Ist eine Wand ein gefährliches Werkzeug?
gefährlich ja, Werkzeug nein
—>Kein gefährliches Werkzeug
Beispiel für Fallgruppe in der objektiven Zurechnung
C ist in der gesamten Stadt verhasst und hat viele Feinde. Da ihm diese auch nach dem Leben trachten, legt er besonders großen Wert auf seine eigene Sicherheit. A und B sind seine entschlossensten Gegner. Sie schmuggeln unabhängig voneinander Gift an allen Sicherheitsvorkehrungen vorbei. Anschließend geben sie jeweils, ohne dass der jeweils andere es weiß, eine Dosis Gift in den Kaffee des C. Dieser trinkt ihn, ohne etwas zu ahnen, und ist sofort tot. Die beiden Dosen Gift wären jeweils für sich genommen tödlich gewesen.
Abwandlung, dass die eingesetzte Giftmenge jeweils zu gering war, um tödlich zu wirken. C verstirbt nur, weil beide Dosen zusammengenommen den tödlichen Schwellenwert überschreiten.
Hat A den objektiven Tatbestand des Totschlags erfüllt?
Objektive Zurechnung
A schüttet Gift in den Kaffee des C.
C stirbt.
A hat mit dem Schütten von Gift in den Kaffee das Risiko geschaffen, dass C zumindest verletzt wird.
Dieses Risiko ist auch rechtlich missbilligt. Dieses Risiko müsste sich aber auch im Erfolg (Tod des C) verwirklichen.
(P): Dosierung war zu gering für Erfolgseintritt → erst durch Zusammenwirken mit dem Gift des B tödlich
→ Atypischer Kausalverlauf: War für einen objektiven Beobachter vorhersehbar, dass eine weitere Person Gift in den Kaffee tut?
Pro: C hatte viele Feinde
Contra: Sicherheitsmaßnahmen, Zeitliches Zusammentreffen der Vergiftungen
i.E. objektive Zurechnung (-) (a.A. vertretbar)
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
Kausalität: Ist die Handlung des Ersttäters trotz Dazwischentreten des Zweittäters noch kausal für den Erfolgseintritt?
Setzt der Zweittäter durch seine Handlung einen neuen, selbständigen Kausalverlauf in Gang
→ keine Kausalität des Ersttäters (überholende Kausalität)
Knüpft der Zweittäter an den vom Ersttäter in Gang gesetzten Kausalverlauf an
→ Kausalität des Ersttäters (anknüpfende Kausalität)
Objektive Zurechnung!!!
Meinungsstreit: Vorsätzliches Dazwischentreten eines Dritten
= Ein Fall des eigenverantwortlichen Dazwischentreten eines Dritten liegt vor, wenn der Ersttäter einen Kausalverlauf in Gang setzt, in den ein Zweittäter (=Dritter) eigenverantwortlich eingreift und die Handlung des Zweittäters zum Erfolgseintritt herbeiführt.
Fallbeispiel: C verprügelt B, A sticht auf den verletzt liegen gebliebenen B ein, wäre ihm aufgrund der körperlichen Überlegenheit des B nie gelungen.
(P) objektive Zurechnung:
Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Ersttäter die Handlung des Zweittäters objektiv zurechenbar ist, obwohl der Zweittäter für sich gesehen strafrechtlich eigenständig zur Verantwortung gezogen werden kann
nur, wenn anknüpfende Kausalität vorliegt
eA: Adäquater Zurechnungszusammenhang:
wenn die Zweithandlung nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt, so dass mit ihr vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht.
Vorhersehbarkeit
aA: Regressverbotslehre:
Handlung eines vorsätzlichen Dritten kann dem Ersttäter nie zugerechnet werden, denn jeder ist nur für die von ihm beherrschbaren Umstände verantwortlich.
Der Ersttäter darf darauf vertrauen, dass andere die geschützten Rechtsgüter des Opfers nicht auch verletzen.
Die vorsätzliche Herbeiführung des Erfolges durch einen Zweittäter sperrt die Zurechnung zum fahrlässigen Ersttäter. Die Zurechnung zu einem vorsätzlich handelnden Ersttäter bleibt jedoch möglich
—> objektive Zurechnung (+/-)
Kritik: Die Abhängigkeit der objektiven Zurechnung von Vorsatz und Fahrlässigkeit kann nicht überzeugen.
aA: Lehre von den Verantwortungsbereichen:
Grundsätzlich ist jeder nur für das eigene Verhalten verantwortlich
Obj. Zurechnung des Ersttäters (-), wenn der Dritte vollverantwortlich eine neue, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet, die sich dann allein im Erfolg realisiert.
Obj. Zurechnung des Ersttäters (+), wenn die vom Ersttäter gesetzte Gefahr gerade das Risiko eines Eingreifens Dritter beinhaltet oder das Verhalten des Dritten als typischerweise in der Ausgangsgefahr angelegt erscheint.
Meinungsstreit: Fahrlässiges Dazwischentreten eines Dritten
objektive Zurechnung: Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Ersttäter die Handlung des Zweittäters objektiv zurechenbar ist, obwohl der Zweittäter für sich gesehen strafrechtlich eigenständig zur Verantwortung gezogen werden kann
h.M.: Lehre vom adäquaten Zurechnungszusammenhang:
Objektive Zurechnung des Ersttäters (+), wenn die fahrlässige Zweithandlung typischerweise durch die Ersthandlung herbeigeführt wird.
Es muss sich ein adäquates Folgerisiko verwirklicht haben.
in der Klausur reicht es, nur die Ansicht des adäquaten Zurechnungszusammenhangs zu präsentieren, absolut herrschende Lehre
OBJEKTIVE ZURECHNUNG
(3) Fallgruppen, in denen kein rechtlich missbilligtes Risiko geschaffen oder erhöht wurde
Allgemeines Lebensrisiko und erlaubtes Risiko:
Ein Erfolg ist dem Täter nicht zuzurechnen, wenn der Grad der bewirkten Gefährdung so gering ist, dass er das allgemeine Lebensrisiko nicht übersteigt oder wenn der Täter zwar ein Verletzungsrisiko hervorruft, sein Verhalten aber vom erlaubten Risiko gedeckt ist.
Risikoverringerung:
Die objektive Zurechnung ist ausgeschlossen, wenn der Täter ein bereits bestehendes Risiko für das Opfer verringert
—> Unterschied zum Fall „Risikoersetzung“ deutlich machen
(5) Fallgruppen, in denen die Realisierung des Risikos im Erfolg problematisch ist
Schutzzweck der Norm: Die objektive Zurechnung ist ausgeschlossen, wenn der eingetretene Erfolg nicht mehr durch den Schutzzweck der verletzten Verhaltensnorm gedeckt ist
Atypischer Kausalverlauf: Die objektive Zurechnung wird bei atypischen Kausalverläufen verneint.
Freiverantwortliche Selbstgefährdung/-schädigung des Opfers > (P)
= Das Opfer gefährdet oder schädigt sich durch eine Zweithandlung selbst und dadurch tritt der Erfolg ein.
Freiverantwortlichkeit: Tatherrschaft
Selbstschädigung
Exkulpationslösung
Einwilligung
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten > (P)
= Ein Dritter knüpft vorsätzlich oder fahrlässig an die Handlung des Ersttäters an und die Handlung des Dritten führt zum Erfolgseintritt
Lehre vom adäquaten Zurechnungszusammenhang, Lehre vom Regressverbot, Lehre von den Verantwortungsbereichen
Pflichtgemäßes Alternativverhalten bzw. Pflichtwidrigkeitszusammenhang > (P)
= Das durch das pflichtwidrige Täterverhalten begründete Risiko schlägt sich nicht im Erfolg nieder, wenn der Erfolg auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre.
Risikoerhöhungslehre
Die 9 Fallgruppen problematischer objektiver Zurechnung
Erlaubtes Risiko/allg. Risiko
Bspw. Zeugung des Täters, Flugzeugabsturz
Risikoverringerung
Reserveursachen/ hypothetische Kausalverläufe
Fehlende Vorhersehbarkeit (atyp. Kausalverlauf (-), Adäquanz)
eigenverantwortliche Selbstgefährdung
Risikoübernahme durch das Opfer
Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs
Fehlen des Schutzzweckzusammenhangs
Fehlender Pflichtwidrigkeitszusammenhang (MS)
Fallbeispiel eigenverantwortliche/Freiverantwortliche Selbstschädigung
+ Meinungsstreit Freiverantwortlichkeit
Durch das Anzünden des Hauses hat T das rechtlich missbilligte Risiko geschaffen, dass O in den Flammen zu Tode kommt.
Allerdings müsste sich auch genau dieses Risiko im Taterfolg verwirklicht haben
aa) Freiverantwortliche Selbstschädigung
Zum einen könnte die Zurechnung zum Ersttäter durch eine freiverantwortliche Selbstschädigung des Opfers ausgeschlossen sein.
(1) Selbstschädigung: liegt vor, wenn das Opfer die Tatherrschaft über das Geschehen hat bzw. die Schädigung als eigene will
(2) Die Selbstgefährdung muss gewollt, das in Frage stehende Risiko also zumindest bewusst in Kauf genommen worden sein.
(Fehlt es daran, kann der Außenstehende seinerseits nach allgemeinen Regeln nur bestraft werden, wenn er überlegene Risikokenntnis hat. Weil das eine Frage nicht mehr der objektiven Zurechnung, sondern des Vor- satzes ist, lassen manche beim Fahrlässigkeitsdelikt richtigerweise genügen, dass der Außenstehende über- legene Risikokenntnis hätte haben können.)
(3) Eigenverantwortlich/Freiverantwortlich: Dazu, nach welchem Maßstab sich die Freiverantwortlichkeit richtet, werden unterschiedliche Ansichten vertreten.
(a) Exkulpationslösung
An der Eigenverantwortlichkeit fehlt es, wenn der sich selbst Gefährdende als Täter einer rechtswidrigen Tat schuldlos gehandelt hätte
Opfer als Täter gegen sich selbst; Heranziehung von Kriterien der Schuldlosigkeit (§§ 20, ! Notstand § 35 StGB !, § 3 JGG)
Freiverantwortlichkeit entfällt nur bei „unreifen“ Jugendlichen, geistig Erkrankten, seelisch Gestörten oder Personen in einer unter § 35 StGB fallenden Notlage.
(b) Einwilligungslösung:
An der Eigenverantwortlichkeit fehlt es darüber hinaus, wenn der sich selbst Gefährdende als Opfer einer Fremdgefährdung nicht wirksam eingewilligt hätte
Nötig ist Einwilligungsfähigkeit; wesentliche Willensmängel machen eine Einwilligung unwirksam
Verletzte*r als Opfer seiner selbst; Orientierung an den Regeln der Einwilligungslehre. Freiverantwortlichkeit (+), wenn Einwilligungsfähigkeit und Freiheit von Willensmängeln gegeben ist.
Täterschaft und Teilnahme! = Teilnahmeargument: wenn man sich selbst schädigt, erfüllt dies nicht den Tatbestand. Ohne strafbare Tat keine Teilnahme.
Retterformel!
Freiverantwortlichkeit auch dann ausgeschlossen, wenn Täter ein einsichtiges Motiv schafft, indem er*sie erhebliche Gefahr für Opfer oder ihm nahestehende Person schafft und Rettungsbemühungen nicht von vornherein sinnlos oder unverhältnismäßig
bb. Atypischer Kausalverlauf (-):
Nicht außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung, dass bei Hausbränden Menschen ins Haus laufen, um Angehörige zu retten und dabei zu Tode kommen
Fallbeispiel: Meinungsstreit objektive Zurechnung, ob sich beim Dazwischentreten eines Dritten das noch das ursprüngliche Risiko realisiert
A verprügelt C auf offener Straße. Als C schwer (aber nicht tödlich) verletzt am Boden liegt, kommt sein Feind B vorbei und nutzt die Chance, um C zu töten. Zu diesem Zweck versetzt er C einen tödlichen Stich in den Bauch. Dies wäre B aufgrund der körperlichen Überlegenheit des C ansonsten niemals gelungen.
Lehre vom Regressverbot:
Handlung eines vorsätzlich handelnden Dritten kann dem Ersttäter nie zugerechnet werden.
→ (dann noch Fahrlässigkeit prüfen)
Lehre vom adäquaten Zurechnungszusammenhang:
Erfolg ist zurechenbar, wenn die Zweithandlung nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung liegt. Das ist der Fall, wenn mit ihr vernünftigerweise nicht gerechnet zu werden braucht.
(Vorhersehbarkeit) Es liegt nicht außerhalb jeder Lebenserfahrung, dass die Verletzung einer Person von einem Dritten zu Tötungszwecken ausgenutzt wird („a.A. vertretbar“/ Argumentationssache). → Objektive Zurechnung [+]
Lehre von den Verantwortungsbereichen.
Grds. ist jeder nur für das eigene Verhalten verantwortlich.
Obj. Zur. [-], wenn der Dritte eine neue, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet.
Obj. Zur. [+], wenn das hinzutretende Verhalten typischerweise in der Ausgangsgefahr angelegt ist oder die vom Ersttäter gesetzte Gefahr das Risiko, dass ein Dritter eingreift, enthält.
Objektive Zurechnung, Pflichtwidrigkeitszusammenhang
(P) Rechtmäßiges Alternativverhalten
Bsp. LKW Fall Seitenabstand
Risikoerhöhungslehre: Zurechnung (+), wenn der Täter das Risiko des Erfolgseintritt erhöht hat
Vermeidbarkeitstheorie: Zurechnung (-), wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Erfolg auch bei pflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre
Stellungnahme: Risikoerhöhungslehre hebelt den Grundsatz „in dubio pro reo“ faktisch aus und deutet zudem Erfolgsdelikte in Gefährdungsdelikte um. Wir folgen daher der Vermeidbarkeitstheorie und lehnen eine Zurechnung des Erfolges zu L ab.
Jauchegrube-Fall
Objektive Zurechnung:
Indem T der O Sand in den Mund stopfte, hat sie das Risiko geschaffen, dass die O durch Ersticken stirbt.
Allerdings ist O nicht durch den Sand erstickt, sondern anschließend in der Jauchegrube.
Dazu, wie mit einem solchen Fall umzugehen ist, werden mehrere Ansichten vertreten:
Erste Ansicht: Nach der ersten Ansicht liegt hierin kein Sonderfall und die Regeln der objektiven Zurechnung sind normal anzuwenden.
(1) Atypischer Kausalverlauf:
Dafür müsste das Tatgeschehen nicht mehr vorhersehbar gewesen sein, also derart von dem im Rahmen der normalen Lebenserfahrungen Erwartbaren abweichen, dass mit ihm nicht mehr gerechnet zu werden brauchte. Der anschließende Tod war vorhersehbar.
(2) Dazwischentreten eines Dritten
(Hierin könnte auch ein vors. Dazwischentreten d. Täters liegen- Streit)
(3) Zwischenergebnis
Im Tod hat sich noch das urspr. Risiko realisiert. Der Erfolg ist T nach dieser Ansicht objektiv zurechenbar.
Zweite Ansicht (Versuchslösung):
Nach einer anderen Ansicht ist in einem solchen Fall der Erfolg d. Täter*in in der ersten Handlung nicht zurechenbar, wo d. Täter*in noch Vorsatz hat.
(Aber: Versuchter Totschlag durch Stopfen von Sand in den Mund).
In der zweiten Handlung ist der Erfolg d. Täter*in dann zurechenbar, aber d. Täter*in hat keinen Vorsatz mehr.
(Aber: fahrlässige Tötung durch Werfen in die Grube)
Die Versuchslösung spaltet ein Geschehen künstlich in zwei Bereiche auf. Deswegen überzeugt sie nicht.
Der Taterfolg ist T zum Zeitpunkt des Stopfens von Sand in den Mund zurechenbar.
Jauchegrube
Subjektiver Tatbestand Vorsatz
T ging davon aus, dass O bereits durch das Verabreichen des Sandes sterben würde. Tatsächlich trat der Tod aber erst später ein.
Diese Tatsache könnte den Vorsatz des T in Hinblick auf den Kausalverlauf entfallen lassen.
Nach Vorstellung der T sollte das Werfen in die Jauchegrube nicht zum Tod führen, weil der Tod schon vorher hätte eintreten sollen.
Dazu, wie damit umzugehen ist, sind mehrere Ansichten möglich.
Versuchslösung:
Versuchter Totschlag (Stopfen von Sand in den Mund) + Fahrlässige Tötung (Werfen in die Jauchegrube)
ACHTUNG: durch unseren Aufbau haben wir schon gezeigt, dass wir diese Ansicht nicht vertreten Sonst wären wir schon im obj. Tb. „rausgeflogen“: nach dieser Ansicht ST [+], aber OT [-]
Aus diesem Grund ist es auch sauberer, die Versuchslösung schon in der obj. Zurechnung anzusprechen
Lehre vom Irrtum über den Kausalverlauf:
Nur dann kein Vorsatz, wenn Irrtum über Kausalverlauf wesentlich ist. Dass er das nicht ist, haben wir in der obj. Zurechnung (Unterpunkt: atypischer Kausalverlauf?) schon gesagt. Grund: die Probleme, die die Lehre in der obj. Zur. anspricht, macht die Rspr. an dieser Stelle auf: sie erkennt die Konstruktion der obj. Zur. nicht an.
Streitentscheid: Versuchslösung überzeugt nicht
Vorsatz
Abgrenzung: dolus eventualis - bewusste Fahrlässigkeit
Wissenstheorien
Möglichkeitstheorie:
Dolus eventualis: wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Rechtsgutsverletzung erkennt und dennoch handelt
Bewusste Fahrlässigkeit: bei der Theorie nicht vorhanden
Wahrscheinlichkeitstheorie:
Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für wahrscheinlich hält; „wahrscheinlich“ bedeutet mehr als bloß „möglich“, aber weniger als „überwiegend wahrscheinlich“
Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für unwahrscheinlich hält
Begriff der Wahrscheinlichkeit konturenlos
Verzicht auf voluntatives Element macht keinen Sinn —> keine Unterschiede zu anderen Vorsatzformen
Kein Unterschied zu bewusster Fahrlässigkeit möglich, strukturelles und systematisches Problem —> Ausdehnung der Strafbarkeit
Willenstheorie
Gleichgültigkeitstheorie:
Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und ihn aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf nimmt
Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich hält, aber auf sein Ausbleiben vertraut oder die Tatbestandsverwirklichung aus anderen Gründen als aus Gleichgültigkeit in Kauf nimmt
Billigungstheorie + Ernstnahmetheorie:
Dolus eventualis: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt. Auch wenn dem Täter der Eintritt des Erfolges unerwünscht ist, billigt er diesen Erfolg, wenn er sich – um des erstrebten Ziels willen – mit ihm abfindet
Bewusste Fahrlässigkeit: wenn der Täter den Erfolgseintritt für möglich hält, aber ernsthaft darauf vertraut, dass es nicht zur Tatbestandsverwirklichung kommt
h.M.: Willenstheorien - Die Abgrenzung erfolgt nach Wissens- und Willenselementen. (Gleichgültigkeitstheorie) (Ernstnahmetheorie) Billigungstheorie
Meinungsstreit über Vorsatz bei Irrtum
A zielte und schoss auf B, traf allerdings den X. Hierin liegt kein Irrtum (error) sondern ein Fehlgehen (aberratio) des Angriffs (ictus) also eine aberratio ictus.
Dazu, wie diese zu bewerten ist, werden unterschiedliche Ansichten vertreten:
1. Ansicht: (formelle Gleichwertigkeit)
Nach einer Ansicht unterscheidet sich die aberratio ictus nicht vom error in persona:
Wenn die Tatobjekte gleichwertig sind, liegt Vorsatz vor. B und X sind beides Menschen, mithin gleichwertig. Nach dieser Ansicht handelte A vorsätzlich.
2. Ansicht: (materielle Gleichwertigkeit)
Nach einer anderen Ansicht ist diese Gleichwertigkeit differenzierter zu betrachten:
Sie ist nur zu prüfen bei Rechtsgütern, die nicht höchstpersönlich sind.
Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern hingegen sei Vorsatz ausgeschl.
Zwar sind B und X gleichwertig (s.o.). Verletzt ist aber das Leben als höchstpersönliches RG. Mithin scheidet Vorsatz d. A aus
3. Ansicht: (Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf)
Nach einer weiteren Ansicht ist die aberratio ictus ein Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf.
Vorsatz (-) also nur dann, wenn die Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf wesentlich sei. Das ist der Fall, wenn das Geschehen außerhalb des nach der allgemeinen Lebenserfahrung Vorstellbaren liegt.
Dass A vorbei schießt ist [Argumentation] [m.M.n. keine wesentliche Abweichung; a.A. vertretbar]
Mithin handelte A vorsätzlich.
4. Ansicht (Konkretisierung)
Schließlich vertritt eine letzte Ansicht, dass sich der Vorsatz bereits durch die Tathandlung konkretisiere.
Eine aberratio ictus schließe demnach immer den Vorsatz aus.
Indem A auf B schoss, konkretisierte sich sein Vorsatz auch auf diesen. Bzgl. der Tötung von X hatte A mithin keinen Vorsatz.
5. Ansicht: Planverwirklichungstheorie
Handelt der Täter im Fallle einer Aberratio ictus nur vorsätzlich, wenn die Objektindividualisierung zufällig und unmotiviert war. Dies ist der Fall, wenn der Täter eine zufällige Person, irgendjemanden, treffen wollte.
2. Rechtswidrigkeit a) Notwehr § 32 StGB cc) Notwehrwille
A handelte, aber ohne zu wissen, dass er angegriffen wird- er dachte, dass B sich bei ihm entschuldigen möchte. Mithin handelte A ohne Notwehrwille. Dazu, wie sich dies auswirkt, werden zwei Ansichten vertreten.
(1) Vollendungslösung- keine Rechtfertigung
(2) Versuchslösung- Rechtfertigung, ABER: Versuchte KV prüfen
(P) Schusswaffengebrauch Erforderlichkeit
8 Fallgruppen der Gebotenheit
(P) Schusswaffengebrauch
Warnung, Androhung
Warnschuss
Schusswaffengebrauch zur Abwendung eines Angriffs
Fallgruppe der Gebotenheit:
a) Bagatellangriffe kein Notwehrrecht
b) Krasses Missverhältnis zwischen angegriffenem und verletztem Rechtsgut (ähnelt a): kein Notwehrrecht
c) Angriffe erkennbar schuldlos Handelnder: abgestuftes Notwehrrecht
d) Personen mit enger familiärer Beziehungen: abgestuftes Notwehrrecht (ganz h.M.)
e) Einschränkungen aus Art. 2 II a EMRK: keine Einschränkung des Notwehrrechts
f) Absichtsprovokation: h.M.: kein Notwehrrecht (P)
g) Absichtslose, schuldhafte Provokation der Notwehrlage: h.M.: abgestuftes Notwehrrecht (P)
h) Abwehrprovokation (Vorbereiten eines schärferen Abwehrmittels) : h.M.: volles Notwehrrecht (P)
Meinungsstreit in der objektiven Zurechnung des Erfolges bei Fahrlässigkeitsdelikten.
Pflichtgemäßes Alternativverhalten ebenfalls zu Taterfolg leitend?
Objektive Zurechnung des Erfolgs
Rechtlich missbilligtes Risiko + Tatbestandverwirklichung
(P): Hätte pflichtgemäßes Alternativverhalten den Erfolgseintritt verhindert?
Risikoerhöhungslehre:
Obj. Zur. (+), wenn Täter Risiko für den Erfolgseintritt erhöht und wenn sich nicht feststellen lässt, dass der Erfolg mit Sicherheit auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre (in dubio pro reo hebelt aus!!!)
Vermeidbarkeitstheorie:
Obj. Zur. (-), in dubio pro reo, dass sich die vom Täter geschaffene Gefahr nicht im konkreten Erfolgseintritt realisiert hat (hM)
Ergebnis
Meinungsstreit bei irrtümlicher Annahme, Zeuge einer Straftat geworden zu sein.
eA: prozessuale Lösung
dringlicher Tatverdacht reicht aus;
Ein Zustand, bei dem nach der Zusammenschau aller äußerlich erkennbaren Umstände das Vorliegen einer Straftat als sehr wahrscheinlich angenommen werden muss
aA: materialrechtliche Lösung
dringender Tatverdacht, der sich später als falsch herausstellt, soll nicht genügen
das Vorliegen einer tatsächlich begangenen rechtwirdrigen Tat ist die Voraussetzung
Befugnisse nur in ganz engen Grenzen
Vorsatz (-), wenn Irrtum über das Vorliegen unvermeidbar ist
= keine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Tat
Leben gegen Leben - Brett des Karneades
Warum keine Rechtfertigung?
Was kommt in Betracht?
Notwehr §32 setzt gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff voraus (Notwehrlage)
§904 BGB Berechtigung zum Schutz des eigenen Lebens
§34 Abwägung der betroffenen Interessen
Schuld
entschuldigender Notstand §35 Abs. 1 StGB
Keine Güterabwägung aufgrund derart psychischer Belastung in einer die Existenz bedrohende Sach-/Notlage, kein normgemäßes Verhalten zumutbar (Motivlage des Täters)
Für §35 StGB nur die 3 höchsten Rechtsgüter: Leib, Leben, Freiheit
Notstandslage:
Gefahr für Täter selbst oder Angehörigen (§11 Abs.1 StGB) oder einem dem Täter nahestehende Person (Bestehen eines auf gewisse Dauer angelegtes zwischenmenschliches Verhältnisses mit ähnlichen Solidaritätsgefühlen wie unter Angehörigen
= besonders wichtiges Rechtsgut + besonders wichtige Person + gegenwärtige Gefahr
Notstandshandlung:
einzig geeignetes und erforderliches Mittel
Bspw. Auch die Tötung eines anderen zur eigenen Rettung ist erforderlich
Keine Strafbarkeit, schuldlose Handlung
Mehrfachvorsatz – Problem: dolus alternativus
Jäger J schießt, obwohl er sich nicht sicher ist, ob er den verhassten Jagdgefährten G oder dessen Hund vor der Flinte hat. Es stirbt der Hund.
§§ 212, 22 StGB durch den Schuss
hM Vorsatz hinsichtlich aller Delikte (+)
aA, die Konkurrenzlösung:
nicht vollendetes, nicht wesentlich schwerer wiegendes Delikt annähernd gleicher Schutzrichtung tritt in Gesetzeskonkurrenz zurück
Ausnahme: höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Träger
! volle Erfassung des verwirklichten Unrechts
=> Strafbarkeit nach §§ 212, 22, 303, 52 StGB (+)
M2 Vorsatz nur hinsichtlich des vollendeten Delikts => (-)
? Schwerstes Unrecht bleibt ggf. ungestraft
M3 Vorsatz nur hinsichtlich des schwereren Delikts => (+)
- Für hM spricht, dass bei dolus alternativus zumindest ein Eventualvorsatz in Bezug auf alle möglichen Tatbestandsverwirklichungen vorliegt
Unmittelbares Ansetzen – RW – Schuld => (+)
Rechtsfolgen Aberratio ictus
a) Formelle Gleichwertigkeitstheorie
Sind das anvisierte und das getroffene Rechtsgut gleichwertig, so ist nach diesem Ansatz der Vorsatz stets zu bejahen.
Der abstrakte Wortlaut der Tatbestände verlange nur Vorsatz bzgl. der Tötung (irgend),,eines“ Menschen.
Die Vorstellung des Täters, ein Objekt der im Tatbestand umschriebenen, abstrakten Gattung zu verletzten, reiche daher aus, um den Vorsatz zu bejahen.
Selbst wenn eine verirrte Kugel eine vollkommen andere Person als die anvisierte treffe, liege eine vorsätzliche Tötung vor, solange der Täter bei Abgabe des Schusses Tötungsvorsatz hatte.
Damit wäre der Vorsatz nach dieser Konzeption zu bejahen.
b) Materielle Gleichwertigkeitstheorie
Die materielle Gleichwertigkeitstheorie vermeidet auch bei Gleichwertigkeit von anvisiertem und getroffenem Objekt pauschalierende Erwägungen.
Sind das anvisierte und das getroffene RG gleichwertig, ist zu differenzieren, um welches RG es sich handelt.
Es sei vielmehr weiter anhand der Rechtsgüter der Normen zu differenzieren:
Bei der Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter wie Gesundheit und Leben sei der Vorsatz abzulehnen.
Handele es sich indes um individualitätsunabhängige Rechtsgüter wie den staatlichen Strafanspruch, so sei der Vorsatz zu bejahen.
Vorliegend ist das Rechtsgut Leben betroffen, daher wäre nach diesem Ansatz der Vorsatz des A abzulehnen.
c) Unterfall des Irrtums über den Kausalverlauf
Ein weiterer Ansatz begreift die aberratio ictus als Sonderfall des Irrtums über den Kausalverlauf.
Kennzeichnend für ein Fehlgehen der Tat sei das so vom Täter nicht vorhergesehene Geschehen. Es können niemals sämtliche Einzelheiten des Geschehensablaufs antizipiert werden.
Daher sei eine Fehlvorstellung nur dann beachtlich (d.h. vorsatzausschließend), wenn es sich um eine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf handelt.
Eine unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf liegt vor, wenn sich das tatsächliche Geschehen noch innerhalb der Grenzen des nach der allgemeinen Lebenserfahrung Vorhersehbaren befindet und keine andere rechtliche Bewertung der Tat rechtfertigt. Ein Vorbeischießen ist nicht vollkommen ausgeschlossen und in Anbetracht der gleichwertigen Tatobjekte wäre keine wesentliche Abweichung des vorgestellten vom tatsächlichen Kausalverlauf gegeben.
d) Konkretisierungstheorie
Schließlich wird darauf abgestellt, dass der Täter
durch das Anvisieren eines bestimmten Tatobjekts seinen Vorsatz auf dieses konkretisiert und damit auch nur Vorsatz bzgl. der Verletzung genau dieses anvisierten Objekts gegeben sei.
In Betracht kommen demnach nur eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit bzgl. des verletzten Objekts und eine Strafbarkeit wegen Versuchs im Hinblick auf das anvisierte Objekt. B hätte nach diesem Ansatz den X nicht vorsätzlich getötet.
Error in persona
Aberratio ictus
der Täter trifft genau das Objekt, dass er treffen wollte (bspw ein Mensch)
Er irrt lediglich über die Identität des anvisierten Opfers
Für Vorsatz unbeachtlich
der Täter trifft versehentlich ein anderes als das von ihm anvisierte Objekt
Fehlgehen der Tat
Vorsatz nach hM entfallend, jedoch Fahrlässigkeit
Error in persona oder Aberratio ictus?
Es wird ein anderes als das eigentlich beabsichtigte Ziel bzw. Objekt getroffen.
EA:
Der Täter habe von vorne herein nur eine ganz bestimmte Person töten wollen
Tötung einer anderen Person nicht im Vorsatz aufgenommen
= Fehlschlag: kein Vorsatz
aA/hM:
Bei mittelbarer Individualisierung des Opfers, bezieht sich Vorsatz immer auf die Person, die geschädigt wurde von der vorgefertigten Situation
Risiko geschaffen und folgliche Konsequenzen sind zu tragen
Opfer wird nicht rein zufällig getroffen, die Gefahrensituation wurde vom Täter erschaffen und das Opfer wurde mittelbar individualisiert
Erlaubnistatbestandsirrtum, rechtliche Konsequenzen
Strenge Schuldtheorie:
Erlaubnistatbestandirrtum soll wie klassischer Verbotsirrtum §17 StGB behandelt werden
Jeder Irrtum über die Rechtfertigung der Tat ein Fall des §17 StGB
Nicht nur Irrtümer über die rechtliche Seite des Rechtfertigungsgrundes, sondern auch wenn der Täter die Voraussetzungen der rechtfertigenden Norm falsch sieht
= Der Täter handelt somit in jedem Fall vorsätzlich und rechtswidrig, je nach Vermeidbarkeit des Irrtums entfällt jedoch die Bestrafung wegen fehlenden Unrechtsbewusstseins ganz (S.1) oder kann gemildert werden (S.2).
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Hypothetische Rechtsfertigungslage
die Lage, die in der Vorstellung des Täters vorliegt
Notwehrlage, Notwehrhandlung, Notwehwille, die aus sich des Täters vorliegt
Rechtsfolgen des ETBI
Eingeschränkte Schuldtheorie:
Reine eingeschränkte Schuldtheorie:
Die Situation “ich irre mich über das Vorliegen einer Notwehrlage (ETBI) ist vergleichbar mit “ich irre mich über das Vorliegen eines objektiven Tatbestandsmerkmals” (Tatbestandsirrtum) (deshalb auch “Erlaubnistatbestandsirrtum”)
§16 I 1 STGB ist analog anzuwenden: der Vorsatz entfällt
Rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie
Nicht im TB, §16 I 1 analog, “Vorsatzschuld”: X irrt sich über das Vorliegen einer Notwehrlage,
§17 StGB, Erlaubnistatbestandsirrtum und Erlaubnisirrtum gleichwertig
liegt ETBI vor, der nicht vermieden werden konnte (argumentieren!), schuldlos
Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen (in der Regel nicht vertreten)
Tatbestand und Schuld, TB (obj, rw, subj) und Schuld
RW als Teil des Tatbestands. Vorsatz muss sich darauf beziehen.
= T handelt ohne Vorsatz bzgl des Nichtvorliegen rechtfertigender Umstände
Abnorme Konstitution
bei einem Verkehrsunfall des Krankenwagens, beim Absturz des Rettungshubschraubers, bei einem Krankenhausbrand
Abnorme Konstitution (Bluterkrankung des Opfers)
M1 (hM) Grundsätzlich erfolgt keine objektive Zurechnung bei infolge abnormer Konstitution des Opfers atypischem Kausalverlauf.
Nur wenn der Täter die Opferkonstitution kennt, besteht aber kein Grund, ihn von strafrechtlicher Verantwortung freizustellen. Deshalb wird Sonderwissen des Täters bei der objektiven Zurechnung berücksichtigt.
? Dagegen wird eingewandt: Die objektive Zurechnung kann nicht vom Tätervorsatz, also vom subjektiven Tatbestand abhängen.
M2 Die objektive Zurechnung ist zu bejahen. Fehlen kann aber der Vorsatz in Bezug auf den Kausalverlauf.
M3 Eine solche Opferkonstitution ist nicht völlig atypisch, so dass objektiv zuge- rechnet und bestraft wird.
Täterschaft und Teilnahme Abgrenzung
Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme
1. Formal-objektive Theorie (veraltet):
Täter ist, wer den Tatbestand durch seine Handlung entweder ganz oder teilweise objektiv erfüllt. Teilnehmer ist, wer zur Tatbestandsverwirklichung nur durch eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beiträgt.
2. Subjektive Theorie (Rechtsprechung):
Täter ist, wer die Tat als eigene will, d.h. mit Täterwillen (dem sog. animus auctoris) handelt. Teilnehmer ist, wer die Tat als fremde veranlassen oder fördern will, d.h. mit Teilnehmerwillen (dem sog. animus socii) handelt.
Besondere Spielart hiervon: Interessentheorie: Täter ist, wer ein überwiegendes Interesse am Taterfolg besitzt. Teilnehmer ist, wer ein untergeordnetes Interesse besitzt.
3. Tatherrschaftslehre:
Täter ist derjenige, der die Tatherrschaft besitzt, d.h. als Schlüsselfigur das Tatgeschehen nach seinem Willen hemmen, lenken oder mitgestalten kann. Tatherrschaft bedeutet dabei das vom Vorsatz getragene „In-den-Händen-Halten“ des tatbe- standsmäßigen Geschehensablaufes.
Teilnehmer ist, wer die Tat nicht beherrscht und lediglich als Randfigur die Begehung der Tat veranlasst oder in irgendeiner Weise fördert.
Wichtig: Die Abgrenzung anhand der eben genannten Theorien erfolgt nur dann, wenn der Handelnde nach der Ausgestaltung des Tatbestandes überhaupt sowohl Täter als auch Teilnehmer sein könnte.
Dies scheidet aus bei Delikten, die eine besondere Subjektsqualität bzw. eine besondere Pflichtenstellung des Täters voraussetzen (z.B. Amtsdelikte, Unterlassungsdelikte). Wer diese besondere Subjektsqualität nicht aufweist, kann niemals Täter sein.
Gleiches gilt bei eigenhändigen Delikten (z.B. Eidesdelikten) und Delikten, die besondere subjektive Voraussetzungen für die Deliktsverwirklichung fordern (z.B. die Zueignungsabsicht beim Diebstahl).
Vorsatz dolus eventualis Definition
Der Täter hält den Erfolgseintritt für möglich und nicht ganz fernliegend (wahrscheinlich), nimmt die Tatbestandsverwirklichung aber in Kauf oder findet sich mit dem Erfolgseintritt zugunsten seiner Ziele ab.
auch wenn dem Täter der Eintritt des Erfolges unerwünscht ist, billigt er diesen Erfolg, wenn er sich – um des erstrebten Ziels willen – mit ihm abfindet
Bewusste Fahrlässigkeit
Der Täter hat die mögliche Tatbestandsverwirklichung erkannt, ist mit ihr aber nicht einverstanden und vertraut ernsthaft auf das Ausbleiben des Erfolgs.
Bei gefährlichen Handlungen ist Hoffen auf Ausbleiben des Erfolgs nicht möglich.
§§ 212, 13 I, 22
unmittelbares Ansetzen
(P) Wann der Täter die Grenze zwischen Vorbereitungshandlung und Versuch überschreitet, ist auch beim Unterlassungsdelikt umstritten
4 Auffassungen werden vertreten
M1 schon mit dem nach Tätervorstellung ersten Pflichtverstoß, dem Verstreichenlassen der ersten Erfolgsabwendungsmöglichkeit
! Erfolgsabwendungsgebote entstehen aus Gründen der Rechtssicherheit sofort ! Opferschutz
M2 erst mit Verstreichenlassen der nach Tätervorstellung letzten Rettungsmöglichkeit
! Erfolgsabwendungsgebote entstehen erst in diesem Augenblick; der Garant entscheidet, wann er eingreifen will
! vorher bloße böse Gesinnung, die nicht strafbar ist
? neben der Vollendung bleibt nur Raum für beendete untaugliche oder fehlgeschlagene Versu- che und kaum für einen Rücktritt – das widerspricht §§ 13, 24 StGB
M3 der Versuch beginnt, wenn weitere Verzögerung der Rettung nach Tätervorstellung eine unmit- telbare konkrete Gefahr begründet
! Garant ist nicht nur zur Erfolgs, sondern auch zur Gefahrenabwehr verpflichtet
! Gleichbehandlung mit dem Begehungstäter
hM nach allgemeinen Regeln – Kombinations- und Alternativformel – beginnt der Versuch entweder, wenn der Täter den Geschehens- und Kausalverlauf bewusst aus der Hand gegeben hat (aktive Kontrolle und Möglichkeit sofortigen Zugreifens verloren) und zwar in der Vorstellung, der Erfolg werde in engem zeitlichem Zusammenhang eintreten, oder andernfalls erst und spä- testens bei nach Tätervorstellung nahegerückter Gefahr =
! § 13 verlangt Geltung der allgemeinen Regeln2 – Tätervorstellung vom „Jetzt gehts los“
! Diese Lösung wird der Eindruckstheorie gerecht, die den Rechtsgrund für die Versuchsstraf- barkeit im hervorgerufenen rechtserschütternden Eindruck sieht, nicht allein in der Gefährdung des Rechtsguts.
=> M2 wegen Ungleichbehandlung von Begehungs- und Unterlassungstätern abzulehnen => (+)
Unterlassungsdelikt, § 13 I
Ist beim Unterlassungsdelikt auch der untaugliche Versuch strafbar?
(P) Ist beim Unterlassungsdelikt auch der untaugliche Versuch strafbar?
mM3 (-) mangels objektiv bestehender Handlungspflicht: objektiv besteht keine abwendbare
bloße rechtsfeindliche Gesinnung straflos
hM Rechtsgutsgefährdung, also auch keine Rettungspflicht (+) nach allgemeinen Regeln entscheidet die Tätervorstellung: Es genügt also, dass der Täter sich Umstände vorstellt, die eine Handlungspflicht begründen
! Wortlaut § 22 StGB („Vorstellung“)
! Die Versuchsstrafbarkeit beruht auf der Betätigung eines rechtsfeindlichen Willens, deren Eindruck auf die Allgemeinheit zu einer Erschütterung des Rechtsbewusstseins und zur Gefährdung des Rechtsfriedens führt.
! § 23 III StGB sieht nur Absehen von Strafe oder Strafmilderung für Extremfälle vor
=> mit hM (+)
Rücktritt bei §§ 212, 13, 22
(P) Beendeter Versuch: Wenn der Täter glaubt, alles getan zu haben, was nach seinen Vorstellungen von der Tat zu deren Vollendung ausreicht = (P) beim Unterlassungsdelikt macht der Täter gerade nichts
Problem: Beim Unterlassungsdelikt hat der Täter gerade nichts getan; außerdem muss er immer tätig werden, um in den Genuss des Rücktrittsprivilegs zu kommen. Deshalb herrscht Streit:
M1
unbeendeter Versuch = nach Tätervorstellung Vollendung durch Nachholung der ursprünglich gebotenen Handlung abwendbar
beendeter Versuch = nach Tätervorstellung Vollendung nur noch durch darüber hinausgehende Maßnahmen zu verhindern
M2
(inkl. Rspr.) Unterlassen begründet immer einen beendeten Versuch, weil der Rücktritt vom Unterlassen immer eine aktiv erfolgsabwendende Tätigkeit erfordert, sprich die Vollen- dung aktiv verhindert werden muss, und weil schon der Unterlassungsversuchstatbestand voraussetzt, dass der Täter die Möglichkeit der (ohne sein Eingreifen in der Tatsituation an- gelegten) Tatvollendung erkannt hat.
=> Ob dieser Streit sich auswirkt, hängt davon ab, ob der Täter auch die Voraussetzungen eines Rücktritts vom beendeten Versuch nach § 24 StGB erfüllte:
§ 24 I 1 2. Alt. StGB verlangt, dass der Täter die Vollendung verhindert = willentliches Ingangsetzen einer Kausalkette, die mitursächlich dafür wird, dass der Erfolg ausbleibt.
Der BGH hält in solchen Fällen die Rücktrittsvoraussetzungen für nicht erfüllt, übersieht aber die einen Rücktritt ermöglichende Regelung in § 24 I 2 StGB:
hM in den Fällen des unerkannt objektiv untauglichen Versuchs gilt § 24 I 2 StGB
! „nicht vollendet“ meint nicht zurechenbar vollendet
! nur die zurechenbare Vollendung schließt den Rücktritt aus – denn das Abwendungsrisiko muss nur tragen, wer das maßgebliche Vollendungsrisiko gesetzt hat
! untauglich mit der Folge des § 24 I 2 StGB ist auch der Versuch, der keine zurechenbare Vollendung bewirken kann, weil das Tatobjekt unrettbar verloren ist, vgl. § 24 II 2 2. Alt. StGB
der Täter eines untauglichen Versuchs kann die Vollendung naturgemäß nicht verhindern, darf aber nicht schlechter stehen als der Täter eines tauglichen Versuchs
! subjektive Sicht entscheidet über Versuch und Rücktritt
=> Nötig und ausreichend ist ernsthaftes Bemühen = Täter tut alles, was aus seiner Sicht zur Ver- hinderung der Vollendung nötig ist (a.A. Vornahme einer auf Verhinderung der Tat abzielen- den und vernünftigerweise dazu geeigneten Gegenmaßnahme genügt)
M1 kein ernsthaftes Bemühen wegen Verzögerung der Hilfe
M2 sofortige Hilfe zu verlangen, hieße schon den Versuchstatbestand ausschließen => ernst- haftes Bemühen (+)
=> Mit M2 ernsthaftes Bemühen anzunehmen, erscheint konsequent. Der Streit, ob ein beendeter Versuch vorliegt, spielt somit keine Rolle.
Freiwilligkeit wird teilweise psychologisch, teilweise normativ beurteilt
Frank „Ich will nicht, selbst wenn ich könnte“ – „Ich kann nicht, selbst wenn ich wollte“ ? beschreibt fehlgeschlagenen Versuch
hM Lit. Freiwillig agiert der Täter, der von „autonomen“, d.h. selbstgesetzten Motiven be- stimmt ist (unfreiwillig derjenige, den „heteronome“, d.h. fremdbestimmte Motive be- herrschen)
? verleitet zur Unterscheidung nach „innen“ und „außen“ – der Anstoß zu einer freien und verdienstlichen Umkehrleistung kann aber durchaus von außen kommen
BGH freiwillig agiert der Täter, der „Herr seiner Entschließungen“ ist (unfreiwillig der Täter, der sich „in psychischer Zwangslage“ befindet, d.h. äußere Zwangslage [z.B. unvertretbare Risikoerhöhung] oder zwingende innere Hemmung, [z.B. zwingende Angst vor Strafe])
! Wortlaut „freiwillig“ zwingt zu willensbezogener, psychologisierender Betrach- tungsweise
Heute werden beide Gesichtspunkte kombiniert (BGH NStZ 2007 S. 399, 400)
a.A. Normative Lösung: Freiwilligkeit setzt sittlich billigenswerte Rückkehr zur Rechtstreue vo- raus, die sich anschaulich daraus ergibt, dass der Täter „aus Verbrechersicht unvernünftig“ handelt, z.B. aus Angst vor Strafe (unfreiwillig agiert der Täter, der „der Verbrechervernunft folgt“)
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