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Intelligenzentwicklung nach Piaget

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by Rebecca S.

Beschreibe die Stufe der präoperationale Autonomie… (10 Dinge)

  1. Inneres Probehandeln ist vorhanden

  2. Sprachlich können gezielte, hinweisende Äußerungen formuliert werden, die sich auf konkrete Dinge beziehen

  3. Geld wird als Zahlungsmittel identifiziert, jedoch kein Verständnis für Zahlen und Werte

  4. Mensch ist abhängig von Gutmütigkeit und Zuverlässigkeit andere Menschen

  5. Lernen über begleitende Erfahrungen und verknüpfen diese mit Elementen (mit zwei Euro kann ich mir dieses Kaugummi kaufen)

  6. Die Aufmerksamkeit richtet sich zunehmend auf die Umwelt, die allerdings kognitiv nur bedingt verstanden werden kann (magische Erklärungen, die auf dem Prinzip der eigenen Lebendigkeit basieren > “Tschüss Auto” bei Verabschiedung vom Auto oder “Das Puzzle schläft jetzt hier bis morgen” beim Verlassen der Werkstatt nach Arbeitsende)

  7. Es besteht keine zuverlässige Trennung zwischen Realität und Fantasie

  8. Egozentrismus, nur die eigene Perspektive ist die einzige, die wahrgenommen wird (die Perspektiven anderer Menschen werden nicht beziehungsweise kaum wahrgenommen)

    >Beispiel: Herr Z. nimmt einem Mitarbeiter sein Kuscheltier weg. Besagter Mitarbeiter lautiert und regt sich sichtlich auf. Herr Z. erkennt die Situation, kann diese auch als “ungehaltenes Verhalten” deuten, weiß aber nicht dass dies mit seinem eigenen Verhalten zu tun hat.

  9. Die fehlende Internalisierung (Übernahme von Normen und Werten) wirkt sich auf das Sozialverhalten der Menschen aus (wissen nicht was man darf und was man nicht darf)

  10. Das Bewusstsein über sich selbst ist noch undifferenziert und es besteht noch keine stabile Identität

Beschreibe die Stufe der präoperationalen Initiative… (9 Dinge)

  1. Die magische Weltanschauung aus der vorherigen Stufe lässt nach und es folgt das Prinzip der “Anschauung”

  2. Das Denken der Menschen ist anschauungsgebunden (es zählt vor allem das, was man sieht)

  3. Es fällt schwer eigene Ordnungssysteme selber zu erstellen

    Beispiel: Der Mensch kann in seinem eigenen Zimmer eine vorgegebene Ordnung aufrecht erhalten aber keine neue Ordnung erstellen / Uhrzeiten werden ungefähr erfasst, jedoch erfolgt keine eigene zeitliche Planung (es sei denn es existiert eine vorgegebene Routine)

  4. Viele lebenspraktische und arbeitstechnische Aufgabenstellungen und Anforderungen werden über Übung und Erfahrung verinnerlicht

  5. Eine ungefähre Vorstellung von Menge (Geld) ist vorhanden

  6. Der Egozentrismus ist weitesgehend überwunden, es besteht eine Idee einer anderen Perspektive

    (Die Menschen erkennen zwar, wie sich andere fühlen, können sich aber nicht vorstellen wie die Welt oder konkrete Situation der Personen aussehen > hineinversetzen schwierig)

  7. Das Selbstbild der Menschen ist differenzierter: Sind im Kontakt mit anderen nicht mehr in dem Maße auf eine andere Person (Bezugsperson) angewiesen, sondern können ihre eigenen Fähigkeiten bereits einsetzen (zuhören, Interesse zeigen, Hilfe anbieten)

  8. Freundschaften können geknüpft und Partnerschaften gesucht werden / Das soziale Gefüge, z. B. Rangordnung, kann erfasst werden (“Wer hat wie viel zu sagen”)

  9. Regeln und Normen werden jetzt verinnerlicht (internalisiert), aber nicht komplett verstanden so dass die Ausführung der Regeln eher “steif/ starr” abläuft (jegliche Abweichung oder Abwandlungen von bekannten Regeln kann eventuell kaum ausgehalten werden)

Die Bedeutung von Piages Konzept auf die Arbeit mit geistig behinderten Menschen

  1. Interesse für die dingliche Umwelt und dessen Entwicklung ist abhängig von der Beziehung zur Bezugsperson (Ermutigung, Bestätigung, gestelltes Bedürfnis nach Zuwendung)

  2. Das Modell ist für Menschen mit einer leichten geistigen Behinderung einfacher einzuschätzen, als für Menschen mit schwerster, schwerer oder mittelgradige geistiger Behinderung

    > schwankende Entwicklungsverläufe

    > einzelne kognitive Fähigkeiten werden in abweichender Reihenfolge erworben

    > Fähigkeiten gehen wieder verloren mit dem Verlauf

    > Entwicklungsstillstände, die erst nach Jahren überwunden werden

  3. Die Diskrepanz bezüglich geistiger Kompetenzen ist bei “normal Begabten” nicht so hoch wie bei geistig behinderten Menschen

  4. Problem von Entwicklungsdiskrepanzen:

    > starke Belastung für die Persönlichkeitsentwicklung

    > Konfrontation mit stärkeren Gegensätze zwischen Vermögen und Versagen (Mensch ist nicht nur konfrontiert mit den Spannungen bzw. Konflikten innerhalb des kognitiven Bereiches sondern auch jenen aus anderen Entwicklungsebenen, z. B. emotional sozial)

    > wenig Möglichkeiten die Diskrepanzen selbstständig zu verarbeiten

  5. Beispiel eine Entwicklungsdiskrepanz:

    Manfred ist im jugendlichen Alter, motorisch und feinmotorisch annähernd normal entwickelt und seine lebenspraktischen Fähigkeiten befinden sich auch im altersgerechten Bereich (Manfred kann sich unter Anleitung vollständig umziehen, ksich selbst waschen und den Tisch decken). Im emotionalen Bereich befindet sich Manfred jedoch in der symbiotischen Phase in welcher er stereotype Verhaltensweisen zeigt, keine Beziehungen aufrecht erhalten kann, kein Kontakt sucht und auf die Anwesenheit von Betreuern angewiesen ist (Entwicklungsdiskrepanz zwischen lebenspraktischen Fähigkeiten und emotional-sozialen Fähigkeiten)

  6. Auswirkung von Entwicklungsdiskrepanzen auf die Beziehung von behinderten Menschen und Bezugsperson:

    > Irritationen von Seiten der Bezugsperson, da sie nicht genau wissen, was bzw. welche Fähigkeiten sie von ihrem Mensch erwarten können

    > Tendenz zur Über- oder Unterforderung (Je nach Orientierung an Leistungsspitzen oder

    -mängeln)

    > Überforderung: Gefahr von Fehlinterpretation der Bezugsperson bezüglich Eigenschaften, wie Faulheit, Provokation oder Trotzverhalten

    > Unterforderung: entwicklungshemmend für den Menschen mit Behinderung

  7. Wenn ausschließlich eine einseitige Begleitung, z.B. im Bereich des kognitiven oder lebenspraktischen Bereiches, geschieht, aber eine andere Ebene, z.B. die emotional-soziale, nicht gesehen oder mitberücksichtigt wird, kann eine weitere Belastung der Beziehung zueinander auftreten.

    > gegenseitige Unzufriedenheit

    > Beklagen von Misserfolgen

  8. Geistig Behinderte Menschen brauchen Entwicklungsanreize

    > Immer neue, vorsichtige und konsequente Angebote verhindern, dass ein Mensch mit Behinderung in seiner Entwicklung stagniert oder in seinen starren Handlungs- und Denkmustern verharrt.

  9. Entwicklungsdiskrepanzen erschweren die Förderung aufgrund der Fragestellung wo eine Förderung angesetzt werden soll.

    > Ausbau der Leistungsspitzen oder Auffüllen der Defizite

Konsequenzen für die Förderung

  1. Förderung muss an dem Ausbau bzw. der Festigung der Funktionen angesetzt sein, die der jeweiligen Phase, in welchen sich der Mensch befindet, entsprechen.

    > dabei sind Defizite, die innerhalb einer Phase entstehen können, möglichst zu vermeiden

    > dient als Grundlage für den Erwerb und die umfassende Entfaltung der nächsthöheren Phase

  2. Die kognitiven Fähigkeiten müssen innerhalb einer Phase möglichst voll ausgebildet sein, um Einschränkungen in der nächsten Stufe durch eine”verschleppte”, lückenhafte Entwicklung zu vermeiden.

  3. Je früher Defizite entstehen und sich durch die einzelnen Phasen hinweg tragen, desto umfassender blockieren Sie die weiteren Entwicklungschancen.

  4. Der Stand der geistigen Entwicklung ist zunächst zu überprüfen und zu evaluieren, um die kognitiven Fähigkeiten heraus zu filtern, die vorhanden sind.

    > entsprechende Entwicklungsanreize müssen frühzeitig und in einem angemessenen Rahmen gesetzt werden

  5. Bei Menschen mit geistiger Behinderung ist die Begegnung mit der Welt, die Auseinandersetzung mit ihrer Lebenswirklichkeit und die Lösung von Alltagsproblemen gestört weshalb sie hierbei Unterstützung brauchen.

    > die Qualität der Beziehungserlebnis ist oft nicht ausreichend

    > die Folge davon ist, dass das Umwelt Interesse der Menschen eingeschränkt ist

    > die Menschen benötigen eine intensive, den emotionalen Defiziten entsprechende und befriedigende Beziehung zu Bezugspersonen

    > es sollten über einen längeren Zeitraum Reize angeboten werden, die für den Menschen und dessen Wahrnehmungsbereich individuell angepasst ist

  6. Der Lernerfolg innerhalb einer Phase bezieht sich nicht nur auf den Wahrnehmungsbereich des Menschen, sondern auch auf die Auswahl der Materialien und Tätigkeiten, der verbalen und nonverbalen Ansprache und Art der Aktivität und die Reaktion und Bestätigung der Bezugsperson.

    > das Spiegeln ist ein wesentliches Mittel

  7. Aufgrund einer möglichen Reizverarbeitungs- oder Wahrnehmungsstörung ist es von großer Bedeutung dafür zu sorgen, dass Reize während einer Aktivität aufgenommen und verarbeitet werden

    >z.B. Handführung

  8. Aufgrund der Tatsache, dass sich innerhalb einer Aktivität ein Bedürfnis aus der jeweiligen Phase befriedigen kann, führt dies zu einer positiven Wahrnehmungserfahrung und weckt den Wunsch nach eigener Wirksamkeit.

  9. Beginnt der Mensch mit der Erforschung seiner Umwelt dann selbstständig, so ist dieser Mensch trotzdem durch die Bezugsperson durch nonverbale, verbale und strukturierende Hilfen zu unterstützen

    >Dinge aus der vertrauten Lebenswelt des Menschen präsentieren

  10. Wenn der Mensch “steckenbleibt” in seinem Handeln bzw. keine alternativen Handlungen oder Lösungsoptionen mehr ausprobiert, sollte seine Akkomodationsfähigkeit (Anpassungsfähigkeit) wieder angeregt werden.

    > Anführungen

    > Umstrukturierung des Handlungsfelders

    > gezieltes Fragen

  11. Unter anderem sollten verschiedene Aktivitäten angeboten werden, welche zur selben Problemlösung beitragen, sodass eine umfassende Verankerung der Erfahrung im Bewusstsein zu Stande kommt.

    >modifizierte Parallelerfahrung

  12. Eine breite Assimilation (Angleichung) der Handlungsschemata ist, in Bezug auf den letzten Punkt, zu unterstützen

  13. Beispiel:

    >Gabi, schwerstbehindert, sensomotorisches Urvertrauen, reagiert auf objektzentrierte und effektbezogene Handlungen

    >Bezugsperson achtet auf schnellstmögliche Bedürfnisbefriedigung (körperlich, emotional und sozial)

    >nutzt die tägliche Pflegesituation zum Aufbau einer Beziehung, sowie der Warnehmungs- und Handlungsförderung

    >

    Nach dem Waschen beim Eincremen: Cremetupfen auf Gabis Hände/Arme

    >

    Gabi lernt nach einiger Zeit durch Handführung die Cremetupfen selber zu verteilen

    >

    Gabi übernimmt dann nach einiger Zeit das Handlungsmuster selber

    >Bezugsperson bezieht weitere Körperteile durch Cremetupfer mit ein und Gabi verreibt diese direkt

    >

    Gabi übernimmt bald fast den gesamten Körper

    >Ausdehnung dieser Erfahrung auf eine neue Situation: In der Badewanne mit Duschschaum einreiben / Beim Malen mit Fingerfarben

    >

    Gabi lernt die Unterschiedlichkeit der Materialien kennen und entsprechend zu reagieren

Konsequenzen für den Alltag

  1. Durch das Auseinandersetzen mit der kognitiven Entwicklung nach Piaget können Vorurteile gegenüber Jugendlichen und Erwachsenen Menschen mit Behinderung vermieden oder besser aufgeklärt werden.

    >z.B. Äußerungen von den Menschen m. B., die fälschlicherweise als Provokation, Egoismus oder grundlos Störverhalten identifiziert werden

    > Kenntnis der Denkentwicklung gibt oftmals Erkenntnisse in Richtung Verständnis

  2. Scheinbar egoistisches Verhalten nach außen hin, könnte egozentrisches Denken aus der Entwicklungsphase des anschaulichen Denkens (präoperationale Initiative) resultieren

    >Beispiel:

    Ein Betreuer, der keine Süßigkeiten mag, bekommt von einem Gruppenbewohner zum Geburtstag einen Schokokuss und einen Comic geschenkt.

    Der Bewohner selbst isst gerne Süßigkeiten und der Comic ist aktuell sein Lieblingsheft.

    Durch das egozentrische Denken war der Bewohner nicht dazu in der Lage sich in den Betreuer hineinzufühlen, da der Betreuer ja keine Süßigkeiten mag.

  3. In der Phase der präoperationalen Autonomie, wo magische Denkstrukturen beobachtet werden können, ist im alltäglichen Leben auffällig, dass fehlende die Einsichtsbereitschaft für objektive Argumente oder sture Behauptungen oder Beharrlichkeit auf eine Sache auf die Außenwelt als unverständlich oder auch befremdlich gesehen werden können.

    >Beispiel:

    Frau B. und Frau M. sitzen zusammen und essen jeder einen Schokoladenhasen.

    Frau B. beißt den Kopf zuerst ab, wohingegen Frau M. zunächst die Füße des Hasen abweist.

    Frau B. beginnt Frau M. anzuschreien, und fragt warum sie zuerst die Füße abbeißen würde. Das würde dem Hasen doch mehr wehtun als wenn ich direkt den Kopf abbeiße.

    Hierbei entfacht sich das magische Denken in Form von “Mitfühlen” mit dem Schokoladenhasen.

  4. Da es für “normale” Erwachsene schwer nachzuvollziehen ist, wie die Denkweise von Menschen mit Behinderung funktioniert, liegt es in der Aufgabe der Heilerziehungspfleger Konflikte zu vermeiden und im gemeinsamen Alltag ggf. aufzuklären.

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Rebecca S.

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