Ein Blick in die Geschichte der emotionalen und sozialen Entwicklung
meist Arme, Waisenkinder, Geflüchtete und Deliquente (=Strafverbrecher)
von Ignorierung der Erziehungs- und Bildungsbedürftigkeit
über Separierung und Isolierung in sogenannten “Beobachtungs”- bzw. “Erziehungsklassen” (Weimarer Republik)
menschenunwürdige Disziplinierungsmaßnahmen und Jugend- Konzentrationslager (NS-Dikatur)
bis Sonderschule sowie sog. “Heime für schwer erziehbare” (Nachkriegszeit/ geteiltes DE)
von normabweichendem Verhalten (bzw. Lebensbedingungen)
—> bis psychisches Leid
Allgemeines zur (sonder)pädagogischen Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung
Förderschwerpunkt “emotionale und soziale Entwicklung” statistisch gesehen, zweitgrößte Gruppe nach sonderpädagogischem Förderschwerpunkt “Lernen”
es gibt jedoch häufig eine Überschneidung von Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, wenngleich keine mehrfach-Diagnose des sonderpädagogischen Bedarfs
ADHS ist die am häufigsten auftretende Komorbidität (=Begleiterkrankung) bei Lese- und Rechtschreibstörung
häufig in Kombination mit ambulanter Psychotherapie, ggf. unterstützt durch medikamentöse Behandlung
internalisierende Abweichungen (hohes Risiko übersehen zu werden)—> z.B. Depression, Angststörung
externalisierende Abweichungen —> z.B. hyperkinetische Störungen (wie ADHS), Störungen des Sozialverhaltens (oppositionelles, dissoziales und aggressives Verhalten)
psychisches Leiden nicht immer klar einteilbar (sowohl internalisierende als auch externalisierende)—> z.B. posttraumatische Belastungsstörung nach erlebtem Trauma
je nach Schweregrad und Verlauf auch temporär (teil) stationäre Kinder- und Jugendpsychiatrie—> dann Sonderpädagogik in Klinikschule
die Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten ist wichtig
Was steht in der sonderpädagogischen Verordnung Paragraph 13 drin?
(1) Schüler werden gefördert, die mit erheblichen und lang andauernden Beeinträchtigungen im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung sowie des Erlebens und des Verhaltens kämpfen
(2) Ziel der Förderung ist der Erwerb und die Festigung emotional-sozialer Kompetenzen und die Befähigung zu einer individuell und sozial befriedigenden Lebensführung
(3) Maßnahmen der Förderung: gemeinsamer Unterricht, temporäre Lerngruppen, sonderpädagogische Kleinklassen, Verbindung mit Jugendhilfen
Wie lauten die Ursachen und Diagnostik (emotionaler und sozialer Entwicklung)?
Was sind die Ursachen?
die Ursache lässt sich anhand des sogenannten kumulativen Entwicklungsmodells erklären:
es gibt hier nach eine gegenseitige Abhängigkeit (Interdepenz) biologischer, psychologischer und sozialer Risikofaktoren… dabei gibt es eine unterschiedliche Gewichtung je “Störungs-” beziehungsweise “Krankheitsbild” (z.B. Einfluss psychischer Erkrankungen leiblicher Eltern)
die Einflussdimensionen unterliegen ebenfalls altersbezogenen Veränderungen
—> sozial-emotionale Entwicklung(sstörung) als Ergebnis komplexer Regulationsprozesse zwischen innerpsychischen und sozialen Erleben
Wie schaut es mit der Diagnostik aus?
es gibt ein multi-methodales diagnostisches Vorgehen
dafür gibt es eine Kind-Umfeld-Analyse
Gesprächsmethoden zur Exploration bzw. Anamnese
Beobachtungsverfahren
Verhaltensbeurteilung
standardisierte Testverfahren
vorwissenschaftlich-intuitive Verfahren, z.B. Dokumentenanalyse
Wie sehen die Förderkonzepte und Präventionsmaßnahmen aus?
es gibt eine Mehrebenendiagnostik zum gemeinsam abgestimmten Förderplan
mit Schülern, Erziehungsberechtigten, ggf. Peers
im multiprofessionellem Team (Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Erzieher)
mit außerschulischen (sozial)pädagogisch/psychologischen Fachkräften
effektive verhaltensbasierte Trainingsprogramme
theoretische Fundierung (z.B. wissenschaftliches Verständnis von “Aggression”)
klares und konkretes Ziel (z.B. Abbau von aggressivem Verhalten, Förderung prosoziales Verhalten)
empirisch evidenzbasierte, d.h. Wirksamkeitsanalyse (z.B. inwiefern verändert sich das Verhalten im Konfliktfall?Empathisch und prosozial statt dissozial und aggressiv? Wie nachhaltig?)
früh beginnend
längere Zeit durchführbar
gut implementiert in Schul- und Unterrichtkonzeption
besonders effektiv, wenn von schulischem Personal durchgeführt
signifikante Verbesserung schulischer Leistungen
besonders effektiv, wenn es von schulischem Personal durchgeführt wird
Welche Herausforderungen und Bedarfe gibt es?
man stuft die Gefühls- und Verhaltensstörungen als eines der größten Besorgnisse von Lehrkräften in heterogenen Lerngruppen
notwendige Implementierung von regelmäßigen Super- und Intervension (kollegiale Beratung)
konkrete Präventionsmaßnahmen vor zusätzlichen sonderpädagogischen Ressourcen aufgrund diagnostizierter sozial-emotionaler Förderbedürftigkeit (Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma!)
vor allem primäre Prävention für alle (z.B. Förderung psychischer Gesundheit: Umgang mit Stress und Leistungsdruck; Förderung von Peerbeziehungen zur Vorbeugung von schulischer Gewalt)
VORBEUGUNG von diagnostizierbaren Verhaltensabweichungen
enge Verknüpfung von pädagogischer/ psychologischer Diagnose (z.B. Verhaltensbeobachtung zu Aggression) und Förderung (z.B. Empathietraining)
didaktische Individualisierung und differentierte Lernhilfen bzw. Lernbegleitung
Mobilisierung von Erziehungshilfen (SGB VIII)
(sonder)pädagogischer Förderschwerpunkt “Autismus”
medizinischer Fachbegriff seit 1911
Anfang 1940er Jahre: bewusste Abgrenzung von Schizophrenie
typische Merkmale und fließende Übergänge
tiefgreifende Entwicklungsstörungen im Bereich Kommunikation, Verhalten und soziale Interaktion
drei Kernbereiche:
eingeschränkte, repetetive und unflexible Verhaltens- und Interessensmuster
beeinträchtigte Fähigkeiten in Aufnahme und Aufrechterhaltung sozialer Kommunikation
beeinträchtigte Fähigkeiten in Aufnahme und Aufrechterhaltung sozialer Interaktion
Was versteht man unter der Autismus-Spektrum-Störung?
Spektrum mit unterschiedlichen Störungsausprägungen der..
Intelligenzentwicklung
Intelligenzverminderung: low function
normale bis hohe Intelligenz: high function
—>davon 10% Teilleistungsbegabung bzgl. perzeptiven, mathematischen, kognitiven oder konstruktiven Fähigkeiten weit über Normalmaß
funktionale Sprache
milde oder keine Einschränkung
sprachliche Einschränkung
Fehlen funktionaler Sprache
—> sowohl gesprochene als auch Gebärdensprache
soziale-emotionale Entwicklungsstörungen bei allen formen
Interesse an sozialen Beziehungen
Beziehungsgestaltung
Empathie (Perspektivwechsel)
Wahrnehmen und Erkennen von Emotionen, Absichten und Gedanken anderer (Mimik oder auch Ironie)
Wahrnehmung eigener Emotionen und Regulation
Störungen in der Reizfilterung (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen…) bei allem Formen möglich
Welche Formen der Autismus-Spektrum-Störung gibt es?
frühkindlicher Autismus (Kanner-Autismus)
vor dem 3.Lebensjahr
alle drei Bereiche der Entwicklungsstörung betroffen
verzögerte Sprachentwicklung… zum Teil keine Lautentwicklung
Intelligenzentwicklung: low oder high function
atypischer Autismus (circa 10% der Fälle aller Autismus-Spektrum-Störungen)
ab dem 3. Lebensjahr
zwei Bereiche der Entwicklungsstörung betroffen
Verhaltensmuster passt ins Spektrum, jedoch nicht alle Kriterien für Form von Autismus erfüllt
Intelligenzentwicklung: high functioning
Asperger Syndrom
hohes Sprachniveau
frühe Sprachentwicklung
Intelligenzentwicklung: high function
häufig Spezialinteressen (“Inselbegabung”)
Was ist die Problematik in der Diagnostik udn Prävalenz von Autismus?
Debatten um scheinbaren Anstieg der Prävalenz seit 1960er Jahren
Erweiterung der Definition in den 1980er Jahren zu Asperger Syndroms und Atypischer Autismus
uneinheitliche Diagnosekriterien
Stigma hemmt Diagnostik
wichtige abzugrenzende, aber auch begleitende Störungen:
kognitive Entwicklungsstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom und Sprachstörungen
45% Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
23% oppositionelle Verhaltensstörung
12% Tourette-Syndrom
9% Depression…..
2020 WHO: 1 von 54 Kindern
– 1 von 34 Jungen
– 1 von 144 Mädchen
– 31% der Kinder mit ASD mit geistiger Behinderung (IQ <70)
– 25% im Grenzbereich (IQ 71–85)
– 44% durchschnittliche bis überdurchschnittliche IQ-Werte (IQ> 85)
--> In der Schulpraxis noch sehr unsicher deswegen Entscheidung gegen Aufführung in Schulstatistik
Rahmenmodell zur schulischen Förderung bei ASS
1. systematische Förderplanung
2. individualisierte Unterstützungsangebote
3. strukturierte Lernumgebung
4. spezifische Lernumgebung
5. funktionaler Umgang mit Verhaltensbesonderheiten
6. Kooperation mit Eltern
7. Berücksichtigung der Peerbeziehungen
8. Professionalität der Fachkräfte
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