S3-Leitlinien
= systematisch entwickelte Aussagen, die den gegenwärtigen
Erkenntnisstand wiedergeben, um die Entscheidungsfindung von Ärzten/Angehörigen/Patienten eine angemessene Versorgung bei spezifischen Gesundheitsproblemen zu finden
= S3 erfüllt die höchsten Standards aller existierenden Leitlinien
—> repräsentative Formulierungen
—> systematisches Ansammeln von Wissen und Erkenntnissen
—> geregelte Verfahren führen zu einheitlichen Empfehlungen
—> am verlässlichsten und aufwändigsten
—> Entwicklung kann mehrere Jahre dauern
Zsmh. Evidenz-, Empfehlungsgrad und Empfehlung
S3 Leitlinien
Prävention und Behandlung der Rechenstörung
Ursachen von Lernstörungen
vielfältige, komplexe Ursachenvermutungen benennen. Dazu zählen u.a.:
Unzureichende Unterstützung von Eltern
Förderunterricht qualitativ minderwertig und zu kurzzeitig
Mangelnde Vorerfahrungen und Vorwissen als Lernvoraussetzungen des Kindes
Hinweise auf Lernstörungen
Folgende Gegebenheiten können Hinweise auf eine Lernstörung sein:
Misserfolgserlebnisse begünstigen fehlende Lernmotivation
Fehlendes Vorwissen behindert das Zurückgreifen auf Lösungsmöglichkeiten
Unzureichende selektive Aufmerksamkeit bei Lernaktivitäten
Lernstörungen (Definition)
Man spricht von Lernstörungen, wenn Kinder oder Jugendliche bei einem normalen Arbeitsaufwand nicht den gewünschten Erfolg erzielen.
Unter Lernstörungen versteht man die Unfähigkeit, spezifische Fähigkeiten oder Informationen aufgrund mangelhafter Aufmerksamkeits-, Gedächtnis- oder Gedankenleistungen zu erlangen, zu behalten und zu verallgemeinern.
Typische Merkmale von Lernstörungen sind:
Defizite in der Anwendung von Lernstrategien
Arten von Schwierigkeiten beim schulischen Lernen
Definition einer Lese-Rechtschreibschwäche (Grünke & Hintz, 2018)
1. Unter einer Lese-Rechtschreibschwäche versteht man umschriebene Probleme beim Schriftspracherwerb.
2. Diese müssen bereits beim Erstleseunterricht deutlich geworden sein, während sich zeitgleich in anderen Fächern keine nennenswerten Auffälligkeiten zeigten.
3. Gemäß der ICD-10 (F81.0) ist des Weiteren ein gravierender Unterschied (mindestens zwei Standardabweichungen) zwischen dem allgemeinen intellektuellen Niveau und der Lese- und Rechtschreibleistung nachzuweisen, um eine entsprechende Diagnose stellen zu können
Definition einer Rechenschwäche (Warnke & Küspert, 2014)
1. Bei einer Rechenschwäche weist der betroffene Schüler durchschnittliche Lese- und Rechtschreibfähigkeiten auf und verfügt über eine gute Allgemeinintelligenz.
2. Grundlegende Rechenfertigkeiten im Bereich der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division werden jedoch nur unzureichend beherrscht.
3. Wie bei Lese-Rechtschreibstörungen wird auch die Rechenschwäche mittels eines Unterschieds zwischen dem generellen intellektuellen Leistungsniveau und spezifischen (in diesem Falle mathematischen) Kompetenzen definiert. Auch hier soll die Differenz wenigstens zwei Standardabweichungen betragen.
kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten (Lauth, 2014)
1. Eine kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten (auch allgemeine Lernschwäche genannt) zeichnet sich durch basale Probleme beim Erlernen des Lesens, des Schreibens und des Rechnens aus.
2. Das Lernen ist hier im Gegensatz zu einer LeseRechtschreibschwäche oder einer Rechenschwäche „auf breiter Ebene“ beeinträchtigt.
3. Gleichzeitig liegt eine deutliche Diskrepanz (zwei Standardabweichungen und mehr) zwischen den tatsächlichen und den aufgrund der Intelligenz, des Alters und der bisherigen Beschulung erwarteten Schulleistungen vor.
4. Die kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten ist im ICD-10 verzeichnet (F81.3) und entspricht von allen in dieser Sitzung beschriebenen Kategorien am ehesten dem angloamerikanischen Konzept der „learning disabilities“.
Definition eines Underachievements (Glaser & Brunstein, 2014)
1. Unter einem Underachievement versteht man das bereichsübergreifende Zurückbleiben schulischer Leistungen hinter dem Intelligenzniveau.
2. Die Diskrepanz zwischen Fähigkeit und Leistung muss hierbei mindestens eineinhalb Standardabweichungen betragen.
3. In Abgrenzung zu einer kombinierten Störung schulischer Fertigkeiten (ICD-10; F81.3) muss eine überdurchschnittliche Intelligenz vorhanden sein, die Schulleistungen dürfen hingegen bestenfalls im Normalbereich liegen.
4. Die Besonderheit dieser Störung liegt darin, dass die Noten der betroffenen Schüler nur im Verhältnis zu ihrer individuellen Begabung, nicht aber hinsichtlich der sozialen Bezugsnorm ihrer jeweiligen Klassen als schlecht bezeichnet werden können.
Definition einer Entwicklungsstörung des expressiven Schreibens (Thomas, Schulte-Körne & Hasselhorn, 2015)
1. Eine expressive Schreibstörung äußert sich in Problemen im schriftlichen Ausdruck, die in Diskrepanz zu dem individuellen Alter, dem Bildungshintergrund und der Intelligenz eines Kindes oder Jugendlichen stehen.
2. Die schriftlichen Ausführungen sind ungewöhnlich kurz und zeichnen sich durch einen Mangel an Kohärenz aus.
3. Massive Schwierigkeiten in der Orthographie, der Grammatik und der Interpunktion sind typisch. Allerdings kommt es in Einzelfällen vor, dass ein Kind oder Jugendlicher hier keine gravierenden Rückstände aufweist.
4. Kennzeichnend ist schließlich eine außergewöhnlich schlechte oder unleserliche Schrift.
Definition Lernbehinderung
Die Lernrückstände
• Betragen zwei bis drei Schuljahre
• Betreffen mehrere Unterrichtsfächer (v.a. Deutsch und Mathematik)
• Persistieren über mehrere Jahre
• Sind nicht Folge eines unzureichenden Lernangebots, sondern stehen im
Zusammenhang mit Defiziten in der Allgemeinen Intelligenz (ICD-10;
F81.3)
—> IQ liegt zwischen 55 und 85
• können nicht auf Sinnesschädigungen zurückgeführt werden
Prävalenz von Lernstörungen
Expressive Schreibstörung tritt am häufigsten auf
• Gefolgt von Rechtschreibstörung, dann Lesestörung
• Rechenstörung tritt am seltensten auf
Schwierigkeitsstufen der Phonologischen
Bewusstheit
Nachteilsausgleich
Definition
• Sie gleichen begründete Benachteiligungen von SuS aus
—> entsprechen dem Grundsatz der Chancengleichheit
• individuelles Unterstützungs- und Hilfsangebot
• Möglich bei SuS mit sopäd. Förderbedarf, Behinderung, chronischen Erkrankung, die zielgleich Lernen (Abschlüsse der Bildungsgänge der allgemeinen Schulen)
• Gilt für den Unterricht, Klassenarbeiten/Klausuren, zentrale
Abschlussprüfung nach der 10. Klasse, Abitur
Anspruchsberechtigte SuS für Nachteilsausgleich in NRW
SuS mit:
• Starker Beeinträchtigung des Lesens und Rechtschreibens
• Akuter oder chronischer Erkrankung
Nachteilsausgleich - konkrete Beispiele
Zeitzuschlag bis max. zur Hälfte der regulären Bearbeitungszeit
Bereitstellen von technischen und didaktischen Hilfsmitteln
Vorlesen der Aufgabenstellung
Gewährung zusätzlicher Arbeitszeit für Aufgaben im Unterricht
Ausgleichsmaßnahmen anstelle einer Mitschrift von Tafeltexten
Bereitstellen von Spiel- und Sportgeräten zur Entspannung im Klassenraum
Spezielle Organisation des Lern- und Arbeitsplatzes
Spezifisch gestaltete Aufgabenstellungen im Unterricht
Nachteilsausgleich - Zuordnungsbeispiel
AO-SF-Verfahren
Folgende Voraussetzungen sind vordergründig, wenn Kinder und Jugendliche innerhalb eines AOSF-Verfahrens dem Förderschwerpunkt Lernen zugeordnet werden und damit sonderpädagogische Förderung erhalten können:
Schwerwiegende und langanhaltende Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Leistungsanforderungen
Sehr ausgeprägte Form einer Minderleistung beim Erwerb kognitiv verbaler und abstrakter Inhalte
Lernvoraussetzungen
Lernvoraussetzungen, die erfolgreiches Lernen ermöglichen:
• Motivation
• Arbeitsgedächtnis
• Berreichsspezifisches Wissen
• Fachspezifisches Wissen
Den Lernvoraussetzungen nach Matthes (2009) werden folgende Teilkompetenzen zugeordnet:
Grundlegende Fertigkeiten der Informationsverarbeitung: —> Basiskompetenzen
Mangelndes bzw. nicht vernetztes Vorwissen:
—> Bereichsspezifisches Wissen
Impulskontrolle/Metakognition und Lernstrategien:
—> Handlungssteuerung
Erwartung von Erfolg und Misserfolg:
—>Motivation
Handlungsmodell nach Matthes (2009)
Zeigt Bereiche, in denen SuS mit Förderschwerpunkt Lernen ein
abweichendes Verhalten zeigen und Förderung benötigen
Erfolgreiches Lernen
Man lernt erfolgreich, indem man neue Informationen sinnvoll kategorisiert.
Man lernt erfolgreich, indem man sinnvolle Strategien einsetzt.
Man lernt erfolgreich, indem man grundlegende Fertigkeiten automatisiert.
Man lernt erfolgreich, indem man Fehler vermeidet.
Schritte beim Textverständnis
1. Den Text lesen und sich einen Überblick verschaffen
2. Zielfindung (Was ist die Aufgabe?)
3. Kriterien für das Lernen bilden (Woran würde ich merken, ob ich es kann?)
4. Dem Text eigene (Unter-) Überschriften geben
5. Kategorien bilden (z.B. Welche Personen tun was?)
6. Evtl. erneut lesen
7. Kategorien aufschreiben
8. Kategorien einprägen (über Wiederholung)
9. Überprüfen, ob das Einprägen gelungen ist
10. Überprüfen, ob das Ziel erreicht wurde – falls nicht, zurück zu Schritt 5 oder 6
Interventionen bei Lernstörungen
Folgende Maßnahmen üben bei Kindern und Jugendlichen einen positiven Einfluss auf die Lernaktivitäten aus:
Gewünschte Lernaktivität wird modellhaft durch „Lautes Denken“ verdeutlicht
Vermittlung von aufgabenspezifischen Lernstrategien
Vermittlung von bereichsübergreifenden Lernstrategien
Erreichbare Lernziele anbieten, damit die Motivation erhalten bleibt
Lernmotivation erhöhen, damit gelernte Strategien auch geübt werden können
Lehrergesteuerte, explizite und kleinschrittige Vermittlung von Informationen
Effektive Interventionsansätze (Grünke, 2006)
Direkte Instruktion
Tutorielles Lernen
Selbstinstruktionstraining
(meta-)kognitive Strategieinstruktionen
Strategieinstruktion
Primäre Lernstrategien
Überschaubare Übungssequenzen und Modellierungstechniken haben sich als wirkungsvoll bei der Intervention bei Lernstörungen erwiesen.
Primäre Lernstrategien dienen der Informationsverarbeitung und wirken direkt auf eine Optimierung der kognitiven Prozesse ein. Die Strategieformen besitzen unterschiedliche Funktionen:
Wiederholungs- und Memorierungsstrategien passt zu Auswendiglernen von Fakten / hilfreich, insbesondere wenn es sich um isolierte Informationen handelt.
Organisations- / Kategorisierungsstrategien passt zu Aufdecken von internen Verknüpfungen und Strukturen von Lernmaterialien.
Elaborierungsstrategien passt zu Neue Informationen werden besser mit vorhandenem Wissen verknüpft.
Metakognitive Strategien passt zu überwachen und steuern den Einsatz und die Funktionsweise der kognitiven Strategien.
Professionelle Kompetenzen der Lehrkraft
Professionelle Kompetenzen von Lehrkräften gelten als eine zentrale Voraussetzung für gelingende Lehr-LernProzesse im Unterricht und damit für den schulischen Erfolg von Schüler*innen. Hierzu gehören das Artikulieren von Erfolgskriterien und Leistungserwartungen und die Offenheit der Lehrkraft (Lehrer*innen-Schüler*innen-Beziehung).
Inklusive Bildung
Inklusive Bildung erfordert effektive Lern- und Entwicklungsangebote für einen gelingenden Lernprozess bei Schüler*innen. Hierbei haben folgende Maßnahmen einen positiven Einfluss auf das schulische Lernen:
Explizite und kleinschrittige Vermittlung von Informationen
Evidenzbasierte Unterrichtsmethoden
Direktes Feedback in Form von differenzierter Verstärkung
Positive Einflussnahme der Lehrkraft
Einbinden aller Schüler*innen
Gut strukturierter Unterricht
Positives, sozial-emotionales Klassenklima
Artikulieren von Erfolgskriterien und Leistungserwartungen
Positives Feedback
Einflüsse der Lehrkraft (Hattie, 2013)
Eine Lehrkraft kann auf folgende Weise Einfluss auf das Lernen der Schüler*innen nehmen:
(hohe) Erwartungen der Lehrkräfte (mit anspruchsvollen Zielen)
Offenheit der Lehrkraft (Lehrer-SchülerBeziehung)
Last changed2 years ago