Buffl

Thoraxchirurgie

JT
by Jof T.

Akuter arterieller Extremitätenverschluss


ÄTI

zu 80% Arterieller Embolus

->vor allem durch Vorhofflimmern(70%), auch kardial möglich zB endokarditis

->nicht kardial (20%) durch Aneurysmen, Traumatische embolie, arteriosklerose

->an Engstellen und Gefäßbifurkationen, überwiegend Femoropoplitealarterie

zu 20% Arterielle Thrombose

->häufigste Ursache pAVK, danach zb Bypass oder Stents oder Aneurysmen

->Insb. an Prädilektionsstellen der pAVK

Physio

->Reaktiver Vasospasmus distal des Verschlusses → Anschließende Vasodilatation → Abnahme des postokklusiven Perfusionsdrucks → Ggf. unzureichende Kapillardurchblutung

->Schädigung von Neuronen → Berührungsempfinden↓ , Druck- und Temperaturempfinden↓ → Sensibilitätsverlust und Paralyse

Gestörte zelluläre Homöostase → Ödembildung, Bildung freier Sauerstoffradikale

->Anreicherung von (toxischen) Metaboliten durch mangelnden Abtransport Endothelschäden, gestörte Mikrozirkulation, Nekrosen

Gestörte Fibrinolyse (insb. bei länger anhaltender, kompletter Ischämie) → Erhöhte lokale Thrombusneigung

Ischämietoleranz: Bei Überschreiten irreversible Gewebeschädigung

->Haut: 12 Stunden

->Muskulatur: 6–8 Stunden

->Nervengewebe: 2–4 Stunden

Klinik

6 Ps: Pain (Schmerz), Paleness (Blässe), Pulselessness (Pulslosigkeit), Paralysis (Bewegungsstörung), Paresthesia (Sensibilitätsstörung), Perishingly cold / Prostration (Schock)

meist akuter Beginn

bei inkompletter Ischämie:

->Erhalt der Motorik bei allenfalls minimalen Sensibilitätsstörungen und weiteren Symptomen des Gefäßverschlusses mit kompletter Ischämie in geringerer Ausprägung

eher subakut

Sonderform (akutes) Leriche-Syndrom: Beidseitige Symptome, zusätzlich Potenzstörung

Stadien

nach Rutherford

Stadium 1 und 2a inkomplette Ischämie

1 noch ohne Symptome, Arterieller Fluss noch nachweisbar

2a minimale Sensibilitätsstörungen (vor allem an den Zehen), kein arterielles Dopplersignal nachweisbar mehr

2b Ruheschmerz, moderate Sensibilitätsstörung, mäßige motorische Defizite, sofortige Revaskularisierung erforderlich

3 Kompletter Sensibilitätsverlust, Paralyse, auch kein venöses Dopplersignal mehr nachweisbar, Irreversible Schädigung, wahrscheinlich Amputation

Diagnostik

Anamnese

Beginn und Verlauf der Beschwerden, kardiale Vorerkrankung, Medis, Vor-OPs, Gefäßpunktionen, Allergien (Heparin und KM)

KU

livide Verfärbung der betroffenen extremität, Pulsstatus beidseits: Zur Detektion von fehlenden Pulsen, Pulsdefiziten oder Pulsarrhythmien (zB bei Vorhofflimmern Arrythmie)

Neurologische Beurteilung

->DMS

Apparativ

Doppler-Sonografie als Methode der ersten Wahl zur Diagnosesicherung

->Inkomplette Ischämie (Stadium I und IIa): Angiografie zur weiteren Diagnostik

->Komplette Ischämie (Stadium IIb und III): Sofortige Revaskularisation (bzw. Amputation)

Therapie

akut

Antikoagulation mit Heparin 5-10.000 Einheiten

->danach als Infusion laufen lassen mit PTT Kontrolle alle 6h (soll 2-3fach verlängert sein)

Analgesie mit Opioid (Pitiramid oder Morphin)

Extremitätentieflagerung und wattepolsterung , keine Wärme oder Költe

Monitoring, Gabe von Sauerstoff, Verlegung an Gefäßzentrum

Intramuskuläre Injektionen sind bei V.a. einen akuten Extremitätenverschluss kontraindiziert, um eine potenzielle Lysetherapie zu ermöglichen!

Algorythmus

Klinisches Management: Algorithmus bei akutem arteriellen Gefäßverschluss

Zügige diagnostische Abklärung

->Anamnese, körperliche Untersuchung

->Doppler- und Farbduplexsonografie mit Verschlussdruckmessung

Anschließendes Prozedere: Abhängig vom Stadium der akuten Extremitätenischämie nach Rutherford

->Inkomplette Ischämie (Stadium I und IIa): Angiografie, anschließend Revaskularisation

->Komplette Ischämie (Stadium IIb und III): Sofortige Revaskularisation, in Stadium III oftmals Amputation

Verfahren

bei fehlenden Leistenpulsen oder langstreckigem Verschluss oder gelenkübergreifend : Operativ

->Katheterembolektomie nach Fogarty

->Offene Thrombektomie

->Thrombendarteriektomie (TEA) mit Patch-Plastik, siehe auch: Thrombendarteriektomie peripherer Gefäße

->Bypassanlage: Zur Überbrückung des Verschlusses siehe auch: Bypass-Operation (periphere Gefäße)


Interventionell:

->lokale Thrombolyse (mittels Streptokinase, Urokinase oder rt-PA) , ggf. in Kombination mit mechanischer Thrombektomie (pharmakomechanische Thrombolyse)

->Mechanische Thrombektomie, ggf. in Kombination mit lokaler Thrombolyse (pharmakomechanische Thrombolyse)

->Perkutane transluminale Angioplastie (PTA) häufig mit Stenteinlage


Amputation als Ultima Ratio

konservativ mittels Prostaglandin-Therapie i.v., nur ein Einzelfällen


Prä/postoperatives management

Antikoagulation im Notfall antagonisieren, Thrombozytenaggregation kann weiter genommen werden sofern Mono

Postoperativ Antikoagulation erstmal weiterfpühren

Laborkontrollen: Gerinnung: PTT, INR, Antithrombin III, Entzündungsparameter: CRP, Leukozyten, Weitere: Kreatinin, Harnstoff, Lactat, Hb

GGf Aspirin anordnen bei AVK

Ursachenabklärun

Komplikationen

Reperfusionssyndrom

->Komplikationen als Folge der Reperfusion im Anschluss an eine Minderperfusion

->Bedingt durch Ödembildung und Einschwemmen von Metaboliten in den Organismus, die sich während der Ischämie aufgrund mangelnden Abtransports angesammelt haben, vor allem bei Verschlüssen ab 4-6h

->Ischämisches Reperfusionsödem (Kompartmentsyndrom, Hypovolämischer Schock), Herzrhythmusstörungen, Crush-Niere, Bildung von Thromben, DIC, Multiorganversagen

Therapie: Je nach Befund


prognose

bei verschlüssen <6h gute Prognose


Aortenaneurysma

DEF

häufigste Form ist das Aneurysma verum (alle Wandschichten)

->Grenzwert thorakale Aorta: Erweiterung des Durchmessers ♂ >4,0 cm, ♀ >3,4 cm

->Grenzwert abdominelle Aorta: Erweiterung des Durchmessers ♂ ≥3 cm, ♀ ≥2,7 cm


Aneurysma dissecans infolge einer Dissektion

EPI/ÄTI

Thorakales Aortenaneurysma mit Prävalenz von 0,1-0,3%

abdominell: Gesamtprävalenz 3,5%

->Vor allem im alter von 70-80Jahre, Männer:Frauen 6:1

Risikofaktoren für Ruptur:

->Weibliches Geschlecht, Aktives Rauchen, Großer Durchmesser, Sackform des Aneurysmas

Rupturrisiko bis 5,5cm 1,6%, ab >7,0 cm: 6,3%


Risikofaktor für Ausbildung eines Aneurysmas:

->männliches Geschlecht, höheres Lebensalter, Rauchen, Kardiovaskuläre Erkrankung, insb. Arteriosklerose und arterielle Hypertonie, familiäre Anamnese und chronische dissektion

weitere Ursachen

Marfan-Syndrom, Vaskulitiden (auch infektiös durch Syphilis, Pilze etc), Zystische Medianekrose Erdheim-Gsell

Klassifikation

nach Lokalisation: Thorakal vs Abdominell vs thorakoabdominell

nach Symtomatik: asymptomatisch vs symptomatisch

abdominell

Suprarenales Bauchaortenaneurysma: Oberhalb der A. renalis mit Einschluss eines Nierenarterienabgangs und Ausdehnung bis zur Basis der A. mesenterica superior

Pararenales Bauchaortenaneurysma: Einschluss beider Nierenarterienabgänge bis zur juxtarenalen Aorta oder der Basis der A. mesenterica superior

Juxtarenales Bauchaortenaneurysma: Ausdehnung infrarenal bis zu den Nierenarterienabgängen

Infrarenales Bauchaortenaneurysma: Unterhalb der A. renalis (normal weite Aorta zwischen der oberen Ausdehnung des Aneurysmas und den Nierenarterienabgängen)

->häufigste Lokalisation


thorakoabdominell

Modifizierte Klassifikation nach Crawford und Safi, je nach ausdehnung typ 1 bis 5

Klinik

unspezifisch und häufig asymptomatisch

ggf Druckbeschwerden, Rückenschmerzen, Abdominal- oder Flankenschmerz (durch transiente Ischämie)

spezifisch

Thorakal: Thromben im Versorgungsgebiet, Einengung oder Irritation mediastinaler Strukturen->Stridor, Schluckbeschwerde, Horner-Syndrom, Heiserkeit

Abdominell: tastbarer pulsierender Tumor, schlecht tastbare Leistenpulse, periphere Thromben

„Red flags“ des rupturierten Bauchaortenaneurysmas

klassischer Patient (männlicher Raucher >50 Jahre und unklares Schockgeschehen)

Plötzlich einsetzende starke Bauch- oder Rückenschmerzen

Hypotension bzw. akuter Blutdruckabfall bis hin zum Schock

Pulsatile abdominelle Raumforderung

Diagnostik

Das rupturierte Aortenaneurysma hämodynamisch instabiler Patienten (Blutdruck syst. <80 mmHg) wird unmittelbar operiert, das hämodynamisch stabiler Patienten (Blutdruck syst. >80 mmHg) nach Durchführung einer Notfall-CT.

elektiv

KU mit pulsatilem Tumor, auskultatorisch strömungsgeräusche

Apparativ Sono Abdomen für Screening und Verlaufskontrolle: Abschätzung des abdominellen Aortendurchmessers

die CT-Angio als Goldstandard zur Detektion und Klassifikation des Aneurysma

->beurteilung Gefäßverlauf, durchmesser und Wandbeschaffenheit

Therapie

Die Therapie des asymptomatischen abdominellen Aortenaneurysmas hängt v.a. von der Größe und dem assoziierten Rupturrisiko ab.

Klinik

Befund

Therapie

Rupturiert

Klinische Zeichen der Ruptur bei vorbekanntem Aortenaneurysma

Gesichertes, rupturiertes Aortenaneurysma jeglicher Größe und Lokalisation in der Notfall-CT

Notfallmäßige Versorgung mit Transport unter permissiver Hypotonie

(T)EVAR oder

Offen-chirurgisch: Implantation einer Rohr- oder Y-Prothese (aorto-biiliakal)


Symptomatisch

Klinische Symptomatik ohne Nachweis einer Ruptur

Dringliche Versorgung

(T)EVAR oder

Offen-chirurgisch: Implantation einer Rohr- oder Y-Prothese (aorto-biiliakal)


Asymptomatisch

Abdominelles Aneurysma mit

Durchmesser >5,5 cm (Männer) bzw. >5 cm (Frauen) oder

Größenzunahme >1 cm/Jahr unabhängig vom Durchmesser

Thorakales Aneurysma

Aorta ascendens und/oder Aortenbogen mit Durchmesser ≥5,5 cm oder Größenzunahme >0,5 cm/Jahr

Bei zusätzlichen Risikofaktoren (bspw. Marfan-Syndrom, bikuspide Aortenklappe) geringere Grenzwerte, mitunter schon ab 4,0 cm

Aorta descendens mit Durchmesser ≥6,0 cm

Elektive Versorgung

(T)EVAR oder

Offen-chirurgisch: Implantation einer Rohr- oder Y-Prothese (aorto-biiliakal)


Bei Aorten-OP aus anderem Grund ggf. Mitversorgung

Abdominelles Aneurysma mit

Durchmesser ≤5,4 cm (Männer) bzw. ≤5 cm (Frauen) und

Größenzunahme <1 cm/Jahr

Bei limitierter Lebenserwartung ggf. abwartende Haltung bis Durchmesser >5,5 cm

Thorakales Aneurysma

Aorta ascendens mit Durchmesser <5,5 cm

Aorta descendens mit Durchmesser <6,0 cm

Konservativ (regelmäßige Kontrollen)

Sonografische Verlaufskontrollen bei Bauchaortenaneurysma

Sonografische Verlaufskontrollen bei thorakalem Aortenaneurysma

rupturiert->Notfall,

symptomatisch->dringlich

Invasive Therapie

Offene Operation bei Bauchaortenaneurysma oder Endovaskuläre Aortenreparatur bei Bauchaortenaneurysma

offen

Prinzip: Ersatz des aneurysmatischen Gefäßabschnittes durch Einsatz einer Rohrprothese oder Y-Prothese

Prinzipien: Blutfluss zu einer A. iliaca interna möglichst erhalten

->Bei intraoperativer Darmischämie: Reimplantation der A. mesenterica inf.

->Kurze renale Ischämiezeiten anstreben

Ablauf: Abklemmen der Aorta entsprechend der Lokalisation des Aneurysmas

->Eröffnen des Aneurysmasacks, Entfernen eventueller Thromben

->Implantation der Prothese

->Verschluss des Aneurysmasacks über der Prothese

->Bei Medianlaparotomie: Einlage eines Netzes in Sublay-Technik empfohlen (Prävention einer Narbenhernie)

->Wundverschluss


endovaskulär

Prinzip: Ausschaltung des Aneurysmas durch einen Aortenstent

Zugangsweg: A.femoralis perkutan oder offen-chirurgisch

Ablauf: Zugang über die Leiste: Perkutan oder chirurgisch

->Einbringen eines Führungsdrahtes in die A. femoralis und Vorschub in die abdominelle Aorta

->Einbringen und Vorschub des zusammengefalteten Prothesenkörpers über den liegenden Führungsdraht (Seldinger-Technik)

->Expansion des Prothesenkörpers durch Entfaltung des inneliegenden Ballons

->Einbringen eines weiteren Führungsdrahtes in die kontralaterale A. femoralis

->Verankerung der proximalen Landungszone

->Vorschub des kontralateralen Prothesenschenkels (Seldinger-Technik) über den zweiten Führungsdraht

->Expansion des zweiten Prothesenschenkels (mittels Ballon)

->Distale Verankerung beider Prothesenschenkel

->Entfernen der Führungsdrähte

->Wundverschluss


Wahl des Verfahrens

je nach anatomischen Gegebenheiten

->bei Ruptur ist die EVAR vorzuziehen


Thorakales Aneurysma

offen

Prinzip: Offen chirurgische Implantation einer Kunststoffprothese

Lagerung: Rechtsseitenlage

Zugangsweg: Linkslaterale Thorakotomie oder Thorakolaparotomie links (je nach Lokalisation und Ausmaß)

Besonderheiten: Einsatz einer „Herzlungenmaschine“ zur extrakorporalen Zirkulation und Intraoperatives Neuromonitoring

Post op management

tasten der Pulse, Überwachung, prüfung motorik und durchblutung

Wund und Laborkontrollen

Komplikationen

Spät

♂: Potenzstörungen

Aortointestinale Fistel

Infektionen der implantierten Prothese

Langfristige Nierenfunktionseinschränkung

Wundheilungsstörungen

Nachsorge

Achten auf:

Expansion des Aneurysmas nach proximal oder distal

Anastomosenaneurysmata

Stenosen (insb. in Prothesenschenkeln oder Anastomosen)

Endoleaks


Nachsorge nach EVAR: Lebenslange, standardisierte Verlaufskontrollen durch behandelndes Gefäßzentrum

CTA und Röntgen-Abdomen bzw. Duplexsonografie

Bei Niereninsuffizienz: Duplexsonografie, CT ohne Kontrastmittel und Röntgen-Abdomen bei jeder Nachsorge, ggf MRT bei unklaren Befunden


Aortendissektion

DEF

Definition des akuten aortalen Syndroms (AAS): Klinische Notfallsituationen mit ähnlicher Symptomatik, bei denen eine Störung der Wandintegrität der Aorta besteht

Intramurales Hämatom (IMH): Einblutung aus Vasa vasorum in die aortale Media mit Ausbildung eines Hämatoms in der Aortenwand, aber ohne Bildung eines zweiten Lumens oder Intimaeinriss

Penetrierendes Aortenulkus (PAU): Entsteht durch Ruptur/Ulzeration einer arteriosklerotischen Plaque → Eindringen von Blut aus dem Aortenlumen in die Media möglich

Akute Aortendissektion (AAD): Auftrennung der Aortenwandschichten durch Einblutung in die Media und Ausbildung eines wahren und eines falschen Lumens

EPI

Prävalenz 3/100.000, Männer:Frauen 3:1, vor allem >50 Jahren

Lokalisation:

->Aorta ascendens: ca. 65%

->Aortenbogen: ca. 5–10%

->Aorta descendens : ca. 20–25%

->Aorta abdominalis: ca. 5–10%

Ätiologie

Risikofaktoren

Arterielle Hypertonie, Arteriosklerose, Aneurysmata der Aorta

Amphetamin-/Kokainabusus

Inflammation der Aorta zB bei Vaskulitis mit Beteiligung der Aorta (z.B. Lues, Takayasu-Arteriitis)

Iatrogen: Zustand nach Operation mit Eröffnung der Aorta

(Dezelerations‑)Trauma: Bspw. Verkehrsunfall oder Sturz aus großer Höhe

Genetisch/erblich bedingte Veränderungen

Klassifikation

akut

Klasse 1: Klassische Aortendissektion mit wahrem und falschem Lumen

Klasse 2: Intramurales Hämatom

Klasse 3: Aortendissektion mit Vorwölbung der Aortenwand

Klasse 4: Penetrierendes Aortenulkus nach Plaqueruptur

Klasse 5: Iatrogene oder traumatische Aortendissektion

zeitlich

Akute Aortendissektion: ≤14 Tage

Subakute Aortendissektion: 15–90 Tage

Chronische Aortendissektion: >90 Tage

Stanford

Stanford-Typ A: Betrifft die Aorta ascendens (unabhängig von Beginn und Ausdehnung)

Stanford-Typ B: Betrifft die Aorta descendens

Stanford-Non-A-non-B: Arcus aortae mitbetroffen (unabhängig von Beginn und Ausdehnung)


Klinik

Symptome der Dissektion: „Vernichtungsschmerz“, plötzlich einsetzende, stärkste (Brust‑)Schmerzen

->je nach Lokalisation Einbeziehung des Nacken/Zwischen den Schulterblättern oder des Bauches/Rückens

ggf Wandern des Schmerzes bei Ausweitung der Dissektionsmembran

Bei Komplikationen:

->Malperfusion von Organen: Je nach Ischämiegebiet ggf. Symptome einer Myokardischämie, einer akuten Nierenschädigung, Synkope, neurologische Ausfallerscheinungen

->Bei akuter Blutung: Hämorrhagischer Schock, evtl. Reanimationspflichtigkeit

-<Kardiale Symptome bei Dissektion Stanford Typ A: Symptome einer Perikardtamponade, akute Herzinsuffizienz, akute Aortenklappeninsuffizienz etc.

Diagnostik

bei allen

Ausschluss eines Myokardinfarktes: Wiederholte Ableitung eines 12-Kanal-EKG und Kontrollen des Troponin, siehe Akutes Koronarsyndrom

Vitalzeichenkontrollen: Möglichst erweitertes hämodynamisches Monitoring etablieren, mindestens regelmäßige Kontrolle von arteriellem Blutdruck, Pulsoxymetrie, Vigilanz und neurologischem Status

instabiler Patient

Patienten mit Schock, sehr stark ausgeprägten Schmerzen, Tachykardie, Tachypnoe, Hypotension und/oder Hypoxie bzw. Zyanose

->Sofortige CT-Angiografie oder/und TEE

->Umgehende Kontaktaufnahme mit der Gefäßchirurgie

->Bei Nachweis einer Aortendissektion Typ A: Not-OP

stabiler Patient

D-Dimere: Negative D-Dimere sprechen gegen eine Aortendissektion

TTE: Erlaubt eine Einschätzung der proximalen Abschnitte der Aorta und liefert ggf. Hinweise auf eine Typ-A-Dissektion

Röntgen-Thorax: Prüfung auf das Vorliegen von Mediastinalverbreiterung, Doppelkontur der Aorta, Tracheakompression, abnormaler kardialer Kontur, linksseitigem Pleuraerguss


Allgemein

KU

Evtl. Puls- und Blutdruckdifferenz je nach Lokalisation (A. carotis, A. subclavia, A. radialis, A. femoralis)

Warnzeichen für Stanford A: Pulsdefizite der A. carotis, Pulsus paradoxus, Neu aufgetretenes diastolisches Strömungsgeräusch über der Aortenklappe, Gestaute Halsvenen, Arterielle Hypotonie

Labor

D-Dimer als Entscheidungshilfe

Blutbild

CRP und Procalcitonin (DD Infektion, SIRS)

Kreatinkinase (Reperfusionsschaden, Rhabdomyelyse)

Troponin (MI)

Kreatinin (Abschätzung Nierenschaden)

ALT, AST (Leberischämie?)

Laktat

LDH (Steigt bei Zellzerfall und Nekrose an)

Glucose

Blutgasanalyse

EKG

Bildgebung

CT-Angiografie

->Darstellung der gesamten Aorta sowie schneller und sicherer Nachweis einer Dissektion inklusive Darstellung der Dissektionsmembran, Einschätzung der Beteiligung von Seitenästen, eines intramuralen Hämatoms, eines Aortenulkus etc.

TEE

->insb. beim instabilen Patienten als initiales bildgebendes Verfahren möglich

Informationen aus Bildgebung

->Einschätzung der Dissektion

->Erkennen möglicher Komplikationen

Scores

Aortendissektion-Risikoscore (ADD-RS)

fragt nach Anamnestische Hochrisiko-Faktoren, Hochrisiko-Symptome , und Hochrisiko-Befunde

Vergabe von max 1 Punkt für jede Kategorie, ab 1 Punkt ist Dissektion wahrscheinlich


Aortendissektion Therapie und Komplikationen

Therapie

Allgemein

Sicherung der Atemwege: Intubation, bei Hypoxie bis zur Intubation ggf. Sauerstoffgabe bzw. Maskenbeatmung

Erweitertes hämodynamisches Monitoring: Invasive arterielle Blutdruckmessung und ZVK-Anlage

Einstellung von Blutdruck und Herzfrequenz: Ziel-Blutdruck ca. 120 mmHg systolisch, Ziel-Herzfrequenz nahe 60 Schläge/min, vorzugsweise Gabe von Betablockern

Schmerztherapie: Analgesie mit Opioiden, insb. Morphin

Großlumige periphere Venenzugänge: Im Falle eines hohen Volumenbedarfs bei Blutung immer sinnvoll

chirurgisch

Notfall-Indikation: Aortendissektionen vom Typ A nach Stanford, oder akute Koronarinsuffizienz, oder auftreten einer Aortenklappeninsuffizienz

ggf bei Aortendissektion Typ B

Vorgehen: Offen chirurgische Implantation einer Kunststoffprothese

->Linkslaterale Thorakotomie, ggf. Erweiterung zur paramedianen Laparotomie, bei abdomineller Pathologie Standardlaparotomie in der Medianlinie

->Umgehung des linken Herzens unter Einsatz extrakorporaler Zirkulation und Hypothermie („Herz-Lungen-Maschine“)

->Einzellungenbeatmung während der Operation

->Anlage einer Liquordrainage (Da bei Minderperfusion des RM ein Ödem entstehen kann)

endovaskulär

TEVAR bei

Aortendissektion Typ B nach Stanford: Bei komplizierter und unkomplizierter Typ-B-Dissektion, insb. auch Patienten mit erhöhtem OP-Risiko (interdisziplinäre Einzelfallentscheidung!) oder Chronische Aortendissektion bei Hochrisiko-Patienten

Vorgehen: Zugang über A. femoralis ->Einsatz eines Stentgrafts zur Abdichtung des Dissektionsbereichs

Voraussetzung: Ausreichend lange „Landezone“ im proximalen und distalen Bereich des Grafts von ca. 2 cm

->Bei Therapie von Aneurysmata: Graftdurchmesser sollte den Aortendurchmesser in der Landezone überschreiten

Komplikationen:

->Verschluss von arteriellen Abgängen

->Neurologische Ausfälle bis hin zum Querschnittsyndrom durch Ischämie des Rückenmarks

->Endoleak

konservativ

bei Akute Aortendissektion Typ B nach Stanford, ohne Komplikationen und mit „milder“ bis fehlender Symptomatik

Chronische asymptomatische Aortendissektion ohne Komplikationen

Aortenulkus und Aortenhämatom Typ B ohne Komplikationen

->Konsequente Blutdruckeinstellung: Medikamente der Wahl sind Betablocker, ggf. zusätzlich Gabe von ACE-Hemmern und/oder Vasodilatatoren mit Zielwerten <130/80 mmHg

Komplikationen

Perforation und Ruptur

Stanford A

Bei Verlegung der Koronararterien → Myokardinfarkt

Aortenklappeninsuffizienz (neu aufgetretenes Diastolikum, Dyspnoe)

Herzbeuteltamponade mit obstruktivem Schock

Ischämischer Schlaganfall durch Verlegung hirnversorgender Gefäße

allgemein

Blutung in Thorax, Mediastinum und Abdomen

Pleuraerguss

Synkope

Verlegung von Arterien mit konsekutiver Ischämie

->Truncus coeliacus, A. mesenterica superior/inferior → Akutes Abdomen, Mesenterialischämie

->Nierenarterien → Niereninsuffizienz (Oligurie, Anurie) bzw. akute Nierenschädigung

->Rückenmarksarterien → Akute Querschnittlähmung

->Verlegung einer Extremitätenarterie → Akute Extremitätenischämie

->Komplette Verlegung der distalen Aorta → Leriche-Syndrom

Nachsorge

Grundsätzlich

Konsequente Blutdruckeinstellung unter 120/80 mmHg, siehe auch: Therapie der arteriellen Hypertonie

Lebensstilveränderungen zur kardiovaskulären Prävention

Nachsorge nach offener Versorgung: Bildgebung ohne standardisierte Intervalle zur Beurteilung der Aorta

Nachsorge nach TEVAR: Bildgebung nach 1, 6 und 12 Monaten, anschließend jährliche Bildgebung

Prognose

Prognostisch ungünstige Faktoren: Hohes Alter, Malperfusion von Organen, Schock

Letalität der Stanford A Dissektion auch mit OP noch 20%


Author

Jof T.

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