Def. Suizidalität
Intentionen
Kritik am Begriff “ernsthafter Suizidversuch”
alle Gedanken & Handlungen, die darauf abzielen, das eigene Leben durch Selbsttötung zu beenden
in der Suizidhandlung vermischen sich verschiedene Intentionen (Autoaggression, Bedürfnis nach Zuwendung o. Ruhe)
—> Begriff “ernsthafter Suizidversuch”: problematisch, weil er zu sehr auf die Tötungsabsicht abzielt & alle anderen Intentionen des Suizidversuchs/ Parasuizids als „unernst" hinstellt
akute vs. chronische Suizidalität (Basissuizidalität & erhöhte Suizidalität)
aufdrängende Suizidgedanken mit konkreten Suizidabsichten & akute Suizidhandlungen drohen (—> konkreter Plan & Vorbereitung; auch psychotisch motivierte Suizidaufforderungen)
—> hoher Handlungsdruck durch subjektiv nicht mehr aushaltbaren psych. Schmerz & nicht mehr absprachefähig
—> (Pat. kündigt Suizdabsicht an)
—> Einweisung notwendig
häufige suizidale Krisen, unscharf definiert
konstant vorhandene Suizidgedanken (zeitlich andauernd) —> Hoffnungslosigkeit
rezidivierende (para-)suizidale Handlungen
—> Einweisung nicht zwingend notwendig
Basissuizidalität
erhöhte Suizidalität
grundlegend erhöhtes Risiko, aber grade nicht akut
—> s. Risikofaktoren (z.B. Risikogruppe, erhöhte Impulsivität o. Suizide in Familie)
z.B. rezidivierende Depression - Menschen die wissen, dass sie immer mal wieder in die Klinik kommen
—> konkrete Suizidabsichten äußern, die bereits mehrere psych. Krankheitsepisoden hatten
—> Hoffnungslosigkeit & suizidale Äußerungen
Vorsicht ist geboten, wenn der Patient sich unwirsch, trotzig, schweigsam, unkooperativ, teilnahmslos o. feindselig verhält.
Wenn der Patient bagatellisiert o. er sich ausschließlich mit extrem negativ geprägtem Erleben beschäftigt.
Wenn er ‚unheimliche Ruhe‘ ausstrahlt o. agitiert ist.
erweiterter Suizid/ Doppelsuizid/ Massensuizid
Parasuizidalität
appellativer Suizid(-versuch)
latente Suizidalität
narzisstische Krise
Bilanzsuizid
Kliniksuizid
assistierter Suizid
weitere Begrifflichkeiten:
(Suizidgedanken/ geäußerter Suizid)
(Suizidversuch)
(vollendeter Suizid)
Miteinbeziehen anderer in den eigenen Suizid, ohne dass diese in den Entscheidungsprozess einbezogen werden (z.B. wenn eine depressive Mutter ihren Säugling mit in den Tod nimmt)
zwei Menschen scheiden aufgrund gemeinsamer Entscheidung aus dem Leben (z.B. Romeo & Julia?)
Suizid einer größeren Gruppe von Menschen aus denselben Motiven
—> selten & meist in Extremsituationen von Gemeinschaften
kritisches Verhalten (z.B. kritische Medikamenteneinnahme o. absichtliche Verletzungen), dass theoretisch zum Tod führen kann, aber nicht das primäre Ziel ist
—> Wichtig: fehlende Absicht
—> parasuizidale Pause: Bedürfnis nach Ruhe steht im Vordergrund
= Parasuizidalität?
“Wenn du jetzt gehst, dann bringe ich mich um"!” o. Suizidgedanken mitteilen
—> Appell an die Umgebung
nicht aktive/ noch nicht in Erscheinung getretene Suizidalität, die durch innere o. äußere Ereignisse in Erscheinung treten kann
—> im Grunde alle Menschen, deswegen kritisch zu betrachten
Narzissten: doppeltes Selbstkonzept (fragiles überkompensatorisches Größenselbst)
bei Kritik —> Aktivierung des neg. Selbst —> Reaktion: begeben in typische Risikosituationen mit Suizidversuchen
—> sterben durchschnittl. mehr als bei BPS, aber weniger Versuche (radikaler)
Suizid der auf einer rationalen Abwegung der Lebensumstände basiert (nicht zwangsläufig psychopatholog. Hintergrund -> selten)
z.B. Anfang Demenz & noch im klaren Zustand: Bilanz - subj. Leiden nicht mehr lebenswert
z.B. oft psychopathologischer Hintergrund - narzisstische Kränkung: mein Leben hat keinen Sinn mehr, der Höhepunkt ist vorbei
Suizidversuch in psychiatrischer Klinik triggert oft andere
= Sterbehilfe
Risikofaktoren
spezifisch!
Suizide in Vorgeschichte o. in Familie/ nahem Umfeld (Nachahmungseffekte s. Kliniksuizide)
—> & die Einstellung dazu
ältere Männer (Suizide) ab 60 J. Anstieg & 2x so häufig jüngere Frauen als jüngere Männer (Suizidversuche)
Schlafstörungen
Missbrauch/ Abhängigkeit
akute (geplante) vs. passive suizidale Ideen
Phase nach stationärer Entlassung (Konfrontation mit Verantwortung)
insb. affektive Störungen & Persönlichkeitsstörungen mit erhöhter Impulsivität (z.B. BPS, Sucht, Intoxikation) & leichter Kränkbarkeit (z.B. Narzissmus)
Eindosierung eines aktivierenden Antidepressivums (Antriebssteigerung)
Zugehörigkeit zu best. Gruppen (z.B. LGBTQ, Migranten etc.)
neurobiologische Vulnerabilität (z.B. serontonerges Defizit o. Störungen der HPA-Achse)
Jahreszeit (Frühsommer)
schwere körperl. Erkrankungen (insb. Schmerzsyndrome)
belastende Lebensereignisse (z.B. Trennung, Verlust Arbeitsplatz, Arbeitsunfähigkeit)
-> Einsamkeit & Isolation
suizidales Verhalten wird moderiert durch ein komplexes Wechselspiel zwischen soziokulturellen Faktoren, traumatische Lebenserfahrungen, psychiatrische Vorgeschichte, Persönlichkeitsfaktoren (selbstdestruktive Stile der Konfliktbewältigung - Dinge können nicht adäquat verarbeitet werden) & genetische Vulnerabilität (11,3% Monozygoten, 1,8% Dizygoten)
Schutzfaktoren/ Resilienzfaktoren
unspezifisch!
Selbstvertrauen/ gute Selbstregulation
soz. Kompetenzen
soz. Integration/ soz. Unterstützung
berufliche Perspektiven/ sinnstiftende Tätigkeiten
religiöse Bindung
Problemlösestrategien (z.B. Hilfesuchverhalten)
Methoden
erhängen, erschießen, Sturz
—> am wenigsten oft durchgeführt, obwohl geringe Überlebenschance/ Letalität
vergiften, Medikamenteneinnahme
—> am häufigsten, obwohl höhere Überlebenschance/ Letalität
Narzissmus
BPS
mit lautem Knall (offensichtlich) & härtere Methoden
—> eher männlich
—> mehr Suizide
eher weiblich & komorbid oft dependent, selbstunsicher o. histrionisch
—> klinische Studien mehr Frauen (sonst Geschlecht ausgeglichen), weiche Methoden & Suizidversuche
wenn männlich, dann komorbid oft narzisstisch
—> Suizidalität mit lautem Knall
Suizidrisiko bei spez. Störungen
Depression hoch (laut Häufigkeiten), aber wenn relativiert dann Suizidrisiko für Anorexie & Sucht am höchsten
bipolar noch höher als unipolare Depression & danach PKS (BPS - Differenzierung Suizidversuch & Suizid)
präsuizidales Syndrom - Dyade nach Ringel
Suizidphantasien
aktiv hervorgerufen/ passiv sich aufdrängend & zunehmend autonom
Einengung
gedanklich & emotional komplett auf das Suizid-Thema fokussiert (Erlebnis- & Gestaltungsfähigkeit mit Vereinsamung)
Aggression
fehlende Aggressionsabfuhr & Wendung der Aggression gegen sich selbst
suizidale Entwicklung
3 Formen
bilanzierter Suizid
suizidale Entwicklung nach Pöldinger (EAE) s. Abb.
impulsive Suizidhandlung
—> ca. 50% gehen vor Suizidhandlung zum Hausarzt
—> 75-80% der Suizidhandlungen werden angekünndigt (cry for help)
suizidale Entwicklung kann auch als Impulshandlung enden
Erwägung - Ambivalenz - Entschluss
konkrete Handlung erfolgt kurzschlussartig impulsiv (heiße Phase innerhalb von 2-10 Minuten) situativ getriggert durch Gelegenheit
—> Hot Spots (z.B. hohe Brücken, Orte mit melancholischer Erinnerung)
Kontinuitätsannahme von Wunsch zur Handlung
von passiver hin zur aktiven Suizidalität durch sinkende Eigenverantwortung & Absprachefähigkeit mit steigendem Handlungsdruck (2 Faktoren)
—> Einweisung wenn starker Handlungsdruck & wenig Verantwortungsübernahme für sich & keine Absprachefähigkeit mehr
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