Rücktritt wegen nicht oder nicht wie vertraglich vereinbart erbrachter Leistung
§§ 323 ff. BGB
Leistungsstörungen können bei gegenseitigen Verträgen ein Recht zum Rücktritt auslösen.
Rücktrittsrecht = Gestaltungsrecht (~ wie Anfechtung); keine Pflicht; Rücktritt durch Erklärung (§349 BGB)
(einseitige formlose empfangsbedürftige WE —> auslegungsfähig)
Abgrenzung:
Anfechtung —> Nichtigkeit eines Vertrags ex tunc (§142 I BGB)
Rücktritt —> Wirkung ex nunc
Untergang Leistungspflichten / Primäransprüche
Schuldverhältnis —> Rückgewährschuldverhältnis (§ 346 BGB) (Pflichten aus § 241 II BGB wirken fort)
Merke: Ein (gesetzliches) Rücktrittsrecht setzt immer einen Rücktrittsgrund voraus.
Nichtleistung/Schlechtleistung
§ 323 BGB
= Rücktritt wegen Nichtleistung/Schlechtleistung
VSS
Gegenseitiger Vertrag (§ 323 I BGB)
Nichtleistung (bei Fälligkeit u. Möglichkeit) / Schlechtleistung (§ 323 I BGB)
Fristsetzung zur (Nach-) Erfüllung (§ 323 I BGB; vgl. § 281 I 1 BGB) bzw. Entbehrlichkeit (§ 323 II Nr. 1 - 3 BGB; vgl. § 281 II BGB)
Rücktritt bei Teilleistung (Interesse) / Schlechtleistung (Erheblichkeit) (§ 323 V BGB; vgl. SE statt der ganzen Leistung, § 281 I 2, 3 BGB)
Kein Ausschluss (§ 323 VI BGB) (wenn Gläubiger für das Ausbleiben der Leistung selbst (weit überwiegend) verantwortlich oder im Annahmeverzug ist)
Rücktrittserklärung (§ 349 BGB; beachte § 218 I BGB)
Merke: Auch wer vom Vertrag zurückgetreten ist, kann immer noch Schadensersatz (neben und statt der Leistung) nach §§ 280 ff. BGB verlangen, § 325 BGB.
Absolutes/Relatives Fixgeschäft
Konstellation: Nichteinhaltung eines vereinbarten Leistungszeitpunktes / Termins
Regelfall: Fälligkeitszeitpunkt
Leistung nachholbar, Nachfristsetzung für Rücktritt erforderlich
Mahnung entbehrlich für Verzug (§286 II Nr. 1 BGB —> Verzugsschaden)
Sonderfall 1: relatives Fixgeschäft (§323 II Nr.2 BGB)
= Gläubiger nach (!) den Umständen nach dem Termin kein Interesse mehr an der Leistung (z.B. Saisonartikel)
—> Leistung nachholbar, Fristsetzung zum Rücktritt entbehrlich
Sonderfall 2: absolutes Fixgeschäft (§275 I BGB)
= Leistung nicht nachholbar, Unmöglichkeit durch Zeitablauf
—> Anspruch erlischt (§275 I BGB) ebenso Gegenleistungsanspruch (§326 I 1 BGB)
Rücktritt wegen Nebenpflichtverletzung
§ 324 BGB (vgl. § 282 BGB)
Gegenseitiger Vertrag (§ 324 BGB)
Verletzung einer Nebenpflicht (iSv § 241 II BGB), § 324 BGB (- Kein Fristsetzungserfordernis!)
Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag (vgl. § 282 BGB) → setzt idR eine Abmahnung des Schuldners voraus
Bei Teilleistung/Schlechtleistung: § 323 V BGB analog
Rücktrittserklärung (§ 349 BGB)
Daneben bleibt ein Anspruch auf Schadensersatz (neben und statt der Leistung) gem. §§ 280 ff. BGB möglich (§ 325 BGB).
Unmöglichkeit
§ 326 BGB = Schicksal der Gegenleistung bei Unmöglichkeit (§ 275 BGB)
—> Rücktrittsrecht (für Ausnahmefälle) enthalten (§§326 V, 323 BGB)
Grundsatz: Unmöglichkeit —> Untergang (bzw. Nichtentstehen) der Gegenleistung (§326 I 1 BGB) —> Rücktritt nicht erforderlich
—> Rückforderungsanspruch bzgl. des bereits Geleisteten (§§ 326 IV, 346 I BGB)
Ausnahmen
§ 326 I 2 BGB: Unmöglichkeit der Nacherfüllung nach Schlechtleistung
§ 326 II BGB: Gläubiger verantwortlich / im Annahmeverzug, vgl. § 323 VI BGB
§ 326 III BGB: Herausgabeverlangen des „stellvertretenden commodums“
Anspruch auf Gegenleistung besteht noch
Rücktritt gem. § 323 BGB, aber Fristsetzung entbehrlich (vgl. § 283 BGB)
Beachte § 323 V, VI BGB (§ 326 V BGB = Rechtsgrundverweisung)
Rückabwicklung
§ 346 ff. BGB
Rechtsfolgen der (wirksamen) Rücktritts vom Vertrag
Primärleistungsansprüche erlöschen
Wandelung des ursprünglichen Schuldverhältnisses in ein Rückgewährschuldverhältnis (§§ 346 ff. IV BGB —> §§ 280 ff. BGB)
!!: §§ 812 ff. BGB nicht anwendbar, da Wertungen der §§ 346 ff. BGB nicht unterlaufen werden dürfen.
Rückgewähr der empfangenen Leistungen (§ 346 I BGB; = Anspruchsgrundlage)
Herausgabe gezogener Nutzungen (vgl. § 100 BGB, z.B. Zinsen), § 346 I BGB
Wertersatzpflicht (§ 346 II BGB; v.a. bei Unmöglichkeit der Rückgewähr)
Ausnahmsweise keine Wertersatzpflicht (§ 346 III BGB)
Verpflichtung zur Leistung Zug um Zug (§ 348 BGB)
Aufrechnung & Abtretung
-> Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäft?
-> Nenne auch die Defintion!
Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) und Abtretung (§§ 398 ff. BGB) sind – obwohl sie im Schuldrecht geregelt sind – keine (schuldrechtlichen) Verpflichtungsgeschäfte, sondern Verfügungsgeschäfte (bzw. Verfügungen)
Verfügung = jedes Rechtsgeschäft, das auf ein bestehendes Recht unmittelbar einwirkt, indem es dieses Recht überträgt, belastet, ändert oder aufhebt.
neben Aufrechnung (→ Aufhebung) und Abtretung (→ Übertragung) v.a. Übereignung, § 929 S. 1 BGB (→ Übertragung)
Wdh Trennungs- und Abstraktionsprinzip
Verpflichtungsgeschäft vs Verfügungsgeschäft
Aufrechnung
§§ 387 ff. BGB
Ausgangsbeispiel 1:
A schuldet B 500€ aus einem Kaufvertrag (§433 II BGB). B schuldet A ebenfalls 500 € aus einem Dienstvertrag, § 611 I BGB.
jeder begleicht unabhängig —> umständlich
alternativ könnten sie sich die Aufrechnung erklären; bringt ggseitigen Forderungen vollständig zum Erlöschen
—> keinen tatsächliche Zahlung (erfolderlich)
Ausgangsbeispiel 2:
C schuldet D 500 € aus einem Mietvertrag (§ 535 II BGB). D schuldet C 800 € aus einem Werkvertrag (§ 631 I BGB).
alternativ könnten sie sich die Aufrechnung erklären; bringt ggseitigen Forderungen iHv 150€ vollständig zum Erlöschen
—> D zahlt C die Different iHv 300€
Aufrechnungslage
Begriffe: Der Aufrechnende rechnet mit seiner Gegenforderung (Aktivforderung) gegen die Hauptforderung (Passivforderung) des Aufrechnungsgegners auf, d.h. er ist Schuldner der Hauptforderung (Forderung = schuldrechtlicher Anspruch).
VSS sog. „Aufrechungslage“ (§ 387 BGB)
sog. Hauptforderung und sog. Gegenforderung
Wechselseitigkeit von Haupt- und Gegenforderung
Schuldner der HF = Gläubiger der GF
Schuldner der GF = Gläubiger der HF
Gleichartigkeit von Haupt- und Gegenforderung
denkbar bei Gattungsschulden; praktisch nur bei Geldschulden
Erfüllbarkeit der Hauptforderung (vgl. § 271 BGB)
Fälligkeit und Einredefreiheit der Gegenforderung, § 390 BGB
(Weitere) Voraussetzungen der Aufrechnung
Aufrechnungslage (s.o.)
Kein Aufrechungsverbot, z.B.
rechtsgeschäftlich vereinbart
Hauptforderung darf nicht aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung (z.B. § 823 I BGB) resultieren, § 393 BGB
→ Wertung: Wer vorsätzlich einen anderen schädigt, darf sich nicht durch eine Aufrechnung befreien können, sondern muss den SE tatsächlich leisten. (Mit einer eigenen deliktischen Gegenforderung darf hingegen aufgerechnet werden.)
Aufrechnungserklärung (§ 388 S. 1 BGB)
Einseitige formlose empfangsbedürftige Willenserklärung
Keine Aufrechnung unter Bedingung / Befristung (§ 388 S. 2 BGB; = Bedingungsfeindlichkeit der Aufrechnung)
Ausnahme: sog. Eventualaufrechnung im Prozess
Wirkungen der Aufrechnung
HF und GF erlöschen, soweit beide sich decken
vgl. Ausgangsbeispiel 1 (s.o.): Beide Forderungen iHv 500 € erlöschen vollständig.
vgl. Ausgangsbeispiel 2 (s.o.): Beide Forderungen erlöschen iHv 500 €, d.h. die (niedrigere) Forderung des D erlischt vollständig, die (höhere) des C nur iHv 500 € – in Höhe der Differenz von 300 € bleibt sie bestehen.
Rückwirkung des Erlöschens (ex tunc)
= Maßgeblich ist nicht der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, sondern der, in dem sich die Forderungen erstmalig aufrechenbar gegenüberstanden
Wann bestand erstmalig die Aufrechnungslage? (erfüllbar / durchsetzbar)
Aufrechnungserklärung lässt Schuldnerverzug mit Rückwirkung entfallen („Kein Verzug bei Aufrechenbarkeit, wenn Aufrechnung später erklärt wird.“)
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