Def. Qualität (2 Arten)
a) beschreibend: die Summe aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses
b) bewertend: die Güte aller Eigenschaften eines Objektes, Systems oder Prozesses
werden z.T. kombiniert
2 Sichtweisen auf guten Unterricht
1. Guter Unterricht „an sich“ (normativer Zugang)
z.B. Mitbestimmungsmöglichkeiten bieten, Interessen der Schüler/innen aufgreifen
2. Guten Unterricht an seinen Wirkungen bei Schüler/innen bestimmen (empirischer Zugang)
seit der sog. „empirischen Wende“ nach PISA und TIMSS wieder stärker im Blick
Was ist guter/qualitätsvoller Unterricht? (x+y=z)
Lerh-Lernforschung ist ein interdisziplinäres Feld aus:
zunehmende Forschung nach..
Pädagogische Psychologie,
Erziehungswissenschaft,
Fachdidaktiken
nach TIMSS-Video (1995) und PISA (2000)
—> Hattie-Studie Befund: Teachers matter
Angebots-Nutzung-Modell der Wirkungsweise von Unterricht
(Kleickmann, Praetorius, & Riecke-Baulecke, 2018)
Wichtige Erkenntnisse des Angebots-Nutzungs-Modells
Hauptgedanke:
Frage:
Annahme:
konstruktivistischer Grundgedanke; probabilistisches Verhältnis von Unterricht und dessen Wirkungen
zentrale Bedeutung individueller Voraussetzungen der Lernenden
konzeptionelle Trennung von Angebot, Nutzung und Wirkung
Angebot-Nutzungs-Gedanke: Individuelle Lernprozesse vermitteln (Nutzung) zwischen Lerngelegenheiten im Unterricht (Angebot) und den Wirkungen bei Schüler/innen
Hauptgedanke: Unterricht=Lernangebot > von Lehrenden durch Planung gesteuert/gestaltet
Frage: Inwiefern wird das Angebot durch SuS genutzt?
Annahme: Nur, wenn das Angebot aktiv genutzt wird, können Wirkungen (Lernerfolge) erwartet werden
Wirkungen: Was sollte Unterricht bewirken? (Multikriteriale Ziele)
Multikriteriale Ziele
Fachbezogenes Lernen (z.B. Bildungsstandards, Fachanforderungen)
Motivation (z.B. Interessen)
Emotionen (z.B. Lernfreude, Abbau von Leistungsängstlichkeit)
Soziale Ziele und Werte (von Pünktlichkeit bis Fairness), übergeordnete Ziele (z.B. Mündigkeit)
Fachbezogenes Lernen: Wissen vs. Schlüsselqualifikationen vs. Lernen lernen?
Was ist der beste Prädiktor für gute Leistungen in einem Fachgebiet?
Ein klarer Befund: Bereichsspezifisches Wissen ist der beste Prädiktor für Leistungen in dem entsprechenden Bereich
Daher ist gut strukturiertes, bereichsspezifisches Wissen unverzichtbar!
Wissen meint: Nicht (nur) Aneignung von Fakten, sondern eines Verständnisses
fachbezogener zentraler Konzepte und Methoden
Klassische Lernziel-Taxonomien (Klassifikationsschema) (nach Bloom, 1956)
Wissen, Kenntnisse (knowledge)
Verstehen (comprehension)
Anwendung (application)
Analyse (analysis)
Synthese (synthesis)
Bewertung (evaluation)
—> tauchen in den Lehrplänen / Fachanforderungen als Operatoren auf
Ziel / Sinn der Bildungsstandards?
Festlegung und Überprüfung der erwarteten Leistungen (Standards)
Ländervergleiche: zentrale Überprüfung des Erreichens der Bildungsstandards auf der Basis von Länderstichproben
Vergleichsarbeiten (VERA 3 und VERA 8): landesweite Überprüfung der Leistungsfähigkeit einzelner Schulen und Klassen (Vollerhebung!)
Festlegung durch die Kultusministerkonferenz (KMK): Ziel der bundesweiten Vereinheitlichung der Bildungsziele (ansonsten Länderhoheit (Föderalismus), u.a. Problem der Vergleichbarkeit von Abschlüssen)
Output-Steuerung
Entwicklung nw Interesses
(als wichtiges Bildungsziel >warum?)
warum Rückgang?
insbesondere drei Begründungen
Berufswahl; Fachkräftebedarf im MINT-Bereich
Relevanz von Naturwissenschaften im Alltag
informierte Partizipation am öffentlichen Diskurs
aber: Rückgang des Interesses an Naturwissenschaften im Laufe der Schulzeit(Cheung, 2018; Gardner, 1998; Jenkins & Pell, 2006; Krapp & Prenzel, 2011; Renninger & Hidi, 2016)
noch hohe Aufgeschlossenheit für Naturwissenschaften am Ende der Grundschule
in der Sekundarstufe: starker Rückgang in Physik und Chemie, weniger in Biologie
Rückgang bei Mädchen besonders deutlich
Ursachen für den Rückgang? Unterrichtsqualität scheint eine Rolle zu spielen, aber das Interesse an Naturwissenschaften sinkt auch ohne Unterricht
wie lernen wir
A) Informationsverarbeitungsansatz
▪ Computer als Metapher des Geistes
▪ Lernen als Verarbeitung und Speicherung von Informationen
3 Speicher-Modell
Sensorischer Gedächtnis: (wie ein Filter, der Eindrücke aus Umwelt filtert, bevor sie in Arbeitsspeciher kommen)
−Gedächtnis für alle Sinnesmodalitäten
− Viele Informationen werden sehr kurz festgehalten; „Ultrakurzzeitgedächtnis“
− Unbewusste Wahrnehmung
− Information, die nicht verarbeitet wird, wird überschrieben (intentioanl), ist nicht mehr zugänglich (inzidentiell)
Arbeitszeitgedächntis: (kurzzeitgedächtnis)
− bewusste Verarbeitung von Information
− Begrenzte Kapazität, nur ca. 7 Zahlen, Wörter, etc., die sich ein Mensch merken kann
− Aufmerksamkeit kann nur auf eine Sache gerichtet werden
− Information wird nur kurz im Arbeitsgedächtnis gehalten; „Kurzzeitgedächtnis“
Langzeitgedächtnis: (Infos aus Arbeitsgedächtnis kommen durch wiederholende Einübung ins Langzeitgedächtnis)
− Informationen,die nicht verloren gehen sollen, müssen ins Langzeitgedächtnis übertragen werden
− Sogar:Je mehr wir wissen,
Informationsmenge nicht beschränkt
desto leichter fällt es, Neues zu lernen
Aufbau Langzeitgedächtnis
Konzequenzen für das Lernen
Semantische Netzwerke (Collins & Loftus, 1975)
Begriffe stehen miteinander über inhaltliche Verbindungen in Beziehung
Wissen ist wie in einem Netzwerk organisiert; Aktivierung eines Begriffs aktiviert auch benachbarte Begriffe
Stärke der Verbindung kann variieren: Je häufiger und intensiver zwei Begriffe gemeinsam verarbeitet werden, desto stärker ist die Verbindung
Konsequenzen für das Lernen
1. Informationen, die nur mit wenigen anderen Informationen in Verbindung stehen, werden kaum aktiviert; Zugriff ist erschwert
(Aktive) Vernetzung ist wichtig: Querverbindungen herstellen!
2. Verbindungen aktiv halten, Vernetzungen immer wieder herstellen
Üben und Wiederholen!
Lernen = wissengesteuerter Konstruktionsprozess
> langwierige Weg vom Arbeits- ins Langzeitgedächtnis
(erweiterung des Informationsverarbeitungsnasatzes)
im Arbeits- und Langzeitgedächtnis vorhandene Informationen beeinflussen die Wahrnehmung und strukturieren diese vor
>> zentrale Bedeutung des Vorwissens für das Lernen: Was wir sehen/erkennen hängt ganz stark von unserem Wissen ab und davon, womit wir uns gerade beschäftigen!
einfache Wiederholung („Einbahnstraße“): mäßig effektiv
mit anderen Informationen vernetzen (z.B. „Berliner Nummer“→besser als
drei Zahlen memorieren)
Wissen/Information wird bei der Bearbeitung im Arbeitsgedächtnis verändert
Prozeduralisierung zur Entlastung des Arbeitsgedächtnisses (gut strukturiertes Wissen im Langzeitgedächtnis fördert die Aufnahme im Arbeitsgedächtnis)
Komplexe Lernprozesse (Renkl, 2009)
− Selegieren (Auswählen der wichtigsten Informationen)
− Organisieren (Ordnen in Kategorien und Hierarchien)
− Interpretieren (Deuten/Bewerten neuer Informationen)
− Elaborieren (Anreichern, Verbindung neuer Informationen mit vorhandenem Wissen)
− Metakognitives Planen, Überwachen, Regulieren (Steuerung/Überwachung des Lernens)
Implikatoren: was können wir daraus an Schwierigkeiten / Merkmalen für die Schule ableiten?
− die Übertragung ins Langzeitgedächtnis ist oft langwierig und anstrengend (komplexe Lernprozesse)
− die Begrenzung des Arbeitsgedächtnisses stellt einen Engpass beim Lernen dar
− je stärker der Lernstoff aktiv mit Vorwissen in Verbindung gebracht wird, desto
größer ist der Lernerfolg
− ein Lernangebot stellt das Lernen nicht sicher: Lerninhalte müssen aktiv verarbeitet werden
− Lernende müssen motiviert sein bzw. werden, sich mit den Lerninhalten ausein- anderzusetzen
− die Entwicklung eines gut strukturierten Wissens im Langzeitgedächtnis ist ein wichtiges Ziel von Unterricht
b) sozio-konstruktivistische Theorien des Lernens
verterter dieser Theorie, was hat der erforscht?
Lernen = eigenständige kognitive Aktivität (Konstruktionsleistung) + Lernen im sozialen Kontext
Lew Wygotski (1896-1934)
− beobachtete Kinder in der Interaktion mit Erwachsenen
− Kinder beobachten Verhaltensweisen des Erwachsenen, erhalten Hinweise und Erklärungen, verinnerlichen Konzepte, wenden diese an, erhalten Hilfestellungen ...
− Beispiel: Erwachsener hilft Kind beim Puzzeln
Lernen „auf Augenhöhe“:
Das Konzept der Zone der nächsten Entwicklung (zone of proximal development)
Mit Hilfe und Unterstützung von anderen können Lernende Aufgaben lösen, die sie alleine nicht lösen könnten: ZPD (Aufgaben liegen knapp über dem Niveau der SuS)
Später ist für diese Unterstützung der Begriff des Scaffolding geprägt worden
Scaffolding Definition
Scaffolding (soz.-kostruktivist. Lerntheorie) = Unterstützung geben, die zurückgenommen wird (Gerüst wird abgebaut), sobald der Lernende die Aufgabe zunehmend selbstständig lösen kann.
Definition von Reiser (2004)
1. Strukturierende Maßnahmen und Reduzierung von Komplexität
Gliederung komplexer Aufgaben in überschaubare Schritte: Anforderungen an die Lernenden anpassen
2. Problematisierung
Herausfordern, kognitiv aktivieren
-am Anfang des Lernprozesses viel Support durch Lehrkraft, durch den Prozess steigt die Verantwortung /selbstständigkeit der Lernenden an
Scaffolding: Unterrichtsstrategien
c) Bedeutung individueller Voraussetzungen für das Lernen
Vorwissen: Die wichtigste individuelle Voraussetzung für das Lernen!
Je mehr man weiß und je besser das Wissen organisiert ist, desto leichter fällt es, Aufgaben erfolgreich zu bearbeiten und noch mehr hinzuzulernen
Allgemeine kognitive Fähigkeiten/Intelligenz und Arbeitsgedächtnis
generelle Fähigkeit Informationen zu verarbeiten und (komplexe und neue) Probleme zu lösen
interindividuelle Unterschiede in der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Arbeitsgedächtnis spielt zentrale Rolle bei der aktiven Verarbeitung von Information
− Motivationale Voraussetzungen
Motivation sich mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen (z.B. Interesse daran)
ist wichtig für aktive Veränderung und Erweiterung des Wissens
Auch Fähigkeitsselbsteinschätzungen (z.B. Selbstkonzept der eigenen mathematischen Fähigkeiten) sind wichtig – aktive Auseinandersetzung versus Vermeidung
wie entsteht Motivation?
A) Erwartung-Mal-Wert Modelle
− in den 1980er Jahren von Jacquelynne Eccles und Allan Wigfield auf den pädagogischen Bereich übertragen
− engl.: expectancy-value models
Motivation, ein bestimmtes Verhalten auszuführen, wird erklärt durch
Erwartung mit dem Verhalten eine bestimmte Konsequenz herbeizuführen „Kann ich das lernen?“ „Kann ich ein Ingenieursstudium absolvieren?“
Selbstkonzept
Selbstwirksamkeitserwartung
Wert der Verhaltenskonsequenz „Will ich das lernen?“ „Was bringt mir das Ingenieursstudium?“
attainment value (Wichtigkeit, Identifikation mit dem Fach, der Schule)
intrinsic value (Interesse, Spaß an der Aufgabe)
utility value (Nutzen für kurz- und langfristige Ziele)
cost (Opportunitätskosten)
Graphisches Schema
Wie entsteht Motivation?
b) Person-Gegenstands-Theorie des Interesses
• Selbstbestimmtheit
• hohe subjektive Wertschätzung des Gegenstands
•positive emotionale Erlebnisqualität bei der Interessenhandlung
• epistemische Orientierung
c) Selbstbestimmungstheorie der Motivation
(Deci & Ryan, 1993) extrinsische vs. intrinsische Moitvation
Drei psychologische Grundbedürfnisse müssen erfüllt werden, damit die Internalisierung stattfinden kann:
1. Autonomie
2. Kompetenzerleben
3. Soziale Eingebundenheit
(Kontinuum zwischen intrinscher und extrinsischer Motivation, Zwischenformen für den Unterricht geeigent, weil intirnsisch oft utopisch ist)
Was kann ich aus den 3 Theorien / Modellen der Motivation konkret in den Unterricht mitnehmen?
Ansatzpunkte zur Förderung von Motivation
Erwartung-mal-Wert Modelle
Erwartung: Fähigkeitsselbsteinschätzungen, Kompetenzerleben
Wert: Freude, Relevanz, Nutzen, Identifikation, Interesse
Person-Gegenstands-Theorie des Interesses
situationales Interesse fördern (Interessantheit, Interessen aufgreifen)
Selbstbestimmungstheorie der Motivation
Autonomieerleben
Kompetenzerleben
soziale Eingebundenheit
6 Typische Merkmale der Unterrichtssituation
(nach (Doyle, 2006; Kunter & Trautwein, 2013)
Mehrdimensionalität (viele Personen mit verschiedenen Zielen interagieren miteinander auf verschiedenen Ebenen)
Simultanität (viele Ereignisse laufen gleichzeitig ab)
Unmittelbarkeit (Unterricht ist im ständigen Fluss, erfordert schnelles Handeln)
Nichtvorhersagbarkeit (begrenzte Planbarkeit, Lösungen sind oft nicht auf andere Situationen übertragbar)
Öffentlichkeit (Handeln der Lehrkraft ist meist in der Klasse öffentlich)
Geschichtlichkeit (Lehrkraft und Schüler/innen teilen eine gemeinsame Geschichte)
Def. Oberflächenstruktur
Oberflächen bzw. Sichtstrukturen
können relativ direkt durch Betrachten der Unterrichtssituation erkannt werden
niedrig-inferent (wenig Schlussfolgerungen der beobachtenden Person nötig, wenig Interpretation: z.B. wie viele Sus melden sich?)
z.B. Sozialformen oder Methoden
Def. Tiefenstruktur
Einwand Decristan et al. (2020):
Tiefenstrukturen
stärkere Interpretation des Unterrichtsgeschehens erforderlich
hoch-inferent (Interpretation von längeren Beobachtungen)
z. B. kognitive Aktivierung
Beobachtbarkeit als primäres Kriterium ungeeignet
Bestimmte Aspekte der Tiefenstrukturen gut beobachtbar (z.B. Einfordern von Begründungen)
Bezeichnung als Oberflächen- und Tiefenstrukturen treffender
Unterscheidung als Heuristik geeignet, nicht ganz trennscharf
Oberflächen und Tiefenstrukturen
(Schema nach Kunter & Trautwein, 2013)
3 Basisdimensionen der Unterrichtsqualität (Tiefenstrukturen)
kognitive Aktivierung
konstruktive Unterstützung
Klassenführung
Zentrale Befunde der TIMSS-Studie (im Bezug auf Angebot: Oberflächen und Tiefenstruktur)
—> relevante Studie für die Definition der Strukturen (1994-96 Videostudien: wieso schneiden manche Länder besser ab als andere? Japan (hohe Matheleistungen) vs. Deutschland/USA)
Oberflächen- und Tiefenstrukturen variieren weitgehend unabhängig voneinander (z.B. Kooperatives Lernen)
Ob Unterricht erfolgreich ist, hängt weniger von den Oberflächen- als von den Tiefenstrukturen ab. —> Dimensionen der Unterrichtsqualität
Ergebnisse der Studie: Problemorientierter Japanischer Unterricht
Problem wird vorgestellt
Schüler/innen bearbeiten das Problem eigenständig
lehrerzentrierte Auswertung
Ergebnisse aus anderen Ländern: verschiedene Oberflächenstrukturen führen zu Lernerfolg: wichtig ist die Ausarbeitung in der Tiefenstruktur
Niederlande: 55% selbstständiges Arbeiten der Schüler/innen
Hong Kong: 75% lehrergeleiteter Unterricht
Australien: 77% wenig komplexe Aufgaben
Lehrerzentrierter Unterricht
Vier Grundformen des Lernens nach Ausubel
mechanisches Lernen (ohne Verknüpfung mit Vorwissen) < sinnvolles Lernen (mit Vernküpfung zum Vorwissen) —> ist wirksamer!
Elemente von “direct instruction”
(Kunter & Trautwein, 2013, S. 118)
Einführung (Zusammenfassung und Wiederholung bereits gelernter Inhalte)
Darbietung (Darstellung der neuen Lernziele und klare detaillierte Darstellung der neuen Lerninhalte durch Lehrervortrag, Darbietung, etc.)
Übungsphase in GA (gemeinsames angeleitetes Üben mit vielen Fragen, der Beteiligung der SuS und direktem korrigierenden Feedback)
Individuelle Übungsphase (individuelles Üben mit klarer Anleitung und korrigierendem Feedback)
lehrkraftzentriet, aber an Vorwissen anknüofend
hoher Effektwert —> lernwirksame Methode
Wann ist lehrerzentrierter Unterricht (Oberflächenstruktur) wirksam?
Was muss in der Tiefenstruktur berücksichtigt werden?
Lehrerzentrierter Unterricht ist nicht automatisch schlecht, es muss auf die Tiefenstruktur geachtet werden
klare Ziele
Ausrichtung am Vorwissen der Lernenden
Verknüpfungen mit Vorwissen anregen
gute Strukturierung, z.B. durch advance organizer
Reduktion auf zentrale Konzepte (Arbeitsgedächtnis!)
ausgiebige, aktivierende, anspruchsvolle Übungsphasen
Überprüfung des Verständnisses und Feedback
Def. Offener Unterricht
Gegenentwurf zum traditionellen lehrerzentrierten Unterricht Ursprünge in der Reformpädagogik (u.a. Freinet, Petersen, Montessori)
unterschiedliche Konzepte offenen Unterrichts
Organisationsform des Unterrichts mit Mitbestimmungsmöglichkeiten der Schüler/innen bezüglich
Sozialform
Inhalten/Zielen
Zeitpunkt der Bearbeitung
Ort der Bearbeitung
prominente Formen: Projekt- und Werkstattunterricht, Freiarbeit, Stationenlernen
Ist Offener Unterricht Lernwirksam?
Befunde von Hattie (2009)
Ursprünge in der Reformpädagogik
offener Unterricht ist nicht per se lernförderlich (Oberflächenstruktur)
in Metaanalysen sehr geringe Effektstärken beim Lernerfolg
für leistungsschwächere SuS: Unterstützung in individueleln lernzeiten ganz wichtig, um diese aktiv nutzen zu kommen
Def. Effektstärke
Die Effektstärke von d=0.40 markiert einen Umschlagpunkt, ab dem Effekte (z.B. Intervention), die die Lernleistung derartig verbessern
Offener Unterricht: Effektivität am Beispiel “Schwimmen oder Sinken”
Experimentelle Studie mit drei Gruppen:
(1.) high support (Sequenzierung von Versuchen mit vrogegebener Reihenfolge + Forschungsfragen + Zeitlimit an Versuchen),
(2.) low support (freies Experimentieren/Ausprobieren),
(3.) kein Unterricht
Zusammenfassung der Ergebnisse
beide Formen offenen Unterrichts waren direkt nach dem Unterricht wirksamer als die Gruppe ohne Unterricht
nur bei der Gruppe mit stärkerer Strukturierung (high support) gab es einen signifikanten nachhaltigen Lernerfolg nach einem Jahr (bei 2: ursprüngliche Fehl/Alltagsvorstellungen kommen zurück)
stärkere Strukturierung (high support) ging nicht zulasten der Motivation
—> Folgerung: Strukturierung im Rahmen von offenem Unterricht ist sehr wichtig, insbesondere bei anspruchsvollen Themen bzw. begrenzten metakognitiven Kompetenzen der Schüler/innen!
Prozess-Produkt Paradigma
Prozess = unterrichtliche Angebote > kann sich auch auf das Verhalten der SuS beziehen (Prozess z.T. auf die Nutzung bezogen)
Produkt = Wirkung bei den SuS
—> Untersuchung der Zusammenhangs zwischen dem Prozess und dem Produkt, das draus kommt
Merkmalskatalog guten Unterrichts nach Hilbert Meyer (2004) : 10er Katalog
Lernförderliches Klima
Klare Strukturierung
Individuelles Fördern
Methodenvielfalt
Intelligentes Üben
Hoher Anteil echter Lernzeit
Inhaltliche Klarheit
Sinnstiftendes Kommunizieren
Klare Leistungserwartungen
Vorbereitete Umgebung
Merkmalskatalog guten Unterrichts nach Andreas Helmke (2010)
Lernförderliches Unterrichtsklima
Klarheit, Strukturiertheit
Umgang mit Heterogenität
Angebotsvielfalt
Konsolidierung, Sicherung
Effiziente Klassenführung
Aktivierung
Motivierung
Schülerorientierung
Kompetenzorientierung
Basisdimensionen der Unterrichtsqualität (im deutschsprachigen Raum, Klieme et al. 2001, Kunter & Voss, 2011)
kognititve Aktivierung
Konstruktive Unterstützung
kognitive Unterstützung
emotionale Unterstützung
Rahmenmodell zur Beschreibung von Tiefenstrukturmerkmalen
Def. Kognitive Aktivierung
„Kognitive Aktivierung bedeutet, die Bereitschaft der Lernenden zu wecken, sich aktiv mit dem Lerngegenstand auseinander zu setzen, selbstständig Verbindung zu bereits bekanntem Wissen herzustellen und gedankliche Umstrukturierungen vorzunehmen.“ (Kunter & Trautwein, 2013, S. 90)
Lernen erfordert immer die aktive Veränderung und/oder Erweiterung von kognitiven Strukturen
—>Unterricht muss Schüler/innen kognitiv aktivieren!(= Ziel/Potential zur kognitiven Aktivierung durch bestimmte Maßnahmen)
—>higher order thinking processes anregen
Kognitive Aktivierung
higher order thinking: komplexe Lernprozesse (Renkl, 2009)
Selegieren (Auswählen der wichtigsten Informationen)
Organisieren (Ordnen von Informationen in Kategorien, Hierarchien; Bestimmen zentraler Informationen)
Interpretieren (Deuten/Bewerten neuer Informationen)
Elaborieren (Anreichern, Verbinden neuer Informationen mit vorhandenem
Wissen)
Metakognitives Planen, Überwachen, Regulieren (Steuerung/Überwachung des Lernens)
—>Dadurch aktive Erweiterung und Veränderung von Wissensstrukturen anregen
Aufgabenstellungen (Beispiele)
Aufgaben, die nicht einfach durch abrufbares Wissen gelöst werden können
Bekannte Sachverhalte neu miteinander verknüpfen oder auf neue Situationen
anwenden
Kognitive Konflikte auslösen (neue Informationen im Widerspruch zu bereits Bekanntem)
Aufgaben, bei denen mehrere Lösungen richtig sein können
Aufgaben bei denen vorhandene Konzepte nicht ausreichen und erweitert
werden müssen
Aufgaben zu deren Lösung nicht alle Informationen vorliegen, sondern gefunden werden müssen
—> Wichtig: Fokussierte kognitive Aktivierung (fokussiert auf fachlichen Lerngegenstand)
Aktivierungsgrad ist nicht gleich Schwierigkeitsgrad
Aufgabenimplementation muss den herausfordernden Charakter erhalten!
anregende und spannende Fragen
Gültigkeit von Lösungen gemeinsam/diskursiv überprüfen
Möglichst viele oder alle Lösungswege suchen lassen
Unterschiedliche Meinungen gegenüberstellen
Begründungen einfordern
Lösungsprozess erklären lassen, gegenseitiges Erklären
Kognitive Aktivierung:
Beispiele/vergleich von aufgaben, wo aktivierungsgrad nicht gleich Schwierigkeitsgrad ist
kognitive Aktivierung ≠ verhaltensbezognene Aktivierung
Subkomponenten (nach Praetorius et al. (2018, S. 414)
Challenging tasks and questions
Exploring and activating prior knowledge
Exploration of the students’ ways of thinking/elicit student thinking
Receptive/transmissive understanding of learning of the teacher (negative)
Discursive and co- constructive learning
Genetic-socratic teaching
Supporting metacognition
Konstruktive Unterstützung (Kunter & Voss, 2011; Reiser, 2004; Pintrich, Marx & Boyle, 1993)
kognitive unterstützung
Gliederung komplexer Sachverhalte, Anforderungen an Lernende anpassen (z.B. Aufgabenauswahl, Anpassung d. Komplexität)
Strukturierung, Klarheit (z.B. Zielsetzungen, Instruktionen)
Verständnis überprüfen, inhaltsbezogenes Feedback (formatives Assessment)
adaptive, individuelle Hilfestellungen
emotionale unterstützung (unterstützendes klima)
Lehrkraft-SuS- und SuS-SuS-Beziehungen: Respekt, Anerkennung, Fürsorge
Geduld bei individuellen Schwierigkeiten und positiver Umgang mit Fehlern
Mitbestimmungsmöglichkeiten bzw. Autonomieunterstützung —> entwicklung von intrinsischer Motivation
Ansprechbarkeit bei (sozialen) Schwierigkeiten
Differentiation and adaptvie support
Pace of instruction
Constructive approach to errors
factual, constructive feedback/apprecition
interestingness and relevance
performnce pressure and competition (negtive)
individual choice options
support of social relatedness experience (teacher-student, student-teacher, student-student)
Unterricht ist eine komplexe soziale Situation (Simultanität,Unvorhersagbarkeit, ...) (Doyle, 2006)
Klassenführung ist die Koordination und Steuerung dieses komplexen Geschehens mit dem Ziel, die zur Verfügung stehende Lernzeit optimal für Lernaktivitäten zu nutzen (Evertson & Weinstein, 2006)
Betonung der präventiven Steuerung des Klassengeschehens, aber auch angemessene Reaktion auf Störungen (Kounin, 1976; Emmer & Sabornie, 2014)
Verhältnis zu anderen Basisdimensionen
eine generische (d.h. fachunspezifische) Basisdimension der Unterrichtsqualität
Vermutlich reziproke Beziehungen:
Störungsfreiheit als Voraussetzung für gelingenden Unterricht im Sinne kognitiver Aktivierung und konstruktiver Unterstützung
kognitive Aktivierung und konstruktive Unterstützung als Störungsprävention
Basisdimension: Vorhersage des konzeptuellen Verständnisses
und des Interesses am Unterricht
(Studie)
Ergebnisse sprechen für eine vier-dimensionale Struktur:
Faktorenanalysen (Ratings der Schüler*innen; Ergebnisse nicht berichtet)
Korrelationen auf Klassenebene (ext. Beurteilende)
Prädiktive Validität (ext. Beurteilende)
Basisdimension: grafische Übersicht
Wie fachübergreifend sind die Basisdimension?
Studie von Praetorius et al., 2014 in ZfE
Unterrichtsbeurteilung (externe Beobachter*innen, Video) bei 25 Lehrkräften in Deutsch und Englisch
72 % fachunabhängige Varianz bei Classroom Management
37 % fachunabhängige Varianz bei Motivational Support
—> Klassenführung variiert sehr wenig zwischen den Fächern, bei Motivation ist noch mehr Fachspezifität
CLASS=Classroom Assessment Scoring System
eines der am häufigsten eingesetzten Systeme zur standarisierten Erfassung von Unterrichtsqualität in den Vereinigten Staaten
− Einsatz zur berufsbegleitenden Fortbildung von Lehrkräften
− basiert auf der theoretischen Grundannahme, dass positive Lehrer- Schüler-Beziehungen und - Interaktionen der wichtigste Einflussfaktor für die Entwicklung und Förderung von Schülerinteresse, -motivation und -leistung sind
− postuliert drei latente und klassenstufenübergreifende Basisdimensionen von Unterrichtsqualität im Sinne der Qualität der Lehrer-Schüler-Interaktionen zu erfassen
− generischer, d.h. fachübergreifender, Ansatz
Entwicklung zunächst im Kontect der Primarstufe, mittlerweilef ür versch. Alterstufen
3 Dimensionen mit erklärung und theoretical background
Lehrer-Schüler-Interaktionen, die erfolgreiches Unterrichten ermöglichen, lassen sich nach CLASS in drei klassenstufenübergreifende Basisdimensionen (broad domains) aufteilen.
Emotional Support: erfasst motivational und emotional unterstützende Lehrer-Schüler-Interaktionen, mit denen die Lehrkraft eine positive und angstfreie Lernumgebung erzeugt
attachment theory, self-determination theory)
Classroom Organization: umfasst Lehrer-Schüler-Interaktionen, mit denen die Lehrkraft eine störungsarme Lernumgebung bereitstellt sowie die Aufmerksamkeit der Schüler/innen steuert
Kounin; konstruktive Lerntheorie
Instructional Support: umfasst Lehrer-Schüler-Interaktionen, mit denen die Lehrkraft die Verbesserung und Erweiterung bestehender Fähigkeiten durch Gelegenheit zur Anwendung fördern und den Erwerb neuer Fähigkeiten durch ausreichendes scaffolding erleichtern kann
Kognitionsforschung, Spracherwerbsforschung
-die Kategorein gehen über in alle Alterstufen, nur z.T. veränderte Subdimensionen
- bei Upper Elementry und Secondary kommt noch Student Engagement dazu
CLASS
Def: Unterrichtsqualität (Pianta, Hamre, & Allen, 2012, p. 317)
„... the capacity of classroom settings to engage children and youth is the core ‘criterion’ by which they should be judged, and the features of relational supports, autonomy/ competence supports and relevance are how classrooms – through relationships and interactions [between teachers and students] – accomplish that goal.”
DMEE=Dynamic Model of Eductional Effectiveness
-Modell geht von 2 Kritikpunkten aus
Modell geht von 2 Kritikpunkten aus
One-size-fits-all: wenig Differenzierung, sondern oft Einheitsmodell, das bei allen SuS angewendet wird ohne Rücksichtnahme auf Effektivität bei SuS in verschiedienen Kontexten (z.B. low- and high-ability students)
—> “models of educational effectiveness should [take] into account the major findings of research on differential effectiveness”
Fokussierung zu stark auf Unterrichtsfaktoren. nicht Schulbezogenen Faktoren oder Personenbezogene Faktoren
—>“models of educational effectiveness should be multilevel in nature”
Schema: multilevel structure
Generic effectiveness factors are seen as multidimensional constructs:
(1) There are different aspects of functioning for each effectiveness factor.
(2) Different student groups with different needs and abilities may need a different weighting of those functioning aspects to learn effectively.
8 Dimensionen der Unterrichtsqualität
Orientation (kog. Unterstützung & kog. Aktivierung)
Structuring (kog. Unterstützung)
Questioning (kog. Unterstützung & kog. Aktivierung)
Teaching Modelling (kog. Aktivierung)
Application (kog. Aktivierung)
Classroom as learning environment (emot. Unterstützung, Klassenführung)
Managment of time (KLassenführung)
Assessment (kog. Unterstützung)
Each effectiveness factor is measured with the same five measuring dimensions.
(Cremmers, B.P.M., Kyriakides, L., 2008: 84)
Frequency (wie häufig tritt der Faktor auf?)
Focus (wie spezifisch passend ist der Faktor?)
Stage (in welchem Unterrichtsabschnitt kommt der Faktor / das Verhalten vor?)
Quality (Beurteilung der Qualität: ist die Maßnahme effektiv für z.b. kognitive Aktivierung?)
Differentiation (in wiefern sind die Maßnahmen differnziert und angepasst and die Verraussetzungen der SuS?)
Vergleich der Basisdimension von verschiedenen Theorien: Klieme (TBD) vs. CLASS
Def. Klassenführung (nach Thiel, 2016)
Unterricht ist eine komplexe soziale Situation (Simultanität,Unvorhersagbarkeit, ...)
Unterrichtsstörungen (für Lehrer und SuS)
für Lehrkräfte
zentraler Stressor im Lehrerberuf
empirische Zusammenhänge mit burn out
für Schüler/innen
beeinträchtigen das Lernen durch gestörte Aufmerksamkeit und verminderte aktive Lernzeit (Schätzungen von bis zu 30% ausgefallener Lernzeit)
beeinträchtigen das Klima in der Klasse durch negative emotionale Erfahrungen
Schüler/innen wünschen sich einen störungsarmen Unterricht
—> im Angebots-Nutzungs-Modell unter Nutzung zu verordnen
Klassifikationen von Unterrichtsstörungen
(Eder, Fartacek & Mayr, 1987; Mayr, 2006, Thiel, 2016)
Innere vs. äußere Störungen (z.B. Bauarbeiten)
Störungskritisches Verhalten von Schülerinnen und Schülern
verbales Störverhalten (Schwatzen, vorlautes Verhalten, Zwischenrufe)
mangelnder Lerneifer (geistige Abwesenheit, Desinteresse, Unaufmerksamkeit)
motorische Unruhe (Zappeln, Kippeln, Umherlaufen)
aggressives Verhalten (Wutausbrüche, Sachbeschädigungen)
Störungskritisches Verhalten von Lehrkräften, z.B. durch unklar kommuniziertes Handlungsprogramm, nichtmotivierende Kommunikation über den Gegenstand
—>Nicht aus jedem störungskritischen Verhalten resultiert eine Störung des Unterrichts: Klassifikationen nach Ausmaß der Beeinträchtigung
Klassifikationen von Unterrichtsstörungen (in problems; nach (Emmer & Evertson, 2013))
Abbildung des Ausmaßes der Störung
nonproblems
Verhaltensweisen der Schüler/innen, die den Unterrichtfluss nicht beeinträchtigen
minor problems
kurzfristige Beeinträchtigung des unterrichtlichen Geschehens
lösen eine kurzzeitige emotionale Betroffenheit (z.B. Ärger, Genervtheit) aus
major problems
unterbrechen Lernaktivitäten, überwiegend an einzelne wenige Schüler/innen gebunden
führen zu einer tiefergehenden emotionalen Betroffenheit (z.B. Überforderung)
escalating/spreading problems
unterbrechen ganze Unterrichtseinheiten
führen zu einer starken emotionalen Betroffenheit (z.B „Burn-Out“, Stress, Angst)
Unterricht wird unmöglich und ggf. muss externe Hilfe hinzugezogen werden
Klassifikationen von Unterrichtsstörungen (nach Thiel, 2016)
Irritation: Mitarbeit wird in bestimmten Situationen ausgesetzt
Konfrontation: SuS protestieren offensiv gegen Methoden des Unterrichts
Konflikt: SuS rebellieren gegen Ziele und Methoden des Unterrichts
Ursachen von Unterrichtsstörungen
Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (z.B. Probleme der Fokussierung, motorische Unruhe, Unterbrechen)
Störungen des Sozialverhaltens (z.B. Aggression, häufiges Streiten, Provokation, verbale Gewalt)
Erleben von Langeweile (Tagträumen, Kritzeln, Quatschen, Zuwerfspiele)
Furcht vor Misserfolg und Gefährdung der Hoffnung auf Erfolg (Selbstwertschutz) (öffentliche Abwertung von Fach/Anforderungen, Abwertung leistungsstarker SuS („Streber“), Verweigerung von Anstrengung)
Hoffnung auf Anschluss an und Furcht vor Zurückweisung durch Peers (Bedürfnis nach Austausch, Selbstdarstellung, Mutproben, ...)
Furcht vor Kontrollverlust und Hoffnung auf Kontrolle im Klassenzimmer (Verweigerung von Mitarbeit, Macht, Infragestellung der Legitimität von Schule)
Klassenführung nach Kounin (1976)
Video-Analysen: Umgang von Lehrkräfte mit Störungen (in Hinblick auf 3 Kategorein)
Klarheit: Je mehr konkrete Informationen gegeben werden, desto höher ist die Klarheit einer Disziplinierungsmaßnahme.
Festigkeit: Ausmaß, mit dem Lehrende die Ernsthaftigkeit ihrer Disziplinierung zum Ausdruck bringen.
Härte: Als Härte bezeichnet Kounin Disziplinierungen, in denen Lehrende Aggressionen zum Ausdruck bringen (z.B. Zorn, Gereiztheit).
—> geringer Einfluss auf das Verhalten der Schüler/innen
—> Vorbeugen von Störungen: deutlicher Einfluss auf das Verhalten der Schüler/innen
Klassenführung nach Kounin
Maßnahmen effektiver Klassenführung (Kounin, 2006)
Erklärungen und Beispiele
Reaktion auf Störung / Disziplinierungen
Allgegenwärtigkeit (»Augen im Hinterkopf«)
Überlappung ...
beschreibt die Fähigkeit einer Lehrkraft, sich um mehrere Vorgänge in der Klasse gleichzeitig zu kümmern
besonders erforderlich im Zuge von Disziplinierungsmaßnahmen und unvorhergesehenen Schülerverhaltensweisen
Reibungslosigkeit und Schwung ...
beschreibt die Fähigkeit einer Lehrkraft, für einen flüssigen Unterrichtsverlauf zu sorgen und speziell in Übergangsphasen für eine fortgesetzte Auseinander- setzung mit den Lerninhalten zu sorgen
klare Organisation der unterrichtlichen Prozeduren
Festlegen und Einspielen von Regeln und Routinen
Vermeiden von unvermittelten Übergängen (Sprunghaftigkeit)
Vermeiden von Fragmentierung der Lernaktivitäten
Gruppenmobilisierung bzw. Gruppenfokus
Ausmaß, in welchem es einer Lehrkraft gelingt, alle Schüler/innen mit ihrem Unterricht zu erreichen, d.h. an der aktiven Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand zu beteiligen. (Sehr auf das „Aufrufen/Drannehmen“ bezogen)
Gruppenfokus ...
beschreibt das Ausmaß, in welchem es einer Lehrkraft gelingt, alle
Schüler/innen mit ihrem Unterricht zu erreichen ...
alle Schüler/innen setzen sich aktiv mit dem Lerninhalt auseinander (Gruppenmobilisierung)
alle Schüler/innen werden in alle Aktivitäten und in die Interaktion mit der
Lehrkraft einbezogen (Beschäftigungsradius)
alle Schüler/innen legen Rechenschaft über ihre Lernaktivitäten ab
(Rechenschaftsprinzip)
Abwechslung und Herausforderung
Zusammenfadsung (5 Aspekte)
Forschung zur Klassenführung
behavioral approach
=verhaltensbezogener Aspekt
Fokus auf Verhaltensprobleme bei Schüler/innen
Frage: Was können Lehrkräfte tun, um diese zu reduzieren?
zahlreiche empirische Befunde für die Wirksamkeit des Ansatzes
ecological approach
=ökologischer Ansatz
Fokus auf Verhaltensprobleme und die Nutzung von Lernzeit
Frage: Was können Lehrkräfte tun, um Verhaltensprobleme zu reduzieren und die Lernzeit optimal zu nutzen?
—> Kounin war ein früher Vertreter des ökologischen Ansatzes
behavioral approach > low-Profile Approach (Borich, 2007, S. 82f.)
Übersetzung etwa: „den Ball flach halten“ (anticipation, deflection, reaction)
Ziel: mit Störungen so umgehen, dass der Unterricht möglichst wenig gestört und das Lernklima nicht beeinträchtigt wird
Anwendungsfeld sind kleinere Vorkommnisse: lautes Lachen, Schwätzen, Tagträumen, Nichtbefolgen von Anweisungen, mit Handys spielen, doodling, humming
Methode: frühzeitiges deeskalierendes Eingreifen
möglichst nonverbal: Blickkontakt herstellen, gestische oder mimische Signale:
Augenbrauen heben, Kopfschütteln
falls nötig auch verbal: an die Regeln erinnern, den Namen des Schülers beiläufig nennen
noch akzeptable Störungen: Ignorieren, anderenfalls unverzügliches, undramatisches, diskretes Unterbinden
Leveled Consequences
Klassenführung:
Umgang mit Störungen (nach Thiel, 2016) >> prosozial und antisozial
Prosoziale Botschaften
Belohnung und Bestärkung der Schülerinnen und Schüler, Appell an Verantwortung fürandere, Appell an allgemeine Verhaltensregeln, Demonstration vorbildlichen Verhaltens, ...
Antisoziale Botschaften
Schuldgefühle, Antizipation negativer Folgen, Bestrafung, Beschämung oder Verachtung,Botschaften, die auf externe Autoritäten verweisen, ...
Einsatz prosozialer Botschaften ist i.d.R. positiv mit kognitiven und affektiven Lernerträgen assoziiert, der Einsatz antisozialer Botschaften dagegen nicht oder negativ (Chory & Goodboy, 2010)
Umgang mit Störungen: Negative Sanktionen/Strafen
(Wellenreuther, 2005, S. 264f.)
Möglichst einheitliche Normen und Regeln innerhalb einer Schule (Absprachen und Vereinbarungen unter Kolleginnen und Kollegen)
Bestrafungen durch Erinnern an die entsprechende Regel begründen
Strafen sollten konsequent bei allen SuS angewendet werden (Fairness)
Strafen sollten verhältnismäßig zur Störung sein
Strafen sollten auch als Strafen empfunden werden (nicht als Belohnung)
Wiedergutmachung sollte im Vordergrund stehen (bspw. durch eine Aufgabe, die der Klasse zugute kommt)
Möglichst geringe Störung des Unterrichtsablaufes durch die Bestrafung selbst
KLassenführung
Umgang mit Störungen, weitere Maßnahmen und Prinzipien
Kunter & Trautwein, 2013, S. 82f.:
Eichhorn, 2008, S. 176f.:
Tokenpläne (Systeme, in denen die SuS Punkte o.ä. sammeln können, die später in echte Belohnungen oder Privilegien umgetauscht werden können)
Gruppenbezogene Konsequenzen (z.B. Privilegien für Arbeitsgruppen in Aussicht stellen)
Einbeziehung der Eltern: z.B. Eltern informieren, mit den Eltern einen Plan zur Verbesserung
des Verhaltens abstimmen
Die Lehrkraft muss auf das Verhalten der Schüler/innen reagieren ohne auf sie als Person zu reagieren.
Schüler/innen die Chance bieten, mit positivem Verhalten drohende Konsequenzen abzuwehren.
Klassenführung: Umgang mit Störungen
konkrete Empfehlungen
Konkrete Empfehlungen
Situationsanalyse: Störungen im Zusammenhang sehen (z.B. Was ist ihre Funktion?)
möglichst einheitliche Normen und Regeln innerhalb einer Schule
positives Verhalten verstärken (wichtiger als negatives Verhalten zu sanktionieren)
möglichst prompte und niederschwellige Reaktion
Ecological apporach
Classroom manager
Gute classroom manager sind gut vorbereitet – schon bevor sie auf die Schüler/innen treffen
Klassenraum und Materialien sind vorzubereiten.
Die Lehrkraft ist Vorbild.
Wenn eine Lehrkraft eine neue Klasse übernimmt, sind die ersten Tage entscheidend für das ganze folgende Schuljahr.
Gleich zu Beginn sind Regeln und Prozeduren mit den Schüler/innen durchzusprechen.
Speziell am Anfang sollte mit großer Konsequenz vorgegangen werden.
Fünf Schlüsselmerkmale einer guten Klassenraumgestaltung (Emmer und Evertson, 2013)
Use a room arrangement consistent with your instructional goals and activities.
Keep high traffic areas free of congestion (floating).
Be sure students are easily seen by the teacher (monitoring).
Keep frequently used teaching materials readily accessible.
Be certain students can easily see instructional presentations and displays.
Was sollten Sie grundsätzlich beim Aufstellen von Klassenregeln beachten?
(Eichhorn, 2008; Emmer & Evertson, 2013; Helmke, 2015; Kiel et al. 2013)
Regeln sollten frühzeitig in der Klasse etabliert werden.
Die Formulierung der Regeln sollte positiv sein (erwünschtes Verhalten).
Die Regeln sollten knapp und präzise formuliert werden.
Es sollten möglichst wenige Regeln formuliert werden.
Regeln sollen eingehalten werden, d.h. das auf RegelverletzungenKonsequenzen erfolgen müssen.
Die Konsequenzen sind vorher festzulegen.
Die Regeln sollten unter Beteiligung der Schülerinnen und Schülern erarbeitet werden.
Klassenregeln konkret
... nach Emmer & Evertson (2013, S. 31)
Bringe alle benötigten Materialien mit in die Klasse.
Sei auf deinem Platz und arbeitsbereit, wenn es zum Unterricht läutet.
Respektiere alle anderen Personen und sei höflich zu Ihnen.
Höre zu und bleibe auf deinem Platz, wenn jemand spricht.
Respektiere das Eigentum anderer Personen.
Befolge die Schulregeln.
Kognitive Unterstützung:
„Lernen auf dem Grat zwischen Über- und Unterforderung“ (Vygotsky, 1963)
Grundlage von Feedback geben:
Formatives (vs. summatives) Assessment
Kentnisse über aktuelle Wissenstände ermitteln durch…
Vorwissenstests, Diagnosebögen, Kompetenzraster (paper-pencil, digital gestützt)
„real-time“ Diagnostik/Beobachtung im Unterrichtsprozess
Hausaufgaben und andere schriftliche Unterlagen der SuS
(Klassenarbeiten), Vergleichsarbeiten etc.
Def. Feedback
Feedback = jegliche Information über Aspekte der Leistung oder des Verstehens der Lernenden
Feedback geben (Hattie & Timperley 2007; Käfer et al., 2021)
zwei aspekte: fromatives und summatives Feedback
Was macht effektives Feedback aus? (Hattie & Timperley 2007)
3 Informationen
Feedback ist effektiv, wenn folgende Informationen geben werden
zum Lernziel (Feed Up: Wo gehe ich hin?)
zum aktuellen Lernstand (Feed Back: Wo stehe ich?)
zu den Strategien dem Lernziel näherzukommen (Feed Forward: Wie komme ich dahin? Was sind die nächsten Schritte?)
Was macht effektives Feedback aus?
Infos auf 3 Ebenen
Aufgabe (Wie wurde die Aufgabe verstanden und bearbeitet?)
Lernprozess (Welche Lernschritte waren/sind für die Bearbeitung der Aufgabe nötig?)
Selbstregulation (Wie wurde/wird der Lernprozess geplant, aufrechterhalten und überwacht?)
Feedback bezieht sich nicht nur auf das Ergebnis der Aufgabenbearbeitung, sondern auch auf motivationale, kognitive und metakognitive Prozesse:
Intelligente tutorielle Systeme (ITS)
„Intelligente tutorielle Systeme (ITS) sind adaptive Mediensysteme, die sich ähnlich einem menschlichen Tutor an die kognitiven Prozesse des Lernenden anpassen sollen, indem sie die Lernfortschritte und -defizite analysieren und dementsprechend das Lernangebot generativ modifizieren sollen.“ (Issing & Klimsa, 1995)
Diagnosefähigkeit Feststellung der Kompetenzen der Lernerin/des Lerners
Adaptivität selbstständige Anpassung des Systems an die jeweilige Benutzerin/den jeweiligen Benutzer
Flexibilität Fähigkeit zur Variation der Darstellung der Lerninhalte
Kognitive Unterstützung : emotionale Unterstützung
Soziale Beziehungen
Lehrkraft-SuS und SuS-SuS
—>Drei zentrale Aspekte guter sozialer Beziehungen
Respekt: Respektvoller Umgang miteinander z.B. niemanden bloßstellen, lächerlich machen
Anerkennung: Anerkennung/Wertschätzung von Unterschiedlichkeit/Vielfaltz.B. der Persönlichkeit
Fürsorge: Empathie und Fürsorge für (soziale) Probleme der SuS z.B. Konflikte mit Mitschüler:innen
-Positiver Umgang mit Fehlern
Abgrenzung von Feedback
Feedback: „was melde ich zurück“
Positiver Umgang mit Fehlern: „wie melde ich zurück“
Ziel eines positiven Umgangs mit Fehlern
Gefühl der Sicherheit vermitteln, Fehler begehen zu dürfen (s. auch respektvoller Umgang)
Bedeutung des Lernens aus Fehlern und individuelle Anstrengung betonen
Bezugsnormorientierung (Rheinberg, 2001)
Woran bemesse ich eigentlich die Qualität der SuS Leistungen?
Kriteriale BO (vorher definieren, was Lehrer an Leistung(sstufen) erwartet - Klassenarbeiten)
Soziale BO (einzelene SuS mit der ganzen Klasse vergleichen)
Individuelle BO (Fortschritt der einzelenen SuS)—>wichtig, um individuelle Anstrengung zu betonen
Attributionsstil: Erklärungen der Ursache von Leistungen (Weiner, 1985)
kontrollierbare Faktoren betonen
Verweise auf Begabung unbedingt vermeiden
>Autonomieunterstützung im Unterricht
Vier Ansatzpunkte
1. Individuelle Wahlmöglichkeiten
zwischen verschiedenen Aufgaben
zwischen verschiedenen Lösungsstrategien
zwischen Arbeits- oder Sozialformen (Partner:innen- oder Einzelarbeit, Wahl der Partner:innen)
bei der Zeiteinteilung
Aufgreifen der Interessen der SuS
SuS geben Lehrkraft Feedback
Partizipation im klassenverband und im Schulleben fördern
Beispiel: Klassenrat (regelmäßige Besprechung der Anliegen der Schüler:innen)
Beispiel: Projektarbeit (Mitbestimmung bei Zielen, Methoden, Produkten) s. Konzept „handlungsorientierter Unterricht“ (Gudjons, 2001)
Wie nutzen Schüler*innen die Lerngelegenheiten im Unterricht?
Beobachtung (time on task): Def.
(Kontinuierliche) Beobachtung des Verhaltens der Schüler*innen
Professional Vision („der professionelle Blick“): Noticing & Interpreting Seidel & Stürmer, 2014; van Es & Sherin, 2002
—>Ein wichtiger Aspekt der professionellen Kompetenz von Lehrkräften Blömeke, Gustafsson & Shavelson, 2015; Kersting et al., 2012
CLASS Ansatz: Student Engagement
time on task: Wie kann man das messen?
1. Beobachtung
Systematische Verhaltensbeobachtung (Erhardt, Findeisen, Marinello, & Reinartz-Wenzel, 1981) (z.B. von Blickrichtung, Körperhaltung/-ausdruck, Tätigkeit)
Münchener Aufmerksamkeitsinventar (Helmke & Renkl, 1992)
2. Selbstbericht
Fragebogen
Experience Sampling
Qualitative Interviews
3. Physiologische Maße
differnzielle Wirkpfade
Beobachtung
Münchener Aufmerksamkeitinventar (MAI) (nach Helmke & Renkl, 1992)
On Task: passiv, aktiv, reaktiv
Off-Task: passiv, aktiv
No-Task
Nimmt die Aufmerksamkeit ab?
Annahme: Diagramm bei einem 30 min Vortrag
Abnahme nach 15min? (Sieber, Grob, & Praetorius (in prep.))
Zerlegung der Varianzkomponenten zeigt, dass sich Varianzen stärker auf Personen als auf Zeitpunkte verteilen.
Die angenommene Abmekrsamkeitskurve/Abnahme konnte nicht beobachtet werden
Phänomenologie schulischer Langweile (Götz & Frenzel, 2006) —>Kategorisierung von Langweile (Schülerinterviews in qualitativer Inhaltsanalyse: z.B. Abschweifen, Beschäftigungsdrang, Agression,…)
4 Kategorien unterschieden in AKtivationgrad)
indifferent: Abschalten, Müdigkeit, Desinteresse, Leere (18%)
kalibrierend: nciht wissen was man machen soll, ungerichtetes Herumschweifen der Gedanken (60%)
zielsuchend: konkrete Suche nach Alternativen, Beschäftigungsdrang, prospektive Gedanken zu Freizeit und Hobbies (16%)
reaktant: Aggresion, Gedanken zu Opportunitätskosten (6%)
Physiologische Maße, Bsp. und Schwierigkeiten
Gehirn: ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) im Elektroenzephalogramm (EEG)
Herz: Herzfrequenz, Herzfrequenzvariabilität, Blutdruck
Muskeln: Elektromyografie (EMG)
Augen: eye tracking, Pupillometrie
Haut: psychogalvanische Hautreaktion (Hautleitfähigkeit)
Hormone: z.B. Cortisol
—> periphere physiologische Maße sind in ihrer Aussagekraft ebenfalls limitiert
—> Schwierigkeit Aufmerksamkeit und Arousal auseinanderzuhalten
Zugangsweisen der empirischen Unterrichtsforschung
Korrelative Studien: Ziel
bei korrelativen Studien (wie z.B. COACTIV) wird i.d.R. natürlicher Unterricht untersucht und mit Lernerfolg in Beziehung gesetzt
Untersuchung des Zusammenhangs einzelner Unterrichtsmerkmale (z.B. Effizienz der Klassenführung) mit den Zielen des Unterrichts (z.B. Lernerfolg der Schüler/innen)
−d.h. es geht um den Zusammenhang von Prozess- und Produktmerkmalen
-(z.B. COATIV-Studie: PISA Ergebnisse + Lehrerbefragungen
COATIV-Studie (Kunter et al.,2013)
-Ergebnisse/positive Prozee-Produkt-Zusammenhänge erforscht
Korrelative Studien: Limitierungen
Warum Zusammenhänge/Korrelationen nicht kausal interpretiert werden können:
Wie hängen Interesse und Leistung zusammen? —> die Studien können Modelle nicht ausschließen
Experimentelle Studien
-Typische Hypothesen, die geprüft werden sollen:
bei experimentellen Studien wird meist eine Unterrichtsform (oder mehrere) gezielt durchgeführt (Experimentalgruppe) und mit herkömmlichem Unterricht bzw. einer anderen Unterrichtsform kontrastiert (Kontroll- oder Vergleichsgruppe)—> intentional durchgeführter Unterricht + geht um Intervention
Typische Hypothesen, die geprüft werden sollen: Unterrichtsforschung
− „Gruppenarbeit führt zu höheren Lernleistungen und mehr Motivation als herkömmlicher Frontalunterricht.“
− „Durch gute Klassenführung können die Schüler/innen mehr lernen.“
− „Schreiben nach Gehör ist wirksamer als Unterricht nach Fibel in Hinblick auf die
orthografischen Kompetenzen der Schüler/innen.“
Ziele von Experimenten
Kausale Ursache-Wirkungs-Beziehungen nachweisen
Unterschiede in den Ausprägungen einer abhängigen Variable (AV, „Wirkung“)...
>... können eindeutig auf die Variation der unabhängigen Variable (UV, „Intervention“) zurückgeführt werden und ...
>... alternative Erklärungen zum Zustandekommen der Ausprägungen der AV können ausgeschlossen werden.
Def.: Kausalität
Es muss ein Zusammenhang zwischen Ursache (unabhängiger Variable) und Wirkung (abhängiger Variable) bestehen.
Die Ursache (UV) muss der Wirkung (AV) zeitlich vorausgehen.
Der Zusammenhang zwischen Ursache (UV) und Wirkung (AV) darf nicht durch andere Einflüsse (Störvariablen) bedingt sein.
Das Experiment als „Goldstandard“ für kausale Schlussfolgerungen.
2 zentrale Ideen
= Randomized Controlled Trial (RCT)
Zwei zentrale Ideen:
Randomisierte Zuweisung von Personen zu den Bedingungen
Generierung von Personengruppen, in denen alle potentiell relevanten Merkmale gleichverteilt sind („Gruppen mit identischen Ausgangswerten“) (durch zufällige Ziehung der verfügbaren Plätze in den Gruppen aus ausreichend große Gruppen)
Kontrolle von Störfaktoren
z.B. Ausfall von Studienteilnehmenern
Treatment Implementation (Werden Experimental- und Kontrollbedingungen tatsächlich so umgesetzt, wie es beabsichtigt war?)
Wann sind kausale Schlüsse nicht bzw. nur eingeschränkt möglich?
Fremd- und Selbstselektion, keine Baseline-Gleichheit der Gruppen
selektiver Stichprobenausfall (s. Beispiel)
fehlerhafte Implementation des Treatments, z.B. durch Geschehen außerhalb des Experiments (s. Beispiel)
Novitätseffekte (=etwas Neues passiert)
Testwiederholungseffekte
Reifung /Spontanremission
Vergleich korrelative und experimentelle Studien und deren Merkmale
Korrelative und experimentelle Studien als wichtige Strategien der empirischen Unterrichtsforschung
Wichtige Funktion solcher Studien: Überprüfte Erkenntnisse über die Wirksamkeit von Unterrichtsmerkmalen (Methoden, Basisdimensionen etc.) zu erhalten
Korrelative Studien
ermöglichen u.a. Einblicke in Prozess-Produkt-Beziehungen unter „normalen Bedingungen“
(Unterricht wie er täglich stattfindet)
Kausale Schlussfolgerungen nicht (nur eingeschränkt) möglich
Untersuchen i.d.R. gezielt die Wirksamkeit einzelner Unterrichtsmerkmale in best. Settings
Oft Interventionsstudien (gezielt veränderte Bedingungen)
erlauben kausale Schlussfolgerungen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind (Randomisierung, Kontrolle von Störfaktoren)
Ziel: Bedingungen des Wissenserwerbs im Bereich empirischer Forschungsmethoden beim computerbasierten Lernen (Krause, Stark, & Mandl, 2004)
interessierende UVs:
Sozialform (individuell vs. kooperativ in Dyaden)
Feedbackmaßnahme (vorhanden vs. nicht vorhanden)
>>zweifaktorielles Design mit 2 UVs mit je 2 Ausprägungen
Perspektiven der Unterrichtsbeobachtung
3 Anwendunkskontexte
Beurteilung von Lehrkräften im Rahmen laufbahnrelevanter Entscheidungen (high stakes)
Feedback zur Weiterentwicklung des Unterrichts (low stakes)
Unterrichtsforschung
Flipped Classrom, d-Wert
Unterricht wird nach Hause verlagert, Übungsphasen in den Unterricht
Metaanalyse von Strelan et al. (2020; alle Fächer): g = 0.50
– Größte Effekte für die geisteswissenschaftlichen Fächer (g = 0.98)
– Flipped Classroom bietet die Möglichkeit für strukturiertes kognitiv aktivierendes Lernen
Weitere Metaanalysen im STEM-Bereich
– g = 0.63 (Turan et al., 2021)
– g = 0.73 (Dogan et al., 2021)
Computerunterstütztes kollaboratives Lernen, d-Wert
Metaanalyse von Jeong et al. (2019; STEM learning): d = 0.51
– Größte Effekte für die Sekundarstufe
– Keine Unterschiede zwischen face-to-face, synchron und asynchron
– Effekte in den Naturwissenschaften größer als in Mathematik oder Informatik
Metaanalyse von Radkowitsch et al. (2020) zu angeleitetem CSCL (CSCL scripts):
– leicht positive Effekte auf Lernen und Motivation (n.s.)
– deutliche Effekte auf Collaboration Skills
Unterrichtsbeobachtungen
Methoden der Unterrichtsbeurteilung
Perspektive: Lehrkraft vs. Schüler/innen vs. Beobachter/innen
frei vs. gebunden (unstrukturiert vs. strukturiert)
aktuell (d.h. die aktuelle Stunde) vs. kumulativ (z.B. das letzte Halbjahr)
niedrig-inferent vs. hoch-inferent
in vivo vs. Video
ontologische Vorüberlegungen
perspektivische Einschätzungen von Unterricht
unterschiedloiche Perspektiven auf Unterricht von Lehrkraft, Schüler und BEobachten von wahrem Unterricht, die andere nicht abdecken
jede Perspektiven haben subjektive Fehler der Wahrnehmung
manche Bereiche des wahren Unterrichts werden von keiner Perspektive wahrgenommen?
gemeinsame Wahrnehmungsbedingungen
-Lehrperson und Schüler/innen: Beteiligung am Unterrichtsgeschehen
-Schüler/innen und Beobachter/innen: Referenz: Außenperspektive auf Verhalten der Lehrkraft
-Lehrperson und Beobachter/innen: pädagogisch-didaktisches Verständnis
Beispiel: untersuchete Unterrichtsmerkmale von TIMSS
Korrelation der Perspektiven (1 = perfekte übereinstimmung) (nichts = 0)
Stimmen die 3 Perspektiven überein?
insgesamt eher geringe oder keine Übereinstimmungen zwischen den Perspektiven
geringste Übereinstimmungen bei kognitiver Aktivierung; kein deutlicher Effekt eines gemeinsamen pädagogisch-didaktischen Verständnisrahmens von Lehrpersonen und Beobachter/innen
relativ höchste Übereinstimmungen bei Klassenführung (Disziplin)
konsistente Effekte der Klassenführung auf die Leistungsentwicklung über die drei Perspektiven hinweg
Effekte aller drei Dimensionen von Unterrichtsqualität auf die Leistungsentwicklung für die Perspektive der Beobachter/innen (können Lernerfolge aller drei Dimensionen vorersagen anders als Schüler, Lehrer)
Perspektiven stimmen nicht bzw. nur eingeschränkt überein
Die prädiktive Validität („Vorhersagekraft“) für den Lernerfolg variiert ebenfalls,
bei geschulten externen Beobachter*innen ist sie i.d.R. am besten
Schwierigkeiten für Lehrerperspektive: Komplexität der Unterrichtssituationals Grund für Wahrnehmungsüberforderung (Doyle, 2006; Kunter & Trautwein, 2013, S. 57-59)
Vor und Nachteile der Lehrerperspektive (Eigeneinschätzung)
Vorteile
pädagogisch-didaktisches Verständnis
Diagnostik/Beurteilung ist Teil beruflicher Anforderungen
können unterrichtliches Handeln subjektiv begründen; Einblick in Planungsprozesse und Ziele
Verfügbarkeit von Kontextinformationen
ökonomische Durchführung
variabler, längerer Beurteilungszeitraum möglich
Nachteile
geringe Objektivität
relativ zur Schüler- und Beobachterperspektive geringere prädiktive Validität
aktiv ins Unterrichtsgeschehen involviert: Wahrnehmungsüberforderung
soziale Erwünschtheit und selbstwertdienliche Wahrnehmungsverzerrungen (bei Selbstbeurteilung)
—> Lehrkraftperspektive auf Unterricht unterliegt oft starken Wahrnehmungsverzerrungen
—> geringe Vorhersagekraft für das Lernen der Schüler*innen (Ausnahme: Einschätzungen zur Klassenführung, Auftreten von Störungen)
—> Unterrichtsentwicklung durch systematisches, externes Feedback aus anderen Perspektiven
Vor und Nachteile der Schülerperspektive
Schüler/innen sind Adressaten des Unterrichts
relevante Anteile die von anderen Perspektiven nicht bedacht werden
hohe Reliabilität durch Aggregation auf Klassenebene
Informationen über individuelle Lehrer-Schüler-Beziehungen
Vergleich verschiedener Lehrkräfte
geringer Erhebungsaufwand, ökonomische Durchführung
Fehlendes pädagogisches und fachdidaktisches Wissen
Doktor-Fox-Effekt
Involviertheit in das unterrichtliche Geschehen
Unklarheiten bezüglich der Beurteilungskriterien und des Beurteilungszeitraums
Vorgehen (z.B. Fauth et al., 2014; s. auch EMU)
Schüler*innen schätzen den Unterricht anhand vorgegebener Aspekte ein
Vor und Nachteile externer Beobachter
Vorteile:
Beobachter als Außenstehende
Ausmaß an Vergleichsmöglichkeiten
absolviertes Training
Nachteile:
hoher Kostenaufwand
fehlende Kontextinfos
kurzer Beobachtungszeitraum
potentielle Reaktivitätseffekte (nimmt durch Neuheit des Besuches nicht realen Unterricht war)
Messproblematik: Rater-Bias: 0-41% der Gesamtvarianz
Unterrichtsbeobachtungen:
Übersicht: Vor und Nachteile der 3 perspektiven
Referentenmatrix: Fauth et al. 2020
Weitere Ursachen für Abweichung der Perspektiven
EMU: Evidenzbasierte Methoden der Unterrichtsdiagnostik und -entwicklung (Helmke et al., 2011)
Dimensionen der Unterrichtsqualität in EMU
Grundidee: Abgleich der drei Perspektiven
Lernförderliches Klima und Motivierung
Klarheit und Strukturiertheit
(Kognitive) Aktivierung
auch Beurteilung der Wirkung des Unterrichts, nicht nur der Unterrichtsbeurteilung: >Bilanzbereich: Einschätzung der Stunde in emotionaler (Wohlfühlen), motivationaler (Interessantheit) und kognitiver (Lernertrag) Hinsicht
Grundidee: Abgleich der drei Perspektiven (von 1-4)
SuS - Selbsteinschätzung - Externe
Fragebögen mit identischen Aussagen zum Abgleich
ISQ-Selbstevaluationsportal
Institut für Schulqualität der Länder Berlin und Brandenburg e.V.
Abgleich der Perspektiven der Unterrichtsbeobachtung
Wahrnehmung der SuS und eigene wird gegenübergestellt
—> L. kann die Aspekte aussuchen, die die SuS beurteilen sollen
Unterrichtsbeobachtungen/-beurteilungen
Verfahren für Externe
Beurteilung von Basisdimensionen i.d.R. hoch-inferent (interpretativ, Schlussfolgerungen)
Ratingverfahren zur Erfassung von Basisdimensionen (Beispiele)
Projekt PERLE (Lotz et al., 2013→pdf in OLAT)
Projekt PYTHAGORAS: (Hugener et al., 2006)
CLASS (Pianta et al., 2012)
Beschreibung von Basisdimensionen und Indikatoren (um Seubjektivität zu vermeiden)
Schulung von Beobachter/innen —> Objetivität schulen
generisch zu den Basisdimensionen und Indikatoren
ggf. auch fachlich/fachdidaktisch zum Unterrichtsthema
Überprüfung der Übereinstimmung der Beobachter/innen (Objektivität des Verfahrens)
Standardisierte Unterrichtsbeurteilung Beispiel aus dem Projekt PERLE
welche Dimensionen werden definiert vorgeschrieben?
Definition/Beschreibung von
Basisdimensionen
Subdimensionen („Ratingdimensionen“)
Ablauf des Trainings der Beurteilenden
Analyseeinheit und Art des Ratings
Pro Ratingdimension:
▪ Grundidee
▪ Indikatoren (positiv und negativ)
▪ Marker für die Ratingstufen (1-4)
Standardisierte Unterrichtsbeurteilung: Struktur und Dimensionen von CLASS
mit Beobachtungsbogen für Rating und Beobachtungen/Beurteilung
Modell der kollegialen Unterrichtsentwicklung (Helmke et al., 2011)
A) Verantwortliche Personen benennen
B) Kollegiumsinterne Fortbildung —> einheitliches Verständnis von Unterrichtsqualität
C) Kollegiale Unterrichtsentwicklung im Zyklus: bsp. Bildung eines Lehrer-Tandems zur wechselseitigen Hospitierung und Feedback + Einholung von Schüler-Feedback —> Unterrichtsreflexion
kollegialen Unterrichtsentwicklung
Coaching-Ansatz: My Teaching Partner
5 Steps:
Teacher records classroom videos
Coach reviews and selects video and writes prompts
Teacher reviews videos abd responds to prompts
Teacher and coach discuss prompts and practice
Summary and action plan inform next cycle
Kooperative Unterrichtsentwicklung:
Feedback im Rahmen kooperativer Unterrichtsentwicklung
Hinweise zum kollegialen Feedback (Helmke et al. 2011)
1. Wertschätzung
Konzentration auf Stärken, ohne Schwächen zu ignorieren
beschreibende, nicht bewertende Darstellung
konstruktive, konkrete Rückmeldung statt allgemeiner Ratschläge und Kritik an Persönlichkeit
Prozess:
− Beobachtungsfokus vorab vereinbaren
− Später im Prozess bringen Feedback-Gebende auch eigene Punkte ein.
− Vereinbarung von Maßnahmen und Reflexion der Umsetzung
TPACK – DAS MODELL DES “TECHNOLOGICAL PEDAGOGICAL CONTENT KNOWLEDGE”
Medienkompetenz:
Modell der Medienpädagogischen Kompetenz
Mediendidaktik
Medienerziehung
Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen
Gestaltung personaler und instituioneller Rahmenbedingungen
Eigene Medienkompetenz
EUROPÄISCHER RAHMEN FÜR DIE DIGITALE KOMPETENZ VON LEHRKRÄFTEN (DIGCOMPEDU)
Beispiele für Teilbereiche aus
Berufliches Engagement
Digitale Ressourcen
Evaluation
Lehren und Lernen
Lerner-Orientierung
Förderung der digitalen Kompetenzen der Lernenden
Mediennutzung
VORTEILE DES EINSATZES EINES ABSTIMMUNGSSYSTEMS
Zuhörende werden kognitiv aktiviert
Alle Teilnehmenden können sich beteiligen, nicht nur wenige, die sich melden
Schüchterne Teilnehmende trauen sich, sich zu beteiligen, weil Anonymität vorhanden
Echtzeitübertragung der Ergebnisse
Lehrperson kann auf die Ergebnisse direkt eingehen:
Wissenslücken erkennen
Ggf. einen Aspekt noch einmal erklären
Den Unterricht auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden anpassen
Erhält Rückmeldung von den Teilnehmenden
„BILDUNG IN DER DIGITALEN WELT“ ZENTRALE KOMPETENZBEREICHE
Kompetenzen in der digitalen Welt (KMK, 2016)
Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren
Kummunizieren und Kooperieren
Produzieren und Präsentieren
Schützen und sicher agieren
Problemlösen und Handeln
Analysieren und Reflexieren
Tiefenstrukturen Zusammenfassung mit Reflexionsfragen (nach kunter und trautheim, 2013)
Tabelle
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