Was ist ein Bildungssystem?
Gefüge aller Bildungsinstitutionen in einem Staat
- Frühkindliche Bildung
- Primarschulen
- Sekundarschulen
- Tertiäre Bildung - Hochschulen
- Berufliche Bildung (in Betrieben oder Schulen) - Fachhochschulen
- Weiter- & Erwachsenenbildung
Wie unterscheiden sich Bildungssysteme?
1) „enrollment“ (Immatrikulationsquoten / Bildungsexpansion)
2) Bildungsausgaben
3) Bildungsorganisation („governance“)
Wo zeitlich frühere Bildungsexpansion?
in „westlichen“ Ländern (Europa, Nordamerika, Japan)
Wo zeitlich frühere Hochschulexpansion?
USA, gefolgt von Nordeuropa (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden)
Wo gibt es v.a. berufliche Bildung und wo duale Bildung?
Berufliche Bildung in Kontinentaleuropa
Duale Ausbildung in DK, AUT, CH, NLD
Vorteile von Bildungsausgaben
Einfach zu vergleichender Indikator
Daten verfügbar (z.B. OECD, Weltbank, Unesco)
Nachteile von Bildungsausgaben
Was sagen Ausgaben alleine aus?
Ausgaben steigen & sinken aus verschiedenen Gründen
Höhere Ausgaben = bessere Bildung?
These von Arnold Heidenhamer zu Bildungs- und Sozialausgaben
Angelsächsische „liberale“ Wohlfahrtsstaaten (USA, England, Australien und Kanada) = Bildung > Sozialpolitik
Kontinentaleuropäische „konservative“ WFS = Bildung < Sozialpolitik
Skandinavische „sozialdemokratische“ WFS (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden) = Bildung UND Sozialpolitik
Öffentliche Bildungsausgaben sind überall … als private Bildungsausgaben.
Wo sind vor allem private Bildungsausgaben?
Frühkindliche Bildung
Tertiärer Bereich
Fast alle Länder geben … Geld für Renten als für Bildung aus.
Wie ist Bildung organisiert und gesteuert?
„School tracking“ („Schulzweig-Zuordnung“)
Privatisierung
Zuständigkeiten in Mehrebenensysteme (Dezentralisierung & Schulautonomie)
Was ist school tracking?
Schüler*innen werden unterschiedlichen Bildungsgängen zugeordnet
Warum ist Scholl Tracking wichtig?
Beeinflusst Chancengleichheit & Ungleichheit
je frühere das tracking, desto größer der Einfluss des Elternhauses -> Persistenz von Bildungsungleichheit
Was ist Privatisierung?
Bereitstellung von Bildung durch den privaten statt des öffentlichen Sektors
Warum ist Privatisierung wichtig?
ähnliche Effekte wie tracking (Segmentierung der Schüler*innen, i.d.R. nach Hintergrund der Eltern) -> Bildungsungleichheit
Was sind Zuständigkeiten im Mehrebenensystem?
nationale Ebene + substaatliche Ebenen (z.B. Länder,Kommunen, Schulbezirke) + supranationale Ebenen (z.B. EU)
Was ist Dezentralisierung?
Macht wird auf substaatliche Ebenen übertragen (z.B. Staat -> Land; Land -> Kommune; Staat -> Schulen)
Was ist Föderalismus?
Eigenständigkeit der substaatliche Ebene
in der Verfassung verankerte Dezentralisierung (i.d.R. zu Regionen)
Was ist Schulautonomie?
Selbst-Steuerung der Schulen
Warum sind Zuständigkeiten im Mehrebenensystem wichtig?
um zu verstehen, wer entscheidet! (BRD z.B.: 16 Bildungssysteme?)
wichtige Konsequenzen z.B. auf Bildungsungleichheit, -qualität, Gehälter
Wo gibt es vor allem private Hochschulen?
angelsächsischen Ländern & Lateinamerika
Wie sieht das Enrollment in Deutschland aus?
Primar- und Sekundarschulen („Schulpflicht“) universell
Fokus auf berufliche Bildung, aktuelle Verschiebung Richtung Akademisierung
Wie sehen die Bildungsausgaben in Deutschland aus?
Dominanz öffentlicher Ausgaben, kaum private (Ausnahme: Berufliche Bildung)
Im internat. Vergleich geringe Ausgaben (insb. Tertiärbereich); aber ansteigend
Sozialpolitikausgaben > Bildungsausgaben
Warum unterscheiden sich Bildungssysteme?
Sozio-ökonomische Faktoren
Politische Akteure
Lehrergewerkschaften
Institutionen
Was sind direkte Effekte von Demografie (= Analyse der Bevölkerungsentwicklung)?
Anzahl der Schüler*innen („demand“)
Anzahl von Erwerbstätigen („supply“)
Was ist Wagners Law These?
These: Gewisses Niveau an Staatskapazität notwendig für öffentliche Bereitstellung von Bildung
Wirtschaftlicher Wohlstand -> höhere Regierungskapazität (z.B über Steuern) -> z.B. höhere Bildungsausgaben
Gleichung von Jacob Mincer
„Einkommensgleichung“: Bildung -> Einkommen
Theorie von Robert Barro
endogene Wachstumstheorie: Länder mit mehr Bildung -> mehr Wachstum
Direkte Effekte des technologischen Wandels
veränderte Anforderungen an Bildung und Skills von Arbeitern (zunächst Sekundarschulen, dann berufliche + akademische Bildung)
Indirekte Effekte technologischen Wandels
Parteienlandschaft und Gewerkschaften
Dimensionen der Globalisierung
Ökonomisch: Handel, Finanzen, Migration
Sozial-kulturell: Transfer von Kulturgütern (z.B. Netflix, Hollywood)
Politisch: Verschiebung von Macht (z.B. EU)
Effizienztheorie
Globalisierung -> Firmen mobiler -> Steuerwettbewerb -> Staaten müssen (Bildungs-)Ausgaben senken
Kompensionstheorie
Globalisierung -> Unsicherheit bei Bevölkerung -> Nachfrage nach Kompensation -> Staaten erhöhen (Bildungs-)Ausgaben
Frauen profitieren als…
Lernende -> Heute sogar Umkehrung der früheren Geschlechter- Bildungsungleichheit
Mütter -> insbesondere frühkindliche Bildung
Arbeitnehmerinnen
Parteiendifferenztheorie
Parteien haben unterschiedliche Ideologien und unterschiedliche Wählerschaften -> unterschiedliche (Bildungs-)politik
Effekte linker Parteien auf Bildungssysteme
Frühkindliche Bildung:
- höhere Ausgaben im internationalen Vergleich und im Bundesländervergleich
- höhere Kita-Gebühren für reichere Eltern in deutschen Kommunen
Schulen:
- späteres Tracking, mehr Gesamtschulen
- mehr schulische Berufsbildung
Hochschulen:
- mehr finanzielle Unterstützung für Studierende, vor allem aus einkommensschwächeren Familien
- geringere Studiengebühren
- höhere Bildungsausgaben auf regionaler Ebene
Was sind Arbeitgeberverbände
Interessenvertretung der Arbeitgeber
Was sind Gewerkschaften?
Interessenvertretung der Arbeitnehmer*innen
Korporatismus
beeinflusst Bildungssysteme, insb. Ausbildung
duale Ausbildungssysteme nur in Ländern, wo Regierungen, Gewerkschaften & Arbeitgeber kooperieren („Korporatismus“)
-> Arbeitgeber verpflichten sich zur Ausbildung
-> Gewerkschaften verzichten auf hohe Lohnforderungen
-> Staat reguliert & standardisiert Prüfungen
Für was setzen sich Lehrergewerkschaften ein?
-> für Gesamt-/Gemeinschaftsschulen
-> für ähnlichere Gehälter
-> eher linken Parteien nah
-> für mehrgliedriges Schulsystem
-> für Stafflung von Lehrerbesoldung
-> eher Mitte-rechts Parteien nah Lehrgewerkschaften mächtiger, wenn mehr „Veto-Punkte“
PISA Schock
Die PISA-Studie 2001 untersuchte (alle 3 Jahre) im internationalen Vergleich die schulischen Kenntnisse (Mathe, Lesen, Naturwissenschaften) von 15-Jährigen. Die Leistungen der deutschen Schüler lagen im unteren Drittel.
Bildung hat positive gesellschaftliche Effekte auf
Individualebene
Länderebene
Auf Individualebene:
-> höhere Löhne
-> bessere Arbeitsbedingungen, geringere Arbeitslosigkeit (insb. duale Ausbildung -> geringe Jugendarbeitslosigkeit)
-> mehr politische Partizipation & Engagement -> trägt zu sozialem Aufstieg bei
-> höhere Lebenserwartung
Auf Länderebene:
-> mehr Wachstum -> gesellschaftlicher Zusammenhalt
-> stabilere Demokratien
Zielkonflikte von Bildung
Starke duale Ausbildung
+ niedrige Jugendarbeitslosigkeit
+ niedrigere Lohnungleichheit
+ „diversified quality production“ (Wolfgang Streeck)
- höhere Bildungsungleichheit
- höhere Geschlechterungleichheit
- anfälliger für Probleme durch Deindustrialisierung
Niedrige Studiengebühren
+ weniger Verschuldung
+ geringere Hürden für Kinder aus einkommens- schwächeren & bildungsferneren Schichten
+ geringere Bildungsungleichheit
- weniger Geld im Hochschulsystem - höhere Steuern
- ggf. „negative Umverteilung“
Können wir mit Bildung allein alle sozialen Probleme adressieren?
Nein. Bildung = zahlreiche positive Eigenschaften & Effekte, aber immer Zielkonflikte.
-> Es gibt kein „perfektes Bildungssystem“, keine „perfekte Bildungspolitik“ -> Es kommt darauf an, was „maximiert“ werden soll.
-> Keine wissenschaftliche, sondern normative Frage.
-> Es bleibt immer politisch!
De-Kommodifizierung:
wie leicht ist es für Individuen einen sozial-akzeptierten Lebensstandard unabhängig vom Market zu erreichen
Stratifizierung
Art & Weise wie Staat Ungleichheiten erzeugt
Ausbildungssystem in koordinierter Marktwirtschaft (z.B.DE)
(Duale) Ausbildung, geringere Akademisierung -> spezifische Skills
Vorteil: „diversified quality production“ (W. Streeck), inkrementelle Innovation
Ausbildungssystem in liberaler Marktwirtschaft (z.B. USA9
kaum berufliche Bildung („on the job training“); stattdessen: akademische Bildung
generelle Skills
Vorteil: radikale Innovation
=> Marktmechanismen über Bildung & Löhne
Arbeitsbeziehungen in koordinierter Marktwirtschaft (z.B DE)
Starke Gewerkschaften, starke Arbeitgeber(verbände) -> Kooperation
Lohnaushandlung: oberhalb der Unternehmensebene (Sektor oder Nation)
Betriebliche Mitbestimmung (z.B. Betriebsrat) -> soziale & personelle Entscheide
Unternehmensmitbestimmung (z.B. Aufsichtsrat) -> wirtschaftliche & unternehmerische Entscheide
Kündigungsschutz, langfristige Beschäftigung -> kurzfristige Anpassung schwierig, aber Anreize für spezifische Skills
Arbeitsbeziehung in liberaler Marktwirtschaft (z.B.USA)
Schwache Gewerkschaften, starke Arbeitgeber -> Markt
Lohnaushandlung: auf Unternehmensebene
Keine betriebliche Mitbestimmung, keine Unternehmensmitbestimmung
Top-down management
Hire-and-fire -> kurzfristige Anpassungen & Innovationen möglich, aber geringe Anreize für spezifische Skills
Finanzsystem (Corporate Governance) in koordinierter Marktwirtschaft (z.B. DE)
Geld: „Geduldiges Kapital“ (Hausbanken), langfristige Beziehungen zwischen Banken & Unternehmen
Stakeholder capitalism
Finanzsystem (Corporate Governance) in liberaler Marktwirtschaft
Geld: Kapitalmärkte, Streubesitz
Shareholder capitalism (Unternehmen vom Kapitalmarkt unter starken Druck gesetzt werden, die Rentabilität des eingesetzten Kapitals zu maximieren)
Sozialsystem in koordinierter Marktwirtschaft (z.B. DE)
Hohe soziale Sicherung (durch Sozialpolitik & Kündigungsschutz) -> Dekommodifizierung
Anreize für spezifische Skills
Sozialsystem in liberaler Marktwirtschaft (z.B. USA)
Niedrige soziale Sicherung -> Kommodifizierung
Anreize für generelle Skills
Unter welchen Bedingungen sind Arbeitnehmer*innen & Arbeitgeber*innen bereit in spezifische Skills zu investieren?
wenn Investition nicht risikohaft
Sozialpolitik beeinflusst Bildungsentscheidungen
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