Welches sind die wichtigsten neurodegenerativen Erkrankungen in Deutschland, und welche Alterskohorte hat ein Risiko ĂŒber 10% dafĂŒr?
Morbus Alzheimer: Ablagerungen von Protein in NZ fĂŒhrt zum Absterben
Morbus Parkinson: Degeneration dopaminerger Neuronen im Mittelhirn
Multiple Sklerose: Autoimmunerkrankung, greift Myelinscheiden der Axone an
Prion-Erkrankung: Akkumulation falsch gefalteter Proteine fĂŒhrt zum Absterben von Gehirnzellen (Creutzfeld-Jakob, Kuru)
Tay-Sachs: Akkumulation von Gangliosiden in Lysosomen fĂŒhrt zum Absterben von Nervenzellen (Sandhoffâsche Erkrankung)
Alterskohorte: > 80 Jahre
Welche beiden histologischen AuffĂ€lligkeiten sind Kennzeichen fĂŒr die Alzheimerâsche Erkrankung?
VerÀnderungen im Gehirn: Ablagerungen (amyloide Plaques) und Faseransammlungen (tangles) in einzelnen Neuronen
Ă-Amyloid Plaques -> Alzheimer Plaques
fehlerhafte Prozessierung des Amyloid-Precursor-Proteins (APP)
APP:
integrales Membranprotein mit verschiedenen Isoformen unterschiedlicher LĂ€nge
normale Funktion ist nicht verstanden
wird am ER gebildet und entlang des Axons zur PrÀsynapse transportiert
-> dort relativ hohe Konzentrationen (vielleicht dort Funktion als Rezeptor)
bei elektrischer AktivitÀt Freisetzung in synaptischen Spalt (vielleicht Funktion bei der Regulation neuronaler Erregbarkeit, Lernen und GedÀchtnis)
ânormaleâ Spaltung von APP durch a-Sekretase in einem Ă-Amyloid
-> es entstehen sAPPa (s = sezerniert) und ein intrazellulÀres Fragment
pathologische Spaltung von APP durch sequentielle Spaltung durch Ă-Sekretase (BACE) und dann y-Sekretase
-> es entsteht Ă-Amyloid (AĂ) -> lagert sich extrazellulĂ€r ab und bildet amyloiden Plaques
die intrazellulÀren Abschnitte (C99) können sowohl als ganzes oder auch nach Spaltung durch Caspase neurotoxisch wirken (Expression apoptotischer Gene)
Mutationen in dem Enzymkomplex y-Sekretase fĂŒhren zur vererblichen Form von Alzheimer
neurotoxische Wirkung der freien AĂ-Fragmente:
beruht wahrscheinlich auf der Störung von Glucose-Transportern und Ionenbewegungen (u.a. von Calcium-Ionen an der Synapse)
bei Interaktion von AĂ und Fe oder Cu entsteht H2O2
-> fĂŒhrt zu oxidativem Stress bei den Zellen
Faseransammlung -> Tau-Protein
Tau-Protein:
niedermolekulares Phosphoprotein
bindet an Mikrotubuli und reguliert deren Zusammenbau
neurodegenerative Erkrankungen mit Ablagerungen von Tau = Tauopathien (bekannteste: Alzheimer)
beim Zusammenbau in Filamente werden Tau-Proteine verknĂŒpft, dabei wird das amino-terminale Ende abgeschnitten
bei abnormer Hyperphoshorylierung (unklarer Grund) entsteht ein nicht-funktionales Protein, das nicht mehr mit den Mikrotubuli interagieren kann
-> Ablagerung von fibrillÀren KnÀueln (tangles) in den Neuronen
stabile Tau-Aggregate sind nicht mit Funktionsverlust korreliert, toxisch scheinen die Tau-Intermediate zu sein
Was scheint die Entstehung der Alzheimerâschen Erkrankung zu begĂŒnstigen?
BegĂŒnstigung der genetischen Form:
Mutationen in verschiedenen Loci (u.a. Chromosom 14 und Chr. 1)
(genetische Form sehr viel seltener)
BegĂŒnstigung der sporadischen Form:
Niedriger Bildungsstand
Kopfverletzungen
ErnÀhrung mit high-calorie, high fat
wenig Bewegung (âcouch potatoeâ)
bestimmte Fette, Kupfer, Eisen
(unklare Auslöser, diskutiert)
Was ist die Ursache fĂŒr die Parkinsonâsche Erkrankung?
es zu einem Absterben von Zellen in der pars compacta der Substanzia nigra, die dopaminerg in das Putamen (Teil der Basalganglien) projizieren
erste Krankheitszeichen erst nach Absterben von 70 % der Zellen
Dopaminmangel fĂŒhrt zu einem relativen Ăberschuss an Acetylcholin
-> Verschiebung von Aktivierung und Hemmung in den Basalganglien
normalerweise kann der Thalamus den Cortex motorisch aktivieren
-> bei Mangel an Dopamin verschiebt sich das Gleichgewicht in den Basalganglien, der Globus pallidus internus hemmt dann den Thalamus, der keine motorischen Befehle mehr an den Cortex geben kann -> Akinese
ZellulÀre VorgÀnge
Untergang der dopaminproduzierenden Zellen wahrscheinlich durch eine Ăberproduktion des Proteins a-Synuclein mitverursacht
a-Synuclein ist nötig fĂŒr die Formation synaptischer Vesikel aus Endosomen, durch Interaktion mit der Phospholipase D2
ĂŒberschĂŒssiges a-Synuclein verhindert seinen eigenen Abbau -> verklumpt zu Lewy-bodies in den PrĂ€synapsen und Zellen
-> weniger a-Synuclein und damit weniger Vesikel stehen zur VerfĂŒgung
-> Dopamin kann nicht in Vesikeln verpackt werden -> autooxydiert zu Formen, bei denen H2O2 entsteht
-> Zellen der Substantia nigra sterben an dieser oxydierenden Wirkung
Wie kann die Parkinsonâsche Erkrankung behandelt werden?
keine ursÀchliche Therapie (Stammzellen?), nur Symptomatik
VerÀnderung des Gleichgewichtes zwischen Acetylcholin und Dopamin durch verschiedene Substanzen
wichtig v.a. die Gabe von L-Dopa (=Vorstufe von Dopamin), die durch die Blut-Hirn-Schranke gelangt
Hemmung des Dopamin-Abbaus
Anticholinergika
bei austherapierten FĂ€llen elektrische Stimulation der Basalganglien (Hirnschrittmacher) -> Korrektur der Fehlaktivierung der Basalganglien
Bei multipler Sklerose gibt es Hinweise sowohl auf genetische Ursachen als auch UmwelteinflĂŒsse
Nenne jeweils BegrĂŒndungen dafĂŒr
genetischer Zusammenhang:
Korrelation mit Ethnien und familiÀre HÀufung
PhÀnotyp mendelt aber nicht
wahrscheinlich Kombination mehrerer Gene, u.a. HLA-DRB1- Gen auf Chromosom 6p21
-> Allel ist bei Schwarzafrikanern selten, bei EuropÀern dagegen hÀufig
-> Frauen sind etwa doppelt so hÀufig betroffen wie MÀnner
UmwelteinflĂŒsse:
haben Einfluss auf die EmpfĂ€nglichkeit fĂŒr MS
wahrscheinlich wÀhrend kritischer Phasen:
Wenn Kinder in eine andere Region umziehen, haben sie das Risiko des neuen Landes; wenn Àltere Menschen umziehen, behalten sie das Risiko des Herkunftslandes
Was ist die Ursache fĂŒr die Ausfallserscheinungen bei MS?
MS ist eine âAutoimmun-Krankheitâ
-> eigene T- Lymphozyten sind gegen das eigene ZNS gerichtet und zerstören die Myelinscheiden
Mögliche Mechanismen der EntzĂŒndungsreaktion
neuronale Antigene werden den T-Zellen prÀsentiert -> Zellen verbleiben dann im Körper
diese T-Zellen kommen in der Peripherie wieder mit den Epitopen in Kontakt und triggern eine Immunreaktion (PrimÀrreaktion)
kann auch durch sekundÀre Faktoren provoziert werden, z.B. Virusinfektionen oder Degenerationen infolge von Verletzungen des ZNS (Trauma, Schlaganfall etc) (SekundÀrreaktion)
Immunantwort bei MS
UnabhĂ€ngig von der Auslösung sind zwei Schritte nötig, um im ZNS eine EntzĂŒndung auszulösen:
-> A. Hochregulation von MHCâs, Cytokinen und co-stimulierenden Rezeptoren
-> B. Antigen-getriebene T-Zellantwort
T- und B-Zellen werden in Lymphknoten durch Antigene aus dem ZNS oder Fremdantigene aktiviert
B-Zellen werden klonal expandiert, dann zu Plasmazellen und bilden Antikörper
T-Zellen differenzieren sich in CD8+-Zellen, die Antigentragende Zellen direkt zerstören, und CD4+-Zellen, die ĂŒber Cytokinproduktion weitere Zellen der Immunabwehr (z.B. Makrophagen) aktivieren
Welche Antigene könnten bei MS Zielstrukturen fĂŒr das Immunsystem sein?
mögliche Ziel-Antigene in der weiĂen Substanz:
-> Proteine der Myelinschicht, von Oligodendrozyten und von Neuronen könnten Ziel-Antigene der Immunreaktion bei MS sein
-> sie könnten Teil des normalen Zellproteinbestandes und auch durch Infektionen (Viren etc.) eingebracht worden sein
MAG (myelin-associated glycoprotein)
MBP (myelin basic protein)
MOG (myelin oligodendrocyte glycoprotein)
PLP (proteolipid protein)
Was ist das auslösende Agens bei einer Prionenerkrankung, und wie infiziert es den Körper?
Prionenerkrankung = spongiforme Encephalopathie (TSE)
auslösendes Agens:
fehlgefaltetes Prion Protein (proteinaceous infectious)
Prionen bestehen aus dem Protein PrPC (C = common/cellular)
ist im gesamten Körper auch bei Gesunden vorhanden
ĂŒber einen Glykolipid-Anker in der Membran verankert und zwei Transmembranformen
bindet Kupferionen mit hoher AffinitÀt
Funktion unklar (möglich Rolle als Antioxidans, Funktionen bei GedÀchtnisbildung, Regulation der Teilung von Stammzellen und axonalem Pathfinding)
in infektiösem Material hat das Protein eine andere Konformation und ist resistent gegen einen Protease-Abbau
Bezeichnung PrPsc (scrapie, gilt fĂŒr alle TSEâs) im Gegensatz zum normalen PrPC
Infektion des Körpers:
orale Aufnahme
im ER hergestelltes PrPC wird in der Plasmamembran eingebaut
bei Kontakt mit PrPsc wird es in die falsche Konformation umgewandelt -> Erhöhung der PrPsc-Menge -> Erkrankung
bei hoher Konzentration kommt es zu Plaque- und anschlieĂend Lochbildung
Alternativ:
missgefaltete Proteine im ER werden normalerweise ĂŒber den ER-assoziierten degradation Weg (ERAD) abgebaut
wenn diese Proteasome blockiert sind -> Akkumulation im Cytoplasma etc.
PrPsc kann akkumulieren an der Plasmamembran, extrazellulÀr in Plaques, intrazellulÀr in Lysosomen etc.
es wird auch entlang von Neuriten transportiert zu weiteren Zellen
Ganz kurz:
Fehlgefaltetes Prionprotein PrPsc katalysiert die Umfaltung von richtig gefaltetem Protein PrPc zu fehlgefaltetem PrPsc.
Dieses aggregiert und kann nicht abgebaut werden.
Welche 2 grundsÀtzlichen pathologischen VerÀnderungen können auf histologischer Ebene im Gehirn von Alzheimer-Patienten stattfinden?
Wie kommen diese VerÀnderungen zustande?
Amyloiden Plaques:
dieses aggregiert -> extrazellulÀre Ablagerungen -> zytotoxisch
und intrazellulÀr neurotoxische Wirkung
Faseransammlungen (Tangels):
Hyperphosphorylierung des Tau-Protein -> intrazellulÀre Aggregatbildung
keine Interaktion mit Mikrotubuli mehr möglich, dadurch Ablagerung MikrotubuliknÀuel
cytotoxisch ist wahrscheinlich das Intermediat
2 Prionenerkrankungen die auch den Menschen betreffen nennen
Kuru
Creutzfeld-Jakob disease (CJD)
Welches Virus wird mit dem Auslösen von MS assoziiert und wie kam man darauf (Studie)?
Virus:
Epstein-Barr Virus
infiziert nahezu 90% aller Menschen -> starke VerlĂ€ufe fĂŒhren zu Pfeifferâschem DrĂŒsenfieber
Studie 2022:
Daten von Angehörigen der US Army
Blutproben alle zwei Jahre genommen ĂŒber viele Jahre
ca. 95% der Menschen hatten Antikörper gegen EPV im Blut
955 entwickelten im Untersuchungszeitraum MS
35 Erkrankte hatten in der ersten Blutprobe keine AK gegen EPV, infizierten sich aber vor Ausbruch der MS damit
Schlussfolgerung:
Infektion mit EPV erhöht das Risiko, an MS zu erkranken, um den Faktor 34
es ist nur sehr wahrscheinlich, dass eine EPV Infektion Voraussetzung fĂŒr MS ist, aber keinesfalls der Auslöser oder Treiber der Erkrankung
weiterhin also eine multifaktorielle Situation
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