Zeiteinteilung des Mittelalters
Antike
Frühmittelalter (500-1050)
Hochmittelalter (bis 1250)
Spätmittelalter (bis 1500)
Neuzeit
-> sehr sinnesfreudig
-> Erfindungen des Mittelalters: Gotik, Universität, Hospital
WISSEN
Kulturelle Zentren und die wichtigsten Vertreter der frühmittelalterlichen “Mönchsmedizin”
Kulturelle Zentren und wichtigste Vertreter der frühmittelalterlichen Mönchsmedizin
-> Zentren vor allem religiöse Orte (Klöster)
-> Wissensträger waren gebildet, latein- und schreibkundig
-> Anliegen eher Seelenheil als Naturforschung
Monte Cassino (gegr. 529)
-> Benedikt von Nursia (480 - 547): Pflege für kranke Mitbrüder (in Ordensregeln festgehalten)
eher bildungsfeindlich, Wissenszuwachs zur Vermeidung von Krankheiten bei harter Arbeit und karger Kost
Cassiodorus (485 - 580), Kloster Vivarium (Kalabrien)
“Institutiones divinarum et saecularium litterarium”
Sammlung von Handschriften
Übersetzertätigkeit, z.T. Hippokrates/ Galen, Dioskurides durch Kassidor (Römer mit umfassenden Griechischkentnissen, im Alter in Kloster, tätig als Übersetzer)
Isidor von Sevilla (570 - 636), “Etymologien”
medicina <-> modus
Sprache als Schlüssel zur Weltdeutung
konnte die griechischen Klassiker auswendig und trugf so zu deren Erhaltung bei
Wearmouth
Beda Venerabilis (647-735) - Wissenenzyklopädien (antikes Wissen mit christlicher Überformung)
Reichenau
Walahfried Strabo (808 - 849): “Hortulus” (bekannter Autor des Kulturortes und sein bekanntes Werk, ein Gedicht über die spirituelle Natur
Fulda
Hrabanus Maurus (777-856), deutsche medizinische Termini (Texte, die dort auch genutzt und kommentiert wurden)
“Lorscher Arzneibuch”
(um 800), Rezepte, in Lorsch, Südhessen
Der Kernbegriff “viriditas” in der Medizin Hilfegards von Bingen
viriditas:
“Grünkraft”
“Kreativitiät”
Lebenskraft
Kraft zum Gesundwerden
Kraft zum Gesundmachen
Kraft zur ethnischen Bewährung (Resilienz)
Hildegard von Bingen
1098 - 1179
ursprünglich Einsiedlerin
gründete 2 Klöster
verfolgte ein ganzheitliches Medizinkonzept
veröffentlichte mehrere Werke (schrieb auf Wachstafeln, die ihr Sekretär auf Pergement übertrug
1136-1148: magistra
1141-1151: “Scivias”
1148: Trier: prophetissa
1151-1158: “Physica” (systematische Naturkunde, Rezepte und Rezeptempfehlungen), “Causae et curae” (Frage, wie die Krankheit in die Welt kommt), Schlüsselbegriff Virirditas
1150-1170: internationaler Briefwechsel
1150-1175: Prediktreisen
1165: Gründung Eibringen
Wege und Zentren des Kulturtransfers im Mittelalter sowie die wichtigsten Vermittlungspersönlichkeiten
Wege und Zentren des Kulturtransfers im Mittelalter sowie die wichtigsten Vemittlungspersönlichkeiten
Byanz als Erbe Roms
ab 330 Konstantinopel
Bewahrer traditionellen antiken Wissens, übernahme hellenistischer Konzepte
Bibliotheken, Enzyklopädien, Nosokomien (Einrichtungen für Kranke, in denen eine intensive Ausbildung am Krankenbett durchgeführt wurde)
Persönlichkeiten (nach Buch, nicht von R. gelesen)
Oribasios aus Pergamon (325-400)
Aetios von Amida (480-556)
Alexander von Tralleis (525-600)
Paulos von Aegina (600-650, hatte chirurgische Kentnisse)
Arabisch-islamischer Kulturkreis
Mohammed (570-632): Regeln zur Lebensführung, erlaubte Anknüpfung an Diätetik
Christliche Nestorianer (ab etwa 600)
christliche Sekte, in oströmischen Reich (griechisch), Syrien und Persien (hebräisch, arabisch, persich) verbreitet
Vermittlerrolle durch mehrsprachige Mitglieder als Übersetzer
Arabische Übersetzerzentren (ab etwa 800)
Bagdad, Damaskus, Antiochia, Basra, Kairo
bedeutendste Leistung: Übersetzung Galens (Johannitus (809-873))
Salerno
gegründet um 900; civitas hippocratica (Medizinschule); “vier Meister” (4 Wissenschaftssprachen: latein, griechisch, hebräisch, arabisch)
evtl. Frauen an der Lehre beteiligt: Trotula (für Gynäkologie und Geburtshilfe)
Konstantin von Afrika (1018-1087) als wichtigster Übersetzer, z.B. Isaak Judaeus
1140: Prüfungsreglement Rogers II von Sizilien (fordert mehrjährige Ausbildung von Ärzten mit Examen)
1240 Edikt von Salerno (Friedrich II) = Abgrenzung des Arztberufes vom Apothekerstand
Toledo
Gerhard von Cremina (1134-1187) als wichtigster Übersetzer
Albucasis (gest 1013): Chirurgie
Avicenna (980-1037): “Canon medicinae”
Avenzoar (gest.1162): Entdeckung der Krätzemilbe
Averroes (1126-1198): Aristotelesrezeption und -Kommentar
Moses Maimonides (1135-1204), Rabbi und Rechtsgelehrter
Ärztliche Ethik
Aufgaben und Charakteristika des mittelalterlichen Hospitals
Charakteristika
Parallele zum klösterlichen Leben
Tagesstruktur: bete und arbeite (ora et labora)
gemeinsame Tracht, bescheidenes Leben (Askese)
Bauformen
Sicherung des Seelenheils
Praktizierte Nächstenliebe (Caritas) -> Krankenpflege
Für die Stifter: memoria (praktizierte Nächstenliebe und Barmherzigkeit)
Für die Insassen: Gebet/ Gottesdienst- wurde konstant aufrecht erhalten
Problem der “würdigen Armen” (zunächst Aufnahme Betroffener, die sich nicht selbst helfen können, ab Spätmittelalter auch Arbeitsscheue und Kleinkriminelle)
Träger
Kirche (Papst, Bischhöfe, Klöster, Orden)
Ritterorden
Bruderschaften
Landsherren (“hohe Hospitäler” in Hessen)
Stadt (ab dem 13.Jahrhundert, Entfernung aus monastischer Tradition)
(bürgerliche) Stiftungen
Landsmannschaften an Pilgerorten
Insassen
Hospitäler als Unterkunft für Bedürftige, Medizin als sekundärer Faktor (aus Notwendigkeit)
Aufnahmevoraussetzung: kein stützendes familiäres Umfeld und nicht in der Lage, sich selbst zu helfen
Pilger, Reisende, Fremde (hospites)
Obdachlose
Alte Arme ohne Familie
Mittellose, gebrechliche Erwerbsunfähige
Pflegebedürftige, körperlich und geistig behinderte
Arme Kranke, kranke Dienstboten
Spezielle Aufgaben
Anfänge: Abteilung für kranke Klosterinsassen
Kreuzzüge: Verwundete und alte Soldaten (Ritterorden)
wichtige Einnahmequelle: Alterspfründer (wohlhabende Alte, die sich einkauften)
Isolation: Aussatz, “Pest”, “Franzosenkrankheit”
Frühe Neuzeit: Arbeitsscheue, Kleinkriminelle
Findelkinder, Waisen (ungern gesehen: mittellose Schwangere)
Aussatz: Krankheitszeichen, zeitgenössische Erkennungsmuster
AUSSATZ
Semiotik (= Lehre von den Zeichen, Symptomorientiertes erkennen von Krankheiten)
Lepranöse teilweise grässlich entstellt
Haut
Haare
Augen
Nase -> Nachweis von Geschwüren in den Nasengängen
Ohren
Zunge
Zahnfleisch
Gaumen
übler Geruch wegen Gewebezerfall
Stimme -> Singprobe (durch Befall der Stimmbänder wird Tonation unmöglich)
Muskelatrophie -> Daumenballenprobe
Sensibilitätsstörungen -> Nadelprobe
Blut: Seihprobe (Untersuchung nach Schlacken)
Charakterveränderungen
Bezeichungen
Aussonderung
Aussatz, Aussetzigkeit
Feltsiech, sondersiech, spittelsiech
nach den Attributen
Hornigbruoder
prägnanter Gebrauch: “die” Krankheit
frz. malade -> malat(sucht)
lat. miser, misellus -> miselsucht, “arme Leute”
apotropäisch (= Riten zur Abwehr von Unheil)
“gute Leute”
Benennung nach Schutzheiligen
Mb. Sancti Lazari, Iasersucht
Sankt-Jobst-Krankheit
Vermutungen zu den Ursachen
Sünde -> verstoßen, aussetzen
säkular: psychische Ursachen
Dyskrasie (= unausgewogene Mischung der Körpersäfte)
schwarze Galle (auch übler Charakter)
Austrocknung, Auskühlung nach Überhitzung
“Konstitution”, genetische Disposition, Vererbung
Miasma
Klima
Kontagium -> Isolation
Hygiene, Sauberkeit, Wohnraum, Ernährung
“GIft”
Myobacterium leprae
Aussatz: Bewältigungsstratregien, organisatiorische und religiös-kulturelle Aspekte
Organisatorische Aspekte
Sensibilisierung: Anzeigepflicht
Diagnostik: Lepraschau (durch Leprosius, überwacht von einem Arzt)
Dokumentation: Lepraschaubrief
Unterbringung (viele in Wanderschaft, “stationäre” Unterbringung sehr teuer)
Aufsicht, Überwachung
Sicherung des Lebensunterhaltes
Finanzierung der “Organisation”
Rechtsstellung: Sonderrechte (z.B. Bettelprivilegien an großen Feiertagen auf dem Kirchplatz), Rechteverluste
evtl. Wiedereingliederung
religiös-kulturelle Aspekte
Verantwortung der Gemeinschaft: Caritas
Deutung:
Moral, Sünde, Strafe
Prüfung, Bewährung, Fegefeuer (Leprafriedhöfe nahezu heilig, Freisprache von Fegefeuer durch zu Lebzeiten ertragenes Leid)
Seelenheil, Trost
Vorbilder: “Christus pauper”, Schutzheilige
Sequestrationsriten (= Riten zur Aussonderung der Kranken, Leprösen wurde Totenmesse zu Lebzeiten gelesen, gesellschaftliche Sonderstellung)
Rechte in der Gemeinschaft der Gläubigen
Therapie(versuche)
Diätetik, “Reinigung”
lokal: chirurgisch, dermatologisch (Heilwasser, Thermalquellen, Schwefelquellen)
Wundermittel, Gnadenmittel
Moderne Chemotherapie
Diamino-Diphenyl-Sulphon (DDS)
Rifampicin (RMP)
Ethambutil (EMB)
Isoniacid (INH)
Prothionamid (PTH)
Kombinationstherapie
Der berühmte Lepra-Helfer: Albert Schweitzer (1875-1965)
Arzt, Philosoph, evangelischer Theologe Organist, Pazifist
1913: Gründung eines Urwald-Krankenhauses in Lambaréné (Gabun)
Village de Lumiére für ca 70 Leprapatienten
1953 Friedensnobelpreis
“Ethik der Erfurcht vor dem Leben”
seit den 1960er Jahren in der Kritik wegen Paternalismus und Rassismus
Pest: Krankheitszeichen, zeitgenössische Erkennungsmuster und Bewältigungstrategien
PEST
Ausbreitung
1346 “Ferner Osten”, Caffa/Krim
1347 Konstantinopel, Sizilien, Genua, Vendig
Nov 1347 Provence
Jan 1348 Avignon, Apulien
1348 ganz Italien, Frankreich, restliches Europa, Nordafrika
Symptome
Abgeschlagenheit -> Apathie
heftige Kopfschmerzen
Lymphknotenschwellung (“Pestbeulen”)
besonders in der Leiste und unter der Achselhöhle
Blauschwarze Hautflecken als Ausdruck der Pestsepsis
Lungenpest: Husten mit blutig-schaumigem Auswurf (hochansteckend, Hauptansteckungsweg)
Vemutungen zur Ätiologie
Planetenkonstellation von 1356 (“siderisch”)
Saturn, Jupiter und Mars zur gleichen Zeit im Zeichen des Wassermanns
Giftige Dämpfe aus dem Erdboden (“terrestrisch”)
Starkes Erdbeben im Januar 1347
Miasma-Therorie “Pesthauch” -> schädliche Ausdünstungen aus Spalten im Boden nach einem großen Erdbeben
Ausdünstungen Erkrankter und Toter
Atemluft, “Kontagium” (= Übertragung von Mensch zu Mensch)
Abgelehnte Erklärungen
Zorn Gottes
Vorzeichen der Apokalypse
Brunnenvergiftung
Empfohlene Prävention
Abstand von Erkrankten und Leichen
Luft reinigen
Feuerwälle oder Räucherungen
Lüften und Ausräuchern der Räume, Mundschutz und Parfüm
Geregelte Lebensweise, Diätetik
Erlesene Speisen, bester Wein
“sportliche” Betätigung, aber keine Überanstrengung
Maßhalten
Aderlass, lauwarme
Öffentliche Hygiene
Quarantäne, Isolierung, Kontrolle von Fremden (Reisepass!)
Regulierung von Menschenansammlungen
Beseitigung der Leichen und ihrer Kleider
Kontrolle der Brunnen
Räucherfeuer, Feuerwachen
Sicherstellung medizinischer und pflegerischer Betreuung, einschließlich Versorgung mit Arzneimitteln
Sicherstellung seelsorgerischer Betreuung
Sicherstellung der öffentlichen Ordnung
Neue Erkentnisse:
Krankheiten können über den Autoritäten stehen
Individualmedizin kann das nicht lösen -> Gesundheitsmanagement als politische Aufgabe
Die wichtigsten Pestschriften
“Pariser Pestgutachten” (Compedium de epidemia)
“Sinn der höchsten Meister von Paris”
“Prager Sendbrief” (Missum imperatori)
Pestbrief an die Frau von Plauen
Hans Andree, Pestgedicht
Aderlasstraktate, Pestlassmännlein
Theriak-Pesttraktate
Heinrich Steinhöwel, Pestbüchlein
Externe und interne Krankheitsursachen nach mittelalterlicher Auffassung
Nosologie = Lehre von den Krankheiten, systematische Beschreibung und Einordnung der Krankheiten
im Mittelalter: Unterscheidung extrinsischer und intrinsischer Krankheistursachen
manche außerhalb menschlicher Einflussnahme, andere therapeutisch behandelbar
externe Krankheitsursachen
interne Krankheitsursachen
“Gift”, giftige Krankheitsstoffe (Miasma, Kontagium)
Diätfehler, Fehlverhalten, ungesunde Gewohnheiten
Wetter, klimatische Einflüsse, “Umwelt”
Jahreszeit, Monat, Wochentag
Sternbilder, Planeten, Mond
Magie (Schadenszauber), Wirken des Teufels
körperliche Konstitution, “Natur” des Menschen (habitus)
Lebensalter
Geschlecht
Temperament
Störung der 4 Körpersäfte (Humoralpathologie): Gleichgewichtsstörung (Dyskrasie). Bildung pathologischer Substanzen/ Schlacken (materia peccans)
Organstörungen
fehlgeleitete Affekte, “Fehlhaltungen”, Sünde
Mittelalterliche Therapieansätze und ihre Begründung
Mittelalterlichen Therapieansätze und ihre Begründung
Therapieansatz
Begründung
Räucherungen, Mund-Nasenschutz
Miasmatheorie (Pest), Schutz vor tödlichen Dämpfen aus Boden
Absonderung von Kranken, schnelle Beseitigung der Leichen, Vermeidung großer Menschenansammlungen, Quarantäne
Kontagienlehre - Vermeidung einer möglichen Übertragung von Mensch zu Mensch
Diagnostik, Meldepflicht, Dokumentation, Unterbringung, Überwachung (Lepra)
Erkennen und eindämmen der Krankheit (Massen an Erkrankten politisches Problem)
Medikamentengabe nach Signaturenlehre
(“Rotes Pulver”, Apostelsalbe, …)
Analogiebildung, Zusprechen heilender Effekte durch ähnliche Eigenschaften von Erkrankung und Medikament
Individualmedizinische Therapie nach der erweiterten Viersäftelehre
(z.B. Melancholiker = kalt+trocken, schwarze Galle im Übermaß -> Gleichgewicht durch warme, feuchte Medikamente”)
Krankheit ist ein Abweichen vom Gleichgewichtszustand der Säfte, Medikamente und Speisenwahl dient dem Ausgleich und damit der Wiederherstellung der Gesundheit
Wundbehandlungen, Einrichten von Verrenkungen und Brüchen, Aderlass, Schröpfen, Abszessspaltung
(ggf. größere Eingriffe wie Amputationen)
mittelalterliche Chriurgie sehr konservantiv, der Medizin nachgeordnet, da weniger theoretisch-wissenschaftlich, wurde neben Chirurgen auch von Badern durchgeführt; v.a. große Eingriffe ungern gemacht und mit geringer Erfolgsaussicht
-> allopathischer Ansatz: Ausgleich mittels auf Gegensätzen beruhendem Herangehen (Viersäftelehre)
-> homöopathischer Ansatz: auf Ähnlichkeit und Analogie setzendes Herangehen (Signaturenlehre)
Der Begriff der “Signaturenlehre”
Signaturenlehre= Lehre von Zeichen der Natur, die durch ihre Merkmale (Farbe, Charakter, Ort, Entstehenszeit, …) zu anderen Aspekten zugeordnet werden; Grundannahme ist, dass sämtliche Wesen und Erscheinungen miteinander in Beziehung stehen (universale Sympathie, Mikrokosmos-Makrokosmos-Denken)
Beispiele:
Walnuss (Form) für die Behandlung des Gehirns
Bohne als Heilmittel für Nierenleiden
gelber Saft des Schöllkrauts - gegen Ikterus
Das Viererschema der Viersäftelehre (Humoralpathologie) und seine Vernetzung mit Mikro- und Makrokosmos
Primär-qualitäten
warm + feucht
warm + trocken
kalt + feucht
kalt + trocken
Elemente
Luft
Feuer
Wasser
Erde
Körpersäfte
Blut
Gelbe Galle
Schleim
Schwarze Galle
Temperamente
Sanguiniker
Choleriker
Phlegmatiker
Melancholiker
Farben
rot
gelb
weiß
schwarz
Geschmack
süß
bitter
salzig
sauer
Himmelsrichtung
Osten
Süden
Norden
Westen
Tageszeit
Morgen
Mittag
Nacht
Abend
Jahreszeit
Frühling
Sommer
Winter
Herbst
Mann
Frau
Jugend
Erwachsenenalter
Kindesalter
Greisenalter
Planeten
Sonne, Jupiter
Mars
Mond, Venus
Merkur, Saturn
Metalle
Gold, Kupfer
Eisen
Silber, Zinn
Quecksilber, Blei
Organ/ Körperteile
Herz, Mund, Augen, Leber, Rippen, Lungen
Galle, männl. Geschlechts-organe
Hirn, Magen/Darm, Lippen, weibl. Geschlechts-organe
Zunge, Hände, Milz, Knochen
sämtliche Dinge der Welt durch je zwei oder mehr Qualitätenpaare gekennzeichnet
daraus geschlussfolgert: diagnostische, diätetische, therapeutische Konsequenzen
Ziel der Therapie ist ein auf den Patienten abgestimmter Ausgleich (z.B. “heiße” Drogen gegen “kalte” Zustände), um die Gesundheit wieder herzustellen
Einbeziehung auch äußerer Faktoren (z.B. Gestirne)
ausbleibender Erfolg: Krankheit o. äußerer Einfluss zu stark (System war nicht falzifizierbar)
Die wichtigsten Vertreter der mittelalterlichen Chirurgie, der damalige Leistungsstand und Einschränkungen für Geistliche
Die wichtigsten Vertreter der mittelalterlichen Chirurgie
Roger Frugardi (12.Jahrhundert)
Rotes Pulver
Beinwell, “Consolida”, “Symphytus”, “Walwurz” -> Allantoin (aus Purinabbau, fördert Hautregeneration/-wachstum), Schleimstoffe
Blutstein (Hämatit) -> Name+”Beobachtung (silbriger Stein, “blutet” -> Wasser färbt sich rot beim Schleifen
Harze: Kolophonium, Mastix, Weihrauch, Drachenblut -> “trocken”, desinfizierend
Mehl-Eiweiß-Verband bei Knochenbrüchen
Schüler: Guido d’Arezzo, Roland von Parma
Hugo und Teodorico Borgogni (13.Jahrhundert)
Weinverbände, Schlafschwämme (unkontrollierbare Narkose durch eigeriebene, getrocknete Kräuter, Wirkung durch Befeuchten)
Bruno von Longoburgo (13.Jahrhundert)
Früheste Albucasis-Rezeption
Trockenhalten der Wunden
Wilhelm von Saliceto (13.Jahrhundert)
Ablehnen des Glüheisens zur Wundheilung, z.T Anwendung zur Blutstillung
Lanfrank von Mailand, Heinrich von Mondeville: Paris
Bedeutende Chirurgen im Spätmittelalter
Niederlande: Jan Yperman (1260-um 1320)
Ortolf von Baierland (Ende 13.Jahrhundert)
-> Verbreitetstes deutschsprachiges Lehrbuch des Mittelalters
Guy de Chauliac (14.Jahrhundert)
auch Theologe, päpstlicher Leibarzt
Pestmanagement 1348
“Chirurgia magna” (1363), noch in der Neuzeit benutzt von Hans von Gersdorf
Heinrich von Pfalzpaint (15.Jahrhundert)
-> evt. Nasenersatzplastik und Narkosemittel
Der damalige Leistungsstand
“konservative” Einstellung
beschränkt auf Wundbehandlung, das (nur teilweise erfolgreiche) Wiedereinrichten von Verrenkungen und Frakturen
kleine Eingriffe wie Aderlass, Schröpfen, Eröffnen von Abszessen
große OPs nur im äußersten Notfall
Bauchverletzungen galten als tödlich, “Schlafschwämme” zur Narkose nie nachgewiesen, laut Geschichten Wunden mit siedendem Öl ausgegossen
Einschränkungen für Geistliche
Synode von Lerida (524/46)
“Ecclesioa abhorret a sanguine”
die Kirche schreckt vor Blut zurück -> Geistliche dürfen nicht chirurgisch tätig werden
Konzil von Clermont (1130)
Praktizierverbot für Mönche und Geistliche
Konzil von Tours (1163)
Ausbildungsverbot für Mönche in Medizin
Bestätigung: “Ecclesia abhorret a sangiune”
wer mit dem Tod eines Menschen zu tun hatte, darf kein geistliches Amt mehr ausüben
IV. Laterankonzil (1215)
Ausbildungsverbot bzgl. Medizin für alle Geistlichen
Verbot der Chirurgie für geistliche wegen Lebensgefahr
wer mit dem Tod eines Menschen zu tun hatte, darf nicht in geweihter Erde bestattet werden
VERSTEHEN
Grundannahmen und Realitätsbegriff der fühmittelalterlichen Mönchsmedizin im Vergleich mit den heutigen Vorstellungen
frühmittelalterliche Mönchsmedizin
heutige Vorstellungen
Autoritäten
Theologie und Medizin autoritätsorientiert
Kirchenväter
Augustinus
Gregor der Große
Ambrosius
Hieronymus
Medizin
Hippokrates
Galen
basiert auf Wissenschaft und Evidenz
Autorität nicht unumstritten
autoritäre Meinungen belegt mit naturwissenschaftlicher Forschung
geringe Rolle von Theologie (und Magie) für Staat und Medizin
Wahrheits-orientierung
Tradition und biblische Sprachen als Wahrheitsgaranten
Verschiedene Sprachen -> versch. Realitäten
schriftlich belegtes ist immer wahr
Vorliebe für das “Besondere”, rhetorische Effekte
Ambiguitätstoleranz
Forschung
Evidenz
Beobachtung und Auswertung
Begründete Maßnahmen mit vorhersehbarem und wiederholbarem Ergebnis
Erkenntnis-gewinnung
Allegorie
Signaturenlehre
Magie als Mittel der Naturbehersrchung
“Idealismus”, Bevorzugung des Typischen (curiositas vs. docta ignorantia)
Neigung zu Exempeln
Misstrauen gegen Einzelfall
Deduktive Argumentation
Analogiebildung zum Erkentnisgewinn
wissenschaftliche Forschung
Aufwarbeiten und Überprüfen der Anwendbarkeit dokumentieten vergangenen Wissens
keine Religion/ Magie zum Erkentnisgewinn
Sammlung, Dokumentation, Auswertung von Einzelfällen zu Gruppen und ziehen von belegbaren Schlussfolgerungen
Begriffe:
Allegorie = Form indirekter Aussage, bei der eine Sache aufgrund von ähnlichkeit als Zeichen einer anderen Sache eingesetzt wird; bildliche Darstellung eines abstrakten Begriffes
-> Verweischarakter der Wirklichkeit, Zahlensymbolik
z.B. Physiologus, darin z.B. Hirsch als Todfeind der Schlange = Christus, der den Teufel bekämpft
Idealismus= philosophische Lehre, Existenz ist von Idee abhängig, das Sein führt allein zum Denken zurück
z.B. Platon: Ideen sind stabil und ewig, im Gegensatz zu konkreten, erfahrbaren Einzeldingen
Deduktive Argumentation= Argumentationsform, bei der vom Allgemeinen auf das Besondere geschlussfolgert wird
Bsp.: Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Sokrates ist sterblich.
Analogiebildung= nach dem Vorbild eines anderen Wortes/ einer anderen Form gebildetes Wort/Form; eine Sache wird durch ein ähnliches Merkmal auf eine andere bezogen, ohne, dass mehr Merkmale überein stimmen
Bsp.: siehe Signaturenlehre
Ambiguitätstoleranz= Fähigkeit und Vieldeutigkeit zur Kenntnis nehmen und ertragen können
Verehrung Jerusalems durch Christen und Muslime
Toleranz antikem griechichen Wissens neben den Texten der Bibel
Das Verhältnis von Byanz und des Islams zur mittelalterlichen Medizin
Byanz
Schüsselrolle bei der Weitergabe von antikem Wissen
Erhielt griechische Sprachkompetenz, während sie im restlichen römischen Reich eher verdrängt wurde
Umfangreiche Sammlungen heilkundlichen und therapeutischen Wissens (Bibliotheken, Enzyklopädien)
Islam
hoher Stellenwert des Wissens in der arabischen Medizin
großes Interesse an griechischer Medizin, Naturkunde und Philosophie
Gemeinsamkeiten/ gute Anknüpfungspunkte der Regeln zur Lebensführung des Propheten Mohammed und der Diätetik
Wissenschaftsbetrieb der mittelalterlichen Universitäten verglichen mit dem heutigen
Die “Renaissance” des 12. Jahrhunderts
Zurückdrängen theologischer Denkmuster
Aufkommen einer höfischen Laienkultur
Weltbezug der Wissenschaft
-> Decretum Gratiani 1140 (kanonisches Recht)
“Kaiserdome”, Erfindung der Gotik
-> Florentiner “Protorenaissance” (Ablehnung der Gotik, Rückbesinnung auf alte römische Muster)
Kontakt zum Orient, Kreuzzüge
Verbreiterung der Bildungsmöglichkeiten
Kathedralenaschulen (für klerikalen Nachwuchs, keine Vermittlung des in dieser Zeit rapide Anwachsenden Wissens (durch Kontakt zum Orient))
Erste Universitätsgründungen (-> Streit der Fakultäten)
mittelalterliche Universität
heutige Universität
v.a. in Italien (Wissenschaftssprache Latein dort weit verbeitet verstanden)
Parma, Bologna, Modena
Paris, Montepellier
Oxford
weit verbreitet
mehrsprachig, Latein von Englisch als “Weltsprache” abgelöst
Artistenfakulät: Grundstudium der artes liberales -> Baccalaureus (häufigster Universitätsabschluss)
verschiedene Studiengänge
verschiedene Abschlüsse
drei “höhere Fakultäten”: Theologie, Recht, Medizin
-> Magister (höherer Abschluss, erlaubt Berufsausübung und Lehre)
höhere Abschlüsse nicht nur in 3 Fächern
Universitäre Lehre v.a. m. Professur
Promotion möglich, aber teuer
Promotion nicht von Einzelperson finanziert
Das Hospital als typisch mittelalterliche Institution sowie die wesentlichen Unterschiede zum modernen Krankenhaus
Hospital
Modernes Krankenhaus
Schwerpunkt
Nächstenliebe, Barmherzigkeit, religiöse Verwirklichung
Heilung/ Linderung von Leid/ Erhalt von Gesundheit
Menschen ohne Familie, die sich nicht selbst versorgen können
Menschen mit therapie-pflichtiger Erkrankung
Papst, Kirche, Ritterorden, z.T. Stadt, reiche Privatpersonen, …
private, öffentliche Hand, Finanzierung durch Krankenkassen
Ziel
Versorgung Bedürftiger (Medizin sekundär)
Heilung Kranker/ Linderung krankheitsbedingter Leiden
Leistungsbringer
Geistliche, kleine Arbeiten durch Insassen
Medizinisches Fachpersonal und vergesselschaftetes Personal
Struktur
an Kloster angelehnt, asketische Unterbringung
Wirtschaftsbetrieb, Teilung in Stationen, Schwepunkt Heilung statt Alltagsleben
Die Wege des Erkentnisgewinns und die empirischen Ansätze in dem der Humoralpathologie zugrunde liegenden Viererschema (+Beispiele)
Wissen und Erkentnisgewinn
Tradition als Wissenschatz
Dioskurides: “Materia medica”
Handbücher, besonders aus Salerno
Innovation durch (theoriegrestützte) Empirie
Beobachtete Sofortwirkung, deduktiv erklärt
-> Schlussfolgern vom Allgemeinen auf das Besondere
Ausweitung der Humoralpathologie auf Heil- und Nahrungsmittel
-> Schwerpunkt: Brech- und Abführmittel; Überschießende Säfte = Ungleichgewicht = Krankheit; Heilung durch Zuführen des Gegenteils (“warme” Droge gegen “kalte” Krankheit) oder Enfernen des “Überflüssigen” (Aderlass)
Innovation durch Analogiebildung
Signaturenlehre: Schlussfolgerung von Aussehen oder bestimmte Eigenschaften auf Wirkung
-> z.B. Übertragung von einem Körpersystem auf ein anderes, z.B. was abführend wirkt, treibt auch tote Föten aus und hilft gegen Steinleiden
Aussatz und Pest als verschiedene Seuchentypen mit entsprechend verschiedenen Bewältigungsstrategien
Aussatz (Lepra)
Pest
Seuchentyp
weit verbreitete Mittelalterliche Krankheit, omni- und alltagspräsent
Schwarzer Tod, 1348
-> Miasmatheorie
-> Kontagienlehre
(verheerende Katastrophe über mehrere Jahre)
Herangehensweise
Diagnostik (versch, Testst, z.B. Singprobe), Meldepflicht und Unterbringung (v.a. außerhalb der Stadt) bzw. Wanderschaft der Erkrankten, Sonderrechte, politische Bewältigungsstrategie
Beseitigung der Leichen, Quarantäne, Meidung großer Menschenansammlungen
Merkmale magischen Denkens
Similemagie
-> Ähnlichkeit in Farbe, Form, Handlung, Wirkung -> Nähe zur Signaturenlehre
Bsp.: geimeiner Augentrost -> seit 13.Jhnd Verwendung in Augenheilkunde, keine pharmakologische Wirksamkeit belegt
z.B. Alraune als Pflanze mit golemförmiger Wurzel -> für Voodoo-ähnliche Schadenszauber, dem (schmerzenden) Körperteil entsprechendes Pflanzenteil als Heilmittel angewandt
Singularitätsmagie
-> Besonderheit, Seltenheit; Aspekte des Unheimlichen
z.B. 3 = Zahl Gottes, 4 = Zahl der Welt, 7 = 3+4 = Glückszahl, 12 = 3*4 = Glückszahl, 13 = Unglückszahl (12 als Glückszahl knapp verfehlt)
z.B. Zusprechen besonders heilender/ schädigender Wirkung seltener Sternen-/ Mondkonstellationen
Weiße Magie
-> Heilzauber, Mantik (Wahrsagen)
Schwarze Magie
-> Schadenzauber
Rolle der Magie in mittelalterlicher Medizin
(Einordnung und Bewertung)
Rolle der Magie in der mittelalterlichen Medizin
Zauberei im Mittelalter omnipräsent, geringfügig eingeschränkt durch zaubereifeindliches Christentum
vor allem im Bereich der Medizin, lässt sich von “wissenschaftlicher Medizin” nicht abgrenzen
vor allem Singularitätsmagie: setzt auf Seltenheit, Geheimnis, Unheimlichkeit oder besonderen Wert einer Droge oder eines Verfahrens
-> auch Zauberformeln, Wunderdrogen (, Kraft von Edelsteinen)
Similemagie (Aussehen der Droge erlaubt Rückschlüsse auf Wirkung, = Anwendung der Signaturenlehre)
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