Schweigepflicht/Verschwiegenheitspflicht
= rechtliche Verpflichtung bestimmter Berufsgruppen, anvertraute Geheimnisse oder Informationen, die durch die Arbeit zugänglich geworden sind, nicht an Dritte weiterzugeben. -> Besteht über Tod hinaus
Geheimnis
= „Information, Tatsache oder Sache, die nur einem begrenzten [...] Personenkreis bekannt ist oder sein sollte“. (StGB)
Nutzen der Schweigepflicht
Ziel: Schutz der Privatsphäre der PatientIn
Vertraulichkeit als Grundlage für Vertrauen
-> tragfähige KlientIn-TherapeutIn-Beziehung
-> Metaanalyse mit 400 Studien zeigt nachweislich höheren Therapieerfolg
Berufsgruppen, die Schweigepflicht betreiben müssen
ÄrztInnen
BerufspsychologInnen
auch deren Gehilfen (PraktikantIn, SekretärIn)
4 Verankerungen der Schweigepflicht im Gesetz
Zivilrecht: vertragliche Schweigepflicht
Psychotherapeutische Behandlung
Vertragsverhältnis: psychotherapeutischer Behandlungsvertrag
-> Nebenpflicht = Verschwiegenheitspflicht
Strafrecht: Schweigepflicht gemäß § 203
-> zusätzlich?
Explizite Nennung von Berufsgruppen, für die Schweigepflicht gilt
Berufsrechtliche Schweigepflicht
Regelung für straffreicher Bruch der Schweigepflicht
Informationsweitergabe bei Supervision, Intervision, Forschung
Rechtsfolgen bei Bruch der Schweigepflicht
durch unterschiedliche Gesetze
Spezifische praktische Anwendungsbereiche
Intervision + Supervision
Patientendaten nur pseudonymisiert weitergeben -> kein Rückschluss auf Person
TherapeutIn muss PatientIn über Supervision / Intervision informieren
Wissenschaft + Lehre
Gruppentherapie
Gruppenmitglieder unterliegen keiner Schweigepflicht
Voraussetzungen für straffreie Brechung der Schweigepflicht
Offenbarungsbefugnisse und Offenbarungspflicht
Offenbarungsbefugnisse
ausdrückliche oder konkludente Einwilligung durch PatientIn
Formular ausfüllen
Mutmaßliche Einwilligung des Patienten
Datenübermittlungsbefugnis
Rechtfertigender Notstand
Offenbarungspflicht
Schweigepflicht gegenüber Sorgeberechtigten
Natürliche Einsichtsfähigkeit
Liegt vor, wenn:
Minderjähriger nach Auffassungsgabe, Beurteilungsvermögen und Reifeentwicklung in der Lage ist, eine ärztliche Aufklärung entgegenzunehmen, zu verstehen und die Konsequenzen seiner Entscheidung zu erfassen
-> Natürliche Einsichtsfähigkeit circa ab 14 Jahren gegeben aber immer Einzelfallentscheidung!
Spezialfall Kindeswohlgefährdung
Offenbarungsbefugnis nach §34 StGB bei glaubhaftem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung
§4 KKG (Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung)
1. Erörterung des Verdachts mit Betroffenen
2. Inanspruchnahme von Hilfen näherbringen
3. Falls nötig, Daten an Jugendamt übermitteln
Generell: Anspruch auf Beratung durch Fachkraft
Zeugnisverweigerungsrecht vs. Zeugnispflicht vor Gericht §53 StPO
Zeugnisverweigerungsrecht
= Recht des PPT oder KJP, Aussagen vor Gericht oder anderen staatlichen Stellen bezüglich PatientInnen zu verweigern
-> Nur bei fehlender Schweigepflichtentbindung
-> Konsequenz aus Schweigepflicht
Zeugnispflicht
Grundsätzlich sind alle Bürger dazu verpflichtet, in einem Strafprozess darüber Aussagen zu machen, was sie gesehen haben bzw. wissen
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