Buffl

7. Kinder und Jugendliche

MF
by Mareike F.

Rehabilitation im Kindes- und Jugendalter: Überblick

Die Kindheit ist eine relativ gesunde Lebensphase.

Ein Teil der Kinder & Jugendlichen erleidet jedoch gesundheitliche Störungen, die mit dem Begriff „_______“ beschrieben werden.

Erklären Sie den Begriff genauer.


Was dominiert unter den psychischen Beeinträchtigungen?

Welches sind Sozialmedizinisch relevante körperliche Krankheiten?


Was sind Chronische Krankheiten im Kindes- und Jugendalter?


KiJu-Reha deshalb wichtiger Bereich im medizinischen Versorgungssystem. Was ist deren Aufgabe?


  • -  Kindheit ist eine relativ gesunde Lebensphase

  • -  ein Teil der Kinder & Jugendlichen erleidet jedoch gesundheitliche Störungen, die mit dem Begriff „neue

    Morbidität“ beschrieben werden

  • - damit ist gemeint, dass sich die Gesundheitsprobleme gewandelt haben

  • - von den Infektionskrankheiten zu chronischen Krankheiten

  • - von körperlichen Krankheiten hin zu psychischen Auffäligkeiten & Entwicklungsstörungen

  • -  unter den psychischen Beeinträchtigungen dominieren v. a.: - Störungen des Sozialverhaltens - emotionale Störungen wie Angst- und depressive Störungen - ADHS

  • -  Sozialmedizinisch relevante körperliche Krankheiten sind bei Kindern u. a. - Asthma

    - Neurodermitis

    - Adipositas

  • -  Chronische Krankheiten im Kindes- und Jugendalter

    - bedrohen Lebensqualität und Teilhabe in der aktuellen Lebensphase &

    - „altern mit” → können später die Erwerbsfähigkeit einschränken

  • -  KiJu-Reha deshalb wichtiger Bereich im medizinischen Versorgungssystem

    • -  Aufgabe: Teilhabe von chronisch kranken KiJU am gesellschaftlichen Leben & ihre Autonomie fördern

    • -  z. B. Regel-Kindertagesstätte bzw. Regelschule besuchen, Freundschaften schließen und an

      Freizeitaktivitäten teilnehmen, wie es Kinder ohne Behinderung auch können


Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)


etwa ____% erhalten die Diagnose ADHS

bezeichnet ein auffälliges störendes Verhalten, das durch ... gekennzeichnet ist

Worüber ist man sich hinsichtlich der Störung einig, was wird kontrovers diskutiert?


Welche Störungsbilder und Charakeristika umfasst ADHS lt. ICD-10?

- etwa 5 % erhalten die Diagnose ADHS - bezeichnet ein auffälliges störendes Verhalten, das durch ... gekennzeichnet ist

- Unaufmerksamkeit - motorische Unruhe und - Impulsivität

- ADHS-Spektrum zählt zu den häufigsten psychischen Auffälligkeiten im KiJu - nach Störungen des Sozialverhaltens - sowie emotionalen Problemen wie Ängsten und Depressionen

- Einigkeit besteht darin, dass die Symptome ein Massenphänomen unter heute Aufwachsenden sind - kontrovers: Konstruktion als Krankheit/Störung, die Ursachenzuschreibung & Therapie


„Struwwelpeter”

- populärste Darstellung ADHS: Bilderbuch „Struwwelpeter“ (Zappelphilipp, der böse Friederich, Suppenkasper) - vom Arzt Heinrich Hoffman gestaltet, 1844 - als Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn - kommt in seiner Phänomenologie dem heutigen Störungsbild des ADHS nahe

- wird oft als Synonym für dieses verwendet - Verhalten des Jungen Philipp:„er gaukelt und schaukelt, trappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her“

- besitzt jedoch eher den Charakter der Unartigkeit - erst seit dem 19. Jh. wird hyperaktives, unaufmerksames und impulsives Verhalten als Krankheit gedeutet

- Störungskonzept wurde immer wieder verändert - erschien in den 1980er-Jahren im damaligen DSM III - unter dem noch heute verwendeten Begriff „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“


ICD-10

- Kapitel F90: hyperkinetische Störungen

- 4 Störungsbilder

- einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F90.0) - hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens (F90.1) - sonstige hyperkinetische Störungen (F90.8) - nicht näher bezeichnete hyperkinetische Störung (F90.9)

- Charakterisierung: - früher Beginn, meist in den ersten fünf Lebensjahren - mangelhafte Ausdauer bei Beschäftigungen mit kognitivem Einsatz - sprunghafter Wechsel von einer Tätigkeit in eine andere, ohne etwas zu Ende zu bringen

- überschießende Aktivität, die vom Kind nicht reguliert werden kann und desorganisiert wirkt

- unachtsame und impulsive Verhaltensweisen, die sich in einer Neigung zu Unfällen äußert - Diagnose von ADHS durch Aufsummieren von beobachteten Verhaltensabweichungen (Expertenkonsens)




Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

Ursachen von ADHS werden kontrovers diskutiert. Welche Modelle und Hypothesen gibt es?


Neurobiologisches Modell (Döpfner et al. 2000)

- aktuelles Ätiologiemodell: neurobiologisches Defizit im Zentrum - Störungen im Neurotransmitterstoffwechsel (Dopamin u. a.) durch...

- erblich-genetische biologische Schäden (sehr relevant)

- während der Schwangerschaft & unter der Geburt erworbene biologische Schäden (weniger relevant) - → Ausbildung pathologischer neuronaler Netzwerke

  • -  daraus ergeben sich neuropsychologische Fehlfunktionen:

  • -  Störung von Selbstregulation, Flexibilität im Denken, Reaktionshemmung, Planen und Organisieren von

    Verhalten

  • -  diese führen wiederum zu den bekannten Verhaltensauffälligkeiten

    - psychosoziale Faktoren werden nicht als ursächlich angesehen - Modell schreibt ihnen lediglich einen Einfluss auf Schweregrad und Aufrechterhaltung zu

    Kritik

    - Krankheitsmodell ignoriert die neueren Ergebnisse der Hirnforschung - → nutzungsabhängige Entwicklung des Gehirns! - → Bildung neuronaler Netzwerke wird im Gehirn nicht von „autonomen“ Genen gesteuert - → stattdessen ist es abhängig von wiederholter Aktivierung & Nutzung


  1. Psychosoziale Erklärungsansätze

    Hüther (2006): entwicklungsneurobiologisches Modell

    • -  verbindet biologische und psychosoziale Ansätze

    • -  den (nur bei einem Teil der Kinder feststellbaren) neurologischen Befund eines überstark entwickelten

      Dopaminsystems führt er auf psychosozial belastende Erfahrungen der Kinder zurück - Angst, unsichere Bindung, Reizüberflutung, überlastete Eltern usw. - diese Erfahrungen gehen mit übermäßigen Stressreaktionen einher - → wirkt desorganisierend auf die Hirnreifung, so die Annahme

      psychoanalytische Erklärungen

    • -  stützen sich auf zahlreiche retrospektive Fallrekonstruktionen

    • -  erklären das unruhige Verhalten als Folge von verunsichernden frühkindlichen Beziehungserfahrungen

    • -  diese führen zur ungenügenden Ausbildung regulierender (struktureller) Fähigkeiten & zu inneren und

      interpersonellen Konflikten

Schulschwierigkeiten-Hypothese

  • -  mangelnde Passung zwischen individuellen Lernvoraussetzungen und Entwicklungsprozessen und den Anforderungen im Schulsystem

  • -  Morrow et. al. (2012): früh eingeschulte Kinder bekommen im Vergleich zu später eingeschulten häufiger eine ADHS-Diagnose und Medikamente

  • -  andere sehen die betroffenen Kinder mit einem besonderen Temperament ausgestattet, dem die heutigen Lebens- und Lernbedingungen keinen Raum lassen


  1. Evidenz

    - psychosoziale Erklärung durch sozialepidemiologische Befunde gestützt:

    • -  Störung kommt wesentlich häufiger bei Kindern aus sozial benachteiligten und Ein-Eltern-Familien vor

    • -  Ausbleiben substantieller Ergebnisse bei der Suche nach „Krankheitsgenen“ (im Sinne ursächlich

      wirksamer ererbter „Webfehler“ in der DNA-Struktur) - Umweltbelastungen

    • -  sollten als Ursache nicht übersehen werden

    • -  empirische Evidenz dafür, dass die Exposition gegenüber Umweltschadstoffen (PCBs, Blei u. a.) mit

      neurobiologischen Dysfunktionen und ADHS-typischem Verhalten assoziiert ist

      Fazit: Ursachen

      - heutiger Kenntnisstand: ganz verschiedene Bedingungsgefüge können zu dem auffälligen Verhalten führen - psychosozialen Erklärungsansätze legen eine soziale Prävention nahe

    • -  z. B. positive Bindungserfahrungen ermöglichen

    • -  z. B. schulische Lernbedingungen anders gestalten (kleine Gruppen, Schaffung von Bewegungs- und

      Ruheräumen)

    • -  z. B. Eltern mehr Zeit zur Verfügung stellen, damit sie ihre Kinder in der Sozialisation begleiten können


Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)


Nennen Sie die Biopsychosoziale Problembereiche bei ADHS und jeweils einige Beispiele.



  • das störende Verhalten der KiJu wirkt sich belastend auf ihre sozialen Beziehungen aus (in Familie, Schule, Peers usw.)

  • -  Störungen im Beziehungssystem verstärken/verursachen das störende Verhalten

  • -  Tabelle 7.1 zeigt die (bio-) psychosozialen Problembereiche im Überblick



  1. Schulischer und vorschulpädagogischer Bereich

    - im schulischen und vorschulpädagogischen Bereich ist häufig die Fähigkeit beeinträchtigt... - sich in die Gruppen zu integrieren - Regeln zu akzeptieren und - Aufforderungen zu folgen

    - bei den Peers werden die Kinder darum oft abgelehnt und isoliert - Leistungsvermögen kann meist nicht voll ausgeschöpft werden

    - → schlechtere Schulleistungen & Schulversagen führt - Risiko, Klassen zu wiederholen oder in Sonderschulen abgeschoben zu werden, ist erhöht.

    ADHS-belasteter familiärer Alltag

    - ständige Konflikte um Hausaufgaben, das tägliche Anziehen, Tischdecken und Ähnliches - Jugendalter: Häufung von internalisierten Probleme & delinquentem Verhalten - In Beziehungen zu Erwachsenen wird ein distanzloses Verhalten deutlich

    • -  Kinder erfordern durch ihre ungerichtete Getriebenheit fast permanente Aufmerksamkeit

    • -  Kinder dadurch auch oft von Erwachsenen abgelehnt

    • -  → negative Spirale: Ablehnung drängt Kind dazu, noch mehr Aktivität in die Suche nach Kontakt zu

      investieren, was weiter in die Ablehnung und Isolierung führt

  1. Geschwister/Mütter von Kindern mit ADHS

    - bei Geschwistern von Kindern mit ADHS treten häufiger emotionale und Verhaltensstörungen auf - Mütter von Kindern mit ADHS

    - erleben größeren Stress im Beziehungsalltag - sind häufiger psychisch belastet

  2. - berichteten häufiger über Selbstschuldzuweisungen & einem geringeren Selbstwertgefühl - erleben häufig soziale Isolation - → erhöhter Stress und emotionale Belastung wirken sich auf die Partnerschaft/Ehe aus


Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

Welche Bausteine umfasst die ADHS-Therapie?

- Leitlinien orientierte Behandlung von ADHS - multimodular aufgebaut - umfasst folgende Bausteine:

- Psychoedukation (Eltern, Erzieher, Kinder/Jugendliche) - Verhaltenstherapie (Elterntraining, Psychotherapie des Kindes, schulbezogene Interventionen) - Pharmakotherapie


Pharmakotherapie

  • -  v.a. Methylphenidat eingesetzt (aus der Gruppe der Psychostimulantien)

  • -  seit 2004 auch Atomoxetin (Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer)

  • -  Verordnung von Methylphenidat ist in den letzten Jahren drastisch gestiegen (wie Psychopharmaka bei KiJu

    allgemein)

  • -  Schätzungen auf der Basis von Krankenkassendaten: 2011 erhielten etwa...

    - 10% aller Jungen - 3,5% aller Mädchen mindestens einmal Methylphenidat - 50 % der KiJu mit einer ADHS-Diagnose werden mit Psychostimulantien behandelt

  • -  Nebenwirkungen: - Schlafstörungen

    - Appetitminderung - Ängstlichkeit - Müdigkeit - Magenbeschwerden - Erbrechen

    - Kopfschmerzen

    - Schwindel

  • -  langfristige Folgen sind ungewiss, da die Langzeitwirkungen nicht hinreichend erforscht sind

    Psychoedukation

    - Psychoedukation der Eltern als Basis aller nachfolgenden Interventionen - wird immer durchgeführt - Aufklärung & Beratung der Erzieher oder Lehrer empfehlenswert

    - Inhalte der PE:

    - Aspekte der Symptomatik & Ätiologie, Verlauf & Behandlungsmöglichkeiten - Beratung dazu, wie konkrete häusliche/schulische Problemsituationen bewältigt werden können

    - z. B. wie Tagesabläufe in Familie/Schule strukturiert werden können

- z. B. wie man angemessene Grenzen setzt - z. B. wie man Anforderungen an das Kind formuliert - z. B. wie man in unterschiedlichen Situationen adäquat auf das Verhalten des Kindes reagiert

- Ab dem Schulalter sollte auch eine altersangemessene Psychoedukation des Kindes erfolgen Verhaltenstherapie

Hier unterscheidet man - familienbezogene Interventionen (Elterntrainings) - Kita- und schulbezogene Interventionen - kindzentrierte Interventionen (Psychotherapie der Kinder und Jugendlichen)

Elterntraining sowie Interventionen in der Familie

  • -  Familienmitglieder müssen dafür kooperationsbereit sein

  • -  mittels VT Techniken soll das auffällige Verhalten vermindert werden:

1. 2.

3.

Situationen identifizieren, in denen bestimmte Verhaltensweisen des Kindes auftreten

Verhaltensanalysen dieser Situationen - Erziehungsverhalten der Eltern wird betrachtet - angemessener Umgang mit positiven und negativen Konsequenzen eingeschätzt - fehlende oder unklare Familienregeln thematisieren

Eltern anleiten /Üben

  • -  Anforderungen & Grenzsetzungen auf wirkungsvolle Weise äußern

  • -  wird in spezifischen Situationen eingeübt

  • -  Token-Systeme, um angemessenes Verhalten durch die Vergabe von Verstärkern zu festigen bzw.

    unangemessenes Verhalten durch Entzug von Verstärkern zu verringern

  • -  Technik der Auszeit als ein häufig verwendetes Mittel

  • -  bei Jugendlichen therapeutische Verträge (statt Token-Systeme) und Selbstmanagement-Techniken

  • -  analog sind auch die Interventionen in Kindergarten und Schule aufgebaut

  • -  bei Beziehungsstörungen werden auch familientherapeutische Maßnahmen empfohlen (z. B. systemische

    Therapie).

    Verhaltenstherapie des Kindes/Jugendlichen bei ADHS

    - am häufigsten angewendete Psychotherapie: KVT - Wissen vermitteln

    - Motivation aufbauen - Selbstinstruktions- und Selbstmanagementkompetenzen trainieren

  • -  Motivationsstrategien stehen am Anfang jeder Behandlung - denn Kindern mit ADHS fällt es oft schwer, den Leidensdruck unter ihren Symptomen in

    Behandlungsmotivation umzusetzen

  • -  ähnlich wie seine Bezugspersonen wird das Kind über die Störung informiert (z. B. Einsatz von Geschichten:

    „Wackelpeter & Trotzkopf“)

  • -  Selbstinstruktionstrainings

    - Fähigkeiten werden erlernt, die helfen, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle aufrecht zu erhalten

  • -  Handlungsplanung soll dem Kind eine bessere Verhaltenssteuerung ermöglichen: Therapeut als Modell

    - macht vor, wie man am besten mit Schwierigkeiten umgeht - anhand von spielerischen Aufgaben wie Labyrinthen oder Puzzles - hierbei wird geübt, Handlungsabläufe zu planen und zu strukturieren

    - Schwierigkeiten zu erkennen - Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, abzuwägen und zu überprüfen - Lösungen auf Richtigkeit zu kontrollieren usw. - die gewonnenen Fertigkeiten sollen dann auf andere Aufgaben übertragen werden

  • -  für jüngere Kinder (3–6 Jahre) gilt Spieltraining als angemessene Methode, um die Fähigkeit auszubauen, zu spielen bzw. sich konzentriert und ausdauernd zu beschäftigen


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Mareike F.

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