Wie funktioniert die Fragebogenmethode?
Grundannahme: Menschen verfügen über umfangreiches Selbstwissen und sind bereit, dieses durch Antworten im Fragebogen preiszugeben.
Fragebögen werden eingesetzt zur/zum...
Erfassung des Selbstkonzeptes (Selbstwert, Selbstwirksamkeit, Fähigkeitsselbstkonzept)
Einschätzung von eigenen oder fremden Temperaments-und Charakterzügen (Persönlichkeitseigenschaften)
Situative Zustandsmessung (Befindlichkeit, Wachheit, etc.)
Einschätzung von Werthaltungen und Einstellungen
Benennung von expliziten Motiven (Ziele) und Motivation
Erfassung von Interessen
Screening nach Psychopathologie
Standardisierte Methodik
Vorlage von Fragen und/oder vorformulierten Aussagen oder Antworten zu bestimmten Fragen oder Themen (Items)
i.d.R. geschlossene Antwortformate
Dichotom (z.B. „Ja“ oder „Nein“, „Richtig“ oder „Falsch“)
Gestuft (z.B. Rating-Skala: „trifft gar nicht zu“ bis „trifft völlig zu“)
Forced-Choice (Auswahl & Festlegung zwischen zwei oder mehreren Antwortmöglichkeiten)
Free-Choice (Auswahl & Festlegung auf mehrere zutreffende Antwortmöglichkeiten)
Q-Sort (Sortierung von vorgegebenen Antworten nach persönlicher Rangskala)
Was sind Vorteile von Persönlichkeitsfragebögen?
Ökonomische Methode
geringer Zeit-, Material-und Kostenaufwand
z.B. mittels Online-Erhebung und Gruppenerhebung
Standardisierte Durchführung und Auswertung, wenig Schulungsaufwand
Zugang zu Informationen, die der Beobachtung nicht direkt zugänglich sind (z.B. Gedanken, Einstellungen, Empfindungen/Gefühle, vergangenes Verhalten)
Selbsteinschätzung und Beurteilung durch „gut informierte“ Bekannte
Zugang zu Informationen, die sich der Introspektion entziehen und durch Außenstehende gut beobachtbar sind (z.B. Attraktivität, Charisma)
Beurteilung durch „gut informierte“ Bekannte oder Fremde
Vergleich zwischen Selbst-und Außenperspektive
Zugang zu sensiblen/sozial unerwünschten Verhaltensweisen (z.B. Drogenkonsum, Symptome psychischer Störungen)
werden in Fragebögen eher eingeräumt als etwa in Interviews
Was sind Nachteile von Persönlichkeitsfragebögen?
Erinnerungsverzerrungen
Beurteilertendenzen bei Rating-Skalen (Antwortstile)
Tendenz zur Milde (Akquieszenz)
Tendenz zur Strenge (Disakquieszenz)
Tendenz zur Mitte
Tendenz zu extremen Urteilen
Verfälschungsanfälligkeit
Willkürliche Verfälschung, z.B. bei mangelnder Motivation (Müdigkeit)
Unfähigkeit zur adäquaten Beantwortung (z.B. mangelnde Selbsteinsicht) -> nicht können statt nicht wollen
positive Selbstdarstellung (Selbsttäuschung, selfdeception)
Soziale erwünschtes Antwortverhalten (impression management), insb. bei erwarteten Konsequenzen - „faking good“ vs. „faking bad“
Welche Maßnahmen zur Reduktion von Fakingtendenzen haben sich in der Fragebogenforschung als eher bzw. eher nicht effektiv erwiesen?
Hinweis in Instruktion
Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten, und Sie müssen nicht Experte sein, um diesen Fragebogen zu beantworten.
Sie erfüllen den Zweck der Befragung am besten dadurch, dass Sie sich selbst so akkurat wie möglich beschreiben.
Hinweis an die Testanten, dass ausgeklügelte Methoden zur Detektion von Verfälschung zum Einsatz kommen oder die Ergebnisse des Tests mit Referenzen und Lebenslaufinformationen verglichen werden
Kann den Effekt von faking um 30% reduzieren
Besonders effektiv,wenn auf Konsequenzen hingewiesen wird
Verringerung der Wahrscheinlichkeit, eingestellt zu werden
Probleme:
Effekt, dass sich einige Personen aus Angst ausgeschlossen zu werden, zu negativ darstellen; Ethische Aspekte
Forced-Choice Antwortformat (Entscheidung zwischen Antwortalternativen, die ähnlich sozial (un)erwünscht sind)
Kann Verfälschung verhindern, aber geringe Akzeptanz durch Testanten
Begrenzung der Antwortzeit
Basiert auf Annahme, dass Personen, die ihre Antworten bewusst verfälschen, länger für die Bearbeitung pro Item benötigen
Methode ist kaum effektiv
Zusätzlicher Einsatz einer Skala zur Identifikation von „fakern“ und statistische Korrektur der Testwerte
z.B. Marlowe-Crowne-Skala zur sozialen Erwünschtheit
23 Aussagen mit sehr geringer oder sehr hoher Auftretenswahrscheinlichkeit; Zustimmung oder Nicht-Zustimmung
Beispielitems: „Ich sage immer die Wahrheit.“; „Ich bin immer höflich, auch zu unangenehmen Leuten.”
Aber:
statistische Korrektur von sozialer Erwünschtheit wenig wirksam (Kriteriumsvalidität steigt kaum)
alternative Gründe für erhöhte Werte auf Erwünschtheitsskala
Was ist das 5-Faktorenmodell der Persönlichkeit?
Fünf-Faktoren-Modell (FFM) von Costa & McCrae
seit einigen Jahren einflussreichstes Eigenschaftsmodell der Persönlichkeit, das sich in zahlreichen Untersuchungen und vielen Kulturen, bzw. Sprachgemeinschaften bewährt hat
5 Faktoren („Big Five“):
Neurotizismus
Extraversion
Offenheit für Erfahrungen
Verträglichkeit
Gewissenhaftigkeit
Welche Messinstrumente existieren zum 5 Faktorenmodell und worin unterscheiden sich diese?
NEO-PI-R von Costa und McCrae
Fragebogen misst neben den 5 Domänenfaktoren auch jeweils 6 Facetten
jede Facettenskala besteht aus 8 Items (insgesamt 240 Items, ca. 40 min)
lizenziert über Hogrefe
NEO-FFI von Costa und McCrae
Fragebogen misst die 5 Faktoren mit je 12 Items (insgesamt 60 Items, ca.10 min)
BFI-10 (Rammstedt, 2007)
besonders ökonomisches Instrument: misst 5 Faktoren mit je zwei gegensätzlich gepolten Items, also insgesamt 10 Items frei verfügbar
Was ist problematisch an typologischen Testverfahren (z.B. GROP)?
Kritikpunkte:
hohe Interkorrelation der Skalen
kaum Validitätsbelege
Zusammengefasst handelt es sich beim GPOP um ein in theoretischer, empirischer und pragmatischer Sicht unzureichendes Verfahren, das nicht den TBS-TK-Ansprüchen an psychometrische Testverfahren genügt.
Kennen Sie drei wesentliche Unterschiede zwischen Leistungstests und Persönlichkeitsfragebögen?
Leistungstests:
Instruktion: Probanden werden instruiert, Bestes zu geben.
Aufgaben: i.d.R. eindeutig
Einstellungen: Probanden wissen, was von Ihnen erwartet wird.
Persönlichkeitsfragebögen:
Instruktion: Probanden werden gebeten, aufrichtig zu sein.
Aufgaben: Zwischen mehr- und eindeutig
Einstellungen: Probanden kennen häufig Erwartungen des Versuchsleiters nicht
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