Ausrichtung des Projekts
Forschung zu Gebrauchsfilmen
Lehrfilm-Praktiken: Verknüpfung zwischen institutionellen Strategien, Vorführungssituationen und -technologien und den Formen, Stilen und Inhalten der gezeigten Filme
Praktiken
Größenordnung: zwischen individueller Handlung und Struktur “Bündel von Aktivitäten“ (Reckwitz) àFrage von Handlungsmacht
Situativ und prozessual (Hobart, Dang-Anh/Pfeifer/Reisner/Villioth)
„nicht-rationalistische Logik“ (Reckwitz) Es treffen „praktisches Wissen und Können auf widerständige Dinge und eigenmächtige Materialien, auf unerwartete Beschränkungen, Störungen oder Zusammenbrüche“. (Löffler, S. 365) à ereignisoffen
Euming Projektoren
österreichischer Betrieb, 1919 bis 1981
seit 1931: Herstellung von Schmalfilmprojektoren
1932: die Internationale Lehrfilmkammer legt sich auf das Schmalfilmformat 16mm fest
1949-1969
SHB: Bundesstaatlichen Hauptstelle für Lichtbild und Bildungsfilm, ab 1945 (Lehrmedienstelle des Unterrichtsministeriums)
Lehrfilmpraktiken und Geräte: Technik weder ausschließlich neutral noch „Ausdruck“
Petra Löffler: Ökologie medialer Praktiken
Medien „als Umgebungen, die Wechselwirkungen zwischen heterogenen Aktanten hervorrufen“ (361)
Umgebungen, in denen Medienpraktiken sich herausbilden und (evtl. vorübergehend) stabilisieren – „die Umstände zu bestimmen, unter denen Praktiken wirksam werden“ (359)
“reciprocal capture“ (Isabelle Stengers, ‘gegenseitige Ergreifung‘) zwischen verschiedenen Materialien, Interessen, Vorgaben und Handlungsweisen
1.Fall:Anleitung – Der Film Eumig Projektor P II (1949)
Lehrmedien als Teil von Filmpraktiken
Filmische Vermittlung von pfleglicher Anwendung am Gerät
Das „Optisch-Unbewusste“ nach Walter Benjamin: „Ist uns schon im Groben der Griff geläufig, den wir nach dem Feuerzeug oder dem Löffel tun, so wissen wir doch kaum von dem, was sich zwischen Hand und Metall dabei eigentlich abspielt [...]. Hier greift die Kamera mit ihren Hilfsmitteln, [...] ihrem Unterbrechen und Isolieren [...] ein.“ (Walter Benjamin: "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“, in: Ders.: Illuminationen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1977, S. 162)
Praktiken: wissensbasiert und verkörpert
2.Fall: Vorgabe – Der Schulfilmprojektor Eumig P 25 S (1953)
Steuerung von Handlungsmöglichkeiten über den Apparat
„Diese Geräte nehmen ausschließlich auf die Bedürfnisse des Klassenzimmers Rücksicht und versuchen kein störendes Kompromiß mit den Sonderwünschen des Heimkinowesens, der Photoamateure und anderer Interessentenkreise.“
Ditmar 1006. Der neue österreichische Schulfilmprojektor, in: SHB-Film-Post, Nr. 21, 25.2.1950 S. 1.
Produktion der Geräte
Ökonomie... : garantierte Absätze, günstige Produktion
... und ihre Ökologie: fragile Kollaboration zwischen SHB und den Firmen
Erfolg der Geräteaktionen bis 1960
„Bedürfnisse des Klassenzimmers“?
Starke Projektorlampe àVerdämmern statt Verdunkeln
Abstimmung von Film- und Dia-Projektor àPosition im Klassenzimmer
Stummfilmprojektor àpädagogisch und kostenbedingt
„verhinderte“ Handlungsoptionen: Projektion bei Bildstillstand oder Rücklauf
zu 2.Fall:
Eumig P 25 S – Anatomie eines Geräts?
Zentralisierung und Professionalisierung von Lehrfilmorganisationen in den 1950er Jahren
Neue „Arbeitsteilung“: Filmvorführung und Einbindung in Unterricht (Lehrer:innen) – Filmproduktion und -bearbeitung (SHB) – Filmverleih und Film- und Gerätepflege (Landesbildstellen)
‚abweichende‘ Filmverwendungen sind trotzdem dokumentiert
Bildstillstand als Konfliktlinie aus organisatorischen und technologischen Gründen: Interessen der Verleih- und Betreuungsinfrastruktur, technische Halb-Lösungen
3.Fall: Reformatierung – Super-8 und der Single-Concept-Film (1967–69)
Markteinführung neuer Technologie
„Ein neues Medium stellt sich vor: der Super-8mm-Single-Concept- Film, er wird auch Integrations-, Baustein- oder Elementfilm genannt und hat eine Länge von 3 bis 5 Minuten, er kann mühelos in den Unterricht eingebaut werden, aber auch ohneweiteres eine Wiederholung möglich machen.“
Johann Schrodt (Red.): Audio-visuelle Medien in Unterricht und Bildung. Festschrift 1945–1974. Wien: SHB-Film 1974, S. 24.
Aber
Aber: je nicht monokausal; „reciprocal capture“ von Materialität, institutionellen Politiken, Interessen von Lehrpersonen, medienästhetischen Potenzialen, pädagogischen Konzepten, ökonomischen Rahmenbedingungen...
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