politischer Kultur Def. nach Almond/Verba
„the particular distribution of patterns of orientation towards political objects among the members of the nation“
politische Kultur def. nach Bergschlosser 1944
„Politische Kultur bezeichnet in der allgemeinsten Form die subjektive Dimension der gesellschaftlichen Grundlagen politischer Systeme. Diese umfaßt die Gesamtheit aller politisch relevanten individuellen Persönlichkeitsmerkmale, latente in Einstellungen und Werten verankerte Prädispositionen zu politischem Handeln, auch in ihren symbolhaften Ausprägungen, und konkretes politisches Verhalten“
Werte politischer Kultur
“Konzeption des Wünschenswerten”, moralische Maßstäbe zur Beurteilung der Wirklichkeit
man kann sagen, dass die politische Kultur die ideellen Grundlagen des politischen Systems beschreibt
Was will politische Kulturforschung erklären?
-Makrophänomene wie sozio-ökonomische Entwicklung oder Demokratie, Stabilität und Krisen
-politische Verhaltensmuster wie Klientelismus oder das Wahlverhalten
Grundannahme: zwischen politischer Kultur und politischer Struktur muss Kongruenz bestehen
Ansatz auf Makroebene, Wurzeln im Strukturfunktionalismus
Methode: Umfrageforschung
Datenquellen politischer Kulturforschung
-World Values Surveys
-International Social Survey Programme
-Eurobarometer
-osteuropäische Eurobarometer
-new Democracies Barometer
-Latinobarometer Surveys
-Cross-National Election Project
-Comarative Study of Electoral Systems
Politische Kultur zwischen Mikro- und Makroebene des politischen Systems
Makroebene der Politik: Struktur und Funktion des politischen Systems
Institutionen im engeren und im weiteren Sinne
P O L I T I S C H E K U L T U R
Mikroebene der Politik: Individuum
politische Einstellungen und Motivationen
Weber: Die Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus
Erschienen 1904 und 1905
Frage nach zusammenhang zwischen religiöser und ökonomischer Entwicklung
Ausgangsfrage: Warum ist die moderne, rationalistische Kultur gerade im okzident (Abendland) entstanden?
Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit sich ein modernes kapitalistisches Wirtschaftssystem entwickeln kann?
Religiöse Grundfrage. Wie lässt sich die Seele retten?
> Luther: Gottes Gnade kann man nur empfangen nicht verdienen
>Calvin: Der Lauf der Welt ist durch Gottes Wille vorbestimmt, Schicksal der Seelen und Art der Vorbestimmung zeigt sich in Lebensführung
Selbstdisziplin: Innerweltliche Askese: Streben nach wirtschaftlichem ERfolg
Individualismus
Almond/Verba: The Civic Culture
1963
zentrale Studie mit Fällen aus Deutschland, Italien, Mexiko, GB und USA
Methode: standardisierte Repräsentativbefragung
-Begründung des klassischen Ansatzes der politischen Kulturforschung
-Differenzierung politischer Überzeugungen in vier Objektbereiche politischer Einstellungen
1. Selbstbild des einzelnen Bürgers innerhalb des Systems
2. Einstellungen gegenüber den strukturellen Systemcharakteristika
3. Bewertung der Beziehung zwischen „Ich“ und System
4. Bewertungen des System-Outputs
Dimensionen politischer Überzeugungen
Dimensionen politischer Überzeugungen
Alle Einstellungen können positiv oder negativ ausgeprägt sein oder nicht vorkommen; sie können sich auf der kognitiven, der affektiven oder der Evaluationen Ebene bewegen
Typen politischer Kultur
Reine Typen:
Paroquial Culture - Subject Culture- Participant Culture
Mischtypen:
Parochial-Subject Culture - Subject-Participant Culture - Parochial-Participant Culture
Civic Culture
“Staatsbürgerkultur” -> Mischtyp der drei reinen Typen
Einstellungsmix auf der Ebene der einzelnen Bürger - Wechsel aus Unterordnung und aktiver Einflussnahme
• Positive Beziehungen der Bürger zu den Strukturen des politischen Systems und dem Input-Prozess
• Kongruenz zwischen politischer Struktur und politischer Kultur
• Civic Culture als normatives Leitbild – orientiert an den USA
-> „the civic culture is appropriate for maintaining a stable and effective democratic political process“ (Almond/Verba 1963: 361)
Aktuelle Messung der Civic Culture
Die Ausprägung der politischen Kultur wird in empirischen Umfragen anhand bestimmter _Items gemessen:
– Lebenszufriedenheit: „Wenn Sie einmal alles in allem nehmen, wie zufrieden sind Sie insgesamt zur Zeit mit Ihrem Leben? Sagen Sie es mir doch bitte nach dieser Leiter hier. 1 bedeutet‚ überhaupt nicht zufrieden‘, und 10 ‚völlig zufrieden'“ (Allensbach-Institut)
- Unterstützung für revolutionären Umsturz:
• "The entire way our society is organized must be radically changed by revolutionary action."
• "Our society must be gradually improved by reforms."
• "Our present society must be valiantly defended against all subversive forces.“ (Inglehart 1988)
– Interpersonal Trust: „Glauben Sie, daß man den meisten Menschen vertrauen kann?"
Inglehart: The Silent Revolution
„The values of Western publics have been shifting from an overwhelming emphasis on material well-being and physical security toward greater emphasis on the Quality of Life.”
Bedürfnispyramide nach Maslow
SELBSTVERWIRKLICHUNG
ANERKENNUNG UND WERTSCHÄTZUNG
SOZIALBEDÜRFNIS
SICHERHEIT
GRUND- ODER EXISTENZBEDÜRFNISSE
postMaterialismus Materialismus
Materialismus vs. Postmaterialismus
Postmateristen tendieren zu höherer politischer Partizipationsbereitschaft
postmateristen bevorzugen oftmals unkonventionelle Partizipations- und Protestformen (Protestbewegungen)
Konflikte zwischen Materialisten und Postmaterialisten ist dauerhaft und fürt zur gründung neuer Parteien
Wertewandel erklärt zugleich Veränderungen im Wählerverhalten
wenn Parteien die traditionell materialistische Werteorientierungen ansprechen das neue Wählerpotential erreichen, bedeutet dies programmatische Veränderungen, die nicht ohne Spannungen verlaufen
Kritik
- In einigen Indikatoren werden Verhaltenskomponenten (als Verhaltensdispositionen) einbezogen. Partiell findet eine Vermischung deskriptiver und normativer Ebenen statt. Dies betrifft vor allem die Interpretation der Orientierungsarten (kognitiv, affirmativ, evaluativ).
- Die Messung von Einstellungen zu grundlegenden Werten ist schwierig von aktuellen Einflüssen zu trennen. ‚Momentaufnahmen’ sind daher wenig aussagekräftig; notwendig ist die Messung langfristiger Trends.
- Aufgrund der Erfordernis langfristige Trends zu bestimmen, ist es notwendig, die alten Fragen beizubehalten, auch wenn diese methodisch problematisch sind.
- Nicht alle Fragen sind im internationalen Vergleich in gleicher Weise zu interpretieren (z.B. Nationalstolz).
- Zu diskutieren ist, ob civic culture in der Tat die angemessene Form politischer Kultur in allen Demokratien bildet. Ein Vorwurf lautet, dass sich das Leitbild zu stark an dem angelsächsischen Demokratieverständnis orientiert.
- Kritisiert wird die unzureichende Systematik der Typologie, in der die Wertorientierung ebenso keine Beachtung finden wie die jeweiligen Merkmalsausprägungen (positiv – negativ – indifferent).
- Unklar bleibt, wie genau sich Einstellungen in politische Veränderungen übertragen.
- „If the assumption is that public opinion is important because it determines public policy, a comparison of the polls and the history of the decade raises a flood of doubts. How much difference did the opinions measured in these polls actually make?” (Schattschneider 1960).
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