Störungsbild nach DSM-5: Depression
Bei einer depressiven Episode müssen (A) mindestens fünf der nachfolgenden Symptome durchgängig über mindestens zwei Wochen vorliegen und eine (B) Änderung zum vorher bestehenden Funktionsniveau darstellen. Mindestens eins der Symptome ist
1. depressive Verstimmung (für die meiste Zeit des Tages an fast allen Tage >50%) oder
-> d.h. Gefühl der Leere, Hoffnungslosigkeit, Trauer, den Tränen nahe
2. Verlust von Interesse oder Freude an fast allen Aktivitäten (für die meiste Zeit des Tages an fast allen Tagen >50%)
3. deutlicher Gewichtsverlust/-zunahme (>5%); verminderter/gesteigerter Appetit
4. Insomnie/Hypersomnie
5. Psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung
6. Müdigkeit/Energieverlust
7. Gefühle von Wertlosigkeit/Schuld
8. verminderte Denk-/Konzentrations-/Entscheidungsfähigkeit
9. Suizidgedanken, -pläne oder -handlungen
Verstärkerverlustmodell nach Lewinsohn, 1974
Der Kern des Verstärker-Verlust-Modells, eines lerntheoretischen Modells von Lewinsohn, besteht in der geringen Rate positiver Verstärkung, die als auslösend und aufrechterhaltend für die depressive Störung angesehen wird. Die Rate an positiver Verstärkung ist abhängig von
Potenziell verstärkenden Ereignissen (z.B. Zeit mit Ehemann, Reiten als Hobby)
Erreichbarkeit von Verstärkung in der Umwelt (z.B. Ehemann lässt sich scheiden, kein Reitstall in der Nähe)
Dem instrumentellen Verhalten der Person; also z.B. ihrer Fähigkeit, sich selbst Verstärkerquellen zu erschließen.
Wenn sich aus einem bestehenden Verstärkermangel eine Depression mit ihren typischen Symptomen, Rückzug und interaktionellen Auffälligkeiten entwickelt, werden positive Erfahrungen noch seltener/unwahrscheinlicher, die Person ist langanhaltenden Löschungsbedingungen ausgesetzt. Depressives Verhalten wird oft auch durch kurzfristige Verstärkung seitens der sozialen Umwelt wie z.B. Unterstützung und Anteilnahme aufrechterhalten. Langfristig ziehen sich Interaktionspartner aber eher zurück, was einen weiteren Verlust an Verstärkung zur Folge hat. Darüber hinaus können Depressive diese Zuwendung langfristig auch nicht annehmen und ziehen sich dann noch mehr zurück. Außerdem verstärkt die Zuwendung die Passivität der Betroffenen.
Kognitives Modell: Dysfunktionale Schemata und automatische Gedanken (Beck)
Nach Beck ist die Grundlage jeder Depressiven Störung in kognitiven Verzerrungen zu finden. Negative, stressbesetzte Erfahrungen in der Lebensgeschichte des Pat. (z.B. immer in allem schlechter als der Bruder gewesen, Mutter: „Du taugst nichts!“), aus denen sich als kognitive Schemata rigide, dysfunktionale Grundannahmen („Ich bin wertlos.“) entwickeln, sind Auslösebedingung für die kognitive Störung. Als objektiv überprüfbares Kriterium für die Dysfunktionalität einer Kognition benennt Beck deren mangelnde Realitätsnähe. Die dysfunktionalen Denkschemata werden durch belastende Situationen (z.B. von präferierter Uni abgelehnt) reaktiviert und und äußern sich in automatischen negativen Gedanken. Die Betroffenen neigen dann dazu, sich selbst, ihre Umwelt und ihre Zukunft sehr negativ zu bewerten (=kognitive Triade). Die auftretenden automatischen Gedanken sind absolutistisch, verallgemeinernd, verzerrt, unlogisch und unangemessen („Ich bin ein Versager.“, „Aus mir wird nie etwas.“) und beinhalten eine Reihe typischer Denkfehler (z.B. Dichotomes Denken, Katastrophisieren, emot. Schlussfolgern etc.). Es entwickelt sich ein Teufelskreis zwischen den belastenden Gedanken und negativen Affekten sowie der Aktivitätsarmut der Person > Abwärtsgerichtete Depressionsspirale.
Kognitive Verhaltenstherapie bei Depressionen (Kanter et al., 2009; Martell et al., 2010)
Aktivitätsaufbau
Erfassung von potentiell positiven Aktivitäten für den Patienten
exakte Planung positiver Aktivitäten
Aufrechterhaltung und Erweiterung
Kognitive Therapie
a) Vermittlung des kognitiven Modells
b) Identifikation dysfunktionaler Kognitionen (aka Denkfehler)
c) Infragestellung dysfunktionaler Kognitionen
Sokratischer Dialog
Biographiearbeit
Sherlock Holmes
d) Erstellen und Trainieren neuer Konzepte
Training sozialer Kompetenz
Stundenanzahl: 1-2 mal wöchentlich bis 14-tägig
Gesamtdauer: ca 20-40 Therapiestunden
Beispiele für Denkfehler
Dichotomes Denken (Denken in Extremen, kognitive Triade): Sobald eine Leistung nicht perfekt ist wird sie als totales Versagen interpretiert und die Erfahrungen so in zwei sich ausschließende Kategorien eingeordnet.
Punkte sammeln: Aus Fucht vor Ablehnung werden vermeintliche Erwartungen anderer erfüllt und eigene Bedürfnisse in den Hintergrund gestellt. Der eigene Selbstwert abhängig von Leistung und Erfolg.
Personalisieren: Ereignisse ohne hinreichende Belege auf sich beziehen
Willkürliches Schlussfolgern z.B. ein Mißerfolg im Leistungsbereich welcher zu der Schlussfolgerung “Ich bin ein Versager” verallgemeinert wird
Selektives Verallgemeinern z.B. wenn aus einer einmal nicht erfolgten Einladung geschlussfolgert wird die Kollegen mögen mich nicht
Übergeneralisieren
Modell der Selbstwertregulation in Anlehnung an Menzos (2011)
Depression ist nicht Störung sondern die Reaktion darauf.
Als lebensgeschichtliche Dispositionen der Depression gelten in der TP
frühe Trennung und Verlust
orale Entbehrungen (versorgt werden- sich versorgen)
mangelnde Zuwendung und Bestätigung des narzisstischen Spiegelungsbedürfnisses.
4 Kategorien der Depression
Zeitabhängige Depression
Somatogene Depression
Endogene Depression
Psychogene Depression
Psychodynamik: Zeitabhängige Depression
pubernal
klimakterische (Wechseljahre)
postportal (nach Geburt)
involutiv (altern)
Psychodynamik: Somatogene Depression
Hirntumore, Enzephalitis, MS
Toxoplasmose, Aids, Borreliose
Parkinson
Alkoholmissbrauch…
Psychodynamik: Endogene Depression
Restkategorie
“aus dem Inneren des Organismus”
vermutlich Stoffwechselstörungen
Psychodynamik: Psychogene Depression
Seelische Auslöser - erlebnisbedingt oder lebensgeschichte
Freud: Objektverlust, Introjektion, Selbstwertgefühlsminderung
Subtypen der Psychogenen-Depression (Mentzos)
Schulddepression:
Schuldbeladene Zurückgezogenheit, Deprimiertheit voller Selbstvorwürfe und Selbsterniedrigung
Agitierte und fordernde Depression:
Deprimiertheit, die von Agitiertheit und nach aussem gerichtetem Vorwurf, einer hartnäckig verlangenden und kritisierenden Haltung begleitet wird
Anaklitische (anhängliche) Depression
Resignative Hoffnungs- und hilflosigkeit mit extremer Anhänglichkeit
Selbstzerstörerische Depression
Massive direkte oder indirekte Autodestruktivität
Leere Depression
Gefühllosigkeit- Unfähigkeit zu Gefühlsregung, Blockade aller Affekte
Psychodynamik: Modell der Selbstwertregulation, 3 Säulen der Homöostase
Das Modell der Selbstwertregulation nimmt an, dass Depressionen ausgelöst werden durch eine beeinträchtigte Selbstwertregulation z.B. durch fehlende Anerkennung.
Die Selbstwertregulation wird dabei durch drei Säulen beeinflusst. Säule 1 bildet die Selbstwertgrundlage, welche durch lebenslange externe Stärkungen und durch Spiegelung gestärkt werden (lebenslange narzisstische Zufuhr). Es werden die drei Entwicklungsschritte (Größen-Selbst, Größenphantasie und reifes Ideal-Selbst) durchlaufen. Säule 2 umfasst Beziehungen, welche durch die Identifikation mit anderen Objekten (zunächst frühe Elternimagines, dann Leitbild und anschließend an einem reifen Ideal-Objekt) beeinflusst werden. Säule 3 bezieht sich auf die Anerkennung, v.a. durch Leistung. Hier werden die Schritte archaisches Über-Ich, ödipales Über-Ich bis zum reifen Gewissen durchlaufen. Die Säulen bilden dabei die Grundlage für das Ausmaß an Selbstwertstabilisierung.
Für alle drei Säulen ist die Rolle des realen Objektes wesentlich:
1. Säule: narzisstische Zufuhr wird verringert/fällt weg
2. Säule: Objektverlust/Enttäuschung über das idealisierte Objekt
3. Säule: Verunsicherung durch Kritik, Strafe
Kommt es durch entwicklungsgeschichtliche Belastungen (z.B. geringe elterliche Spiegelung) zu Beeinträchtigung von Säulen, so kann es zur
Überanstrengung (eine Säule wird besonders gebraucht), zu
vikariierenden Hypertrophien (eine Säule wird verstärkt gebraucht, um die anderen auszugleichen) und
Regressionen zur Basis der Säule(n) kommen.
Je nach Verarbeitungsmodus, Struktur und Möglichkeiten entwickeln sich Depressionsarten. Typischerweise wird davon ausgegangen, dass bei Regression der 1 Säule eine Manie wahrscheinlich ist, bei Regression der 2 Säule eine Abhängigkeits-Depression entstehen kann und bei Regression der 3 Säule eine Schulddepression erfolgen kann.
Psychosoziale Anwendung des Modell der Selbstwertregulation
Statt innerpsychischer Arrangements werden solche mit realen Objekten getroffen. Ein strenger, bestrafender Partner als Externale Über-Ich-Funktion, Leistungsgratifikationen und Wir-Bildungen (Stabiliserung des individuellem im kollektiven Ich)
Psychodynamik: Circulus Vitiosus (Teufelskreis)
Defensiver Selbstschutz, Rückzug von der äußeren Welt mit Verlangsamung und Selbstverkleinerung. Dadurch verharren in
Auf Kindheit beruhenden Introjektionen statt reifer Identifikation mit Idealen
Unterwerfung unter Über-Ich Auto Aggression und
Verlust narzisstischer Zufuhr
Psychodynamische Behandlung der Depression
Die Behandlung der Depression in der TP ist sehr individuell und ist dadurch nur schwer in einheitliche Manuale zu fassen. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass vor allem die Ermöglichung neue Beziehungserfahrungen wesentlich ist, um den regressiven Zustand der Depression zu verlassen. Zudem kommt es von Seiten des Therapeuten zu Deutungen und gemeinsam werden Rekonstruktionen der Beziehungen durchgearbeitet. So kommt es zu Wiederbelebung von verdrängten und unerfüllten Sehnsüchten. Werden diese Verarbeitet kommt es zur Lenkung der Aggression aus dem Ich auf ein reales Objekt. Zusätzlich kommt es zur Bearbeitung des Selbstwerts und des Objektwerts. Weitere Maßnahmen stellen in diesem Kontext Psychopharmaka und Körperarbeit dar.
Systemische Therapie: Interpersonales Sozio-Psycho-Biologisches Modell der Depression
Eine Störung gehört niemandem allein, sondern ist stets ein geteiltes Konstrukt!
Hypothese: Hilflosigkeit zur Kompensation emotionaler Wärme und Aufrechterhaltung von Zentripetalität im sozialen System
Interpersonale Funktionalität
Beziehungsregulierung
Hohe Ansprüche, Scheitern, Hoffnungslosigkeit
Aufforderung zur Distanzierung durch Rückzug
Aufforderung zu (stärkerem) Engagement bzw umsorgt werden bedeutsamer Dritter
Intrapersonal
Emotionale Leere als Schutz vor negativer Befindlichkeit z.B. Trauer, Hilflosigkeit, Reizbarkeit
Pseudokompensation von Entwicklungsdefiziten: z.B. Toleranz des Übergangs von zentripetaler in zentrifugale Systemphasen (Abnabelungsprozessen)
Transgenerationalität am Beispiel mit Genogramm
Ein Genogramm dient v.a. in der systemischen Therapie der Darstellung von Beziehungskonstellationen - sowohl die Ressourcen als auch die Konflikte. An dem Genogramm können Hypothesen über Beziehungsmuster und zur Entstehung und Aufrechterhaltung von inter- und intrapersonalen Konflikten gebildet werden
Systemische Behandlung der Depression
Beziehungsgestaltung
Keine Veränderungseile, besser “Ent-Spannung”
Lösungssuche und zeitweises Mitschwingen im depressiven Sumpf
“Wertschätzung” der Symptomatik: Störung mit ihrer eigenen Logik begegnen
In welchen Kontexten ist die Symptomatik hilfreich?
Umdeutung: Einladung zur Fortführung der Depression ohne Kontrollversuche. Wirkt über Spannungsreduktion zum öffnen kreativer Wirklichkeitsräume
Tel. Erstkontakt und Erstgespräch
Warum sind sie hier? Problembegehung
Wo wollen sie hin? Lösungsbegehung
Wer spielt noch eine Rolle?
Diagnostik örung” (Behandlung)
Erarbeitung eines gemeinsamen Störungsmodells (Interpersonales...und Genogramm)
Systembezogene Intervention:
Externalisierung
Personalisierung der Symptomatik (z.B. Morton Mies; schwarzer Hund)
Vorteil: Durch Distanzierung Eröffnung von Spielräumen
Konstruktion und Reflektion zirkulärer Teufelskreise
Die passive Seite besetzen (Ruf, 2015)
Wenn der Therapeut die passive Seite besetzt kann der depressive Symptomträger das nicht tun - und muss etwas anderes machen.
Therapiestunde mit “Aha-Moment” vorzeitig beenden
Störungsbild laut DSM-5: Panikstörung
Die Panikstörung ist durch (A) wiederkehrende und unerwartete Panikattacken gekennzeichnet. Eine PA ist eine plötzliche Anflutung intensiver Angst oder intensiven Unbehagens, die innerhalb von Minuten ihren Höhepunkt erreicht, wobei mindestens 4 Symptome auftreten. Beispiele sind
Atemnot
Benommenheit
Gefühl der Unsicherheit
Herzklopfen
Zittern oder Beben
Schwitzen
Erstickungsgefühle
Übelkeit/Bauchschmerzen
Entfremdungsgefühle
Hitzewallungen
Kälteschauer
Schmerz/Druck/Enge in Brust
Furcht zu sterben
Angst vor Kontrollverlust
Angst wahnnsinnig zu werden
Auf mindestens eine der Attacken folgte (B) mindestens ein Monat, in dem die Person mit anhaltender Sorge über das Auftreten weiterer Attacken oder ihrer Konsequenzen leidet und/oder eine deutlich fehlangepasste Verhaltensänderung (z.B. Vermeidungsverhalten wie Vermeidung körperlicher Betätigung oder unbekannter Situationen) zeigt.
Panikstörung: Psychophysiologisches Modell nach Ehlers und Margraf, 1989
Ein Panikanfall beginnt typischerweise mit einer physiologischen (z.B. Herzklopfen, Schwitzen, Schwindel) oder psychischen (z.B. Gedankenrasen) Veränderung, als Folge interner oder externer Stressoren (z.B. körperliche Anstrengung, Kaffeekonsum, Hitze). Diese Veränderungen werden wahrgenommen und mit Gefahr assoziiert. Das löst Angst/Panik aus, was zu weiteren physiologischen Veränderungen, körperlichen und/oder kognitiven Symptomen führt. Dieser Rückkopplungsmechanismus (zwischen körperlichen Symptomen, deren Assoziation mit Gefahr und der daraus resultierenden Angstreaktion) findet sehr schnell statt und kann mehrmals durchlaufen werden: Teufelskreis der Angst.
Der Panikanfall kann laut dem psychophysiologischen Modell auf zwei Arten beendet werden: durch die wahrgenommene Verfügbarkeit von Bewältigungsmöglichkeiten (z.B. hilfesuchendes Verhalten, Ablenkung) oder durch automatisch einsetzende negative Rückkopplungsprozesse (langsam!) (z.B. Habituation, Ermüdung). Situative Faktoren (z.B. körperliche Erschöpfung, Hitze) und individuelle Prädispositionen (z.B. bessere Interozeptionsfähigkeit) können angstmodulierend auf die Rückkopplungsprozesse einwirken.
Panikstörung: Zwei-Faktoren-Theorie, Mowrer, 1960
Maurer beschreibt, dass die Störung durch klassische Konditionierung ausgelöst und durch operante Konditionierung aufrechterhalten wird. Initial ist eine traumatisierende Erfahrung (UCS), die eine Schmerz-/Furcht-Reaktion auslöst (UCR). Diese ist an spezifische Störungsmerkmale gebunden, die zum CS werden und in der Folge ebenfalls die emotionale Reaktion auslösen können. Vermeidungsverhalten wirkt negativ verstärkend und hält die Störung aufrecht. Da die wenigsten Patienten eine traumatische Erfahrung berichten, gehen Erweiterungen des Modells davon aus, dass die Panikerfahrung selbst das traumatische Ereignis darstellt. Die dabei auftretenden Körperempfindungen – z.B. Herzklopfen, Schwitzen – werden gleichsam zum CS und lösen von nun an Angst aus.
Panikstörung: Behandlung nach Margraf und Schneider, 1990
Informationsvermittlung
“geleitetes Entdecken” des individuellen Teufelskreises der Angst
Glaubwürdiges Erklärungsmodell
Kognitive Umstrukturierung:
Korrektur der Fehlinterpretationen körperlicher Empfindungen & anderer Angstsymptome
Identifikation der Fehlinterpretation > Einschätzen des Ausmaßes der Überzeugung von der Fehlinterpretation (vor und während Anfall) > Sammeln von Daten die dafür oder dagegen sprechen > Alternative Erklärung finden > Daten für oder gegen Alternativmodell > Überzeugungsratings von Fehlinterpretation und alternativer Erklärung
Beendigung erst, wenn alle Fehlinterpretationen besprochen wurden
Verhaltensexperimente und Reizkonfrontationstherapie
Hyperventilationstest, schnelles Treppensteigen, durch Strohhalm atmen Angst vorhersagen lassen und überprüfen
Reizkonfr. mit inneren & äußeren Auslösern begünstigen Habituationsprozesse, Veränderungen in Wahrnehmung und Bewertung von Problemsituationen
Rückfallprophylaxe und aktive Vorbereitung auf Umgang mit Rückschlägen
Die Kurzzeittherapie ist auf 15 Sitzungen angelegt, wobei die ersten 10 im Idealfall 2x wöchentlich stattfinden. Zunächst geht es um die Vermittlung eines glaubwürdigen Erklärungsmodells für die Panikanfälle. Man erarbeitet mit dem Pat. durch geleitetes Entdecken einen individualisierten Teufelskreis der Angst, bespricht die aufrechterhaltenden Faktoren und leitet daraus Interventionen ab. Der Patient muss verstehen, dass seine Probleme vor allem durch die Fehlinterpretation körperlicher Empfindungen oder anderer Angstsymptome als Zeichen drohender Gefahr aufrechterhalten werden. Z.b. Brustschmerzen - Herzinfakt; Atemnot - Ersticken; Rasende Gedanken - Ich werde verrückt. Es gilt eine korrektur der Fehlinterpretationen vorzunehmen. Dieser Teil der Therapie ist zentral für die Reduktion der Panikanfälle und sollte erst dann beendet werden, wenn alle Fehlinterpretationen besprochen wurden. Gleichzeitig erfordert er u.U. viel rhetorisches Geschick und Einfühlungsvermögen. Es kann eine Liste von pro und contra Argumenten für die Fehlinterpretationen angefertigt werden. Ergänzend zur kognitiven Umstrukturierung haben sich Verhaltensexperimente bei der Korrektur der Fehlinterpretationen als hilfreich erwiesen. Diese sollten natürlich angepasst an die spezifischen Ängste des Patienten sein. Beispiele hierfür sind Symptomprovokationen, wie z.B. der Hyperventilationstest, schnelles Treppensteigen oder der Besuch im Einkaufzentrum. Solche Reizkonfrontationen mit inneren und äußeren Auslösern der PAs begünstigen Habituationsprozesse, Veränderungen in der Wahrnehmung und Bewertung von Problemsituationen und bauen neue Verhaltensmuster bzw. Handlungskompetenzen auf. Selbstinstruktionstraining befähigt den Pat. dazu, sich selbst an die erarbeiteten Erklärungen/Erkenntnisse zu erinnern. Bei Bedarf können Problemlöse- und soziales Kompetenztraining durchgeführt werden. Die Rückfallprophylaxe ist in der Therapie der Panikstörung aufgrund von typischen Fluktuationen im Angstniveau sehr wichtig. Der Pat. sollte aktiv auf den Umgang mit Rückschlägen vorbereitet werden, das in der Therapie Gelernte gut internalisieren und die Gelegenheit haben, bestehende Zweifel zu besprechen, bevor die Therapie beendet wird.
Psychodynamik: Ätiologie der Panikstörung
Psychoanalytisch gibt es keine “grundlose” Panik, es bleibt lediglich die Gefahrenquelle, also die eigentliche Ursache, unbewusst.
Freud (bis heute)
Diese eigentliche Ursache, zumeist Angst vor Objektverlust/ oder Verlust der Anerkennung oder Liebe eines wichtigen Objektes, wird als unaushaltbarer Gefühlszustand in Unbewusste abgedrängt. Darüber hinaus Verdrängung/Abwehr von aggressiven Impulsen, die das begehrte Objekt zusätzlich in den Rückzug drängen könnten. So wird der Furcht der Konkrete Inhalt entzogen und es entsteht ein neurotisch diffuser Angstzustand der in spezifischen Situationen ausgelöst werden kann. In einer Phobie erfährt diese Angst dann eine Objektivierung, hierbei wird die Angst auf eine andere angebliche Gefahr verschoben (externalisiert) z.B. Herzversagen, Kribbeln etc. In dem die künstliche Angstquelle einigermaßen vermieden werden kann, erfährt der Patient Angstfreiheit - was als pimärer Krankheitsgewinn u.u. zu Chronifizierung führen kann. In der Angstsituation selber findet sich ein symbolhafter Verweis auf den Konflikt (Angst vor mittleren Spur auf der Autobhan als Hinweis für enge, expansionshemmende interpersonelle Erfahrung)
Objektbeziehungstheorie (kam nach Freud)
Regulationsstörung zwischen elterlichem Objekt und Kind in motorisch expansiver Phase mit entweder distanzierten Verhalten, oder ängstlich, einschränkendem Verhalten. Verhinderung von Trotz, Ablösung und Aggression. Entmutigung von Erkundungsverhalten.
Mentalisierungstheorie (neueste)
Spiegelung der Affekte durch Bindungspersonen missglückt, wenn es in zu hohem Maße mit dem Kind übereinstimmt oder gar nicht/zögernd erfolgt.
Panikstörung: Modell von Milrod, 1997
Interpersonelle (zwischenmenschliche) Erfahrung und deren Internalisierung im Sinne von inneren Objektrepräsentanzen. Panikpatienten
können weniger auf stabile innere Objektrepräsentanzen zurückgreifen (Mein Partner/Eltern bleibt mir sicher erhalten auch wenn er in einem anderen Land ist, oder wir uns streiten
erleben ihre Beziehungen als unsicher und gefährdet
erleben sich selbst als hilflos und schwach
Milrod postuliert, dass kindliches Trauma und intrapsychische Konflikte kombiniert mit einer dispositionellen biologischen Vulnerabilität zu verminderter Toleranz gegenüber negativen Affekten und einer gesteigerten Trennungs-/Verlustangst führen können. In der Folge fällt es den Betroffenen schwer, normale Entwicklungsaufgaben zu meistern, die Autonomie erfordern und sie erleben sich ihren Bezugspersonen gegenüber als furchtsam-abhängig, hilflos und schwach. Kränkungen und Enttäuschungen ziehen dann reaktive Aggressionen gegenüber der als ängstigend/zurückweisend empfundenen Bindungsfigur nach sich. Möglicherweise nimmt die Person eine kontraphobische Haltung ein, d.h. sie versucht Gefühle von Abhängigkeit, Hilflosigkeit oder Beschämung über die unterlegene Position durch betonte Unabhängigkeit zu überspielen. Dies führt zu intensivierten Ängsten vor Bestrafung und verlassen werden, weil aufgrund der mangelnden Affekttoleranz eigener Ärger, Distanzierungs- und Selbstbehauptungsbestrebungen die Befürchtung auslösen, das wohlwollende Objekt und seine Zuwendung zu zerstören. Tatsächliche/antizipierte Trennungen oder Versuche des Pat. sich selbst zu behaupten/zu distanzieren gehen demnach den PA häufig voraus. In diesem Sinne können sie als Kompromissbildung zwischen Autonomie- und Abhängigkeitswünschen des Pat. verstanden werden. Sie senken jedoch ihrerseits die Affekttoleranz weiter und verschlimmern die Verlustängste, wodurch ein Teufelskreis in Gang kommt.
Psychodynamik: Modell der Panikstörung von Shear et al., 1993
Laut Shaer trifft eine eine angeboren erhöhte neurophysiologische Erregbarkeit bei Panikpatient*innen auff ein angstmachendes Elternverhalten, wodurch die psychische Entwicklung des Kindes beeinflusst wird. Ein ungelöster Autonomie-Abhängigkeitskonflikt, gestörte Objektbeziehungen und unzureichende Abwehrmechanismen sind die Folge und erhöhen die Frequenz und Intensität negativer Affekte, sodass die neurophysiologische Sensibilität weiter zunimmt. Treten dann biologisch oder psychologisch bedeutsame Belastungsereignisse auf, übersteigt dies die ohnehin geringen Möglichkeiten der intrapsychischen Konfliktbewältigung und der Pat. erlebt eine Erosion des Sicherheitsgefühls. Neurophysiologische Abweichungen verbunden mit einem Gefühl inneren Kontrollverlusts ermöglichen das Eindringen negativer Affekte, was schließlich zu einer Panikattacke führt.
Panikfokussierte psychodynamische Therapie (PFPP) nach Milrod
Die Kurzzeitbehandlung mit je 2h/Woche lässt sich in 3 Abschnitte gliedern. Der Therapeut fungiert als steuerndes Objekt, das ermutigt statt herabwürdigt und Exploration fördert.
1. Phase (1-8): Behandlung der akuten Panik
aktive Exploration der mit Paniksymptomen verbundenen Gedanken und Gefühle (aufdecken unbewusster intrapsychischer/interpersonaler Auslöser wie Angst oder Wut)
Herausarbeiten unbewusster Kernkonflikte die sich um Abhängigkeit von übermächtig erlebten Anderen drehen
> Patient soll Einsicht erlangen in die emotionale Bedeutung der Paniksymptome dann kommt es zu Verbesserung
2. Phase (9-16): Behandlung der Panikvulnerabilität
Erkennen und Bearbeiten von ambivalenten Abhängigkeitsbeziehungen
Im Leben des Patienten und in der Übertragung
Einbettung der Symptome in diese Beziehungsambivalenz stärkt die Autonomie des Patienten und durchbricht den Teufelskreis aus Abhängigkeit und Angst, wenn Patient erkennt dass er nicht so hilflos ist wie er sich phantasiert
3. Phase (17-25): Beendigung der Behandlung
Aktivierung der typischen Trennungsprobleme in der Beziehung zum Therapeuten
Durcharbeiten von damit verbundenem Ärger und Angst
Beispiel: Unterdrückter Konflikt mit unfähigem Heizungsmonteur und daraufhin Kritik der Ehefrau
Störungsbild nach DSM-5: Soziale Phobie
Bei der sozialen Angststörung handelt es sich um eine ausgeprägte Angst vor sozialen Situationen, in denen die Person von anderen Personen beurteilt werden könnte, also z.B. soziale Interaktionen, von anderen beobachtet zu werden oder vor anderen Leistung zu erbringen. Betroffene befürchten, dass sie sich in einer Art und Weise verhalten oder Symptome der Angst offenbaren könnten, die von anderen negativ bewertet werden. Die sozialen Situationen rufen fast immer eine Furcht-/Angstreaktion hervor und werden vermieden oder nur unter intensiver Angst ertragen. Die Angst geht über das Ausmaß der tatsächlichen Bedrohung hinaus und ist im soziokulturellen Kontext unverhältnismäßig.
Zeitkriterium: mindestens 6 Monate. Spezifiziere ob nur Leistungsbezogen.
A. Ausgeprägte Furcht oder Angst vor einer oder mehreren sozialen oder Leistungssit., in denen die Person von Anderen beurteilt werden könnte. Beispiele hierfür sind soziale Interaktionen (z.B. Gespräche mit anderen, Treffen mit unbekannten Personen(, beobachtet zu werden (z.B. beim Essen oder Trinken) oder vor anderen Leistungen zu erbringen (z.B. eine Rede halten).
B. Betroffene befürchten, dass sie sich in einer Weise verhalten könnten oder Symptome der Angst offenbaren, die von anderen negativ bewertet werden (d.h. die beschämend oder peinlich sind, zu Zurückweisung führen oder andere Personen kränken).
C. Die sozialen Situationen rufen fast immer eine Furcht- oder Angstreaktion hervor
D. Gefürchtete Situationen werden vermieden oder nur mit intensiver Angst ertragen
E. Die Furcht oder Angst geht über das Ausmaß der tatsächlichen Bedrohung hinaus und ist im soziokulturellen Kontext unverhältnismäßig.
F. Die Furcht oder Angst ist andauernd; typischerweise 6 Monate oder länger.
G. Die Furcht, Angst oder Vermeidung verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionen
● ...usw (Differentialdiagnose, Abgrenzung gegenüber medizinischen
Krankheitsfaktoren)
● Bestimme, ob: “Nur in Leistungssituationen”
Komorbidität sozialer Phobie (Kessler et al. 1994)
Lebenszeitkomorbidität: bei ca. 80% andere psychische Störung
Davon 60% andere Angststörung, 45% depressive Störung, 40% Abhängigkeitserkrankung
Deutlich erhöhtes Suizidrisiko
Ätiologie der Sozialen Phobie
Genetische Faktoren im Sinne von Temperamentsunterschieden (“behavioral inhibition”, Kagan)
Soziale Defizite
Direkte- , Stellvertretende- (Beobachtung) und symbolische (Instruktionen und Informationen) Konditionierung
Elterliche Erziehungsstile
Das kognitive Modell sozialer Ängste von Clark & Wells (1995)
Ein Individuum mit einer sozialen Phobie kommt in eine angstauslösende soziale Situation.
Bei dem Betroffenen kommt es zu einer Aktivierung von belastenden Grundannahmen (dysfunktionaler Schemata), wie z.B. “Ich mache immer alles falsch”. Parallel entwickelt er aktuelle Gedanken, in denen er die soziale Situation z.B. als “gefährlich” oder “peinlich” bewertet.
Der Betroffene bemerkt die körperlichen Reaktionen der Angst, wie Erröten, Schwitzen, Zittern, Herzrasen usw. Diese Reaktionen können entweder die bereits vorhandenen Gedanken verstärken oder zu neuen belastenden Gedanken führen (wie z.B. “Mein Zittern ist der Beweis, dass ich jetzt wirklich die Kontrolle verliere!”) führen. Hieraus kann sich schnell ein Teufelskreis entwickeln.
Es kommt zu einer Aufmerksamkeitsumlenkung von außen nach innen (Selbstaufmerksamkeit): Der Betroffene richtet seine Aufmerksamkeit weg von der Außenwelt auf seinen Körper und beobachtet sehr genau, was in seinem Körper vorgeht. Dabei spürt er z.B. sein Zittern und nimmt dies wiederum als Beweis, dass andere Menschen das Zittern ebenso bemerken. Dadurch werden die beunruhigenden Gedanken und die Angst immer weiter verstärkt. Einige Menschen mit sozialen Phobien entwickeln ein negatives Bild (“Image”) von sich und sind überzeugt, dass alle anderen Menschen sie auch so sehen.
Der Betroffene entwickelt ein Sicherheitsverhalten als Versuch, die soziale Gefahr zu reduzieren und das gefürchtete Resultat zu verhindern. Ein typisches Sicherheitsverhalten ist z.B. der Versuch, den Blickkontakt zu vermeiden. Ein anderes Beispiel für Sicherheitsverhalten ist z.B. der Versuch, sich bei einem Vortrag durch Festhalten des Kugelschreibers “beruhigen” zu wollen und dadurch eine negative Beurteilung abwenden zu wollen. Das Sicherheitsverhalten führt jedoch dazu, dass die Betroffenen keine “gesunden” Verhaltensweisen ausprobieren und auch nicht überprüfen oder nachfragen, ob Ihre Befürchtungen wirklich zutreffen. Manchmal kann das Sicherheitsverhalten die Situationen sogar noch verschlimmern.
Im weiteren Verlauf entwickelt der Betroffene eine ausgeprägte Erwartungsangst. Er überlegt vor der nächsten gefürchteten sozialen Situation häufig bis ins Detail, was alles schief gehen könnte und führt sich vergangene Misserfolge vor Augen.
Zusätzlich entwickeln die Betroffenen oft eine sehr negative nachträgliche Situationsbewertung. Ihre belastenden Gedanken sind häufig nicht mit dem Verlassen der Situation vorbei, die Betroffenen leiden vielmehr unter einem langen Nachgrübeln. Sie versuchen zu “Analysieren”, was in der Situation alles schief gelaufen ist und was sie “falsch” gemacht haben. Da soziale Situationen häufig uneindeutig sind, können die Betroffenen oft Signale von anderen in einem viel negativeren Sinne sehen, als sie tatsächlich waren. Häufig passiert es auch, dass ein an einer sozialen Phobie Erkrankter eine Situation als Versagen interpretiert, während ein außen stehender Beobachter die gleiche Situation neutral bewerten würde.
Soziale Phobie: Kognitive Therapie nach Clark & Wells
Bei dem Behandlungsansatz nach Clark & Wells kommt eine Kombination aus kognitiven und klassisch-verhaltenstherapeutischen Methoden zum Einsatz, um an mehreren Aspekten (dysfunktionale kognitive Schemata, defizitäre soziale Fähigkeiten) gleichzeitig anzusetzen: Exposition (wie eigentlich immer bei Angststörungen), soziales Kompetenztraining und Kognitive Umstrukturierung.
1. Phase: Ableitung eines individuellen Erklärungsmodell anhand des Störungsmodells
Hilft Patient Verständnis über Entwicklung und Aufrechterhaltung seiner Ängste zu gewinnen
Um so die Motivation zu fördern
2. Phase: Kognitive Vorbereitung auf Exposition
Video- und Audiofeedback
i. Gefühle und Körperempfindungen als irreführende Informationsquelle für die eigene Erscheinung
Verlagerung des Aufmerksamkeitsfokus nach Aussen
3. Phase: Exposition in Vivo/Verhaltensexperimente
Sich stellen verschiedener Angstsituationen um korrigierende Erfahrungen zu machen
Grundannahme: Aktiviertes Angstschema erlaubt keine Verarbeitung der Situation (top-down Verarbeitung). >Durch ausgedehnte Konfrontation mit Angstsituation kommt es zu Löschung bzw. Habituation oder korrigierende Infos werden vermittelt
Graduelles oder massiertes Vorgehen
Führen eines Protokolls, vor und nach der In-Vivo-Exposition
4. Phase: Kognitive Umstrukturierung
Identifikation dysfunktionaler kognitiver Schemata
Infragestellen der dysfunktionalen Kognitionen
i. sokratischer Dialog
ii. Feedback der sozialen Umwelt
Erarbeitung angemessenerer, funktionalerer Alternativen
Einüben der neuen Kognitionen in problematischen Situationen
5. Phase: Rückfallprophylaxe und Erhaltungstherapie
Therapieevaluation und Abschlussbilanz
Erstellen eines “Rückfalls-Plans”
Einüben der erworbenen Fähigkeiten bei Rückfällen
Psychodynamisches Modell der sozialen Phobie
Die TP versteht psychische Symptome im Allgemeinen als Folge von ungelösten Konflikten oder Beeinträchtigungen in den Ich-Funktionen. Luborsky beschreibt das psychodynamische Konzept des Konflikts als „zentrales Beziehungskonfliktthema“, das aus einem
Wunsch (ich wünsche mir dass)
der Reaktion der anderen Person(en) und der (aber Person x wird)
Reaktion des Selbst (=Symptom) besteht (deshalb werde ich)
Ein Beispiel dafür wäre der zentrale Wunsch nach Akzeptanz und Bestätigung bei gleichzeitiger antizipierter Demütigung und Abwertung. Die interpersonellen Beziehung werden folglich als Gefahr wahrgenommen, was mit Gefühlen von Angst, Hilflosigkeit, Blockierung und physiologischen Veränderungen einhergeht. Betroffene sind darum bemüht möglichst perfekt zu sein um die gefürchtete Zurückweisung abzuwenden. Dieser Anspruch erhöht jedoch die ohnehin schon bestehende Anspannung was zu einem Teufelskreis führt der häufig in starkem Vermeidungs- bzw Rückzugsverhalten mündet.
Psychodynamische Kurzzeittherapie sozialer Phobie auf Grundlage der supportiv-expressiven Therapie (SET)
Grundlage: Luborsky’s (1995) supportiv-expressive Therapie (SET)
Fokus der Behandlung ist es das ZBKT (“persönliche Angstformel”) zu identifizieren, auf dem die gegenwärtigen Symptome des Patienten basieren. Zu diesem Zweck werden Beziehungsepisoden untersucht, die der Patient im Verlauf der Therapie erlebt.
Da die Therapie auf Kurzzeit angelegt ist, sind keine weitergehenden Veränderungen der Persönlichkeit angestrebt. Es ist wichtig für den Erfolg der Therapie klare Ziele in der Sprache des Patienten zu formulieren, wenn die Formulierungen des Patienten nur auf die Symptome abzielen, gilt es diese auf das ZBKT zu beziehen.
Die Interventionen sind in Abhängigkeit der Störungsstärke beim Patienten mehr supportiv oder mehr expressiv. Auf der supportiven Seite gilt es ein Gefühl von Verständnis und Akzeptanz zu vermitteln durch Worte sowie Handlungen. Die supportive Seite der Therapie dient dem Patienten als “sichere Basis” von der aus Explorationsverhalten und Selbstexposition ermutigt werden. Ausserdem korrigiert die akzeptierende Haltung die Erfahrung in wichtigen Beziehungen beschämt worden zu sein.. Die expressiven oder interpretativen Interventionen verbessern das kognitive und das emotionale Verständnis des Patienten in Bezug auf seine Symptome und auf das zugrunde liegende ZBKT. Aufgabe des Therapeuten ist das wiederholte Durcharbeiten des ZBKT in verschiedenen Beziehungen einschließlich der Beziehung zum Therapeuten.
Ein guter Abschluss der Therapie ist wichtig und die Patienten sollten rechtzeitig daran erinnert werden. Symptome tauchen häufig durch die Antizipation des Verlusts des Therapeuten auf, das sollte aufgegriffen und wieder auf den ZBKT bezogen werden.
Systemische Therapie: Soziale Phobie
Interpersonales Sozio-Psycho-Biologisches Modell
Eine Störung gehört niemanden allein, sondern ist stets ein geteiltes Konstrukt! Soziale Angststörung (sowie jede andere Störung auch) als Indikator für Schwellenphasen und als die von einem betroffenen sozialen Beziehungssystem gewählte und zu dem jeweiligen Zeitpunkt bestmögliche Lösung einer Entwicklungsaufgabe.
Der systemische Blick betrachtet nicht nur den Symptomträger, sondern bezieht auch die ihn umliegenden Struktur mit in die Analyse ein. Wie kann in diesem System eine soziale Phobie entwickelt werden? Welchen “Nutzen” hat sie auf inter- und intrapersoneller Ebene?
Interpersonelle Ebene:
Autonomie vs Gebundenheit
Intrapsychische Funktionalität:
Schutz vor negativer Befindlichkeit: Angst, Wut, Panik
Pseudokompensation von Entwicklungsdefiziten, Übergang von zentripetaler in zentrifugale Systemphase
Symptome der sozialen Angst schützen Systemmitglieder davor, Freiheitswünsche offen zu kommunizieren und das System zu gefährden. Stattdessen schweissen sie alle Beteiligten zusammen. So zeichnen sich sozialängstliche Systeme in der Regel durch eine hohe innersystemische Kohärenz, Reduzierung bis hin zur Vermeidung sozialer Kontakte und eine hohe Orientierungan sozialen Normen aus. Der Wunsch nach angemessener Distanz besteht jedoch weiterhin und äußert sich in (non)verbalen Handlungen (z.B. Beziehungsabbruch, Aggression).
Im Zentrum steht die Angst vor negativer Bewertung. Interpersonal geht es dabei um den Konflikt zwischen Autonomie und Verantwortungsübernahme vs Verbundenheit und Sicherheit.
Störungsbild nach DSM-5: Zwangsstörung
Zwangsstörungen sind Erkrankungen, bei denen die Betroffenen unter wiederkehrenden Gedanken oder Impulsen leiden, welche sie immer wieder stereotyp und quälend beschäftigen.
A. Zwangsgedanken
Als Zwangsgedanken werden wiederkehrende Gedanken (z.B. Unfall nahestehender Person) und Impulse verstanden, die mind. zeitweilig als aufdringlich und ungewollt empfunden werden und meist ausgeprägte Angst und großes Unbehagen hervorrufen
Versuch, die Gedanken und Impulse zu ignorieren oder unterdrücken oder zu neutralisieren (z.B. durch das ausführen von Zwangshandlungen)
(A) Zwangshandlungen
Zwang zu wiederholten Verhaltensweisen (z.B. Händewaschen) oder mentalen Handlungen (z.B. Zählen, Wörter lautlos wiederholen)
Diese Verhaltensweisen dienen zur Reduktion der ausgeprägten Angst und großen Unbehagens
(B) Zeitintensivität
z.B. >1Std./Tag
Klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen Funktionsbereichen
Hinweis:
Zwänge werden als Vorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Schadensereignis erlebt
Unterdrückung der Zwänge verstärkt die ausgeprägte Angst und das große Unbehagen
Zwangsstörung: Kognitives Modell nach Salkovskis (1989)
Aufdringliche Gedanken sind ein vollkommen normales Phänomen und treten bei etwa 90% aller Menschen auf, haben bei Zwangspatienten allerdings Stimuluscharakter - die Patienten überschätzen die Gedanken in ihrer Relevanz und Bedeutung und assoziieren mit ihnen Gefahr. Das führt zu einer emotionalen Reaktion in Form von Discomfort: Unruhe, Erregung, Angst und - aufgrund der Überschätzung der persönlichen Verantwortung - einen starken Handlungsdruck. Dieser wird dann in Neutralisierungsverhalten umgesetzt (Zwangshandlung oder Gedankenritual) wodurch es kurzfristig eine Reduktion der Anspannung erreicht wird.
Durch diese kurzfristige Anspannungsreduktion werden die Zwänge zunächst (unbewusst) als sinnvolle Strategie im Umgang mit den aufdringlichen Gedanken erlebt, was die Auftretenswahrscheinlichkeit dieses Verhaltens verstärkt.
Gleichzeitig werden aber korrigierende Erfahrungen unterbunden und die überhöhte Bedeutung der Gedanken durch das Verhalten bestätigt und es entsteht ein Teufelskreis, bei dem sich die häufigkeit der intrusiven Gedanken steigert.
Kognitive Verhaltenstherapie bei Zwangsstörung
1. Beziehungsgestaltung
vertrauensvolle Beziehung wichtig, da teilweise starke Scham und Kontaminationsängste
2. Erstgespräch und Diagnostik
Symptom-Checkliste (Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale)
Eigenbericht (biographische Fragen, Symptomhistorie, kritische Lebensereignisse)
3. Vermittlung des Störungsmodells
Verschiebung der Problemdefinition: nicht der Gedanke ist das Problem, sondern der Umgang mit diesem Gedanken
Zieldefinition: Aufdringliche Gedanken erleben zu können, ohne sich von ihnen stören zu lassen (nicht: keine Intrusionen mehr zu haben)
Gemeinsame Therapieplanung
4. Exposition und Reaktionsverhinderung
Konfrontation mit zwangsauslösender Situation
Verhinderung von Neutralisierung (intra- und interpersonal)
Dadurch Habituation und Korrektur durch Erleben neuer Erfahrung
5. Kognitive Interventionen
Relativierung des persönlichen Einflussbereichs/korrektur dysfunktionaler Schemata mit Tortendiagramm oder kummulierter Wahrscheinlichkeitsberechnung
Systemische Therapie der Angststörung
Interpersonale Funktionalität, Beziehungsregulierung:
Distanzierung, Umsorgtwerden, Indirekte Respektierung der persönlichen Integrität (“Unversertheit”), Isolation zur Reduktion spannungs-steigernder Kontakte
Schutz vor negativer Befindlichkeit wie Angst, Wut, Trauer, Hilflosigkeit
Pseudokompensation von Entwicklungsdefiziten z.B. Toleranz intensiver Emotionen
Hypothese: Perfektionismus, Reinlichkeit und Intellektualismus zur Kompensation emotionaler Wärme und Geborgenheit
Systemsiche Therapie - “Ent-Störung” (Behandlung Zwangsstörung)
Aufbau einer tragfähigen und vertrauensvollen Beziehungsgestaltung mit dem betroffenen sozialen System.
“Wert-Schätzung” der Symptomatik: der Störung mit ihrer eigenen Logik begegnen > in welchen Kontexten ist die Symptomatik hilfreich?
Umdeutung: Einladung zur Fortführung der Rituale ohne Kontrollversuche
Wirkmechanismus: Spannungsreduktion
Ziel: Öffnung kreativer Wirklichkeitsräume mit dem Fokus auf das Wozu der Symptomatik
Diagnostik (des Systems):
Enactment: Problem-Inszenierung im Therapieraum
Systemisches Fragen (Selbst/Fremdberichte)
Operationalisierung (wann hat es begonnen)
Kontextualisierung (wer war dabei als es auftrat, wie war die Situation)
Ausnahmen (wann war es besser)
Verschlimmerung (was müsstet ihr tun damit es schlimmer wird)
family accomodation scale for obsessive- compulsive disorder
erhebt das ausmaß in dem die angehörigen mit den Patienten der Zwangsstörung interagieren
Erarbeiten eines gemeinsamen Störungsmodells:
Genogramm (Transgenerationalität)
Ent-Störung (Behandlung):
Prinzip Elterliche Präsenz (doppeltes Prinzip)
Explizites Wenden der Eltern gegen die Zwangsstörung
Gleichzeitig positive Beziehungssignale an das Kind (du schaffst das)
Gewaltfreier Widerstand
Sit-In (Muster-Unterbrechung klingt eigentlich nach Exposition)
Wir bleiben so lange sitzen bis der Zwang mitteilt was er eigentlich will
Störungsbild nach DSM-5: Posttraumatische Belastungsstörung
A. (Traumatisierendes Ereignis): Die Betroffenen waren über einen oder mehrere der unten genannten Wege Tod (tatsächlich angedroht) schwerwiegenden Verletzungen oder sexueller Gewalt ausgesetzt
a. direktes erleben
b. miterleben wie es anderen zustößt
c. erfahren, dass es anderen zugestoßen ist
d. Konfrontation mit Details des traumatischen Ereignisses (z.B. als Ersthelfer, Polizist)
B. Eines oder mehrere mit dem Trauma assoziierte Symptome (Beginn nach Ereignis)
a. aufdrängende Erinnerung
b. Albträume mit den Inhalten oder Gefühlen des Ereignisses assoziiert sind
c. Dissoziationen (z.B. Flashbacks)
d. Leiden bei Konfrontationen mit (inneren oder externen) Reizen die das Ereignis symbolisieren
e. Physiologische Reaktion (Stress) auf diese Reize
C. Vermeidungsverhalten von internen (Gedanken, Gefühlen) und externen (Orte, Menschen) Reizen
D. Negative Veränderungen in mit dem Trauma assoziierten Kognitionen oder Affekten
E. Veränderung in Erregbarkeit und den Reaktionen
a. Reizbarkeit, Wutausbräuche, selbstzerstörerisches Verhalten
b. Hypervigilanz
c. Schreckhaftigkeit
d. Konzentrationsstörungen
e. Schlafstörungen
F. bis G. Mind. 1 Monat. Klinisch bedeutsames Leiden, Substanzausschluss
Die Person wird mit einem traumatisierenden Ereignis konfrontiert (z.B. Tod, tödliche Bedrohung, schwere Verletzung, sexuelle Gewalt) und zwar in direkt, als Augenzeuge, indirekt (erfahren, dass ein naher Verwandter oder ein Freund einem traumatisierenden Ereignis ausgesetzt war) oder wird mit Details des Ereignisses konfrontiert (z.B. als Ersthelfer). Das traumatisierende Ereignis wird wiederkehrend wiedererlebt und zwar als
unfreiwillige und eindringliche belastende Erinnerung
Traumatische Albträume,
Dissoziative Reaktionen (Depersonalisation/Derealisation),
intensiver oder langanhaltender Stress und/oder
markante physiologische Reaktionen auf Reiz, welcher in Bezug zum traumatischen Ereignisses steht.
Betroffene zeigen ein anhaltendes und starkes Vermeidungsverhalten von traumatisierenden, internen (Gefühle/Gedanken) oder externen Reizen (Orte, Menschen). Es kommt zudem zu einer negativen Veränderung von Gedanken und Stimmung z.B. durch negative Annahmen über sich selbst oder vermindertes Interesse an wichtigen Tätigkeiten. Außerdem erleben Betroffene Veränderungen in Erregung und Reaktionsfähigkeit (z.B. übermäßige Schreckreaktion, Schlafstörung oder Konzentrationsschwierigkeiten). Die Symptome der PTBS dauern länger als einen Monat an.
Verlauf und Prognose von PTBS (Ehlers, 1999)
In den meisten Fällen: Symptome der PTBS sofort nach dem traumatischen Ereignis; ein verzögerter Beginn findet sich bei höchstens 11% der Fälle
im ersten Jahr Remission von ca 50% der Fälle ohne Behandlung
Chronischer Verlauf bei etwa einem Drittel
Risiko für einen chronischen Verlauf umso höher, je schwerer die anfänglichen Symptome sind
Modell der traumatischen Zange (Besser & Huber)
Wenn es durch ein äußeres extrem stressreiches Ereignis zu einer Überflutung mit aversiven Reizen kommt schaltet das System auf Fight or Flight, womit nach Cannon (1914) Trauma in bestimmten Situationen noch verhindert werden kann. Kann aber weder dagegen angekämpft noch davor weggelaufen werden (No Fight - No Flight) reagiert die Person mit Freeze, also einer Lähmungsreaktion und löst sich der Situation so durch innere Distanzierung - Entfremdung vom Geschehen, innerliche Starre und dadurch “Neutralisierung” akuter Todesangst. Fragment, es kommt zu einer Zersplitterung und Verdrängung der Erfahrung, wodurch das Ereignis nicht mehr ohne gezielte Anstrengung zusammenhängend wahrgenommen und erinnert werden kann.
PTBS: Kognitives Modell (Clark & Ehlers, 2000)
Das Modell besteht aus mehreren Kernaussagen:
Einschätzung einer exzessiven aktuellen Bedrohung
das Trauma oder seine Konsequenzen werden als Anzeichen aktueller Gefahr gedeutet
Aufgrund von Besonderheiten des Traumagedächtnisses werden Aspekte des Traumas ohne den Kontext relevanter Informationen in der Gegenwart wiedererlebt
kognitives und behaviorales Sicherheitsverhalten soll die Bedrohung mindern, hält die Störung jedoch aufrecht
Gedankenunterdrückung führt paradoxer Weise zu verstärkten Intrusionen
Übertriebene Vorsichtsmaßnahmen verhindern die Überprüfung ob eine Katastrophe eintritt, wenn das Sicherheitsverhalten nicht ausgeführt wird
Nach dem kognitiven Modell spielen Interpretationen des Traumas und seine Konsequenzen eine zentrale Rolle für die unzureichende emotionale Verarbeitung eines traumatischen Ereignisses. Danach nehmen Personen mit PTBS eine gegenwärtige schwere Bedrohung wahr, da sie (1) das Trauma und/ oder seine Konsequenzen als Anzeichen einer aktuellen Bedrohung interpretieren (übermäßig negative persönliche Bedeutungen) und (2) aufgrund von Besonderheiten des Trauma-Gedächtnisses Aspekte des Traumas ohne den Kontext relevanter vorangegangener und nachfolgender Informationen im „Hier-und-Jetzt“ wiedererleben. Weiter wird angenommen, dass die übermäßig negativen persönlichen Bedeutungen die Betroffenen dazu motivieren, Verhaltensweisen und kognitive Strategien zur Kontrolle der wahrgenommenen Bedrohung und Symptome einzusetzen, die das Problem aufrechterhalten.
Kognitive Therapie bei PTBS
1. Stabilisierung
Unterstützen Gefühl innerer Sicherheit durch Erfahrung von Kontrolle über innere und äußere Prozesse
Selbstberuhigung lernen
Behandlungsmilieu soll Stresspegel nicht zusätzlich erhöhen
Noch keine Reaktivierung des Traumas
2. Psychoedukation
Psychische Beschwerden sind normale Reaktion auf nicht normale Erfahrung: Belastungssymptomatik normalisieren!
Vermittlung von Erklärungsmodell z.B. mit Metaphern (Trauma als Wunde, Traumagedächtnis als chaotischer Schrank)
Therapeutische Ziele festlegen
Bearbeitung des Trauma-Gedächtnisses, so dass intrusives Wiedererleben reduziert wird
Bearbeitung von problematischen Interpretationen
Bearbeitung von dysfunktionalen Verhaltensweisen und kognitiven Strategien
3. Traumakonfrontation (führt zu kognitiver Umstrukturierung: Traumatherapie bedeutet Realisierung des Traumas)
Imaginatives Nacherleben
In-vivo-Exposition
4. Integration (mit Trauerarbeit und Wiederanknüpfen)
Ziel ist das Erlebnis als einen vergangen Teil des Lebens einzuordnen
Zumeist eng verzahnte kognitive und Expositionsverfahren zur Erreichung der Therapieziele
Im Zentrum stehen imaginatives Nacherleben und kognitive Umstrukturierung problematischer Denkweisen
Wenn das traumatische Erlebnis dafür geeignet in auch in-vivo-Exposition
Arbeit mit Traumaopfern bedeutet sich auf dunklen Seiten unserer Welt einzulassen. Häufig extreme Stile bei Therapeuten: Abwehr bzw Abwertung (mit Abwendung, Distanzierung, nicht nachfragen) vs Überidentifizierung (Hochspannung, Wut, Rache o. Rettungsgefühle u.U. Burnout)
Störungsbild nach DSM-5: Bulimie
(A) wiederholte Episoden von “Fressattacken”
Erheblich größere Nahrungsmenge als normal
Gefühl des Kontrollverlusts
(B) Wiederholte kompensatorische Verhaltensweisen gegen Gewichtszunahme (z.B. Erbrechen, Loxanlien). Die Fressattacken und das Kompensationsverhalten kommen
(C) Zeitkriterium: mindestens drei Monate lang im Durchschnitt mindestens 1x/Woche
(D) übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung von Figur und Körpergewicht
"Purging"-Typus
Die Person induziert während der aktuellen Episode der Bulmia nervosa regelmäßig Erbrechen oder missbraucht Laxantien, Diuretika oder Klistiere.
"Nicht-Purging"-Typus
Die Person hat während der aktuellen Episode der Bulimia nervosa andere unangemessene, einer Gewichtszunahme entgegensteuernde Maßnahmen gezeigt wie beispielsweise Fasten, oder übermäßige körperliche Betätigung, hat aber nicht regelmäßig Erbrechen induziert oder Laxantien, Diuretika oder Klistiere missbraucht.
Störungsbild nach DSM-5: Anorexie
(A) Weigerung das Minimum des für Alter und Körpergröße normale Gewicht zu halten (<85%).
(B) ausgeprägte Ängste vor einer Gewichtszunahme oder davor, zu dick zu werden, obwohl Untergewicht besteht.
(C) Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des eigenen Körpergewichts, übertriebener Einfluss des Körpergewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder Leugnen des Schweregrades des gegenwärtig geringen Körpergewichtes vor.
Restriktiver Typus
Während der aktuellen Episode der Anorexia nervosa hat die Person keine regelmäßigen "Fressanfälle" gehabt oder hat kein "Purging"-Verhalten (das heißt selbst-induziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt.
"Binge-Eating/Purging"-Typus
Während der aktuellen Episode der Anorexia nervosa hat die Person regelmäßig "Fressanfälle" gehabt und hat "Purging"-Verhalten (das heißt selbst-induziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt
Störungsmodell der Essstörung nach Jacobi & de Zwaan, 2011
Kognitiv-behaviorales Modell nach Jacobi & de Zwaan, 2011
Soziokultureller Kontext (Schlankheitsideal) + Risikofaktoren (Genetik, Geburtskomplikationen, etc) > Niedriges Selbstwertgefühl (durch interpersonale Defizite, Perfektionismus, belastende Lebensereignisse) > Nahrungsrestriktion > Gewichtsverlust > Erfahrung von Selbstwirksamkeit > Nahrungsrestriktion > Folgeschäden (körperlich, psychisch und sozial)
Bei Bulimia Nervosa: gleich bis Erfahrung von Selbstwirksamkeit > Fressanfall > kompensatorische Maßnahmen > kurz Spannungsreduktion dann Scham > Nahrungsrestriktion > Folgeschäden
Relevant für das Auftreten der AN und BN ist ein soziokulturell verankertes Schönheitsideal bei gleichzeitig bestehendem Nahrungsüberangebot. Spezifische Risikofaktoren sind z.B. Genetik, Geburtskomplikationen und kindliche Essprobleme. Die Vorgeschichte der Betroffenen ist häufig durch ein aufgrund von interpersonellen Defiziten, Perfektionismus und belastenden Lebensereignissen sehr niedriges oder labiles Selbstwertgefühl geprägt. Spezifische Auslöser wie bspw. Mobbing aufgrund von „Pummeligkeit“ können dann initial zu Nahrungsrestriktion führen. Die dadurch entstehende Gewichtsabnahme geht häufig zunächst mit positivem Feedback von außen einher. Außerdem führt die für die Nahrungsrestriktion notwendige Selbstbeherrschung zu einem erhöhten Selbstwirksamkeits- und kontrollerleben, was das Selbstbewusstsein stärkt und die Nahrungsrestriktion im Falle der Anorexie bis zu einem unrealistisch niedrigen Gewicht aufrechterhält. Die Mangelernährung führt zu einer ständigen gedanklichen Beschäftigung mit dem Essen. Auf psychosozialer Ebene ist davon auszugehen, dass infolge der durch das abnorme Essverhalten bedingten Isolation und des reduzierten Interesses an anderen Bereichen die Defizite in Selbstwertgefühl und -wahrnehmung größer werden, was durch verstärkte Nahrungsrestriktion kompensiert wird. Bei BN und AN vom Binge-eating-purging Typ löst das Nahrungsdefizit Phasen des Kontrollverlusts in Form von Essanfällen aus, die wiederum zu starker Anspannung und Angst vor Gewichtszunahme bei den Betroffenen führen. Um die zu erwartende Gewichtszunahme abzuwenden, greifen sie zu verschiedenen kompensatorischen Maßnahmen wie z.B. Erbrechen, Laxanvien und erneuter Nahrungsverweigerung. Diese senken kurzfristig die Angst und Anspannung, verstärken jedoch den Mangelzustand und erhöhen dadurch die Wahrscheinlichkeit für weitere Heißhungerattacken. AN und BN werden also durch schwer zu durchbrechende Teufelskreise aufrechterhalten, die körperliche, psychische und soziale Folgeschäden mit sich bringen.
Zuerst wichtig zu unterscheiden ob stationär oder ambulant behandelt werden sollte.
Indikatoren sind dabei Störungsstärke und die bereits eingetretenen und absehbaren Folgeschäden und das soziale Umfeld.
1. Vermittlung eines Störungsmodells
Idealerweise erkennen die Patientinnen die Zusammenhänge der auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren selbst > individuelles Störungsmodell
Ableitung der therapeutischen Implikationen gemeinsam mit Patientin
2. Motivierung
Zumeist ambivalente Therapiemotivation v.a. bei Anorexia Nervosa
Einerseits deutliches Leiden aufgrund der physischen, psychischen und sozialen Folgen der Esstörung
Andererseits starke Angst vor Gewichtszunahme (Höhere Therapiemotivation bei BN)
Informationsvermittlung über die Folgeschäden einer Essstörung
Pro-Kontra Liste anfertigen
3. Normalisierung des Essverhaltens und des Körpergewichts
Oberste Priorität da gravierende körperliche Schäden und auch psychische/kognitive Beeinträchtigungen welche die Therapie erschweren
Schließen von transparenten und verbindlichen Gewichtssteigerungsverträgen bereits zu Beginn (z.B. wöchentlich 500g)
4. Reduktion von Essanfällen/Kompensationstechniken
Identifikation der internen (unang. Emotionen) und externen Auslöser
Erarbeitung von funktionalen Strategien zum Umgang damit
Emotionsregulationsstrategien
Stressbewältigungs und Entspannungsfertigkeiten
Training soz. Kompetenz
5. Kognitive Techniken
Bearbeiten der dysfunktionalen Schemata häufig
Ich bin nur etwas besonderes wenn ich dünn bin (selektive Abstraktion)
Alle Kohlenhydrate machen dick, weil früher war ich dick (Übergeneralisierung)
mit zwei kilo mehr kann ich keine hosen mehr tragen (Übertreibung)
6. Körperbildtherapie (Körperkonfrontation)
Spiegel und Videofeedback
geleiteter Fokus auf einzelne Körperteile
Abbau des körperbezogenen Vermeidungs und Kontrollverhaltens
Die Behandlung, deren oberstes Ziel die Normalisierung von Körpergewicht und Essverhalten darstellt, beginnt mit der Erarbeitung und schriftlichen Fixierung eines ideosynchratischen Störungsmodells. Da die Pat. der Therapie in der Regel hochambivalent gegenüberstehen, ist der Motivationsaufbau der zweite große Schritt und während des gesamten Prozesses eine zentrale Aufgabe der Behandlung. Zunächst werden Informationen über die psychischen, physischen und sozialen Folgen der Essstörung vermittelt. Es ist außerdem hilfreich, wenn nötig auch mehrmals im Therapieverlauf eine Pro-Contra-Argumentation bezüglich der Aufgabe der Essstörung zu erstellen, bevor mit der Gewichtssteigerung und -stabilisierung begonnen wird. Man schließt mit dem Pat. transparente und verbindliche Gewichtssteigerungsverträge, deren Erhaltung durch Gewichtskontrollen sichergestellt wird. Um ein ausgewogenes Essverhalten zu etablieren, können z.B. Vereinbarungen über strukturierte Esstage getroffen werden. Essanfälle und Kompensationsverhalten werden reduziert, indem Bedingungen oder emotionale Zustände unter denen die üblicherweise auftreten identifiziert und funktionale Strategien zum Umgang mit diesen Situationen erarbeitet werden (🡪 Problemlösetraining, emotionale Regulationsstrategien, Stimulus-Selbstkontrolltechniken). Mit den üblichen Methoden kognitiver Umstrukturierung können typische kognitive Fehler bei Pat. mit Essstörungen korrigiert werden. Schließlich stellt die Spiegelkonfrontation eine Methode zur Korrektur der Körperschemastörung und der Bewältigung negativer körperbezogener Gefühle dar. Körperbezogenes Vermeidungsverhalten sollte in diesem Schritt ebenfalls abgebaut werden.
Korrektur verzerrter mentaler Repräsentation des Körpers.
Störungsbild nach DSM-5: Schizophrenie
Mindestens zwei der folgenden charakteristischen Symptome
(A) für einen erheblichen Teil eines Monats (weniger bei erfolgreicher Behandlung): Wahn, Halluzination, desorganisierte Sprechweise (z.b. häufiges Entgleisen oder Zerfahrenheit), grob desorganisiertes oder katatones Verhalten und negative Symptome wie flacher Affekt oder Willensschwäche.
Darüber hinaus
(B) sozialberufliche Leistungseinbußen: Für eine bedeutende Zeitspanne seit dem Beginn der Störung sind eine oder mehrere Funktionsbereiche wie Arbeit, zwischenmenschliche Beziehungen oder Selbstfürsorge deutlich unter dem Niveau, das vor Beginn erreicht wurde.
(C) Die Zeichen des Störungsbildes halten für mind. 6 Monate an. Diese 6 monatige Periode muss mindestens 1 Monat mit Symptomen (oder weniger, falls erfolgreich behandelt) umfassen, die das Kriterium A (d.h. floride Symptome) erfüllen und kann Perioden mit prodromalen Symptomen (frühsymptome) oder residualen Symptomen einschließen.
Klinische Subtypen der Schizophrenie wurden nach aktuellem Erscheinungsbild unterschieden. Im DSM-V entfallen die Subtypen wegen mangelhafter Stabilität und Reliabilität, das ICD-10 kodiert noch für Subtypen.
Paranoid-halluzinatorischer Typ (Wahn, vor allem Verfolgungswahn, Größenwahn und Halluzinationen
Katatoner Typ (Katatone Symptomatik, Erstarrung der Motorik im Vordergrund)
Hebephrener Typ (Vor allem Affektstörungen, läppische Grundstimmung, leere Heiterkeit und formale Denkstörungen)
Residualtyp (Tritt oft im Verlauf schizophrener Psychosen auf. Persönlichkeitsveränderung im Sinne von Antriebsmangel, Affektarmut und sozialem Rückzug)
Schizophrenie simplex (Es kommt ohne Auftreten von Produktivsymptomatik wie Wahn und Halluzination zu einem Residualsyndrom)
Schizophrenie: Allgemein, Komorbiditäten und co.
“Schizophrenie ist ganz grundsätzlich durch einen einfachen logischen Fehler belastet, nämlich dass alle Beiträge zu ihr “Schizophrenie” behandeln als ob es eine Kurzbezeichnung einer Krankheit sei, während es tatsächlich die Kurzbezeichnung einer Disposition ist. Mit anderen Worten wird der Begriff Schizophrenie benutzt, als sage er etwas über Psychotiker aus, wo er tatsächlich doch die Rechtfertigung dafür ist, was Psychiater mit ihnen machen” (Szasz, 1979)
Psychotische Störungen umfassen eine Vielzahl von Störungen
Allgemeines Merkmal ist das Auftreten von psychotischen Symptomen - insbesondere Wahn und Halluzination
Besonders bekannt und untersucht sind die Schizophrenien
Obwohl die Schizophrenie seltener auftritt als andere psychotische Störungen spielt sie in der öffentlichen und wissenschaftlichen Diskussion eine zentrale Rolle!
Wenn jemand psychotische Symptome hat ist nicht direkt zu erkennen um welche Störung es sich handelt, bei der Diagnose ist Vorsicht geboten (Fragen an Patient und Nahestehende sowie ausreichende Beobachtung von Verlauf und Persistenz) da die Diagnose zu Stigmatisierung führen kann
Schizophrenie ist charakterisiert durch Psychose (Realitätsverlust), Halluzinationen (Wahrnehmungsstörungen), Wahnvorstellungen (falsche Überzeugungen), Inkongruenz von Denken und Handeln, Affektverflachung (eingeschränkter emotionaler Bereich), kognitive Defizite (Beeinträchtigung von Nachdenken und Problemlösung) sowie Funktionsstörungen im beruflichen und sozialen Leben.
Sehr hohe Komorbidität von Suchterkrankungen und Depression sowie somatischen Erkrankungen. Hohe Selbsttötungsrate von 10-15%
Schizophrenie: Verhaltenstherapie
Vulnerabilitäts-Stress-Coping Modell (Ciompi, 1986)
Dispositionelle Anfälligkeit “Vulnerabilität” (biologische Ursachen) geprägt durch erbliche Komponente, Geburtskomplikationen, Schwangerschaftskomplikationen und Drogenkonsum
Persönliche Schutzfaktoren (Stressbewältigung, soziale Kompetenz, Problemlösefähigkeit)
spielen zusammen > vorläufersymptome “prodormi” > psychotische symptome “positiv und negativsymptomatik”
mit dazu kommen äußere Schutzfaktoren (gutes stützendes soziales Netzwerk, positives Familienklima) und auslösende Faktoren (Stress erzeugende Lebensereignisse, Über- und Unterforderung, Konflikte, schwieriges Familienklima)
Das Modell postuliert verschiedene genetische und entwicklungsbiologische Faktoren durch welche es neuropathologischen und/oder biochemischen Veränderungen im Gehirn kommt, welche schon lange vor Ausbruch der Krankheit bestehen und eine “Verletzlichkeit” oder “Vulnerabilität” bedingen. Diese Disposition bewirkt eine veränderte Erlebnisverarbeitung. Zusätzlich dazu müssen noch Umweltfaktoren “Stress” wirksam werden. Infolgedessen Ausbruch der Erkrankung, da Kompensationsmechanismen des Systems nicht mehr ausreichen um die Erkrankung zu verhindern.
In der Behandlung kommen Neuroleptika zum Einsatz (biologische Komponente). Die kognitiven Defizite/Symptome werden mit kognitiver Therapie behandelt, soziale Defizite mit sozialem Kompetenztraining angegangen und Probleme innerhalb der Familie durch Familienbetreung behandelt.
Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen: Allgemeines
„Die Störungskategorie Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen ist eine relativ neue diagnostische Gruppe im DSM-V. In dieser Gruppe werden verschiedene Störungen subsumiert, wobei allen gemeinsam ist, dass körperliche Symptome im Vordergrund stehen.“ (Doccheck, 2020)
Differentialdiagnostisch gehen die somatischen Belastungsstörungen häufig einher mit Depressions und Angststörungen. Treten häufiger bei Personen mit niedrigerem Bildungsniveau und aus unteren sozialen Schichten auf. Erhöht in städtischen Regionen und bei unverheirateten Menschen. Ausserdem ein gehäufteres Auftreten in “lateinischen”
Ländern (Brasilien, Italien)
Der Verlauf ist meist chronisch, bei Kindern häufig episodisch. Generell häufig im Störungsverlauf Wechsel der dominanten Symptome. Auch bei fachgerechter Behandlung häufig keine komplettes verschwinden aller körperlichen Symptome.
Störungsbild nach DSM-5: somatische Belastungsstörung
(A) Eines oder mehrere somatische Symptome, die belastend sind oder zu erheblichen Einschränkungen in der alltäglichen Lebensführung führen.
(B) Exzessive Gedanken, Gefühle oder Verhaltensweisen bezüglich der somatischen Symptome oder damit einhergehender Gesundheitssorgen, die sich in mindestens einem der folgenden Merkmale ausdrücken:
Unangemessene und andauernde Gedanken bezüglich der Ernsthaftigkeit der vorliegenden Symptome.
Anhaltende stark ausgeprägte Ängste in Bezug auf die Gesundheit oder die Symptome.
Exzessiver Aufwand an Zeit und Energie, die für die Symptome oder Gesundheitssorgen aufgebracht werden.
(C) Obwohl keines der einzelnen vorhandenen somatischen Symptome durchgängig vorhanden sein muss, ist der Zustand der Symptombelastung persistierend (typischerweise länger als 6 Monate)
Bestimme, ob: Mit überwiegendem Schmerz (früher: Schmerzstörung): Diese Spezifikation ist für Personen bestimmt, bei denen die hauptsächlichen somatischen Symptome Schmerzen sind.
Störungsbild nach DSM-5: Krankheitsangststörung
(A) Übermäßige Beschäftigung damit, eine ernsthafte Krankheit zu haben oder zu bekommen.
(B) Körperliche Symptome liegen nicht oder nur in geringer Intensität vor. Besteht eine andere Erkrankung oder ein hohes Risiko, eine solche zu entwickeln (z.B. bei Vorliegen einer ausgeprägten Familienanamnese), so ist die übermäßige Beschäftigung eindeutig übertrieben oder unverhältnismäßig.
(C) Es bestehen stark ausgeprägte Ängste hinsichtlich der Gesundheit, und die Person ist leicht bezüglich des eigenen Gesundheitszustandes zu beunruhigen.
(D) Die Person führt übertriebene gesundheitsbezogene Verhaltensweisen aus (z.B. wiederholtes Kontrollieren ihres eigenen Körpers nach Krankheitszeichen) oder zeigt maladaptives Vermeidungsverhalten (z.B. vermeidet Arztbesuche und Krankenhäuser).
(E) Ausschlusskriterium
Bestimme, ob:
Hilfesuchender Typ: Medizinische Hilfe, einschließlich Arztbesuchen oder der Durchführung medizinischer Tests und Maßnahmen, wird häufig in Anspruch genommen.
Hilfemeidender Typ: Medizinische Hilfe wird selten in Anspruch genommen.
Funktionales Modell der somatoformen Störung (Rief & Hiller, 1998)
Rief und Hiller (1998) beschreiben ein für die somatischen Belastungsstörungen übergreifendes Störungsmodell. In diesem Modell führen Trigger (z.B. spezielle Informationen über potentielle Krankheiten, physiologische Erregung oder Krankheit) zu körperlichen Veränderungen welche wahrgenommen und als bedrohlich Fehlinterpretiert werden. Daran anschließend kommt es durch Aufmerksamkeitlenkung auf den Körper zu höherer physiologischer Erregung zu Symptomverstärkung und einem “inneren Teufelskreis”. Außerdem führt das wahrnehmen der Symptome zu einem Krankheitsverhalten der Personen, welche zu weiterer Aufrechterhaltung der Störung führen.
Längere Beschreibung: Rief und Hiller beschreiben ein übergreifendes Störungsmodell für Somatisierungsbeschwerden, das ihre Aufrechterhaltung durch zwei Teufelskreise erklärt. Bestimmte Auslöser bzw. „Trigger“ (z.B. spezielle Informationen oder psychologische Aktivierung) führen zu körperlichen Veränderungen/Reaktionen wie z.B. Missempfindungen. Werden diese wahrgenommen und fehlinterpretiert – z.B. als bedrohliche Krankheitszeichen, als unerträglich oder unkontrollierbar – kommt es durch weitere Aufmerksamkeitslenkung auf den eigenen Körper und steigende psychologische Erregung (als natürliche Folge von Angst) zu einer Symptomverstärkung mit noch
deutlicheren körperlichen Missempfindungen. Dieser erste Kreislauf wurde von Barsky und Wyshak (1990) als „somatosensorische Verstärkung“ beschrieben. Betroffene Personen neigen dazu, körperliche Funktionen und Empfindungen genau zu beobachten, sodass sie auch solche Körperreaktionen bemerken und katastrophisierend fehlbewerten, die andere aufgrund ihrer Harm- und Bedeutungslosigkeit gar nicht beachten. Zur Aufrechterhaltung der Störung trägt außerdem das dysfunktionale Krankheitsverhalten der Betroffenen wie z.B. ständiges „Checking“ des Körpers, Arztbesuche, Medikamenteneinnahme und Schonungsverhalten bei. Dabei handelt es sich um maladaptive Bewältigungsstrategien, die kurzfristig entlastend wirken und die Angst senken, was ihren Einsatz im Sinne einer negativen Verstärkung für die Zukunft wahrscheinlicher macht. Langfristig schwächen sie jedoch den Körper, lenken weiterhin die Aufmerksamkeit auf körperliche Symptome und verhindern die Korrektur der unrealistischen Annahmen in Bezug auf die Relevanz und Gefährlichkeit der Körperempfindung. Damit ist auch der zweite Kreislauf geschlossen und die Störung stabilisiert.
Verhaltenstherapie: somatoforme Störungen
schwierige motivationale Eingangsbedingungen
körperlichen Beschwerden und Umgang mit ihnen sehr ernst nehmen/ausführlich explorieren
rein somatische Krankheitsverständnis um kognitive, emotionale und verhaltensbezogene Aspekte angereichern, sodass ein idiosynkratisches psychosomatisches Krankheitsmodell entsteht.
anleiten zum eigenen Entdecken von aufrechterhaltenden Zusammenhängen (Zusammenhang von Psyche-Körperreaktion durch Selbstbeobachtungsbögen/ Verhaltensexperimente; Rolle der Aufmerksamkeit in der Symptomverstärkung)
Therapeutsiche Kernbotschaft und Gemeinsame Therapieziele: Entwicklung Bewältigungsstrategien & Verbesserung der Lebensqualität. Akzeptanz der biologischen Vulnerabilität und aktives coping der somatoformen und kognitiv-emotional-behavioralen Fehlverarbeitung
Behavioral:
Kontrollverhalten minimieren (checking)
Kontrollverhalten herausarbeiten, absichtlich steigern, Erkennen der Symptomverstärkung
Vereinbarung über die Anzahl von Arztbesuchen
Aufbau körperlicher Aktivität (Teufelskreis: körperl. Missempfindung > Bewertung als Krank > Schonverhalten > Reduktion der Belastbarkeit)
Kognitiv:
Entspannungsverfahren
Bewertung der Krankheitsangstgedanken (Wahrscheinlichkeit) pro/contra
Häufig eher schwierige motivationale Eingangsbedingungen, dementsprechend ist ein sensibler Umgang mit der Thematik erforderlich. Vermitteln, dass mit körperlichen Beschwerden gearbeitet wird und diese ernst genommen werden. Explorieren welches Störungsmodell der Patient mitbringt, wie es sich ursächlich entwickelt hat und den aktuellen Beschwerden Raum geben. Probetermin vereinbaren. Diese beschreiben lassen und anerkennen, dass sie nicht nur eingebildet sind.
Bei der Behandlung ist die Kooperation mit den Ärzten aktiv zu suchen. Aktive Bindung an einen Hauptarzt und ggf Verzicht auf Arztbesuche, so wie eine klare Richtlinie zwischen Patient und den Ärzten vereinbaren sowie Arztbesuche zu festgelegten Terminen.
Gemeinsame Definition von Zielen innerhalb der Therapie in Bezug auf Arbeit (wieder arbeiten können, weniger Krankheitstage), Symptome (weniger Sorgen um Körper, weniger Medikamente, weniger Arztbesuche, mit Beschwerden besser zurecht kommen) und Privatleben (treffen mit Freunden, Sportverein, Kinder etc). Neben dem Hauptwunsch der meisten Patienten/innen ihre Symptome „loszuwerden“ sind Zwischenziele wichtige erste Schritte in der Behandlung z.B. weniger Arztbesuche, sich seltener Angst um seinen Körper machen. Geben dem/der Patienten/in ein gutes Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein.
Neben Symptombezogen ist es wichtig die Ziele auf andere Lebensbereiche zu übertragen: „Wie soll denn das Leben eigentlich sein?“ Nicht nur „Was soll weg sein?“.
Veränderung des subjektiven Störungsmodells
Zusammenhang emotionaler Belastung und Erregung des sympathischen Nervensystems (Schwitzen, Zittrigkeit, Herzschlagen)
Zusammenhang Hyperventilation mit Schwindel, Ohnmachts und Schwächegefühlen und Brustschmerzen
Zusammenhang zwischen Aufmerksamkeitslenkung und Symptomen - Selektive Aufmerksamkeit als normales Phänomen
Retrospektive Erfassung situativer Einflüsse
Zusammenhang Stimmung und Wahrnehmung der Symptome?
Wie war es bei einem spannenden Film oder bei Langeweile?
Nicht als Widerlegung sondern als ergänzende Mechanismen
Selbstbeobachtungsfragebögen
Zuerst enges Zeitfenster mit Stundenbögen oder spezifischer positiver oder negativer Situationen am Tag, später globaere Einschätzung
Bestenfalls führt das zu weiteren Aha-Erlebnissen
Biofeedback
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