebensauffassung und der Bedürfnisse zu achten, Toleranz zu üben, sich aber auch einmal gefassten Beschlüssen zu unterziehen, damit das friedliche Zusammenleben erleichtert wird.

Über die Massnahmen, die getroffen werden müssen, wenn sich ein Stockwerkeigentümer über seine Pflichten gegenüber der Gemeinschaft hinwegsetzt, spricht sich der Gesetzgeber im einzelnen nicht aus. Er sieht in Art. 649b Abs. 1 ZGB lediglich den Ausschluss aus der Gemeinschaft, somit eine Art Radikallösung, vor. Der Ausschluss, der etwa als privatrechtliche Enteignung bezeichnetBGE 113 II 15 S. 19wird, kann nach dem Willen des Gesetzgebers und angesichts der Schwere des Eingriffs in die Rechte des betroffenen Miteigentümers nur erfolgen, wenn die Pflichtverletzung so schwer ist, dass die Fortsetzung der Gemeinschaft den übrigen Miteigentümern nicht mehr zugemutet werden kann. Die Rechtsprechung hatte bisher erst wenig Gelegenheit, sich mit der Frage zu befassen, wann diese Voraussetzung der schweren Pflichtverletzung gegeben und unter welchen Umständen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zumutbar ist. In BGE 94 II 22 wird wegleitend davon gesprochen, dass ein andauernd unverträgliches, streitsüchtiges, gewalttätiges und arglistiges Verhalten des Miteigentümers zum Ausschluss berechtigen kann, wenn dadurch ein friedliches Zusammenleben und ein nachbarlicher Verkehr, wie er unter Hausgenossen Brauch und Sitte ist, verhindert wird (vgl. auch den nicht publizierten Entscheid vom 5. Februar 1979 in ZBGR 63 (1982), S. 372, MEIER-HAYOZ, N. 8 zu Art. 649b und c ZGB, und das Reglement der StWE Strasse X. 1/3). In einer Stockwerkeigentümergemeinschaft kann angesichts des engen Zusammenlebens insbesondere andauernd lautes, lärmiges Verhalten ruhige und der Ruhe bedürftige Mitbewohner erheblich stören und zu einer Quelle ständigen Ärgers und von schweren Zerwürfnissen werden, die eine Fortdauer der Gemeinschaft bei Unmöglichkeit einer Besserung als unzumutbar erscheinen lässt.

Die Schwere der in Art. 649b ZGB vorgesehenen Massnahme zeigt indessen, dass nicht leichthin zum Ausschluss aus der Gemeinschaft gegriffen werden darf. Zur gegenseitigen Pflicht der Mitbewohner gehört, dass sich die Betroffenen vorerst weniger gravierender Mittel bedienen, um zu einem modus vivendi gelangen zu können. Zu denken ist an Aussprachen, an eine neutrale Vermittlung oder allenfalls an weniger weitreichende rechtliche Massnahmen, wie das Kantonsgericht unter Hinweis auf die Lehre durchaus zutreffend ausgeführt hat. Erst wenn sich zeigt, dass der störende Miteigentümer sich offenkundig nicht an eine ein friedliches Zusammenleben ermöglichende Ordnung zu halten bereit findet oder er sich ungeachtet berechtigter Mahnungen oder Aufforderungen über Versammlungsbeschlüsse, Vermittlungsversuche oder andere geeignete Vorkehren andauernd hinwegsetzt, ist ein Ausschluss im Sinne von Art. 649b Abs. 1 ZGB, dann aber ohne langes Zögern (vgl. ZBGR 63 (1982), S. 373 E. 4b), anzuordnen. Insofern lässt sich die Auffassung des Kantonsgerichts, ein Ausschluss aus der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer kommeBGE 113 II 15 S. 20als eine höchst schwerwiegende Massnahme, die die dingliche Rechtsstellung des Miteigentümers im Verhältnis zu derjenigen des Alleineigentümers empfindlich beschränkt, nur als ultima ratio in Betracht, vor Bundesrecht halten.

4. Das Kantonsgericht hat gestützt auf die zahlreichen Aussagen der im erstinstanzlichen Verfahren angehörten Zeugen folgende Verstösse der Beklagten gegen allgemeine und reglementarische Verpflichtungen festgestellt:

a) Insgesamt neun Zeugen haben die Beklagten und ihre Mitbewohner als Verursacher unzumutbarer Lärmimmissionen bezeichnet. Über Lärm wurde vor allem geklagt, weil er am Mittag und am Abend zwischen 20.00 und 22.00 Uhr aufgetreten sei, somit zu Zeiten, die nach dem Reglement und nach einem Versammlungsbeschluss als Ruhezeiten gelten. Das Kantonsgericht hat ausgeführt, es dürfe angesichts des Gesamtbildes aller Zeugenaussagen davon ausgegangen werden, dass der durch die Beklagten und ihre Mitbewohner verursachte Lärm das übliche und unvermeidbare Mass eindeutig überschritten habe, selbst wenn berücksichtigt werde, dass bei Beurteilung der Intensität des Lärms durch die Zeugen einzelne Übertreibungen vorgekommen seien und zum Teil Überempfindlichkeiten mitgespielt hätten. Das Kantonsgericht hat auch den Umstand mitberücksichtigt, dass es sich bei den Beklagten um eine Familie mit einem Kleinkind handelt und damit eine gewisse Geräuschentwicklung unvermeidbar ist.

Es steht demnach fest, dass der Vorwurf übermässiger Lärmimmissionen nachgewiesen ist. Das ist eine nicht leichtzunehmende Pflichtverletzung, wie das Kantonsgericht zutreffend ausführt. Damit wurden die schützenswerten Interessen der Mitbewohner auf ein ruhiges, ungestörtes Wohnen deutlich missachtet, obwohl dieser Beeinträchtigung der Mitbewohner bei etwas Rücksicht nach erfolgter Reklamation leicht abzuhelfen gewesen wäre.

b) Das Kantonsgericht betrachtet auch als nachgewiesen, dass den Beklagten verschiedene Verstösse gegen Versammlungsbeschlüsse anzulasten seien. So haben sie im Garten resp. auf der Spielwiese nicht die Ordnung eingehalten, die sich die Gemeinschaft mit Beschluss vom 10. März 1982 selbst auferlegt hat. Sie haben trotz Verbots auf der Rasenfläche wiederholt Fussball gespielt. Sie haben ferner die Haustür verschiedentlich nicht abgeschlossen und ihren Wagen auf den für Besucher reservierten Parkplätzen abgestellt. Und sie haben in Missachtung der HausordnungBGE 113 II 15 S. 21im Frühling 1983 im Treppenhaus und damit in einem Teil der gemeinschaftlichen Räume eine Kindergarderobe angebracht.

Diese Pflichtverletzungen laufen freilich im einzelnen auf Bagatellen hinaus. Ihnen kommt lediglich in der festgestellten Häufigkeit ein gewisses Gewicht zu.

c) Fest steht im weiteren, dass B. Z. am 9. Juli 1983 vor dem Eingang zum Haus Strasse X. 1 eine Mausefalle aufgestellt und mehrere Tage dort stehen gelassen hat. Das wurde von einigen Miteigentümern als provozierend und störend empfunden. Ferner ist unbestritten, dass die Beklagten am 9. August 1983 von 22.00 bis 22.05 Uhr auf der Rasenfläche Feuerwerk abgebrannt haben, ohne zuvor die Mitbewohner zu benachrichtigen. Nach Auffassung des Kantonsgerichts liegt darin zwar eine Verletzung der Konsultationspflicht, nicht dagegen ein rücksichtsloses oder bewusst provokatives Verhalten.

Desgleichen verneint die Vorinstanz, dass im Zusammenhang mit weiteren Vorfällen (beim Skifahren auf der Strasse X. oder beim Autowaschen auf dem Garagevorplatz eines Mitbewohners) eine bewusste Provokation nachgewiesen sei.

d) Erwiesen ist ferner, dass der Verwalter der Stockwerkeigentümergemeinschaft vor Einleitung der Klage verschiedentlich mit Zurechtweisungen und der Aufforderung an die Beklagten gelangt ist, die Beschlüsse bezüglich Lärm und Ordnung einzuhalten. Ebenso wandten sich einzelne Miteigentümer direkt an die Beklagten, um wegen einzelner Verstösse gegen Versammlungsbeschlüsse zu reklamieren. Die Beklagten haben trotzdem ihr pflichtwidriges Verhalten fortgesetzt. Der Vorwurf der Kläger, sie seien uneinsichtig, ist demnach grundsätzlich berechtigt. Das Kantonsgericht stellt indessen auch fest, bezüglich des schwersten Vorwurfs, der Lärmimmission, habe mit Ausnahme des Klägers 1 bis relativ kurz vor Einleitung des Ausschlussverfahrens kein Hausmitbewohner reklamiert. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass - mit wenigen Ausnahmen - die verschiedenen Schreiben der Miteigentümer an die Mitbewohner auch den Beklagten zugestellt worden seien. Sodann erfahre der Vorwurf der Uneinsichtigkeit eine gewisse Abschwächung durch die Aussagen zweier Zeugen. Beide hätten erklärt, dass sie einmal bei den Beklagten reklamiert hätten, worauf diese mit der Störung aufgehört hätten. Eine Zeugin habe erklärt, sie habe anlässlich eines Gesprächs mit B. Z. und dessen Schwester den Eindruck gehabt, sie könne mit ihnen wieBGE 113 II 15 S. 22mit ihren Kindern sprechen und diese würden ihre Bitte um Einsicht und Toleranz gegenüber andern akzeptieren. Ein weiterer Zeuge habe ebenfalls vor Einleitung der Klage eine gütliche Lösung für möglich gehalten.

Das Kantonsgericht erachtet gestützt auf das Beweisergebnis und die Akten die zahlreichen Verstösse gegen die Gemeinschaftsordnung, insbesondere die wiederholten Lärmimmissionen, mit Recht in nicht leichtzunehmender Weise als pflichtwidrig. Sie haben den Mitbewohnern eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Wohnqualität gebracht. Vergleicht man indessen den Sachverhalt, welcher den Entscheiden BGE 94 II 18 ff. und ZBGR 63 (1982), S. 370 ff. zugrunde lag, mit dem hier zu beurteilenden, so kann der Vorinstanz keine Bundesrechtsverletzung angelastet werden, weil sie es ablehnte, von einer so schweren Pflichtverletzung zu sprechen, dass den übrigen Mitbewohnern die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht mehr zugemutet werden könne.

6. Es ist nach dem Ausgeführten von den Feststellungen im angefochtenen Urteil auszugehen und gestützt darauf zu prüfen, ob das Kantonsgericht die Voraussetzungen eines Ausschlusses zu Unrecht verneint habe, wie die Kläger behaupten. Diese werfen dem Kantonsgericht in rechtlicher Beziehung vor, es habe überspitzt strenge Anforderungen an einen Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft gestellt, die zumindest im Wortlaut des Gesetzes keinerlei Stütze fänden. Es sei darin weder von einer ultima ratio noch von vorausgegangenen zahlreichen, erfolglos gebliebenen Mahnungen, Aufforderungen usw. die Rede. Vielmehr genüge es, dass nach den gesamten Umständen den Mitberechtigten die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden könne. Dabei müsse es ausreichen, wenn der Richter zur Überzeugung gelange, dass alle andern möglichen und zumutbaren Massnahmen wie Mahnungen, Aufforderungen usw. von den Klägern zu Recht als zum vornherein aussichtslos hätten betrachtet werden müssen und können. Das treffe vorliegendenfalls offenkundig zu. In Anbetracht der Charakterstruktur der Beklagten wären namentlich Klagen aus Art. 679, 641 Abs. 2 und/oder 928 ZGB klarerweise völlig unwirksam gewesen. Zu Unrecht werde zudem den Klägern angelastet, sie hätten zu eigentlichen Schlichtungs- bzw. Vermittlungsversuchen nicht Hand geboten.

a) Was diesen letzten Einwand anbetrifft, hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass der Einleitung der Ausschlussklage Aufforderungen des Verwalters und einzelnerBGE 113 II 15 S. 23Miteigentümer an die Beklagten und Zurechtweisungen vorausgegangen seien, die erfolglos geblieben seien. Diese Mahnungen hätten sich vor allem auf die Lärmimmissionen und die Unordnung im Garten bezogen. Bis relativ kurz vor Einleitung der Klage habe sich nur der Kläger 1 über Lärm aus der Wohnung der Beklagten, die Hauptbelästigung, beschwert. Die Briefe an die Mitbewohner indessen seien den Beklagten mit wenigen Ausnahmen nicht zugegangen. Eigentliche, zumutbare Schlichtungs- und Vermittlungsversuche seien aber unterlassen worden - trotz eines entsprechenden Vorschlags der Arbeitgeber der Beklagten. Unter diesen Umständen trifft es offenkundig nicht zu, dass der kantonale Richter zur Auffassung gelangt ist oder hätte gelangen müssen, dass "alle andern möglichen und zumutbaren Massnahmen von den Klägern zu Recht als zum vornherein aussichtslos" betrachtet werden konnten. Der kantonale Richter verletzt jedenfalls nicht Bundesrecht, wenn er den Klägern zumutet, die eine oder andere weniger gravierende Massnahme zu ergreifen, bevor die Ausschlussklage eingereicht wird. Wie eingangs festgehalten wurde, konnte die Vorinstanz ohne Verletzung von Bundesrecht diese Klage als ultima ratio auffassen (vgl. ZBGR 63 (1982), S. 373 mit Hinweis auf BGE 94 II 23). Im vorliegenden Fall wäre trotz der festgestellten mehrfachen Aufforderungen und Zurechtweisungen, die ergebnislos blieben, den Klägern zuzumuten gewesen, vorerst allenfalls ein Schlichtungsverfahren oder ein gegenüber der Ausschlussklage weniger einschneidendes behördliches Eingreifen zu veranlassen.

b) Die Feststellung im angefochtenen Urteil, dass die übermässigen Lärmimmissionen und die zahlreichen weiteren Verstösse gegen Reglement, Hausordnung und Versammlungsbeschlüsse nachgewiesen seien und dass sie für die Mitbewohner eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer Wohnqualität bewirkt haben, erleichtert freilich den Entscheid über die Zumutbarkeit des weiteren Verbleibens der Beklagten in der Gemeinschaft nicht. Hinzu kommt, dass die Beklagten offensichtlich mangelnde Rücksichtnahme auf die legitimen Bedürfnisse der Mitbewohner und "eine gewisse Uneinsichtigkeit" an den Tag gelegt haben. Man muss deshalb davon ausgehen, dass hier ein Grenzfall vorliegt. In einem solchen darf aber ohne Verletzung von Bundesrecht der Schluss gezogen werden, die Pflichtverletzungen seien noch nicht als so schwer zu betrachten, dass die Fortsetzung der Gemeinschaft für die Miteigentümer geradezu unzumutbar sei. Abgesehen vomBGE 113 II 15 S. 24Lärm sind die übrigen Pflichtverletzungen zwar störend, aber doch zu unwichtig, als dass darin schon ein ausserordentlich schwerer Verstoss gegen die Gemeinschaft liegen würde, was Voraussetzung der Ausschlussklage ist. Dass die Beklagten es geradezu darauf angelegt hätten, den Mitbewohnern das Zusammenleben unerträglich zu machen, sie bewusst zu provozieren oder sie sonst zu schädigen, zu beleidigen oder zu verletzen, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Urteil noch den Akten. Es trifft demnach auch nicht zu - wie die Kläger meinen -, dass bei Abweisung der Berufung ein erfolgreiches Ausschlussverfahren in der Praxis kaum je denkbar wäre. Dass dem keineswegs so ist, zeigen gerade die zitierten Entscheide in BGE 94 II 18 ff. und ZBGR 63 (1982), S. 370 ff., denen doch viel gewichtigere Sachverhalte zugrunde lagen. Immerhin haben sich die Beklagten sagen zu lassen, dass ihnen weder das Urteil des Kantonsgerichts noch das vorliegende einen Freibrief für weitere, fortgesetzte Pflichtwidrigkeiten ausstellt. Die "Hemmschwelle" zum erfolgreichen Ausschluss ist angesichts der festgestellten Anzeichen von Uneinsichtigkeit nahezu erreicht, auch wenn sich noch nicht sagen lässt, der Bogen sei bereits überspannt.

Die Berufung erweist sich nach dem Ausgeführten als unbegründet und ist demzufolge abzuweisen.

BGE 116 II 49

Ausübung eines Vorkaufsrechts zur gesamten Hand (Art. 681 Abs. 1 ZGB); Aktivlegitimation; Austritt aus einer einfachen Gesellschaft (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 und 6 OR).

- Annahme einer einfachen Gesellschaft, wenn mehrere Personen erklären, sie übten ein ihnen zustehendes Vorkaufsrecht gemeinsam zur gesamten Hand aus (E. 3).

- Liegt ein Gesamthandsverhältnis vor, so können nur alle Gesamthänder gemeinsam auf Übertragung des Eigentums klagen (E. 4a). Ist jedoch ein Beteiligter aus der Gesellschaft ausgetreten und wird vereinbart, die Gesellschaft ohne diesen fortzusetzen, so können die verbliebenen Gesellschafter das Vorkaufsrecht infolge Akkreszenz auch ohne den ausgetretenen Gesellschafter einklagen. Besondere Übertragungshandlungen und die Einhaltung bestimmter Formen sind nicht erforderlich (E. 4b-d).


2. Das Kantonsgericht des Staates Freiburg hat die Klage abgewiesen, weil von vier Vorkaufsberechtigten, die das Vorkaufsrecht ausgeübt hatten, nur drei geklagt haben. Alle vier Vorkaufsberechtigten hätten mit ihrer Ausübungserklärung eine Gesamthandsforderung auf Übertragung des Eigentums am verkauften Grundstück erworben. In einem Prozess über Gesamtgut seien sämtliche Gesamthänder aber notwendige Streitgenossen. Da die Erklärung, das Vorkaufsrecht auszuüben, im übrigen unwiderruflich und die Änderung eines Kaufvertrages durch einseitige Erklärung ausgeschlossen sei, sei die Verzichtserklärung von Josephine Svoboda-Neuhaus vom 18. Oktober 1988 im vorliegenden Verfahren bedeutungslos. Die drei Klägerinnen seien daher nicht aktivlegitimiert.

a) Die Klägerinnen bestreiten nicht, dass sie zusammen mit ihrer Schwester Josephine Svoboda-Neuhaus den Anspruch auf Übertragung des Grundstücks zu gesamter Hand erworben haben. Josephine Svoboda-Neuhaus sei aber aus der Gemeinschaft ausgetreten, wie die Erklärung vom 18. Oktober 1988 zeige. Das Gesamthandsverhältnis bestehe daher nur noch zwischen den Klägerinnen, weshalb sie zur Geltendmachung des Anspruchs legitimiert seien.

3. Ein Anspruch zur gesamten Hand entsteht nur, wenn die Berechtigten durch Gesetzesvorschrift oder durch Vertrag zu einer Gemeinschaft verbunden sind (vgl. BGE 68 III 44; von TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. II S. 292; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 501 f.). Die zulässigen Gesamthandsverhältnisse sind im Gesetz abschliessend aufgeführt (BGE 84 I 129).

a) Obgleich die Vorinstanz in Übereinstimmung mit den Parteien eine Berechtigung zur gesamten Hand annahm, hat sie es unterlassen, das massgebliche Gesamthandsverhältnis zu bezeichnen. Das Bundesgericht hat somit aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Kantonsgerichts zu klären, welches Gemeinschaftsverhältnis vorliegt.

b) Das Gesamthandsverhältnis kann nicht schon dadurch entstanden sein, dass den fünf Schwestern ein VorkaufsrechtBGE 116 II 49 S. 52eingeräumt worden ist. Der Begründungsakt bietet keinerlei Anhaltspunkte, dass die Vorkaufsberechtigten schon damals zu einer Gesamthandschaft verbunden worden wären oder die Erbengemeinschaft in bezug auf dieses Vorkaufsrecht fortgesetzt worden wäre. Die Gesamthandschaft ist vielmehr erst entstanden, als vier Schwestern erklärten, sie übten das Vorkaufsrecht gemeinsam zur gesamten Hand aus. Die vier beteiligten vorkaufsberechtigten Schwestern haben sich in diesem Zeitpunkt zusammengeschlossen, um mit gemeinsamen Kräften bzw. Mitteln das Grundstück zu erwerben. Damit sind die typischen Merkmale einer einfachen Gesellschaft erfüllt. Es ist daher davon auszugehen, dass die vier vorkaufsberechtigten Schwestern, die ihr Recht ausgeübt haben, eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR bilden (BGE 68 III 44). Eine andere Möglichkeit für das Vorliegen des Gesamthandsverhältnisses ist nicht ersichtlich. Hievon sind denn auch beide Parteien in ihren Vorträgen vor Bundesgericht zu Recht ausgegangen.

4. Das Vorkaufsrecht gibt dem Berechtigten den Anspruch, die Übertragung des Eigentums an einer Sache zu verlangen, sobald der Verpflichtete sie einem Dritten veräussert. Wird das Vorkaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt, so besteht es gemäss Art. 681 Abs. 1 ZGB auch gegenüber dem Erwerber des Grundstücks. Ist der Erwerber bereits im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen, so kann der Vorkaufsberechtigte, der in gültiger Weise sein Recht ausgeübt hat, gegen ihn auf Übertragung des Grundeigentums klagen (BGE 102 II 384 E. 5; BGE 101 II 240 E. 1b; BGE 92 II 155 ff. E. 4).

a) Haben mehrere Personen das Vorkaufsrecht als einfache Gesellschaft zur gesamten Hand ausgeübt, so steht ihnen die sich daraus ergebende Forderung gesamthänderisch zu, wie die Vorinstanz richtig festgestellt hat. Folglich können alle Gläubiger nur gemeinsam über die Forderung verfügen. Eine Klage hat daher grundsätzlich im Namen aller Gesamthänder zu erfolgen (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 296-298).

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen gilt dies auch dann, wenn die Forderung gegenüber dem Erwerber des Grundstücks geltend gemacht wird statt gegenüber dem Veräusserer. Die sich aus der Vormerkung ergebende subjektiv-dingliche Verknüpfung bewirkt nur, dass die Forderung nicht nur gegenüber dem ursprünglichen Vertragspartner, sondern auch gegenüber jedemBGE 116 II 49 S. 53späteren Eigentümer des Grundstücks geltend gemacht werden kann. Die Vormerkung kann aber nicht bewirken, dass jemand anderer aus der Forderung berechtigt wird. Sie steht somit, auch soweit sie sich gegen den Erwerber richtet, nur allen Gesellschaftern gemeinsam zu. Im vorliegenden Fall haben die drei Klägerinnen nur in eigenem Namen geklagt, obwohl ursprünglich vier Schwestern das Vorkaufsrecht zur gesamten Hand ausgeübt haben. Der Berufung ist daher nur dann Erfolg beschieden, wenn Josephine Svoboda-Neuhaus aus der einfachen Gesellschaft rechtsgültig ausgeschieden ist und das Gesamthandsverhältnis nur noch aus den Klägerinnen besteht.

b) Das Ausscheiden eines Beteiligten hat grundsätzlich die Auflösung der einfachen Gesellschaft zur Folge (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 und 6 OR). Es kann aber vertraglich vorgesehen werden, dass die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern weiter geführt wird (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 6. Aufl., S. 197). Die Gesellschafter können sich sogar auf eine solche Weiterführung einigen, nachdem ein Beteiligter ausgetreten und die Gesellschaft infolgedessen bereits aufgelöst ist, solange die Liquidation noch nicht abgeschlossen ist. Die Auflösung wird dadurch rückgängig gemacht (BGE 70 II 56 f.; SJZ 85/1989, S. 144 f., mit weiteren Hinweisen). Wie der Gesellschaftsvertrag als solcher setzen weder die Austrittserklärung noch die Fortsetzungsklausel eine besondere Form voraus. Die Vereinbarung, die Gesellschaft trotz eines Wechsels im Bestand weiterzuführen, kann auch durch konkludentes Handeln geschlossen werden (SJZ 85/1989 S. 144 f.; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss, S. 197).

Der Austritt einer Person bewirkt im Falle des Weiterbestehens der Gesellschaft, dass seine Rechte den andern Gesellschaftern anwachsen, ohne dass es dafür besonderer Übertragungshandlungen bedürfte (VON STEIGER, Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/1, S. 417 f.; vgl. auch BGE 75 I 275 sowie BGE 102 Ib 322 ff., Pra. 66/1977 Nr. 130). Da der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters den andern anwächst, bestehen selbst dann keine Formerfordernisse, wenn das Gemeinschaftsvermögen aus Grundstücken besteht (BGE 102 Ib 327 f. E. 5; MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N 69 f. zu Art. 652 ZGB und N 92 zu Art. 656 ZGB; VON STEIGER, Schweizerisches Privatrecht, S. 418 N 203). Die Auffassung der Beklagten, wonach der Austritt aus der GesamthandschaftBGE 116 II 49 S. 54bezüglich eines Grundstücks nur mit öffentlicher Beurkundung erfolgen könne, trifft demnach nicht zu. Die Beklagte übersieht damit den grundlegenden Unterschied zwischen einer Verfügung der Gesamthandschaft über Grundeigentum und dem blossen Wechsel im Bestand der Gesamthandschaft durch den Austritt eines Mitglieds.

c) Josephine Svoboda-Neuhaus hat in ihrer Erklärung vom 18. Oktober 1988 festgehalten, dass sie "aus der Gemeinschaft der Geschwister ausgetreten" sei und damit auf ihr "persönliches Vorkaufsrecht" zugunsten der Klägerinnen verzichte.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz handelt es sich bei dieser Erklärung nicht um einen Widerruf der früheren gemeinschaftlichen Erklärung, das Vorkaufsrecht auszuüben. Dies wäre in der Tat einseitig nicht möglich (MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N 48 f., 224 und 238 zu Art. 681 ZGB). Die Erklärung vom 18. Oktober 1988 betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur den Austritt aus der Gesamthandschaft. Der zur Erläuterung beigefügten zweiten Erklärung, wonach Josephine Svoboda-Neuhaus ausdrücklich auf ihr persönliches Vorkaufsrecht zugunsten der Klägerinnen verzichte, kommt keine selbständige Bedeutung zu. Diese Erklärung bringt nur die gesetzliche Folge ihres Ausscheidens zum Ausdruck, dass ihre Rechte nun ihren Schwestern zustehen. Ein anderer Sinn kann dieser Erklärung nicht beigelegt werden.

Aus dem Umstand, dass die Klägerinnen diese Erklärung ins Recht gelegt haben, darf geschlossen werden, dass sie den Austritt angenommen und durch konkludentes Handeln die Fortsetzung der einfachen Gesellschaft ohne ihre Schwester vereinbart haben. Die Rechte, die Josephine Svoboda-Neuhaus zustanden, sind somit den Klägerinnen angewachsen und stehen nun ausschliesslich den Klägerinnen zur gesamten Hand zu. Dass dies allerdings die Haftung der ausgeschiedenen Gesellschafterin für all jene Schulden nicht untergehen lässt, welche vor ihrem Ausscheiden zu ihren Lasten begründet worden sind, ist hier nicht weiter von Interesse (vgl. von Steiger, Schweizerisches Privatrecht, S. 421 f.).

d) Steht die sich aus der Ausübung des Vorkaufsrechts ergebende Forderung gegenüber der Beklagten auf Übertragung des Eigentums an der fraglichen Liegenschaft allein den Klägerinnen zur gesamten Hand zu, so sind diese entgegen dem vorinstanzlichen Urteil aktivlegitimiert. Dies führt zur Gutheissung der Berufung.

BGE 137 III 293

Art. 682 ZGB; Kaufvertrag über einen Miteigentumsanteil; Ansprüche des Käufers gegen den Vorkaufsberechtigten nach Ausübung des Vorkaufsrechts.

Der Käufer eines Miteigentumsanteils hat gegen den Vorkaufsberechtigten, der sein Recht ausgeübt hat und im Grundbuch als Eigentümer des Miteigentumsanteils eingetragen worden ist, keinen Anspruch auf Grundbuchberichtigung, sondern lediglich einen Anspruch auf Feststellung, dass das Vorkaufsrecht nicht innert Frist rechtswirksam ausgeübt wurde (E. 2-6).


2. Die rechtliche und tatsächliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt:

2.1 Der Kaufvertrag über ein Grundstück gibt dem Käufer gegen den Verkäufer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung im Grundbuch und bei Weigerung des Eigentümers auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums (Art. 665 Abs. 1 ZGB). Der Anspruch des Käufers auf Vertragserfüllung richtet sich gegen den Verkäufer, und zwar selbst dann, wenn der Verkäufer vor Abgabe der Grundbuchanmeldung zugunsten des Käufers das Grundstück vertragswidrig an einen Dritten verkauft hat und der Dritte gestützt auf diesen Kaufvertrag als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden ist. In diesem Fall geht die Klage des Erstkäufers gegen den Verkäufer auf Leistung von Schadenersatz (vgl. REY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 3. Aufl. 2007, N. 7 f. zu Art. 665 ZGB; STEINAUER,BGE 137 III 293 S. 296Les droits réels, Bd. II, 3. Aufl. 2002, S. 59 N. 1549). Nach der Rechtsprechung wird der Dritte ausnahmsweise dann haftbar, wenn er die vertragliche Bindung der Parteien in einer Art und Weise verletzt, die gegen die guten Sitten im Sinn von Art. 41 Abs. 2 OR verstösst (z.B. durch Verleitung zum Vertragsbruch oder durch Ausbeutung einer Vertragsverletzung). Unter dieser Voraussetzung kann dem Erstkäufer ein Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen den Dritten als Zweitkäufer eingeräumt werden (vgl. BGE 114 II 329 E. 2 S. 331 ff.; Urteil 4C.273/2002 vom 28. November 2002 E. 3).

2.2 Betrifft der Kaufvertrag einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, haben die Miteigentümer ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmiteigentümer (Art. 682 Abs. 1 ZGB). Für die Ausübung sieht Art. 681a ZGB vor, dass der Verkäufer die Vorkaufsberechtigten über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags in Kenntnis setzen muss (Abs. 1), dass der Vorkaufsberechtigte, der sein Recht ausüben will, es innert dreier Monate seit Kenntnis von Abschluss und Inhalt des Vertrages und vor Ablauf von zwei Jahren seit der Eintragung des neuen Eigentümers in das Grundbuch geltend machen muss (Abs. 2) und dass der Vorkaufsberechtigte seinen Anspruch innerhalb dieser Fristen gegenüber jedem Eigentümer des Grundstücks geltend machen kann (Abs. 3). Die rechtsgültige Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts im Miteigentumsverhältnis gibt dem Vorkaufsberechtigten einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an der Sache, die der Vorkaufsbelastete einem Nichtmiteigentümer hat verkaufen wollen, lässt deren vertragliche Beziehung aber unangetastet (vgl. BGE 134 III 597 E. 3.4.1 S. 604). Der Käufer verliert zwar seinen Anspruch auf Eigentumsverschaffung gemäss Kaufvertrag, doch kann ihm der Vorkaufsbelastete nach Art. 97 ff. OR schadenersatzpflichtig werden (vgl. MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1975, N. 199 zu aArt. 681 ZGB; KURT WISSMANN, Verwandte Verträge, in: Der Grundstückkauf, 1989, N. 1496 S. 502), wenn er zum Beispiel den Vorkaufsberechtigten zur Eintragung im Grundbuch anmeldet, obschon er um die Mängel der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts weiss oder zumindest wissen müsste (vgl. Urteil 5C.197/1992 vom 18. März 1993 E. 2b/bb). Die Ansprüche des Käufers richten sich somit gegen den Verkäufer als Vertragspartner. Inwiefern und welche Ansprüche dem Käufer gegen den Vorkaufsberechtigten zustehen, der sein Recht ausgeübt hat und im Grundbuch als Eigentümer des Miteigentumsanteils eingetragen worden ist, erscheint in Rechtsprechung undBGE 137 III 293 S. 297Lehre als wenig geklärt (vgl. BGE 110 II 447 E. 1 S. 449 f.; für eine Übersicht: SIMONIUS/SUTTER, Schweizerisches Immobiliarsachenrecht, Bd. I, 1995, S. 377 f.).

2.3 In tatsächlicher Hinsicht steht fest, dass der Kläger einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem Grundstück gekauft hat, worauf die Miteigentümerin der anderen Hälfte bzw. ihre Rechtsnachfolger das gesetzliche Vorkaufsrecht ausgeübt haben und auf Anmeldung der Verkäufer hin im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden sind. Der Kläger hat nicht die Verkäufer eingeklagt, die es vielmehr ihm überlassen haben, die im Zusammenhang mit einer allenfalls ungültigen Ausübung des Vorkaufsrechts entstandenen Ansprüche geltend zu machen. Der Kläger hat deshalb direkt Klage gegen die im Grundbuch neu als Eigentümer der Miteigentumshälfte eingetragenen Beklagten erhoben. Er wirft ihnen kein sittenwidriges Verhalten vor (E. 2.1), sondern eine ungültige Ausübung des Vorkaufsrechts, sei es wegen Fehlens der Vollmachten, sei es wegen Missachtung behördlicher Bedingungen, sei es wegen unzulässiger Fremdfinanzierung und/oder sei es wegen fehlender Urteilsfähigkeit des Vaters der Beklagten. Streitig ist, ob und gegebenenfalls wie diese angeblich ungültige Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Kläger geltend gemacht werden kann.

3. Das Kantonsgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers zur Grundbuchberichtigungsklage gemäss Art. 975 ZGB verneint.

3.1 Ist der Eintrag eines dinglichen Rechtes ungerechtfertigt oder ein richtiger Eintrag in ungerechtfertigter Weise gelöscht oder verändert worden, so kann gemäss Art. 975 Abs. 1 ZGB jedermann, der dadurch in seinen dinglichen Rechten verletzt ist, auf Löschung oder Abänderung des Eintrages klagen. Aktivlegitimiert ist, wer durch den Eintrag in seinen dinglichen Rechten verletzt ist. Als Grundsatz ist damit festzuhalten, dass der bloss obligatorisch Berechtigte, wie z.B. der Käufer (vgl. E. 2), zur Erhebung der Grundbuchberichtigungsklage nicht legitimiert ist (vgl. SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 3. Aufl. 2007, N. 12 und 14 zu Art. 975 ZGB; ZOBL, Grundbuchrecht, 2. Aufl. 2004, N. 455 S. 173 f., mit Hinweisen). Der Käufer kann folglich nicht auf dem Weg der Grundbuchberichtigungsklage geltend machen, ein Vorkaufsrecht sei ungültig ausgeübt worden und deshalb die Eintragung des Vorkaufsberechtigten im Grundbuch zu Unrecht erfolgt (so ausdrücklich: STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, 4. Aufl. 2007, S. 339 N. 981aBGE 137 III 293 S. 298bei Anm. 44; DESCHENAUX, Das Grundbuch, SPR Bd. V/3/2, 1989, § 40/B/II/1b/bb S. 835 in Anm. 40a).

3.2 Aufgrund der Vereinbarung vom 5. März 2007 zwischen den Verkäufern und dem Kläger stellt sich die Frage, ob der Kläger mit Zustimmung der Verkäufer in seinem eigenen Namen die Grundbuchberichtigungsklage erheben kann. Die herrschende Lehre verneint die Frage, handle es sich bei der "Zustimmung" um eine Abtretung oder um eine Ermächtigung (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., § 40/B/II/3 S. 839 ff., mit Hinweisen). Die Befugnis, den Prozess in eigenem Namen als Partei anstelle des materiell Berechtigten zu führen (sog. gewillkürte Prozessstandschaft), kann rechtsgeschäftlich nicht übertragen werden. Das schweizerische Recht kennt keine auf die Prozessführungsbefugnis oder ein Klagerecht beschränkte Abtretung, sondern nur die Abtretung des materiell-rechtlichen Anspruchs, mit der die Berechtigung übergeht, den Anspruch vor Gericht in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BGE 78 II 265 E. 3a S. 274/275; BGE 130 III 417 E. 3.4 S. 427; für die Vindikationszession: BGE 132 III 155 E. 6 S. 160 ff.). Einen Anspruch auf Grundbuchberichtigung ohne das damit untrennbar verbundene dingliche Recht haben die Verkäufer dem Kläger mit der Vereinbarung vom 5. März 2007 deshalb nicht abtreten können (vgl. aus der Prozessrechtslehre statt vieler: HOHL, Procédure civile, Bd. I: Introduction et théorie générale, 2001, N. 456-458 S. 101, und SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2010, § 19 N. 46 f. S. 72; a.M. offenbar: BERGER/GÜNGERICH, Zivilprozessrecht, 2008, N. 354 S. 113).

3.3 Die gegenteiligen Schlüsse, die BGE 84 II 187 E. 2 S. 193 f. zu ziehen erlaubt, dürfen nicht verallgemeinert werden. Das Urteil betraf die Ausübung eines Vorkaufsrechts gemäss dem Bundesgesetz vom 12. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG; AS 1952 403). Gemäss Art. 14 Abs. 1 EGG hat der Berechtigte das Vorkaufsrecht gegenüber dem Grundbuchverwalter geltend zu machen, der die Vertragsparteien von der Erklärung benachrichtigt. Bestreitet der Käufer die gültige Ausübung des Vorkaufsrechts, kommt es zum Prätendentenstreit, nach dessen Beendigung erst der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen wird, und zwar auf den obsiegenden Prätendenten. Im beurteilten Fall hatte der Grundbuchverwalter die Stellungnahme des Käufers nicht abgewartet und den sein Recht ausübenden Vorkaufsberechtigten als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Allein dieseBGE 137 III 293 S. 299Ausgangslage hat das Bundesgericht veranlasst, die Grundbuchberichtigungsklage als Klage des Prätendenten zuzulassen bzw. den Käufer ausnahmsweise als legitimiert anzusehen, im Prätendentenstreit mit der Zustimmung des Verkäufers die Grundbuchberichtigungsklage zu erheben (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., § 40/B/II/1b/bb S. 835 in Anm. 40). Es handelt sich um einen Sonderfall aus dem bäuerlichen Vorkaufsrecht mit seinen besonderen Verfahrensvorschriften, der auf das gewöhnliche Vorkaufsrecht deshalb nicht übertragen werden kann (vgl. ANDREAS KRENGER, Die Grundbuchberichtigungsklage, 2. Aufl. 1991, S. 123 f.; für Art. 13 f. EGG: BGE 83 II 517 E. 2 S. 519; BGE 109 II 245 E. 6 S. 252). Das Bundesgericht hat die Massgeblichkeit dieser Urteilserwägungen für das Vorkaufsrecht des Miteigentümers in der Folge denn auch offengelassen (BGE 110 II 447 E. 1 S. 449) und es als fraglich bezeichnet, ob die Zustimmung des Verkäufers einem Dritten, wie einem Käufer, der nicht in seinen dinglichen Rechten verletzt ist, die Aktivlegitimation zur Grundbuchberichtigungsklage verschaffen kann (Urteil 5C.10/1989 vom 11. Mai 1990 E. 1a).

3.4 Die kantonsgerichtliche Annahme, der Kläger sei mangels Verletzung in eigenen dinglichen Rechten zur Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB nicht legitimiert, verstösst aus den dargelegten Gründen nicht gegen Bundesrecht. Was der Kläger diesbezüglich vorbringt, um das angefochtene Urteil im Ergebnis zu stützen, erweist sich als unbegründet.

4. Das Kantonsgericht hat die Aktivlegitimation des Klägers zu einer sog. Grundbuchberichtigungsklage sui generis bejaht.

4.1 Mit der Grundbuchberichtigungsklage sui generis oder einer der Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB analogen Klage ist die allgemeine Feststellungsklage gemeint (vgl. KRENGER, a.a.O., S. 91 und 132).

4.2 Die Feststellungsklage betrifft hier die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die beklagten Vorkaufsberechtigten gegenüber den nicht prozessbeteiligten Verkäufern, d.h. ein Rechtsverhältnis, das nicht zwischen dem Kläger und den Beklagten besteht, sondern zwischen der Beklagtenpartei und einem ausserhalb des Prozesses stehenden Dritten, der von der Rechtskraft des Feststellungsurteils somit nicht erfasst wird. Ein schutzwürdiges Interesse an einer Feststellung besteht indessen grundsätzlich nur, soweit die Rechtskraft des Urteils reicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Rechtsbeziehung DritterBGE 137 III 293 S. 300deshalb auch nur ausnahmsweise dann gegeben, wenn Bestand und Inhalt der Rechtsbeziehung unter den Parteien vom Bestehen eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen Dritten bzw. zwischen einer der Prozessparteien und Dritten abhängt (BGE 93 II 11 E. 2c S. 16; BGE 108 II 475 E. 1a S. 477; zuletzt: Urteile 4C.290/2001 vom 8. November 2002 E. 1.3 und 4A_55/2007 vom 29. August 2007 E. 5.2.1, in: sic! 2003 S. 324 und 2008 S. 212). Das schutzwürdige Interesse fehlt, wenn die verlangte Feststellung gegenüber der betroffenen Person nicht verbindlich wäre, d.h. das angestrebte Feststellungsurteil den Dritten nicht zu binden vermag (BGE 93 II 11 E. 2c S. 17; zuletzt: Urteil 4C.147/2004 vom 17. August 2004 E. 2).

4.3 Das Bundesgericht bejaht das Feststellungsinteresse, wenn es um die Frage geht, ob sich der Käufer eines Grundstücks durch ein ausgeübtes Vorkaufsrecht zurücksetzen lassen muss (BGE 109 II 51 E. 2 S. 53). Das Urteil hat das bäuerliche Vorkaufsrecht mit dem gesetzlich vorgesehenen Prätendentenstreit betroffen und darf deshalb, wie die Beklagten das zutreffend hervorheben, nicht verallgemeinert werden (E. 3.3). Auf Grund der Vereinbarung vom 5. März 2007 zwischen dem Kläger und den Verkäufern ist indessen davon auszugehen, dass die gerichtliche Feststellung, das Vorkaufsrecht sei nicht innert Frist rechtswirksam ausgeübt worden, den Verkäufern entgegengehalten werden kann. Gestützt darauf ist der Kläger befugt, im Namen der nicht prozessbeteiligten Verkäufer das Feststellungsurteil gegen die Beklagten beim Grundbuch zur Eintragung anzumelden (vgl. E. 5 hiernach). Die Änderung der Eintragung im Grundbuch kann somit auf blosse Feststellung hin, dass die Beklagten ihr Vorkaufsrecht nicht rechtswirksam ausgeübt und folglich das Eigentum am fraglichen Miteigentumsanteil nicht erworben haben, als zweifelsfrei gesichert gelten (allgemein: BGE 97 II 371 E. 2 S. 375 f.; BGE 135 III 378 E. 2.4 S. 382; für ein Vorkaufsrecht: Urteil 5C.197/1992 vom 18. März 1993 E. 2b/bb). An einer Feststellung anderer oder weiterer Rechtsverhältnisse ist ein Interesse weder ersichtlich noch dargetan.

4.4 Das angefochtene Urteil kann insoweit nicht beanstandet werden, als das Kantonsgericht die Aktivlegitimation zur Klage auf Feststellung, dass das Vorkaufsrecht nicht rechtsgültig ausgeübt worden ist, bejaht hat.

5. Der Kläger hat schliesslich auf Anweisung an das Grundbuchamt geklagt, ihn selber oder eventuell die Verkäufer als Eigentümer des Miteigentumsanteils im Grundbuch einzutragen. DasBGE 137 III 293 S. 301Kantonsgericht hat die Legitimation auch zu diesem Klagebegehren bejaht und damit zwischen der Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB und der allgemeinen Feststellungsklage keinen Unterschied mehr gemacht.

5.1 Die Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB ist ihrer Natur nach eine Feststellungsklage, die die Richtigstellung einer Eintragung durch den Grundbuchverwalter entsprechend der gerichtlich festgestellten Rechtslage bezweckt. Das Klagebegehren lautet deshalb auf Feststellung des Eigentums des Klägers und auf Änderung des Eintrags im Grundbuch (Urteil 5C.200/1990 vom 4. Juni 1991 E. 1d; vgl. KRENGER, a.a.O., S. 82 und 169). Eine ausdrückliche Anweisung an das Grundbuchamt, die Eintragung im Grundbuch vorzunehmen, ist praxisgemäss zwar zulässig, rechtlich aber nicht erforderlich, zumal die urteilsmässige Feststellung des dinglichen Rechts den obsiegenden Kläger gleich dem "Erwerber" im Sinne von Art. 963 Abs. 2 ZGB zur Grundbuchanmeldung berechtigt und die schriftliche Erklärung des Eigentümers, auf dessen Grundstück sich die Eintragung bezieht, überflüssig macht (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., § 40/C/II S. 863 f. und § 40/C/IV S. 866 f.). Weitergehend wird in der Praxis dem Begehren, den Kläger an Stelle des Beklagten als Eigentümer im Grundbuch einzutragen, gegenüber dem blossen Begehren auf Feststellung des Eigentums der Vorrang eingeräumt (BGE 97 II 277 E. 2 S. 280; vgl. VALENTIN RETORNAZ, L'action en rectification du registre foncier, in: Quelques actions en annulation, 2007, S. 85 ff., 128 f.).

5.2 Diese für die Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB geltenden Grundsätze können nicht unbesehen auf die allgemeine Feststellungsklage übertragen werden. Das beantragte Feststellungsurteil hat zum Inhalt, dass die Beklagten das Vorkaufsrecht gegenüber den Verkäufern nicht rechtsgültig ausgeübt haben und dass die Verkäufer deshalb die wirklichen Eigentümer des Miteigentumsanteils sind. Nicht durch das Feststellungsurteil bestimmt werden hingegen die Rechte des Klägers gegenüber den Verkäufern, die sich allein aus dem Kaufvertrag ergeben. Daraus folgt, (1.) dass das Feststellungsurteil den obsiegenden Kläger - im Gegensatz zum Urteil über die Grundbuchberichtigungsklage im Sinne von Art. 975 ZGB (E. 5.1) - nicht als wahren Berechtigten ausweist, der gemäss Art. 963 Abs. 2 ZGB die Eintragung im Grundbuch anmelden kann, und (2.) dass nur die Verkäufer als wirkliche Eigentümer des Miteigentumsanteils die Eintragung im Grundbuch verlangen können.BGE 137 III 293 S. 302Die Verkäufer haben zunächst gestützt auf das Feststellungsurteil die Beklagten als Eigentümer des Miteigentumsanteils im Grundbuch löschen und sich selber wieder als Eigentümer eintragen zu lassen, bevor sie die Eigentumsübertragung gemäss dem Kaufvertrag an den Kläger beim Grundbuch anmelden können (vgl. zu ähnlichen Fällen: SCHMID, a.a.O., N. 25 zu Art. 963 ZGB, mit Hinweisen). Der Kläger ist somit nicht legitimiert, im Feststellungsprozess die Anweisung an das Grundbuchamt zu beantragen, sich selber als Eigentümer des Miteigentumsanteils im Grundbuch einzutragen. Die Grundbuchanmeldung muss von den Verkäufern ausgehen.

5.3 Seine Legitimation, im eigenen Namen die Anweisung an das Grundbuchamt zur Eigentumsübertragung klageweise zu beantragen, kann der Kläger auch nicht auf die Vereinbarung vom 7. März 2007 mit den Verkäufern stützen, wonach ihm die Verkäufer neben einem allfälligen Anspruch auf Rückübertragung des hälftigen Miteigentumsanteils auch den Anspruch auf die entsprechende Grundbuchberichtigung abgetreten haben. Denn zum Erwerb des Grundeigentums bedarf es der Eintragung im Grundbuch (Art. 656 Abs. 1 ZGB), und im Bereich dieses absoluten Eintragungsprinzips hat die Grundbuchanmeldung nicht bloss die Bedeutung eines formellen Antrags an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt vielmehr die materielle Verfügung über das Eigentum dar, die notwendigerweise vom dinglich Berechtigten auszugehen hat (vgl. BGE 109 II 99 E. 3 S. 101; SCHMID, a.a.O., N. 20 und 25 zu Art. 963 ZGB; STEINAUER, a.a.O., Bd. I, N. 711 S. 257, mit Hinweisen). Der Eigentümer kann einem Dritten zwar die Vollmacht erteilen, die Eigentumsübertragung zur Eintragung im Grundbuch anzumelden (vgl. BGE 121 III 97 E. 4a S. 104). Da die Grundbuchanmeldung aber zugleich die materielle Verfügung über das dingliche Recht bedeutet, kann der Eigentümer einem Dritten nicht rechtsgeschäftlich die Befugnis einräumen, in eigenem Namen an seiner Stelle über sein im Grundbuch eingetragenes Recht zu verfügen (vgl. E. 3.2; ausführlich: CAROLE VAN DE SANDT, L'acte de disposition, 2000, N. 525 S. 174, mit Hinweisen).

5.4 Entgegen der Annahme des Kantonsgerichts kann die von den Verkäufern erteilte Ermächtigung nicht mit der Feststellungsklage kombiniert werden und dem Kläger nicht die Legitimation zu Klagebegehren auf Anweisung an das Grundbuchamt verschaffen, zu seinen eigenen Gunsten oder eventuell zu Gunsten der Verkäufer Eintragungen im Grundbuch vorzunehmen.BGE 137 III 293 S. 303

6. Aus den dargelegten Gründen beschränkt sich die Aktivlegitimation des Klägers auf die allgemeine Feststellungsklage mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass die Erben M. ihr gesetzliches Vorkaufsrecht am Miteigentumsanteil der Erben V. von ½ des Grundstücks Nr. 736, Grundbuch G., nicht innert Frist rechtswirksam ausgeübt haben. Dieses Begehren ist im weitergehenden Klagebegehren gemäss Ziff. 1 enthalten (vgl. E. 5.1). Es erübrigt sich damit, auf den Einwand der Beklagten einzugehen, das Begehren könne nicht aus dem Klagebegehren-Ziff. 3 herausgelöst werden. Im Ergebnis ist die Beschwerde damit teilweise gutzuheissen und das angefochtene Urteil im Sinne der vorstehenden Erwägungen abzuändern.

BGE 119 II 119

Tod eines Gesellschafters einer aus zwei natürlichen Personen bestehenden einfachen Gesellschaft; rechtliches Los der im Gesamteigentum beider Gesellschafter stehenden Liegenschaft im Falle der Auflösung der Gesellschaft (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR; Art. 550 Abs. 1 OR; Art. 560 ZGB; Art. 652 ZGB).

Bestätigung der Rechtsprechung, wonach eine im Gesamteigentum zweier einfacher Gesellschafter stehende Liegenschaft beim Tod des einen ohne besondere Abrede nicht Alleineigentum des anderen wird (E. 3).


2. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, gemäss Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR werde die einfache Gesellschaft aufgelöst, wenn ein Gesellschafter sterbe und die Gesellschaft fortzusetzen nicht vereinbart sei bzw. nicht vereinbart werde. Welche Stellung den Erben des verstorbenen Gesellschafters in dieser Situation zukomme, werde in den Bestimmungen über die einfache Gesellschaft nicht geregelt und sei in der Rechtswissenschaft kontrovers. Mit dem Eintritt eines Auflösungsgrundes sei die einfache Gesellschaft mit dem ursprünglichen Zweck des gemeinsamen Eigentums zwar aufgelöst, bestehe indessen mit dem neuen Zweck ihrer Liquidation bis zu deren Abschluss weiter. Mit VON STEIGER (Schweizerisches Privatrecht VIII/1, Basel 1976, S. 454) sei davon auszugehen, dass die Erben gestützt auf Art. 560 und 602 ZGB für die Liquidation in dieBGE 119 II 119 S. 121Rechtsstellung des verstorbenen Gesellschafters eintreten und mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten Mitglieder der Liquidationsgesellschaft werden. Im Recht der Personengesellschaft gebe es keine Norm, welche die Rechtsstellung der Erben aufhebe oder modifiziere. Art. 584 OR, der analog auf die einfache Gesellschaft anzuwenden sei, sehe denn auch den Eintritt der Erben in die Liquidationsgesellschaft vor. Wie in BGE 113 II 496 E. 2b, so müsse auch vorliegend angenommen werden, das Eigentum am fraglichen Grundstück sei in die Gesamteigentumsanteile des überlebenden Gesellschafters und der Erbengemeinschaft zerfallen. Die Grundbuchanmeldung sei daher zu Recht abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer rügt zusammengefasst, weder bundesgerichtliche Entscheidungen noch Literaturstellen vermöchten die Auffassung des Verwaltungsgerichts abzudecken, dass im Falle des Todes eines einfachen Gesellschafters dessen Erben ohne entsprechende Fortsetzungsklausel von Gesetzes wegen dingliche Berechtigungen am Gesellschaftsvermögen zufielen. Dies stehe im Widerspruch zur schweizerischen Praxis, sei dogmatisch falsch und führe zu stossenden Auswirkungen. Die Rechtsschutzbedürfnisse der Erben bei Auflösung einer einfachen Gesellschaft seien durch die Mittel der Herabsetzungsklage, der Einsprache gegen die Ausstellung einer Erbbescheinigung sowie durch die Zwangsvollstreckungsmassnahmen zur Verwertung des Grundstücks genügend geschützt, so dass auf die Einräumung dinglicher Rechte am Gesellschaftsvermögen ohne weiteres verzichtet werden könne. Auch der vorliegende Fall gehöre zu den Einzelfällen, in denen der Grundsatz der erbrechtlichen Universalsukzession und namentlich die Vorschrift von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung betreffend das Grundbuch vom 22. Februar 1910 (GBV; SR 211.432.1) relativiert werden müsse. Den Erben des verstorbenen Gesellschafters stünden zwar vermögensrechtliche Ansprüche zu, nicht aber unmittelbar dingliche Berechtigungen an Grundstücken des Gesellschaftsvermögens; die Liquidation der einfachen Gesellschaft werde auf obligatorischer Grundlage im Sinne eines Abrechnungsverhältnisses durchgeführt. Die vorgelegte Erbgangsurkunde beruhe demnach auf einem genügenden Rechtsgrund nach Art. 965 ZGB, weshalb sie in das Grundbuch einzutragen sei.

3. Die Frage, ob eine im Gesamteigentum zweier einfacher Gesellschafter stehende Liegenschaft beim Tod eines Gesellschafters ohne besondere Abrede Alleineigentum des anderen werde, ist, wie die Justizdirektion aufgezeigt hat, vom Bundesgericht verneintBGE 119 II 119 S. 122worden (BGE 113 II 496 E. 2b; BGE 68 III 44 E. 1). An dieser unter gesellschafts-, erb- und sachenrechtlichen Gesichtspunkten zutreffenden Rechtsprechung ist festzuhalten.

a) Gemäss Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR wird die einfache Gesellschaft aufgelöst, wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher - oder erst nachträglich (BGE 70 II 56) - vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll. Die Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft ist aufgrund des hier anwendbaren Art. 550 Abs. 1 OR von allen, also auch von den an der Geschäftsführung nicht beteiligten Gesellschaftern vorzunehmen. Sie hat die Lösung der durch die Gesellschaft geschaffenen rechtlichen Beziehungen zum Gegenstand, und zwar durch Erfüllung der Schulden bzw. Überführung der Rechte und allenfalls der Pflichten aus der Gemeinschafts- in die Individualsphäre; sie umfasst sowohl die Abwicklung der Beziehungen zu Dritten (äussere Liquidation) als auch die Verteilung der verbleibenden Werte oder allfälliger Schulden unter die Gesellschafter (innere Liquidation) (ZÄCH, Innominatverträge, Festgabe zum 60. Geburtstag von Walter R. Schluep, Zürich 1988, S. 397; SIEGWART, N. 1 und 6 zu Art. 548/549/550 OR; HARTMANN, N. 1 zu Art. 582 OR; VON STEIGER, a.a.O., S. 464 Ziff. 2a). Nicht schon der Eintritt des Auflösungsgrundes, sondern erst der Abschluss der Liquidation beendet das Gesellschaftsverhältnis (BGE 105 II 206 E. 2a mit Hinweisen); die Gesellschaft besteht als sog. Abwicklungsgesellschaft mit dem neuen und ausschliesslichen Zweck der Liquidation fort (BGE 93 II 252 E. bb; BGE 105 II 208 E. b mit Hinweisen; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des Schweizerischen Gesellschaftsrechts, 6. Aufl. Bern 1989, § 8 N. 63; BECKER, N. 2 zu Art. 545 OR; SIEGWART, N. 37 zu Art. 545/547 OR; HARTMANN, N. 1 und 11 zu Art. 574 OR; VON STEIGER, a.a.O., S. 450 und 461). Die Liquidation erfasst auch vorhandenes Gesamteigentum, das nur so lange vom Privatvermögen der Gesellschafter getrenntes Sondervermögen bleibt, als das Gesamthandverhältnis andauert (VON GREYERZ, Die Erhaltung der Unternehmung im Erbgang, Berner Tage für die juristische Praxis 1970, Bern 1972, S. 72 II.1.). Wie die Liquidation im einzelnen durchzuführen ist, ordnet das Gesellschaftsrecht; dieses sieht allerdings nicht vor, dass ein Mitglied Gesellschaftsgut an sich ziehen könnte; gemäss Art. 548 OR findet nicht einmal ein Rückfall eingebrachter Sachen an den Einbringenden statt (BGE 78 II 310 E. b). Nach dem auf die einfache Gesellschaft anwendbaren Art. 584 OR (BGE 93 II 391 E. 3) haben die Erben des verstorbenenBGE 119 II 119 S. 123Gesellschafters für die Liquidation einen gemeinsamen Vertreter zu bezeichnen; ausserdem sind sie an der in Liquidation befindlichen Gesellschaft als Mitglieder in der Stellung beteiligt, wie sie der Erblasser eingenommen hätte (BGE 114 V 4 E. b mit Hinweisen; SIEGWART, N. 9 zu Art. 545/547 OR; HARTMANN, N. 1 zu Art. 584 OR; VON STEIGER, a.a.O., S. 453; HEINRICH MARFURT, Die Auflösung der Kollektivgesellschaft beim Tode eines Gesellschafters, Diss. FR 1928, S. 96); das folgt auch schon daraus, dass die Berechtigung an der Gesamthand ohne Mitwirkung der Gesellschafter gar nicht gelöst, bestehendes Gesamteigentum mithin nicht aufgehoben werden könnte (MEIER-HAYOZ, N. 4 zu Art. 653 ZGB; SIEGWART, N. 13 zu Art. 544 OR; HAAB/SIMONIUS, N. 18 zu Art. 652 bis 654 ZGB); es ergibt sich dies aber auch daraus, dass die Gesellschaft ohne die Gesellschafter in ihrer Identität (BGE 93 II 252 E. bb mit Hinweisen; VON STEIGER, a.a.O., S. 450 und 461) nicht fortzubestehen vermöchte. Es ist denn auch anerkannt, dass den Erben eines Gesellschafters das Recht gemäss Art. 583 Abs. 2 OR zusteht, beim Richter die Abberufung der Liquidatoren und die Ernennung neuer zu verlangen (BGE 69 II 37 E. 3; SIEGWART, N. 5 zu Art. 583 OR; HARTMANN, N. 9 zu Art. 583 OR). Die Regelung im schweizerischen Gesellschaftsrecht entspricht im übrigen der deutschen Gesetzgebung (Kommentar STAUDINGER, 12. Auflage Berlin 1991, N. 9 zu § 727 BGB; MÜNCHENER Kommentar, Band 3, München 1980, N. 1 und 9 zu § 727 BGB; KOHLHAMMER Kommentar, Band 3, 10. Aufl., N. 1 und 4 zu § 727 BGB; WIELAND, Handelsrecht, Band 1, München 1921, S. 682), an die es sich seit jeher angelehnt hat (Bericht über die Anpassung und Revision des Obligationenrechts und über die Einführungsbestimmungen zum schweizerischen Zivilgesetzbuche, 1904, S. 49/9.).

b) Gemäss Art. 560 ZGB erwerben die Erben mit dem Tod des Erblassers kraft Gesetzes die Erbschaft als Ganzes (Abs. 1); mit Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen gehen die Forderungen, das Eigentum, die beschränkten dinglichen Rechte und der Besitz des Erblassers ohne weiteres auf sie über; dessen Schulden werden zu persönlichen Schulden der Erben (Abs. 2). Wegen ihrer höchstpersönlichen Natur gilt hingegen die Mitgliedschaft bei einer einfachen Gesellschaft als unvererblich (TUOR, N. 12 der Einleitung zu Art. 457-536 ZGB; ESCHER, N. 5a der Einleitung zu Art. 457-536 ZGB; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, a.a.O., § 8 N. 10; DRUEY, Grundriss des Erbrechts, 3. Aufl. Bern 1992, § 13 N. 25). Sie - und mit ihr der Grund für die Unvererblichkeit der Mitgliedschaft - entfälltBGE 119 II 119 S. 124indessen, wenn die einfache Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters von Gesetzes wegen aufgelöst wird (Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR) und bloss noch als sog. Abwicklungsgesellschaft mit dem alleinigen Zweck, liquidiert zu werden, für so lange weiterbesteht, als die Auseinandersetzung nicht abgeschlossen ist. Die Nachfolge der Erben in die Stellung des Erblassers ist in diesem Fall keine andere, als wenn der Auflösungsgrund für die einfache Gesellschaft unmittelbar vor seinem Tod eingetreten, der Liquidationsanspruch noch in seiner Person entstanden wäre. Was unter solchen Umständen der Vererblichkeit obligatorischer und dinglicher Rechte des verstorbenen Gesellschafters von Gesetzes wegen (Art. 560 Abs. 2 ZGB) entgegenstehen könnte, ist nicht einzusehen.

c) Gesamteigentum setzt ein persönliches Gemeinschaftsverhältnis unter den Beteiligten, eine persönliche Verbindung in der Form eines spezifischen Rechtsverhältnisses voraus (MEIER-HAYOZ, N. 69 zu Art. 652 ZGB; HAAB/SIMONIUS, N. 2 zu Art. 652-654 ZGB; LEEMANN, N. 1 zu Art. 652 ZGB). Die einfache Gesellschaft stellt gemäss Art. 544 Abs. 1 OR eine derartige Gesamthandgemeinschaft dar (MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, a.a.O., § 8 N. 14; SIEGWART, N. 8 zu Art. 544 OR). Der Eintritt eines Auflösungsgrundes bei der Gemeinschaft bewirkt kein Erlöschen der Gesamthand, sondern lässt lediglich einen Anspruch auf Aufhebung des Gesamthandverhältnisses entstehen; die Gemeinschaft dauert als sog. Liquidationsgemeinschaft fort; an der Gesamthandberechtigung ändert sich unmittelbar nichts; sie entfällt erst, sobald und soweit die Auseinandersetzung vollzogen ist (MEIER-HAYOZ, N. 5 zu Art. 654 ZGB; HAAB/SIMONIUS, N. 14 zu Art. 652-654 ZGB; LEEMANN, N. 5 zu Art. 654 ZGB). Damit der Anteil eines Gemeinschafters an der Gesamthandberechtigung den andern Gemeinschaftern anwächst, muss der betreffende Gemeinschafter aus der Gemeinschaft ausscheiden und die Gesamthandschaft fortgeführt werden (MEIER-HAYOZ, N. 69 zu Art. 652 ZGB; HAAB/SIMONIUS, N. 40 zu Art. 652-654 ZGB; LEEMANN, N. 8 zu Art. 652 ZGB; LIVER, ZBJV 100/1964, S. 263). An dieser notwendigen Voraussetzung aber fehlt es, wenn die einfache Gesellschaft mit dem Tod eines Gesellschafters mangels anderslautender Vereinbarung der Bestimmung des Art. 545 Abs. 1 Ziff. 2 OR entsprechend aufgelöst wird, mit anderen Worten, wenn der Tod nicht zugleich Grund für das Ausscheiden des Gesellschafters und die Fortführung der Gesellschaft unter den noch verbleibenden Mitgliedern bildet (vgl. BGE 81 II 362 E. 1; HAAB/SIMONIUS, N. 15 zu Art. 652-654 ZGB). Einer dinglichen Berechtigung der Erben des verstorbenen GesellschaftersBGE 119 II 119 S. 125steht nichts entgegen, zumal das für den Bestand von Gesamteigentum erforderliche Gemeinschaftsverhältnis dadurch erhalten bleibt, dass die Erben in der Stellung des verstorbenen Gesellschafters an der zu liquidierenden Gesellschaft beteiligt sind.

d) Zusammengefasst ist unter allen teilrechtlichen Aspekten letztlich einerseits entscheidend, dass der Tod eines einfachen Gesellschafters mangels einer Fortsetzungsklausel zwar Grund für die Auflösung der einfachen Gesellschaft, nicht jedoch für deren Fortführung durch die übrigen Gesellschafter bildet; anderseits ist wesentlich, dass die Erben in der Stellung des verstorbenen Gesellschafters in die zu liquidierende Gesellschaft eintreten.

4. Was der Beschwerdeführer vorträgt, ist weder im einzelnen noch insgesamt geeignet, den gegenteiligen Standpunkt zu rechtfertigen. Die Abrede, eine einfache Gesellschaft beim Hinschied eines Gesellschafters mit dessen Erben fortzusetzen, wird nicht dadurch überflüssig und sinnlos, dass die Erben der sog. Abwicklungsgesellschaft angehören; denn im einen Fall wird die Gesellschaft mit dem bisherigen unveränderten Zweck fortgeführt, im anderen hingegen aufgelöst und liquidiert. Inwiefern die Beteiligung der Erben an der zu liquidierenden Gesellschaft mit deren Anzeigepflicht und den vorübergehenden Befugnissen gemäss Art. 547 Abs. 2 OR unvereinbar sein könnte, ist weder auszumachen noch aufgezeigt. Die Auseinandersetzung nach Eintritt eines Auflösungsgrundes bleibt, wie dargelegt, nicht ausschliesslich den bisherigen Gesellschaftern vorbehalten. Die dogmengeschichtlichen und rechtsvergleichenden Hinweise sind von vornherein unbehelflich, soweit sie eine der schweizerischen nicht entsprechende Ordnung zur Grundlage haben; was den Hinweis auf das deutsche Recht betrifft, so deckt sich, wie bereits ausgeführt, die schweizerische mit der deutschen Regelung. Die vom Beschwerdeführer genannten Entscheide kantonaler Behörden gründen zum einen auf der mit dem Gesetz nicht zu vereinbarenden Annahme, beim Tod eines Gesellschafters bestehe die Gesellschaft mit dem verbleibenden als einzigem Gesellschafter und Liquidator fort, dingliche Anteilsrechte vermöchten die Erben des verstorbenen Gesellschafters nur beim Vorliegen einer Fortsetzungsklausel zu erwerben; zum andern geben sie bloss wieder, was sich zweifelsfrei dem Gesetz entnehmen lässt, und - was der Beschwerdeführer e contrario daraus folgert - wie die Unvererblichkeit der Mitgliedschaft der gesetzlichen Ordnung entspricht. In dem vom Beschwerdeführer angerufenen Schrifttum wird die These, der Gesamteigentumsanteil des verstorbenen Gesellschafters wachseBGE 119 II 119 S. 126dem überlebenden an, teilweise überhaupt nicht näher begründet, der Tod des einen Gesellschafters seinem Austritt aus der Gesellschaft gleichgesetzt, oder aber davon ausgegangen, die Erben nähmen in der nunmehr zu liquidierenden Gesellschaft nicht jene Stellung ein, die der verstorbene Gesellschafter vor Eintritt der Gesellschaft in das Liquidationsstadium innegehabt habe. Auf die herrschende Grundbuchpraxis kann es schliesslich nicht entscheidend ankommen, solange diese nicht höchstrichterlich überprüft worden ist.

5. Das Verwaltungsgericht hat mithin kein Bundesrecht verletzt, indem es zum Schluss gelangt ist, das Grundstück J., Grundbuchblatt Nr. 1107, sei beim Tode von Th. H.-V. nicht Alleineigentum von M. H. geworden; es hat daher zu Recht die gegen den Entscheid der Justizdirektion des Kantons Bern gerichtete Beschwerde abgewiesen. Damit ist auch vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.

BGE 112 II 107

4. Nicht einzutreten ist auf die Berufung insofern, als die Rechtsverhältnisse an den herrenlosen und den öffentlichen Sachen durch das kantonale Recht, insbesondere das Einführungsgesetz zum Zivilgesetzbuch, geregelt werden; denn das Bundesprivatrecht enthält sich einer diesbezüglichen Regelung. Art. 664 Abs. 1 ZGB beschränkt sich darauf, die herrenlosen und die öffentlichen Sachen der Hoheit jenes Kantons zu unterstellen, in dessen Gebiet sie sich befinden. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei diesen dem Kanton zugewiesenen Sachen um Eigentum im privatrechtlichen Sinn handle, wenn - wie in Art. 149 EG zum ZGB des Kantons Graubünden - das kantonale Recht bestimmt, die nicht nachweislich im Privateigentum stehenden Gewässer (Flüsse, Seen,BGE 113 II 236 S. 239Bäche), Strassen und Plätze seien zum Gemeingebrauch bestimmte Sachen und als Eigentum der Territorialgemeinde anzusehen. Da diese Rechtsverhältnisse dem kantonalen Recht unterstehen, können sie auf jeden Fall vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüft werden (BGE 109 II 79 E. 3; BGE 97 II 29 E. 2b; BGE 89 II 294 E. 2; BGE 81 II 271 f. E. 3).

Damit sind allerdings die Kriterien noch nicht bestimmt, nach welchen aufgrund von Art. 664 Abs. 1 ZGB der Hoheit der Kantone unterstellte Gewässer als öffentliche Sache zu betrachten sind. Da das Bundesprivatrecht diese Kriterien nicht nennt, nimmt die Lehre an, den Kantonen sei auch die Abgrenzung der öffentlichen Gewässer überlassen. Das gilt mindestens hinsichtlich der Abgrenzung zwischen öffentlichen und nichtöffentlichen Gewässern, wogegen Zweifel bestehen, ob die Kantone auch für die Grenzziehung zwischen den öffentlichen Gewässern und dem sie umgebenden Grund und Boden zuständig seien (Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 153 f. zu Art. 664 ZGB).

Folgt man dieser einleuchtenden Betrachtungsweise, so ist die Berufungsklägerin mit der Rüge nicht zu hören, die umstrittenen Bergseen seien im Widerspruch zum Bundesprivatrecht als öffentliche, dem Gemeingebrauch dienende Gewässer bezeichnet worden. Im Bundesprivatrecht - nämlich in Art. 664 Abs. 2 ZGB - verankert ist demgegenüber die Vermutung, die sich bei Fehlen eines besonderen Rechtstitels gegen das Privateigentum richtet.

5. Einzutreten ist auf die vorliegende Berufung somit insoweit, als die Frage zu beantworten bleibt, ob die in Art. 664 Abs. 2 ZGB zulasten des Privateigentums aufgestellte Vermutung sich auch gegen Aneignung und Ersitzung durch Private ausspricht. Das ist eine Frage des Bundesprivatrechts, die sich unabhängig von kantonalen Regelungen der Aneignung und Ersitzung beantwortet und im Berufungsverfahren vor Bundesgericht zu beantworten ist. Es ist also im folgenden zu prüfen, ob das Kantonsgericht von Graubünden zu Unrecht - wie die Berufungsklägerin meint - die Auffassung vertreten hat, schon das Bundesprivatrecht stehe seit 1912 dem Eigentumserwerb an öffentlichen Gewässern durch Aneignung und Ersitzung entgegen.

Aneignung ist seitens der Alpgenossenschaft Durnan indessen nicht geltend gemacht worden, so dass insbesondere Art. 664 Abs. 3 ZGB - er gilt unbesehen um den Gesetzeswortlaut auch für öffentliche Gewässer (Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 144 zu Art. 664 ZGB) - nicht weiter zu beachten bleibt.BGE 113 II 236 S. 240

a) In BGE 52 II 120 f. E. 2 hat das Bundesgericht bezüglich Art. 731 Abs. 3 ZGB festgehalten, dass die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit an herrenlosen und öffentlichen Sachen ausgeschlossen sei. Diese Auffassung hat die Zustimmung der herrschenden Lehre gefunden (Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 145 zu Art. 664 ZGB, mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Kommentar HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 6 zu Art. 661, 662, 663 ZGB, Kommentar LEEMANN, N. 25 zu Art. 664 ZGB).

Eine davon abweichende Lehrmeinung schliesst allerdings die ordentliche Ersitzung (im Sinne von Art. 661 ZGB) einer Dienstbarkeit an öffentlichen Sachen nicht aus. Auch bezüglich der ausserordentlichen Ersitzung - sie charakterisiert sich durch die fehlende Aufnahme des Grundstücks im Grundbuch, was im vorliegenden Fall zutrifft - hält diese Lehrmeinung dafür, dass das Zivilgesetzbuch die Ersitzung an den gemäss kantonalem Recht in das Grundbuch nicht aufgenommenen öffentlichen Grundstücken nicht ausschliesse. Ob die Ersitzung zulässig sei, entscheide indessen das kantonale Recht (Kommentar LIVER, N. 124 ff. zu Art. 731 ZGB). An anderer Stelle (Schweizerisches Privatrecht V/1, S. 153) vertritt LIVER davon abweichend die Ansicht, dass an öffentlichen Sachen kein Eigentum durch ausserordentliche Ersitzung erworben werden könne. Durch den Besitz einer Sache im Gemeingebrauch - so auch durch Wassernutzung - könne weder Eigentum noch eine Dienstbarkeit ersessen werden, weil dieser Besitz kein Eigenbesitz sein könne und auch hier gelte: Nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest.

Damit wird zwar nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, dass der Besitzer sich nicht in einer Art und Weise verhalten könnte, die über die Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs hinausgeht und auf einen Eigentümerwillen schliessen lassen könnte. Dennoch scheint die Geltendmachung ausserordentlicher Ersitzung ausgeschlossen, weil Eigenbesitz sich mit der Zweckbestimmung der öffentlichen Sache nicht verträgt oder weil die Vermutung zulasten des Privateigentums sich einem unangefochtenen Besitz als Eigentum im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB entgegenstellt. Im Ergebnis ist damit Übereinstimmung mit MEIER-HAYOZ (N. 145 zu Art. 664 ZGB) erzielt, der den Erwerb zu Eigentum von öffentlichen Sachen durch ausserordentliche Ersitzung ausschliesst und darauf hinweist, dass Art. 664 Abs. 2 ZGB einen unangefochtenen Eigenbesitz verhindert.BGE 113 II 236 S. 241

Auch nach der jüngsten Lehrmeinung gibt es an öffentlichen Sachen, die gemäss Art. 944 ZGB nicht dem Zwang zur Eintragung im Grundbuch unterliegen, keine ausserordentliche Ersitzung einer Dienstbarkeit (Kommentar REY, N. 226 zu Art. 731 ZGB). Den in diesem Zusammenhang zitierten Autoren - GUHL, Die Ersitzung von Grundeigentum und Grunddienstbarkeiten nach dem ZGB, ZBJV 65/1929, S. 241 ff., insbesondere S. 247 f.; JENNY, Grundeigentumsersitzung und Grundbuch, SJZ 39/1942, S. 173 ff., insbesondere S. 178; Kommentar HAAB/SIMONIUS/ SCHERR/ZOBL, N. 1 zu Art. 661, 662, 663 ZGB - ist die übereinstimmende Meinung zu entnehmen, dass die ausserordentliche Ersitzung Grundstücke voraussetze, die dem Buchungszwang unterliegen, was bei öffentlichen Sachen von Bundesrechts wegen grundsätzlich nicht der Fall ist. REY (a.a.O.) teilt die von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung so lange, als das konkret anwendbare öffentliche Recht, die Zweckbestimmung des Objekts und die konkreten Umstände die Sache dem Privatverkehr entziehen, und er hält deshalb die ausserordentliche Ersitzung an einer Sache im Gemeingebrauch während dessen Dauer nicht für möglich. Auch REY (N. 228 zu Art. 731 ZGB) vertritt die Meinung, dass die Vermutung zulasten des Privateigentums, die Art. 664 Abs. 2 ZGB aufstellt, unangefochtenem Ersitzungsbesitz entgegenstehe.

b) Diese Betrachtungsweise von Rechtsprechung und Lehre setzt der Aneignung und Ersitzung von herrenlosen und öffentlichen Sachen klare Grenzen, was angesichts der Zweckbestimmung der öffentlichen Sachen auch gerechtfertigt ist. Zu Recht hat daher das Kantonsgericht von Graubünden eine ausserordentliche Ersitzung an den Seen Lai da Vons und Lai Lung als mit dem Bundesprivatrecht unvereinbar erklärt.

Unbehelflich ist demgegenüber das Argument der Berufungsklägerin, Privateigentum - insbesondere an Strassen (BGE 94 I 574 f. E. 2a) - brauche den Gemeingebrauch nicht auszuschliessen. Die Frage hier ist nicht, ob nachweislich im Privateigentum stehende Sachen gleichwohl zu einem auf die Öffentlichkeit ausgerichteten Gemeingebrauch bestimmt sein können, sondern ob die Vermutung zulasten des Privateigentums von Art. 664 Abs. 2 ZGB die besondere Erwerbsform der Ersitzung auszuschliessen vermag.

6. a) Nun macht die Berufungsklägerin freilich geltend, sie habe im Jahre 1953 ein Ersitzungsverfahren eingeleitet, das mit einem Grundbuchauszug abgeschlossen worden sei. Dieser habe die SeenBGE 113 II 236 S. 242ausdrücklich zum Bestandteil des Alpgebiets erklärt und zudem einen Grenzbeschrieb enthalten, der den Lai Lung und die östliche Hälfte des Lai da Vons umfasste. Nach der Ansicht der Berufungsklägerin sind damit und durch die Tatsache, dass die Alpgenossenschaft in der Folge über zehn Jahre unangefochtene Besitzerin der Seen gewesen sei, die Voraussetzungen für die ordentliche Ersitzung im Sinne von Art. 661 ZGB erfüllt.

Das Kantonsgericht von Graubünden hat dem entgegengehalten, die Eintragung des Eigentums der Alpgenossenschaft Durnan an den beiden Seen sei - am 6. Mai 1956 - zu Unrecht erfolgt, weil damals die Voraussetzungen für eine ausserordentliche Ersitzung nicht gegeben gewesen seien. Dieser Mangel habe in der Folge aber auch nicht durch ordentliche Ersitzung geheilt werden können; denn das Zivilgesetzbuch schliesse eine ordentliche Ersitzung von Eigentum an öffentlichen oder herrenlosen Sachen ebenso aus wie die ausserordentliche Ersitzung.

b) Dieser Auffassung ist mindestens unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen beizupflichten, könnten doch sonst die vom Gesetzgeber in Art. 664 ZGB zum Ausdruck gebrachten Absichten ausgerechnet dort über den Umweg der ordentlichen Ersitzung durchkreuzt werden, wo der Grundbucheintrag nur dank dem gesetzwidrigen Ausgang eines ausserordentlichen Ersitzungsverfahrens erfolgte.

Die Vorinstanz beruft sich allerdings unzutreffend auf REY (N. 181 zu Art. 731 ZGB), wenn sie ausführt, eine ordentliche Ersitzung von öffentlichen oder herrenlosen Sachen sei wegen Art. 664 ZGB ausgeschlossen; denn an der zitierten Stelle wird nur die Tabularersitzung einer Dienstbarkeit an einer herrenlosen Sache ausgeschlossen. Demgegenüber hält REY (N. 180 zu Art. 731 ZGB, mit Verweis auf Kommentar LIVER, N. 121 ff. zu Art. 731 ZGB sowie Schweizerisches Privatrecht V/1, S. 149) dafür, dass an öffentlichen Sachen, die als Grundstücke ins Grundbuch aufgenommen sind, eine Dienstbarkeit durch Tabularersitzung entstehen könne. Dabei kann es sich aber - wie der Verweis auf MEIER-HAYOZ (N. 230 zu Art. 664 ZGB) zeigt - nur um die Aufnahme öffentlicher Grundstücke ins Grundbuch handeln, wenn im Sinne von Art. 944 ZGB dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.

REY (a.a.O.) äussert sich im übrigen zur Tabularersitzung nur im Zusammenhang mit einer Grunddienstbarkeit, welche die Zweckbestimmung des öffentlichen Grundstücks nicht notwendigerweiseBGE 113 II 236 S. 243beeinträchtigt. Da jedoch im vorliegenden Fall eine ordentliche Ersitzung zur Diskussion steht, die sich ihrerseits auf einen unrichtigen (weil ausserordentliche Ersitzung annehmenden) Grundbucheintrag stützt und nach dem Willen der Berufungsklägerin Eigentum durch Tabularersitzung erworben werden soll, ist nicht darüber zu befinden, ob sich das Kantonsgericht in Übereinstimmung mit MEIER-HAYOZ (N. 7 zu Art. 661 ZGB) und in Abweichung von den soeben erwähnten Lehrmeinungen nicht doch zu Recht dahin ausgesprochen hat, dass die ordentliche Ersitzung von Eigentum an öffentlichen Sachen schlechthin ausgeschlossen sei.

BGE 120 II 321

Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB; Bauhandwerkerpfandrecht an einem Grundstück der Aargauischen Kantonalbank.

Die Aargauische Kantonalbank ist ihrer Funktion nach ein Privatbanken vergleichbares Wirtschaftsunternehmen mit freier unternehmerischer Initiative und starker Orientierung am Wettbewerb, vom Status her gesehen eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter staatlicher Aufsicht, die von Gesetzes wegen eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen hat. Macht der Staat insoweit privatwirtschaftliche Tätigkeit gesetzlich zur öffentlichen Aufgabe und bietet Leistungen an, wie sie von privater Seite zu gleichen Bedingungen erbracht werden, so kann an jenen Liegenschaften, die durch ihren Gebrauchswert der Erfüllung dieser Aufgabe unmittelbar dienen, ein Bauhandwerkerpfandrecht gültig bestellt werden (E. 2).


2. Das Handelsgericht hat die Klage deshalb abgewiesen, weil ein Bauhandwerkerpfandrecht an Grundstücken des Verwaltungsvermögens gültig nicht bestellt werden könne. Beim Bankgebäude, zu dessen Schalterhalle und Bankratssaal die Klägerin pfandrechtsgeschützte Leistungen erbracht habe, handle es sich um solches Verwaltungsvermögen im Eigentum der Beklagten, einer selbständigen Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts.

a) Nach dem Gesetz über die Aargauische Kantonalbank vom 3. Juli 1973 (KBG) bildet die Beklagte eine Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit unter der Oberaufsicht von Grossem Rat, Regierungsrat und Kontrollkommission; sie führt ihre Geschäfte getrennt von der Staatsverwaltung (§ 1 und § 2 i.V.m. §§ 11-13 KBG). Der Staat haftet für die Verbindlichkeiten der Beklagten, soweit ihre eigenen Mittel nicht ausreichen, und stellt das Grundkapital bereit (§ 4 KBG). Der Reingewinn, der nach Vornahme der im Bankwesen üblichen Abschreibungen und Rückstellungen und nach Verzinsung des Grundkapitals verbleibt, wird mindestens zur Hälfte der Staatskasse überwiesen (§ 25 KBG).

Die Beklagte ist nach dieser gesetzlichen Regelung eine selbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts (KNAPP, Aspects du droit des banques cantonales, FS Häfelin, Zürich 1989, S. 460 und Anm. 5 S. 461; RUSSENBERGER, Die Sonderstellung der Schweiz. Kantonalbanken, Diss. Zürich 1988, S. 34/35) und als solche eine blosse Organisationsform der dezentralen Staatsverwaltung, weshalb sie im Grundsatz auch ohne weiteres Verwaltungsvermögen, Finanzvermögen und Sachen im Gemeingebrauch besitzen kann (JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, ZBl 93/1992 S. 147/148; HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2.A. Zürich 1993, S. 424 N. 1822).

Soweit die Klägerin dies in Abrede stellt, kann ihr daher nicht gefolgt werden. Entgegen ihrer Auffassung erlauben die angeblich vom PrivatrechtBGE 120 II 321 S. 323beherrschten Beziehungen der Beklagten zu ihren Kunden und Angestellten keine abweichenden Schlüsse, insbesondere bezüglich der Organisationsform der Beklagten nicht (BGE 47 I 242 E. 2 S. 249; vgl. BGE 105 II 234 E. 2 S. 236; 102 II 45 E. 2 S. 47).

b) Die Zugehörigkeit einer öffentlichen Sache zum Verwaltungsvermögen schliesst die Anwendbarkeit des Zivilrechts nicht völlig aus. Die Gegenstände des Verwaltungsvermögens bleiben vielmehr dem Zivilrecht unterstellt, soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist und sofern das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Was die Bestellung eines Pfandrechts an einem öffentlichen Grundstück im besonderen angeht, so hängt deren Zulässigkeit nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung davon ab, ob ein solches Grundstück zwangsverwertet werden kann (für das Bauhandwerkerpfandrecht grundlegend: BGE 103 II 227 E. 4 S. 235 f.). - In diesem Zusammenhang berufen sich beide Parteien auf das Bundesgesetz über die Schuldbetreibung gegen Gemeinden und andere Körperschaften des kantonalen öffentlichen Rechts vom 4. Dezember 1947 (SR 282.11). Zu Unrecht. Denn als selbständige Anstalt des kantonalen öffentlichen Rechts untersteht die Beklagte diesem Bundesgesetz nicht. Zwar nannte der erste bundesrätliche Entwurf "die Anstalten und Stiftungen des kantonalen öffentlichen Rechts" ebenfalls, doch wurden diese nach Antrag der ständerätlichen Kommission gestrichen, da sie nach privatrechtlichen Gesichtspunkten aufgebaut sind, so dass die Bestimmungen des SchKG auf sie sehr wohl angewendet werden können (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, 3.A. Zürich 1993, § 84 N. 13; BRAND, SJK Nr. 1036, S. 4). Die von der Klägerin aufgeworfene Frage nach der richtigen Anwendung dieses Bundesgesetzes stellt sich nicht, und die Rechtsprechung des Bundesgerichts vor 1947, welche die Beklagte ausser Betracht lassen will, kann ohne weiteres berücksichtigt werden.

Dass Grundstücke des Verwaltungsvermögens nicht gepfändet und verpfändet - also auch nicht mit einem Bauhandwerkerpfandrecht belastet - werden können, ist im erwähnten Bundesgesetz ausgesprochen, gilt aber allgemein. Denn mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe wäre es nicht vereinbar, wenn dazu mit seinem Gebrauchswert unmittelbar dienendes Vermögen verwertet und dem Zweck, dem es gewidmet worden ist, dadurch entfremdet werden könnte (BGE 103 II 227 E. 4 S. 236). Die allgemeine Tragweite ist eine zwangsläufigeBGE 120 II 321 S. 324Folge des Vorrangs des öffentlichen Rechts - der sich daraus ergebenden Zweckgebundenheit des Verwaltungsvermögens - über das Privatrecht - des sich daraus ergebenden Anspruchs des Bauhandwerkers auf Pfandbestellung (BGE 103 II 227 S. 237); das Gemeinwesen soll nicht durch zivilrechtliche Ansprüche in der Erfüllung öffentlicher Aufgaben behindert werden (vgl. etwa BGE 119 II 411 E. 3b S. 414, einen Immissionsprozess betreffend).

Zur Zulässigkeit der Bestellung eines Bauhandwerkerpfandrechts an Grundstücken des Verwaltungsvermögens hatte sich das Bundesgericht bislang im Zusammenhang mit einem Gemeindeschulhauses (BGE 108 II 305 Nr. 59), einem Regionalspital (BGE 107 II 44 Nr. 9), einer Mehrzweckanlage der PTT (BGE 103 II 227 Nr. 40), einem Bezirksspital (BGE 102 Ib 8 Nr. 2) und einem Kindergarten (BGE 95 I 97 Nr. 14) zu äussern.

c) Die Beklagte bezweckt die "Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung" (§ 57 der Verfassung des Kantons Aargau, SR 131.227), insbesondere durch die Erleichterung des Zahlungsverkehrs, die Ermöglichung sicherer Anlage von Ersparnissen im Dienste einer breiten Vermögensstreuung, die Deckung des Kreditbedarfes des Staates, der Gemeinden und der öffentlich-rechtlichen Zweckverbände sowie der natürlichen und der juristischen Personen privaten Rechts. Sie hat dies mittels Pflege sämtlicher Bankgeschäfte zu tun und sich bei der Kreditgewährung in voller Wahrung gesunder bankbetrieblicher Grundsätze besonders nach den Bedürfnissen des Wohnungsmarktes und nach den Zielen der kantonalen Raumordnungspolitik zu richten (§ 3 Abs. 1 und 2 KBG). Über ihren Geschäftsbereich bestimmt die kantonale Gesetzgebung was folgt: Passivgeschäfte erfolgen "in allen banküblichen Formen" (§ 5 KBG), und das Aktivgeschäft umfasst "alle Arten des kurz- und langfristigen Bankkredits", wobei bezüglich ausländischer Schuldner oder ausländischer Kreditinstitute eine Beschränkung auf Erstklassigkeit besteht (§ 6 KBG). Die Beklagte darf alle weiteren Geschäfte pflegen, "die der Betrieb einer Hypothekar- und Handelsbank mit sich bringt" (§ 7 KBG). Bezüglich der Kredite und Darlehen schreibt das Gesetz als Regel vor, dass sie "nur gegen vollwertige Deckung mit ausreichender Marge gewährt" werden (§ 8 KBG). Ungedeckte Kredite sind zugunsten des Staates Aargau und seiner selbständigen Anstalten und Unternehmungen sowie der Gemeinden und der übrigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Zweckverbände statthaft, zugunsten der Genossenschaften aber nur bei solchen "mit ausreichende Sicherheit bietendem Vermögen oderBGE 120 II 321 S. 325mit Haftbarkeit der Mitglieder" und zugunsten der im Handelsregister eingetragenen Erwerbsunternehmungen des privaten Rechts lediglich, "soweit ihre Vermögenslage der Bank als gut bekannt ist" (§ 9 KBG). Alsdann kann bei Sozialkrediten zugunsten der Kantonseinwohner von den üblichen Normen der Deckung abgewichen werden, wobei die Einzelheiten das Geschäftsreglement bestimmt (§ 10 KBG).

Das Geschäftsreglement sieht unter dem Titel "E. Sozialkredite und -darlehen" vor, dass an unbescholtene Kantonsbürger Kleinkredite gegen solidarische Einzelbürgschaft, gegen Abtretung von Lohnansprüchen und Forderungen oder - beschränkt auf den Nominalwert - gegen Lebensversicherungspolicen gewährt werden wie auch Ehestandsdarlehen gegen Abtretung des Eigentumsvorbehaltes höchstens bis zu 80% des Kaufpreises der Möbel (§ 31 des Geschäftsreglementes der Aargauischen Kantonalbank vom 3. Juli 1973).

d) Wenn die Klägerin bei dieser kantonalrechtlichen Geschäftsordnung dafürhält, die Beklagte betreibe das Bankgewerbe wie jede andere, rein privatrechtliche Bank, ist dem die Berechtigung nicht abzusprechen. Ausser an öffentlich- rechtliche Institutionen, für welche letztendlich das Gemeinwesen selber die Zahlungsfähigkeit garantiert, dürfen Kredite in der Tat nur an solvente juristische oder natürliche Personen gewährt werden oder aber nur gegen entsprechende Sicherheiten. Was die Sozialkredite im besonderen angeht, werden auch diese nur gegen Sicherheit vergeben (Bürgschaften, Abtretungen, Verfaustpfändungen, usw.), die dem Bankgeschäft keineswegs fremd sind (EMCH/RENZ/BÖSCH, Das Schweizerische Bankgeschäft, 4.A. Thun 1993, S. 257), wenn sie auch teilweise als "nicht bankmässig" bezeichnet werden (etwa DUBS, Das Sozialkreditgeschäft der schweizerischen Kantonalbanken, Diss. St. Gallen 1965, S. 61 f. und S. 86 ff.); dieser Geschäftsbereich scheint aufgrund der eigenen Anstrengungen der Kantonalbanken bezüglich Kundenwerbung wie auch in Anbetracht der Kreditgewährungspraxis (Verwendungszweck und Höhe) zudem nicht von grosser Bedeutung zu sein (vgl. DUBS, a.a.O., S. 57 ff., 74 ff., 84 ff. und 118 ff.). Ferner steht die volle Wahrung gesunder bankbetrieblicher Grundsätze von Gesetzes wegen vor der Berücksichtigung der weiteren Ziele.

Selbst wenn für die Errichtung einer Kantonalbank ursprünglich gewiss der wohlfahrtsstaatliche Zweck entscheidend gewesen ist, muss heute doch davonBGE 120 II 321 S. 326ausgegangen werden, dass die Kantonalbanken zu reinen Universalbanken geworden sind und gewinnstrebende und fiskalische Interessen im Vordergrund stehen (vgl. EMCH/RENZ/BÖSCH, a.a.O., S. 35; KNAPP, Aspects du droit, S. 467/468; BEELI, Das öffentliche und gemischtwirtschaftliche Unternehmen am Beispiel der Luzerner und Zuger Kantonalbank, Diss. Freiburg i.Üe. 1988, S. 38 ff.; RHINOW, BV-Kommentar, Stand Juni 1988, N. 34 zu Art. 31quater BV, und KRÄHENMANN, Privatwirtschaftliche Tätigkeit des Gemeinwesens, Basel 1987, S. 65, je mit weiteren Literaturhinweisen). Von Kantonalbankseite wird dies nicht grundsätzlich in Abrede gestellt und durchaus anerkannt, dass die Bestrebungen zur Ausgestaltung als Universalbank und zur Einnahmenbeschaffung für den kantonalen Haushalt unverkennbar seien (etwa HAMMER, Aufgabenwandel bei öffentlich-rechtlichen Unternehmungen, dargestellt am Beispiel der Kantonalbanken, FS Rötheli, Solothurn 1990, S. 425 ff.; FUCHS, Die Rechtsnatur der Kantonalbanken, Zürich 1980, S. 12 ff.). Zumindest für die Beklagte machen die erwähnten Regelungen jüngeren Datums die Richtigkeit dieser Auffassung deutlich. - Die Fragen, ob eine solche privatwirtschaftliche Tätigkeit des Staates zulässig sei (RHINOW, BV-Kommentar, Stand Juni 1988, N. 109 zu Art. 31 BV mit Literaturhinweisen; vgl. BGE 117 Ia 107 E. c S. 113) oder inwiefern eine Kantonalbank das richtige Instrument zur Erreichung der öffentlich-rechtlichen Zweckausrichtung bilde (LEU, Ist eine Staatsgarantie für Banken ökonomisch sinnvoll?, Aktuelle Probleme im Bankrecht, BTJP 1993, Bern 1994, S. 51 ff.), sind im Rahmen der vorliegenden Pfandrechtsstreitigkeit nicht zu beantworten. Wesentlich ist hier einzig, dass die Beklagte von Gesetzes wegen eine öffentliche Aufgabe wahrnimmt, gemäss dieser kantonalrechtlichen Regelung ihre Bankgeschäfte nach Kriterien abwickelt, wie es dies ein privates Unternehmen gleicherweise täte, und damit am Wirtschaftsleben in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft teilnimmt (sog. fiskalische Wettbewerbswirtschaft: HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 54 N. 227).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Beklagte ihrer Funktion nach ein Privatbanken vergleichbares Wirtschaftsunternehmen mit freier unternehmerischer Initiative und starker Orientierung am Wettbewerb ist, vom Status her gesehen eine öffentlich-rechtliche Anstalt unter staatlicher Aufsicht, die von Gesetzes wegen eine öffentliche Aufgabe wahrzunehmen hat (vgl. BEELI, a.a.O., S. 40).BGE 120 II 321 S. 327

e) Insoweit liegt es auf der Hand, dass die Tätigkeit der Beklagten nicht einfach mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Bereiche des Schul- oder Spitalwesens verglichen werden darf. Ein Teil der Lehre unterteilt die öffentlich-rechtlichen Anstalten denn auch in solche i.e.S. (z.B. Schulen, Spitäler, Forschungsinstitute) und öffentliche Unternehmen, die sich von den ersteren dadurch unterscheiden, dass sie im Bereich von Handel und Gewerbe staatliche Aufgaben wahrnehmen, welche auf Erwerb ausgerichtet sind; dazu gehören etwa SBB, PTT oder Kantonalbanken (KNAPP, Grundlagen des Verwaltungsrechts, II., 4.A. Basel 1993, N. 2671 ff., und Aspects du droit, S. 469). Mag diese Einteilung im einzelnen auch umstritten sein (BEELI, a.a.O., S. 47 ff.; KRÄHENMANN, a.a.O., S. 6 ff. mit weiteren Begriffsbestimmungen) oder lediglich als eine von vielen erscheinen (MOOR, Droit administratif, III., Berne 1992, S. 330 N. 7.1.1), so zeigt sie immerhin, dass der vorliegende Fall einzig mit dem in BGE 103 II 227 Nr. 40 beurteilten Sachverhalt die PTT betreffend direkt verglichen werden darf.

f) In jenem Entscheid ist das Bundesgericht allgemein von einem weiten Begriff des Verwaltungsvermögens ausgegangen. Wesentlich sei einzig, ob sich eine Aufgabe als eine solche öffentlicher Art erweise und ob eine bestimmte Sache dieser Aufgabe durch ihren Gebrauchswert unmittelbar diene (BGE 103 II 227 S. 234). - Von daher gesehen kann nicht verneint werden, dass das im Eigentum der Beklagten stehende Bankgebäude, namentlich die Schalterhalle und der Bankratssaal, zu ihrem Verwaltungsvermögen gehört (zum Erfordernis der Verfügungsgewalt: BGE 107 II 44 E. b S. 47). Mit ihrem engeren Verständnis dieses Begriffes ist die Klägerin nicht zu hören. Insbesondere meint fehlende Realisierbarkeit als Kennzeichen des Verwaltungsvermögens nicht Unverwertbarkeit schlechthin. Gebrauchswerte, die dem Verwaltungsvermögen zuzuordnen sind, können vielmehr so lange nicht veräussert werden, als sie der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe dienen (vgl. etwa HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 425 N. 1822).

g) Der Klägerin ist allerdings darin beizupflichten, dass das Bundesgericht es damit nicht hat bewenden lassen. Gestützt auf die damalige Rechtslage ist weiter ausgeführt worden, eine von der Rechtsordnung dem Staat vorbehaltene Tätigkeit müsse aber vernünftigerweise als öffentliche Aufgabe anerkannt werden, selbst wenn gesetzgeberisch eine privatwirtschaftliche Lösung ebenfalls denkbar gewesen wäre (BGE 103 II 227 S. 234). - Entgegen der Auffassung der Beklagten kann in jenen Ausführungen nicht bloss eineBGE 120 II 321 S. 328einfachere Begründung dafür erblickt werden, dass es sich somit um eine öffentliche Aufgabe gehandelt habe. Das ist vielmehr die Beurteilung der öffentlichen Aufgabe unter dem Blickwinkel der Anwendbarkeit des Zivilrechts gewesen, und als ausschlaggebend hat das Bundesgericht betrachtet, dass die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Zulassung eines Bauhandwerkerpfandrechts deshalb nicht verunmöglicht werden dürfe, weil aufgrund des diesbezüglich von Verfassungs wegen geltenden Monopols (Art. 36 Abs. 1 BV) die gleiche Aufgabe zu den selben Bedingungen nicht sogleich von privater Seite hätte wahrgenommen werden können. Keine Rolle hat dabei gespielt, dass neben dem öffentlichen Hauptzweck, der Erbringung der gesetzlich umschriebenen Leistung, noch ein Fiskalzweck besteht. Der mittelbare öffentliche Zweck, wie er in der Alimentierung der allgemeinen Staatskasse durch die PTT erkannt werden kann (Art. 36 Abs. 2 BV), hatte bei Beurteilung auch dieser Frage ausser Betracht zu bleiben, zumal nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein rein fiskalisches regelmässig nicht als öffentliches Interesse zu werten ist (vgl. BGE 99 Ia 126 E. 8a S. 140; BGE 95 I 144 E. b S. 150; BGE 88 I 248 E. 2 S. 253 mit Hinweisen).

Im Rahmen einer Zivilrechtsstreitigkeit um die Bestellung eines Bauhandwerkerpfandrechts darf sich das Bundesgericht über öffentlichrechtliche Vorschriften, die eine bestimmte Aufgabe einer Anstalt zuweisen, zwar nicht einfach hinwegsetzen, Prozessgegenstand bildet jedoch die Frage nach der Anwendbarkeit des Zivilrechts, danach mithin, ob die Wahrnehmung der gesetzlich umschriebenen öffentlichen Aufgabe dessen Ausschluss nach dem erwähnten Grundsatz rechtfertige. So wenig unter dem Blickwinkel der Willkür eine kantonale Regelung, die als Privatvermögen bezeichnet, was offensichtlich zum Verwaltungsvermögen gehört, unbeanstandet bleiben könnte (BGE 106 Ia 389 E. bb S. 393; BGE 97 I 902 E. e S. 909; KNAPP, Grundlagen, II., N. 2888), so wenig darf in der vorliegend zu beurteilenden Frage nur darauf abgestellt werden, dass es sich von Gesetzes wegen um eine öffentliche Aufgabe handelt.

Der Ausschluss des Zivilrechts wird mit anderen Worten nicht durch das Vorliegen einer öffentlichen Aufgabe schlechthin gerechtfertigt, sondern durch besondere Gründe, die im erwähnten Entscheid in der Monopolstellung der PTT bestanden haben und letztlich das öffentliche Interesse betreffen, das die Verwaltung begriffsnotwendig zu verwirklichen suchen muss (vgl. BGE 94 I 541 E. 5a S. 548; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., S. 104 N. 450 und S. 107BGE 120 II 321 S. 329N. 468). Freilich bedürfen diese besonderen Gründe in der Regel keiner weiteren Erörterung, weil sie sich aus der wahrgenommenen Aufgabe selbst ergeben, sei es dies beispielsweise im Spital- oder Schulwesen, wo Leistungen erbracht werden müssen, weil sie der Markt entweder überhaupt nicht oder so doch zu Bedingungen anbietet, die nur eine Minderheit davon profitieren liesse, oder sei es dies etwa im Bereiche der Sozialpolitik, die Leistungen erforderlich machen kann, wie sie von Privaten unter gleichen Auflagen nicht erbracht würden (MOOR, III., S. 331 N. 7.1.1; vgl. die Zusammenstellung von Motiven der unternehmerischen Betätigung des Staates bei KRÄHENMANN, a.a.O., S. 96 ff.).

h) Die Unterschiede zwischen dem damals beurteilten und dem heute zu beurteilenden Sachverhalt sind augenfällig.

Soweit der Beklagten als Ziele die Wirtschaftsförderung und die soziale Entwicklung vorgeschrieben sind, erreicht sie aufgrund der klaren Geschäftsordnung davon nicht mehr als jedes andere private Bankinstitut. Wie hiervor einlässlich dargelegt, hat sie sich bei ihren Kreditvergaben nach kantonalen Bestimmungen zunächst an die banküblichen Gebräuche zu halten. Auch die weiteren Ziele, die sie zu berücksichtigen hat (Wohnungsmarkt und Raumordnungspolitik), darf die Beklagte aufgrund klarer Gesetzesvorschrift nur "in voller Wahrung gesunder bankbetrieblicher Grundsätze" verfolgen. Dass die Beklagte bei dieser Sachlage nur Leistungen erbringen kann, die von privater Seite in gleicher Weise angeboten werden, liegt auf der Hand. Was die sichere Anlage von Ersparnissen anbetrifft, so hat die Staatsgarantie sicherlich eine gewisse Bedeutung. Zumindest im Verhältnis zu den privaten Grossbanken aber tritt dieses Moment in den Hintergrund und kann für sich allein den Ausschluss des Zivilrechts nicht begründen. Eine öffentliche Aufgabe, die der Beklagten allein vorbehalten wäre, könnte zudem nicht darin erblickt werden, dass sie als kantonale Depositenanstalt wirkt. Zwar tut sie dies von Gesetzes wegen, doch sind die privaten Bankinstitute davon nicht ausgeschlossen (vgl. § 17 des Ausführungsgesetzes zum SchKG vom 13. Oktober 1964). Soweit schliesslich noch die Gewinnverwendung in Frage steht, ist diese als mittelbar öffentlicher Zweck für die hier zu beurteilende Frage wie bereits erwähnt nicht entscheidend.

i) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine besonderen Gründe im erwähnten Sinne ersichtlich sind, die es rechtfertigten, die Anwendbarkeit des Zivilrechts auf das Verwaltungsvermögen der Beklagten auszuschliessen. Macht der Staat privatwirtschaftliche Tätigkeit gesetzlich zur öffentlichenBGE 120 II 321 S. 330Aufgabe und bietet Leistungen an, wie sie von privater Seite zu gleichen Bedingungen erbracht werden, so kann an jenen Liegenschaften, die durch ihren Gebrauchswert der Erfüllung dieser Aufgabe unmittelbar dienen, ein Bauhandwerkerpfandrecht gültig bestellt werden.

Diese Betrachtungsweise entspricht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in Steuerfragen, worauf die Klägerin mit guten Gründen vergleichsweise hinweist. Das Bundesgericht hat es nicht als willkürlich bezeichnet, einer Kantonalbank gehörende Grundstücke in vollem Umfang gemeindesteuerpflichtig zu erklären, weil "der Bankbetrieb, wie er im Luzernischen Kantonalbankgesetz umschrieben wird, keineswegs eine notwendig dem Staat obliegende oder vorbehaltene Aufgabe" darstelle. Der Staat könne seinem Begriffe nach auch ohne Staatsbank bestehen, und die der Bank zugewiesenen Verrichtungen könnten insgesamt auch von Privaten übernommen werden. Der Staat eröffne "einen Gewerbebetrieb (als selbständige oder unselbständige Staatsanstalt), um ihn den öffentlichen Interessen entsprechend zu führen, ohne dass der Betrieb deswegen den Charakter eines Gewerbebetriebes verlieren würde" (BGE 57 I 79 E. b S. 91/92).

Diese Auffassung findet sich auch in Urteilen zur Steuerpflicht des Vermögens von Gemeindesparkassen wieder: "der Betrieb einer Sparkasse und dessen Sicherung (durch Reservebildung) sei eine privatwirtschaftliche Aufgabe und falle nicht in den Kreis der öffentlichen Zwecke, wie er sich bei Gemeinden nach dem kantonalen Verfassungsrecht, der Gemeindegesetzgebung und den jeweilig geltenden Auffassungen über die öffentlichen Aufgaben der Gemeinden bestimme" (vgl. nicht veröffentlichtes Bundesgerichtsurteil i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung c/Sparkasse Schwyz vom 1. März 1985, ASA 55 1986/87 S. 220 ff. E. 5 mit Hinweisen).

BGE 113 II 501

1. Das Obergericht ist davon ausgegangen, die Beschwerdeführer könnten sich nicht auf Art. 665 Abs. 3 ZGB berufen, wonach Änderungen am Grundeigentum, die nach ehelichem Güterrecht eintreten, nach der Veröffentlichung der Eintragung im Güterrechtsregister von Amtes wegen im Grundbuch einzutragen sind. Die im Ehevertrag vereinbarte Begründung von Miteigentum erfolge nämlich nicht durch den Güterstandswechsel und somit nicht aussergrundbuchlich. Der Eintrag im Grundbuch sei für dasBGE 113 II 501 S. 503Miteigentum vielmehr konstitutiv. Fraglich bleibe somit einzig, ob der Ehevertrag vom 11. August 1986 im Sinne von Art. 657 und 965 Abs. 3 ZGB die für die Gültigkeit des Rechtsgrundes erforderliche Form erfülle. Diese Frage hat das Obergericht mit dem Hinweis auf § 237 Abs. 2 EGzZGB verneint. Diese Bestimmung verlange die öffentliche Beurkundung am Ort der gelegenen Sache. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 55 SchlT ZGB sei eine solche kantonalrechtliche Vorschrift mit dem Bundesprivatrecht vereinbar. Trotz der in der Lehre an dieser Rechtsprechung teilweise geäusserten Kritik bestehe kein Grund, von der bisherigen Betrachtungsweise abzuweichen. Entscheidend bleibe nach wie vor, dass eine Beurkundung am Ort des Grundstücks bessere Gewähr dafür biete, dass der Vertragsinhalt den gegebenen örtlichen Verhältnissen entspreche. Für die Freizügigkeit der Beurkundung müsste der Preis der minderen Qualität bezahlt werden.

2. Die Beschwerdeführer erheben die einzige Rüge, dass das Obergericht nicht in Übereinstimmung mit gewichtigen Stimmen in der Lehre den § 237 Abs. 2 EGzZGB als bundesrechtswidrig bezeichnet und den in einem andern Kanton öffentlich beurkundeten Ehevertrag nicht als hinreichenden Rechtsgrundausweis für die Eigentumsübertragung anerkannt habe. Insbesondere habe die Vorinstanz den begründeten Überlegungen von Meier-Hayoz, N. 101 ff. zu Art. 657 ZGB, nicht Rechnung getragen. Nach dessen Auffassung betreffe die öffentliche Beurkundung nur eine Formfrage. Der Vertragsabschluss werde durch das Bundesprivatrecht in räumlicher Hinsicht in keiner Weise beschränkt. Das Erfordernis der Beurkundung am Ort der gelegenen Sache beeinträchtige den Grundstückverkehr, und zwar vor allem dort, wo Liegenschaften nicht im Gebiet eines einzigen Kantons liegen, d.h. bei Kauf- und Tauschgeschäften von Grundstücken in verschiedenen Kantonen. Besitze ein Ehepaar Grundstücke in mehreren Kantonen, könnte dies bewirken, dass auch mehrere Eheverträge abgeschlossen werden müssten.

3. Der Vertrag auf Übertragung von Grundeigentum bedarf zu seiner Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 657 Abs. 1 ZGB). Soweit der Ehevertrag nach gesetzlicher Vorschrift als Grundlage der Eigentumsübertragung ausreicht, sind nach Absatz 2 dieser Gesetzesbestimmung die im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen zu beachten. Im übrigen bestimmen gemäss Art. 55 SchlT ZGB die Kantone, in welcher Weise aufBGE 113 II 501 S. 504ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung zu erfolgen hat. Nach § 237 Abs. 2 EGzZGB ist für die Beurkundung von Rechtsgeschäften über dingliche und vormerkbare persönliche Rechte an Grundstücken im Kanton Zürich nur der Notar des Kreises zuständig, in welchem das betroffene Grundstück oder ein Teil davon liegt.

a) Im Rahmen dieser bundesprivat- und kantonalrechtlichen Regelung stellt sich einerseits die Frage nach der Tragweite der öffentlichen Beurkundung im Zusammenhang mit dem Ehevertrag und anderseits nach der Bedeutung von Art. 55 SchlT ZGB. Zum Gehalt dieser Vorschrift hat sich das Bundesgericht in BGE 47 II 383 ff. eingehender geäussert. Es ist dabei zur Auffassung gelangt, dass der Wortlaut von Art. 55 SchlT ZGB einer kantonalen Regelung mit einer Beschränkung der örtlichen Zuständigkeit zur öffentlichen Beurkundung nicht entgegenstehe und somit nicht ausschliesslich die sachliche Zuständigkeit der Beurkundungsnormen betreffe. Sodann ist das Bundesgericht der Auffassung entgegengetreten, die mit dem Zivilgesetzbuch angestrebte Rechtsvereinheitlichung bedinge zum vornherein eine einschränkende Auslegung des Vorbehaltes zugunsten des kantonalen Rechts. Es sei nicht zu übersehen, dass es sich bei der öffentlichen Beurkundung um einen Gegenstand der nicht streitigen Gerichtsbarkeit und damit um die Anwendung von öffentlichem Recht handle, das grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Kantone falle. In diese Zuständigkeit habe das Bundesprivatrecht nicht ohne Not einzugreifen.

Als wichtigstes Argument gegen die lex rei sitae bezeichnete das Bundesgericht die im Vertragsrecht verankerte Freiheit in der Wahl des Abschlussortes. Indessen stehe beim Abschluss von Verträgen über dingliche Rechte an Liegenschaften der Erleichterung des Geschäftsverkehrs durch die lex loci contractus das Bedürfnis nach Verkehrssicherheit und nach Schutz der Parteien gegen Übereilung und gegen die Abfassung von ungenauen, unklaren und den örtlichen Verhältnissen zuwiderlaufenden Verträgen gegenüber. Dieses Bedürfnis sei stärker zu gewichten. Im Liegenschaftsverkehr weise der Vertragsinhalt eine besonders enge Beziehung zur Beschaffenheit des Grundstücks, zu den Gebräuchen der Gegend, den Besonderheiten ihres Liegenschaftsverkehrs und der Organisation ihres Grundbuchwesens auf. Im Beurkundungsverfahren komme der Aufklärung und Beratung der Parteien besondere Bedeutung zu. Zweifelsohne könne diese Aufgabe am Ort der gelegenen Sache besser erfüllt werden als anderswo in der Schweiz. Die Verfechter der lex loci contractus würden denn auch zugeben,BGE 113 II 501 S. 505dass bei Ungenügen der ortsfremden Beurkundung diese beim örtlich zuständigen Grundbuchamt ergänzt werden müsse. Ein solches Vorgehen sei indessen nicht nur umständlich und kostspielig, sondern auch dem System des Zivilgesetzbuches fremd.

b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts hat - wie bereits die Vorinstanz bemerkt hat - nicht verhindert, dass in der Lehre weiterhin für die Freizügigkeit bei der Beurkundung von Liegenschaftsverträgen von Bundesrechts wegen eingetreten wird (BECK, N. 21 ff. zu Art. 55 SchlT ZGB; GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, S. 24; MEIER-HAYOZ, N. 100 ff. zu Art. 657 ZGB). Dabei sind allerdings keine wesentlich neuen Gesichtspunkte vorgebracht worden, die vom Bundesgericht nicht auch schon in Erwägung gezogen worden wären. Auch haben sich bezüglich der Realien keine gewichtigen Veränderungen vollzogen, die eine Änderung der Rechtsprechung als angezeigt erscheinen liessen.

Zuzugeben ist, dass bei Geschäften mit mehreren Grundstücken in verschiedenen Kantonen die öffentliche Beurkundung in einem einzigen Ehevertrag vorerst als Erleichterung erscheinen könnte. Indessen wird nicht in Abrede gestellt, dass der Ehevertrag nur zur obligatorischen Verpflichtung führt, das Nötige vorzukehren, um in den verschiedenen Kantonen die für die Eintragung erforderliche Form zu erfüllen (BECK, N. 28 f. zu Art. 55 SchlT ZGB). Unter diesen Umständen lässt es sich aber gleichwohl nicht vermeiden, dass an den verschiedenen Orten der gelegenen Sache gesonderte rechtliche Schritte zu unternehmen sind, um die Eintragung im Grundbuch zu ermöglichen. Von der Anwendung der lex loci contractus ist daher keine wesentliche Erleichterung des Rechtsverkehrs zu erwarten beim Kauf bzw. Tausch von Grundstücken in mehreren Kantonen oder beim Kauf eines Grundstückes, das sich über mehrere Kantone erstreckt, bei Rechtsgeschäften also, bei denen die lex rei sitae angeblich zu unüberwindbaren Schwierigkeiten führen soll. Diese Schwierigkeiten sind nicht grundsätzlich anderer Natur als bei Anwendung der lex loci contractus, wenn die beteiligten Kantone - was unbestritten ist - darauf bestehen können, dass der Grundbucheintrag nur erfolgen darf, sofern den Besonderheiten des kantonalen Beurkundungsverfahrens Rechnung getragen wird. Ein Verzicht auf eine einheitliche öffentliche Beurkundung fällt unter diesen Umständen kaum mehr ins Gewicht. Dem Interesse an einer einheitlichen obligatorischen Verpflichtung auf Mithilfe bei der Beschaffung der unterschiedlichenBGE 113 II 501 S. 506kantonalen Unterlagen für die Eintragungen ist nämlich der nach wie vor unbestreitbare Vorteil einer sachgerechteren Beratung durch die örtlich zuständige öffentliche Urkundsperson gegenüberzustellen, wie die Vorinstanz mit Recht festgehalten hat. Vor allem das kantonale öffentliche Recht, aber auch ortsgebundenes Privatrecht nehmen in vielfältiger Weise auf den Liegenschaftsverkehr und auf die Grundstücke selber Einfluss, ohne dass dies aus dem Grundbuch ersichtlich wäre. Diese Besonderheiten gilt es den an einem Rechtsgeschäft über eine Liegenschaft beteiligten Parteien zu vermitteln. An sich sind diese Kenntnisse auch einer aussenstehenden Urkundsperson zugänglich, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge allerdings kaum ohne Mithilfe eines ortskundigen Fachmannes, so dass die öffentliche Beurkundung durch eine kantonsfremde Urkundsperson nur zu zusätzlichen Umtrieben und Kosten und möglicherweise auch zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten führt.

Aufgrund dieser Überlegungen drängt sich eine Änderung der Rechtsprechung nicht auf, weshalb daran festzuhalten ist, dass § 237 Abs. 2 EGzZGB dem Bundesrecht nicht widerspricht.

BGE 138 III 512

Art. 972 ZGB; Grunddienstbarkeit; Klage des berechtigten Eigentümers gegen Miteigentümer des belasteten Grundstücks; Passivlegitimation.

Ist im Zeitpunkt der Klageeinreichung das Eigentum eines Käufers im Tagebuch eingeschrieben, im Hauptbuch aber noch nicht eingetragen, hat sich die Klage des dienstbarkeitsberechtigten Eigentümers gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Kä


2. Die Ausgangslage zeigt sich wie folgt:

2.1 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 ohne vorgängigen Aussöhnungsversuch eingereicht. Für das ganze erstinstanzliche Verfahren hat damit das bisherige kantonale Prozessrecht gegolten. Da der erstinstanzliche Entscheid vom 28. Februar 2011 den Parteien je am 2. März 2011 eröffnet wurde, waren für das Rechtsmittelverfahren hingegen die Bestimmungen der am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) massgebend (Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO). Soweit es um prozessuale Fragen des erstinstanzlichen Verfahrens gegangen ist, hatte das Obergericht als Berufungsinstanz die richtige Anwendung des bisherigen kantonalen Verfahrensrechts zu prüfen (vgl. BGE 138 I 1 E. 2.1 S. 3).

2.2 Bereits vor Obergericht ist unstreitig geblieben, dass sich die Klage des Beschwerdeführers gegen alle Stockwerkeigentümer und damit alle Miteigentümer des dienstbarkeitsbelasteten Grundstücks Nr. 2355 als notwendige Streitgenossen richten muss und dass für die Eigentumsverhältnisse auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 abzustellen ist. Die Passivlegitimation derBGE 138 III 512 S. 514Beschwerdegegnerin 6 hat der Beschwerdeführer bereits vor Obergericht nicht mehr geltend gemacht. Auf diese Fragen kommt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr zurück, so dass sich darauf einzugehen erübrigt (vgl. BGE 135 III 397 E. 1.4 S. 400; BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584).

2.3 In tatsächlicher Hinsicht sind die kantonalen Gerichte davon ausgegangen, dass die Beschwerdegegnerin 1 die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 an die einfache Gesellschaft U. und V. verkauft hat. Der Eigentumsübergang ist am 25. November 2009 erfolgt und mit diesem Datum vor dem 13. Dezember 2009 und damit vor der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 in das Tagebuch des Grundbuchs eingeschrieben worden. Das Datum der Einschreibung in das Tagebuch findet sich in der Eintragung in das Hauptbuch des Grundbuchs wieder, die in einem späteren unbekannten Zeitpunkt nach der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 vorgenommen wurde. Die Tatsachenfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 105 Abs. 1 BGG), erhebt doch der Beschwerdeführer dagegen keine begründeten Sachverhaltsrügen (Art. 97 Abs. 1 BGG). Er stimmt vielmehr der Sachdarstellung zu, dass die Klageeinreichung nach Anmeldung des besagten Kaufvertrags, aber vor dessen Eintragung im Grundbuch erfolgt ist.

2.4 Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Ausgangslage haben die kantonalen Gerichte die Passivlegitimation der Beschwerdegegner verneint. Sie sind davon ausgegangen, im Zeitpunkt der Klageeinreichung am 5. Januar 2010 sei die Beschwerdegegnerin 1 mit Bezug auf die Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 nicht mehr verfügungsberechtigt gewesen. Der Beschwerdeführer hätte deshalb seine Klage gegen die am 5. Januar 2010 bereits im Tagebuch des Grundbuchs eingeschriebenen Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 richten müssen, was er aber nicht getan habe. Fehle es damit am Einbezug auch nur eines der notwendigen Streitgenossen, sei die Klage mangels Passivlegitimation abzuweisen.

3. Die Streitfrage lautet dahingehend, wer als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 im Zeitpunkt der Klageeinreichung als passivlegitimiert zu gelten hat, die im Hauptbuch noch eingetragene Veräussererin und eingeklagte Beschwerdegegnerin 1 oder die bereits im Tagebuch eingeschriebenen Käufer, aber mit der Klage nicht ins Recht gefassten Ehegatten U. und V.BGE 138 III 512 S. 515

3.1 Zum Erwerb des Grundeigentums bedarf es gemäss Art. 656 Abs. 1 ZGB der Eintragung in das Grundbuch. Die Eintragungen erfolgen aufgrund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstücks, auf das sich die Verfügung bezieht (Art. 963 Abs. 1 ZGB). Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch eingeschrieben (Art. 948 Abs. 1 ZGB), und die Eintragungen im Hauptbuch erfolgen wiederum in der Reihenfolge, in der die Anmeldungen angebracht worden sind (Art. 967 Abs. 1 ZGB). Die dinglichen Rechte entstehen und erhalten ihren Rang und ihr Datum durch die Eintragung in das Hauptbuch (Art. 972 Abs. 1 ZGB). Ihre Wirkung wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Ausweise der Anmeldung beigefügt oder bei den vorläufigen Eintragungen nachträglich rechtzeitig beigebracht werden (Art. 972 Abs. 2 ZGB).

3.2 Die Grundbuchanmeldung im Sinne von Art. 963 Abs. 1 ZGB hat nicht bloss die Bedeutung eines formellen Antrags an den Grundbuchverwalter, die Änderung einer Eintragung vorzunehmen. Sie stellt vielmehr die materielle Verfügung über das Eigentum dar (vgl. BGE 109 II 99 E. 3 S. 101; BGE 137 III 293 E. 5.3 S. 302). Die Grundbuchanmeldung gilt demnach als Willenserklärung des Eigentümers, die den Grundbuchverwalter zur Vornahme der im Grundbuch erforderlichen Änderung veranlasst, wobei mit der Eintragung im Hauptbuch schliesslich der Eigentumswechsel herbeigeführt wird. Mit der Anmeldung hat der Veräusserer seinen auf die Übertragung des Eigentums abzielenden Geschäftswillen bekundet und damit all das vorgekehrt, was es seinerseits zur Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung aus dem Grundgeschäft bedarf. Der weitere Verlauf des Eintragungsverfahrens, welches mit der Einschreibung im Tagebuch beginnt und mit der Eintragung im Hauptbuch zum Abschluss gelangt, bleibt seinem Einfluss entzogen. Bereits mit der Einschreibung im Tagebuch hat der Veräusserer im Hinblick auf die Erfüllung seiner Leistungsverpflichtung seine Rechtsstellung als Eigentümer aufgegeben (vgl. BGE 115 II 221 E. 5a S. 229 f.).

3.3 Der Einwand des Beschwerdeführers ist berechtigt, dass die dinglichen Rechte kraft Gesetzes durch die Eintragung in das Hauptbuch entstehen (Art. 972 Abs. 1 ZGB), auch wenn ihre Wirkung auf die Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen wird (Art. 972 Abs. 2 ZGB). Die Rechtsprechung anerkennt, dass der Veräusserer so lange Eigentümer ist, und zwar grundsätzlich mit allen darausBGE 138 III 512 S. 516abzuleitenden Rechten, bis die Eintragung im Hauptbuch vollzogen wird (vgl. BGE 115 II 221 E. 4a S. 226/227). Mit der Wendung "grundsätzlich" ist gemeint, dass der Veräusserer zwar Eigentümer bleibt, aber überhaupt nicht mehr verfügen kann, sobald seine Anmeldung des Eigentumsübergangs an den Erwerber in das Tagebuch eingeschrieben ist. Die Rechtsstellung des Erwerbers vor der Eintragung des Eigentumsübergangs in das Hauptbuch wiederum wird verstärkt, sobald die Eintragungsanmeldung in das Tagebuch eingeschrieben ist. Er besitzt eine dingliche Anwartschaft auf das Eigentum, die aber trotzdem nicht der Entstehung des dinglichen Rechts gleichkommt (vgl. DESCHENAUX, Das Grundbuch, in: Sachenrecht, SPR Bd. V/3, 1. Teilbd., 1988, § 15/B/I/3b S. 285, und 2. Teilbd., 1989, § 29/IV/1a S. 610; JÜRG SCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 4. Aufl. 2011, N. 35 zu Art. 972 ZGB; vgl. zum Begriff: STEINAUER, Les droits réels, 4. Aufl. 2007, N. 57 S. 50, mit Hinweisen).

3.4 Welche Folgen sich aus diesem Schwebezustand zwischen der Einschreibung in das Tagebuch und der Eintragung in das Hauptbuch für die Beteiligten ergeben, hat die Rechtsprechung fallbezogen und dabei vor allem unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit beurteilt:

3.4.1 Die Eintragung des Pfandrechts des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss gemäss Art. 838 ZGB spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen. Unter "Übertragung des Eigentums" versteht die Rechtsprechung im Falle eines Kaufvertrags nicht die Eintragung des Erwerbers in das Hauptbuch, sondern die Einschreibung in das Tagebuch. Begründet wird dieser Fristbeginn zum einen damit, dass die Anmeldung der Eigentumsübertragung beim Grundbuchamt die rechtsgeschäftliche Verfügung des Verkäufers darstellt und der Eigentumsübergang auf den Tag des Eingangs der Anmeldung wirksam werden soll. Zum andern sprechen praktische Gründe für die Lösung, zumal die Eintragung in das Hauptbuch den Parteien nicht bekannt gegeben wird, in der Regel - im Gegensatz zur Einschreibung in das Tagebuch - kein eigenes Datum erhält und damit letztlich ein Vorgang ist, der nach aussen nicht in Erscheinung tritt (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 231 ff.).

3.4.2 Aus den nämlichen Überlegungen der Praktikabilität gilt im Mietrecht, dass der Erwerber der Mietsache den Mietvertrag kündigen kann, sobald die Eigentumsübertragung in das Tagebuch desBGE 138 III 512 S. 517Grundbuchs eingeschrieben ist. Für die Lösung spricht zur Hauptsache, dass sicheren Aufschluss über das Datum des Vermieterwechsels nach Veräusserung der Mietsache nur die Einschreibung in das Tagebuch geben kann, während die Eintragung in das Hauptbuch erst später und als bloss interner Vorgang in einem den Parteien unbekannten Zeitpunkt erfolgt. Während dieses Schwebezustands darf den Beteiligten aber nicht unklar bleiben, wann der neue Eigentümer das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen kann. Dass die Grundbuchanmeldung allenfalls abgewiesen wird und der Eigentumswechsel nicht stattfindet, ist ein Ausnahmefall, der eine abweichende Lösung nicht rechtfertigt (vgl. BGE 118 II 119 E. 3a S. 120 ff., betreffend Art. 259 Abs. 2 OR in der Fassung von 1911 [AS 27 317, 396 f. und BS 2 199, 251], heute: Art. 261 OR).

3.4.3 Die Klage des Materialeigentümers auf angemessene Entschädigung im Sinne von Art. 672 ZGB hat sich gegen den Grundeigentümer und im Falle einer zwischenzeitlich erfolgten Veräusserung gegen den im Tagebuch eingeschriebenen Erwerber zu richten und nicht gegen den im Hauptbuch noch eingetragenen Verkäufer, der nicht mehr als passivlegitimiert gelten kann. Die Gründe dafür sind die bereits genannten (Urteil C 531/84 vom 1. Februar 1985 E. 4, in Bestätigung des kantonalen Entscheids, in: SJ 107/1985 S. 398 f.).

3.5 Die beispielhaft aufgezählten Fälle lassen folgende allgemeinen Schlüsse zu:

3.5.1 Die Grundbuchanmeldung und die damit verbundene Einschreibung des Eigentumsübergangs in das Tagebuch beinhalten die materiell-rechtliche Verfügung. Ab diesem Zeitpunkt ist der Veräusserer nicht mehr verfügungsberechtigt. Das Verfügungsrecht des Erwerbers entsteht gemäss Art. 972 ZGB zwar erst mit der Eintragung in das Hauptbuch (Abs. 1), aber rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch (Abs. 2). Die "Bedeutung der Eintragung" (Marginalie zu Art. 972-974 ZGB) in das Hauptbuch gemäss Art. 972 Abs. 1 ZGB besteht somit im Wesentlichen darin, dass ein gutgläubiger Dritter sich auf die Datierung im Hauptbuch verlassen kann, auch wenn sie unrichtig sein, d.h. vom Datum der entsprechenden Einschreibung in das Tagebuch abweichen sollte (vgl. BGE 74 II 230 E. 3 S. 232; DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 2, § 29/IV/2a S. 612; SCHMID, a.a.O., N. 30 zu Art. 972 ZGB; STEINAUER, a.a.O., N. 897a S. 314).BGE 138 III 512 S. 518

3.5.2 Rechtssicherheit über das Datum des Eigentumswechsels kann ausschliesslich die Einschreibung in das Tagebuch verschaffen. Über diesen Zeitpunkt darf im Zivilprozess keine Ungewissheit bestehen. Eine Veräusserung vor Einleitung des Prozesses bewirkt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, den eingeklagten Anspruch im eigenen Namen zu erheben, oder dass der Beklagte nicht die Person ist, gegen die der eingeklagte Anspruch erhoben werden darf, so dass es im einen wie im anderen Fall zu einer Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht kommen kann (vgl. BGE 114 II 345 E. 3a S. 346; BGE 116 II 253 E. 3 S. 257). Vorbehalten bleibt ein sog. schlichter oder gewillkürter Parteiwechsel, den die Prozessordnungen indessen entweder nicht kennen oder nur mit Zustimmung der Gegenpartei zulassen (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2 S. 130). Eine Veräusserung nach Eintritt der Rechtshängigkeit bewirkt nach allgemeinen Grundsätzen zwar ebenfalls den Verlust der Sachlegitimation, schliesst aber die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs nicht aus, wenn und soweit die sog. Einzelrechtsnachfolge im Prozess geregelt ist (vgl. zu den Möglichkeiten: Urteil 5A_91/2009 vom 5. Mai 2009 E. 2 und 3, in: SZZP 2009 S. 355 ff.). Eine Veräusserung vor oder nach Prozessbeginn hat somit unterschiedliche Folgen für die Beurteilung des eingeklagten Anspruchs und muss deshalb zeitlich eindeutig bestimmbar sein. Sicheren Aufschluss über das Datum der Veräusserung gibt die Einschreibung in das Tagebuch, hingegen nicht die Eintragung in das Hauptbuch.

3.5.3 Gegenüber einem Abstellen auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch verbleibt der Einwand, dass eine Grundbuchanmeldung auch abgewiesen werden kann. Dabei handelt es sich indessen um Ausnahmefälle, zumal die kantonale Grundbuchpraxis übertriebenen Formalismus vermeidet und den Entscheid zur Ergänzung von Belegen formlos aufschieben kann (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 25/V/2 S. 533 ff.; SCHMID, a.a.O., N. 18 zu Art. 966 ZGB; STEINAUER, a.a.O., N. 856e S. 302 f., mit Hinweisen). Richtig ist auch, dass die zeitliche Rückbeziehung der Eintragung in das Hauptbuch auf die Einschreibung in das Tagebuch zur Folge haben kann, dass sich ein Auszug aus dem Hauptbuch (Art. 967 Abs. 2 ZGB) im Nachhinein als unvollständig erweist, falls im Zeitpunkt seiner Ausfertigung ein Tagebucheintrag noch nicht im Hauptbuch vollzogen ist. Der Gefahr beugen Vorschriften der Grundbuchbuchverordnung vom 23. September 2011 (GBV; SR 211.432.1) vor. Danach wird im Papiergrundbuch auf dem Hauptbuchblatt darauf hingewiesen, wennBGE 138 III 512 S. 519eine Eintragung in das Tagebuch hängig ist (Art. 82 GBV und Art. 26 Abs. 3 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1602]. Auszüge aus dem Hauptbuch enthalten dann einen Hinweis auf die Anmeldungen, die im Tagebuch eingeschrieben, aber noch nicht im Hauptbuch eingetragen sind (Art. 31 Abs. 4 lit. e GBV und Art. 105 Abs. 4 der aGBV vom 2. Februar 1910 in der Fassung von 1988 [AS 1987 II 1600, 1609 f.]; vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42).

4. Von der einzelfallbezogenen Rechtsprechung im vorliegenden Fall abzuweichen, besteht kein Anlass.

4.1 Der Beschwerdeführer hat nicht nur auf Feststellung seiner Dienstbarkeitsberechtigung geklagt, sondern weitergehend beantragt, das Haus A abzureissen und den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Wer sich als Eigentümer ein derartiges Begehren entgegenhalten lassen muss, folgt aus der Einschreibung in das Tagebuch, soweit im Zeitpunkt der Klageeinreichung ein Eigentumswechsel beim Grundbuchamt angemeldet, die Eintragung in das Hauptbuch aber zufälligerweise noch nicht vollzogen ist.

4.2 Der Beschwerdeführer hat seine Klage am 5. Januar 2010 gegen die Beschwerdegegnerin 1 als Eigentümerin - unter anderem - der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 eingereicht, obwohl er im Zeitpunkt der Ausarbeitung der Klageschrift aufgrund eines über einen Notar bezogenen Grundbuchauszugs wusste, dass der Eigentumsübergang an die Ehegatten U. und V. im Tagebuch eingeschrieben war. Es ist zwar richtig, dass einem Grundbuchauszug der öffentliche Glaube des Grundbuchs nicht zukommt, doch hätte der Hinweis auf den im Tagebuch eingeschriebenen Eigentumswechsel den Beschwerdeführer veranlassen müssen, Abklärungen im Grundbuch selbst vorzunehmen (vgl. Urteil 5C.232/2003 vom 2. März 2004 E. 2.2, in: ZBGR 86/2005 S. 42). Daran ändert das Eigentümerverzeichnis nichts, das der Beschwerdeführer beim zuständigen Grundbuchamt eingeholt haben will und aus dem sich keine hängigen Tagebuchgeschäfte ergeben sollen. Das Eigentümerverzeichnis entfaltet keine Rechtswirkungen und nimmt am öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht teil (vgl. DESCHENAUX, a.a.O., Teilbd. 1, § 5/III/1a S. 66, und Teilbd. 2, § 38/B/AA/I/1 S. 767; SCHMID, a.a.O., N. 7 zu Art. 973 ZGB; STEINAUER, a.a.O., N. 934a S. 325 f.).

4.3 Der Beschwerdeführer hat die Ehegatten U. und V. als Eigentümer der Stockwerkeinheit Nr. 2355-5 und damit zwei der eineBGE 138 III 512 S. 520notwendige Streitgenossenschaft bildenden Eigentümer der Liegenschaft Nr. 2355 nicht in den Prozess einbezogen. Das hier vor Regionalgericht noch massgebende bernische Zivilprozessrecht (vgl. E. 2.1 hiervor) kennt den sog. schlichten oder gewillkürten Parteiwechsel nicht (vgl. BGE 118 Ia 129 E. 2b S. 131). Nicht von Anfang an als Partei am Verfahren beteiligte notwendige Streitgenossen können zudem weder später beitreten noch beigeladen werden. Die Klage aber, die nicht gegen alle notwendigen Streitgenossen gerichtet wird, durfte wegen fehlender Passivlegitimation abgewiesen werden (vgl. LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl. 2000, N. 1d zu Art. 36 ZPO/BE; JOLIDON, Procédure civile bernoise, 1986, S. 76 f. Ziff. 521.3; allgemein: BGE 137 III 455 E. 3.5 S. 459)

BGE 116 II 267

Ausserordentliche Ersitzung eines Grundstücks, wenn der eingetragene Eigentümer während dreissig Jahren tot oder für verschollen erklärt ist (Art. 662 Abs. 2 ZGB).

Haben ein Erbe bzw. dessen Rechtsnachfolger während mindestens dreissig Jahren seit dem Tod des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers ein Grundstück besessen, hat aber die Erbteilung noch nicht stattgefunden, so steht ihnen kein Anspruch auf eine ausserordentliche Ersitzung der Liegenschaft zu. Kann eine Erbteilung nicht nachgewiesen werden, geht vielmehr das Recht der Erbengemeinschaft, sich im Grundbuch


2. Gemäss Art. 662 ZGB berechtigen drei Sachverhalte zum Erwerb von Grundeigentum kraft ausserordentlicher Ersitzung. Sie sind gegeben, wenn ein Grundstück im Grundbuch nicht aufgenommen ist, wenn es zwar aufgenommen, sein Eigentümer aus dem Grundbuch jedoch nicht ersichtlich ist und schliesslich, wenn es aufgenommen und auch der Eigentümer bezeichnet ist, dieserBGE 116 II 267 S. 269aber bei Beginn der Ersitzungsfrist von dreissig Jahren tot oder für verschollen erklärt war (vgl. auch BGE 114 II 322 E. 4a). Ferner muss derjenige, der die ausserordentliche Ersitzung geltend macht, das Grundstück ununterbrochen und unangefochten während dreissig Jahren als sein Eigentum besessen haben. Diese Voraussetzung ist auf seiten der Beklagten erfüllt, was sich einerseits aus den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und andererseits aus ihren zutreffenden rechtlichen Überlegungen über den von den Beklagten ausgeübten Eigenbesitz ergibt. Der Kläger stellt denn auch die Erfüllung dieser Voraussetzung der Ersitzung durch die Beklagten nicht in Abrede.

3. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass der Kanton Obwalden zu denjenigen Kantonen gehöre, deren Publizitätseinrichtungen nicht genügten, um die vollen Wirkungen des Grundbuchs im Sinne des ZGB zu gewährleisten. Das eidgenössische Grundbuch sei noch in keiner Gemeinde eingeführt worden. Im Kanton Obwalden seien daher die dinglichen Rechte seit Inkrafttreten des ZGB grundsätzlich in die kantonalen Publizitätseinrichtungen einzutragen. Dass dies nicht überall geschehen sei, zeige der vorliegende Fall, in welchem das Grundbuchblatt eben gerade keine Eintragungen über dingliche Rechte enthalte. Ob das kantonale Grundbuch allgemein über die Entstehung dinglicher Rechte keine zuverlässige Auskunft zu geben vermöge, könne indessen ohne eingehende Erhebungen nicht entschieden werden. Solche Abklärungen seien hier jedoch nicht notwendig, da die Frage offengelassen werden könne, ob das streitige Grundstück als im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB nicht im Grundbuch aufgenommen zu gelten habe.

Angesichts der Tatsache, dass das eidgenössische Grundbuch im Kanton Obwalden noch nicht eingeführt worden ist und auch keine Bereinigung der dinglichen Rechte stattgefunden hat, kann das umstrittene Grundstück sicher nicht als in die Grundbucheinrichtungen des Bundesrechts aufgenommen gelten. Indessen geht den kantonalen Publizitätsformen, auch wenn sie nicht zu denjenigen gehören, die dem eidgenössischen Grundbuch gleichgestellt sind (Art. 48 SchlT ZGB), nicht jegliche Grundbuchwirkung ab. Auch im Kanton Obwalden setzt die Begründung, Übertragung, Abänderung und Löschung dinglicher Rechte die Eintragung in die kantonalen Publizitätseinrichtungen voraus (vgl. die kantonale Verordnung über das Grundbuch vom 29. Februar 1980, Art. 19 Abs. 1). Der Aufnahme in eine solche Einrichtung kommt zumBGE 116 II 267 S. 270mindesten eine beschränkte negative Grundbuchwirkung in dem Sinne zu, dass es sich nicht um ein Grundstück handelt, das nicht im Grundbuch aufgenommen ist (vgl. REY, N 253 zu Art. 731 ZGB, und BGE 114 II 322 E. 4).

Die streitige Liegenschaft ist im "Flächenverzeichnis" der Gemeinde X. sowie im Gültenprotokoll eingetragen. Sie wurde im Rahmen der Parzellarvermessung und der Anlegung eines Liegenschaftenverzeichnisses auf das Grundbuchblatt C 148, Parzelle 789, Grundbuch X., übertragen. Unter diesen Umständen sind die Voraussetzungen von Art. 662 Abs. 1 ZGB für eine Ersitzung nicht erfüllt, da es hier nicht um ein Grundstück geht, das nicht im Grundbuch aufgenommen ist. Aber auch die zweite in Art. 662 Abs. 2 ZGB erwähnte Ersitzungsmöglichkeit, dass nämlich der Eigentümer des Grundstücks aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, kommt hier nicht in Betracht. Zwar ist auf dem neu angelegten Grundbuchblatt, wohl im Hinblick auf die vorzunehmende Bereinigung, kein Eigentümer eingetragen. In den alten kantonalen Grundbuchformen war jedoch A. K., der Grossvater der Parteien, als Eigentümer vermerkt. Es ist somit einzig die letzte in Art. 662 Abs. 2 ZGB erwähnte Ersitzungsmöglichkeit zu prüfen, welche gegeben ist, wenn der Eigentümer des Grundstücks bei Beginn der Ersitzungsfrist von dreissig Jahren tot oder für verschollen erklärt war.

4. Die Beklagten berufen sich darauf, dass ihr Rechtsvorgänger, B. K., das Grundstück Grundbuchblatt C 148, Parzelle 789, GB X., während mehr als dreissig Jahren unangefochten und ununterbrochen im Besitz gehabt habe. Diesem Ersitzungsanspruch hält der Kläger entgegen, nach dem im Jahre 1916 eingetretenen Tod des Eigentümers der Liegenschaft, A. K., dem Grossvater der Parteien, habe keine Erbteilung stattgefunden, so dass mit Bezug auf die streitige Liegenschaft die Erbengemeinschaft weiterbestehe. Der Grundsatz der Unverjährbarkeit des Teilungsanspruchs stehe aber der Ersitzung von Nachlassgegenständen durch einzelne Erben oder deren Rechtsnachfolger entgegen.

Ob eine Teilung des Nachlasses von A. K. stattgefunden habe, hat die Vorinstanz offengelassen. Das Kantonsgericht hat seinerseits festgestellt, dass weder ein schriftlicher Erbteilungsvertrag vorliege, noch eine Realteilung nachgewiesen sei. Es liess aber ebenfalls offen, ob eine Teilung tatsächlich stattgefunden habe. Das Obergericht fügte noch die Überlegung an, die Tatsache, dass ein Erbe während der gesetzlichen Ersitzungsfrist unangefochtenBGE 116 II 267 S. 271ein Grundstück besessen hat, spreche immerhin, im Sinne einer natürlichen Vermutung, dafür, dass das Grundstück diesem von den Miterben im Rahmen einer Erbteilung überlassen worden sei. Ob aber aus einer solchen Vermutung Rechtsfolgen abgeleitet werden können, ist fraglich und wurde vom Obergericht auch nicht eindeutig beantwortet.

5. Die Auffassung des Klägers, der Teilungsanspruch stehe der Ersitzung zum vornherein entgegen, ist in Lehre und Rechtsprechung umstritten. Dem Standpunkt des Klägers folgen MENGIARDI, Der Ausschluss der Verjährung im Sachenrecht, Diss. Bern 1953, S. 156/57; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1931, S. 42; MEIER-HAYOZ, N 7 zu Art. 662 ZGB; BÜHLER, Der Eigentumserwerb durch ausserordentliche Ersitzung in der Praxis, ZBGR 47/1966, S. 129 ff., insbes. S. 131/32. MENGIARDI, a.a.O., ist der Meinung, dass sich die Anwendung von Art. 662 Abs. 2 ZGB nur dann rechtfertige, wenn der verstorbene Eigentümer keine Erben hinterlassen habe oder wenn diese nicht bekannt seien und wenn keine amtliche Liquidation im Sinne des Art. 573 ZGB stattgefunden habe oder wenn in dieser Liquidation das Grundstück übersehen worden sei. Nur in diesen Fällen habe der Ersitzungsprätendent keine Gelegenheit, den Eintrag zu erwirken. Dagegen sei eine Kontratabularersitzung nicht zuzulassen, wenn der Ersitzungsprätendent seinen Anspruch gegenüber den Erben auf Abgabe der Anmeldung für die Eintragung im Grundbuch nicht durchsetze, obwohl die Möglichkeit dazu bestehe. Indessen seien Ausnahmen denkbar, in welchen die Ersitzung als zulässig erscheine, obwohl Erben vorhanden seien. Dazu gehöre der Fall, in dem der Anspruch auf Eintragung im Grundbuch den Erben gegenüber nicht bestehe, weil der Erwerb durch Erbteilung erfolgt sei, aber kein schriftlicher Erbteilungsvertrag vorliege. Nach der Auffassung von PFISTER, a.a.O., beschränkt sich die ausserordentliche Ersitzung auf diejenigen Fälle, in welchen der Eigentümer eines Grundstücks ohne bekannte Erben sterbe oder für verschollen erklärt werde, und zwar ohne dass die zuständige Behörde am letzten Wohnsitz des Erblassers vom Vorhandensein des Grundstücks im Nachlass etwas wisse und dieses in die Erbschaftsverwaltung einbeziehe. Sobald aber die Eintragung der Erben erwirkt werden könne, sei die ausserordentliche Ersitzung ausgeschlossen. Die Autoren MEIER-HAYOZ, a.a.O., und BÜHLER, a.a.O., vertreten ebenfalls diese Meinung, ohne aber eine eigene Begründung hiefür zu geben. SinngemässBGE 116 II 267 S. 272schliesst sich ihnen auch STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, N 1581 d, an.

Im Gegensatz zu diesen Auffassungen ist das Obergericht des Kantons Zürich in einem Entscheid vom 24. August 1962 (ZBGR 45/1964, S. 31 ff., namentlich S. 35) davon ausgegangen, die ausserordentliche Ersitzung sei auch dann zulässig, wenn der eingetragene und inzwischen verstorbene Eigentümer Erben hinterlassen habe und sich der Besitzer auf Erbteilung berufe, eine Zustimmungserklärung sämtlicher Miterben oder einen schriftlichen Teilungsvertrag als Ausweis für die Eintragung aber nicht vorzulegen vermöge. Die Publizität des Grundbuchs versage, wenn der eingetragene Eigentümer seit dreissig Jahren tot oder verschollen sei. In diesem Fall enthalte das Grundbuch keine zuverlässige Auskunft über die Person des Eigentümers, und der Eintrag habe rein formellen Charakter ohne verlässlichen materiellen Inhalt. Eine einschränkende Auslegung von Art. 662 Abs. 2 ZGB sei nur dann statthaft, wenn der Gesuchsteller mit den gewöhnlichen Mitteln des Gesetzes die Eintragung im Grundbuch erwirken könne. Ebenfalls diesen Standpunkt vertritt SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. II, S. 1370 N 11 und S. 1410 N 5.

Dieses Urteil des Zürcher Obergerichts hat den Redaktor der ZBGR, HANS HUBER, zu kritischen Bemerkungen veranlasst (ZBGR, a.a.O., S. 36 f.). Dieser Autor tritt der Auffassung des Obergerichts entgegen, wonach jeder Grundbucheintrag, der auf eine tote oder verschollene Person laute, einen rein formellen Charakter habe und damit hinsichtlich eines Rechtsnachfolgers inhaltlos sei. Abgesehen von der Verschollenheit sei dies nur dann der Fall, wenn der Eintrag die Verbindung zu den Erben nicht zu vermitteln vermöge, d.h. wenn der verstorbene Eigentümer keine Erben hinterlassen habe oder diese nicht bekannt seien. In den andern Fällen verlange das Gesetz die Rücksichtnahme auf die bekannten Erben.

6. Die Auffassung der Vorinstanz, welche sich der vom Zürcher Obergericht geäusserten Meinung angeschlossen hat, hat den Wortlaut von Art. 662 Abs. 2 ZGB für sich. Diese Bestimmung scheint davon auszugehen, dass die beiden Tatbestände, in welchen entweder der Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist oder dieser bei Beginn der Ersitzungsfrist von dreissig Jahren tot oder für verschollen erklärt war, gleicherweise absolut gelten. Wird aber die Ersitzung auch im zweiten Fall unbesehenBGE 116 II 267 S. 273zugelassen, so führt dies einerseits zu einer Kontratabularersitzung, welche dem schweizerischen ZGB unbekannt ist. Eine solche wäre gegeben, wenn der nicht eingetragene Besitzer eines im Grundbuch aufgenommenen Grundstücks, dessen Grundbuchblatt einen Eigentumseintrag aufweist, das Eigentum ersitzen könnte (vgl. dazu HAAB, N 3 zu Art. 661/62/63 ZGB). Anderseits würde diese Lösung auch dem ipso iure-Erwerb der Erben und ihrem Recht, sich jederzeit im Grundbuch als Erbengemeinschaft eintragen zu lassen und die Teilung der Erbschaft durchzusetzen, widersprechen. Insofern stellt sich HANS HUBER, a.a.O., S. 35, mit Recht der Auffassung entgegen, jeder Grundbucheintrag, der seit dreissig Jahren auf einen verstorbenen oder für verschollen erklärten Eigentümer laute, vermöge zum vornherein keinen Berechtigten mehr zu vermitteln. Im Falle des Todes des Eigentümers bildet dessen Eintrag die Grundlage für die Eintragung der Erben als Rechtsnachfolger durch Erbfolge. In dieser Hinsicht unterscheidet sich dieser Sachverhalt wesentlich von demjenigen, in welchem der Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.

In der Tat geht das Eigentum durch den Erbgang unabhängig vom Grundbucheintrag auf die Erben über (Art. 656 Abs. 2 und Art. 560 Abs. 1 ZGB). Dass die Eintragung der Erbengemeinschaft während längerer Zeit unterbleibt und erst stattfindet, wenn es zur Teilung der Erbschaft kommt, kann verschiedene Gründe haben und kommt in der Praxis nicht selten vor. Dadurch wird aber der bestehende Eintrag nicht bedeutungslos. Interessenmässig besteht jedoch eine besondere Sachlage, wenn der Erblasser im Sinne von Art. 466 ZGB keine Erben, weder gesetzliche noch eingesetzte, hinterlassen hat oder solche nicht bekannt sind. In einem solchen Fall geht die Erbschaft an das Gemeinwesen, welches zum Erben wird (TUOR, N 9 zu Art. 466 ZGB). Ob dieser besonderen Rechtsnachfolge im Rahmen von Art. 662 Abs. 2 ZGB eine eigene Bedeutung zukommt, muss im hier zu beurteilenden Fall indessen nicht entschieden werden. Die Vorinstanz geht auf jeden Fall zu weit, wenn sie ausführt, die Übertragung des Eigentums an einen an sich unberechtigten Besitzer lasse sich damit begründen, dass den Erben jeglicher Art zuzumuten sei, die Erbengemeinschaft innert der Frist von dreissig Jahren im Grundbuch eintragen zu lassen, um die Ersitzung eines Nachlassgrundstücks zu verhindern. Setzt die ausserordentliche Ersitzung einen Sachverhalt voraus, in welchem das Grundbuch über ein Grundstück oder über die Person des Eigentümers keine zuverlässige Auskunft gibt, kann sieBGE 116 II 267 S. 274nicht zugelassen werden, wenn der Ersitzungsprätendent vorbringt, er verfüge über einen Rechtstitel - einen schriftlichen Erbteilungsvertrag oder eine schriftliche Anmeldung sämtlicher Erben zum Vollzug der Realteilung (Art. 18 GBV) -, der ihm ermögliche, seinen Anspruch auf Eintragung im Grundbuch gegenüber den Erben durchzusetzen.

Entgegen der Meinung der Vorinstanz kann daher die Frage, ob eine Teilung des Nachlasses von A. K. tatsächlich stattgefunden habe, wie die Beklagten behaupten, nicht offengelassen werden. Es kommt ihr vielmehr entscheidende Bedeutung zu. Dem Bundesgericht fehlen die tatsächlichen Grundlagen, um diese Frage entscheiden zu können. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit es die notwendigen Feststellungen treffe und einen neuen Entscheid fälle.

7. Mit der Rückweisung der Sache an die Vorinstanz könnte es vorläufig sein Bewenden haben. Es ist indessen ernsthaft mit der Möglichkeit zu rechnen, dass das Obergericht in Übereinstimmung mit dem Kantonsgericht das Vorliegen eines gültigen Erbteilungsvertrages und das Zustandekommen des Nachweises einer ordnungsgemässen Erbteilung verneint. Es entspricht deshalb der Prozessökonomie, wenn sich das Bundesgericht schon in diesem Verfahren mit den Auswirkungen eines solchen Ergebnisses auf den von den Beklagten geltend gemachten Anspruch auf ausserordentliche Ersitzung auseinandersetzt.

MENGIARDI, a.a.O., schlägt vor, in den Fällen, in denen ein mit dem Erblasser abgeschlossener Kaufvertrag nicht öffentlich beurkundet worden ist, ein schriftlicher Erbteilungsvertrag nicht vorliegt oder ein gültiger Kaufvertrag bzw. Erbteilungsvertrag zwar vorliegen, aber die Erben nach Ablauf der Ersitzungsfrist nicht mehr alle am Leben, unbekannt oder verschollen sind, die ausserordentliche Ersitzung zuzulassen. Diese Auffassung weckt indessen bereits deshalb grosse Bedenken, weil sie die vom Gesetz aufgestellten Gültigkeitsformen, wie die öffentliche Beurkundung oder die Schriftlichkeit, völlig ausser acht lässt. Dazu kommt, dass auch bei einem seit über dreissig Jahren verstorbenen Eigentümer, welcher Erben hinterlassen hat, diese ohne weiteres gestützt auf eine Erbenbescheinigung an seiner Stelle im Grundbuch eingetragen werden können. Der bestehende Grundbucheintrag ist daher weder "gegenstandslos", noch fällt er "ins Leere" (vgl. HOFMEISTER, Grundbuch und Ersitzung, ZBGR 59/1978, S. 321 ff., insbes. S. 322-24). Wie bereits erwähnt, kann ein auf einen verstorbenenBGE 116 II 267 S. 275Eigentümer lautender Grundbucheintrag aus mannigfachen Gründen trotz vorhandener Erbengemeinschaft während Jahrzehnten bestehen bleiben. Eine Änderung erweist sich erst dann als notwendig, wenn die Teilung oder die Veräusserung des Grundstücks angestrebt wird. Eine Angleichung an den Tatbestand, in welchem der Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist, drängt sich unter diesen Umständen in keiner Weise auf. Allerdings wird damit die ausserordentliche Ersitzung, wenn der eingetragene Eigentümer bei Beginn der Ersitzungsfrist von dreissig Jahren tot war, auf einen engen Anwendungsbereich beschränkt. Es entspricht indessen der Natur dieses Instituts, dass es nur selten zur Anwendung gelangt (BGE 82 II 396) und jedenfalls gegenüber dem unverjährbaren Teilungsanspruch (Art. 604 Abs. 1 ZGB) nicht durchgesetzt werden kann.

Diese Überlegungen führen dazu, für den Fall, dass den Beklagten der Nachweis einer bereits gültig zustande gekommenen Erbteilung misslingen sollte, das Klagebegehren gutzuheissen und die Ersitzungsmöglichkeit von Art. 662 Abs. 2 ZGB im vorliegenden Fall zu verneinen.

BGE 99 II 131

Forderungsklage eines vom Generalunternehmer nicht voll bezahlten, nicht durch ein gesetzliches Pfandrecht gesicherten Bauunternehmers gegen den Bauherrn.

Anspruch aus Vertrag (Art. 363 OR), aus Geschäftsführung ohne Auftrag (Art. 419 OR), aus Haftung des Geschäftsherrn (Art. 55 OR) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 62 OR)? (Erw. 2).

Ersatzanspruch des Materialeigentümers gegen den Grundeigentümer (Art. 672 ZGB).


1. Soweit das Obergericht die Klagebegehren 1 und 2 abgewiesen hat, ist sein Urteil mangels einer Berufung der Klägerin rechtskräftig geworden (Gegenschluss aus Art. 54 Abs. 2 OG). Die Klägerin kann daher die Zahlung ihrer Restforderung nicht durch Inanspruchnahme einer dafür bestehenden Sicherheit erzwingen. Vielmehr kann sich nur noch fragen, ob der Klägerin gegenüber der Beklagten ein direktes Forderungsrecht zustehe, wie es mit Klagebegehren 3 geltend gemacht wurde.

2. Die Klägerin behauptet vor Bundesgericht nicht mehr, sie habe einen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte. In der Berufungsantwort hat sie sich vielmehr der Auffassung des Obergerichts, dass zwischen den Parteien kein Vertrag zustande gekommen sei, ausdrücklich angeschlossen. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts, die für das Bundesgericht verbindlich sind (Art. 63 Abs. 2 OG), ist das Bestehen vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien in der Tat zu verneinen.

Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag stehen der Klägerin gegenüber der Beklagten, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, nicht zu, weil die Klägerin nicht die Absicht hatte, im Sinne von Art. 419 OR ohne Auftrag zu handeln (BGE 75 II 226).

Auf Art. 55 OR kann die Klägerin ihre Forderung gegen die Beklagte schon deshalb nicht stützen, weil die Systembau AG, die gegenüber der Klägerin unbefugterweise als Vertreterin der Beklagten aufgetreten ist, in ihrer Eigenschaft als Generalunternehmerin nicht eine Hilfsperson der Beklagten im Sinne von Art. 55 OR war.

Schliesslich ist der Vorinstanz auch darin beizustimmen, dass die Beklagte der Klägerin nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung (Art. 62 ff. OR) haftet. Die Bauarbeiten der Klägerin auf der Schulhausliegenschaft, die der Beklagten zugute kamen, gehören zu den Leistungen, welche die Systembau AG der Beklagten im "Pauschal-Werkvertrag" vom 4. August 1967 versprochen hatte. Die Gültigkeit dieses Vertrages ist nicht umstritten. Die in den Bauarbeiten der Klägerin liegende Zuwendung an die Beklagte stellte sich also, von der Beklagten aus betrachtet, als eine vertragliche Leistung der SystembauBGE 99 II 131 S. 135AG dar. Sie entbehrte somit vom Standpunkt der Beklagten aus nicht eines gültigen Grundes und konnte deshalb keine im Sinne von Art. 62 OR ungerechtfertigte Bereicherung der Beklagten bewirken (vgl. BGE 97 II 71 Erw. 4b, wo ein entsprechender Sachverhalt zu beurteilen war; für das deutsche Recht vgl. die in analogen Fällen ergangenen Urteile des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen vom 5. Oktober 1961 und 31. Oktober 1963, BGHZ 36 Nr. 5 S. 30 ff. und 40 Nr. 42 S. 272 ff., die einen Bereicherungsanspruch gegen den Grundeigentümer ebenfalls verneinen).

Zu prüfen bleibt also nur, ob die Klägerin von der Beklagten aufgrund des vom Obergericht angewendeten Art. 672 ZGB eine Entschädigung fordern könne.

3. Das Grundeigentum umfasst nach Art. 667 Abs. 2 ZGB unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken u.a. alle Bauten auf dem Grundstück (sog. Akzessionsprinzip). Art. 671 Abs. 1 ZGB bestätigt diesen Grundsatz für den Fall des Bauens mit fremdem Material oder auf fremdem Boden, indem er bestimmt, dass das hiezu verwendete Material Bestandteil des Grundstücks wird. Die Absätze 2 und 3 von Art. 671 umschreiben die Voraussetzungen, unter denen der Eigentümer des Materials und der Grundeigentümer die Trennung und Herausgabe des Materials bzw. dessen Wegschaffung verlangen können. Im Anschluss daran bestimmt Art. 672 ZGB:

"Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.

Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann der Richter auf vollen Schadenersatz erkennen.

Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann er auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist."

Diese Bestimmung schreibt vor, dass und in welchem Umfang die Vermögensverschiebung auszugleichen ist, die infolge des durch das Akzessionsprinzip bewirkten Übergangs einer mit fremdem Material erstellten Baute ins Eigentum des Grundeigentümers zu dessen Gunsten eintritt, wenn eine Trennung des Materials vom Boden unterbleibt (vgl. BGE 81 II 436, BGE 95 II 226 Erw. 2b). Indem diese Bestimmung den Anspruch des Materialeigentümers auf solchen "Ersatz" (vgl. den Randtitel) besonders regelt, unterscheidet sie sich von dcn Art. 726BGE 99 II 131 S. 136Abs. 3 und 727 Abs. 3 ZGB, die im Anschluss an die Vorschriften über den Erwerb von Fahrniseigentum infolge von Verarbeitung, Verbindung und Vermischung bestimmen: "Vorbehalten bleiben die Ansprüche auf Schadenersatz und aus Bereicherung". Durch die Sonderregelung des Art. 672 ZGB unterscheidet sich das ZGB auch vom deutschen BGB, nach dessen § 951 ein Rechtsverlust infolge Verbindung einer beweglichen Sache mit einem Grundstück (§ 946) wie ein solcher, der auf Verbindung, Vermischung oder Verarbeitung beweglicher Sachen beruht (§§ 947-950), unter Vorbehalt der Vorschriften über den Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen, über den Ersatz von Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme einer Einrichtung einen Anspruch auf "Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung" begründet (vgl. dazu BGHZ 40 S. 276 und SOERGEL-SIEBERT, Kommentar zum BGB, Sachenrecht, 10. Aufl. 1968, N. 1 zu § 951, wonach die in dieser Bestimmung enthaltene Verweisung auf das Bereicherungsrecht nicht bloss eine "Rechtsfolgen-", sondern eine "Rechtsgrundverweisung" darstellt).

Schon in den Erläuterungen zum Vorentwurf des ZGB wurde bei Behandlung der Vorschriften über Bauten, die mit fremdem Material oder auf fremdem Boden erstellt wurden (Art. 673/74 des Vorentwurfes = VE), auf die Vorschrift über die Verbindung beweglicher Sachen untereinander (Art. 720 VE) Bezug genommen, und zwar in dem Sinne, dass eine allfällige Regelung der vom Vorentwurf (und vom Gesetz) nicht besonders geordneten Fälle, in denen die Verbindung beweglicher Sachen mit einem Grundstück nicht vom Material- oder vom Grundeigentümer, sondern von einem Dritten hergestellt wird, der für die Verbindung beweglicher Sachen untereinander massgebenden Ordnung (Art. 720 VE) entsprechen könnte (Erl. 1. Ausgabe 3. Heft S. 84, 2. Ausgabe 2. Band S. 88). Dem Gesetzgeber war also bewusst, dass die Bestimmungen über den Bau mit fremdem Material oder auf fremdem Boden und die Bestimmungen über die Verbindung beweglicher Sachen untereinander verwandte Fragen regeln. Der Verfasser des Vorentwurfes, Prof. EUGEN HUBER, der die Rechtsvergleichung als unentbehrliches Element der Arbeit des Gesetzgebers betrachtete (Erl. 1. Ausg. 1. Heft, 2. Ausg. 1. Band, je S. 6 unten ff.; BGE 96 II 291 Erw. 7), kannte aber zweifellos auch die BestimmungBGE 99 II 131 S. 137von § 951 des deutschen BGB, die, wie dargelegt, unter Vorbehalt der Vorschriften über den Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen sowie gewisser weiterer Vorschriften auf das Bereicherungsrecht verweist. Wenn das ZGB die mangels Lostrennung des Materials eingreifende Ersatzpflicht des Grundeigentümers gegenüber dem Materialeigentümer gleichwohl nicht einfach den allgemeinen Vorschriften über den Schadenersatz wegen unerlaubter Handlung und über die ungerechtfertigte Bereicherung unterwirft, sondern eine besondere Regelung aufstellt, welche dem Materialeigentümer grundsätzlich in jedem Falle eine Entschädigung zubilligt und ausserdem die bei bösem Glauben des einen oder andern Beteiligten massgebenden Grenzwerte dieser Entschädigung festsetzt (vgl.BGE 54 II 428), so muss angenommen werden, dass der Ersatzanspruch des Materialeigentümers nicht vom Vorliegen einer unerlaubten Handlung des Grundeigentümers im Sinne von Art. 41 ff. OR oder einer ungerechtfertigten Bereicherung desselben im Sinne von Art. 62 ff. OR abhängen, sondern unter Umständen auch beim Fehlen der Voraussetzungen von Art. 41 ff. und 62 ff. OR gegeben sein soll. Dafür spricht auch schon der allgemein gefasste Wortlaut von Art. 672 Abs. 1 ZGB.

In BGE 81 II 436 und BGE 95 II 226 Erw. 2b hat das Bundesgericht freilich angenommen, der Erwerb des Eigentums am eingebauten fremden Material durch den Grundeigentümer beruhe auf der im Gesetz vorgesehenen Akzession, entbehre also nicht eines gültigen Grundes und lasse sich daher nicht im Sinne von Art. 62 Abs. 2 OR als ungerechtfertigt bezeichnen. Der Umstand, dass der Grundeigentümer das Eigentum am eingebauten Material kraft Gesetzes erwirbt, wäre jedoch kein Hindernis dafür, beim Fehlen der in Art. 672 ZGB enthaltenen Sonderregelung in Fällen, wo der Grundeigentümer nicht aufgrund von Art. 41 OR zu Schadenersatz verpflichtet werden kann, die Vorschriften der Art. 62 ff. OR über die ungerechtfertigte Bereicherung anzuwenden, so dass dieser Umstand nicht etwa als gesetzgeberischer Grund der Sonderregelung von Art. 672 ZGB gelten kann. Auch die Vermögensverschiebung infolge von Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung beweglicher Sachen, die gemäss dem in Art. 726 Abs. 3 und 727 Abs. 3 ZGB ausgesprochenen, diese Möglichkeit als gegeben voraussetzenden Vorbehalt u.a. Bereicherungsansprüche auslösen kann, hat nämlich einen gesetzlichen GrundBGE 99 II 131 S. 138(Art. 726/27 ZGB, je Abs. 1 und 2), und im Falle, dass eine bewegliche Sache ohne gültigen Grund veräussert wurde, ist der originäre, kraft Gesetzes eintretende Eigentumserwerb des Empfängers infolge von Verarbeitung, Verbindung oder Vermischung geradezu eine Voraussetzung dafür, dass dem Veräusserer anstelle der Vindikation ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zusteht (vgl. GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweiz. OR, 6. Aufl. 1972, S. 207 f. Ziff. Ic 1). Es trifft also nicht zu, dass in einem auf Gesetz beruhenden Eigentumserwerb, wie er z.B. im Falle der Akzession eintritt, keine im Sinne von Art. 62 OR ungerechtfertigte Bereicherung liegen könne (vgl. hiezu.auch Erw. 4b a.E. hienach).

Der Grund für die Sonderregelung des Art. 672 ZGB kann auch nicht etwa einfach darin gefunden werden, dass diese Regelung dem bisherigen kantonalen Recht entsprochen hätte. Die Erläuterungen zum VE stellen im Gegenteil fest, dass diese Regelung vom kantonalen Recht (das nach HUBER, Schweiz. Privatrecht, III S. 178 ff. lit. b, zum Teil vom französischen Recht beeinflusst war) wesentlich abweiche (Erl. 1. Ausg., 3. Heft S. 84, 2. Ausg., 2. Band S. 88).

Es bleibt also dabei, dass die in Art. 672 ZGB enthaltene Sonderregelung getroffen wurde, damit dem Materialeigentümer unter Umständen ein Ausgleich gewährt werden kann, den ihm die Anwendung der allgemeinen Grundsätze über die ungerechtfertigte Bereicherung nicht zu verschaffen vermöchte..(Das ZGB trägt der besonderen Lage der Bauhandwerker und -unternehmer, denen diese Regelung vor allem zugute kommt, auch in anderer Weise Rechnung; vgl. Art. 837 ff. ZGB).

4. a) Art. 672 ZGB, der eine kraft Gesetzes eingetretene Vermögensverschiebung zwischen dem Material- und dem Grundeigentümer ausgleichen will, ist nicht anwendbar, wenn der Einbau des Materials aufgrund eines Vertrages zwischen dem Material- und dem Grundeigentümer erfolgte. In diesem Falle richten sich die gegenseitigen Ansprüche nach dem Vertrag, welcher der gesetzlichen Ordnung vorgeht (BGE 54 II 426f. Erw. 1, BGE 57 II 254/55 Erw. 1; WIELAND, N. 1 Abs. 2 zu Art. 672 ZGB; HAAB, N. 2 und 12 zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, 3. Aufl., N. 15 zu Art. 671 und N. 11 zu Art. 672 ZGB).

b) Nach seiner Entstehungsgeschichte und nach der Lehre ist Art. 672 ZGB auch dann nicht anwendbar, wenn die Verbindung des Materials mit dem Grundstück von jemandem vorgenommenBGE 99 II 131 S. 139wird, der weder Material- noch Grundeigentümer ist. In einem solchen Falle soll es bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere der Regeln über unerlaubte Handlungen und über die ungerechtfertigte Bereicherung, sein Bewenden haben (Erl. 1. Ausg. 3. Heft S. 84, 2. Ausg. 2. Band S. 88; WIELAND, N. 4 zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, 2. Aufl., N. 20 ff. zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 3 und 27 ff. zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, 3. Aufl., N. 32 ff. zu Art. 671 ZGB). Diese Auffassung entspricht dem Wortlaut des Gesetzes; denn Art. 671 Abs. 1 ZGB, auf dem die ganze Regelung beruht, spricht nur davon, dass entweder jemand zu einem Bau auf eigenem Boden fremdes Material oder zu einem Bau auf fremdem Boden eigenes Material verwendet; der Fall, dass jemand mit fremdem Material auf fremdem Boden baut, wird nicht erwähnt. Wenn in diesem letzten Falle u.a. die Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung anwendbar sind, so bestätigt das im übrigen, dass der blosse Umstand, dass die Vermögensverschiebung zugunsten des Grundeigentümers in der Akzession einen gesetzlichen Grund hat, an und für sich die Annahme einer im Sinne von Art. 62 ff. OR ungerechtfertigten Bereicherung entgegen der in BGE 81 II 436 und BGE 95 II 226 Erw. 2b vertretenen Auffassung nicht hindert (vgl. den drittletzten Absatz von Erw. 3 hiervor).

c) Art. 672 Abs. 1 ZGB sagt, der Grundeigentümer habe, wenn keine Trennung des Materials von Boden erfolgt, "für das Material" eine angemessene Entschädigung zu leisten. Bei der Festsetzung dieser Entschädigung fällt jedoch nicht bloss der Wert des eingebauten Materials bzw. der diesem zu verdankende Mehrwert des Grundstücks in Betracht, sondern im Falle, dass der Materialeigentümer baut, ist nach dem Zweck der Vorschrift jedenfalls im Umfang der auf den Bau zurückzuführenden Wertvermehrung des Grundstücks der ganze Bauaufwand des Materialeigentümers (also auch dessen Arbeit) zu berücksichtigen (BGE 82 II 290 f. Erw. 5, BGE 95 II 228 Erw. 2; LIVER, ZBJV 1958 S. 30; MEIER-HAYOZ, 3. Aufl., N. 9 zu Art. 672 ZGB; vgl. Art. 672 Abs. 3 ZGB, wo vom Wert des Baues für den Grundeigentümer die Rede ist).

d) In seinem Aufsatz über die Frage: "L'entrepreneur a-t-il droit à l'hypothèque légale en cas de construction sur le fonds d'autrui et de faillite du propriétaire?" (JdT 1970 I 130 ff.) kritisiert PIOTET (S. 132 ff.) u.a. den eben angeführten EntscheidBGE 99 II 131 S. 140BGE 95 II 221 ff., und zwar richtet sich seine Kritik nicht bloss gegen die in diesem Entscheid vertretene Auffassung, dass der gutgläubige Bauunternehmer für die ihm nach Art. 672 Abs. 1 ZGB zustehende Entschädigung die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB) verlangen könne, sondern auch gegen die diesem Entscheid zugrunde liegende Annahme, dass der Bauunternehmer den Anspruch aus Art. 672 ZGB geltend machen könne, auch wenn er nicht zugleich der Bauherr ist, sondern den Bau aufgrund eines Werkvertrages (d.h. als Unternehmer im Sinne von Art. 363 OR) erstellte. Er führt im wesentlichen aus, im Verhältnis zum Grundeigentümer sei der Unternehmer, wie schon ein Vergleich von Art. 671/73 mit Art. 674 ZGB zeige, nur ein Gehilfe oder Werkzeug des Bauherrn; wenn der Gesetzgeber von dem mit fremdem Material bauenden Grundeigentümer spreche, so meine er damit sicher den Grundeigentümer, der durch einen Unternehmer bauen lasse; entsprechend sei unter dem Materialeigentümer derjenige zu verstehen, der das Material durch einen Unternehmer verwenden lasse und so über das von ihm gekaufte oder ihm vom Unternehmer gelieferte Material verfüge; nur diese Auslegung führe zu richtigen Ergebnissen; normalerweise werde der Unternehmer vom Bauherrn bezahlt; ein Entschädigungsanspruch des Unternehmers gegen den Grundeigentümer lasse sich in diesem Falle offensichtlich nicht rechtfertigen, und es sei auch ausgeschlossen, dass der Unternehmer sich das Eigentum am Boden (Art. 673 ZGB) zuweisen lasse; dagegen sei es richtig, wenn der von einem Mehrwert seines Grundstücks profitierende Grundeigentümer dem Bauherrn, der die Arbeit und das Material auf seine Kosten bestellt und damit den Mehrwert geschaffen habe, einen gewissen Ausgleich in Geld oder sogar die Übertragung des Eigentums am Boden gegen eine Entschädigung schulde; die Art. 671/73 ZGB seien auf die Personen anwendbar, deren rechtliche Stellung nicht durch einen Vertrag geregelt sei; der Unternehmer verzichte durch den Werkvertrag auf das Eigentum an seinem Material; er könne sich also nicht auf Art. 671/73 berufen, um den vertraglich vereinbarten Verlust seines Eigentums auszugleichen; dieser Verlust werde durch seine Forderung gegen den Bauherrn ausgeglichen; die erwähnten Bestimmungen seien nicht dazu da, einen Beteiligten gegen die Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners zu schützen, sondern dieseBGE 99 II 131 S. 141Regelung erlaube nur, einen Rechtsverlust auszugleichen, der kraft des Akzessionsprinzips ohne gültigen Grund eingetreten sei.

Diese Argumente sind jedoch nicht schlüssig. Mit fremdem Material auf eigenem Boden bauender Grundeigentümer im Sinne von Art. 671/73 ist nicht nur der Grundeigentümer, der durch einen Unternehmer bauen lässt, sondern gegebenenfalls auch der Grundeigentümer, der selbst bzw. mit seinen eigenen Leuten baut. Entsprechend darf auch der in diesen Bestimmungen verwendete Begriff des bauenden Materialeigentümers nicht einfach auf denjenigen bezogen werden, der durch einen Unternehmer bauen lässt. Vielmehr ist darunter gemäss dem allgemein gefassten Wortlaut des Gesetzes jeder Eigentümer von Material zu verstehen, der sein Material zu einer Baute auf fremdem Boden verwendet, sei er zugleich der Bauherr oder ein im Auftrag eines solchen tätiger Unternehmer. Der Umstand, dass der Eigentümer des Materials dieses in Ausführung eines von ihm abgeschlossenen Vertrags einbaut, schliesst die Anwendung von Art. 672 ZGB nur dann von vornherein aus, wenn es sich um einen Vertrag mit dem Grundeigentümer handelt; nur ein solcher Vertrag kann der gesetzlichen Ordnung der Beziehungen zwischen dem Material- und dem Grundeigentümer vorgehen und den Übergang des Eigentums am Material auf den Grundeigentümer ohne weiteres rechtfertigen (vgl. lit. a hievor). Ein Vertrag zwischen dem bauenden Materialeigentümer und einem vom Grundeigentümer verschiedenen Bauherrn steht als res inter alios acta den gesetzlichen Ansprüchen des Materialeigentümers gegen den Grundeigentümer grundsätzlich nicht im Wege. Das gleiche gilt für einen Vertrag zwischen dem Grundeigentümer und einem vom Materialeigentümer verschiedenen Unternehmer. (Eine andere Frage ist es, inwiefern die gemäss einem solchen Vertrag zu leistenden und geleisteten Zahlungen den Umfang dieser gesetzlichen Ansprüche beeinflussen; vgl. hiezu Erw. 7 b/c hienach). Die Tatsache schliesslich, dass Art. 672 ZGB nicht in erster Linie zum Zweck erlassen wurde, den Materialeigentümer gegen das Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines vom Grundeigentümer verschiedenen Vertragspartners zu schützen, verbietet nicht, dass diese Bestimmung, wenn die Voraussetzungen ihrer Anwendung zutreffen, dem Materialeigentümer unter Umständen einmal zu einer vom Vertragspartner nicht erhältlichen ZahlungBGE 99 II 131 S. 142verhilft. Der Anwendung von Art. 672 ZGB zugunsten eines als Unterakkordant tätigen Unternehmers steht auch nicht entgegen, dass ein Unternehmer, der nicht den ganzen Bau erstellt, sondern nur zu dessen Erstellung beigetragen hat, die Zuweisung des Bodens im Sinne von Art. 673 ZGB jedenfalls in der Regel nicht verlangen kann. Die einschränkende Auslegung des Art. 672 ZGB, die PIOTET befürwortet, ist also abzulehnen.

5. Die Klägerin hat mit von ihr geliefertem Material auf einem Grundstück der Beklagten gebaut. Die Behauptung der Beklagten, die Systembau AG habe durch ihre Koordinationsarbeit das schlüsselfertige Schulhaus erstellt "und demgemäss als Drittperson fremdes Material auf fremdem Boden verwendet", was die Anwendung von Art. 672 ZGB ausschlösse (Erw. 4b hievor), trifft nicht zu. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die für das Bundesgericht verbindlich sind, hat die Systembau AG selber keine Bauarbeiten ausgeführt und somit auch keinerlei Material eingebaut. Sie hat vielmehr sämtliche Bauarbeiten durch Dritte ausführen lassen.

Ob zwischen der Klägerin und der Systembau AG, wiewohl diese der Klägerin gegenüber als Vertreterin der Beklagten aufgetreten war, entsprechend der Darstellung der Beklagten ein Vertrag zustandegekommen sei, kann offen bleiben, weil ein solcher Vertrag der Anwendung von Art. 672 ZGB nicht entgegenstünde (Erw. 4d hievor). Der Ersatzanspruch gemäss dieser Bestimmung, die dem Materialeigentümer (namentlich dem bauenden Materialeigentümer) einen besonderen Schutz gewähren will (Erw. 3 hievor), tritt neben eine allfällige Forderung aus Vertrag gegen einen vom Grundeigentümer verschiedenen Besteller (BGE 95 II 227 oben).

Der Umstand, dass die Beklagte aufgrund ihres Vertrags. mit der Systembau AG auf die von der Klägerin erbrachten Leistungen Anspruch hatte, schliesst zwar die Annahme einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten im Sinne von Art. 62 OR aus (zweitletzter Absatz von Erw. 2 hievor), hindert aber die Anwendung von Art. 672 ZGB so wenig wie ein allfälliger Vertrag zwischen der Klägerin und der Systembau AG, da nur ein Vertrag zwischen Material- und Grundeigentümer der in dieser Bestimmung enthaltenen gesetzlichen Regelung vorgeht (Erw. 4d hievor).

Die Klägerin hat also gegenüber der Beklagten grundsätzlichBGE 99 II 131 S. 143Anspruch auf eine Entschädigung im Sinne von Art. 672 ZGB. Die - von der Klägerin nicht verlangte - Zuweisung des Eigentums an Bau und Boden gemäss Art. 673 ZGB käme schon wegen der besondern Zweckbestimmung der Baute nicht in Frage.

6. Art. 672 ZGB macht die Höhe der dem Materialeigentümer zukommenden "angemessenen Entschädigung" (Abs. 1) vom guten oder bösen Glauben der Beteiligten abhängig, indem er bestimmt, der Richter könne bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers "auf vollen Schadenersatz erkennen" (Abs. 2) und bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers "auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist" (Abs. 3). Zur Verurteilung des bauenden Grundeigentümers zu vollem Schadenersatz gemäss Absatz 2 ist nach dem Sinne dieser Vorschrift neben dem bösen Glauben des Grundeigentümers der gute Glaube des Materialeigentümers erforderlich, und die Beschränkung der Entschädigung auf den in Absatz 3 umschriebenen Mindestwert setzt sinngemäss ausser dem bösen Glauben des bauenden Materialeigentümers den guten Glauben des Grundeigentümers voraus. Absatz 2 gilt nach Rechtsprechung und Lehre analog, wenn ein gutgläubiger Materialeigentümer auf dem Boden eines bösglaubigen Grundeigentümers baut (BGE 82 II 288 Erw. 3; WIELAND, N. 3c zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, N. 10 zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 25 a.E. zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 21 zu Art. 672 ZGB). Eine analoge Anwendung von Absatz 3 kommt in Frage, wenn der bauende Grundeigentümer gutgläubig und der Materialeigentümer bösgläubig ist (WIELAND, N. 2c zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, N. 8 zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 12 zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 16 zu Art. 672 ZGB). Für die Bemessung der Entschädigung in den übrigen Fällen (guter oder böser Glaube beider Teile, wenn der Grundeigentümer oder der Materialeigentümer baut), lassen sich dagegen dem Gesetz weder direkt noch auf dem Wege der Analogie bestimmte Richtlinien entnehmen. Auch die Berechnung des nach Absatz 2 zu leistenden vollen Schadenersatzes wird in Art. 672 ZGB nicht näher geregelt. Gewisse Richtlinien ergeben sich jedoch aus der rechtlichen Natur des Entschädigungsanspruches (die auch für seine Verjährung von Bedeutung ist; vgl. BGE 81 II 435 ff. Erw. 3).BGE 99 II 131 S. 144

a) Ein Grundeigentümer, der in bösem Glauben entweder fremdes Material verwendet oder den Materialeigentümer auf seinem Boden bauen lässt, begeht wenn nicht eine im Sinne von Art. 41 OR unerlaubte, so doch jedenfalls eine deliktsähnliche Handlung, so dass es sich rechtfertigt, zur Berechnung des vollen Schadenersatzes, den er in diesem Falle dem gutgläubigen Materialeigentümer schuldet, die Regeln über den Schadenersatz aus unerlaubter Handlung heranzuziehen. Zu ersetzen ist also grundsätzlich die ganze dem Materialeigentümer widerfahrene Vermögenseinbusse, die im Einbau seines Materials ihre adäquate Ursache hat, gegebenenfalls also auch ein entgangener Gewinn oder der Schadenersatz oder die Vertragsstrafe, die er einem Dritten wegen nicht rechtzeitiger Lieferung zu zahlen hat (WIELAND, N. 2a bb und 3c zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, N. 5 zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 12 zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 13 zu Art. 672 ZGB). Ist auch der Materialeigentümer bösgläubig, so ist der Schadenersatz in analoger Anwendung von Art. 44 Abs. 1 OR herabzusetzen (im Ergebnis ähnlich WIELAND, N. 2a cc zu Art. 672 ZGB, LEEMANN, N. 6 und 11 zu Art. 672/73 ZGB, HAAB, N. 12 zu Art. 671/73 ZGB und MEIER-HAYOZ, N. 14 und 19 zu Art. 672 ZGB, wonach die Entschädigung in einem solchen Falle in angemessener bzw. billiger Weise zu ermässigen ist).

b) Der Anspruch auf Vergütung dessen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist, auf den die Entschädigungsforderung des bösgläubig auf fremdem Boden bauenden Materialeigentümers gegen den gutgläubigen Grundeigentümer nach Art. 672 Abs. 3 ZGB beschränkt werden kann, ist offensichtlich kein auf einem unkorrekten Verhalten des Grundeigentümers beruhender Schadenersatzanspruch, für dessen Bemessung die Regeln über den Schadenersatz aus unerlaubter Handlung gelten könnten. Dieser Anspruch lässt sich vielmehr nach seinem gesetzgeberischen Grunde, der nur im Ausgleich eines dem Grundeigentümer zugefallenen Vorteils liegen kann, sowie nach seinem Gegenstande (Mindestwert der Baute für den Grundeigentümer) nur als Bereicherungsanspruch besonderer Art qualifizieren. Der massgebende Mindestwert der Baute für den Grundeigentümer ist ein subjektiver Wert, der nicht nur die mit dem Bauen verbundene Vermögenseinbusse des Materialeigentümers, sondern auch den auf die Baute zurückzuführenden objektiven Mehrwert des Grundstücks weitBGE 99 II 131 S. 145unterschreiten kann (WIELAND, N. 3a zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, N. 9 zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 25 zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 18 zu Art. 672 ZGB). Ein Bereicherungsanspruch ist seiner Natur und seinem Umfange nach auch der Entschädigungsanspruch des bösgläubigen Materialeigentümers gegen den in gutem Glauben bauenden Grundeigentümer (WIELAND, N. 2c zu Art. 672 ZGB; LEEMANN, N. 8 zu Art. 672/73 ZGB; HAAB, N. 12 zu Art. 671/73 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 16 zu Art. 672 ZGB).

c) Gleicher Art wie die eben behandelten Ansprüche eines bösgläubigen Materialeigentümers gegen einen gutgläubigen Grundeigentümer sind auch die Ansprüche des Materialeigentümers bei gutem Glauben beider Teile, gleichgültig, ob der eine oder der andere baut. Auch in diesen Fällen kann dem Grundeigentümer mangels eines Verschuldens weder eine unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 41 OR noch ein deliktsähnliches Verhalten vorgeworfen werden, sondern lässt sich seine Entschädigungspflicht nur mit der auf die Baute zurückzuführenden Wertvermehrung seines Grundstücks rechtfertigen. Auch der Entschädigungsanspruch des gutgläubigen Materialeigentümers gegen einen gutgläubigen Grundeigentümer ist also seinem Wesen nach ein Bereicherungsanspruch. Er unterliegt zwar hinsichtlich seiner Voraussetzungen nicht dem OR, sondern der Sonderregelung von Art. 672 in Verbindung mit Art. 671 ZGB, die für den Materialeigentümer unter Umständen günstiger ist, was sich vor allem darin zeigt, dass nach dieser Regelung anders als nach Art. 62 OR nur ein Vertrag zwischen Grund- und Materialeigentürmer, nicht auch ein Vertrag zwischen dem Grundeigentümer und einem vom Materialeigentümer verschiedenen Unternehmer die Entstehung einer unmittelbar auf Gesetz beruhenden Ausgleichsforderung des Materialeigentümers von vornherein ausschliesst (Erw. 4a und 4d im Unterschied zum zweitletzten Absatz von Erw. 2 hievor). Sobald aber die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 672 Abs. 1 ZGB erfüllt sind, richtet sich der Entschädigungsanspruch des gutgläubigen Materialeigentümers gegen den gutgläubigen Grundeigentümer nach den Regeln des Bereicherungsrechts (Art. 62 ff. OR), die für die Beurteilung eines solchen Anspruchs beim Fehlen der im ZGB getroffenen Sonderregelung in jeder Hinsicht massgebend wären (vgl. den drittletzten Absatz von Erw. 3 hievor).

BGE 99 II 131 S. 146

Anwendbar ist also vor allem die aus Art. 62 OR sich ergebende Regel, dass der aus ungerechtfertigter Bereicherung Klagende vom Beklagten den Ersatz seiner Vermögenseinbusse (der ihm höchstens zukommt, weil nach Art. 62 OR nur eine aus dem Vermögen des Klägers stammende Bereicherung zurückzuerstatten ist) nur insoweit verlangen kann, als der Beklagte infolge der Verminderung des Vermögens des Klägers bereichert ist. Das bedeutet für den Ersatzanspruch des gutgläubigen Materialeigentümers gegen den gutgläubigen Grundeigentümer, dass dieser jenem den Wert des verwendeten Materials und gegebenenfalls den Wert der mit dem Einbau verbundenen Arbeit nur dann voll zu ersetzen hat, wenn sich der objektive Wert des Grundstücks und damit das Vermögen des Grundeigentümers infolge dieses baulichen Aufwandes um den gleichen Betrag erhöht hat; ist der so entstandene Vermögenszuwachs geringer, so beschränkt sich der Ersatzanspruch auf diesen Zuwachs (vgl. LIVER, ZBJV 1958 S. 30 und MEIER-HAYOZ, N. 15 und 20 in Verbindung mit N. 9 und 18 zu Art. 672 ZBG; BGE 54 II 429 Erw. 2 und BGE 95 II 227 /28 Erw. 2 ziehen die objektive Bereicherung des Grundeigentümers bzw. den Wertzuwachs des Grundstücks in Betracht, wogegen in BGE 82 II 290 f. Erw. 5 - was LIVER a.a.O. mit Zustimmung von MEIER-HAYOZ N. 9 kritisiert - als unerheblich erachtet wurde, ob der - an sich mit Recht berücksichtigte - Material- und Arbeitsaufwand des Materialeigentümers zu einem entsprechenden Mehrwert des Grundstücks geführt habe; die ältern Kommentatoren WIELAND, N. 2b und 3b zu Art. 672 ZGB, LEEMANN, N. 7 und 11 zu Art. 672/73 ZGB, und HAAB, N. 12 und 25 zu Art. 671/73 ZGB, stellen auf den objektiven Wert des Materials ab).

d) Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 671/73 ZGB nimmt an, ausserhalb des rechtsgeschäftlichen Verkehrs (wo der Schutz des guten Glaubens, soweit überhaupt vorgesehen, den auf einem entschuldbaren Irrtum beruhenden Glauben an das Vorliegen einer fehlenden Tatsache voraussetze) habe der Richter den (in Art. 3 ZGB nicht definierten) guten Glauben immer dann gelten zu lassen, wenn die betreffende Person in guten Treuen gehandelt hat, "wenn unredliches, moralisch verwerfliches Verhalten ausgeschlossen erscheint" (BGE 57 II 255f. Erw. 2, BGE 95 II 227 Erw. 2c; im gleichen Sinne BGE 81 II 276 Erw. 8, BGE 82 II 290 Erw. 4 und 291 Erw. 5 a.E.;BGE 99 II 131 S. 147vgl. auch den zu Art. 674 ZGB ergangenen Entscheid BGE 41 II 221 Erw. 6). An dieser Umschreibung des Begriffs des guten Glaubens ist im wesentlichen feszuhalten. Sie steht, wie MEIER-HAYOZ (N. 6 zu Art. 672 ZBG) darlegt, im Einklang mit der erweiterten Definition des guten Glaubens, die in der neuern Lehre aufgrund einer vertieften, die Herkunft des Begriffs und den gesetzgeberischen Grund des Gutglaubensschutzes berücksichtigenden Betrachtungsweise befürwortet wird (JÄGGI, N. 16 ff. zu Art. 3 ZGB; DESCHENAUX, Schweiz. Privatrecht II S. 209 ff.; vgl. auch LIVER, N. 92 zu Art. 731 ZGB). Der gute Glaube besteht nach dieser Definition darin, dass trotz eines Rechtsmangels das Unrechtsbewusstsein fehlt. Das Fehlen des Unrechtsbewusstseins setzt nicht notwendigerweise die Unkenntnis des Rechtsmangels voraus. Beim Bauen mit fremdem Material oder auf fremdem Boden ist das Fehlen des Unrechtsbewussteins beim Material- oder Grundeigentümer nicht bloss dann anzunehmen, wenn dieser nicht weiss, dass auf fremdem Boden bzw. mit fremdem Material gebaut wird, sondern auch dann, wenn er das zwar weiss, aber z.B. deswegen, weil er an das Einverständnis des andern Teils glaubt, gleichwohl nicht im Bewusstsein handelt, etwas Unredliches zu tun (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 6 zu Art. 672 ZGB).

Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nach Art. 3 Abs. 2 ZGB nicht berechtigt, sich auf den (möglicherweise tatsächlich vorhandenen oder nach Art. 3 Abs. 1 ZGB zu vermutenden) guten Glauben zu berufen (vgl. hiezu JÄGGI, N. 104 ff. zu Art. 3 ZGB, und DESCHENAUX, S. 226). In der Lehre ist streitig, ob dieseVorschrift nur dann anwendbar sei, wenn der gute Glaube auf der Unkenntnis eines Rechtsmangels beruht (so JÄGGI, N. 105, und DESCHENAUX, S. 227 Ziff. 3), oder ob diese Vorschrift einen weitern Sinn habe und folglich auch dann gelte, wenn der gute Glaube deswegen zu bejahen ist, weil das Unrechtsbewusstsein trotz Kenntnis des Rechtsmangels fehlt, m.a.W. ob in einem solchen Falle der Schutz des an sich vorhandenen guten Glaubens zu versagen sei, wenn der betreffenden Person bei gehöriger Überlegung hätte bewusst sein müssen, dass sie unrecht handle (so PIOTET, JdT 1970 II 134/35, in seinen kritischen Ausführungen zu BGE 95 II 221 ff., wo in Erw. 2c S. 227 dem bauenden Materialeigentümer der gute Glaube zugebilligt wurde, obwohl er sorgfältige ErkundigungenBGE 99 II 131 S. 148darüber unterlassen hatte, ob der die Bauarbeit bestellende Hotelgerant der Eigentümer des Hotels sei). Diese Frage kann im vorliegenden Falle offen bleiben, wenn sich ergibt, dass den Parteien nicht vorgeworfen werden kann, die Frage der Rechtmässigkeit ihres Verhaltens mangelhaft überlegt zu haben.

7. a) Die Klägerin nahm unzweifelhaft an und durfte auch annehmen, dass sie berechtigt sei, mit ihrem Material auf dem Grundstück der Beklagten zu bauen. Ihrer Tätigkeit lag allerdings kein gültiger Vertrag zugrunde, wenn zwischen ihr und der Systembau AG, die sich unbefugterweise als Vertreterin der Beklagten ausgab, entgegen der Darstellung der Beklagten kein Vertrag zustande gekommen ist. Es kann ihr aber in diesem Falle kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie der Behauptung der Systembau AG, sie sei zum Vertragsabschluss im Namen der Beklagten ermächtigt, nicht misstraute. Die Beklagte ihrerseits nahm an und durfte annehmen, dass die Klägerin ihren Beitrag an den Bau des Schulhauses im Auftrag der Systembau AG leiste und von dieser dafür bezahlt werde. Beide Parteien waren also gutgläubig und haben keine Nachlässigkeit begangen, die allenfalls dazu führen könnte, ihnen das Recht abzusprechen, sich auf ihren guten Glauben zu berufen. Deshalb hat die Klägerin gegenüber der Beklagten nach Erwägung 6c hievor im Rahmen ihrer Vermögenseinbusse grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des Vermögenszuwachses, welcher der Beklagten infolge der dem Aufwand der Klägerin zu verdankenden Erhöhung des objektiven Wertes des Baugrundstücks zugefallen ist.

b) Die Vermögenseinbusse der Klägerin entspricht dem noch ausstehenden Teilbetrag ihrer Werklohnforderung, der im kantonalen Verfahren auf Fr. 241'488.62 beziffert wurde (lit. C hievor). Die Beklagte behauptet nicht etwa, dieser Betrag übersteige die Summe, welche die Klägerin aufgrund des nach der Darstellung der Beklagten zwischen der Klägerin und der Systembau AG zustandegekommenen Werkvertrages noch zugut habe, m.a.W. der bauliche Aufwand der Klägerin sei bei der Berechnung ihrer Restforderung höher bewertet worden, als das nach Massgabe des behaupteten Vertrags hätte geschehen dürfen. (Wäre dies der Fall, so müsste der den vertragsmässigen Werklohn übersteigende Teil des Aufwandes der Klägerin bei der Berechnung der Entschädigung nach Art. 672 ZGB ausser Betracht bleiben, weil die Vermögenseinbusse der KlägerinBGE 99 II 131 S. 149insoweit einer ihr beim Vertragsabschluss unterlaufenen Fehlkalkulation zuzuschreiben wäre und folglich nicht auf den durch das Akzessionsprinzip bewirkten Übergang der Baute ins Eigentum der Grundeigentümerin zurückgeführt werden könnte, für den die Entschädigung nach Art. 672 ZGB dem Materialeigentümer einen Ausgleich bieten soll. Es ist also ausgeschlossen, dass der bauende Materialeigentümer die Folgen einer ihm unterlaufenen Fehlkalkulation mit Hilfe von Art. 672 ZGB auf den Grundeigentümer abwälzt.)

c) Nach den in diesem Punkte nicht angefochtenen Feststellungen der Vorinstanz entspricht der von der Klägerin geschaffene objektive Mehrwert des Baugrundstücks dem objektiven Wert ihrer Aufwendungen, der nach dem eben Gesagten dem von ihr beanspruchten Werklohn gleichgesetzt werden darf. Die Beklagte wurde aber dadurch, dass ihr mit dem Eigentum an der Baute auch dieser Mehrwert zufiel, nicht gerade auch um diesen Mehrwert bereichert. Die Gesamtheit der auf ihrem Grundstück ausgeführten Arbeiten brachte ihr vielmehr nur dann einen Vermögenszuwachs, wenn der objektive Wert dieser Arbeiten den Betrag von Fr. 3'191,400.-- übersteigt, den sie der Systembau AG für die Erstellung des schlüsselfertigen Schulhauses als Pauschal-Werkpreis bezahlt oder zu zahlen hat. (Wahrscheinlich hat die Beklagte, wie sie behauptet, diesen Betrag bereits voll bezahlt; die Vorinstanz hat das zwar nicht positiv festgestellt; es ist für die Ermittlung einer allfälligen Bereicherung der Beklagten indessen unerheblich, ob diese den erwähnten Betrag schon ganz bezahlt hat oder zum Teil noch schuldet.) Dementsprechend ist die Beklagte durch die Bauarbeiten der Klägerin nur bereichert, wenn der von der Klägerin geschaffene objektive Mehrwert des Grundstücks den Teil des Pauschalpreises übersteigt, der bei proportionaler Aufteilung dieses Preises nach Massgabe des Wertes der Arbeiten der verschiedenen Bauunternehmer und -handwerker auf die Arbeiten der Klägerin entfällt. Diesen Anteil hat die Vorinstanz nicht ermittelt. Das ist nachzuholen.

Nach dem normalen Lauf der Dinge wäre allerdings zu erwarten, dass der von der Klägerin in Rechnung gestellte Bauaufwand, mit dessen Wert der darauf zurückzuführende objektive Mehrwert des Grundstücks übereinstimmt, von dem auf diesen Aufwand entfallenden Teil des Pauschalpreises erreicht werde. Die Systembau AG hätte sonst an den von der Klägerin für sieBGE 99 II 131 S. 150ausgeführten Arbeiten nicht nur nichts verdient, sondern daran verloren und damit ein sehr schlechtes Geschäft gemacht. Gerade das hat aber die Klägerin vor Obergericht behauptet und unter Beweis gestellt, indem sie in ihrer Appellationsbegründung vorbrachte:

"Vermutlich hat die Systembau AG der Stadt Zürich die Arbeiten viel zu billig offeriert. Mit den von der Stadt Zürich erhaltenen Geldern hat sie die aufgebotenen Unternehmer nicht entschädigen können. Die Gesamtleistung sämtlicher am Bau beteiligten Unternehmer übersteigt die Zahlungen der Beklagten erheblich, was die beträchtlichen Verluste der betroffenen Handwerker erklären würde.

Diese sehr naheliegende ,Vermutung' wird im vorliegenden Fall zur vorsorglichen Behauptung erhoben und es wird dafür der Beweis durch Expertise offeriert."

Wenn diese Behauptung zutreffen und demgemäss der dem Bauaufwand der Klägerin zu verdankende objektive Mehrwert des Grundstücks den auf diesen Aufwand entfallenden Teil des Pauschal-Werkpreises übersteigen sollte, wäre die Beklagte zum Nachteil der Klägerin um diesen Mehrbetrag bereichert. Diese Bereicherung wäre zwar im Sinne von Art. 62 OR nicht ungerechtfertigt, weil die Beklagte kraft ihres Vertrages mit der Systembau AG auf die fraglichen Materiallieferungen und Arbeitsleistungen Anspruch hatte (Erw. 2 hievor). Sie wäre aber der Klägerin nach der Sondervorschrift von Art. 672 ZGB, die in diesem Punkte für den Materialeigentümer günstiger ist (Erw. 6c hievor), gleichwohl zu ersetzen. Daher hat die Vorinstanz über die wiedergegebene Behauptung der Klägerin Beweis zu erheben und hierauf den eingeklagten Ersatzanspruch neu zu beurteilen.

8. Gegenüber der Behauptung der Beklagten, sie sei nicht bereichert, weil sie die Systembau AG voll entschädigt habe, und die Klägerin habe höchstens einen Schadenersatzanspruch gegen diese Firma, wendet die Klägerin in der Berufungsantwort ein, nicht sie, sondern die Beklagte müsse "den Schadenersatz bei der Systembau AG suchen"; die Beklagte habe denn auch gegen Verwaltungsräte dieser AG einen Verantwortlichkeitsprozess eingeleitet und dabei auch die im vorliegenden Prozess gegen sie erhobene Forderung "namhaft gemacht" (gemeint offenbar: als Schadensposten aufgeführt); dringe die Beklagte mit ihrem Verantwortlichkeitsanspruch durch, so sei sie (gemeint offenbar: durch das Verhalten der Systembau AG undBGE 99 II 131 S. 151die an diese geleisteten Zahlungen) keineswegs geschädigt; müsste die Beklagte die im vorliegenden Prozess eingeklagte Entschädigung nicht zahlen, so müsste sie ihr Schulhaus nur teilweise bezahlen; das dürfe nicht sein. Damit macht die Klägerin dem Sinne nach geltend, die Beklagte müsse ihr den eingeklagten Betrag im Hinblick auf ihre Schadenersatzforderung gegen die Verwaltungsräte der Systembau AG ungeachtet der an diese Firma geleisteten Zahlungen voll vergüten.

Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Verantwortlichkeitsansprüche von Gläubigern gegen Verwaltungsräte einer in Konkurs geratenen AG sind Schadenersatzansprüche und setzen daher voraus, dass durch Pflichtverletzungen dieser Personen ein Schaden tatsächlich eingetreten ist (Art. 754 Abs. 1 OR). Ob die Beklagte infolge ihrer Zusammenarbeit mit der Systembau AG einen Schaden erleiden wird, steht erst nach rechtskräftiger Erledigung des vorliegenden Prozesses fest. Vorher verfügt die Beklagte noch gar nicht über Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber Verwaltungsräten der Systembau AG. Der von der Klägerin erwähnte Prozess hat daher auf die Beurteilung der Frage, ob die Beklagte als bereichert zu betrachten sei, keinen Einfluss.

9. Es wird weder behauptet, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im Konkurs der Systembau AG eine Forderung aus Vertrag oder aus Art. 39 OR angemeldet, deren Zulassung erreicht und dafür eine Dividende zu erwarten oder gar erhalten habe, und die Beklagte macht nicht geltend, dass sich die Klägerin eine solche Dividende auf die eingeklagte Forderung aus Art. 672 ZGB anrechnen lassen müsse. Daher ist die Frage einer solchen Anrechnung im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen (ebensowenig die Frage, ob eine der Klägerin nach Art. 672 ZGB zukommende Ersatzleistung auf eine von ihr im Konkurs der Systembau AG geltend gemachte Forderung anzurechnen wäre).

BGE 92 II 227

Bauhandwerkerpfandrecht. - Fahrnisbaute.

1. Rechtsnatur des Anspruchs auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandes für die Forderungen der Bauhandwerker und -unternehmer (Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB). Der Anspruch richtet sich gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstückes, auf dem der Bau erstellt wurde, selbst wenn das nicht im Auftrag dieses Eigentümers, sondern eines Mieters geschehen ist (Erw. 1; Änderung der Rechtsprechung).

2. Einrede des beklagten Grundeigentümers, die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes sei deshalb ausgeschlossen, weil der klagende Bauhandwerker oder -unternehmer nur Material und Arbeit für die Erstellung einer nicht Bestandteil des Grundstücks gewordenen, sondern im Eigentum des Mieters verbliebenen Fahrnisbaute (Art. 677 ZGB) geliefert habe. Objektive und subjektive Kriterien für die Unterscheidung von Fahrnis- und Dauerbauten. Fall eines Fabrikgebäudes (Erw. 2).


1. Das Bundesgericht hat in einer Reihe von Urteilen entschieden, dem Unternehmer stehe kein Anspruch auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechtes zu, wenn der zur Pfandbestellung verpflichtete Grundstückeigentümer in Konkurs gefallen ist oder wenn er das Grundstück an einen Dritten veräussert hat (BGE 40 II 452, BGE 73 I 278, BGE 81 II 279). Der Anspruch wurde auch dann verneint, wenn ein Mieter die betreffenden Arbeiten in Auftrag gegeben hatte, selbst wenn es mit Wissen des Grundstückeigentümers geschehen war (BGE 56 II 163). Das Bundesgericht liess sich dabei im wesentlichen von der Überlegung leiten, Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB gewähre dem Unternehmer kein ohne Eintragung im Grundbuch bestehendes Pfandrecht, sondern nur den Anspruch auf Errichtung eines solchen. Dabei handle es sich um einen rein obligatorischen Anspruch, der im Konkurs des Grundstückeigentümers oder gegen einen Dritterwerber des Grundstücks nicht durchgesetzt werden könne, ebensowenig gegen den Eigentümer des Grundstücks, der nicht Schuldner der Bauhandwerkerforderung sei. Diese Rechtsprechung war insofern zutreffend, als sie der Auffassung von Huber und Leemann entgegentrat, es handle sich um einen dinglichen, absoluten Anspruch (EUGEN HUBER, Zum schweiz. Sachenrecht, in Abhandlungen zum schweiz. Recht, Heft 58 S. 61 f.; LEEMANN in SJZ 9 S. 84 f.). Es kann in dieser Beziehung auf die eingehenden Ausführungen in BGE 40 II 459 f. verwiesen werden, die durch die Kritik LEEMANNS (Kommentar N. 25 zu Art. 837 ZGB) nicht widerlegt werden konnten; denn das Wesensmerkmal des dinglichen Rechts ist die unmittelbare Herrschaft über eine Sache.

Trotzdem lässt sich die erwähnte Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten. Die Doktrin nimmt seither nämlich an, es handle sich bei allen unserer Gesetzgebung bekannten Schuldverhältnissen, wo der Schuldner - und oft auch der Gläubiger - durch die dingliche Berechtigung oder den Besitz an einer Sache bestimmt wird, um sog. Realobligationen (LIVER, Kommentar, Die beschränkten dinglichen Rechte, Einleitung N. 148 f., insbes. N. 157; MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Systematischer Teil N. 150 f., insbes. N. 157 a; JOST, Die RealobligationBGE 92 II 227 S. 230als Rechtsinstitut, S. 81 f.; LIVER, Die Realobligation, ZBGR 43 (1962) S. 272 f., und derselbe, Die Begründung des Bauhandwerkerpfandrechtes, ZBJV 98 (1962) S. 209 f.; vgl. auch DESCHENAUX, Obligations propter rem, in Festschrift Max Gutzwiller, S. 725; ferner: BGE 92 II 147). Daraus ist mit Recht zu folgern, dass sich der Anspruch des Bauhandwerkers auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandes (Art. 837 ZGB) gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks richtet, auf dessen Boden Material und Arbeiten zu Bauten oder andern Werken geliefert worden sind. Der Vorinstanz ist somit darin beizustimmen, dass dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechtes gegen die Beklagte als Eigentümerin des Grundstücks Kat. Nr. 1093 zusteht, obschon sie nicht Schuldnerin der Unternehmerforderung ist, zu deren Sicherstellung die Eintragung des Pfandrechts verlangt wird.

2. Das Handelsgericht hat jedoch die Klage mit der Begründung abgewiesen, es handle sich um Arbeiten an Fahrnisbauten im Sinne von Art. 677 ZGB, die im Eigentum der Reblis Fertigbau AG verblieben und nicht Bestandteil des Grundstücks der Beklagten geworden seien; die Eintragung eines Grundpfandrechts zu Lasten von Fahrnisbauten sei nicht möglich. Dabei stellte die Vorinstanz entscheidend darauf ab, dass der Mietvertrag zwischen der Reblis Fertigbau AG und der Beklagten zeitlich befristet und die Baubewilligung nur provisorisch für längstens fünf Jahre erteilt worden waren. Sie schloss daraus, die Bauten seien ohne Absicht bleibender Verbindung auf dem Grundstück der Beklagten errichtet worden, und erblickte in diesem Umstand das massgebende Merkmal der Fahrnisbaute.

a) Art. 677 Abs. 1 ZGB lautet: "Hütten, Buden, Baracken und dergleichen behalten, wenn sie ohne Absicht bleibender Verbindung auf fremdem Boden aufgerichtet sind, ihren besondern Eigentümer." Die ersten Kommentatoren erklärten durchwegs, der Nachdruck dieser Bestimmung liege nicht auf den im Gesetzestext angeführten Beispielen, sondern auf dem Satz: "wenn sie ohne Absicht bleibender Verbindung... aufgerichtet sind". Die Festigkeit der Verbindung und die Art der Konstruktion spiele keine Rolle (so WIELAND, Kommentar N.1, und LEEMANN, Kommentar N. 2 und 3 zu Art. 677 ZGB). Auch HAAB (Kommentar N. 16 zu Art. 667 ZGB) folgte dieserBGE 92 II 227 S. 231Auffassung und erklärte: "Das Kriterium des Gegensatzes zwischen Fahrnis- und Dauerbauten bildet nicht... die Beschaffenheit des Baues." Massgebend sei vielmehr, ob die Absicht bleibender Verbindung obwalte. Bei dieser Auslegung des Art. 677 ZGB lehnten sich die genannten Autoren eng an die Bestimmung des § 95 BGB und die dazu bestehenden Lehrmeinungen an (insbesondere an BIERMANN, Superficies solo cedit, in Iherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Bd. 34 (1895) S. 169 f.).

Nun ist aber darauf zu verweisen, dass der schweizerische Gesetzgeber auch in diesem Bereich nicht einfach ausländische Lösungen übernommen hat. Er legte seiner Regelung weder das deutsche Recht, welches das subjektive Moment der Dauer der Verbindung betont, noch die französische Lösung, die dem objektiven Merkmal entscheidende Bedeutung einräumt, zugrunde. Für ihn bildete das geltende kantonale Recht, das deutlich auf das subjektive und zugleich das objektive Kriterium abstellte (vgl. z.B. § 48 (474) des Zürcher Privatgesetzbuches), den Ausgangspunkt für die Bestimmung von Art. 677 ZGB.

So verweist EUGEN HUBER in den Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerischen Zivilgesetzbuches (2. Auflage, S. 90) auf die Darstellung der geltenden kantonalen Rechte in seinem Werk "System und Geschichte des Schweizerischen Privatrechts", keineswegs aber auf ausländische Vorbilder. Im Nationalrat führte er noch folgendes aus (Sten.Bull. der Bundesversammlung 1906 S. 536):

"Endlich haben wir noch einen 5. Fall anzuführen, die Fahrnisbauten. Da ist einfach darauf zu verweisen, dass schon nach dem geltenden Recht Hütten, Buden, Baracken, Schöpfe und dgl., die nur vorübergehend auf einem Grundstück errichtet werden, auch wenn sie eingemauert sind, ihren eigenen Eigentümer behalten können. Sie gelten als bewegliche Sachen..."

Aus Obigem ergibt sich, dass es nicht angängig ist, die im Gesetzestext ausdrücklich erwähnten Beispiele für Fahrnisbauten als unerheblich zu erklären und nur auf die "Absicht bleibender Verbindung" abzustellen.

b) Aber auch die systematischen Zusammenhänge des Gesetzes legen es nahe, für die Unterscheidung von Fahrnis- und Dauerbauten als beachtenswertes Indiz neben dem subjektiven Moment objektiv die äussere Verbindung zwischen Baute und Grundstück beizuziehen. Art. 677 ZGB grenzt den GeltungsbereichBGE 92 II 227 S. 232des Akzessionsprinzips im Grundstücksrecht ab, wonach das Grundeigentum die mit dem Grund und Boden oberirdisch oder unterirdisch verbundenen Bauten - als dessen Bestandteile - umfasst (MEIER-HAYOZ, Kommentar N. 1 zu Art. 667 ZGB). Die Bestimmung legt fest, unter welchen Voraussetzungen die in Art. 667 Abs. 2 ZGB umschriebene Akzession nicht eintritt. Für den Sonderfall der Verbindung einer Baute mit einem Grundstück muss hiebei gelten, was in Art. 642 ZGB als Zusammenhang zwischen Bestandteil und Hauptsache allgemein vorausgesetzt wird (MEIER-HAYOZ, N. 2 und 7 zu Art. 677 ZGB), nämlich: neben der innern die äussere Verbindung von Bau und Grundstück, d.h. ein Mindestmass äusserlicher Erkennbarkeit. Liegen objektive Merkmale vor, wie sie den in Art. 677 Abs. 1 ZGB - freilich nicht abschliessend - aufgezählten Beispielen (Hütten, Buden, Baracken und dergleichen) eigen sind, so kommt der Absicht der Parteien besondere Bedeutung zu. Steht dagegen eine Baute in intensiverer Verbindung mit dem Boden, so liegt im vornherein eine Dauerbaute vor, auch wenn die Beteiligten den Willen gehabt haben sollten, sie nur vorübergehend zu errichten. Eine andere Betrachtungsweise mit weitergehender Betonung des subjektiven Elements schüfe die Gefahr eines Einbruchs in das gesetzliche Akzessionsprinzip (MEIER-HAYOZ, Kommentar N. 13 am Schluss zu Art. 642 ZGB und N. 7 zu Art. 677 ZGB).

c) Betrachtet man den heutigen Fall unter diesem Gesichtswinkel, so ergibt sich, dass es sich vorliegend nicht um eine Fahrnisbaute handelt. Hiegegen sprechen schon die in den Akten liegenden Pläne zum Bau einer Fertigteilfabrik. Ein Fabrikgebäude kann, auch wenn es zum Teil aus vorfabrizierten Elementen besteht, nicht den vom Gesetz genannten Beispielen für Fahrnisbauten zugeordnet werden. Dass Fundamente betoniert wurden, ist nicht entscheidend. Das kommt auch bei ausgesprochenen Zeitbauten wie Ausstellungshallen etc. vor. Der Unterschied zu solchen Bauten liegt hier darin, dass die Anlagen, namentlich die vom Kläger erstellten Teile (Batteriegrube, Kranbahn, Fundamente für Stahltische), nicht nur nötig waren, um die Baute zu verankern, sondern Teil einer dauernd mit dem Boden verbundenen Fabrikanlage bilden und - wie die Vorinstanz feststellte - nicht demontiert, sondern nur durch Zerstörung beseitigt werden können. Dazu kommt, dass auch der zwischen dem grossen Hallenfundament liegende Boden auf eine Länge von ca. 80 m betoniert wurde.

BGE 92 II 227 S. 233

Die Vorinstanz legt Gewicht auf den Umstand, dass die Baubewilligung vom Gemeinderat von Hüntwangen nur für eine provisorische Baute erteilt worden sei, mit der Bestimmung, die Anlage, wenn es im öffentlichen Interesse liegende Gründe erheischten, sofort, spätestens aber bis Ende 1970 abzubrechen. Ein Anhaltspunkt für oder gegen die Annahme einer Fahrnisbaute lässt sich jedoch aus der baupolizeilichen Bewilligung nicht gewinnen. Der vom Gemeinderat beschrittene Weg wurde offenbar eingeschlagen, weil für das fragliche Gebiet noch kein Bebauungs- und Quartierplan vorlag. Dieser Umstand bildet nach den § 20 und § 129 des Zürcher Baugesetzes vom 23. April 1893 ein Hindernis für die Erteilung der Baubewilligung. Deshalb konnte nur die Bewilligung zur Erstellung einer provisorischen Baute gemäss § 98 des Baugesetzes erteilt werden. Dass es sich so verhält, ergibt sich u.a. aus dem Schreiben des Tiefbauamtes des Kantons Zürich vom 10. Dezember 1964 an den Gemeinderat Hüntwangen, wo ausgeführt wird:

"Auf Grund von § 129 des Baugesetzes könnte eine Erteilung der Baubewilligung zurückgestellt werden, bis nach Abklärung der neuen Verhältnisse die Baulinien neu festgelegt sind. Um aber einer Erteilung der Baubewilligung nicht allenfalls unnötige Hindernisse in den Weg zu legen, können wir derselben unter nachstehenden Bedingungen zustimmen."

Zweifellos wäre der Gemeinderat in Anbetracht der vorgesehenen Investitionen und des wirtschaftlichen Interesses der Gemeinde später - nach Erstellung eines Bebauungs- und Quartierplanes - bereit gewesen, das Provisorium in ein Definitivum umzuwandeln.

d) Schliesslich ist auch die Auffassung der Vorinstanz, es habe sich nach Meinung der Beklagten und der Reblis Fertigbau AG um die Fahrnisbaute gehandelt, anfechtbar. Freilich bildet die Absicht der Beteiligten eine sog. innere Tatsache, die von der kantonalen Instanz gemäss Art. 63 Abs. 2 OG in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt wird (BGE 81 II 272, Erw. 4). Allein, eine solche tatbeständliche Feststellung muss auf einer Beweiswürdigung beruhen. Begnügt sich dagegen die kantonale Instanz damit, vorprozessuale Erklärungen der Parteien oder Dritter, z.B. wie im vorliegenden Fall Verträge, herbeizuziehen, ohne durch weitere Indizien (Zeugen, Parteiaussagen, Urkunden etc.) deren Inhalt zu bestimmen, so kann das Bundesgericht diese Parteierklärungen frei überprüfen; denn es handelt sich darum, ihre rechtliche Tragweite zu bestimmenBGE 92 II 227 S. 234(vgl. dazu BGE 61 II 40, BGE 66 II 267, BGE 87 II 237, BGE 88 II 504 und BGE 90 II 455 Erw. 3 mit Hinweisen; BIRCHMEIER, S. 102 zu Art. 43 OG; DESCHENAUX, La distinction du fait et du droit dans les procédures de recours au Tribunal fédéral, S. 65).

Aus den Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Reblis Fertigbau AG vom 16. Februar/3. März 1965 lässt sich nicht der Schluss ziehen, es sei eine bloss vorübergehende Verbindung der Baute mit dem Boden beabsichtigt gewesen. Freilich war der Mietvertrag nur bis zum erstmaligen Ablauf der baupolizeilichen Provisoriumsfrist, längstens aber bis 31. Dezember 1969 abgeschlossen worden. Zugleich wurde aber vereinbart, es solle der Reblis Fertigbau AG nach Erteilung der definitiven Bewilligung zur Erstellung des Elementbauwerkes als permanente Anlage ein bis zum 31. Dezember 1986 befristetes Baurecht eingeräumt werden. Für den Fall, dass nach dessen Ablauf keine Einigung über eine Verlängerung erzielt werden konnte, stand der Baurechtsberechtigten zudem ein Kaufsrecht an der Liegenschaft zu. Damit haben die Vertragsparteien deutlich zu erkennen gegeben, dass sie mit einer Dauerbaute rechneten. Ein Baurecht kann überhaupt nicht für Fahrnisbauten, sondern nur für Dauerbauten eingeräumt werden. Die Umwandlung einer Fahrnisbaute in eine Dauerbaute ist allerdings möglich (vgl. HAAB, N. 17 zu Art. 667), wenn der Bau ursprünglich zur Erfüllung vorübergehender Zwecke bestimmt war und später einem dauernden Zweck gewidmet wird. Davon kann vorliegend keine Rede sein.

BGE 119 Ia 390

Art. 2 ÜbBest. BV, Art. 22ter und Art. 31 BV; Einführungsgesetz zum ZGB und Bergregalgesetz des Kantons Nidwalden.

1. a) Bedeutung von Art. 667 ZGB: Anerkennung des Grundeigentums im Umfange der Eigentümerinteressen (E. 5c/bb).

b) Verfügungsbefugnis des Kantons über den ausserhalb der Eigentümerinteressen stehenden Untergrund (E. 5d und e).

c) Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen auf dem Gebiet des Atomrechts (E. 6b und c).

d) Allgemeine Überlegungen zum Bergregal (E. 11b). Zur Berghoheit gehört auch die Kompetenz zur Abwehr von Beeinträchtigungen (E. 11c).

2. Das EGzZGB und das Bergregalgesetz, welche den Untergrund der Verfügungsgewalt des Kantons unterstellen und dessen Benützung konzessionspflichtig erklären, stehen mit der Sachenrechtsordnung des Bundes im Einklang (E. 5e und 12a).

3. Die Konzessionspflicht für die Benützung des Untergrundes zum Bau von Lagerstätten für radioaktive Abfälle ist mit der Atomgesetzgebung vereinbar (E. 6c und 12b); überdies verletzt sie weder die Eigentumsgarantie (E. 8) noch die Handels- und Gewerbefreiheit (E. 9).


4. a) Die Beschwerdeführerin ficht zum einen die Änderungen des EGzZGB an und rügt in dieser Hinsicht, sie verstiessen wegen Widerspruchs zum Bundeszivilrecht und zur Atomgesetzgebung des Bundes gegen Art. 2 ÜbBest. BV und verletzten die EigentumsgarantieBGE 119 Ia 390 S. 395sowie die Handels- und Gewerbefreiheit. Darauf ist in den folgenden Erwägungen (E. 5 ff.) einzugehen. Zum andern erachtet die Beschwerdeführerin auch die neue Fassung des Bergregalgesetzes für verfassungswidrig. Diese Rügen werden in den anschliessenden Erwägungen (E. 11 ff.) behandelt.

5. a) Die Beschwerdeführerin rügt in erster Linie, die neuen Bestimmungen des EGzZGB verstiessen gegen die in Art. 2 ÜbBest. BV enthaltene derogatorische Kraft des Bundesrechts.

Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts bedeutet, dass das Bundesrecht dem kantonalen Recht in jenen Bereichen vorgeht, welche dem Bund zugewiesen sind. Kantonale Normen, die insbesondere durch Zweck oder vorgesehene Mittel bundesrechtswidrig sind, müssen dem Bundesrecht weichen. Wird mit staatsrechtlicher Beschwerde eine Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV gerügt, so prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandete kantonale Norm mit dem Bundesrecht vereinbar ist ( BGE 117 Ia 473 E. 2a, BGE 114 Ia 355 E. 4a, mit Hinweisen).

b) Die Beschwerdeführerin ruft den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts hinsichtlich der neuen Bestimmungen im EGzZGB an und macht geltend, sie stünden mit dem Bundeszivilrecht im Gegensatz.

Im einzelnen bringt sie vor, die Art. 15 Ziff. 10a und Ziff. 10b, Art. 15a, 83a, 83b und 83c EGzZGB stellten den Untergrund ausdrücklich in die ausschliessliche Verfügungsgewalt des Kantons und setzten damit voraus, dass dem Kanton eine von keinen weiteren Voraussetzungen mehr abhängige Regelungshoheit und Verfügungsgewalt über diesen sog. Untergrund zustehe. Unter Bezugnahme auf ein ihr im Oktober 1989 erstattetes Rechtsgutachten von ARTHUR MEIER-HAYOZ und FELIX ZULLIGER und ein im Jahre 1942 von ZACCARIA GIACOMETTI zuhanden der Stadt Zürich verfasstes Gutachten kommt die Beschwerdeführerin zum Schluss, die angefochtenen Änderungen im EGzZGB seien mit der bundesrechtlichen Sachenrechtsordnung unvereinbar. Der Bundesgesetzgeber habe mit der Regelung des Grundeigentums "abschliessend auch über die rechtliche Zuordnung des sogenannten Untergrundes bestimmt und insofern eine überlagernde kantonalrechtliche Regelung ausgeschlossen". Insbesondere sei der Untergrund nicht eine Sache im Sinne von Art. 664 ZGB. Diese Bestimmung betreffe nur die horizontale Abgrenzung der privaten Liegenschaften von den herrenlosen und öffentlichen Sachen auf der Erdoberfläche. Erst Art. 667 ZGB befasse sich mit der vertikalen Ausdehnung des Grundeigentums.BGE 119 Ia 390 S. 396

Diese zweite Bestimmung sei ein offener Tatbestand, und das danach entscheidende Interesse des Grundeigentümers setze der Ausdehnung der privatrechtlichen Sachherrschaft "nach unten keine objektiv fixierbare und auch nicht eine auf eine höchstmögliche Ausdehnung beschränkte Grenze". Der Grenzverlauf sei vielmehr "eine Funktion des individuellen und konkreten Willens des jeweiligen Grundeigentümers". Deshalb entfalte Art. 667 Abs. 1 ZGB Begrenzungsfunktion immer nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Ein in diesem Sinne vorläufig "eigentumsfreier" Untergrund sei daher nach der sachenrechtlichen Ordnung stets fähig, Gegenstand privater Eigentumsrechte zu werden. Die rechtliche Verselbständigung eines bestimmten Teils des Untergrundes und seine Behandlung als eine dem Kanton gehörende konzessionsfähige Sache widerspreche dem Grundeigentumskonzept des ZGB, unbekümmert darum, ob man annehme, dem Art. 667 Abs. 1 ZGB komme Begrenzungsfunktion entweder hinsichtlich der Rechtsausübung oder aber hinsichtlich des Eigentumsgegenstandes zu. Dem Bundesgesetzgeber sei es mit der flexiblen Lösung des Art. 667 Abs. 1 ZGB gelungen, Missbräuche zu verhindern und einen Weg aufzuzeigen, der "dem Eigentümer eines Grundstücks für alle Zukunft jede tatsächlich realisierbare Nutzung seines Grund und Bodens offen lässt". Kantonale Normen, die diese "Anwartschaft auf den Untergrund" negierten, indem sie dem Kanton ein ausschliessliches Verfügungsrecht (inklusive Konzessionsbefugnis) über den Untergrund einräumten, stünden im Widerspruch zur privatrechtlichen Ordnung des Bundes und vereitelten die vom Bundesgesetzgeber gewollte flexible Regelung.

c) Dieser zivilrechtlichen Sicht der Beschwerdeführerin kann aus verschiedenen Gründen nicht gefolgt werden.

aa) Die Beschwerdeführerin verkennt im Ansatzpunkt ihrer Argumentation in grundsätzlicher Weise, dass der in der angefochtenen Änderung des EGzZGB verwendete Begriff des Untergrundes nach dem vom kantonalen Gesetzgeber gewählten Konzept nicht mit dem bundesprivatrechtlich definierten Eigentum in Konflikt geraten kann. Das EGzZGB stellt nicht jeglichen Untergrund unter die Herrschaft des Kantons. Der neuformulierte Art. 83a Abs. 2 EGzZGB behält Privatrechte vielmehr ausdrücklich vor. Das bedeutet, dass privates Eigentum nicht als Untergrund im Sinne des EGzZGB betrachtet und behandelt wird. Die Bestimmung ist so auszulegen, dass Eigentumsrechte, wie sie sich aus der Bundeszivilgesetzgebung ergeben, von der angefochtenen kantonalen Gesetzgebung nichtBGE 119 Ia 390 S. 397erfasst werden. In dieser Hinsicht ist demnach ein Widerspruch des EGzZGB zum Sachenrecht des Bundes ausgeschlossen.

bb) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin verträgt sich das Konzept der Unterstellung des Untergrundes unter die kantonale Herrschaft auch mit Art. 667 Abs. 1 und Art. 664 ZGB. Die Bestimmung von Art. 667 Abs. 1 ZGB hat Begrenzungsfunktion. Das legt zunächst ihr Wortlaut nahe. Danach erstreckt sich das Grundeigentum "nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht". Das Interesse bestimmt mithin die Ausdehnung des Grundeigentums in vertikaler Richtung: im darüber hinausgehenden bzw. darunter liegenden Raum kennt das ZGB kein privates Grundeigentum.

Diese gegenstandsbeschränkende Aufgabe von Art. 667 Abs. 1 ZGB wird - ungeachtet allfälliger Ungereimtheiten in gesetzessystematischer Hinsicht (vgl. dazu namentlich PETER LIVER, Usque ad sidera, usque ad inferos, in: Abhandlungen zur Rechtsgeschichte, Chur 1970, S. 257; VIKTOR SCHEIWILER, Das Interesse des Grundeigentümers am Untergrund, Diss. Zürich 1974, S. 50 ff.) - durch dessen Entstehungsgeschichte bestätigt. Insbesondere PETER LIVER (Usque ad sidera, a.a.O., S. 256 ff.) hat aufgezeigt, wie sich der Bundesgesetzgeber mit der Begrenzung des Grundeigentums von der gemeinrechtlichen Theorie der Eigentumsausdehnung "bis zum Erdkern" abgesetzt hat, dies im Gegensatz zu den in den Nachbarländern getroffenen Regelungen. Es sollten damit Lösungen von öffentlichen Infrastrukturaufgaben erleichtert und unbegründeter Widerstand Privater ausgeschaltet werden. So schrieb EUGEN HUBER (Erläuterungen zum Vorentwurf, Bd. II, Bern 1914, S. 85): "Es hat bei der Gestaltung unseres Landes einigen Wert, diese zweckentsprechende Umschreibung im Gesetze aufzustellen. Expropriationen von Grundstücken auf der Bergeshöhe bei Durchführung eines Tunnels einige hundert Meter senkrecht unter der Bodenfläche sollen auch nicht einen Schein der Berechtigung für sich in Anspruch nehmen können." Und bei den Beratungen im Nationalrat ergänzte EUGEN HUBER, dass Art. 667 Abs. 1 ZGB "gebrochen hat mit der landläufigen Umschreibung, die das Eigentum sich auf die Luftsäule über der Bodenfläche und auf das Erdinnere ungemessen erstrecken lässt, indem er das Eigentum bloss in dem Umfange anerkennt, in welchem der Eigentümer an dem Luftraum und dem Erdinnern für die Ausübung seines Rechts ein Interesse hat" (Sten. Bull. NR 1906, S. 534 f.).BGE 119 Ia 390 S. 398

Auch die Kommentatoren messen Art. 667 Abs. 1 ZGB Grenzziehungsfunktion zu: So CARL WIELAND, Zürcher Kommentar zum ZGB, Zürich 1909, N. 1 zu Art. 667; HANS LEEMANN, Berner Kommentar, Sachenrecht, 2. Aufl. Bern 1920, N. 4 zu Art. 667 ZGB; ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, Bd. IV: Sachenrecht, 1. Abt.: Das Eigentum, 2. Teilbd.: Das Grundeigentum I, 3. Aufl. 1965, NN. 2 und 4 zu Art. 667; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, Zürcher Kommentar, Bd. IV, Das Sachenrecht, 1. Abt.: Das Eigentum (Art. 661-729), 2. Aufl. Zürich 1977, N. 4 zu Art. 667. Auf die Begrenzung des Grundeigentums in vertikaler Richtung und auf die Originalität dieser Lösung im europäischen Vergleich weist erneut PETER LIVER hin (Das Eigentum, in: Das Schweizerische Privatrecht, V/I, Basel und Stuttgart 1977, S. 166 f.). Die (neuere) Spezialliteratur hat sich insbesondere auch mit dem den Art. 667 Abs. 1 ZGB bestimmenden Interesse auseinandergesetzt und dieses in ein positives, auf die Ausübung gerichtetes sog. Ausübungsinteresse (Beherrschungsinteresse) oder in ein negatives, auf die Abwehr bezogenes sog. Abwehrinteresse unterteilt, ohne bei dieser Differenzierung davon abzurücken, dass das Interesse den Gegenstand, also das Grundeigentum körperlich begrenzt (vgl. dazu: VIKTOR SCHEIWILER, a.a.O., S. 53 ff.; JUSTIN THORENS, L'étendue en profondeur de la propriété foncière, in: ZSR 89/1970 I S. 262 ff.; PAUL TSCHÜMPERLIN, Grenze und Grenzstreitigkeiten im Sachenrecht, Diss. Freiburg 1984, S. 30 ff.; BLAISE KNAPP, L'urbanisme du sous-sol, in: Baurecht [BR] 1987, S. 28 ff.; 30; PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, Tome II, Berne 1990, Rz. 1616 ff.). In gleicher Weise äusserten sich zwei Autoren im Zusammenhang mit der Problematik um die atomare Entsorgung (vgl. HEINZ REY, Präventiver Eigentumsschutz und atomare Entsorgung, in: Festschrift für ARTHUR MEIER-HAYOZ, Bern 1982, S. 311; SEILER, a.a.O., S. 310 ff.). Schliesslich wird darauf hingewiesen, dass diese Grenzziehungsfunktion auch dann zum Tragen kommt, wenn es sich an der Erdoberfläche um der Kultur nicht fähiges Land im Sinne von Art. 664 ZGB handelt, das der Herrschaft des Kantons untersteht (PETER LIVER, Der Kultur nicht fähiges Land und das Strahlerrecht, in: ZBJV 111/1975 S. 267).

Die bundesgerichtliche Rechtsprechung bestätigt diese Auffassungen. Das Bundesgericht hat Art. 667 Abs. 1 ZGB bisher ebenfalls in dem Sinne ausgelegt, dass er das Eigentum an Grundstücken gegenständlich begrenzt (vgl. BGE 97 II 338 E. 2, 93 II 175 E. 5, 100 IV 157 E. 2; zur Problematik der Mindestflughöhe unter demBGE 119 Ia 390 S. 399Gesichtswinkel von Art. 667 Abs. 1 ZGB; BGE 104 II 86 , BGE 103 II 96 und BGE 95 II 404 E. 4).

Auf dem gleichen Standpunkt steht der Rechtsalltag: Viele öffentliche Einrichtungen wie z.B. Eisenbahn- oder (National-)Strassentunnels ebenso wie Leitungen von Kommunikations- und Energieträgern wären bei gegenteiliger Interpretation der sachenrechtlichen Bestimmungen nicht oder kaum realisierbar (gewesen), und ihr rechtliches Schicksal wäre in unhaltbarer Weise ungewiss, wenn nicht davon ausgegangen werden könnte, dass diese Anlagen sich in der Regel in einem Raum befinden, der nicht zum Eigentum des oberliegenden Grundeigentümers gehört.

Die von all dem abweichende, sich auf das ins Recht gelegte Gutachten von MEIER-HAYOZ/ZULLIGER abstützende Meinung der Beschwerdeführerin vermag Art. 667 Abs. 1 ZGB nicht in anderem Licht erscheinen zu lassen. Diese trifft um so weniger zu, als die Auffassung, wonach die Liegenschaft als Erdkörperausschnitt von der Oberfläche bis zum Erdmittelpunkt reiche, schon an dem im Gutachten selber verwendeten Sachbegriff scheitert; denn dieser so definierte Erdkörperausschnitt ist in seiner Ganzheit für den Menschen nicht beherrschbar, und es fehlt wohl auch an dessen integraler Körperlichkeit.

d) Damit steht fest, dass das Grundeigentum nicht weiter in die Tiefe reicht, als sich der Grundeigentümer über ein entsprechendes Interesse ausweisen kann. Das führt zur weitern Frage, wer denn über den restlichen Teil des Erdkörpers - also den "Untergrund" - verfügen darf. Denn die dem vorliegenden Fall letztlich zugrunde liegende Absicht der Beschwerdeführerin, eine Lagerstätte für atomare Abfälle tief im Erdinnern zu erstellen und zu betreiben, zeigt ebenso wie andere Bedürfnisse, etwa Verkehrsanlagen zuweilen unterirdisch zu führen, dass Nutzungen unterhalb des vom Grundeigentümerinteresse (gemeinhin) erfassten Raums praktische Bedeutung haben.

Diese Verfügungsbefugnis ist dem Staat (sc. Kanton) zuzugestehen, in dessen Gebiet sich der fragliche Untergrund befindet. Dieser Primat der Öffentlichkeit entspricht den genossenschaftlichen und föderalistischen Grundlagen unserer Staatsordnung und ist Ausdruck der sich aus der Sozialpflichtigkeit ergebenden Schranken privaten Eigentums (vgl. PIO CARONI, Privatrecht: Eine sozialhistorische Einführung, Basel 1988, S. 92; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 329 f.). Eine derartige Zuordnung entspricht dem Grundgedanken von Art. 664BGE 119 Ia 390 S. 400ZGB, wonach die herrenlosen und öffentlichen Sachen der staatlichen Hoheit unterstehen. Der Untergrund im hier interessierenden Sinne wurde in der Literatur denn auch verschiedentlich den herrenlosen oder aber den öffentlichen Sachen gemäss Art. 664 Abs. 1 ZGB zugeordnet (vgl. LIVER, Usque ad sidera, usque ad inferos, a.a.O., S. 258; PETER LIVER, Besprechung des erwähnten Werkes VON SCHEIWILER, in: ZBJV 111/1975 S. 316 f., zieht in differenzierender Weise eine "Herrenlosigkeit anderer Art" in Betracht, vergleichbar der res omnium communes; THORENS, a.a.O., S. 278; KNAPP, a.a.O., S. 29; BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl. 1988, Basel und Frankfurt a.M., N. 2964 S. 523; SEILER, a.a.O., S. 317 f.). Es braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden, wie der Untergrund sachenrechtlich zu qualifizieren ist. Aus der dargelegten Sicht- und Handlungsweise des Bundesgesetzgebers zur rechtlichen Qualifikation des Untergrundes folgt indessen, dass die hoheitliche Verfügungsmacht des Kantons über den Untergrund mit Art. 3 BV und Art. 6 ZGB im Einklang steht.

Bei dieser Sachlage ergibt sich, dass der Ausgangspunkt der Beschwerdeführerin, es bestehe für den Grundeigentümer gewissermassen eine Anwartschaft auf den Untergrund, mit der Bundeszivilrechtsordnung nicht zu vereinbaren ist und sich die Beschwerde daher schon aus diesem Grunde als unbegründet erweist.

e) Soweit der Untergrund in diesem Sinne unter der Hoheit des Kantons steht, ist der Kanton auch kompetent, über die Nutzungsart zu bestimmen. Es kommt ihm in bezug auf die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten im soeben umschriebenen Untergrund eine Monopolstellung zu. Insoweit besteht eine gewisse Ähnlichkeit zur Problematik der exklusiven Nutzungsansprüche gegenüber öffentlichen Sachen, insbesondere gegenüber öffentlichem Grund (vgl. E. 9 hiernach). Der Kanton kann festlegen, dass eine Sondernutzungskonzession erlangen muss, wer als Privater diesen Untergrund für eine bestimmte, andere Tätigkeiten ausschliessende Nutzung in Anspruch nehmen will. Dass der Bau eines Endlagers für atomare Abfälle eine solche Sondernutzung des fraglichen Untergrundes darstellt, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Wenn im EGzZGB hierfür die Pflicht zur Einholung einer Sondernutzungskonzession vorgesehen wird, so hält sich der Kanton Nidwalden an seine Kompetenzen. Insbesondere verletzt er damit nicht Bundeszivilrecht.

Der Kanton Nidwalden verstösst demnach mit der Regelung im EGzZGB, wonach insbesondere der Untergrund dem Kanton zur ausschliesslichen Verfügung (Art. 83a) steht und dessen BenützungBGE 119 Ia 390 S. 401einer Verleihung bedarf (Art. 83b und 83c), nicht gegen die Bundeszivilrechtsordnung. In diesem Punkte erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet.

6. Die Beschwerdeführerin erachtet die neuen Bestimmungen im EGzZGB auch für unvereinbar mit der bundesrechtlichen Atomgesetzgebung.

a) Nach Meinung der Beschwerdeführerin stellt die Entsorgung radioaktiver Abfälle eine Bundesaufgabe dar. Diese sei sogar verfassungsrechtlich durch die umfassende Kompetenz im Bereich der Atomenergie gegenüber kantonalem Recht abgesichert. Es greife daher die Regel Platz, "dass ein Kanton auch die ihm an sich zustehenden Kompetenzen nicht ausüben darf, soweit dadurch die Erfüllung einer dem Bund zugeschriebenen Aufgabe verunmöglicht oder wesentlich erschwert würde". Gerade darauf zielten aber die neuen Bestimmungen im EGzZGB ab. Und zwar insbesondere deshalb, weil der Entscheid im kantonalen Konzessionsverfahren nicht nach sachlichen, für die Entsorgung relevanten Kriterien gefällt werde, "sondern allein eine Frage des politischen Willens des Entscheidträgers" sei.

b) Gemäss Art. 24quinquies Abs. 1 BV ist die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Atomrechts Bundessache; Absatz 2 dieser Bestimmung gibt dem Bund die Kompetenz, Vorschriften über den Schutz vor den Gefahren ionisierender Strahlen zu erlassen. Auf diese Kompetenz stützen sich das Bundesgesetz vom 23. Dezember 1959 über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz (Atomgesetz, AtG; SR 732.0), der Bundesbeschluss vom 6. Oktober 1978 zum Atomgesetz (BB/AtG; SR 732.01) sowie zwei diese Erlasse ausführende Verordnungen (VO vom 11. Juli 1979 über das Rahmenbewilligungsverfahren für Atomanlagen mit Standortbewilligung [SR 732.011] und VO vom 27. November 1989 über vorbereitende Handlungen im Hinblick auf die Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle [SR 732.012]). Atomanlagen, wozu auch Endlager für nukleare Abfälle zählen (Art. 1 Abs. 2 AtG), bedürfen einer Bewilligung des Bundes (Art. 4 Abs. 1 lit. a AtG). In Art. 5 AtG werden die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Bewilligung umschrieben. Gemäss Art. 4 Abs. 3 AtG bleiben die polizeilichen Befugnisse des Bundes und der Kantone, "insbesondere mit Bezug auf die Bau-, Feuer- und Gewässerpolizei" vorbehalten. Schon für vorbereitende Handlungen zur Errichtung eines Endlagers für radioaktive Abfälle bedarf es einer Bewilligung des Bundesrates (Art. 10 Abs. 2 BB/AtG und Art. 2 Abs. 1 VO über vorbereitendeBGE 119 Ia 390 S. 402Handlungen). Der Vollzug des Gewässerschutzgesetzes (GSchG; SR 814.20) und des Umweltschutzgesetzes (USG; SR 814.01) durch die Kantone sowie "andere nach eidgenössischem oder kantonalem Recht erforderliche Bewilligungen" bleiben dabei vorbehalten (Art. 3 Abs. 2 und 3 der VO über vorbereitende Handlungen). Der Bundesrat kann gemäss Art. 10 Abs. 4 BB/AtG im Zusammenhang mit der Erstellung von Lagerstätten für radioaktive Abfälle "nötigenfalls das Enteignungsrecht an Dritte übertragen" (vgl. zur Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen BGE 111 Ia 306 E. 5 sowie zur Enteignungsproblematik beim Bau von Atomanlagen BGE 115 Ib 421 E. 2a mit Hinweisen).

c) In Anbetracht dieser Bestimmungen muss das Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Entsorgung atomarer Abfälle sei eine (ausschliessliche) Bundesaufgabe, relativiert werden. Einmal gilt es zu beachten, dass gestützt auf Art. 10 Abs. 1 BB/AtG der Erzeuger von radioaktivem Abfall selber und auf eigene Kosten für dessen sichere Beseitigung zu sorgen hat. Diese stellt ebenso wie die Errichtung und der Betrieb von Atomanlagen ( BGE 111 Ia 307 ) eine originäre Aufgabe der Verursacher und - vorbehältlich der kostenpflichtigen Ersatzvornahme - keine Aufgabe des Bundes dar ( BGE 111 Ia 309 ). Dieser übernimmt nach Art. 106 der VO vom 30. Juni 1976 über den Strahlenschutz (SR 814.50) lediglich die Lagerung von Rückständen radioaktiver Stoffe, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen und vornehmlich aus Forschung, Industrie und Medizin stammen (vgl. HERIBERT RAUSCH, Schweizerisches Atomenergierecht, Zürich 1980, S. 194 ff.; SEILER, a.a.O., S. 294 f.). Zum andern ist zu berücksichtigen, dass die Frage der nuklearen Sicherheit einer Atomanlage abschliessend durch den Bund im Rahmen seiner Bewilligungsverfahren zu prüfen ist, während insbesondere baupolizeiliche und raumplanerische Anliegen in den Kompetenzbereich der Kantone fallen (vgl. BGE 111 Ia 306 ff. E. 4 mit Hinweisen; VPB 45/1981 Nr. 40; vgl. auch SEILER, a.a.O., S. 268 ff.).

Damit ist aufgezeigt, dass die Bundesgesetzgebung zum Atomrecht die Einführung einer kantonalrechtlichen Konzessionspflicht zum Bau einer unterirdischen Lagerstätte für radioaktive Abfälle jedenfalls so lange nicht ausschliesst, als das Konzessionsverfahren und dessen Ergebnis mit der dem Bund vorbehaltenen Sicherheitsprüfung solcher Anlagen nicht kollidieren. Das aber trifft für die der Beschwerdeführerin missliebigen neuen Bestimmungen im EGzZGB nicht zu. Es wird insbesondere mit der Einführung einer Konzessionspflicht für die Benützung des Untergrundes nicht in dieBGE 119 Ia 390 S. 403Kompetenzen des Bundes eingegriffen. Der vorliegende Fall lässt sich daher nicht mit der im Jahre 1985 beurteilten Bündner Volksinitiative vergleichen, in welcher das Bundesgericht einen Übergriff in die Bundeskompetenzen erblickte und deren Ungültigkeit daher bestätigte (vgl. BGE 111 Ia 311 E. d). Auch kann nicht von einer Verletzung des Grundsatzes der Bundestreue gesprochen werden, reicht doch der Umstand eines Zielkonflikts zwischen kantonalem Recht und Bundesrecht für die Annahme einer Bundesrechtswidrigkeit nicht aus (BGE 111 Ia 311 E. c). Es ergibt sich damit, dass die angefochtene Gesetzgebung mit der Atomgesetzgebung des Bundes nicht im Widerspruch steht.

8. Die Beschwerdeführerin bringt weiter vor, die angefochtenen Bestimmungen im EGzZGB verletzten die Eigentumsgarantie nach Art. 22ter BV. Die Einführung einer Konzessionspflicht für die Nutzung des Untergrundes sei mit der verfassungsrechtlichen Instituts- und Bestandesgarantie unvereinbar. Das Privateigentum werde ausgehöhlt und teilweise durch ein System kollektiver Nutzung ersetzt.

Diese Einwände sind nicht stichhaltig. Sie gehen davon aus, das ZGB räume dem Grundeigentümer eine von der Erdoberfläche bis zum Erdmittelpunkt reichende Rechtsposition ein, bzw. es bestehe für den Grundeigentümer zumindest eine aus Art. 667 Abs. 1 ZGB ableitbare Anwartschaft auf den Untergrund. Es ist indessen bereits oben dargelegt worden (E. 5), dass der bundesgesetzlichen Sachenrechtsordnung ein anderes Konzept eigen ist. Ebenso ist entschieden worden, dass die neuen Bestimmungen im EGzZGB diesem bundesgesetzlichen Konzept nicht zuwiderlaufen. Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerdeschrift selber aus, der Art. 22ter BV in seiner Ausprägung als Instituts- und Bestandesgarantie des Eigentums sei nur insoweit verletzt, als die angefochtenen Bestimmungen des EGzZGB bundesrechtswidrig seien. Dies trifft indessen nicht zu. Bei dieser Sachlage braucht auf die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdeführerin nicht mehr weiter eingegangen zu werden.

9. Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich, die neuen Bestimmungen im EGzZGB verletzten die Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV). Begründet wird das im wesentlichen damit, dass dem Kanton in bezug auf den Untergrund keine "Hoheit im Sinne unbeschränkter eigentumsähnlicher Verfügungsgewalt" und mithin kein "entsprechendes faktisches Monopol" zukomme. Die Einführung eines rechtlichen Monopols zur Nutzung des Untergrundes scheitere am Fehlen eines genügenden öffentlichen Interesses undBGE 119 Ia 390 S. 404sei zudem unverhältnismässig, weil zur Durchsetzung allenfalls denkbarer öffentlicher Interessen eine Bewilligungspflicht ausreiche.

Diese Vorbringen verkennen, dass es im vorliegenden Zusammenhang nicht um die (exklusive) Nutzung von privatem Eigentum geht. Ebensowenig bezweckt der Kanton Nidwalden mit den angefochtenen Bestimmungen im EGzZGB, einen bestimmten Erwerbsbereich sich selber vorzubehalten und von der Handels- und Gewerbefreiheit auszunehmen. Von der Einführung eines rechtlichen Monopols kann daher nicht die Rede sein, weshalb sich die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdeführerin nicht als stichhaltig erweisen (vgl. HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Aufl. 1993, Rz. 1991 ff.; KARIN SUTTER-SOMM, Das Monopol im schweizerischen Verwaltungs- und Verfassungsrecht, Diss. Basel 1989, S. 10 ff.; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. I, Neuchâtel 1984, S. 201; FRITZ GYGI, Wirtschaftsverfassungsrecht, Bern 1981, S. 54). Eher schon könnte hier in Anlehnung an die Tatbestände der (exklusiven) Zurverfügungstellung von öffentlichem Grund an Private auf ein faktisches Monopol geschlossen werden. Es ist heute in der bundesgerichtlichen Praxis anerkannt, dass die Handels- und Gewerbefreiheit auch im Zusammenhang mit dem gesteigerten Gemeingebrauch an öffentlichem Grund angerufen werden kann (BGE 101 Ia 480 f., 104 Ia 178, 108 Ia 136 f.). Durch das Bundesgericht noch nicht entschieden ist die Frage, ob sich die Handels- und Gewerbefreiheit auch auf die Sondernutzung des öffentlichen Grundes erstrecke (vgl. hierzu die Lehre: RENÉ A. RHINOW, Kommentar BV, N. 88 zu Art. 31 BV; JÖRG PAUL MÜLLER, a.a.O., S. 376; HÄFELIN/MÜLLER, a.a.O., Rz. 1896 und 1995 ff.; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 156 ff.; TOBIAS JAAG, Gemeingebrauch und Sondernutzung öffentlicher Sachen, in: ZBl 93/1992 S. 159). Die Frage braucht auch im vorliegenden Verfahren nicht entschieden zu werden. Denn der hier von der Konzessionspflicht erfasste Untergrund gehört aus naheliegenden Gründen nicht zu den öffentlichen Sachen mit einem bestimmungsgemässen (Gemein-)Gebrauch. Es ist nicht ersichtlich, wie die Einführung einer Konzessionspflicht für die Sondernutzung des Untergrundes im Sinne der neuen Bestimmungen des EGzZGB mit derBGE 119 Ia 390 S. 405Handels- und Gewerbefreiheit in Konflikt geraten könnte. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass ein Konzessionssystem bei Sondernutzungen ein durchaus sachgerechtes Rechtsinstrument darstellt (vgl. FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, Bern 1986, S. 239) und als solches ohne weiteres auch mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar erscheint und im Anwendungsfall zudem verfassungskonform gehandhabt werden kann.

10. (Zusammenfassend ergibt sich, dass die Einführung einer Konzessionspflicht zur Nutzung des Untergrundes im Sinne der angefochtenen Bestimmungen des EGzZGB keine verfassungsmässigen Rechte verletzt. Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, soweit sie sich gegen die Änderungen des EGzZGB richtet.)

11. a) Die Beschwerdeführerin ficht ferner die Änderungen im Gesetz über die Gewinnung mineralischer Rohstoffe (Bergregalgesetz, BRG) an. Sie beanstandet namentlich den neuen Art. 2a, wonach das Betreiben von Atomanlagen, insbesondere von Lagerstätten für radioaktive Abfälle in Stollen und Kavernen verleihungspflichtig ist, wenn dadurch das Aufsuchen und Gewinnen von Mineralien eingeschränkt wird.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, im Rahmen des bisherigen Rechts seien nur Tätigkeiten konzessionspflichtig gewesen, die das Aufsuchen und Gewinnen der dem Regal unterstellten Stoffe betreffen. Demgegenüber unterwerfe die neue Bestimmung auch das Betreiben von Atomanlagen (Bau von Stollen, Kavernen oder irgendwelchen Hohlräumen) unter gewissen Voraussetzungen der Konzessionspflicht. Die neue Bestimmung nehme sich im BRG als Fremdkörper aus und trage den Kern zum Konflikt mit dem Bundesrecht, namentlich mit der zivilgesetzlichen Sachenrechtsordnung und der Atomgesetzgebung, in sich. Damit werde Art. 2 ÜbBest. BV verletzt. Ebensowenig sei Art. 2a BRG mit der Eigentumsgarantie (Art. 22ter BV) und mit der Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV) vereinbar.

b) Bevor auf diese Rügen im einzelnen eingegangen wird, rechtfertigen sich einige Überlegungen zum Bergregal ("Bergrecht"; "Berghoheit").

Das Bergregal fällt unter die sog. Grund- oder Bodenregale. Diese bilden nach JEAN-FRANÇOIS AUBERT "une variété du monopole fiscal et historique" (Traité de droit constitutionnel suisse, Neuchâtel 1967, Bd. II, Rz. 1954). Sie erklären sich damit, dass sie sich auf beschränkte vorhandene Werte beziehen, die in billiger Weise verteilt werden sollen (vgl. BGE 95 I 499 E. 2, BGE 44 I 158; ferner HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl. 1993, Rz. 1495 ff.; RHINOW a.a.O., Rz. 229 ff. zu Art. 31 BV; ANTON HAGENBÜCHLE, Das Bergrecht mit besonderer Berücksichtigung der Erdölschürfung, in: ZSR 76/1957, Bd. II, S. 47a ff. und S. 73a ff.; SUTTER-SOMM, a.a.O.,BGE 119 Ia 390 S. 406S. 105 ff. und S. 126 ff.). Eingang in die Bundesverfassung fanden sie im Zuge der Neuformulierung der Wirtschaftsartikel im Jahre 1947, und zwar als allgemein formulierter Vorbehalt gegenüber der Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BV). Indessen stand den Kantonen bereits früher die Möglichkeit offen, Regalrechte gesetzlich zu verankern. Jedenfalls hat das Bundesgericht schon 1918 erkannt, dass den Kantonen bei der (allfälligen) Einführung des Bergregals das Bundeszivilrecht nicht im Wege stehe (BGE 44 I 169 ff.). Insbesondere sei Art. 664 ZGB dahin auszulegen, "dass die Kantone die bergmännisch ausbeutbaren Lager von Mineralien und Fossilien (gleich wie die Objekte der Jagd und Fischerei und die Wasserkräfte) als öffentliche Sachen einer besondern, vom ZGB abweichenden Regelung unterstellen können und dass das ZGB speziell auch die kantonale Regalität mit Bezug auf sie nicht ausschliesst". Und weiter hielt das Bundesgericht fest, dass die Autonomie der Kantone bezüglich des Bergregals die Befugnis in sich schliesse, hievon in beliebigem Umfang Gebrauch zu machen (BGE 44 I 170 f.). Die praktisch uneingeschränkte Gesetzgebungsfreiheit, welche den Kantonen bei der Regelung des Bergregals zusteht, wird auch in der Literatur hervorgehoben (vgl. SUTTER-SOMM, a.a. O., S. 129; HAGENBÜCHLE, a.a.O., S. 47a ff.).

c) Mit dem Bergregalgesetz vom 29. April 1979 hat der Kanton Nidwalden von seiner Berghoheit Gebrauch gemacht. Er hat sich das Recht zum Aufsuchen und Gewinnen einer Reihe mineralischer Rohstoffe wie Metalle und Erze, Salze und Salzquellen, fossile Brenn- und Leuchtstoffe, mineralische Öle, Erdgas, Asphalt, Bitumen und andere feste, halbfeste, flüssige oder gasförmige Kohlenwasserstoffe sowie Mineralien für die Erzeugung von Kernenergie vorbehalten (Art. 1 Abs. 1 BRG). Beeinträchtigungen an diesen regalisierten Stoffen sind unzulässig (vgl. Art. 60 und 61 BRG). Die Berghoheit umfasst nicht nur das Recht, Rohstoffe auszubeuten, sondern auch die Befugnis, von der Ausbeutung abzusehen und vor Beeinträchtigungen an den regalisierten Stoffen zu schützen. An diesen Umstand knüpft der neue Art. 2a BRG an, indem er das Betreiben von Atomanlagen, insbesondere von Lagerstätten für radioaktive Abfälle in Stollen oder Kavernen als verleihungspflichtig erklärt, "wenn dadurch das Aufsuchen und Gewinnen von Mineralien eingeschränkt wird". Der Kanton tritt für den Fall einer Konzessionserteilung einen Teil der ihm aus der Berghoheit zustehenden Rechte - im vorliegenden Zusammenhang die Abwehrrechte gegen die Beeinträchtigung des Regals - an den Betreiber der Atomanlage abBGE 119 Ia 390 S. 407(vgl. dazu auch SEILER, a.a.O., S. 321 ff.). Fehlt diese Beeinträchtigung, so entfällt auch die Konzessionspflicht nach Art. 2a BRG.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach Art. 2a BRG "das Betreiben einer Atomanlage in Stollen oder Kavernen" als solches verleihungspflichtig erkläre, trifft daher nicht zu.

12. Die Beschwerdeführerin rügt auch in bezug auf die Änderungen des Bergregalgesetzes eine Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV. Sie erblickt insbesondere einen Widerspruch zur Bundeszivilgesetzgebung sowie zur Atomgesetzgebung des Bundes.

a) Die Beschwerdeführerin rügt, Art. 2a BRG sei mit der Sachenrechtsordnung des ZGB, insbesondere mit Art. 667 und Art. 664 ZGB unvereinbar. Dabei beruft sie sich erneut darauf, dass Art. 667 ZGB der privatrechtlichen Sachherrschaft nach unten keine objektiv fixierbare und auch nicht eine auf eine höchstmögliche Ausdehnung beschränkte Grenze setze. Ein im Lichte der Interessenlage von Art. 667 Abs. 1 ZGB allenfalls vorläufig noch "eigentumsfreier" Untergrund sei nach der sachenrechtlichen Ordnung immer fähig, Gegenstand privater Eigentumsrechte zu werden. Der Grundeigentümer habe darauf (zumindest) eine anwartschaftliche Rechtsposition, die es ausschliesse, dass dem Staat am Untergrund Verleihungsbefugnisse zustünden.

Es ist bereits oben in Erwägung 5 ausgeführt worden, dass diese zivilrechtliche Sicht der Dinge nicht tragfähig ist. Es kann darauf verwiesen werden.

Der sachenrechtliche Bezug des Nidwaldner Bergregalgesetzes ergibt sich im übrigen aus Art. 1 Abs. 2 BRG. Danach werden die in Art. 1 Abs. 1 BRG nicht aufgezählten mineralischen Rohstoffe "in den Schranken der Rechtsordnung den Grundeigentümern oder Nutzungsberechtigten" zur Ausbeutung überlassen. Als solche Schranke gilt Art. 667 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 664 ZGB. Folge davon ist, dass die gegebenenfalls weder vom kantonalen Bergregal noch vom Grundeigentümerinteresse erfassten mineralischen Rohstoffe als herrenlose Sachen im Sinne von Art. 664 ZGB zu qualifizieren sind. Als solche unterstehen sie wiederum, wenn auch unter einem andern als dem regalrechtlichen Rechtstitel, der staatlichen Hoheit (Art. 664 Abs. 1 ZGB).

Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich aus Art. 2a BRG keine Unvereinbarkeit mit dem Bundeszivilrecht. Vielmehr verhält es sich nach dem Gesagten so, dass sich Art. 2a BRG nur auf den Bereich der kantonalen Berghoheit bezieht. Das solchermassen begründete Konzessionssystem stellt demnach keine öffentlichrechtliche EigentumsbeschränkungBGE 119 Ia 390 S. 408dar, weil es den dem privaten Eigentum zugänglichen Bereich nicht betrifft.

b) Die Beschwerdeführerin erachtet Art. 2a BRG auch mit der bundesrechtlichen Atomgesetzgebung unvereinbar. Die Entsorgung atomarer Abfälle sei eine Bundesaufgabe. Das Bergregal gebe keine taugliche Basis, "um die Errichtung von Atomanlagen zu verhindern oder eine eigene kantonale Kompetenz zur Prüfung der vom Bundesrecht abschliessend geordneten sicherheitstechnischen Aspekte zu begründen". Gerade der letzte Halbsatz von Art. 2a Abs. 1 BRG, wonach die Konzessionspflicht nur greife, wenn durch das Betreiben von Atomanlagen das Aufsuchen und Gewinnen von Mineralien eingeschränkt werde, mache die Bundesrechtswidrigkeit der Norm offenkundig, weil in Bundeskompetenzen übergegriffen werde. Widersprüche zur bundesrechtlichen Atomgesetzgebung ergäben sich sodann auch aus Abs. 2 von Art. 2a BRG, welcher für das Konzessionsverfahren die Art. 39 ff. BRG als sinngemäss anwendbar erkläre. Es sei ausgeschlossen, dass der Kanton im Zusammenhang mit Atomanlagen eigene Vorschriften bezüglich Betrieb (Art. 10 BRG) oder Haftpflicht (Art. 13 BRG) ins Spiel bringen könne. Ebenso bundesrechtswidrig wäre die Anwendung von Art. 46 BRG, welcher die Verleihungsdauer auf höchstens 50 Jahre beschränke. Gleiches gelte in bezug auf die in Art. 18 ff. BRG formulierten Gründe für das Erlöschen einer bergrechtlichen Bewilligung oder Konzession.

aa) In bezug auf die Tragweite der bundesrechtlichen Vorschriften im Atomrecht im allgemeinen, die Aufgabenteilung zwischen Bund und Privaten im Bereich der Entsorgung atomarer Abfälle im besondern sowie die Schranken kantonaler Regelungsbefugnisse kann auf die obenstehenden Ausführungen verwiesen werden (E. 6b und c). Danach steht fest, dass in den Bereichen der nuklearen Sicherheit und des Strahlenschutzes ausschliesslich die Atomgesetzgebung des Bundes massgebend ist, dass daneben die Atomanlagen auch kantonalrechtlichen Vorschriften zu genügen haben, ja gegebenenfalls sogar daran scheitern können (vgl. BGE 111 Ia 307 f., BGE 103 Ia 348 E. 8; SEILER, a.a.O., S. 267 ff. insb. S. 281; RAUSCH, a. a.O., S. 97 ff.).

bb) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin schliesst Art. 2a BRG den Bau einer unterirdischen Lagerstätte für atomaren Abfall nicht grundsätzlich aus. Es wird kein Verbot solcher Anlagen erlassen, sondern - wie in E. 11c hiervor dargelegt - eine Konzessionspflicht eingeführt, mit welcher sich der Kanton eines Teils der aus der Berghoheit fliessenden Rechte begibt, nämlich seinerBGE 119 Ia 390 S. 409Abwehrrechte gegen Beeinträchtigungen des Regals. Dass die Ausübung des Bergregals durch Errichtung und Betrieb einer unterirdischen Anlage zur Lagerung radioaktiver Abfälle beeinträchtigt werden kann, leuchtet ohne weiteres ein. Dazu braucht es jedenfalls keine zweite sicherheitstechnische Überprüfung der Anlage, die der Kanton gleichsam in Ergänzung der bundesrechtlich vorgeschriebenen Prüfung durchzuführen hätte, wie die Beschwerdeführerin befürchtet und als rechtswidrig rügt. Der in Art. 2a BRG vorgesehenen Konzessionspflicht ist eine ausschliesslich bergregalrechtliche Optik eigen. Nur nach ihr bestimmt sich, ob und unter welchen Umständen die Beeinträchtigung des kantonalen Regalrechts hingenommen wird. Ein solches Konzessionssystem ist zulässig und verstösst nach dem bisher Gesagten jedenfalls nicht gegen die Atomgesetzgebung des Bundes.

cc) Die Beschwerdeführerin sieht bundesrechtswidrige Auswirkungen überdies von Art. 2a Abs. 2 BRG ausgehen, wo für das hier interessierende bergrechtliche Konzessionsverfahren auf die Art. 39 ff. BRG verwiesen wird. Diese Befürchtungen sind indessen unbegründet. Art. 2a Abs. 2 BRG erklärt die im Bergregalgesetz enthaltenen Verfahrensvorschriften für die in Art. 2a Abs. 1 BRG neu eingeführte Konzessionspflicht bloss als sinngemäss anwendbar. Das ist sachgerecht und schliesst aus, dass im Konzessionsverfahren Bestimmungen aus dem BRG angewendet werden müssen, die im Widerspruch zu dem die Konzessionspflicht auslösenden Sachverhalt stehen und deren Anwendung folglich einen sachwidrigen Konzessionsinhalt bewirkten. Das gilt insbesondere in bezug auf die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Fragen der Betriebsvorschriften (Art. 10 Abs. 3 BRG), der Haftpflicht (Art. 12 BRG) oder der Gründe für das "Erlöschen" der Konzession im Sinne der Art. 18 ff. BRG. Was schliesslich die Verleihungsdauer von höchstens 50 Jahren gemäss Art. 46 BRG angeht, so wird auch diese Vorschrift sinngemäss, d.h. mit Rücksicht auf den die Konzession bedingenden, spezifischen Sachverhalt angewandt werden müssen. Dabei scheint eine Befristung der Konzession nicht zum vornherein unhaltbar, weil es verständlich ist, dass der Kanton in grösseren zeitlichen Abständen die konzessionsbestimmenden Gegebenheiten neu überprüfen möchte. Immerhin ist anzumerken, dass die Nichterneuerung einer einmal gewährten Konzession kaum als "sinngemässe" Anwendung von Art. 46 Abs. 2 BRG angesehen und im Streitfall geschützt werden könnte. Dies vor allem auch mit Rücksicht darauf, dass der Konzessionsnehmer sein die regalrechtlichenBGE 119 Ia 390 S. 410Abwehransprüche auslösendes Werk sachnotwendig auf Dauer angelegt hat.

c) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der von der Beschwerdeführerin beanstandete Art. 2a BRG sowohl mit dem Bundesprivatrecht als auch mit der Atomgesetzgebung des Bundes vereinbar ist oder jedenfalls durch sachgerechte Auslegung damit in Einklang gebracht werden kann. Die Rüge, Art. 2 ÜbBest. BV sei verletzt, erweist sich daher als unbegründet.

13.

14. (u. 14.-: In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen erweisen sich auch die Rügen, die neue Bestimmung im Bergregalgesetz verletze die Eigentumsgarantie und die Handels- und Gewerbefreiheit, als unbegründet. Demnach ergibt sich zusammenfassend, dass auch die gegen das Bergregalgesetz gerichtete Beschwerde abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.)

BGE 126 III 223

Immissionen aus dem Betrieb eines Hotels/Restaurants (Art. 684 ZGB).

Verhältnis zwischen privatrechtlichem und öffentlichrechtlichem Immissionsschutz; Bedeutung öffentlichrechtlicher Vorschriften bei der Ermittlung der Zumutbarkeit von Einwirkungen (E. 3).

Unzulässigkeit regelmässiger Lärmimmissionen über der Weckschwelle nach Mitternacht im Dorfkern (E. 4).


3. a) Nach Auffassung der Beklagten hat das Obergericht Bundesrecht verletzt, weil es für die Beurteilung der Übermässigkeit der Lärmimmissionen die massgebliche Zonenordnung nicht miteinbezogen habe. Gemäss Art. 30 Abs. 5 des Baureglements von X. vom 19. Mai 1995 gehörten die fraglichen Grundstücke zur Dorfkernzone II. Für diese sei die Lärmempfindlichkeitsstufe III massgebend, die Belastungsgrenzwerte für den Strassenlärm von 65 dB(A) tagsüber und 55 dB(A) nachts vorsehe. Im Rahmen der Interessenabwägung hätte das Obergericht deshalb berücksichtigen müssen, dass aus öffentlichrechtlicher Sicht selbst nachts ein nicht unerheblicher Lärmpegel geduldet werden müsse.

c) Aus den Erwägungen des Obergerichts wird deutlich, dass dieses keineswegs abgelehnt hat, das öffentlich-rechtliche Lärmregime in die Beurteilung einzubeziehen. Es hat vielmehr darauf hingewiesen, dass die öffentlichrechtlichen Schranken im Rahmen einer Gesamtsicht mitzuberücksichtigen seien, aber nicht direkt Anwendung finden könnten, zumal das öffentliche Recht für die hier interessierende Lärmart keine Messweise und auch keine Grenzwerte kenne.

Der privatrechtliche und der öffentlichrechtliche Immissionsschutz stehen an sich selbstständig nebeneinander (BGE 95 I 193 E. 3 S. 197; BGE 83 II 384 E. b S. 389 f.; Urteil des Bundesgerichts vom 5. Januar 1996 i.S. Z. [5C.249/1994], E. 6, auszugsweise publiziert in URP 1996 S. 338; MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 261 ff. zu Art. 684 ZGB; ZÄCH, Kommentar USG, N. 37 zu Art. 20 USG). Dennoch bestehen zwischen den beiden Regelungen Berührungspunkte und Überschneidungen. Insbesondere wenn das nach Lage, Beschaffenheit und Ortsgebrauch gerechtfertigte und zu duldende Mass von Einwirkungen zu ermitteln ist (Art. 684 Abs. 2 ZGB), können öffentlichrechtliche Vorschriften eine Rolle spielen (Bau- und Zonenvorschriften, Normen betreffend Lärmschutz, Luftreinhaltung, Strahlen und Erschütterung). Diese gehen freilich von anderen Referenzgrössen aus (Berücksichtigung von Personengruppen mit erhöhter Empfindlichkeit im Umweltschutzrecht [Art. 13 Abs. 2 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 1983; USG, SR 814.01] gegenüber dem Massstab des Durchschnittsmenschen im PrivatrechtBGE 126 III 223 S. 226[BGE 119 II 411 E. 4c S. 416]), legen allgemeine Standards fest im Gegensatz zur rein einzelfallbezogenen Beurteilung des Privatrechts und schützen auch nicht so umfassend vor Immissionen wie dieses (z.B. kein Schutz vor ideellen Immissionen). Demgegenüber ist dem Privatrecht das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip (Art. 11 Abs. 2 USG) unbekannt. Derartigen Unterschieden ist Rechnung zu tragen, was ein Abstellen auf das öffentlichrechtlich Zulässige im Rahmen des privatrechtlichen Immissionsschutzes in zahlreichen Fällen von vornherein ausschliesst. Dennoch verlangen die allgemeinen Gebote der widerspruchsfreien und koordinierten Anwendung der Rechtsordnung den sachgerechten Einbezug von und die möglichst weitgehende Rücksichtnahme auf Normen anderer Rechtsgebiete zum gleichen Gegenstand. Die rechtsanwendenden Behörden haben demnach in diesem Sinne auf eine Harmonisierung des Immissionsschutzes hinzuwirken (vgl. dazu NICCOLÒ RASELLI, Berührungspunkte des privaten und öffentlichen Immissionsschutzes, URP 1997 S. 271 ff., insbesondere S. 284 ff.; SUSANNE AUER, Neuere Entwicklungen im privatrechtlichen Immissionsschutz, Diss. Zürich 1997, S. 17, 30 ff., 50 ff. und 94 ff., je mit weiteren Hinweisen; ferner AJP 1997 S. 1185 f.). Namentlich im Zusammenhang mit Lärmimmissionen, für welche die Anhänge zur Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) Belastungsgrenzwerte festschreiben, sind bei der Beurteilung des privatrechtlich zu duldenden Masses die öffentlichrechtlichen Belastungsgrenzwerte heranzuziehen (Urteil des Bundesgerichts vom 5. März 1996 i.S. B. [5P.416/1995], E. 4a/cc, auszugsweise publiziert in URP 1997 S. 152; RASELLI, a.a.O., S. 290 f.).

Für die hier interessierenden Immissionen (Gaststättenlärm und Lärm durch menschliches Verhalten in der Terrassenwirtschaft und bei der Ankunft sowie beim Verlassen der Lokalitäten) kennt das Lärmschutzrecht keine Belastungsgrenzwerte. Insbesondere sind auch die Anhänge 3 und 6 zur LSV (betreffend Strassenverkehrslärm bzw. Industrie- und Gewerbelärm) aus verschiedenen Gründen nicht aussagekräftig (BGE 123 II 325 E. 4d/aa und bb S. 333 ff.; ROBERT HOFMANN, Keine Grenzwerte - kein Lärm?, in URP 1994 S. 427 f.). Zu Recht hat das Obergericht daher die Lärmschutzvorschriften des öffentlichen Rechts nicht direkt oder analog angewendet. Es hat das öffentlichrechtliche Lärmregime aber deswegen nicht unberücksichtigt gelassen, wie die Beklagte meint, sondern in seine Gesamtwürdigung miteinbezogen. Insoweit war namentlich auch Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV Rechnung zu tragen, wonach in der hierBGE 126 III 223 S. 227interessierenden Lärmempfindlichkeitsstufe III mässig störende Betriebe zugelassen sind. Nach dem Ausgeführten erscheint das Vorgehen des Obergerichts als sachgerecht und jedenfalls nicht bundesrechtswidrig.

4. a) Gemäss Art. 684 ZGB hat sich jedermann bei der Ausübung seines Grundeigentums, namentlich beim Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, aller übermässigen Einwirkungen auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten (Abs. 1); verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Rauch oder Russ, lästige Dünste, Lärm oder Erschütterung (Abs. 2). Bei der Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger, d.h. übermässiger Immission ist die Intensität der Einwirkungen massgebend. Diese beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Der Richter hat eine sachlich begründete Abwägung der Interessen vorzunehmen, wobei er den Massstab des Empfindens eines Durchschnittsmenschen in der gleichen Situation zugrunde zu legen hat. Bei dem nach Recht und Billigkeit zu treffenden Entscheid sind nicht bloss Lage und Beschaffenheit der Grundstücke sowie der Ortsgebrauch zu berücksichtigen, wie es Art. 684 Abs. 2 ZGB ausdrücklich erwähnt; es ist die individuell konkrete Interessenlage umfassend zu würdigen: Alle in der einzelnen Streitsache ins Gewicht fallenden Umstände sind auf ihre Erheblichkeit hin zu prüfen (vgl. auch E. 3c hiervor), wobei stets zu beachten bleibt, dass Art. 684 ZGB als nachbarrechtliche Norm in erster Linie der Herstellung eines nachbarlichen Interessenausgleichs dienen soll. Verboten sind nicht nur schadenverursachende, sondern auch bloss lästige (übermässige) Einwirkungen (vgl. BGE 119 II 411 E. 4c S. 416 mit Hinweisen; MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 86 ff., 90 f., 96 und 107 zu Art. 684 ZGB; REY, Basler Kommentar, N. 8 ff. und 20 ff. zu Art. 684 ZGB).

Sowohl bei der Beurteilung der Frage, ob die von ihm festgestellten Einwirkungen angesichts der gegebenen örtlichen Verhältnisse als im Sinne von Art. 684 ZGB übermässig und damit unzulässig sind, als auch bei der Anordnung der von ihm als geboten erachteten Vorkehren steht dem Sachrichter ein Ermessen zu (BGE 101 II 248 E. 3 S. 250 mit Hinweisen). Ermessensentscheide dieser Art überprüft das Bundesgericht an sich frei; es übt dabei allerdings Zurückhaltung und greift nur ein, wenn die kantonale Instanz von dem ihr zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn sie grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkanntenBGE 126 III 223 S. 228Grundsätzen abgegangen ist, wenn sie Gesichtspunkte berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen hat. Aufzuheben und zu korrigieren sind ausserdem Ermessensentscheide, die sich als im Ergebnis offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 123 III 274 E. 1a/cc S. 279 f. mit Hinweisen).

b) Die Beklagte bringt nichts vor, was die Bejahung unzulässiger Immissionen angesichts der vom Obergericht festgehaltenen Tatsachen als bundesrechtswidrig erscheinen lässt: Der Argumentation, dass Lärmbelästigungen durch rücksichtslose Gäste beim Eintreffen und beim Verlassen der Lokalitäten nach Mitternacht verbunden mit der Benützung des Parkplatzes auf der Südwestseite des Hotels/Restaurants wegen der hohen Lärmspitzen auch für normal empfindliche Menschen ausserordentlich störend sein können, selbst wenn sie nur kurze Zeit dauern, weil sie die Weckschwelle überschreiten, vermag die Beklagte nichts Überzeugendes entgegenzusetzen. Sie ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sogar nur vereinzelte übermässige Einwirkungen als unzulässig unter Art. 684 ZGB fallen können (vgl. MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 203 zu Art. 684 ZGB). Hier treten die von der Vorinstanz als unzulässig bezeichneten Lärmimmissionen bei Betriebsschliessungen nach Mitternacht regelmässig auf. Dazu kommen der nächtliche Gaststättenlärm, wenn die Fenster nicht geschlossen gehalten werden, und die zum Gaststättenlärm hinzutretende Musik, welche die Beklagte im Freien abspielt, wenn sie die Terrassenwirtschaft in Betrieb hat.

Soweit die Beklagte nicht die Beweiswürdigung durch die Vorinstanz rügt, was im Rahmen der Berufung unzulässig ist, verweist sie in diesem Zusammenhang auf die Bau- und Zonenordnung bzw. auf die im betreffenden Gebiet geltende Lärmempfindlichkeitsstufe III. Zudem wirft sie dem Obergericht vor, es habe keine Interessenabwägung vorgenommen. Selbst wenn man unter Berücksichtigung von Ortsgebrauch, der Lage und Beschaffenheit der Grundstücke sowie unter Einbezug des bau- und umweltrechtlich Zulässigen davon ausgeht, dass die Klägerin einen mässig störenden Gastwirtschaftsbetrieb auf der Nachbarparzelle dulden muss (vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV und E. 3c hiervor), kann der Vorinstanz kein falscher Gebrauch des Ermessens vorgeworfen werden, wenn diese befunden hat, die festgestellten Ruhestörungen sprengten den Rahmen des unter dem Titel einer mässigen Störung Hinzunehmenden. Die EmpfindlichkeitsstufeBGE 126 III 223 S. 229III ist für Mischzonen, namentlich Wohn- und Gewerbezonen vorgesehen (Art. 43 Abs. 1 lit. c LSV). Dies bedeutet, dass die Lärmgrenzen auch mit Rücksicht auf die Wohnnutzung so festzulegen sind, dass die Wohnbevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich gestört wird (Art. 15 USG). Bei regelmässigen Lärmimmissionen über der Weckschwelle nach Mitternacht kann indessen nicht geschlossen werden, die Wohnbevölkerung sei in ihrem Wohlbefinden, das namentlich eine im Wesentlichen ungestörte Nachtruhe voraussetzt, nicht bedeutend beeinträchtigt. Fehl geht im Weiteren auch der Vorwurf der mangelnden Interessenabwägung. Das Obergericht hat die erforderliche Abwägung der sich entgegenstehenden Interessen sowohl bei der Beurteilung der Übermässigkeit der Immissionen als auch bei der Diskussion der anzuordnenden Massnahmen teils ausdrücklich, teils sinngemäss vorgenommen. Es hat namentlich festgehalten, die Vergnügungsmöglichkeiten einer breiteren Öffentlichkeit und das Recht der Beklagten auf möglichst freie wirtschaftliche Entfaltung rechtfertigten den Schutz der Nachtruhe der Klägerin unter der Woche erst nach Mitternacht und an Freitagen und Samstagen sogar erst ab 02.00 Uhr. Im Zusammenhang mit der Verhältnismässigkeit der umstrittenen richterlichen Anordnungen wird darauf zurückzukommen sein. An dieser Stelle genügt die Feststellung, dass das Obergericht unter Würdigung der gesamten Umstände ohne Verletzung von Bundesrecht zum Ergebnis gelangen durfte, die aus dem Betrieb der Beklagten resultierenden Lärmimmissionen auf dem Grundstück der Klägerin verstiessen vorab spät nachts gegen das Übermassverbot

BGE 134 III 248

Art. 641 Abs. 2, Art. 679 und 684 ZGB; Immissionen aus dem Flugbetrieb.

Mit dem Betrieb des Flughafens verbundene übermässige Immissionen sind grundsätzlich zu dulden, wenn sie nicht vermeidbar sind, und werden vom Enteignungsrecht erfasst (Art. 36a Abs. 4 LFG). Die von den Einwirkungen Betroffenen haben die sich aus dem EntG ergebenden Ansprüche im Enteignungsverfahren wahrzunehmen, in welchem sie namentlich auch geltend machen können, bestimmte übermässige Einwirkungen könnten vermieden werden. Es liegt in solchen Fällen nicht am Zivilrichter, in einem zum Enteignungsverfahren parallelen Verfahren zu prüfen, ob mit dem bestimmungsgemässen Betrieb des Flughafens verbundene übermässige Einwirkungen vermeidbar sind und insoweit vom Enteignungsrecht nicht erfasst werden (E. 5.1).

Dies gilt sowohl für den Überflug stricto sensu als auch für den Durchflug in grösserer Höhe (E. 5.2).


2. Das Obergericht erwog, dass Lärmimmissionen und Überflüge durch an- und abfliegende Flugzeuge mit dem bestimmungsgemässen Betrieb des Flughafens untrennbar verbunden seien. Sodann hielt das Obergericht fest, die vom Kläger beanstandeten Südanflüge seien unvermeidbar. Es bestünden keine Alternativen zu den Südanflügen, da die Betriebsaufnahme eines Landesflughafens morgens spätestens ab 6.00 Uhr gewährleistet sein müsse und Nordanflüge aufgrund der einseitigen deutschen Massnahmen in den Randstunden nicht mehr zulässig seien. Daher trete der Anspruch auf eine Enteignungsentschädigung an die Stelle der zivilrechtlichen Klagen, und es sei nicht mehr Sache des Zivilrichters, sondern des Enteignungsrichters, über das Bestehen des Rechts sowie über die Art und den Betrag der Entschädigung zu befinden. Die zivilrechtlichen Abwehrrechte sowohl gegen den Überflug im eigentlichen Sinne als auch gegen übermässige Immissionen stünden - in Übereinstimmung mit BGE 129 II 72 E. 2.4 S. 77 - nicht mehr zur Verfügung.

BGE 134 III 248 S. 251

3. Gegen die Argumentation des Obergerichts wendet der Kläger ein, dass direkte Einwirkungen auf fremdes Eigentum - wie etwa ein Überflug - selbst von öffentlichen Unternehmen stets im Voraus durch Einräumung einer Dienstbarkeit zu sichern seien; die von der Einwirkung betroffenen Personen seien bekannt und die vorgängige Sicherung des Rechts damit möglich. Die Frage, in welcher Höhe ein Überflug zu erfolgen habe, damit für ihn kein Abwehrrecht mehr bestehe, sei vom Richter zu beurteilen, welcher in der Sache entscheiden werde. Ferner habe das Obergericht verkannt, dass in BGE 129 II 72, auf den es sich gestützt habe, lediglich Entschädigungsforderungen von Anrainern zu beurteilen gewesen seien, welche die Überflüge seit Jahrzehnten geduldet hätten; die entsprechenden Ausführungen des Bundesgerichts seien nicht entscheidrelevant gewesen und seien demgemäss lediglich als obiter dicta zu verstehen, welche überdies keine einlässliche Begründung aufwiesen. In Analogie zum Notwegrecht, welches erst mit Eintragung im Grundbuch entstehe, sei erforderlich, dass die Beschränkung der eigentumsrechtlichen Abwehrrechte im Voraus erfolge. Für die Frage der Zuständigkeit des Zivilrichters sei das Kriterium der Vermeidbarkeit der Überflüge nicht massgeblich; dieses sei lediglich im Zusammenhang mit Immissionen, nicht aber mit direkten Einwirkungen von Bedeutung. Das Bundesgesetz vom 21. Dezember 1948 über die Luftfahrt (LFG; SR 748.0) sehe zwar kein Plangenehmigungsverfahren für Betriebsänderungen vor. Gleichwohl sei in verfassungskonformer Auslegung des LFG (Berücksichtigung der Bestandesgarantie) die vorgängige Sicherung der Überflugsrechte erforderlich; das Bundesgericht habe in einem anderen Fall, welcher die Beklagte betroffen habe, denn auch entschieden, sie dürfe Sicherheitsvorkehren auf Nachbargrundstücken, welche im Zusammenhang mit Überflügen stünden - das Anbringen von Dachziegelklammern -, nur gestützt auf die Inanspruchnahme des Enteignungsrechts, allenfalls aufgrund einer vorzeitigen Besitzeinweisung vornehmen.

4. Nach Art. 667 Abs. 1 ZGB erstreckt sich das Eigentum an Grund und Boden nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht (BGE 132 III 353 E. 2.1 S. 356). Das Interesse des Grundeigentümers reicht somit bis zu einer bestimmten Höhe (BGE 104 II 86 E. 1 S. 88 f.; BGE 103 II 96 E. 2 S. 100). Der Grundeigentümer kann sich gemäss Art. 641 Abs. 2 ZGB gegen das Überfliegen zur Wehr setzen, wenn es ihn in der Ausübung seiner Eigentumsrechte behindert (BGE 104 II 86 E. 1BGE 134 III 248 S. 252S. 88; BGE 103 II 96 E. 2 S. 100). Er kann sich aber auch gegen übermässige (Flug-)Lärmimmissionen auf Grund von Art. 679 und 684 ZGB zur Wehr setzen. Das gilt jedenfalls für sog. Flugfelder, die zwar einer Betriebsbewilligung (Art. 36b Abs. 1 LFG; siehe ferner Art. 2 und 17 ff. der Verordnung vom 23. November 1994 über die Infrastruktur der Luftfahrt [VIL; SR 748.131.1]), aber keiner Konzession bedürfen und auch nicht mit dem Enteignungsrecht ausgestattet sind.

5. Beim Flughafen Zürich handelt es sich um einen Flugplatz, der dem öffentlichen Verkehr dient und für dessen Betrieb eine Konzession erforderlich ist (Art. 36a Abs. 1 LFG). Dem Konzessionär steht von Gesetzes wegen das Enteigungsrecht zu (Art. 36a Abs. 4 LFG).

5.1 Mit Erteilung der Betriebskonzession und dem damit verbundenen Enteignungsrecht steht nicht nur fest, dass der Betrieb des Flughafens im vorrangigen öffentlichen Interesse liegt, sondern auch, dass damit verbundene übermässige Immissionen grundsätzlich zu dulden sind, wenn sie nicht vermeidbar sind, und vom Enteignungsrecht erfasst werden. Damit weichen die privatrechtlichen Abwehransprüche dem vorrangigen Interesse und stehen die nachbarrechtlichen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche gemäss Art. 679 ZGB nicht zur Verfügung (BGE 119 Ib 334 E. 3a S. 341; BGE 116 Ib 249 E. 2a S. 253; BGE 106 Ib 241 E. 3 S. 244). An deren Stelle tritt ein Anspruch auf Entschädigung für die Enteignung der nachbarrechtlichen Abwehransprüche (Art. 5 Abs. 1 EntG [SR 711]), falls die übermässigen Immissionen im Zeitpunkt des Erwerbs des Grundstückes unvorhersehbar waren, eine besondere Schwere aufweisen und erheblichen Schaden verursachen (BGE 129 II 72 E. 2.1 S. 74; BGE 128 II 231 E. 2.1 S. 233 f.; BGE 124 II 543 E. 3a S. 548, E. 5a S. 551; BGE 123 II 481 E. 7a S. 490 f.; vgl. auch BGE 130 II 394 E. 7.1 S. 402).

Die von den Einwirkungen Betroffenen haben die sich aus dem EntG ergebenden Ansprüche im Enteignungsverfahren wahrzunehmen, in welchem sie namentlich auch geltend machen können, bestimmte übermässige Einwirkungen könnten vermieden werden. Insoweit ist das enteignungsrechtliche Einspracheverfahren im Falle der Unterdrückung nachbarlicher Abwehrrechte das massgebliche Verfahren zur Beurteilung der Zulässigkeit und des Umfangs der Einwirkung (BGE 130 II 394 E. 6 S. 400 f.; MARGRIT SCHILLING, Enteignungsrechtliche Folgen des zivilen Luftverkehrs, in: ZSR 125/2006 I S. 18, mitBGE 134 III 248 S. 253Hinweisen; TOBIAS JAAG, Öffentliches Entschädigungsrecht, in: ZBl 98/1997 S. 170). Es liegt in solchen Fällen nicht am Zivilrichter, in einem zum Enteignungsverfahren parallelen Verfahren zu prüfen, ob mit dem bestimmungsgemässen Betrieb des Flughafens verbundene übermässige Einwirkungen vermeidbar sind und insoweit vom Enteignungsrecht nicht erfasst werden.

5.2 Entgegen der Auffassung des Klägers gilt dies nicht nur, wenn ein Grundstück indirekten Einwirkungen (Immissionen), sondern auch, wenn es direkten Einwirkungen auf das Eigentum ausgesetzt ist, wie das beim Überfliegen der Fall ist, wenn Flugzeuge in die auf dem Grundstück stehende Luftsäule eindringen. Nicht anders als in Bezug auf übermässige Lärmbelastungen wird mit der Verleihung der Konzession und dem damit verbundenen Enteignungsrecht praktisch zu Gunsten des Flughafens und zu Lasten der unter der Anflugachse liegenden Grundstücke eine Überflug- bzw. Durchflug-Dienstbarkeit eingeräumt (SCHILLING, a.a.O., S. 26).

Die Rechtsprechung zum Enteignungsrecht unterscheidet zwischen dem Überflug stricto sensu, d.h. dem Durchfliegen der Flugzeuge in geringer Höhe, und dem Durchflug in grösserer Höhe : Ein Überflug stricto sensu stellt einen direkten Eingriff in den Luftraum eines Grundstückes dar und bedeutet - vorbehältlich des vorgängigen Rechtserwerbs - eine ungerechtfertigte Einwirkung (Art. 641 Abs. 2 ZGB). Demgegenüber ist ein Durchflug in grösserer Höhe nicht als ungerechtfertigte Einwirkung zu qualifizieren (BGE 129 II 72 E. 2.3 S. 76); er kann jedoch indirekte übermässige Einwirkungen (Immissionen) mit sich bringen, zumal der Lärm startender und landender Flugzeuge, auch soweit er nicht auf oder über dem Flugplatzareal entsteht, als Einwirkung des Flughafens gilt (BGE 123 II 481 E. 7a S. 491; BGE 120 II 15 E. 2a S. 17 mit Hinweisen). Die Unterscheidung zwischen Überflug stricto sensu und Durchflug in grösserer Höhe ist insoweit bedeutsam, als die Enteignungsentschädigung wegen übermässiger Lärmimmissionen von den Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit, der Spezialität und der Schwere abhängt (BGE 129 II 72 E. 2.5 S. 77). Sie ist indessen für die hier interessierende Frage des Verfahrens und der Zuständigkeit irrelevant. Rühren die Einwirkungen vom bestimmungsgemässen Gebrauch eines konzessionierten und mit dem Enteignungsrecht ausgestatteten Flughafens her, ist es Sache des Enteignungsrichters, über den Umfang des Rechtes, aber auch über Fragen der Entschädigung zu entscheiden. Die Abwehrrechte des Privatrechts sowohl hinsichtlich des ÜberflugsBGE 134 III 248 S. 254stricto sensu wie auch hinsichtlich übermässiger Immissionen stehen in diesen Fällen nicht zur Verfügung, und es tritt der Anspruch auf Enteignungsentschädigung an Stelle der privaten Klagen (BGE 129 II 72 E. 2.4 S. 77).

5.3 Da die Beklagte über eine Konzession zum Betrieb des Flughafens Zürich verfügt und mit dem Enteignungsrecht ausgestattet ist, hat die Vorinstanz die Zuständigkeit des Zivilrichters hinsichtlich der Unterlassungsklage zu Recht verneint.

BGE 136 III 130

Art. 694 ZGB; Notweg für ein überbautes Grundstück; Verhältnis zwischen privatem Notwegrecht und öffentlichem Erschliessungsrecht.

Die rechtskräftige Feststellung der zuständigen Behörden, dass nach öffentlichem Recht eine hinreichende Zufahrt zu einem Grundstück besteht, ist Ausgangspunkt der gerichtlichen Beurteilung der Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB. Das Zivilgericht hat in solchen Fällen nur zu prüfen, ob auf Grund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls die privatrechtlich definierte Wegenot beseitigt ist oder nicht (E. 2-5).


2. In tatsächlicher Hinsicht steht für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die Beschwerdegegnerin 3 ihr Grundstück Nr. 1280 in den Jahren 2001/2002 überbaut hat. In der Baubewilligung vom 22. Mai 2000 wurde festgehalten, dass die Erschliessung der Parzelle Nr. 1280 genügend sei und dass es im Risikobereich der Bauherrschaft liege, ob die Abstellmöglichkeiten später als Einstellhalle benützt werden können. Für die Erstreitung hierfür etwaig erforderlicher Wegrechte wurde die Bauherrschaft auf den Zivilweg verwiesen.

Die örtlichen Verhältnisse stehen für das Bundesgericht unangefochten fest. Das Grundstück Nr. 1280 befindet sich an einer ausgesprochenen Hanglage. Das in der oberen Hälfte erbaute Haus A (= Nr. 21) grenzt an die P.-strasse und verfügt daselbst über drei Parkplätze. Mit Blick darauf haben die kantonalen Gerichte in rechtlicher Hinsicht eine Wegenot für das Haus A (= Nr. 21) verneint. DasBGE 136 III 130 S. 133Obergericht hat ergänzt, der Zugang zum oberen Haus sei gewährleistet, zumal mit dem Auto bis an die Haustür gefahren werden könne. Wie man beim jeweiligen Haus zu den einzelnen Wohnungseingängen gelange, habe im Übrigen nichts mehr mit Erschliessung zu tun. Es spiele daher auch keine Rolle, dass der Eingang zur unteren Wohnung lediglich über eine (kurze) Treppe erreichbar sei. Für das in der unteren Hälfte des Grundstücks erbaute Haus B (= Nr. 21A) haben die kantonalen Gerichte hingegen eine Wegenot bejaht, weil die Stockwerkeinheiten des Hauses B (= Nr. 21A) sowohl von der P.-strasse als auch von den Parkplätzen auf der Parzelle Nr. 6798 bzw. von der Q.-strasse her nur über beschwerliche Treppen erreichbar seien. Die Zufahrt über die Parzelle Nr. 6798 sei rechtlich nicht gesichert. Die kantonalen Gerichte haben eine alternative Erschliessung bzw. Überbauung als kaum möglich oder zumutbar bezeichnet und die Frage verneint, ob die Beschwerdegegner durch die Art ihres Bauvorhabens die Wegenot leichtfertig herbeigeführt hätten.

Die Beschwerdeführerin rügt eine unrichtige Beurteilung der Wegenot, der Herbeiführung der angeblichen Wegenot sowie der Möglichkeit und Zumutbarkeit einer alternativen Erschliessung und Überbauung. In allen drei Punkten schliessen sich die Beschwerdegegner wiederum den obergerichtlichen Ausführungen an.

3. Im Vordergrund der Beurteilung stehen die Voraussetzungen des Anspruchs auf Einräumung eines Notweges. Der Fall betrifft gleichzeitig Fragen des Verhältnisses zwischen dem Notwegrecht gemäss Art. 694 ZGB und dem öffentlichen Bau- und Planungsrecht. Darauf ist vorweg einzugehen.

3.1 Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. Das Notwegrecht bedeutet wie andere mittelbare gesetzliche Eigentumsbeschränkungen (z.B. Durchleitungen, Notbrunnen u.ä.) eine "privatrechtliche Enteignung" (BGE 114 II 230 E. 4a S. 236). Das Bundesgericht hat die Gewährung eines Notwegrechts deshalb von strengen Voraussetzungen abhängig gemacht. Es hat aus der Entstehungsgeschichte des Art. 694 ZGB abgeleitet, dass der nachbarrechtliche Anspruch auf die Gewährung eines Wegrechts nur in einer eigentlichen Notlage geltend gemacht werden kann (BGE 105 II 178 E. 3b S. 180 f.). Eine WegenotBGE 136 III 130 S. 134liegt vor, wenn einem Grundeigentümer die zur bestimmungsgemässen Benutzung seines Grundstücks erforderliche Verbindung zur öffentlichen Strasse überhaupt fehlt oder der vorhandene Weg sich als ungenügend erweist (BGE 117 II 35 E. 2 S. 36 f.).

3.2 Das Bundesgericht hat anerkannt, dass der Anspruch auf Einräumung eines Notweges grundsätzlich auch im überbauten Gebiet besteht (z.B. BGE 84 II 614, Gemeinde Schwyz; BGE 85 II 392, Stadt Bern; BGE 105 II 178, Stadt Rapperswil). Bereits zu dieser älteren Rechtsprechung wurde angemerkt, es erstaune, wie selbst in Stadtgemeinden mit Zonenordnung die genügende Zufahrt zu einem überbauten Grundstück fehlen könne, obwohl sie für die Erteilung der Baubewilligung vorausgesetzt sei (vgl. PETER LIVER, Die privatrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1967, Sachenrecht, ZBJV 105/1969 S. 4). Auch nach Erlass des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700), das die öffentlich-rechtliche Erschliessung vorschreibt, hat das Notwegrecht an Bedeutung nicht eingebüsst (z.B. BGE 110 II 17, Commune de Meyrin; BGE 110 II 125, Stadtgemeinde Maienfeld; BGE 117 II 35, Gemeinde Naters). Anders als in der früheren Rechtsprechung stellen sich heute indessen vor allem Fragen im Schnittstellenbereich zum öffentlichen Recht (vgl. CHRISTINA SCHMID-TSCHIRREN, Aktuelle Tendenzen im Grunddienstbarkeitsrecht, Der Bernische Notar [BN] 1999 S. 1 ff., S. 7-12). An dieser Schnittstelle hat das Bundesgericht mit Bezug auf die bestimmungsgemässe Nutzung des Grundstücks, von der die Einräumung eines Notweges abhängt, seit je her festgehalten, massgebend sei das öffentliche Recht. Liegt das Land in der Bauzone, so ist das Erstellen eines Wohnhauses eine bestimmungsgemässe Nutzung (vgl. BGE 85 II 392 E. 1a S. 397; BGE 120 II 185 E. 2b S. 186 f.). Wo besondere Nutzungsformen (z.B. Agrotourismus: "Schlafen im Stroh") einer Bewilligung bedürfen, ist das Zivilgericht an die öffentlich-rechtliche Beurteilung durch die zuständigen Behörden gebunden, soweit sich deren rechtskräftige Entscheide nicht als absolut nichtig erweisen. Das Zivilgericht hat hingegen über alle weiteren Voraussetzungen des Anspruchs auf Einräumung eines Notweges zu entscheiden (Urteil 5C.91/2005 vom 11. Oktober 2005 E. 1.1, in: ZBGR 88/2007 S. 127 f.). Was die bestimmungsgemässe Nutzung angeht, ist die Abgrenzung zum öffentlichen Recht somit erfolgt.

3.3 Im vorliegenden Fall stellt sich die weitere Abgrenzungsfrage, ob ein nach öffentlichem Recht erschlossenes Grundstück an einerBGE 136 III 130 S. 135Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB leiden kann. Zu dieser zweiten Schnittstelle zwischen privatrechtlichem Notweg und öffentlichem Erschliessungsrecht ergibt sich Folgendes:

3.3.1 Die Zonenordnung sollte eigentlich dazu führen, dass Grundstücke in der Bauzone planmässig erschlossen werden und damit gar keine Wegenot entstehen kann. Indessen zeigt sich immer wieder, dass es auch in zur Überbauung bestimmten Gebieten Parzellen gibt, die über keinen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse verfügen. Zur Behebung dieses Mangels verweist das Bundesgericht den Grundeigentümer in erster Linie auf die öffentlich-rechtlichen Rechtsinstitute. Solange mit öffentlich-rechtlichen Mitteln eine angemessene Erschliessung erreicht werden kann, besteht keine Wegenot (BGE 120 II 185 E. 2c S. 187; BGE 121 I 65 E. 4b S. 70). Der Eigentümer, der einen Notweg beanspruchen will, hat insoweit darzulegen, dass er - erfolglos - alles ihm Mögliche getan hat, um einen Zugang zu seinem Grundstück mit öffentlich-rechtlichen Mitteln zu erlangen (Urteil 5C.64/2000 vom 4. April 2000 E. 3a, in: RDAT 2001 II Nr. 34 S. 151). Wie es sich damit verhält, hat das Obergericht erörtert, kann aber dahingestellt bleiben. Die Baubewilligungsbehörde hat festgestellt, dass das Bauvorhaben in Bezug auf eine genügende Erschliessung den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Haus A (= Nr. 21) liegt an der öffentlichen P.-strasse, während Haus B (= Nr. 21A) auf Grund der Zustimmung des Eigentümers über die Parzelle Nr. 6798 mit der öffentlichen Q.-strasse verbunden ist.

3.3.2 Die Erteilung einer Baubewilligung setzt voraus, dass das Land erschlossen ist (Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG). Land ist erschlossen, wenn unter anderem eine für die betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt besteht (Art. 19 Abs. 1 RPG). Die hinreichende Zufahrt ist in erster Linie mit planerischen Mitteln sicherzustellen, kann aber auch auf privater Vereinbarung der betroffenen Grundeigentümer beruhen (BGE 121 I 65 E. 4a S. 69 f.). Hinreichende Zufahrt besteht, wenn die Zugänglichkeit sowohl für die Benützer der Bauten als auch für Fahrzeuge der öffentlichen Dienste gewährleistet ist. Die Zufahrten sollen verkehrssicher sein und haben sich nach den zonengerechten Baumöglichkeiten jener Flächen zu richten, die sie erschliessen sollen. Die Festlegung des Ausmasses der Erschliessungsanlagen und die Umschreibung der genügenden Zugänglichkeit ist Sache des kantonalen Rechts. Aus bundesrechtlicher Sicht genügt es, wenn eine Zufahrtsstrasse hinreichend nahe anBGE 136 III 130 S. 136Bauten und Anlagen heranführt. Die befahrbare Strasse muss nicht bis zum Baugrundstück oder gar zu jedem einzelnen Gebäude reichen; vielmehr genügt es, wenn Benützer und Besucher mit dem Motorfahrzeug (oder einem öffentlichen Verkehrsmittel) in hinreichende Nähe gelangen und von dort über einen Weg zum Gebäude oder zur Anlage gehen können. Für Erschliessungsanlagen auf fremdem Grund ist deren rechtliche Sicherstellung nachzuweisen (Urteil 1C_376/2007 vom 31. März 2008 E. 4.4, zusammengefasst in: Raum & Umwelt, VLP-ASPAN 2/09 S. 16).

3.3.3 Der Begriff des Notweges im Sinne von Art. 694 ZGB ist unabhängig von kantonalen oder kommunalen Bauvorschriften und als solcher des Bundesprivatrechts in der ganzen Schweiz nach einheitlichen Gesichtspunkten auszulegen. Aus der Unabhängigkeit folgt, dass ein Notweg nicht gewährt werden kann, um die regelmässig weitergehenden Anforderungen des öffentlichen Rechts an eine hinreichende Zufahrt zu erfüllen (BGE 85 II 392 E. 2 S. 400 f.; BGE 105 II 178 E. 3d S. 182; BGE 110 II 17 E. 2a S. 19; BGE 117 II 35 E. 2 S. 37). Nach heutiger Auffassung hat ein Grundeigentümer in einem Gebiet, wo Wohn- oder Ferienhäuser stehen, grundsätzlich Anspruch auf eine allgemeine Zufahrt zu seinem Grundstück mit einem Motorfahrzeug, sofern die topografischen Verhältnisse eine solche überhaupt zulassen (vgl. BGE 93 II 167 E. 2 S. 168 f.; BGE 110 II 125 E. 5 S. 127; Urteil 5C.142/2003 vom 28. August 2003 E. 2.4, in: ZBGR 85/2004 S. 313; Urteil 5C.225/2003 vom 23. Dezember 2003 E. 7.1, in: Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in Graubünden [ZGRG] 23/2004 S. 75). Mit dem Anspruch auf Einräumung eines Notweges als Zugang zu Wohnhäusern auf Grundstücken an ausgesprochener Hanglage hat sich das Bundesgericht schon oft befasst. Aus der Rechtsprechung kann praktisch einzig der Schluss gezogen werden, dass es von sämtlichen Umständen des konkreten Einzelfalls abhängt, ob eine Notlage im Sinne von Art. 694 ZGB besteht (zit. Urteil 5C.225/2003 E. 7.3, in: ZGRG 23/2004 S. 76).

3.3.4 Die Gegenüberstellung der Anforderungen an die hinreichende Zufahrt im öffentlichen Recht und an den privatrechtlichen Notweg zeigt, dass in der Regel eine Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB zu verneinen ist, wo eine öffentlich-rechtliche Erschliessung besteht. Wird ein Grundstück im Rahmen eines Bauvorhabens erschlossen, hat die Baubewilligungsbehörde abzuklären und festzustellen, dass die Voraussetzung der hinreichenden Zufahrt erfüllt ist. Im Notwegrechtsprozess kann das Zivilgericht grundsätzlich auf dieBGE 136 III 130 S. 137rechtskräftige Baubewilligung abstellen, zumal die hinreichende Zufahrt des öffentlichen Rechts regelmässig höheren Ansprüchen zu genügen hat als der privatrechtliche Notweg. Vorbehalten bleibt der Nachweis, dass das Zivilrecht ausnahmsweise einen weitergehenden Anspruch vermittelt als das öffentliche Recht, sowie eine allfällige Nichtigkeit der Baubewilligung. Ein weiterer Vorbehalt folgt daraus, dass die Baubewilligungsbehörde über das Bestehen einer hinreichenden Zufahrt anhand der Gesuchsunterlagen (Pläne u.ä.) und auf Grund eines Augenscheins, d.h. im Normalfall vor der tatsächlichen Bauausführung entscheidet. Sollten sich nachträglich aus technischen oder anderen objektiven Gründen Abweichungen gegenüber dem genehmigten Bauvorhaben ergeben, hat das Zivilgericht diese Veränderungen zu beachten.

3.3.5 Als Ergebnis kann Folgendes festgehalten werden: Die rechtskräftige Feststellung, dass nach öffentlichem Recht eine hinreichende Zufahrt zu einem Grundstück besteht, ist Ausgangspunkt der gerichtlichen Beurteilung der Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB. Das Zivilgericht hat in solchen Fällen nur zu prüfen, ob auf Grund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls die privatrechtlich definierte Wegenot beseitigt ist oder nicht.

4. Das Grundstück Nr. 1280 der Beschwerdegegner liegt in der Bauzone, so dass das Erstellen der beiden Mehrfamilienhäuser eine bestimmungsgemässe Nutzung war. Die Baubewilligung dafür wurde am 22. Mai 2000 erteilt. Nichtigkeitsgründe (vgl. BGE 132 II 21 E. 3.1 S. 27) sind weder ersichtlich noch dargetan. Die tatsächliche Überbauung des Grundstücks in den Jahren 2001/2002 hat jedenfalls mit Bezug auf die hier interessierende Erschliessung der rechtskräftigen Baubewilligung entsprochen. Das Haus A (= Nr. 21) verfügt danach über eine hinreichende Zufahrt ab der öffentlichen P.-strasse. Das Haus B (= Nr. 21A) ist ab der öffentlichen Q.-strasse über die Parzelle Nr. 6798 mit Motorfahrzeugen erreichbar. Damit übereinstimmend hat das Obergericht gestützt auf die örtlichen Gegebenheiten eine Wegenot für das Haus A (= Nr. 21) verneint. Die Frage ist nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Dass das Grundstück Nr. 1280 direkt an die öffentliche P.-strasse grenzt, schliesst die Einräumung eines Notweges für das auf dem gleichen Grundstück erbaute Haus B (= Nr. 21A) nicht von vornherein aus. Ein entsprechendes Begehren kann begründet sein, wenn die Bewohnung und Bewirtschaftung der Liegenschaft mit den vorhandenen Zufahrten nicht möglich ist und den zusätzlichen NotwegBGE 136 III 130 S. 138erfordert, wenn also der schon vorhandene Weg für die Nutzung der Gesamtliegenschaft nicht genügt (BGE 84 II 614 E. 3 S. 618; Urteil C.240/1987 vom 10. März 1988 E. 2b, in: Revue valaisanne de jurisprudence [RVJ] 1989 S. 277). Die Voraussetzung dürfte bei zwei Häusern an ausgesprochener Hanglage nicht ohne nähere Prüfung verneint werden können, ist hier aber aus nachstehenden Gründen nicht zu beurteilen.

5. Das Haus B (= Nr. 21A) verfügt gemäss Baubewilligung über eine hinreichende Zufahrt über die Parzelle Nr. 6798 ab der öffentlichen Q.-strasse.

5.1 Das Obergericht hat die Wegenot gleichwohl bejaht und dafürgehalten, bei den Parkplätzen auf der Parzelle Nr. 6798 handle es sich um ein Provisorium. Die Zusage des Vaters der Beschwerdegegnerin 3, die Parkplätze zu dulden, ändere nichts daran, dass für diesen Zugang kein dingliches Recht bestehe. Solche bloss prekaristisch gewährten und rechtlich nicht gesicherten Wegrechte seien jederzeit widerrufbar. Als genügende Wegverbindung im Sinne von Art. 694 ZGB taugten sie deshalb nicht.

5.2 In tatsächlicher Hinsicht steht unangefochten fest und kann ergänzt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass gemäss Baubewilligung der Besitzer von Parzelle Nr. 6798 mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 formell seine Zustimmung zur Zufahrt und zum Erstellen von vier Parkplätzen auf seiner Parzelle erteilt hat und dass der Eigentümer des Grundstücks Nr. 6798 den Beschwerdegegnern auch nach dem Bau schriftlich versichert hat, die Zufahrt und die vier Parkplätze zu dulden. Auf Grund des Sachverhalts ist in der schriftlichen Zustimmung des Grundeigentümers keine bloss prekaristische, d.h. auf Zusehen hin erfolgte, jederzeit und entschädigungslos widerrufliche Gestattung zu erblicken, sondern die Einräumung eines persönlichen Rechts, das Grundstück Nr. 6798 als Zufahrt und als Parkplatz zu benutzen (vgl. SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 3. Aufl. 2009, N. 1202-1203 S. 293 f.; STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, 3. Aufl. 2002, N. 1776a-1776b S. 163; je mit Hinweisen).

5.3 Eine andere Frage ist, ob ein persönliches Recht, über fremde Grundstücke zu einer öffentlichen Strasse zu gelangen, eine Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB ausschliesst. Die herrschende Lehre und die Rechtsprechung bejahen die Frage (Urteil 5C.40/2006 vom 18. April 2006 E. 3.1, in: ZBGR 88/2007 S. 471, mit Hinweis auf MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1975, N. 45 zu Art. 694 ZGB;BGE 136 III 130 S. 139gl.M. LEEMANN, Berner Kommentar, 1920, N. 12 zu Art. 694 ZGB, und REY, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 3. Aufl. 2007, N. 6 zu Art. 694 ZGB; SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., N. 982 S. 228, mit Hinweisen). Gewisse Bedenken dagegen werden in der letzten Auflage des Berner Kommentars angemeldet mit der Feststellung, ein bloss prekaristisch oder obligatorisch gewährtes Wegrecht könne als ungenügende Verbindung in Betracht fallen (MEIER-HAYOZ, a.a.O., N. 48 zu Art. 694 ZGB). Es trifft zu, dass die blosse Bereitschaft eines Nachbarn, notwendige Fahrten zu einem Grundstück ("prekaristisch") zu gestatten, ein Notwegrecht nicht zu ersetzen vermag (vgl. BGE 84 II 614 E. 3 S. 618; BGE 107 II 323 E. 4 S. 330 f.; BGE 110 II 17 E. 2b S. 20). Richtig ist auch, dass ein persönlich wirkendes Recht weniger sicher ist als ein dinglich wirkendes Recht und unter Umständen wegfallen kann, ohne dass Realersatz vom persönlich Verpflichteten zu leisten wäre oder sonstwie beschafft werden könnte. Indessen führte es zu weit und erschiene als wirklichkeitsfern, stets dinglich gesicherte Zugangsrechte vorauszusetzen und bei Fehlen einer dinglichen Sicherstellung eine Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB gleichsam zu vermuten. Den mit bloss persönlich wirkenden Rechten verbundenen Nachteilen trägt die Rechtsprechung insofern Rechnung, als eine Änderung der Verhältnisse zur Entstehung eines bisher nicht vorhandenen Notwegrechts Anlass geben kann, sofern sie auf objektiven Gründen und nicht einfach auf persönlichen Wünschen oder Liebhabereien des Eigentümers beruht (BGE 107 II 323 E. 3 S. 329). Das persönliche Recht der Beschwerdegegner zur Benutzung des Grundstücks Nr. 6798, um zur öffentlichen Q.-strasse zu gelangen, stellt somit einen genügenden Weg gemäss Art. 694 ZGB dar. Sollte dieses Recht dereinst gekündigt werden oder sonstwie untergehen, richtete sich der Anspruch auf Einräumung eines Notweges in erster Linie wiederum gegen den Eigentümer der Parzelle Nr. 6798, zumal ihm die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wegrechtsverhältnisse wegen am ehesten zugemutet werden dürfte (vgl. Art. 694 Abs. 2 ZGB).

5.4 Für das Haus B (= Nr. 21A) besteht insoweit kein Anspruch auf Einräumung eines privatrechtlichen Notweges, als die Zufahrt gemäss der Baubewilligung ein Erreichen der öffentlichen Strasse mit Motorfahrzeugen ab dem überbauten Grundstück gewährleistet. Es bleibt zu prüfen, ob der privatrechtliche Anspruch auf Einräumung eines Notweges hier über die hinreichende Zufahrt im öffentlich-rechtlichen Sinne hinausgeht.

BGE 136 III 130 S. 140

5.4.1 Das Obergericht hat festgehalten, zwar lasse sich mit dem Auto relativ leicht an die Parzelle heranfahren, doch seien die Stockwerkeinheiten im unteren Haus B (= Nr. 21A) sowohl von unten (Q.-strasse) wie auch von oben (P.-strasse) nur über beschwerliche Treppenstufen erreichbar. Dieser Weg sei für ältere und gehbehinderte Menschen äusserst beschwerlich und der Hauseingang könne weder mit Rollstühlen noch mit einem Kinderwagen erreicht werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellten solche beschwerlichen ca. 50 m langen Treppenwege in Wohngebieten eine ungenügende Verbindung zu einer öffentlichen Strasse dar (mit Hinweis auf das Urteil 5C.142/2003 vom 28. August 2003).

5.4.2 Gemäss Baubewilligung verfügt das Haus B (= Nr. 21A) über vier Parkplätze und die Zufahrt zur öffentlichen Strasse auf der Parzelle Nr. 6798 (E. 5.2). Ab den Parkplätzen führt eine Aussentreppe mit 48 Stufen zum Hauseingang der Wohnung im Obergeschoss, die den Beschwerdegegnern 1 und 2 gehört. Der Treppenweg stellt damit nicht die unmittelbare Verbindung zwischen der öffentlichen Strasse und dem überbauten Grundstück her. Es handelt sich vielmehr um einen Weg auf dem überbauten Grundstück selbst zum Hauseingang. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende von dem im Urteil 5C.142/2003 vom 28. August 2003 entschiedenen Fall, wo eine 50 Meter lange Treppe ab der Kantonsstrasse als Fussweg über ein fremdes Grundstück geführt hat (Urteil 5C.142/2003 vom 28. August 2003 Bst. A und E. 2.3, in: ZBGR 85/2004 S. 312 f.). Ebenso wenig abgeleitet werden kann aus dem Urteil 5C.225/2003 vom 23. Dezember 2003, wo nicht bis zur Grundstücksgrenze gefahren werden konnte, ein Treppenaufgang von rund 30 Metern aber als genügender Weg betrachtet wurde und die Einräumung eines Notweges ausschloss (Urteil 5C.225/2003 vom 23. Dezember 2003 E. 7.3, in: ZGRG 23/2004 S. 75 f.). Massgebend ist im vorliegenden Fall deshalb der Grundsatz, dass der Anspruch auf Einräumung eines Notweges erfüllt ist, wenn in Hanglagen die Fahrstrasse wenigstens bis an die Parzellengrenze am Rand des Hanges führt. Dass unmittelbar vor die Haustüre gefahren werden kann, ist nicht erforderlich (vgl. BGE 93 II 167 E. 2 S. 169).

5.4.3 Weiter ist in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin 3 um die fehlende Zufahrt zur Einstellhalle und über den heute als beschwerlich bemängelten Treppenweg zum Eingang in die Wohnung im Obergeschoss des Hauses B (= Nr. 21A)BGE 136 III 130 S. 141wusste, ihr Bauvorhaben aber gleichwohl hat bewilligen lassen. Sie hat das Risiko gekannt und zu tragen, das sich im Nachhinein verwirklicht hat. Die Beschwerdegegner 1 und 2 hatten davon ebenfalls Kenntnis und selber mit der Beschwerdeführerin bzw. deren Vater und den Gemeindebehörden die Erschliessungsfrage erörtert. Dass die Beschwerdegegner berechtigterweise auf eine öffentliche Erschliessung vertraut oder gehofft haben sollen, ist unerheblich, zumal sich der Nachbar, der mit einem Notweg belastet wird, Vertrauen, das er nicht begründet hat, nicht entgegenhalten lassen muss. Die Beschwerdeführerin bzw. deren Vater gleichwie der Eigentümer der Parzelle Nr. 1931 aber haben eine Zufahrt über ihren Fahrweg gegenüber den Beschwerdegegnern von Beginn an unmissverständlich abgelehnt. Dass eine andere Art der Überbauung zudem möglich gewesen wäre, wird von der Beschwerdeführerin zutreffend dargelegt. Eine Einstellhalle und/oder der Eingang zum Haus B (= Nr. 21A) hätten an der Grenze zur Parzelle Nr. 6798 erstellt werden können, auf der sich die Parkplätze und die Zufahrt zur öffentlichen Strasse befinden. Bei dieser Art der Überbauung hätte auch für die Beschwerdegegner selbstverständlich sein müssen, dass das dritte Stockwerk des Hauses B (= Nr. 21A) über ein Treppenhaus oder allenfalls mit einem Aufzug innerhalb des Hauses bzw. über eine Treppe mit 48 Stufen oder allenfalls mit einem Schräglift für Personen- und Materialtransporte ausserhalb des Hauses erreicht wird und keines Notweges zu Lasten der Beschwerdeführerin bedarf. Wer wie die Beschwerdegegner als Grundeigentümer bewusst darauf verzichtet, seine Baupläne den topografischen Verhältnissen anzupassen und zumutbare bauliche Lösungen zu wählen, die sich ohne Eingriff in das Eigentum eines Nachbarn verwirklichen lassen, hat keinen Anspruch auf Einräumung eines Notweges (BGE 85 II 392 E. 1b S. 397 f.; vgl. zum Verbot offenbaren Rechtsmissbrauchs: BGE 134 III 49 E. 4 S. 51 f.).

5.5 Aus den dargelegten Gründen kann es nicht angehen, zunächst im Interesse einer optimalen Nutzung der eigenen Liegenschaft eine zwar rechtmässige und damit bewilligungsfähige, aber nicht optimale Zufahrt in Kauf zu nehmen, um sie anschliessend zu Lasten des Nachbarn über ein Notwegrecht zu optimieren. Der geltend gemachte Anspruch auf Einräumung eines Notweges gemäss Art. 694 ZGB erweist sich insgesamt als unbegründet. Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass es für den Anspruch auf Einräumung eines Notweges nicht darauf ankommt, dass der NotwegBGE 136 III 130 S. 142als Last für die Beschwerdeführerin nicht oder weniger ins Gewicht fällt gegenüber den Nachteilen, die den Beschwerdegegnern aus einer Verweigerung erwachsen. Auf diese gegenseitigen Interessen ist nach Art. 694 Abs. 2 und 3 ZGB erst bei der Festsetzung des Notweges Rücksicht zu nehmen, also dann, wenn zu bestimmen ist, wo und wie der einzuräumende Notweg durchgehen soll (BGE 80 II 311 E. 3 S. 318 f.; vgl. STEINAUER, a.a.O., N. 1863a S. 205, mit weiteren Hinweisen).

BGE 120 II 185

Voraussetzungen für ein Notwegrecht (Art. 694 ZGB).

Welche Bedeutung kommt den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen für die Frage zu, ob ein Grundstück einen genügenden Zugang zu einer öffentlichen Strasse hat? Es kann kein Notwegrecht beansprucht werden, wenn das Grundstück zwar an eine öffentliche Strasse grenzt, aus Gründen der Verkehrssicherheit aber an dieser Stelle keine von Motorfahrzeugen benutzte Zufahrt erstellt werden darf.


2. a) Gemäss Art. 694 Abs. 1 ZGB kann der Grundeigentümer, der keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse hat, beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg einräumen. Das Bundesgericht hat die Gewährung eines Notwegrechts in konstanter Praxis von strengen Voraussetzungen abhängig gemacht. Aus der Entstehungsgeschichte des Art. 694 ZGB hat es abgeleitet, dass der nachbarrechtliche Anspruch auf Gewährung eines Wegrechts nur in einer eigentlichen Notlage geltend gemacht werden könne (BGE 105 II 180). Entsprechend kann für die blosse Verbesserung von nicht ganz vollkommenen Wegverhältnissen kein Notweg eingeräumt werden (BGE 80 II 317).

b) Schon in seiner älteren Rechtsprechung hat das Bundesgericht erkannt, dass die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an die Zufahrt für eine Überbauung keine Wegenot begründen können. So hat es einer Grundeigentümerin, die, um eine Baubewilligung zu erhalten, einen Notweg beanspruchen wollte, entgegengehalten, mit einem geänderten Bauprojekt sei die Nutzung der Parzelle auch ohne diesen Notweg möglich (BGE 85 II 398) und es sei nicht nach Massgabe des kantonalen öffentlichen Rechts, sondern aufgrund des Bundesprivatrechts zu bestimmen, was als genügender Weg zu gelten habe (BGE 85 II 400 f.). Bei der Frage, was unter der bestimmungsgemässen Nutzung des Grundstücks zu verstehen sei, hat das Bundesgericht indessen stets die öffentlich-rechtlichen NormenBGE 120 II 185 S. 187berücksichtigt. Liegt das Land in der Bauzone, so ist das Erstellen eines Wohnhauses eine bestimmungsgemässe Nutzung (BGE 93 II 170). Demgegenüber fehlt es schon am Bedürfnis einer motorfahrzeugmässigen Erschliessung, wenn das Grundstück aus öffentlich-rechtlichen Gründen vorerst gar nicht überbaut werden darf (BGE 110 II 127 f.). In seiner neusten Rechtsprechung hält das Bundesgericht schliesslich fest, dass, solange die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit einer Überbauung nicht geklärt ist, gar kein aktuelles Interesse an einem dieser dienenden Notweg bestehen kann (BGE 117 II 40).

c) Die Zonenordnung sollte eigentlich dazu führen, dass Grundstücke in der Bauzone planmässig erschlossen werden und damit gar keine Wegenot entstehen kann. Indessen zeigt sich immer wieder, dass es auch in zur Überbauung bestimmten Gebieten Parzellen gibt, die über keinen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse verfügen. Während die ältere Lehre hier ohne weiteres auf das Institut des Notwegrechts zurückzugreifen scheint (LIVER, Das Eigentum, SPR Bd. V/1, Basel 1977, S. 268 f.), verweist das Bundesgericht in seinen neueren Entscheiden den Grundeigentümer in erster Linie auf die öffentlich-rechtlichen Rechtsinstitute (unveröffentlichter Entscheid vom 15. Juni 1990, i.S. H. c. A., E. 2). Solange mit öffentlich-rechtlichen Mitteln eine angemessene Erschliessung erreicht werden kann, besteht keine Wegenot. Hat bei einer Einzonung eines grösseren Grundstücks mit anschliessender Parzellierung nicht jede Einzelparzelle eine rechtlich und faktisch genügende Zufahrt zu einer öffentlichen Strasse, so ist dieser Mangel in erster Linie mit raumplanerischen Mitteln zu beheben (Art. 19 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG [SR 700]). Gemäss Art. 15 RPG umfassen Bauzonen das Land, das sich für die Überbauung eignet und weitgehend überbaut ist (Buchst. a) oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird (Buchst. b). Art. 19 Abs. 2 RPG bestimmt, dass die Bauzonen durch das Gemeinwesen zeitgerecht zu erschliessen sind. Das Bundesgericht hat verschiedentlich auf diese Erschliessungspflicht hingewiesen und in Verbindung mit der Forderung nach sachgerechter Planung in gewissen Fällen daraus sogar eine Einzonungspflicht abgeleitet (BGE 112 Ia 157). Eine solche Pflicht ergibt sich auch aus Art. 5 Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz (WEG [SR 843]; BGE 119 Ib 132). Bei jeder unerschlossenen Bauparzelle ein Notwegrecht einzuräumen, ohne den Grundeigentümer vorgängig zur Ausschöpfung der öffentlich-rechtlichen Mittel anzuhalten, könnte dem ZweckBGE 120 II 185 S. 188der Raumplanung geradezu zuwiderlaufen. Wird nämlich die Erschliessung vom Gemeinwesen oder von einer Privatperson unter Mitwirkung des Gemeinwesens (Art. 19 Abs. 3 RPG) dann später durchgeführt und wird dabei für ein Grundstück ein anderer Zugang vorgesehen als der dem Eigentümer eingeräumte Notweg, führt dies zu einer Beeinträchtigung der Planung. Die Planer werden vor vollendete Tatsachen gestellt, und es bleibt ihnen nur noch die Wahl, zwischen zwei allenfalls ungeeigneten Lösungen zu entscheiden: Entweder sie passen die Planung dem bestehenden Notweg an, oder sie beziehen den Notweg nicht in ihre Erschliessungspläne ein, was zu einer doppelten Zufahrt und damit zu einer Landverschwendung führt (nicht veröffentlichter Entscheid vom 15. Juni 1990, i.S. H. c. A., E. 2b).

Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu entnehmen, ob die fraglichen Grundstücke in der Bauzone liegen. Trifft dies für das Grundstück des Klägers nicht zu, so kann sich dieser für einen Erschliessungsanspruch nicht auf Art. 19 Abs. 2 RPG berufen. Ja es erscheint sogar fraglich, ob ausserhalb der Bauzone eine Strasse zur Erschliessung einer Parzelle überhaupt gebaut werden darf (vgl. BGE 118 Ib 498 ff.). Von daher steht gar nicht fest, ob die Gewährung eines Notweges die Wegenot überhaupt beseitigen kann. Neben dem eidgenössischen Recht finden sich auch im kantonalen Bau- und Planungsrecht Normen über die Erschliessung von Grundstücken. Entsprechend bestimmt Art. 7 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985 (BauG BE), dass Bauvorhaben nur bewilligt werden dürfen, wenn das Baugrundstück genügend erschlossen ist. Die Gemeinden können in einer Überbauungsordnung die Erschliessung eines Gebietes vorsehen (Art. 88 BauG). Mit der Genehmigung der Überbauungsordnung wird gleichzeitig das Enteignungsrecht erteilt (Art. 128 BauG BE; ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, Bern 1987, N. 8 zu Art. 88/89). Für den Landerwerb im Strassenbau kann auch die Baulandumlegung durchgeführt werden (Art. 119 BauG BE mit Verweis auf das Strassenbaugesetz). Ob der Kläger einen Anspruch darauf hat, dass das Gemeinwesen mit planerischen Mitteln seine Parzelle zeitgemäss erschliesst, braucht indessen vorliegend nicht beurteilt zu werden. Der direkte Zugang zur öffentlichen Strasse ist nämlich nicht wegen raumplanerischen, sondern aus verkehrstechnischen Gründen abgelehnt worden.

d) Während den öffentlich-rechtlichen Normen für die bestimmungsgemässe Nutzung des Grundstücks und die FestlegungBGE 120 II 185 S. 189der Erschliessungsweise von Bauland entscheidende Bedeutung zukommt, stellt das Bundesgericht für die Frage, ob die vorhandenen Wegverhältnisse eine Zufahrt mit einem Motorfahrzeug aus rechtlicher Sicht erlauben, grundsätzlich nicht auf die öffentlich-rechtlichen Normen ab. So hat es die Voraussetzungen für ein Notwegrecht in einem Fall als nicht erfüllt angesehen, bei dem die Grundeigentümer geltend machten, die von ihnen beabsichtigte Überbauung verlange aus Gründen der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses, dass zwei Motorfahrzeuge auf der Zufahrtsstrasse kreuzen können und die Einfahrt von der Kantonsstrasse in diese ohne grosses Abbremsen möglich sei (BGE 105 II 182). Ein Notweg kann auch nicht beansprucht werden, wenn das Grundstück an die öffentliche Strasse grenzt, aber die Einmündung in diese wegen der Verkehrssicherheit nicht zulässig ist (BGE 110 II 19 f.; nicht veröffentlichter Entscheid vom 30. August 1990 i.S. Baugenossenschaft Z.).

Diese unterschiedliche Berücksichtigung des öffentlichen Rechts mag auf den ersten Blick als widersprüchlich erscheinen, lässt sich aber sehr wohl begründen. Bei der bestimmungsgemässen Nutzung geht es um die privaten Interessen des Grundeigentümers, deren Rahmen durch die öffentlich-rechtliche Bauordnung unter Berücksichtigung öffentlicher Interessen gesteckt wird. Die Frage der Befahrbarkeit eines Weges betrifft demgegenüber die Verkehrssicherheit, das Verkehrsaufkommen sowie den Verkehrsfluss, und damit öffentliche Interessen. Der privatrechtliche Notweg dient der Verwirklichung privater Interessen. Die öffentlichen Interessen hat demgegenüber das öffentliche Recht zu sichern. Daraus schliesst das Bundesgericht, dass eine Wegenot mit öffentlich-rechtlichen Mitteln zu beheben ist, wenn sie ausschliesslich wegen öffentlicher Interessen durch das öffentliche Recht entstanden ist (BGE 117 II 40; vgl. STEINAUER, Les droits réels, Bd. II, Bern 1994, Rz. 1863a).

e) Der Appellationshof hat diese Rechtsprechung nicht übersehen. Er erachtet sie im vorliegenden Fall jedoch als nicht anwendbar, weil es in den bis anhin beurteilten Fällen immer nur um die Frage gegangen sei, ob für die künftige Nutzung ein genügender Zugang zu den öffentlichen Strassen bestehe. Im vorliegenden Fall gehe es aber darum, die gleichgebliebene Nutzung an allgemein veränderte Bedürfnisse anzupassen.

Dem ist insofern zuzustimmen, als für die Frage der Wegbedürfnisse nicht auf den Zonenplan abgestellt werden kann, wenn auf der entsprechenden Liegenschaft bereits ein Wohnhaus steht. Dass diesesBGE 120 II 185 S. 190Haus möglicherweise heute nicht mehr gebaut werden dürfte, ist für die Frage der bestimmungsgemässen Nutzung im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz liegt das mit einem Wohnhaus überbaute Grundstück in einem Weiler, so dass für die bestimmungsgemässe Benutzung ein mit einem Automobil befahrbarer Zugang als nötig angesehen werden kann (BGE 93 II 169; BGE 101 II 317 ff.).

Nicht gefolgt werden kann demgegenüber der Vorinstanz, wenn sie auch mit Bezug auf die Frage, ob der direkte Zugang zur öffentlichen Strasse möglich sei, die zitierte Rechtsprechung nicht angewendet wissen will, bloss weil es um eine bestehende und nicht um eine künftige Nutzung des Grundstücks geht. Es rechtfertigt sich nur deshalb, öffentlich-rechtliche Zufahrtsbeschränkungen unbeachtet zu lassen, weil diese Schranken im öffentlichen und nicht im privaten Interesse erfolgen und deshalb auch das öffentliche Recht für die nötigen Massnahmen und damit auch für die angemessene verkehrstechnische Erschliessung zu sorgen hat. Diese Argumentation ist aber unabhängig davon, ob das Erschliessungsbedürfnis sich aus der hergebrachten oder aus einer neuen Nutzung ergibt.

3. Die Parteien sind sich einig darüber, dass der bestehende Weg insofern ungenügend ist, als er nicht mit einem Auto befahren werden kann. Die Vorinstanz hat in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, dass das Grundstück des Klägers in einem Weiler beziehungsweise in einer Wohnsiedlung liege. Die Wohnnutzung entspricht somit der Bestimmung des Grundstücks und eine motorfahrzeugmässige Erschliessung ist grundsätzlich zeitgerecht (vgl. BGE 107 II 326 ff.). Ein Ausbau des bestehenden Weges kommt schon aus topographischen Gründen nicht in Frage. Gleiches gilt demgegenüber nicht auch für die Möglichkeit einer direkten Erschliessung des Grundstückes, das mit einem etwa 40 m breiten Streifen direkt an die öffentliche Strasse stösst. Nach den unbestrittenen und für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist die direkte motorfahrzeugmässige Erschliessung ausschliesslich aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht möglich. Damit ist aber die Wegenot die Folge von im öffentlichen Interessen erlassener Sicherheitsvorschriften des öffentlichen Rechts. Es ist somit nicht Aufgabe des Nachbarrechts, dem Kläger einen genügenden Zugang zum öffentlichen Strassennetz zu verschaffen. Vielmehr ist es an den kantonalen und kommunalen Nutzungs- und Erschliessungsplänen mit Einschluss der Baulinienpläne, die denBGE 120 II 185 S. 191Verhältnissen angemessene Erschliessung vorzusehen. Damit kann auch eine für den ganzen Weiler sinnvolle Strassenregelung vorgesehen und gegebenenfalls auf dem Enteignungsweg durchgesetzt werden. Dass das kantonal-bernische Recht solche Möglichkeiten grundsätzlich kennt, ist bereits dargelegt worden (vorn E. 2c, am Ende).

Es erweist sich somit, dass keine Wegenot im Sinne von Art. 694 ZGB vorliegt, weshalb die Berufung gutzuheissen ist. Damit werden die weiteren Vorbringen, namentlich den Interessen des Beklagten sei nicht genügend Rechnung getragen worden, gegenstandslos.

BGE 93 III 96

Eigentumsvorbehalt; Konkurs des Erwerbers.

1. Erst vor Bundesgericht die Rückerstattung der Anzahlungen unter Abzug eines Mietzinses und einer Entschädigung für Abnützung zu verlangen (Art. 716 ZGB), ist nicht zulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG; Erw. 1).

2. Ein im Ausland (Deutschland) durch formlose Abrede gültig begründeter Eigentumsvorbehalt an Sachen, die in die Schweiz verbracht werden und deren Erwerber hier wohnt, wird in der Schweiz nur anerkannt, wenn er gemäss Art. 715 ZGB am Wohnort des Erwerbers in das dafür bestimmte Register eingetragen wird (Erw. 2 a).

Unter welchen Voraussetzungen in einem in der Schweiz durchgeführten Konkursverfahren die Aussonderung von unter Eigentumsvorbehalt verkauften, in der Schweiz liegenden Sachen verlangt werden kann, bestimmt sich nach schweizerischem Recht (Erw. 2 b).

3. Fristsetzung zur Aussonderungsklage an den Veräusserer, der im Konkurs des Erwerbers die Herausgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Sachen verlangt (Art. 242 Abs. 2 SchKG; Erw. 3).

4. Die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts greift der Entscheidung des Richters über dessen Wirksamkeit nicht vor (Erw. 4).

5. Ein vor Übergabe der Kaufsache vereinbarter Eigentumsvorbehalt kann grundsätzlich auch nach der Übergabe noch eingetragen werden mit der Wirkung, dass das mit der Übergabe auf den Erwerber übergegangene Eigentum an den Veräusserer zurückfällt. Eintragung auf einseitiges Gesuch des Veräusserers; Art. 4 Abs. 1 und 4 EigVorbV (Erw. 5).

6. Ein Eigentumsvorbehalt, der erst nach der Eröffnung des Konkurses über den Erwerber eingetragen wird, ist in diesem Konkurs nicht zu beachten (Art. 197, 204 SchKG; Art. 715 ZGB; Erw. 6, 7).


1. Auf das Berufungsbegehren 2 ist nicht einzutreten, da es neu ist (Art. 55 Abs. 1 lit. b OG). Indem das ZGB den Anspruch auf Rückgabe der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Gegenstände davon abhängig macht, dass die vom Erwerber geleisteten Abzahlungen unter Abzug eines angemessenen Mietzinses und einer Entschädigung für Abnützung zurückerstattet werden (Art. 716 ZGB), befreit es die Parteien nicht von der Pflicht, entsprechende Begehren rechtzeitig und in prozessual gültiger Form zu stellen.

Das Berufungsbegehren 2 wird im übrigen gegenstandslos, wenn in Gutheissung des Berufungsbegehrens 1 die Klage auf Herausgabe der streitigen Gegenstände abgewiesen wird.

2. Die Vorinstanz hat nach schweizerischem Rechte beurteilt, ob die Klägerin den beim Kauf der streitigen Gegenstände vereinbarten, aber erst nach Eröffnung des Konkurses über den Erwerber eingetragenen Eigentumsvorbehalt in diesem Konkurs mit Erfolg geltend machen könne. Die Klägerin vertritt demgegenüber die Auffassung, die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts beurteile sich nach deutschem Recht, das eine Eintragung nicht verlangt (§ 455 BGB). Die Vorinstanz hat die Frage des anwendbaren Rechts jedoch richtig entschieden.

a) Für bewegliche Sachen gilt heute wie für Liegenschaften grundsätzlich das Gesetz der Ortslage (lex rei sitae; BGE 74 II 228 E. 4, BGE 75 II 129 E. 6). Im Falle einer Änderung dieser Lage werden die Rechte an einer beweglichen Sache, die nach dem Gesetz der bisherigen Lage entstanden waren, am neuen Ort in der Regel anerkannt (BGE 74 II 228 E. 4 mit Hinweisen). Vorbehalten bleiben jedoch Vorschriften der am neuen Ort geltenden Rechtsordnung, die den Fortbestand dieser Rechte an bestimmte, dem Gesetz des frühern Ortes nicht bekannte Voraussetzungen knüpfen. Auf jeden Fall sind die um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellten Vorschriften des Gesetzes der neuen Ortslage zu wahren. Rechte, die sich mit dieserBGE 93 III 96 S. 101Gesetzgebung nicht vertragen, können in deren Bereich nicht anerkannt werden (vgl. zu diesen Vorbehalten, an denen der Wille der Beteiligten nichts ändern kann, namentlich FRANKENSTEIN, Internationales Privatrecht [IPR], II. Band, Berlin 1929, S. 46 ff., 66; HAAB, Kommentar zum Sachenrecht, 1. Lieferung, Zürich 1929, Einleitung N. 70 S. 36; LEWALD, Das deutsche IPR, Leipzig 1931, S. 184 ff.; SCHNITZER, Handbuch des IPR, 4. Aufl., II. Band, Basel 1958, S. 574 ff.; RAAPE, IPR, 5. Aufl., Berlin u. Frankfurt a.M. 1961, S. 596 ff. unter II; KEGEL, IPR, 2. Aufl., München u. Berlin 1964, S. 251 f. unter III; C. PRIVAT, Der Einfluss der Rechtswahl auf die rechtsgeschäftliche Mobiliarübereignung im IPR, Bonn 1964, S. 125 ff.).

Der Eigentumsvorbehalt bedarf nach schweizerischem Recht nicht nur zu seiner Begründung, sondern auch zu seinem Fortbestand der Eintragung in dem vom Betreibungsamt zu führenden Register (Art. 715 ZGB). Diese Eintragung ist um der öffentlichen Ordnung willen vorgeschrieben (BGE 42 III 174 E. 1; LEEMANN, 2. Aufl. 1920, N. 80 zu Art. 715 ZGB, mit Hinweisen). Nicht eingetragene Eigentumsvorbehalte vertragen sich nicht mit der schweizerischen Rechtsordnung, die auf die Erkennbarkeit der dinglichen Rechte für Dritte Wert legt. Ein in Deutschland durch eine formlose Abrede gültig begründeter Eigentumsvorbehalt an Sachen, die in die Schweiz verbracht werden und deren Erwerber hier wohnt, kann daher in der Schweiz nur dann und erst dann anerkannt werden, wenn er gemäss Art. 715 ZGB am Wohnsitz des Erwerbers in das dafür bestimmte Register eingetragen wird (so auch die übereinstimmende Auffassung der genannten deutschen und schweizerischen Autoren: FRANKENSTEIN S. 66 Fussnote 93, LEEMANN Einleitung N. 40 S. 11, HAAB, a.a.O., LEWALD S. 189, SCHNITZER S. 575, RAAPE S. 597, KEGEL S. 252, PRIVAT S. 127 f.; die Ansicht dieses letzten Autors, die Registrierung des Eigentumsvorbehalts müsse nach schweizerischem Recht unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags erfolgen, so dass für den ausländischen Verkäufer keine Möglichkeit bestehe, sein etwa in Deutschland wirksam vorbehaltenes Eigentum in der Schweiz durchzusetzen, wird durch den von ihm angerufenen Entscheid BGE 60 II 191ff. nicht gestützt und widerspricht der herrschenden Rechtsprechung und Lehre; vgl. BGE 42 III 175/76 und SCHERRER N. 69 zu Art. 715/716 ZGB mit Hinweisen).

b) Unter welchen Voraussetzungen in einem in der SchweizBGE 93 III 96 S. 102durchgeführten Konkursverfahren die Aussonderung von unter Eigentumsvorbehalt verkauften, in der Schweiz liegenden Sachen verlangt werden kann, bestimmt sich nach schweizerischem Recht. Dieses ist für die konkursrechtlichen Fragen als das am Sitz der handelnden Behörde geltende Recht, für die zivilrechtlichen Fragen im Sinne von lit. a hievor als das Gesetz der Ortslage massgebend (vgl. GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht der Schweiz, Zürich 1951, S. 182 f.; SOVILLA, Eigentumsübergang an beweglichen körperlichen Gegenständen bei internationalen Käufen, Freiburg/Schweiz 1954, S. 57).

3. Die Klägerin macht geltend, das Konkursamt habe sie nicht gestützt auf Art. 242 SchKG in die Klägerrolle drängen dürfen; es hätte sie mit Rücksicht auf die erhöhte Beweiskraft, die den Eintragungen im Register der Eigentumsvorbehalte unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Vornahme zukomme, als Eigentümerin betrachten und daher annehmen müssen, Meier habe an den streitigen Gegenständen keinen ausschliesslichen Gewahrsam, auch wenn sie sich bei Konkurseröffnung in seinen Händen befanden; das Konkursamt habe mit der Fristsetzung nach Art. 242 SchKG einen schwerwiegenden Fehler begangen, der die Nichtigkeit seiner Verfügung nach sich ziehe; die Gläubiger hätten die Klägerrolle übernehmen sollen; da das Konkursamt die Parteirollen falsch verteilt habe, sei die Berufung abzuweisen.

Eine Klagefristsetzung, die auf einer unrichtigen Beurteilung der Gewahrsamsverhältnisse beruht, ist jedoch deswegen nicht schlechthin nichtig, sondern kann wegen dieses Mangels nur innert der Frist des Art. 17 Abs. 2 SchKG durch Beschwerde angefochten werden. Die Nichtigkeit der Fristsetzung vom 12. Juli 1966 würde zudem entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zur Abweisung der Berufung, d.h. zur Bestätigung des die Klage gutheissenden Urteils der Vorinstanz führen, sondern dem von der Klägerin gestützt auf diese Fristsetzung angehobenen Aussonderungsprozess die Grundlage entziehen. Im übrigen erfolgte diese Fristsetzung offensichtlich zu Recht. Die Konkursverwaltung ist nach ständiger Rechtsprechung zu Art. 242 SchKG befugt, über die Herausgabe beweglicher Sachen zu verfügen und dem Dritten, dessen Eigentumsanspruch sie für unbegründet hält, Frist zur Klage zu setzen, wenn sich die betreffenden Sachen im ausschliesslichen Gewahrsam der Masse befinden (BGE 76 III 12 und BGE 85 III 50 f. mit Hinweisen,BGE 93 III 96 S. 103BGE 85 III 145). Unter Gewahrsam ist dabei die tatsächliche Verfügungsgewalt zu verstehen. Die tatsächliche Verfügungsgewalt über die streitigen Gegenstände lag bis zur Konkurseröffnung vom 23. Februar 1966 ausschliesslich bei Meier und hernach bei der Masse. Die am 25. April 1966 erfolgte Eintragung im Register der Eigentumsvorbehalte hatte auf die Gewaltverhältnisse keinen Einfluss und war daher für die Verteilung der Parteirollen unerheblich. Im Konkurs gilt in dieser Hinsicht das gleiche wie in der Betreibung auf Pfändung, wo im Falle, dass ein Dritter an einer beim Schuldner gepfändeten Sache einen Eigentumsvorbehalt geltend macht, dieser Dritte bei Bestreitung seines Anspruchs ohne Rücksicht auf den Registereintrag zur Klage aufgefordert wird (vgl. die obligatorischen Formulare Nr. 20 und 25). Nichts Abweichendes ergibt sich aus den von der Klägerin angerufenen Entscheiden BGE 41 III Nr. 22 S. 107 ff. (wo das Bundesgericht der Anwendung von Art. 242 SchKG auf von der Masse nur als Pfand beanspruchte Sachen entgegentrat), BGE 72 III 20ff. (wo die Klägerrolle mangels ausschliesslichen Gewahrsams des betriebenen Schuldners dem Gläubiger zugewiesen wurde) und BGE 76 III 9ff. (wo die Anwendung von Art. 242 SchKG auf gewöhnliche Forderungen abgelehnt und die Anwendung dieser Bestimmung auf körperliche Sachen und Wertpapiere, wie schon erwähnt, vom ausschliesslichen Gewahrsam des Gemeinschuldners bzw. der Masse abhängig gemacht wurde).

4. Die Klägerin ist der Meinung, die Konkursmasse hätte, wenn sie gegen die Eintragung des Eigentumsvorbehalts etwas vorkehren wollte, gemäss Art. 21 der Verordnung des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte vom 19. Dezember 1910/23. Dezember 1932/23. Dezember 1953/29. Oktober 1962 (EigVorbV) und Art. 17 ff. SchKG rechtzeitig Beschwerde führen müssen; da sie das nicht getan habe, sei die Eintragung formell heute noch rechtsgültig (BGE 78 II 366); die kantonalen Gerichte wären nicht befugt gewesen, "die zivilrechtliche Wirksamkeit des formell gültig eingetragenen Eigentumsvorbehaltes derart weitgehend zu prüfen"; da der Eintrag dem übereinstimmenden Willen der Parteien entsprochen habe, müsse im vorliegenden Verfahren dessen volle zivilrechtliche Wirksamkeit auch vom Bundesgericht anerkannt werden; das sei ein weiterer Grund zur Abweisung der Berufung.

Das Betreibungsamt hat einen Eigentumsvorbehalt einzutragen,BGE 93 III 96 S. 104wenn die formellen Voraussetzungen der Eintragung erfüllt sind. Es hat nicht zu prüfen, ob der Kaufvertrag gültig sei und die verlangte Eintragung die ihr zugedachten materiellen Wirkungen entfalten könne. Die Eintragung greift daher der gerichtlichen Entscheidung über die Wirksamkeit des eingetragenen Eigentumsvorbehaltes nicht vor (BGE 47 III 20/21, BGE 89 III 32 und 57, BGE 91 III 39). Der Entscheid BGE 78 II 366, auf den die Klägerin sich beruft, behält in Übereinstimmung mit den bereits angeführten Entscheiden nur die Prüfung der formellen Voraussetzungen der Eintragung den Aufsichtsbehörden vor. Die erfolgte Eintragung beschränkt also die Befugnis der Gerichte zur Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes in keiner Weise.

5. Wie schon bemerkt, braucht der Eigentumsvorbehalt, um gültig zu sein, nicht unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrags eingetragen zu werden (oben Erw. 2 a am Ende). Die Eintragung kann vielmehr auch nach der Übergabe der Kaufsache an den Erwerber noch wirksam erfolgen, sofern der Eigentumsvorbehalt, wie es hier zutrifft, vor der Übergabe gültig vereinbart worden ist. Das Eigentum geht in einem solchen Falle gemäss Art. 714 Abs. 1 ZGB mit der Übergabe der Kaufsache zunächst auf den Erwerber über und fällt mit der Eintragung an den Veräusserer zurück (BGE 42 III 175; SCHERRER N. 69 zu Art. 715/716 ZGB mit Hinweisen; Botschaft des Bundesrates betr. den Entwurf eines Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag, BBl 1960 I 523ff., 585). Das ZGB sieht für die Eintragung keine Frist vor. Der Vorschlag des Bundesrates, durch das eben erwähnte Gesetz in Abänderung von Art. 715 ZGB eine solche Frist einzuführen (BBl 1960 I 550, 585, 596), wurde von den eidgenössischen Räten abgelehnt (StenBull 1961, NR S. 448 ff., StR S. 238 f.; StenBull 1962, NR S. 10 f.).

Die Eintragung kann nach Art. 4 Abs. 1 EigVorbV von beiden Parteien gemeinsam oder von einer derselben, mündlich oder schriftlich, nachgesucht werden. Eine einseitige Anmeldung ist nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung nur zu berücksichtigen, wenn gleichzeitig das schriftliche Einverständnis der andern Partei, und zwar in allen für die Eintragung wesentlichen Punkten, beigebracht wird. Praktisch ist es meist der - an der Eintragung allein interessierte - Veräusserer, der die Anmeldung unter Vorlegung des Kaufvertrages besorgt.

BGE 93 III 96 S. 105

6. Der Ausgang des vorliegenden Prozesses hängt nun davon ab, ob der Veräusserer die Eintragung des Eigentumsvorbehalts auf Grund eines dieses Rechtsverhältnis vorsehenden Vertrages, wie ihn die Klägerin mit Meier abgeschlossen hatte, auch nach der Eröffnung des Konkurses über den im Besitz der Sache befindlichen Erwerber noch herbeiführen kann, und zwar mit der Wirkung, dass der Eigentumsvorbehalt in diesem Zwangsvollstreckungsverfahren zu beachten ist.

Diese Frage ist umstritten. Sie wird bejaht von E. CURTI (SJZ 1965 S. 320 ff.), dem E. BUCHER (ZBJV 1966 S. 294) darin beistimmt, dass die dem Veräusserer zustehende Befugnis, den Eigentumsvorbehalt einseitig zur Eintragung anzumelden, ein Gestaltungsrecht sei. Ein Urteil des Bezirksgerichtes Horgen (Einzelrichter) vom 28. Februar 1962 (SJZ 1962 S. 357) kam zum Schlusse, ein erst nach der Pfändung eingetragener Eigentumsvorbehalt gehe dem Pfändungsbeschlag vor. SCHERRER (N. 69 ff. zu Art. 715/716 ZGB) betrachtet die Möglichkeit, die Eintragung noch während eines Zwangsvollstreckungsverfahrens gegen den Erwerber mit Wirkung für dieses Verfahren herbeizuführen, als notwendige Folge der - von ihm als stossend empfundenen - Praxis, wonach der Veräusserer mit der Anmeldung grundsätzlich beliebig lange zuwarten kann. Zahlreiche Autoren vertreten demgegenüber die Auffassung, der Veräusserer könne den Eigentumsvorbehalt nach Eröffnung des Konkurses über den Erwerber nicht mehr mit Wirkung für dieses Verfahren eintragen lassen (LEEMANN, SJZ 6/1910 S. 283 und Kommentar, 2. Aufl. 1920, N. 48 zu Art. 715 ZGB; JAEGER, Kommentar, 3. Aufl. 1911, N. 2 zu Art. 204 SchKG; O. LUTZ, Der Eigentumsvorbehalt nach schweiz. Recht, Diss. Leipzig 1916, S. 33; E. BECK, Der Eigentumsvorbehalt nach dem schweiz. ZGB, Diss. Bern 1916, S. 126 f.; J. O. RAUCH, Der Eigentumsvorbehalt. .., Diss. Leipzig 1933, S. 64; E. ZIMMERMANN, Die Aussonderung im schweiz. Konkurssrecht, Diss. Freiburg/Schweiz 1952, S. 74; A. STAEHELIN, SJZ 1963 S. 115; B. HABERTHÜR, BlSchK 1964 S. 4 f.; GULDENER, SJZ 1965 S. 338 f.; STOFER, Kommentar zum Bundesgesetz über den Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag, Ergänzungsband 1, 1966, S. 24; F. SCHWARZENBACH, Der Eigentumsvorbehalt, Diss. Zürich 1967, S. 61 f.).

Das Bundesgericht hat zu dieser Streitfrage noch nicht Stellung genommen. Insbesondere befassen sich die von derBGE 93 III 96 S. 106Klägerin angerufenen Entscheide BGE 47 III 18ff. und BGE 78 II 361ff. nicht mit dieser Frage. Im ersten dieser Entscheide erklärte die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer nur, einer Anmeldung, die der Veräusserer nach der öffentlichen Bekanntmachung einer dem Erwerber gewährten Nachlassstundung vorgenommen hatte, sei Folge zu geben. Dabei überliess sie die Beurteilung der Wirksamkeit des einzutragenden Eigentumsvorbehalts dem ordentlichen Richter. Der Entscheid BGE 78 II 361ff. befasst sich überhaupt nicht mit dem Verhältnis zwischen dem Eigentumsvorbehalt und Vollstreckungsmassnahmen gegen den Erwerber, sondern hat nur die Frage zum Gegenstand, ob ein nach dem Tode des Erwerbers unter Missachtung einer Ordnungsvorschrift eingetragener Eigentumsvorbehalt gültig sei. - Der von der Klägerin ebenfalls herangezogene Entscheid der bernischen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen vom 3. Juni 1936 (ZBJV 1937 S. 294; vgl. JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis 1911-1945, II S. 142, N. 2 zu Art. 4 EigVorbV) sagt nur, das Betreibungsamt dürfe nach Eröffnung des Konkurses über den Käufer die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts an Gegenständen, die als Kompetenzstücke ausgeschieden wurden und daher nicht zur Konkursmasse gehören, nicht ablehnen.

Die Vorinstanz hat im wesentlichen erwogen, die Konkursmasse trete in die Rechte und Pflichten des Gemeinschuldners ein (BGE 87 II 172); der unter - noch nicht eingetragenem - Eigentumsvorbehalt erworbene Gegenstand gehöre nicht endgültig zum Vermögen des Erwerbers, sondern könne ihm durch einen einfachen Gestaltungsakt des Veräusserers wieder entzogen werden; die in Art. 204 SchKG vorgesehene Beschränkung der Verfügungsgewalt des Gemeinschuldners stehe der Wirksamkeit eines vor Übergabe der Sache und vor der Konkurseröffnung schriftlich vereinbarten Eigentumsvorbehaltes, den der Veräusserer in Ausübung seines Gestaltungsrechts nach der Konkurseröffnung eintragen lasse, nicht entgegen; die materiellrechtliche Stellung der Gläubiger und anderer Geschäftspartner des Schuldners werde durch die Konkurseröffnung nicht grundsätzlich verändert; eine Beeinträchtigung der Rechte dieser Personen dürfe nur angenommen werden, wo sie vom Gesetz angeordnet oder vom Gebot der gleichmässigen Befriedigung aller Gläubiger zwingend verlangt werde; dasBGE 93 III 96 S. 107Gesetz bestimme nicht ausdrücklich, dass ein vereinbarter Eigentumsvorbehalt nach der Konkurseröffnung nicht mehr wirksam eingetragen werden könne; Art. 213 SchKG beweise, dass die Konkurseröffnung die Ausübung von Gestaltungsrechten Dritter nicht schlechthin ausschliesse; Art. 212 SchKG beziehe sich nur auf den Fall eines bloss obligatorischen Rücktrittsvorbehalts; dem Gesetz lasse sich indes auch nicht eindeutig entnehmen, dass ein nach der Konkurseröffnung eingetragener Eigentumsvorbehalt in diesem Verfahren zu beachten sei; vielmehr liege eine echte Gesetzeslücke vor, die der Richter auszufüllen habe; die Eintragung der Eigentumsvorbehalte bezwecke weniger den Schutz der Gläubiger bei der Kreditgewährung als jenen des Verkäufers vor der Gefahr des gutgläubigen Erwerbs der Kaufsache durch einen Dritten; gegenüber dem Interesse der Gläubiger am unveränderten Bestand der Konkursmasse verdiene das Interesse des Verkäufers, der den vereinbarten Eigentumsvorbehalt möglicherweise aus entschuldbaren Gründen noch nicht eintragen liess und der bei Unwirksamkeit einer nach der Konkurseröffnung erfolgten Eintragung der Gefahr kaum zu rechtfertigender Schädigungen ausgesetzt wäre, den Vorzug; es rechtfertige sich daher, "dem Fehlen einer Eintragung. .. bei Konkurseröffnung, das einem [gemeint: entschuldbaren] Formmangel nahekommt, im Interesse der Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit keine entscheidende Bedeutung beizumessen", sondern die nach der Konkurseröffnung erfolgte Eintragung als wirksam zu betrachten.

7. Nach Art. 197 Abs. 1 SchKG bildet sämtliches Vermögen, das dem Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung angehört, gleichviel, wo es sich befindet, eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger dient. Ausgenommen sind nach Satz 2 dieser Bestimmung die in Art. 92 bezeichneten Vermögensteile.

Das SchKG unterwirft damit das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehörende Vermögen mit Ausnahme der Kompetenzstücke dem sog. Konkursbeschlag, einer öffentlichrechtlichen Beschlagnahme, die den Gläubigern das Recht verschafft, nach Massgabe des Gesetzes aus diesem Vermögen befriedigt zu werden (vgl. hiezu namentlich BLUMENSTEIN, Handbuch des schweiz. Schuldbetreibungsrechtes, 1911, S. 549; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung,BGE 93 III 96 S. 108II. Band 1955, S. 43; FAVRE, Droit des poursuites, 2. Aufl. 1967, S. 265 f.). Die gleiche Regelung gilt nach Art. 197 Abs. 2 SchKG für Vermögen, das dem Gemeinschuldner vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt (welcher Fall hier nicht in Frage steht). Unter dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung, auf den Art. 197 Abs. 1 SchKG für die Abgrenzung zwischen dem vom Konkurs erfassten Vermögen des Gemeinschuldners und dem Vermögen Dritter abstellt, ist der im Konkurserkenntnis festgestellte Zeitpunkt der Fällung dieses Erkenntnisses zu verstehen (Art. 175 SchKG; JAEGER, N. 4 A zu Art. 197 SchKG).

Als am 23. Februar 1966 der Konkurs über Meier ausgesprochen wurde, standen die Gegenstände, welche die Klägerin ihm im November 1965 geliefert hatte, mangels Eintragung des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes in seinem Eigentum. Dass es sich dabei um Kompetenzstücke handle (worüber die Aufsichtsbehörden zu entscheiden gehabt hätten) wird nicht behauptet. Die streitigen Gegenstände gehören daher gemäss Art. 197 Abs. 1 SchKG zur Konkursmasse, die der Verwertung zugunsten der Gläubiger unterliegt.

Die Argumente, mit denen die Klägerin und die Vorinstanz ihre gegenteilige Schlussfolgerung zu begründen suchen, halten nicht stand.

a) Es mag zutreffen, dass die Befugnis des Veräusserers, auf Grund eines den Eigentumsvorbehalt vorsehenden Kaufvertrags dessen Eintragung ohne Mitwirkung des Erwerbers zu beantragen, zu den sogenannten Gestaltungsrechten zu zählen ist und dass die Pflichten des Gemeinschuldners im allgemeinen von der Konkursmasse zu tragen sind (vgl. zu diesem zweiten Punkte BGE 87 II 172). Daraus folgt aber nicht, dass Gegenstände, die zur Zeit der Konkurseröffnung mangels vorheriger Eintragung des vereinbarten Eigentumsvorbehalts dem Gemeinschuldner gehörten, aus der Konkursmasse auszusondern seien, wenn der Veräusserer den Eigentumsvorbehalt nachträglich eintragen lässt. Eine solche nachträgliche Eintragung dürfte zwar zulässig sein und bei einem allfälligen Konkurswiderruf wirksam werden (so LEEMANN in SJZ 6/1910 S. 283 sowie LUTZ, BECK, RAUCH, HABERTHÜR und SCHWARZENBACH, je a.a.O.). In dem zur Zeit der Eintragung hängigen Konkursverfahren muss eine solche Eintragung jedoch wirkungslos bleiben, weil sie nichts daran zu ändern vermag, dass die Sache im massgebenden Zeitpunkt der Konkurseröffnung dem GemeinschuldnerBGE 93 III 96 S. 109gehörte. Es trifft nicht zu und wird durch den von der Vorinstanz angerufenen Entscheid BGE 42 III 175 keineswegs bestätigt, dass das dem Verkäufer beim Vorliegen des schriftlichen Einverständnisses des Käufers zustehende "Gestaltungsrecht" schon die "dingliche Sicherung des automatischen Rückfalls des Eigentums" in sich schliesse, wie die Vorinstanz annimmt. Vor der Eintragung steht dem Veräusserer keinerlei dingliche Berechtigung an der Kaufsache zu, insbesondere kein Eigentumsrecht, wie es zur Begründung des Aussonderungsanspruchs nötig wäre. Das Recht zum Rücktritt vom Vertrage, das durch die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts stillschweigend mitbegründet wird, und der obligatorische Anspruch auf Rückgabe der Kaufsache, der bei Ausübung dieses Rechts entsteht (vgl. BGE 90 II 292, BGE 90 IV 183), können gemäss Art. 212 SchKG im Konkurs nicht geltend gemacht werden.

Der Sammelbegriff "Gestaltungsrecht" dient zur Benennung sehr verschiedenartiger Rechtsbeziehungen (vgl. MERZ, in Festgabe für Aug. Simonius, 1955: "Zur zeitlichen Begrenzung der Kaufs-, Vorkaufs- und Rückkaufsrechte" S. 236 ff. unter II Ziff. 1, bes. 237/238). Sein Gebrauch dispensiert nicht davon, das im einzelnen Falle bestehende Rechtsverhältnis auf Inhalt und Tragweite der Befugnisse zu überprüfen. Hier geht es um die Frage, ob ein nach Gesetz erst durch Registereintrag zu dinglicher Wirkung kommender Eigentumsvorbehalt sich gegenüber dem Beschlagsrecht der Konkursmasse durch nachträgliche Eintragung noch mit solcher Wirkung durchsetzen lässt.

b) Es ist richtig, dass Art. 204 SchKG nur erklärt, nach der Konkurseröffnung vorgenommene Rechtshandlungen des Gemeinschuldners in bezug auf Bestandteile der Konkursmasse seien den Konkursgläubigern gegenüber ungültig, und dass es, wenn der Eigentumsvorbehalt schriftlich vereinbart wurde, für die Eintragung keiner weitern Rechtshandlung des Erwerbers bedarf. Aus Art. 197 Abs. 1 SchKG folgt jedoch, dass Gegenstände, die zur Zeit der Konkurseröffnung dem Gemeinschuldner gehörten, dem Konkursbeschlag auch nicht durch einseitige Handlungen Dritter entzogen werden können (vgl. JAEGER N. 2 zu Art. 204 SchKG). Aus diesem Grunde hat das Bundesgericht in dem von JAEGER angeführten EntscheideBGE 27 II 193ff., wo ein Pfandrecht an einer LebensversicherungspoliceBGE 93 III 96 S. 110zu beurteilen war und der Pfandgläubiger die nach Art. 215 aoR (nun Art. 73 Abs. 1 VVG) für die Verpfändung erforderliche Benachrichtigung des Drittschuldners (Versicherers) erst nach Anordnung der konkursamtlichen Liquidation des Nachlasses des Pfandschuldners vorgenommen hatte, die Klage des Pfandgläubigers gegen die Konkursmasse auf Anerkennung des Pfandrechts abgewiesen (siehe namentlich S. 198 Erw. 6; zustimmend W. KOENIG, Abtretung und Verpfändung von Personen-Versicherungsansprüchen nach schweiz. Recht, Diss. Bern 1924, S. 192; OSTERTAG/HIESTAND, Das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 1928, N. 5 zu Art. 73; ROELLI/JAEGER, Kommentar zum VVG, III. Bd. 1933, N. 99 in Verbindung mit N. 63 zu Art. 73). Entsprechendes muss gelten, wenn der Veräusserer die Eintragung eines Eigentumsvorbehalts erst nach Eröffnung des Konkurses über den Erwerber erwirkt.

c) Art. 213 SchKG, der die Verrechnung einer vor der Konkurseröffnung entstandenen Forderung gegen den Gemeinschuldner mit einer vor diesem Zeitpunkt entstandenen Forderung des Gemeinschuldners zulässt, ist eine Sondervorschrift, aus der keine allgemeinen Schlüsse mit Bezug auf die Ausübung von sogenannten Gestaltungsrechten gegenüber der Konkursmasse gezogen werden dürfen.

Die Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte, in deren Art. 4 die Vorinstanz die Grundlage des dem Veräusserer zustehenden "Gestaltungsrechtes" sieht, enthält im übrigen, wenn man von der Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 über die Frist für die Neueintragung bei einem Wohnortswechsel des Erwerbers und über die Folgen der Versäumung dieser Frist absieht, nicht Vorschriften des materiellen Rechts, sondern regelt nur die Führung des Registers (BGE 78 II 366). Schon deshalb lässt sich daraus, dass Art. 4 dem Veräusserer die einseitige Anmeldung des schriftlich vereinbarten Eigentumsvorbehalts zur Eintragung gestattet, nicht der materiellrechtliche Schluss ziehen, der Veräusserer könne durch eine von ihm erst nach der Eröffnung des Konkurses über den Erwerber veranlasste Eintragung die Befreiung der betreffenden Gegenstände vom Konkursbeschlag erreichen.

Die Befugnis des Veräusserers, die Eintragung eines schriftlich vereinbarten Eigentumsvorbehalts einseitig zu beantragen, lässt sich freilich nicht bloss aus Art. 4 der erwähnten Verordnung, sondern auch daraus ableiten, dass der Erwerber, derBGE 93 III 96 S. 111dem Veräusserer im Kaufvertrag einen Eigentumsvorbehalt zugesteht, ihn damit stillschweigend ermächtigt, diesen Vorbehalt eintragen zu lassen. Soweit diese Ermächtigung dem Veräusserer nicht bloss die registerrechtliche Legitimation zur Anmeldung der Eintragung verschafft, sondern ihm die materiellrechtliche Befugnis verleiht, einseitig den Rückfall des mit der Übergabe auf den Erwerber übergegangenen Eigentums herbeizuführen, kann sie sich jedoch gemäss Art. 197 und 204 SchKG (vgl. auch Art. 35 Abs. 1 OR) gegenüber der Konkursmasse nicht auswirken.

d) Da das Gesetz (namentlich Art. 197 SchKG in Verbindung mit Art. 715 Abs. 1 ZGB) die Entscheidung der vorliegenden Streitfrage erlaubt, liegt keine Gesetzeslücke vor, die der Richter nach Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB auszufüllen hätte. Die Würdigung der beteiligten Interessen im Lichte der Zwecke, die das Gesetz (insbesondere Art. 715 Abs. 1 ZGB) verfolgt, stützt im übrigen das schon aus dem Gesetzeswortlaut zu gewinnende Ergebnis.

Zu Unrecht glaubt die Vorinstanz, der eigentliche Zweck der Eintragung liege im Schutz des Verkäufers vor der Gefahr eines gutgläubigen Erwerbs der verkauften Sache durch einen Dritten. Die Eintragung vermag einen solchen Erwerb nicht zu verhindern; denn es besteht keine Vermutung dafür, dass Drittpersonen die Eintragungen im Register der Eigentumsvorbehalte kennen (BGE 42 II 580ff. Erw. 2; LEEMANN, 2. Aufl., N. 44-46 zu Art. 715 ZGB; SCHERRER N. 79 zu Art. 715/716 ZGB).

Das Erfordernis der Eintragung soll vielmehr den Personen, die jemandem Kredit gewähren wollen, die Feststellung erlauben, ob an den im Besitz des Kreditnehmers befindlichen Gegenständen ein Eigentumsvorbehalt bestehe, damit sie sich vor einer falschen Beurteilung der Vermögenslage des Kreditnehmers schützen können (BGE 42 II 15 und 581 f., BGE 45 II 273, BGE 82 IV 186; LEEMANN N. 30 zu Art. 715; SCHERRER N. 78 zu Art. 715/716 ZGB; TUOR, Das schweiz. ZGB, 7. Aufl., 1965, S. 533). Hiebei bleibt es, obwohl die Gegner der vom Bundesrat vorgeschlagenen Befristung der Eintragungsmöglichkeit diesen Zweck bei der Beratung des Gesetzes über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag nicht würdigten, sondern sich ausschliesslich von Rücksichten auf die Vertragsparteien und die registerführenden Betreibungsämter leiten liessen (StenBull 1961, NR S. 448 ff., StR S. 238 f.; 1962, NR S. 10 f.).

Der Vorinstanz ist zuzugeben, dass die mangels einer solchenBGE 93 III 96 S. 112Frist bestehende Möglichkeit, die Eintragung erst lange nach der Übergabe der Sache vornehmen zu lassen, die Erreichung des erwähnten Zwecks erheblich beeinträchtigt. Das ist aber kein Grund dafür, diesen Zweck völlig ausser acht zu lassen, wie es geschähe, wenn der Eigentumsvorbehalt sogar nach Eröffnung des Konkurses über den Erwerber, in einem Zeitpunkt also, wo der Eintrag den kreditierenden Gläubigern in keinem Falle mehr nützen kann, noch mit Wirkung für dieses Zwangsvollstreckungsverfahren eingetragen werden könnte. Die Eintragung würde dadurch, wie GULDENER (SJZ 1965 S. 339 Ziff. 5) zutreffend bemerkt, zur leeren Formalität.

Dem Veräusserer geschieht dadurch, dass die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts im Konkurs von der vorherigen Eintragung abhängig gemacht wird, kein Unrecht. Er hat die Möglichkeit, den Eigentumsvorbehalt sofort nach Abschluss des Kaufvertrags eintragen zu lassen. Übergibt er dem Erwerber die Kaufsache vor der Eintragung, so handelt er auf seine eigene Gefahr. Ausländischen Lieferanten, die sich das Eigentum vorbehalten wollen, ist zuzumuten, sich über die am Bestimmungsort der Ware (Wohnort des Erwerbers) geltenden Vorschriften zu erkundigen. Die von der Vorinstanz erwähnte Gefahr, dass der Veräusserer durch ein missbräuchliches Zusammenwirken zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern geschädigt werden könnte, liegt praktisch so fern, dass sie die Lösung der zu entscheidenden Frage nicht zu beeinflussen vermag; dies um so weniger, als der Veräusserer die Möglichkeit hat, solche Gefahren durch sofortige Eintragung abzuwenden. Das Fehlen der für die Gültigkeit des Eigentumsvorbehalts erforderlichen Eintragung lässt sich endlich auch keineswegs einem unbedeutenden, entschuldbaren Formmangel gleichsetzen.

8. Mit der Abweisung der Aussonderungsklage tritt die Bedingung ein, unter der die Teilforderung der Klägerin von Fr. 24'285.35 als Forderung 5. Klasse kolloziert wurde.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:

Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich (III. Zivilkammer) vom 16. Dezember 1966 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

BGE 106 II 197

Art. 715 Abs. 1 ZGB.

Der in einem Land nach dessen Recht formfrei gültig vereinbarte Eigentumsvorbehalt hat in der Schweiz, wo der Registereintrag gemäss Art. 715 ZGB Gültigkeitsvoraussetzung ist, ohne diesen Registereintrag keinen Bestand. Ordre-public-Charakter des Eintrags im Eigentumsvorbehaltsregister.


3. Durch das Bundesgericht zu beurteilen bleibt die Frage, ob der nach deutschem Recht gültig vereinbarte Eigentumsvorbehalt vor dem schweizerischen internationalen Privatrecht Bestand haben kann. Das ist eine vom Bundesgericht zu überprüfende Frage des Bundesrechts.

Das Obergericht hat entschieden, dass nach den Regeln des schweizerischen internationalen Privatrechts die Frage, ob für die nach der Schweiz verbrachten Automobile der Eigentumsvorbehalt gültig begründet worden sei, nach Massgabe des schweizerischen materiellen Rechts zu beurteilen sei. Es hat die Frage unter Hinweis auf die einschlägige schweizerische und deutsche Literatur sowie auf BGE 93 III 100 verneint.

Im zitierten Entscheid hat das Bundesgericht in Anlehnung an BGE 42 III 174 ausgeführt, der in Art. 715 ZGB vorgeschriebene Registereintrag stelle eine um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellte unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines Eigentumsvorbehalts in der Schweiz dar. Ein in Deutschland durch formlose Abrede gültig begründeter Eigentumsvorbehalt an Sachen, die in die Schweiz verbracht würden und deren Erwerber hier wohne, könne daher in der Schweiz nur dann und erst dann anerkannt werden, wenn er gemäss Art. 715 ZGB am Wohnsitz des Erwerbers in das dafür bestimmte Register eingetragen werde. Das Urteil betraf einen Fall, in welchem der Erwerber Wohnsitz in der Schweiz hatte, so dass es ohne weiteres möglich gewesen wäre, den Eigentumsvorbehalt hier im Register eintragen zu lassen. Daraus schliesst die Klägerin, wo ein Wohnsitz des Erwerbers in der Schweiz fehle und mithin der Eintrag im Eigentumsvorbehaltsregister nicht möglich sei, müsse ein in Deutschland gültig vereinbarter Eigentumsvorbehalt von der schweizerischen Rechtsordnung auch für die Zeit anerkannt werden, während welcher sich die Sache vorübergehend in der Schweiz befinde.BGE 106 II 197 S. 199

Indessen stehen die schweizerische und die deutsche Lehre und Rechtsprechung auf dem Standpunkt, der in einem Land nach dessen Recht formfrei gültig vereinbarte Eigentumsvorbehalt könne in einem Land, in welchem ein Registereintrag Gültigkeitsvoraussetzung sei, ohne diesen Registereintrag keinen Bestand haben (BGE 93 III 101 mit Hinweisen; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 82 zu Art. 715/716 ZGB; LEEMANN, N. 80 zu Art. 715 ZGB; OFTINGER, Zürcher Kommentar, Fahrnispfandrecht, N. 103 des systematischen Teils; SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, 4. Auflage, Band II, S. 576; VISCHER, Internationales Vertragsrecht, S. 180; SOVILLA, Eigentumsübergang an beweglichen körperlichen Gegenständen bei internationalen Käufen, S. 77). Das ist die zwingende Schlussfolgerung daraus, dass der Registereintrag in der Schweiz als Bestandteil der öffentlichen Ordnung betrachtet wird, die der Anerkennung von gegenteiligem ausländischem Recht entgegensteht. Das vorinstanzliche Urteil steht daher in dieser Hinsicht mit dem Bundesrecht in Einklang.

4. Was in der Berufung gegen diese Betrachtungsweise vorgebracht wird, vermag nicht durchzudringen:

a) Ist ein Registereintrag in der Schweiz wegen fehlenden Wohnsitzes des Erwerbers in der Schweiz nicht möglich, so folgt daraus keineswegs zwingend, dass der nach ausländischem Recht gültig vereinbarte Eigentumsvorbehalt in der Schweiz anerkannt werden müsse. Vielmehr hat der Ordre-public-Charakter des Eintragungszwanges zur Folge, dass ohne Eintrag dem ausländischen Eigentumsvorbehalt in der Schweiz die Anerkennung versagt werden muss.

b) Dem in der Berufungsschrift angestellten Vergleich mit dem ehelichen Güterrecht kann nicht gefolgt werden. Zwar ist auch das Güterrechtsregister eine Publizitätseinrichtung, die um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt worden ist. Dort beruht jedoch die Anerkennung eines nach ausländischem Recht gültig geschlossenen Ehevertrags in der Schweiz auf ausdrücklicher Gesetzesvorschrift (Art. 31 NAG und Art. 39 Abs. 1 Verordnung betreffend das Güterrechtsregister). Ausserdem lassen sich diese Fälle, insbesondere was die Häufigkeit ihres Vorkommens im täglichen Leben betrifft, nicht mit dem Eigentumsvorbehalt vergleichen.

c) Wohl kann der im Ausland formfrei gültig vereinbarteBGE 106 II 197 S. 200Eigentumsvorbehalt in der Schweiz unter den Vertragsparteien insofern obligatorische Wirkung entfalten, als er das einseitige Rücktrittsrecht des Verkäufers miteinschliesst. Die dingliche Wirkung gegenüber Dritten muss ihm aber ohne Registereintrag versagt bleiben.

d) Ob an einer Sache, die von der Schweiz aus an einen ausländischen Erwerber ins Ausland geliefert werden soll, ohne Registereintrag ein auch in der Schweiz gültiger Eigentumsvorbehalt begründet werden könne (in diesem Sinne HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 82 a.E. zu Art. 715/716 ZGB), ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

e) Es ist der Klägerin zuzugeben, dass aus dieser Rechtslage für einen deutschen Vertragspartner, der eine Sache unter Eigentumsvorbehalt veräussert hat, Unzukömmlichkeiten entstehen können. Seinem Interesse an der Gültigkeit des Eigentumsvorbehalts steht indessen in der Schweiz das Interesse Dritter entgegen, sich durch Einsicht in das Eigentumsvorbehaltsregister über Bestehen oder Nichtbestehen eines Eigentumsvorbehalts Gewissheit zu verschaffen. Wird dieser Publizitätsvorschrift, wie es Lehre und Rechtsprechung Deutschlands und der Schweiz tun, Ordre-public-Charakter zuerkannt, so kommt ihr der Vorrang zu, und das ausländische Recht hat ihr gegenüber zurückzutreten.

BGE 100 II 8

Schatzfund (Art. 723 ZGB); gutgläubiger Eigentumserwerb (Art. 714 Abs. 2 und 933 ZGB).

- Begriff des Schatzes (Erw. 2a), der Fahrnisbaute (Erw. 2b), der anvertrauten Sache im Sinne von Art. 933 ZGB (Erw. 3).

- Anforderungen an die Aufmerksamkeit einer Bank beim Kauf von alten Goldmünzen (Erw. 4).


1. Nach Art. 57 Abs. 5 OG wird die Entscheidung über die Berufung in der Regel bis zur Erledigung einer staatsrechtlichen Beschwerde ausgesetzt. Von dieser Regel kann jedoch abgewichen werden, falls wahrscheinlich ist, dass die Berufung selbst dann gutgeheissen werden muss, wenn auf die mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochtenen tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde abgestellt wird (BGE 89 III 49, BGE 88 II 249, BGE 85 II 585 f.).

2. Mit ihren Rügen, die Vorinstanz habe den Speicher zu Unrecht als Fahrnisbaute betrachtet und sie habe einen Schatzfund statt einen gewöhnlichen Fund angenommen, willBGE 100 II 8 S. 11die Beklagte dartun, der Klägerin fehle die Aktivlegitimation zur vorliegenden Klage.

a) Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der Klägerin ist es für den vorliegenden Prozess nicht bedeutungslos, ob es sich bei den gefundenen Goldmünzen um einen Schatz oder um einen gewöhnlichen Fund handle. Bei Annahme eines Fundes müsste die Klage nämlich ohne weiteres abgewiesen werden. Dass in diesem Falle nur die Erben Weibel als Eigentümer der Münzen in Frage kämen, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint, trifft nicht zu. Wohl spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass einer ihrer Vorfahren die Goldstücke versteckt hat, stand doch der Speicher offenbar seit mehreren Generationen im Eigentum der Familie Weibel. Da aber nicht feststeht, welcher Vorfahre es war, lässt sich daraus nicht ableiten, die Erben Weibel seien dessen einzige Rechtsnachfolger. Der Umstand, dass jene ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin abgetreten haben, vermöchte dieser die Klagelegitimation daher entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht zu verschaffen.

Die Beklagte macht unter Berufung auf HAAB/SIMONIUS/SCHERRER, N. 8 zu Art. 723/724 ZGB, geltend, bei Münzen die als Handelsobjekte angesehen würden, spreche die Vermutung dafür, sie seien erst vor verhältnismässig kurzer Zeit verborgen worden; die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Schatzes seien daher nicht erfüllt. Unter den gefundenen Münzen befanden sich indessen nicht nur gängige Louis-d'or, sondern auch seltene und teure Stücke, wie z.B. bernische Doppeldublonen im Wert von über Fr. 2000.--. Dazu kommt, dass kein einziges der vielen Goldstücke später als 1800 geprägt worden ist. Dieser Umstand wie auch die Art des Verstecks lässt auf ein langes Verborgensein schliessen. Anhaltspunkte dafür, wer die Münzen versteckt haben könnte, bestehen nicht, und es ist auch nicht zu ersehen, wie deren heutiger Eigentümer ermittelt werden könnte. Mit der Vorinstanz ist daher anzunehmen, es liege ein Schatz im Sinne von Art. 723 ZGB vor.

b) Unzutreffend ist dagegen die Auffassung der Vorinstanz, der Speicher sei als blosse Fahrnisbaute zu betrachten. Zu Recht rügt die Beklagte die auf einem offensichtlichen Versehen beruhende Feststellung, der Speicher sei im Grundbuch als Zugehör angemerkt gewesen. Die im GrundbuchauszugBGE 100 II 8 S. 12vom 12. Oktober 1971 enthaltene Anmerkung bezieht sich nämlich ohne jeden Zweifel nicht auf den Speicher als solchen, sondern auf den Denkmalschutz. Aus der Liegenschaftsbeschreibung im Kaufvertrag vom 5. April 1963 sowie aus einer bei den Akten liegenden Bestätigung des Grundbuchamtes Muri vom 14. Oktober 1971 ergibt sich eindeutig, dass die Baute grundbuchlich als Bestandteil des Grundstücks betrachtet wurde. Zwar ist richtig, dass sie nicht fest mit dem Erdboden verbunden war, sondern auf vier Steinplatten ruhte. Indessen deutet nichts darauf hin, dass der seit mehreren Jahrhunderten am gleichen Ort stehende Speicher seinerzeit ohne die Absicht dauernder Verbindung mit dem Grundstück errichtet worden wäre. Das aber wäre eine wesentliche Voraussetzung dafür, ihn als Fahrnisbaute zu betrachten. Das Bundesgericht betont zwar bei der Beurteilung der Frage, ob eine Fahrnisbaute vorliege, in seiner neueren Rechtsprechung neben dem subjektiven Moment vermehrt das objektive der äussern Verbindung (BGE 92 II 230 ff.; MEIER-HAYOZ, N. 7 zu Art. 677 ZGB; kritisch dazu LIVER, ZBJV 1968 S. 25 ff., 1974 S. 29 f.). Aber auch nach dieser Rechtsprechung ist vorab auf die Absicht der Beteiligten abzustellen, wenn eine Baute nur lose mit dem Boden verbunden ist, wie dies bei den in Art. 677 Abs. 1 ZGB aufgeführten Beispielen (Hütten, Buden, Baracken) der Fall ist. Nun haben zwar die Parteien des Kaufvertrags vom 5. April 1963 den Willen bekundet, den Speicher dadurch zu einer beweglichen Sache zu machen, dass den Erben Weibel das Recht vorbehalten wurde, ihn zu entfernen oder zu verkaufen. Eine Baute, die Bestandteil eines Grundstücks ist, kann indessen nicht durch blosse Zweckänderung in eine Fahrnisbaute umgewandelt werden (MEIER-HAYOZ, N. 28 zu Art. 677 ZGB; HAAB, N. 17 zu Art. 667 ZGB; LEEMANN, N. 6 zu Art. 677 ZGB).

c) Wird ein Bestandteil eines Grundstücks ohne dieses verkauft, was nach Art. 187 Abs. 2 OR zulässig ist (vgl. GIGER, N. 18 ff. zu Art. 187 OR; MEIER-HAYOZ, N. 41 zu Art. 642 ZGB), so wird er erst mit der Abtrennung zur selbständigen Sache, die einen eigenen Eigentümer haben kann (HAAB, N. 17 zu Art. 667 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 47 f. zu Art. 642 ZGB). Demzufolge fällt der in einem auf Abbruch verkauften Gebäude entdeckte Schatz an den Grundeigentümer, nicht den Käufer, wenn die Entdeckung vor der AbtrennungBGE 100 II 8 S. 13des den Wertgegenstand bergenden Gebäudebestandteils erfolgt ist (LEEMANN, N. 17 zu Art. 723 ZGB). Die Klägerin konnte daher nur dann Eigentümerin der Münzen werden, sofern diese in einem bereits abgetrennten Balken des Speichers gefunden wurden. Andernfalls kam das Eigentum der Käsereigesellschaft Bettwil zu, die im Zeitpunkt des Fundes als Eigentümerin des Grundstücks und damit auch des Speichers im Grundbuch eingetragen war. (Aus dem Umstand, dass die Käsereigesellschaft den Schatz nicht für sich beansprucht, kann die Klägerin nichts für sich ableiten; es folgt daraus nicht, dass er ihr gehört). Nun enthält das angefochtene Urteil aber keine näheren Feststellungen darüber, wie die Abbrucharbeiten vor sich gingen und wie der Schatz gefunden wurde. Es steht daher nicht fest, ob die Klägerin oder die Käsereigesellschaft als dessen Eigentümer zu betrachten ist. Wie es sich damit verhält, kann indessen offen bleiben, wenn es sich ergibt, dass die Beklagte jedenfalls nachträglich das Eigentum an den ihr verkauften Münzen erworben hat. Dies ist dann der Fall, wenn die Münzen Vogelsang anvertraut waren und wenn die Beklagte bei deren Erwerb gutgläubig war (Art. 714 Abs. 2 und 933 ZGB).

3. Im Sinne von Art. 933 ZGB ist eine Sache dann anvertraut, wenn sie mit Willen des wahren Berechtigten in den Besitz des Verfügenden gelangt ist, z.B. auf Grund eines Miet-, Pacht-, Werk-, Pfand- oder eines ähnlichen Vertrages (STARK, N. 24 und HOMBERGER, N. 12 ff. zu Art. 933 ZGB; HAAB/SIMONIUS, N. 56 zu Art. 714 ZGB; OFTINGER, N. 335 ff. zu Art. 884 ZGB). Die Klägerin hat Vogelsang im stillschweigenden Einverständnis mit der Eigentümerin und den Erben Weibel damit beauftragt, den Speicher abzubrechen, ihn an einen andern Ort zu transportieren und dort wieder aufzustellen. Der Speicher war daher Vogelsang zweifellos anvertraut. Fraglich ist indessen, wie es sich mit den Goldmünzen verhält. Da die Klägerin von den Münzen nichts wusste, kann sie diese auch nicht willentlich an Vogelsang übergeben habe. WIELAND betrachtet deshalb den Schatz als verlorene Sache (N. 4 zu Art. 934 ZGB). Dies mag zutreffen, wenn er von einem beliebigen Dritten gefunden wird. Ist jedoch die den Schatz bergende Sache jemandem anvertraut, so muss auch der Schatz selbst als anvertraut gelten. Mit der Überlassung des Speichers an Vogelsang hat die Klägerin die Gefahr auf sichBGE 100 II 8 S. 14genommen, dass allfällige darin verborgene Gegenstände unrechtmässig weiter veräussert würden. Sie hat den falschen Rechtsschein veranlasst (zum Veranlassungsprinzip vgl. STARK, N. 29 ff. der Vorbem. zu den Art. 930-937 ZGB und N. 22 zu Art. 933 ZGB; HAAB/SIMONIUS, N. 62 zu Art. 714 ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 31 des System. Teils zu Art. 641 ff. ZGB), und es erscheint daher als gerechtfertigt, dass sie die Folgen der unrechtmässigen Handlungen Vogelsangs zu tragen hat, sofern die Beklagte gutgläubig war. Im übrigen sind nach der Lehre auch aus Irrtum übertragene Sachen als anvertraut zu betrachten (STARK, N. 29 ff., HOMBERGER, N. 15, und OSTERTAG, N. 7 zu Art. 933 ZGB; HUBER, Erläuterungen, II, S. 392; vgl. auch die deutsche Rechtsprechung, BGHZ 4 S. 33 ff.). Die Klägerin könnte sich daher nicht darauf berufen, sie hätte Abbruch und Transport des Speichers nicht Vogelsang übertragen, wenn sie gewusst hätte, dass darin ein Schatz verborgen war.

4. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wusste die Beklagte bzw. ihr Kassier Saxer nichts von den strafbaren Handlungen, die der Veräusserung der Münzen zugrunde lagen. Bösgläubigkeit im engern Sinne des Wortes, nämlich das Bewusstsein, unrecht zu handeln (vgl. JÄGGI, N. 43-48 zu Art. 3 ZGB; EGGER, N. 6 zu Art. 3 ZGB; STARK, N. 48 zu Art. 933 ZGB), fällt ihr daher nicht zur Last. Es fragt sich einzig, ob ihr der Gutglaubensschutz deswegen zu versagen sei, weil sie die nach den Umständen gebotene Sorgfalt nicht angewendet habe (Art. 3 Abs. 2 ZGB).

a) Eine Bank, die ein übliches, mit kemen besonderen Risiken behaftetes Geschäft tätigt, ist nach gefestigter Lehre und Rechtsprechung nicht gehalten, Nachforschungen über die Vertrauenswürdigkeit des Kunden oder die Herkunft der ihr angebotenen Wertobjekte anzustellen (BGE 83 II 139, BGE 72 II 252, BGE 70 II 106, BGE 38 II 190, BGE 35 II 587, BGE 25 II 846; JÄGGI, N. 128 zu Art. 3 ZGB; STARK, N. 50 zu Art. 933 ZGB; OFTINGER, N. 356 zu Art. 884 ZGB). Solches von ihr zu verlangen, hiesse, die Anforderungen an den normalen Geschäftsverkehr zu überspannen. Das berechtigte Interesse der Bank geht dahin, ihre Kunden so gut und so rasch wie möglich zu bedienen. Es ist ihr nicht zuzumuten, einen Geschäftspartner durch Bekundung von Misstrauen vor den Kopf zu stossen und damit Gefahr zu laufen, nicht nur dasBGE 100 II 8 S. 15vorgeschlagene Geschäft, sondern den Kunden überhaupt zu verlieren. Die Bank darf daher auch einen unbekannten Vertragspartner als ehrbaren Menschen betrachten und sich auf die durch den Besitz geschaffene Rechtsvermutung (Art. 930 ZGB) verlassen, solange nicht besondere Umstände Zweifel oder Misstrauen begründen. Zu Argwohn besteht etwa dann Anlass, wenn der Bank aus früheren Vorkommnissen bekannt ist, dass im geschäftlichen Umgang mit dem betreffenden Partner grösste Vorsicht geboten ist, oder wenn das Geschäft selbst oder dessen nähere Umstände Verdacht erwecken. Das Bundesgericht hat den Gutglaubensschutz beispielsweise dann verweigert, wenn ein Mann, dessen schwere Verschuldung der Bank bekannt war, plötzlich über Titel im Wert von über Fr. 10 000.-- verfügte (BGE 36 II 357), wenn ein subalterner Angestellter mit einem Monatslohn von Fr. 125.-- mit Wertschriften im Betrag von Fr. 40 000.-- spekulierte und über deren Herkunft völlig unglaubwürdige Angaben machte (BGE 38 II 469), wenn Obligationen, die einer Bank ohne weiteres zu höherem Preis hätten verkauft werden können, durch einen völlig Unbekannten in einem Zigarrenladen erheblich unter ihrem Wert angeboten wurden (BGE 47 II 264), wenn jemand der kurz vorher einen ihm von der Bank "zur Ansicht auf 1 Tag" anvertrauten Werttitel trotz Mahnung und schriftlichen Rückgabeversprechens nach zwei Monaten noch nicht zurückgegeben hatte, der gleichen Bank Wertschriften im Betrage von Fr. 27 000.-- verpfändete (BGE 70 II 109) oder wenn der Käufer gewusst hat, dass der Verkäufer die angebotenen Titel unter ungewöhnlichen und verdächtigen Umständen erworben hatte (BGE 80 II 242).

b) Nichts, was mit diesen Fällen verglichen werden könnte, liegt hier vor. Der Bankkassier Saxer kannte Alfred Baumann und dessen Familie als rechtschaffene Leute und langjährige Kunden der Bank. Ob die Familie und insbesondere der Sohn Alfred in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebte, wie die Klägerin behauptet, von der Vorinstanz aber nicht festgestellt worden ist, ist unerheblich, da die Münzen nach den glaubwürdigen Angaben Baumanns ja nicht aus Familienbesitz stammten, sondern einem Verwandten vermacht worden waren. Sodann gehört der Ankauf von alten Goldmünzen zu den üblichen Geschäften einer Bank. Wohl ist auffällig, wenn einer Lokalbank ein dermassen grosser PostenBGE 100 II 8 S. 16Louis-d'or angeboten wird, und es ist der Klägerin beizustimmen, dass den Erwerber eine Pflicht zu weiteren Erkundigungen trifft, wenn es ungewöhnlich ist, dass der Veräusserer mit Waren der betreffenden Art und in der angebotenen Menge handelt (STARK, N. 51 zu Art. 933 ZGB mit weiteren Hinweisen). Wenn er aber auf eine entsprechende Frage eine plausible Auskunft erhält, so darf er sich mit dieser zufrieden geben und muss nicht einen Beweis für deren Richtigkeit verlangen, zumal wenn er den Veräusserer als vertrauenswürdig kennt (STARK, a.a.O., und BGE 71 II 92). Nach den Feststellungen der Vorinstanz hielt auch Saxer das Geschäft für auffällig, stellte er doch Baumann die Frage, ob denn die Münzen nicht etwa gestohlen seien. Die von Baumann gegebene Erklärung, die Münzen stammten aus einem Vermächtnis, war indessen plausibel. Der Vorwurf des Handelsgerichts, Saxer hätte mindestens nach dem Namen des von Baumann erwähnten Verwandten fragen und eine Vollmacht von diesem verlangen sollen, ist nicht begründet. Denn beiden Anforderungen hätte Baumann vermutlich ohne weiteres nachkommen können (eine mündliche Vollmacht von Max Vogelsang zum Verkauf der Münzen besass er), ohne dass sich an der Abwicklung des Geschäftes etwas geändert hätte. Auch eine Rückfrage bei der Polizei hätte nichts ergeben, weil die Münzen von niemandem vermisst wurden. Aus der Unterlassung von Nachforschungen darf jedoch nur dann das Fehlen des guten Glaubens abgeleitet werden, wenn die betreffenden Vorkehren dazu geführt hätten, dass das mangelnde Verfügungsrecht des Veräusserers entdeckt worden wäre (STARK, N. 51, und OSTERTAG, N. 23 zu Art. 933 ZGB). An diesem Kausalzusammenhang fehlt es im vorliegenden Falle.

Die weiteren von der Vorinstanz und in der Berufungsantwort vorgebrachten Argumente gegen die Gutgläubigkeit der Beklagten dringen ebeenfalls nicht durch. So war durchaus nicht verdächtig, dass der von Baumann als Eigentümer der Münzen bezeichnete Verwandte nicht selbst auf die Bank kam, bedienen sich doch viele ehrliche Leute eines Vertreters bei der Abwicklungihrer Geschäfte. Auch der Umstand, dass Baumann 14 schadhafte Stücke durch andere ersetzen konnte, bildete keinen hinreichenden Anlass zu einem Verdacht. Wer 116 Goldstücke verkauft, erweckt dadurch, dass er noch 14 weitere besitzt, keinen Argwohn. Schliesslich war auch der anBGE 100 II 8 S. 17Baumann bezahlte Preis nach den Feststellungen der Vorinstanz keineswegs auffällig niedrig, sondern durchaus angemessen. Diese Feststellungen sind tatsächlicher Natur und binden daher das Bundesgericht (Art. 63 Abs. 2 OG). Überdies hat Baumann nicht einen bestimmten Preis verlangt, sondern die Beklagte nach dem Wert der Münzen gefragt und darauf den angebotenen Preis akzeptiert. Der Beklagten vorzuwerfen, sie habe im Hinblick auf die Unlauterkeit des Geschäftes bewusst einen zu niedrigen Preis offeriert, würde bedeuten, ihr nicht nur pflichtwidrige Verletzung der gebotenen Sorgfalt, sondern vorsätzliche Bösgläubigkeit vorzuwerfen. Dazu besteht indessen kein Grund. Daran ändert auch der von der Klägerin erwähnte Umstand nichts, dass es sich bei 6 der verkauften 1-Louis-d'or um sogenannte "aux lunettes"-Exemplare aus dem Jahre 1726 gehandelt habe. Sowohl in dem Buch "Gold coins of the world" von Friedberg, auf das sich die Klägerin beruft, als auch in verschiedenen bei den Akten liegenden Schätzungen wird der Wert dieser Stücke nicht wesentlich höher veranschlagt als jener der Münzen anderer Jahrgänge.

Aus diesen Gründen ist mit der Minderheit der Vorinstanz davon auszugehen, die Beklagte sei beim Erwerb der Münzen gutgläubig gewesen. Sie kann daher nicht zur Herausgabe der noch vorhandenen Goldstücke bzw. zur Bezahlung des Verkaufserlöses verpflichtet werden.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:

In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 14. Juli 1973 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

BGE 115 IV 104

Art. 137 StGB; Diebstahl.

Altpapier, welches am Strassenrand bereitgestellt wird, damit es durch eine bestimmte Person oder Organisation abgeholt und verwertet werde, stellt für den Unberechtigten eine fremde Sache dar (E. 1b). Er bricht fremden Gewahrsam, wenn er das Altpapier behändigt (E. 1c).


1. Als Diebstahl wird dem Beschwerdeführer u.a. angelastet, er habe Ende Juli 1985 an verschiedenen Orten in Zürich gezielt ca. drei Tonnen am Strassenrand deponiertes Altpapier (Deliktsbetrag ca. Fr. 350.--) behändigt, welches für die "Gemeinnützige Zürcher Papierabfuhr" bestimmt gewesen sei. Die Daten habe er der im Tagblatt publizierten Sammelliste entnommen.

Die Vorinstanz stellte auf die Behauptung des Beschwerdeführers ab, er habe lediglich solche Zeitungsbündel mitgenommen, welche nicht mit einem "P" bezeichnet gewesen seien. Zwar habe die geschädigte Genossenschaft X. in den publizierten Sammellisten darum gebeten, das zu einem Paket gebündelte und verschnürte Altpapier mit einem "P" zu versehen; aber auch bezüglich desjenigen Altpapiers, welches in den fraglichen Stadtkreisen ohne die genannte Bezeichnung am Strassenrand deponiert worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die Eigentümer es mit der konkludenten Widmung, es einer bestimmten gemeinnützigen Organisation zukommen zu lassen, bereitgestellt hätten. Die Altpapierbündel seien daher keine derelinquierten Sachen gewesen. Der Einwand des Beschwerdeführers, er habe geglaubt, Zeitungsbündel, die nicht mit der Angabe eines bestimmten Empfängers versehen worden seien, dürfe er ohne weiteres an sich nehmen, erweise sich als blosse Schutzbehauptung. Er sei gemäss seiner eigenen Vorstellung davon ausgegangen, das fragliche Altpapier sei von den Eigentümern gerade im Hinblick auf die publizierte Sammelaktion der erwähnten gemeinnützigen Organisation bereitgestellt worden, weshalb der Tatbestand auch in subjektiver Hinsicht erfüllt sei.

BGE 115 IV 104 S. 106

a) Gemäss Art. 137 Ziff. 1 StGB begeht einen Diebstahl, wer jemandem eine fremde, bewegliche Sache wegnimmt, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern. Es steht ausser Zweifel, dass es sich bei den Altpapierbündeln um bewegliche Sachen handelt und dass der Beschwerdeführer in Bereicherungsabsicht gehandelt hat. Fraglich können nur die Tatbestandsmerkmale der Fremdheit der Sache und der Wegnahme sein.

b) Der Beschwerdeführer macht denn auch sinngemäss geltend, davon ausgegangen zu sein, die Papierbündel seien keine "fremden Sachen" im Sinne des Gesetzes, da die ursprünglichen Inhaber ihr Eigentum daran aufgegeben hätten.

Eine Sache ist dann "fremd", wenn sie im Eigentum eines anderen als des Täters steht. Kein Eigentum und folglich auch kein fremdes Eigentum besteht an herrenlosen Sachen. Dazu zählen derelinquierte Sachen, d. h. solche, an denen der frühere Eigentümer den Besitz aufgegeben hat in der Absicht, auf das Eigentum zu verzichten. Beispiele dafür sind die liegengelassene Zeitung sowie weggeworfene oder für die Müllabfuhr bereitgestellte Gegenstände (LIVER, Das Eigentum, Schweizerisches Privatrecht V/I, Basel, 1977, S. 344, 399). Wer demgegenüber zugunsten einer bestimmten Person oder Organisation auf das Eigentum an einer Sache verzichtet, derelinquiert nicht; in der Literatur wird diesbezüglich gerade auch die Bereitstellung von Altstoffen zur gutscheinenden Verwertung durch die abholende Person oder Organisation genannt (ZOBL, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. Zürich 1977, N. 13a zu Art. 718/719 ZGB und N. 10 zu Art. 729 ZGB). Folglich handelte es sich bei dem vom Beschwerdeführer behändigten Altpapier um eine fremde Sache.

c) In der Nichtigkeitsbeschwerde wird weiter eingewendet, die Argumentation der Vorinstanz sei eine weltfremde, gesuchte juristische Konstruktion, welche der wirklichen Sachlage nicht gerecht werde. Der angefochtene Entscheid verletze Art. 137 Ziff. 1 StGB, soweit er von einer konkludenten Widmung des Altpapiers und damit vom Weiterbestehen des Gewahrsams bzw. der Herrschaftsmöglichkeit und des Herrschaftswillens der Eigentümer ausgehe.

aa) Wegnehmen im Sinne von Art. 137 StGB bedeutet den Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams. Der Gewahrsam besteht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in der tatsächlichen Sachherrschaft, verbunden mit dem Willen, sie auszuüben (BGE 112 IV 11 mit Hinweisen). Ob Gewahrsam gegeben ist, bestimmt sich nach allgemeinen Anschauungen und denBGE 115 IV 104 S. 107Regeln des sozialen Lebens (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht BT I, 3. Aufl., S. 195, N. 79; NOLL, Schweizerisches Strafrecht BT I S. 133; REHBERG, Strafrecht III, 3. Aufl., S. 32; SCHÖNKE/SCHRÖDER, Strafgesetzbuch, 23. Aufl., N. 23 zu § 242 dtStGB).

Die tatsächliche Sachherrschaft kann als unmittelbare, ungehinderte Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache umschrieben werden (NOLL, a.a.O., S. 133). Ohne Zweifel behält derjenige, der eine Sache vor seinem Haus am Strassenrand deponiert, die Herrschaft darüber, denn er hat die physisch-reale Möglichkeit, jederzeit darauf einzuwirken (REHBERG, a.a.O., S. 32); der unmittelbaren Verwirklichung seines Einwirkungswillens auf die Sache steht kein Hindernis entgegen (SCHÖNKE/SCHRÖDER, a.a.O., N. 25 zu § 242 dtStGB). Daran ändert nichts, dass die Strasse eine der Allgemeinheit zugängliche Örtlichkeit darstellt; es verhält sich beim zum Abholen bereitgestellten Altpapier des vorliegenden Falles prinzipiell gleich wie bei einem vor dem Haus abgestellten Fahrzeug.

Es stellt sich weiter die Frage, ob der Eigentümer noch den Willen hat, die Herrschaft über die Sache auszuüben. Dies ist klarerweise dann zu verneinen, wenn es ihm gleichgültig ist, ob die Müllabfuhr oder irgendwelche Dritte das Altpapier mitnehmen. Für den vorliegenden Fall hat die Vorinstanz jedoch für den Kassationshof verbindlich festgestellt, die Eigentümer hätten beabsichtigt, das bereitgestellte Altpapier "einer bestimmten gemeinnützigen Organisation zukommen zu lassen". Wer aber irgendeine Sache vor das Haus stellt, damit sie von einer bestimmten Person oder Organisation abgeholt werde, ist mit der Aufhebung seines Gewahrsams dann nicht einverstanden, wenn die Sache von einer unbefugten Drittperson behändigt wird (ebenso JENNY, ZBJV 124/1988 S. 420/421). Folglich hat er den Willen, die Herrschaft über die Sache auszuüben, nicht aufgegeben.

Das Korrektiv gegenüber einer zu weitgehenden Ausdehnung des Gewahrsams (z.B. im Falle von losen Altpapierhaufen oder von Fahrzeugwracks) gibt der subjektive Tatbestand (NOLL, a.a.O., S. 133). Diesen aber hat die Vorinstanz für den Kassationshof verbindlich als gegeben erachtet.

bb) Zu derselben Lösung käme man im übrigen, wenn man darauf abstellen wollte, es müsse zwischen dem Ort, an welchem sich die Sache befindet, und der Art der Sache ein funktioneller Zusammenhang bestehen (vgl. SCHÜRMANN, in recht, 1988, S. 33 FN 19 und S. 34 FN 24, je mit Hinweis auf NOLL). GebündeltesBGE 115 IV 104 S. 108und verschnürtes Altpapier, welches einer gemeinnützigen Organisation zukommen soll, wird im Falle organisierter Sammelaktionen regelmässig zur Abholung auf dem Trottoir vor dem Haus bereitgestellt. Der Strassenrand ist m.a.W. der eindeutig bestimmungsgemässe Ort zur Deponierung des abholbereiten Altpapiers, ähnlich wie es sich z.B. bei einem Holzstoss im Wald verhält (vgl. SCHÜRMANN, a.a.O., S. 33). Insoweit besteht im vorliegenden Fall ein funktioneller Zusammenhang; anders wäre es demgegenüber etwa bei dem in der Literatur erwähnten, auf der Strasse liegenden Taschentuch (NOLL, a.a.O., S. 133).

d) Gesamthaft gesehen verletzte die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie die Altpapierbündel als fremde Sachen betrachtete und in deren Behändigung durch den dazu nicht berechtigten Beschwerdeführer einen Gewahrsamsbruch erblickte. Die Beschwerde ist abzuweisen.

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Licia Huber H.

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