Aus lernpsychologischer Perspektive werden als grundlegengste Dispositionen, die einerseits durch Lernprozesse veränderlich sind und andererseits Lernprozesse beeinflussen, folgende Bereiche unterschieden:
• Lerntheorien sind historisch gewachsen. Ausgangspunkt sind vor allem behavioristisch- theoretische Annahmen, die seit Ende des 19. Jhd. untersucht werden.
• Seit Mitte des 20. Jhd. kognitive Wende (vor allem durch Bandura und Chomsky).
Radikaler Konstruktivismus
-Wahrnehmung = Konstruktion und Interpretation; Objektivität und subjektunabhängiges Denken und Verstehen sind unmöglich; „Die Umwelt, so wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung“
-Jedem Subjekt ist nur die eigene Realität zugänglich
-Erkenntnis betrifft nicht objektive Wirklichkeit, sondern ausschließlich die Ordnung und Organisation von Erfahrungen in der Welt unseres Erlebens
-Kognition besteht nicht in der Abbildung einer objektiven Realität, sondern in der Bildung Passender (funktionsfähiger) Verhaltensweisen
Kompetenzentwicklung als Folge von Lernprozessen
• Kompetenzen sind primär als ein Ergebnis von Lernprozessen zu verstehen; Kompetenzentwicklungen resultieren aus Arbeits- und Lernprozessen.
• Im Grunde ist die Kompetenzentwicklung als ein lebenslanger Prozess (vgl. die Annahmen der NEPS-Studie: Weinert et al., 2011), der nach Weinert (2008, S. 90) sogar vorgeburtlich initialisiert werden kann, zu verstehen.
• Aus einer Verschränkung didaktischer und kompetenzorientierter Überlegungen resultieren etwaige Entwicklungen primär aus (non-)formalen Lernprozessen vor allem aus der Abstimmung zwischen Curriculum und Intervention (vgl. Annahmen der Curriculum- Instruction-Triad: Pellegrino, 2010 & VL 9).
• Aber auch informelle Lerngelegenheiten können einen Einfluss auf die Kompetenzentwicklung habe
Befunde zur Kompetenzentwicklung in der beruflichen Bildung
• Nur wenige Studien der beruflichen Bildung analysieren die Entwicklung von Kompetenzen.
• Bisher stärker systemische Perspektive auf die Entwicklung domänenspezifischer Kompetenzen.
• Es dominieren kognitionspsychologische Perspektiven; motivationale Dispositionen oder Einzelaspekte der betrieblichen Ausbildungsqualität werden lediglich partiell kontrolliert.
• Z. B. Intelligenz kann mit mittlerer Effektstärke (ca. p=.3) Leistungen in Kompetenztests (z.B. Abele, 2014; Michaelis, 2017; Nickolaus, 2008; 2011), aber keine Entwicklungen vorhersagen (Abele, 2014; Michaelis, 2017).
• Einstellungen haben einen Einfluss (p.= .2) auf die Entwicklung der Kompetenz, nachhaltig zu wirtschaften (Michaelis, 2017).
• Bis heute fehlt es an belastbaren Befunden zum Einfluss der Qualität von LLAs auf die Kompetenzentwicklung.
• Herausforderung : Analysen erfordern randomisierte Interventions- und Kontrollstudiendesigns.
(Betriebliche) Lernkultur: Definition und Begriffsbestimmung
Kultur im engeren Sinne als die ideelle Bewusstseinssicherung durch „Bebauung“ oder „Pflege“ des Geistes (lat. Colare = pflegen, bebauen). Kultur kann auch als materielle Daseinssicherung verstanden werden.
In der Kulturanthropologie bezeichnet Kultur die Anpassung des Menschen an die materielle Umwelt, d.h. die Entwicklung adaptiver Lebens- und Bewusstseinsformen.
Schmidt (1994, S. 243) versteht Kultur als „historisch und sozial veränderliche Mannigfaltigkeit selbstorganisierter ‚Programme’ für die Erzeugung einer komplexen, nicht voraussagbaren Menge kultureller Aktivitäten durch seine Anwender, die von anderen als zu dieser Kultur gehörig identifiziert und akzeptiert werden“ (zitiert nach Friebe, 2005, S. 15).
• Kultur als normatives Ordnungs- und Steuerungssystem, welches dem Individuum erleichtern soll, sich kognitiv und verhaltensbezogen in einer sozial und materiell komplexen Welt zurecht zu finden.
Bedingungen einer betrieblichen Lernkultur
• Angebotsseite: Stellenwert des Lernens im Unternehmen und Unterstützung einer lernfähigen und potenzialorientierten Kultur
• Nachfrageseite: Nutzung von Lernpotentialen durch die Mitarbeiter
• Checkliste nach Sonntag (1996):
– Entwicklungs- und lernorientierte Leitbilder
– Lernoberfläche des Unternehmens (lernförderliche Kontakte zur Umwelt)
– Lernen als integraler Bestandteil der Unternehmensplanung
– Partizipation aller Organisationsmitglieder am Lernprozess
– Einbindung des Lernens in die Karriereplanung
– Lern- und Entwicklungspotenziale in der Arbeit (Arbeitstätigkeit wird zur Lerntätigkeit)
– Lernen im Unternehmen als Forschungsgegenstand und interdisziplinärer Dialog.
Traditionelle Lernkultur vs. Neue Lernkultur
Studie von Friebe (N=222, hauptsächlich aus Produktions- und Dienstleistungssektor) zeigt auf, dass Lernkulturmerkmale in komplexen Regressionsanalysen (auch unter Berücksichtigung von Interaktionen) nur vereinzelt und mit schwachen bis mittleren Effektstärken Einfluss auf die Kompetenzen (Fach-/Methoden-, Selbst- & Sozialkompetenz) von Mitarbeitern haben:
• Deutlichster Effekt durch externe Lernkontakte des Unternehmens (ein offener Wissensaustausch mit dem Unternehmensumfeld) auf die Varianzaufklärung der Gesamtkompetenz, der Fach- /Methodenkompetenz und der Sozialkompetenz.
• Auf Ebene der Gesamtkompetenz erweist sich ebenfalls die lernorientierte Führungsarbeit als bedeutsam.
• Die Selbstkompetenz wird lediglich durch die normative Verankerung von Lernen in Form einer lernorientierten Führungsphilosophie determiniert.
• Entgegen der Lernkulturmerkmale weisen Aufgabenmerkmale eine engere Beziehung zu den Kompetenzskalen auf (Begründung: Kontinuierliche Konfrontation mit Arbeitsaufgaben und somit nähere Verbindung)
Last changed2 years ago