Retina Überblick
Ausgangspunkt: Netzhaut mit verschiedenen Typen von Ganglienzellen
deren Information wird über den Thalamus in den primären visuellen Kortex weitergeleitet
Retinale Ganglienzellen und CGL (Corpus geniculatum Laterale) Neuronen haben Center Surround rezeptive Felder
On Center Off Surround Zellen -> feuern wenn Zentrum beleuchtet und Umfeld nicht beleuchtet ist
Parallele Verarbeitung im visuellen System
Auf Ebene der Retina: drei verschiedene Ganglienzellen (M - Bewegung, K- Farbe, P- Form sensitiv)
Entlang unterschiedlicher Kanäle findet Verarbeitung auf Ebene des Thalamus wie auch V1 weitesgehend parallel statt
Disorders (Störungsbilder)
Störungsbilder
wenn bestimmte Regionen des dorsalen/ventralen Pfad gestört sind
Ventraler Pfad (Was)
-> Objektagnosie
-> Cerebrale Achromatopsie
-> Prosopagnosie
-> Pure Alexie
Dorsaler Pfad (Wo)
-> Akinetopsie
-> optische Ataxie
PET Studie im Menschen
Zeki et al. (1991): PET Studie im Menschen
Bunte Bilder vs. Graustufenbilder -> Aktivierung in V4 Areal (etwas ventraler gelegen) -> Region wichtig für Farbwahrnehmung
Bewegte vs. statische Punkte -> Aktivierung in V5/MT (etwas dorsaler gelegen) -> Region wichtig für Wahrnehmung visueller Bewegung
Feuerverhalten auf verschiedenen farbreize
V1 Neuron: feuert unabhängig davon, mit was für einem farblichen Input das rezeptive Feld des neurons stimuliert wird (Stimulus geht an -> Neuron feeurt)
V4 reagiert ganz selektiv auf roten Stimulus (regaiert nicht wenn Stimulus andere farbe hat)
Farbwahrnehmung und V4
Warum brauchen wir ein spezialisiertes Areal für Farbwahrnehmung? Verschiedene Photorezeptoren sind doch schon für Licht unterschiedlicher Wellenlängen sensitiv.
Problem: Wellenlänge hangt sowohl von Farbe des Objektes als auch von der Lichtquelle (Tageslicht, Dämmerlicht, elektrisches Licht, ...) ab.
In V4 wird die Farbe eines Objektes unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Beleuchtungsbedingungen berechnet
V4 Zellen feuern kontinuierlich auf die gleiche Oberflächenfarbe, auch wenn sich die Beleuchtungsbedingungen ändern.
-> V4 ist wichtig für Farbkonstanz (color constancy)
Läsionen im V4
Läsionen von V4 führen zu cerebraler Achromatopsie
„kortikale/zerebrale Farbenblindheit“
(nicht zu verwechseln mit Okuläre Achromatopsie, ist angeborene Farbsinnstörung auf Netzhautebene)
hohe Komorbidät mit Prosopagnosie (Gesichtsblindheit)
Testverfahren: Color Naming, Ishihara Farbtafeln, Farnsworth-Munsell Test
V5/MT
Ca. 90% der V5/MT Neuronen sind sensitiv für bestimmte Bewegungsrichtungen (directional tuning)
Darstellung im Rasterplot (jeder schwarze Punkt stellt ein AP eines Neurons dar
Neurone feuern nicht nur, wenn Bewegungsreize eintreffen, sondern sind auch unterschiedlich sensitiv für Bewegungsrichtung (Abb. B: präferentielle Bewegungsrichtung nach rechts)
Velocity tuning: Präferenz für Bewegungsgeschwindigkeit (feuern maximal bei untersch- Gewschindigkeiten)
Läsionen
führen im V5/MT zu Akinetopsie (Bewegungsagnosie)
Bewegung in anderen Sinnesmodalitäten (auditiv, taktil) kann noch wahrgenommen werden
Erster beschriebener Fall Patientin LM (Zihl et al., 1983)
Beispielbefunde in LM aus Zihl et al. (1983):
Defizit besonders ausgeprägt bei Bewegungswahrnehmung
Sonstige Bereiche visueller Wahrnehmung weitestgehend intakt
Ist Bewegung = Bewegung?
Ist Bewegung gleich Bewegung?
Wahrnehmung von biologischer Bewegung (biological motion) ist evolutionär betrachtet evtl. besonders relevant (analog zu z.B. Gesichtswahrnehmung)
Johansson (1973): „Lichtpunktläufer“-Stimulus (point light walker)
Bewegung ≠Bewegung
gibt bestimmte Arten von Bewegunsreizen die biologisch/evolutionär betrachtet besonders relevant sind
Biologische Bewegung: Bewegung von anderen Lebewesen
Lichtpunktläufer Stimulus: hat einzelnen Lichtquellen an den entschiedenen Gelenken einer Person platziert (Punkte an Knöcheln, Knien, Hüfte usw,)
Sobald Punkte aufhören sich zu bewegen: keiner würde diese als Menschlichen Körper identifizieren (passiert erst bei Bewegung)
Patient AF Störung nach Schlaganfall
Vaina et al. (1990); Vaina (1994): Patient A.F.: Läsion bilateraler dorsaler visueller Areale nach Schlaganfall -> Akinetopsie ähnlich Patientin LM
-> Störung in Bewegungsverarbeitung
Biologische Bewegung wird scheinbar in unabhängigen visuellen Bereich bearbeitet
STS/STG und prämotorischer Kortex wichtig für die Verarbeitung von biologischer Bewegung
-> wurde Festgestellt in Studie mit chronischen Schlaganfallpatienten
-> VLSM als Methode
Bereich nach V1
Was kommt nach V1?
Der visuelle Kortex (striär und extrastriär) extrahiert basale visuelle Informationen (Farbe, Bewegung, Form, Kanten)
Damit diese Information im Verhalten genutzt werden kann, muss sie wiederum mit anderen Informationen verknüpft werden:
-> Wo ist das Objekt im Raum?
-> Was ist das überhaupt für ein Objekt?
Ein Modell der visuellen Objekterkennung (Riddoch & Humphreys, 2000)
Vier Stufen:
Frühe visuelle Verarbeitung (Farbe, Kanten, Bewegung, Tiefe)
Gruppierung visueller Elemente (Gestalt-Prinzipien etc.)
Abgleich der gruppierten Darstellung mit gespeicherten Repräsentationen im Langzeitgedächnis
Hinzufügen von Bedeutung (semantischer Abruf)
Störungen der Objekterkennung = Agnosien
Störungen der Wahrnehmung: Apperzeptive Agnosien
Störungen des Bedeutungsabrufs: Assoziative
Agnosien
Apperzeptive Agnosie
Eher die frühen Stufen des Modells beeinträchtigt (Objekterkennung gestört)
Beeinträchtigung des Abzeichnens basaler visueller Formen
Unvermögung der Bildung einer mentalen Repräsentation visueller Reize
Assoziative
Späteren Verarbeitungsstufen beeinträchtigt (kann z.B. Objekt abzeichnen/ reproduzieren, aber nicht mehr sagen, was es ist -> kann nicht mit semantischer Bedeutung gefüllt werden)
Visuelle Agnosien
Patient HJA mit Läsion im okzipitalen und temporalen Kortex nach Schlaganfall
Reproduktion gelingt, Objekterkennung gestört
Aufgabe:
Buchstaben die gezeigt wurden benennen (einzelnd, Paare, Triplets)
für Paare und Triplets gab es weitere Bedingungen: Overlap, non overlap bedingung (Buchstaben lagen nebeneinander ohne Überlappung)
Sehen das Verlangsamung insebosndere bei Overlap Bedingung deutlich stärker war
HJA: Integrative Agnosie
Basale Formverarbeitung (z.B. copying) ist intakt
Segmentierung/Gruppierung/Integration (z.B. overlapping figures test) ist beeinträchtigt (Stufe 2 des Modells, s.o.) (bei overlapping schwieriger, weil Kanten Buchstaben zugeordnet werden müssen)
Beeinträchtigung in HJA ähnelt assoziativer Agnosie
Orientierungs-spezifische Defizite und Objekt-Orientierungs-Agnosie
Problem der Objektkonstanz:
Es gibt potenziell unendlich viele visuelle Darstellungen des gleichen Objekts
Humphreys & Riddoch (1984):
1. Repräsentationen werden im „standard/canonical view“ abgespeichert; Objekterkennung erfordert mentale Rotation
2. Abruf der abgespeicherten Repräsentation durch Abgleich von Merkmalen
Mechanismen der Objektkonstanz in Neuronen des ventralen Pfades (IT-Kortex)
IT-Kortex Neuronen
Sehr große rezeptive Felder (z.T. ganzes Gesichtsfeld)
(Bis zu einem gewissen Grad) Stimulus-spezifische Antwortprofile
-> Objekteigenschaften sind für das Feuerverhalten der Zellen wichtiger als räumliche Position des Stimulus
Gesichtsverarbeitung
Diskriminationsleistung innerhalb einer Kategorie (-> im Gegensatz zu Objekterkennung, wo typischerweise zwischen Kategorien diskriminiert werden muss, z.B. Tisch vs. Schrank)
Warum könnte es spezialisierte Mechanismen für die Gesichtsverarbeitung geben?
Spezialisierte Mechanismen
für soziale Interaktion;
Mimik lesen/interpretieren (wichtige Cues -> bsp. Panische Gesichtsausdrücke)
Evolutionär besonders wichtig -> spezialisierter Verarbeitungspfad (domain-specificity)?
Besonders schwierige (weil sehr ähnliche) Reize?
Prosopagnosie
Gesichtsblindheit -> Unfähigkeit, bekannte Gesichter wiederzuerkennen:
Erworbene Prosopagnosie (acquired prosopagnosia): Durch Schädigung verschiedener Bereiche des ventralen visuellen Pfades hervorgerufen
Angeborene Prosopagnosie (congenital prosopagnosia)
Neuro-kognitives Modell von Haxby
Unterscheidung zwischen grundlegendem und erweitertem Gesichtsverarbeitungssystem
Core System:
STS (Sulcus temporalis superior): werden dynamischen Aspekte des Gesichts repräsentiert (Gesichtsausrichtung, Lippenbewegung, emotionale Ausdrücke)
-> wichtiges Areal für Verarbeitung biologischer Bewegung
FFA (Fusiform Face Area des Gyrus): Wahrnehmung einzigartiger Gesichtsfeatures einer Person
Erweitertes Gesichtsverarbeitungssystem
umfasst Hirnbereiche, die nicht spezialisiert sind auf die Verarbeitung von Gesichtsreizen
z.B. Auditiver Kortex -> wichtig für Sprachverarbeitung etc.
FFA (Fusiform Face Area (FFA)
Areal das auf Verarbeitung für Gesichter spezialisiert zu sein scheint
FFA nicht allein für Gesichtsverarbeitung wichtig
-> kleinere Cluster von Neuronen die auf Gesichtsverarbeitung spezialisiert sind
spielt aber zentrale Rolle
Ergebnisse aus Studie von Grill-Spector
schwierige Unterscheidung innerhalb einer Reizkategorie?
Spielt Expertise für die Reizkategorie eine Rolle?
Testung einer kleinen Gruppe von Autoexperten; ähnlicher FFA-Effekt für Gesichter, aber nicht für Autos, und Effekt für Autos korrelierte nicht mit Auto-Expertise
Burns et al. (2019): Neuere Meta-Analysen deuten dagegen darauf hin, dass die rechte FFA sensitiv ist für Expertise
Studie Bilalic
Schachspieler vs. Hobbyspieler
1-back Task (sequentielle Bildpräsentation; Aufgabe: immer dann eine Taste drücken, wenn das gezeigte Bild identisch zum Bild des vorherigen Trials war) + fMRT, FFA definiert über Gesichter > Objekte Kontrast
-> FFA differenziert besser zwischen Schachstimuli und anderen Kategorien in Expert*innen vs. Noviz*innen
Gesichtsverarbeitung: Holistische Verarbeitungsmechanismen?
Face-inversion-effect (Valentine, 1988; Yin, 1969) bei der Rekognition: Gesichter stärker von Inversion beeinträchtigt als andere Reizkategorien
Inversion = Umkehrung, Umwandlung
Farah et al. (1994): Gesichts-Inversionseffekt bei Prosopagnosie?
Face matching task: Zwei Gesichter nacheinander gezeigt: „Gleich“ oder „verschieden“?
Prosopagnosie in LH ist gesichts-spezifisch – invertierte Gesichter sind perfekte Kontrollreize (Komplexität, Kontrast, Intraklassen-Ähnlichkeit, usw.)
Wieso kann LH bei Gesichtern nicht die gleiche Strategie anwenden wie bei invertierten Gesichtern?
-> Farah et al. argumentieren: Evtl. wird das Gesichtsverarbeitungsmodul automatisch „getriggert“, obwohl das System in LH dysfunktional ist
LH schlechter wenn sie richtig rum sind (Bilder) als falsch
Verarbeitung von Schriftsprache im ventraken Pfad
Reine Alexie = Selektive Lesestörung ohne andere Sprachbeeinträchtigungen (Starrfeld & Shallice, 2014):
Läsionen im Bereich der VWFA führen zu reiner Alexie (pure alexia)
Last changed10 months ago