Lebensphasen der Jugend
4 Phasen des Jugendalters
- Vorpubertät: Zeitspanne zwischen dem ersten Erscheinen der sekundären Geschlechtsmerkmale und dem ersten Funktionieren der Geschlechtsorgane
- Pubertät: endet mit dem Abschluss der Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale
- Adoleszenz: Zeitspanne bis etwa zum 20. Lebensjahr
- Postadoleszenz: “erwachsene Nesthocker”, Jugendlicher will einerseits in individueller Selbstbestimmung leben, aber ist emotional und materiell noch abhängig von bspw. seinen Eltern
Definition Jugendalter
Das Jugendalter ist die Zeit des Übergangs, in welcher der Mensch nicht mehr die Rolle des Kindes und noch nicht die Rolle des Erwachsenen innehat
Aspekte des Jugendalters
biologisch: Hormone steuern die körperlichen Veränderungen
soziokulturell: kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse (Gesellschaft hat bspw. andere Erwartungen an einen Jugendlichen als an ein Kind)
Definition Identität
Das Erleben des Sich-Selbst- Gleichsein, das sich auf die verschiedenen Stadien der eigenen Lebensgeschichte und auf die jeweils unterschiedlichen sozialen Anforderungen in verschiedenen Handlungssituationen bezieht
Definition Entwicklungsaufgabe
Unter einer Entwicklungsaufgabe versteht man eine Anforderung, die in einem bestimmten Lebensabschnitt eines Menschen auftritt und in diesem Abschnitt bewältigt werden muss.
Die vier Entwicklungsaufgaben
1."Qualifizieren" : Die Entwicklung der intellektuellen und sozialen Kompetenzen, um selbstverantwortlich schulischen und beruflichen Anforderungen nachzukommen und so die Voraussetzung für eine selbständige Existenz als Erwachsener sichern zu können und die Mitgliedsrolle des Berufstätigen zu übernehmen.
2. "Binden": Die Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle und des sozialen Bindungsverhaltens zu Gleichaltrigen des anderen sowie des eigenen Geschlechts und die emotionale Ablösung von den Eltern, um die gesellschaftliche Mitgliedsrolle eines Familiengründers zu übernehmen.
3. "Konsumieren": Die Entwicklung eigener Handlungsmuster für die Nutzung der Wirtschafts-, Freizeit- und Medienangebote, um die gesellschaftliche Mitgliedsrolle des Konsumenten zu übernehmen.
4. "Partizipieren": Die Entwicklung eines individuellen Werte- und Normensystems und der Fähigkeit zur politischen Partizipation, um die gesellschaftliche Mitgliedsrolle des Bürgers zu übernehmen
-> Entwicklungsaufgaben entstehen aufgrund von körperlicher Reife, Erwartungen der Gesellschaft, persönlicher Zielsetzungen und Wertvorstellungen
Theorie der produktiven Realitätsverarbeitung nach Hurrelmann
-> Personale und soziale Ressourcen
Personale Ressourcen:
• körperliche Kondition
• positives Temperament
• überdurchschnittliche Intelligenz
• positives Selbstbild
• Begabung (musisch, sportlich)
• gute Lern-, Reflexions-, und Planungsfähigkeit
• internale Kontrollüberzeugungen
• aktiv-problemlösende Bewältigungsstrategien
• Leistungsmotivation
• sicheres Bindungsverhalten
Soziale Ressourcen:
• gute Bildung der Eltern
• hoher sozialer Status der Eltern
• familiärer Zusammenhalt
• auf Selbstständigkeit orientierte Erziehung
• enge Geschwisterbeziehung
• gute Nachbarschaft
• vertrauensvolle Beziehung zu Erwachsenen
• harmonische Gleichaltrigengruppe
• gute Freunde
• positive Schulerfahrung
• unterstützende Systeme (Kirch
Erklärung Theorie der produktiven Realitätsverarbeitung
Sozialisation bezeichnet die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen, die sich aus der produktiven Verarbeitung der inneren und der äußeren Realität ergibt. Die Realitätsverarbeitung ist produktiv, weil ein Mensch sich stets aktiv mit seinem Leben auseinandersetzt und die damit einhergehenden Entwicklungsaufgaben zu bewältigen versucht.
Voraussetzung für Identität
realistische Selbstwahrnehmung und eine positiv gefärbte Selbstbewertung -> Selbstwahrnehmung und Selbstbewertung entstehen aufgrund von Erfahrungen bei der Aneignung und Auseinandersetzung mit der inneren und äußeren Realität
Identität nach Krappmann
organisierte und koordinierende Instanz der Persönlichkeit mit zwei Komponenten
personale Identität: subjektives Erleben als einzigartige einmalige Persönlichkeit
soziale Identität: subjektives Erleben einer anerkannten gesellschaftlichen Mitgliedsrolle
Ich-Identität
• kein gelungener, feststehender und verlässlicher Begriff eines Menschen
• sondern Zustand des Selbsterlebens der ständig neuen Interpretations- und Aushandlungsprozesse der inneren und äußeren Realität
• die ich Identität ist dann hergestellt, wenn die Auseinandersetzung mit der inneren und äußeren Realität zu Lösungen geführt hat und miteinander vereinbar sind.
• unvermeidliche Spannungen müssen ausgehalten werden, denn Bedürfnis- und Interessenstruktur eines Menschen und seine Handlungskompetenzen müssen nicht übereinstimmen mit den institutionell und organisch definierten sozialen Erwartungen der Umwelt
-> Entwicklungsaufgaben werden alle bewältigt dann stabile Ich-Identität
Individuation und Integration
Individuation:
Prozess zur Entwicklung einer unverwechselbaren Persönlichkeit. Aufbau einer eigenen Persönlichkeitsstruktur. Basis für die personale Identität!
Integration:
Prozess zur Übernahme verantwortlicher sozialer Rollen. Prozess der Vergesellschaftung der menschlichen Natur. Basis für die soziale Identität!
Sozialisationsinstanzen
Ziele und Aufgaben:
- Voraussetzung für das Erwachsenenleben schaffen
- Jugendliche motivieren die Regeln der Gesellschaft zu übernehmen
Familie
- erste soziale Umgebung, in der Werte und Normen gelernt werden
- Sprechen, Laufen, Sozialverhalten
- setzen sich mit den Einwirkungen der Familie auseinander -> verändern somit soziale Umgebung
Peergroup
- Kontakte und Beziehungen auf Augenhöhe
- gemeinsame Unternehmungen, Interessen oder Konflikte müssen auf gleichberechtigter Ebene geregelt werden -> umfasst wesentliche soziale Lernprozesse
- Anerkennung durch Gleichaltrige. (bspw. Kleidungsstil)
Schule
- sekundäre Sozialisationsinstanz
- führt Schüler in die Normen, Werte und zukünftigen Rollenerwartungen der Gesellschaft ein
Medien
- Werte und Normvorstellungen werden präsentiert
- Sozialisation gewinnt zunehmend an Bedeutung
- große Wirkung auf den Jugendlichen
- Kinder und Jugendliche sozialisieren sich selbst
Geschlechterspezifische Sozialisation
Traditionelle Verhaltensmuster:
Männer werden als normal und gesund angesehen, wenn sie Charakteristiken wie Unabhängigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Härte, Wettbewerbsfähigkeit und Rationalität zeigen
Frauen werden als normal und gesund angesehen, wenn sie Charakteristiken wie Wärme, emotionale Ausdrucksfähigkeit, Weichheit, Sensibilität für menschliche Beziehungen und intensive Problemerfassung zeigen
FRAUEN
Erwartung an die Erfüllung der traditionellen Haushalts- und Erziehungsaufgabe und immer stärker werdende Erwartungen an die “neue” Frauenrollen mit schulischem Erfolg und dem Einstieg in Berufskarriere geraten in Spannung
Frauen werden unsicher inwiefern sie sich an dem flexiblen Frauenbild orientieren können, ohne bei der älteren Generation an Akzeptanz zu verlieren
Geraten Definitions- und Sinnesgebungsproblematik
• Ursache: Mädchen haben im Vergleich zu Jungen das höhere Maß von psychischen und somatischen Belastungssymptomen und reagieren sensibler und selbstkritischer auf Anforderungen
MÄNNER
werden durch hohe Arbeitslosigkeit und das Vorrücken von Frauen in die frühere Männerdomäne des Berufsleben verunsichert
Anforderungen, auch in Haushalt und Kindererziehung aktiv beteiligt zu sein
• Hierdurch sind vor allem viele junge Männer aus sozial schwachen Familien und mit einem niedrigen Bildungsgrad überfordert
Traditionelle Männerrolle verbietet Überforderung, Unsicherheit und Hilfslosigkeit
Rückgriff auf aggressive Formen der Spannungsregulierung kann deshalb als eine typische männliche Reaktionsform auf Hilflosigkeit gewertet werden
Kritische Würdigung der Theorie von Hurrelmann
- nach Hurrelmann kann Sozialisation im Jugendalter ohne pädagogische Unterstützung nicht gelingen
- berücksichtigt gesamtgesellschaftliche Bedingungen zu wenig -> so kann gesellschaftlich oder ökonomisch bedingte berufliche Perspektivlosigkeit negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Ich-Identität haben
- hätte besser darlegen sollen, dass Medienkonusm Jugendlicher zumindest teilweise von Erwachsenen begleitet/kontrolliert werden sollte
- Frage: Wie kann ein sinnvolles Zusammenwirken der unterschiedlichen sozialisatorischen Instanzen überhaupt möglich sein bzw. welche Formen des Zusammenwirkens sind wünschenswert?
- es wird zu wenig erwähnt, dass Jugendliche sich verschieden entwickeln
- hätte erklären sollen, dass für jeden Jugendlichen unterschiedliche Ressourcen Bedeutung gewinnen können
- eine Berücksichtigung der realen Bedingungen der gegenwärtigen gesellschaftlichen Lebenswelt sollte Gewicht gewinnen
- Verantwortung für Mitmenschen sollte bei Identitätsentwicklung mehr Beachtung finden
Erziehung im Jugendalter
- Kommunikation als gestaltungsoffenes Experimentierfeld und nicht Belehrung
- auf Augenhöhe mit Erwachsenen
- Kommunikationskrise = potenzielle erzieherische Krise, da es keinen erzieherischen Einfluss mehr gibt
- erfolgreiche grundlegende erzieherische Prinzipien:
- Akzeptanz / Wertschätzung
- Empathie / Einfühlungsvermögen
- Kongruenz / Echtheit
- eine mit Heranwachsenden günstige ressourcenorientierte Kommunikation ist eine Voraussetzung Erfolg versprechender Erziehung
• Unterstützung: Alle Heranwachsenden brauchen die Erfahrung der Unterstützung, Sorge und Liebe durch ihre Familien und viele andere. Sie brauchen Organisationen und Institutionen, die positive, unterstützende Umwelten schaffen.
• Empowerment: Alle Heranwachsenden brauchen die Wertschätzung der Gesellschaft und Gelegenheiten, sinnvolle Rollen einzunehmen und andere Personen zu unterstützen. Dafür müssen sie sich zu Hause, in der Schule und der Nachbarschaft sicher fühlen. (Förderung Autonomie)
• Grenzen und Erwartungen: Alle Heranwachsenden müssen wissen, was von ihnen in der Familie, der Schule, der Nachbarschaft und von Erwachsenen erwartet wird und ob sich ihre Handlungen in den gesellschaftlichen Grenzen bewegen. (Balance zwischen innerer und äußerer Realität)
• Konstruktive Nutzung der Zeit: Alle Heranwachsenden brauchen konstruktive und bereichernde Gelegenheiten für ihr persönliches Wachstum durch kreatives Handeln, Programme für Jugendliche Engagements.
Maxime jugendpädagogischer Arbeit
1)
- muss Entwicklungstatsache ernstnehmen
- Verständnis der inneren Entwicklungsprozesse beim Übergang von der Kindheit in die Adoleszenz macht eine angemessene pädagogische Haltung möglich
2)
- sollen ernst nehmen, dass entscheidende Lernprozesse ohne direkte Lenkung durch Erwachsene erfolgen müssen
- indirekt wirkende Erfahrungsfelder und völlig eigenständig gestaltete Lebensräume sind wichtig
- Jugendpädagoge versucht den Heranwachsenden Menschen aktiv dabei zu unterstützen such selbst zu finden (ohne Eigenverantwortung und Eigeninitiative zu schmälern
3)
- Schulen stehen für Aufklärung und können nur so zentrale Erfahrungen, Rationalität, Wissen und Vernunft vermitteln
- strukturierte Verarbeitung von Sachverhalten ist die Schaffung von Ordnung in der geistigen Weltorientierung
4)
- Pädagogen = Vertraute aber Fremde (gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz)
- Erziehungsstil muss auf Arbeit an den inneren Ressourcen, der Ich-Stärkung und auf Verantwortung und Selbstständigkeit ausgerichtet sein
- Professionell ist eine Haltung, die die Äußerungsformen der Jugendlichen in ihrem entwicklungspsychologischem Stellenwert sieht, sie aber auch an ethischen und moralischen Maßstäben misst (Einkalkulierung von Auseinandersetzungen mit Jugendlichen)
5)
- Jugendpädagogik. = Identitätsentwicklung Jugendlicher unterstützen, aber auch Einschränkungen und Widersprüche, die in der Lebenswelt des Aufwachsenden liegen, im Auge behalten
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