Emotionale und Verhaltensprobleme in der Schule
Externalisierend: oppositionelles, verweigerndes, hyperaktives, aggressives Verhalten
Internalisierend: ängstliches, depressives, rückzügliches Verhalten
Wechselseitiger Zusammenhang zwischen emotionalen und Verhaltensproblemen und Schulleistungen
Emotionale und Verhaltensprobleme machen Bildungserfolg unwahrscheinlicher (Mandalia et al. 2018; Finning et al. 2020; Dupere et al. 2018; Esch et al., 2014) § Schulischer Misserfolg (akademisch und sozial) macht emotionale und Verhaltensprobleme wahrscheinlicher (Epstein et al. 2019, Moilanen et al. 2010; Deighton et al. 2018)
Angsstörung bei Kindern und Jugendlichen:
• Trennungsangst = Besorgt, von relevanten Bezugspersonen getrennt zu sein
• Spezifische Phobie = Angst vor spezifischem Objekt/Situation
• Soziale Phobie = Angst vor Bewertung in sozialen Situationen/sich zu blamieren
Alle drei Typen haben folgende Gemeinsamkeiten:
• somatische Reaktion = Kopf-, Bauchschmerzen, Übelkeit,
Rotwerden, Gefühl von Schwäche/Schwindel
• Vermeideverhalten
Generalisierte Angststörung:
• Irrationale, nicht kontrollierbare Sorge zu verschiedenen Themen, z.B.
krank zu werden, Naturkatastrophen
• Erhöhtes Erregungsniveau
• Sicherheitsverhalten, z.B. häufiges Nachfragen
Störung bedeutet immer: Leid, Beeinträchtigung
Depressive Episode
Traurige Stimmung (bei Jugendlich auch: reizbar und emotional
instabil)
• Reduziertes Interesse an/verminderte Freude bei Aktivitäten
• Verringerter/gesteigerter Appetit
• Schlaflosigkeit/vermehrter Schlaf
• Psychomotorische Unruhe/Einschränkungen
• Erschöpfung/Antrieblsosigkeit
• Gefühl von Wertlosigkeit/exzessiver Schuld
• Verringerte Fähigkeit zu denken/sich zu konzentrieren/entscheiden
• Wiederkehrende Gedanken an den Tod/Suizidgedanken
Hohe Komorbiditäten Angst und Depression —> Depression = Folge des Vermeideverhaltens im Rahmen der Angststörung
Was ist psychische Gesundheit?
= seelisch (medizinische Fachrichtungen, Sozialgesetzbuch), psychisch (Klinische Psychologie), mental (internationaler Begriff), sozial-emotional (Entwicklungspsychologie), emotional-sozial (Sonderpädagogik) —> Denken + Fühlen + Verhalten
Das bio – psycho – soziale Gesundheits – Krankheitskontinuum
kognitiv- behaviorales Modell
Prävalenzen
Weltweit:
10-20 % aller Kinder und Jugendlichen psychische Störung (Erskine et al. 2015; Polanczyk et al., 2015 )
Deutschland: 17,6 % (Barkmann & Schulte-Markwort, 2010) Internale Störungen § Weltweit: Angststörung 6,5%, Depression 2,6% (Polanczyk et al., 2015) D
Deutschland: 25% der Kinder und Jugendlichen mit diagnostizierter psychischer Störung in Langzeitbefragung keine Unterstützung (Otto et al., 2021)
Geschlechtsunterschiede
Geschlechterunterschiede und Verlauf
Mädchen haben ein erhöhtes Risiko für Depression, wegen
Mehr negativen Gedanken aufgrund körperlicher Veränderungen
Kritscherer Selbst-Evluation
Stärkrer sozialer Orientierung
Höherem Viktimisierungs- Risiko
Geschlechtsspezifische Emotionsregulationsstrategien
Wechselseitige Zusammenhänge
psychische Auffälligkeiten erhöhen Risiko für weitere psychische & physische Beeinträchtigungen 6 & 11 Jahre später (Otto et al., 2021)
Von internalen Störungen zu
Schulabsentismus (Mandalia et al. 2018 ; Finning et al. 2020), geringeren Schulleistungen (Zusammenhang: Schulnoten & prosoziales Verhalten; Gerbino et al., 2018), Klassenwiederholungen, frühzeitigem Schulabbruch (Dupere et al. 2018; Esch et al., 2014)
Von Schulproblemen (geringe Anwesenheit & Integration, gering ausgeprägte akademische Fertigkeiten, Sprachprobleme, schlechte Schulleistungen) zu
Selbstwertproblemen, Selbstverletzungen, Suizidgedanken (Epstein et al. 2019; Moilanen et al. 2010; Deighton et al. 2018 ) Mobbing (van Geel et al., 2014)
Ursachen
Psychische Störungen entstehen, wenn Vulnerabilität (Risikofaktoren) größer ist als Resilienz (Schutzfaktoren)
—> Vulnerabilität wird durch Stressoren weiter verstärkt
Internalisierendes Problemverhalten nach der Entstehung einer Angststörung führt zur Aufrechterhaltung des Zustands: —> Kurzfristige Konsequenzen (internalisierenden Problemverhaltens):
- hat subjektiv erlebte positive Konsequenzen, scheint also effektiv
- z.B.: nichts sagen = keine Fehler machen = Sicherheit
- z.B.: sozialer Rückzug = Sicherheitsgefühl zu Hause
Aber:
—> Langfristige Konsequenzen (internalisierenden Problemverhaltens):
- langfristig negative Konsequenzen, Befürchtungen treten eher ein
- z.B.: nichts sagen = keine Erfahrung = keine Fehlerkompensation
- z.B.: sozialer Rückzug = geringe/fehlende soziale Kompetenzen
Problem: In der akuten Situation ist das internalisierte Problemverhalten die beste Lösung für dieses spezifische Kind in dieser spezifischen Situation —> Das Verhalten macht Sinn und ist (für diese Person) belohnend
Was tun?
Für das Kind: Schwierige Gefühle annehmen
Was tun? – in der Schule
1. Selbstwirksamkeit & Selbstbewusstsein steigern
2. Vermeideverhalten und Rückzug reduzieren
Mit Kind/ Jugendlichem sprechen à damit sie sich gesehen fühlen
Emotionale Sicherheit unterstützen (Lehrkraft als „sicherer Hafen“, sieht und unterstützt Bedürfnisse)
Routinen und Rituale innerhalb des Schultags
Positive Beziehungen (Schüler:in – Lehrkraft, Schüler:innen untereinander, Lehrkraft – Elternhaus), positive Zeit verbringen
Positives Klassen- und Schulklima
Fokus auf Stärken und Fortschritte (z.B. Anstrengung und kleine Schritte verstärken)
Unterstützung bei kognitiven und behavioralen Emotionsregulationsstrategien (z.B. Gedanken, Stressmanagement, Achtsamkeit)
Stress reduzieren? Alltag einfacher machen?
Hilfen für Überforderungssituationen anbieten
Bewältigbare Herausforderungen unbedingt beibehalten
Klassenfahrten
Schwimmunterricht
Schwierige Unterrichtssituationen
Körperliche Aktivität! —> Herzklopfen umbewerten
Trotz Unwohlgefühl in die Schule gehen (NICHT NICHT NICHT längerfristig krankschreiben)
“Inwattepacken” heißt immer auch
‚etwas‘ stimmt mit mir nicht,
Ich brauche eine Sonderbehandlung,
Wenn die Erwachsenen es mir nicht zutrauen, kann ich es wohl nicht
Ich kann schwierige Gefühle/ Unwohlsein nicht aushalten
Positive Aktivitäten im Schulalltag fördern
Problemverhalten hierarchisieren, klein anfangen
SMARTe (Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch, Terminiert) Ziele definieren
Fortschritt dokumentieren
Anstrengung belohnen
Zusammenfassung
Symptome von Angst und Depression sind häufig (v.a. bei körperlichen Veränderungen und im Moment, z.B. Ravens-Sieberer et al., 2022)
Körperliche Symptome sind Teil der Symptomatik
Multifaktorielle Verursachung, relevant sind aufrechterhaltende Faktoren
Nach somatischer Abklärung keine Schonhaltung
Vermeideverhalten = naheliegende Reaktion, die zur Aufrechterhaltung führt —> Verständnis zeigen, unterstützen UND herausfordern
Möglichkeiten schaffen, um sich als kompetent zu erleben
Anstrengung, nicht Erfolg positiv verstärken
Kognitive und behaviorale Emotionsregulationsstrategien fördern
Soziale Kompetenz steigern
Last changed2 years ago