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Teil 2 - Kaufvertrag

AB
by Andrea B.

Nennen Sie die spezielle kaufrechtliche Vorschrift, in der geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen der Käufer im Falle eines behebbaren Mangels auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 323 II BGB vom Vertrag zurücktreten kann, ohne dem Verkäufer vorher eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Erläutern Sie diese Vorausssetzungen.


Rücktritt bei behebbaren Mängeln

Der Rücktritt setzt nach § 323 BGB voraus, dass der Schuldner bei einem gegenseitigen Vertrag eine fällige Leistung nicht (§ 323 I Var. 1 BGB) oder nicht vertragsgemäß (§ 323 I Var. 2 BGB) erbracht hat.

Diese Voraussetzungen sind im Falle des § 437 BGB notwendig gegeben, weil es sich beim Kaufvertrag um einen gegenseitigen Vertrag handelt und die Lieferung einer mit einem Mangel behafteten Sache eine nicht vertragsgemäße Leistung i.S.d. § 323 I Var. 2 BGB darstellt.


Fristsetzung

Nach § 323 I BGB muss der Käufer dem Verkäufer im Falle der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen, bevor er zum Rückritt berechtigt ist. Grundsätzlich gilt als Faustformel eine Frist von 10 bis 14 Tagen als angemessen.


Entbehrlichkeit der Fristsetzung

Auf das Erfordernis der vorherigen Fristsetzung kann verzichtet werden, wenn die Voraussetzungen des § 323 II Nr. 1 bis 3 BGB vorliegen. Zu nennen ist hier insbesondere die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung gem. § 323 II Nr. 1 BGB, an deren Vorliegen die Rechtsprechung strenge Anfoderungen stellt. Das bloße Bestreiten des Mangels genügt nicht, sondern der Schuldner (hier: Verkäufer) muss unmissverständlich und deutlich zum Ausdruck bringen, dass er seine vertraglichen Pflichten unter keinen Umständen nachkommen werde.


Nennen Sie die spezielle kaufrechtliche Vorschrift, in der geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen der Käufer im Falle eines behebbaren Mangels auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 323 II BGB vom Vertrag zurücktreten kann, ohne dem Verkäufer vorher eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Erläutern Sie diese Vorausssetzungen.

Hier: Fälle des § 440 BGB

§ 440 BGB formuliert zusätzliche Fälle, in denen speziell in Bezug auf den kaufrechtlichen Nacherfüllungsanspruch eine Fristsetzung entbehrlich sein kann. Insoweit tritt § 440 BGB ergänzend neben die bereits aus dem allgemeinen Schuldrecht bekannten Fälle der Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 II Nr. 1 bis 3 BGB:

  • Nach § 440 S. 1 Var. 1 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung zu Recht gemäß § 439 IV BGB verweigert (absolute Unverhältnismäßigkeit).

  • Nach § 440 S. 1 Var. 2 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist.

    • Die Nachbesserung gilt gem. § 440 S. 2 BGB i.d.R. nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen.

    • Für die Nachlieferung kann dagegen schon der erste erfolglose Versuch als Fehlschlag indizieren, wenn die erneute Lieferung einer mangelhaften Sache den Schluss zulässt, dass alle für die Ersatzlieferung in Betracht kommenden Sahen denselben Mangel aufweisen.

  • Nach § 440 S. 1 Var. 3 BGB ist die Frist dann entbehrlich, wenn die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Abhilfe mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Käufer verbunden ist (z.B. arglistige Täuschung durch Verkäufer).


Dem Käufer wurde eine mangelhafte Sache geliefert. Nennen Sie die richtige Anspruchgrundlage für einen Anspruch des Käufers auf Schadenersatz statt der Leistung für den Fall, dass

a) der Sache ein behebbarer Schaden anlastet,

b) nach Vertragsschluss ein nicht behebbarer Mangel aufgetreten ist,

c) schon bei Vertragsschluss ein nicht behebbarer Mangel vorliegt.


  • a) Ist der Mangel der Kaufsache behebbar, der Anspruch auf Nacherfüllung also weder gem. § 275 I BGB unmöglich noch mit einem Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers gem. §§ 275 II BGB behaftet, kann der Käufer für den Fall, dass die Nacherfüllung gleichwohl ausbleibt, Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB verlangen.

  • b) Sofern die Unbehebbarkeit des Mangels erst nach Vertragsschluss entsteht, liegt ein Fall der nachträglichen qualitativen Unmöglichkeit vor. Ein Schadenersatzanspruch des Käufers kann sich aus den §§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 283 BGB ergeben. Der Verkäufer haftet in diesem Fall auf Schadenersatz statt der Leistung, wenn er entweder die ursprünglich mangelhafte Lieferung oder den Umstand, der zur Unmöglichkeit der Nacherfüllung (Pflichtverletzung) führt, zu vetreten hat (§ 280 I 2 BGB).

  • c) Hat ein zum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vorliegender Mangel bereits bei Vertragsschluss vorlegen, und war er auch bereits zu diesem Zeitpunkt unbehebbar, liegt ein Fall der anfänglichen qualitativen Unmöglichkeit vor. In Betracht kommt in diesem Fall ein Schadenersatzanspruch des Käufers aus §§ 437 Nr. 3, 311a II BGB. Der Verkäufer schuldet Schadenersatz, wenn er den Mangel (bzw. die Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung durch Nacherfüllung) bei Vertragsschluss gekannt oder aufgrund von Fahrlässigkeit nicht gekannt hat (§ 311a II 2 BGB).


Was ist unter dem “kleinen” bzw. dem “großen” Schadenersatzanspruch zu verstehen?


Kleiner Schadenersatz

In jedem Fall kann der Käufer den sogenannten kleinen Schadenersatz verlangen. Bei dieser für den Verkäufer weniger belastenden Alternative behält der Käufer die mangelhafte Sache und verlangt im Übrigen, so gestellt zu werden, als ob der Mangel beseitigt worden wäre. Zu ersetzen ist danah die Wertdifferenz zwischen dem Marktwert der mangelhaften Sache und dem Marktwert der Sache in mangelfreiem Zustand, was je nach Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu ähnlichen Ergebnissen wie eine Minderung führen kann aber nicht muss.


Großer Schadenersatz

Der Käufer kann unter den Voraussetzungen des § 281 I 3 BGB einen Anspruch auf den sog. “großen Schadenersatz” zu (“Schadenersatz statt der ganzen Leistung”). Macht der Käufer diesen geltend, kann er die Kaufsache zurückgeben und im Gegenzug Ersatz des Wertes verlangen, welche die ordnungsgemäße Lieferung des Verkäufers für ihn insgesamt gehabt hätte (Wert der Kaufsache im mangelfreien Zustand).

Als Mindestschaden kann er hierbei den Geldbetrag velangen, der seiner bereits geleisteten Kaufpreiszahlung enstpricht. Daneben kann er Ersatz sämtlicher weitere Schäden verlangen, die ihm aufgrund der Nichtdurchführung des Vertrages entstanden sind (z.B. Kosten für eine Ersatzbeschaffung, entgangener Gewinn gem. § 252 BGB). Der Käufer gibt also die erhaltene Leistung zurück und verlangt Geldersatz in Höhe des Gesamtswerts der geschuldeten Leistung.

Erfasst die Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf auch Sachmängel, die bei Gefahrübergang in ihrer konkreten Gestalt noch nicht vorgelegen haben (Grundmängel)? Welche Ansichten werden bzw. wurden hierzu vertreten? Nehmen Sie Stellung und zeichnen Sie die Entwicklung der Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene nach.


Hinsichtlich des Mangels scheint die in § 477 I BGB statuierte Vermutung auf den ersten Blick nicht etwa auf das Vorliegen des Mangels als solchem zu beziehen, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem ein bereits festgestellter Mangel vorgelegen hat.

Entwicklung:

  • BGH hat dem Verbraucher die Beweislastumkehr nah der Vorgängerregel des § 447 I BGB, die noch eine 6-Monatsfrist vorsah, zunächst verweigert. Daraus ergaben sich Zweifel an der Vereinbarkeit der BHG-Auslegung mit den Vorgaben des Art. 5 III VerbrGKRL.

  • 2015 hat EuGH Zweifel bestätigt und legt Art. 5 III VerbrGKRL verbraucherfreundlich aus: Hiernach soll sich die Vermutungswkrung auch darauf erstrecken, dass ein unstreitig innerhalb der Frist aufgetretener Mangel zumindest im Ansatz bei Gefahrüberang in Form eines latenten Mangels vorlag.

  • BHG übernimmt in richtlinienkonformer Auslegung die Vermutung, dass ein binnen 6 Monaten nach Gefahrübergang aufgetretener mangelhafter Zustand zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bereits in Form eines Grundmangels angelegt war.

  • 01.01.2022 Umsetzung der WK-RL erfolgte Verlängerung der Frist von 6 Monaten auf 1 Jahr sollte an dieser Grundaussage nichts ändern.


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Andrea B.

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