Arten von Schuldverhältnissen
Normenhierarchie im Schuldrecht
Privatautonomie / Technik des vor die Klammer Ziehens / lex specialis derogat legi generali
1. Individualvereinbarung (Privatautonomie – soweit zulässig)
2. Allgemeine Geschäftsbedingungen
3. Besonderes Schuldrecht (Schuldrecht BT), §§ 433 – 853 BGB
4. Allgemeines Schuldrecht (Schuldrecht AT), §§ 241 – 432 BGB
—> §§ 241 - 432 BGB wenn die Parteien abweichende Vereinbarung o. im besonderen Schuldrecht spezielle (= vorrangige) Regelungen
→ Schuldrecht AT subsidiär
—> Sekundärrechten (Leistungsstörungsrecht) im besonderen Schuldrecht spezielle Regelungen, z.B. §§ 434 ff. BGB (Kauf), §§ 536 ff. BGB (Miete), §§ 633 ff. BGB (Werkvertrag).
Schuldverhältnisse - Primärebene
1. Leistungspflichten (§ 241 I BGB) & Art des Leistungsinhalts
klagbaren Anspruch
Art und Weise der Leistungserbringung:
Leistungsgegenstand → Stück-/Gattungs-/Vorrats-/Geldschuld, §§ 243, 270 BGB
Leistungsort → Hol-/Bring-/Schickschuld, §§ 269 f. BGB
Leistungszeit → Erfüllbarkeit, Fälligkeit, Stundung, § 271 BGB
2. Nebenpflichten (§ 241 II BGB)
—> kein klagbarer Anspruch
Treuepflichten
Schutz-/Rücksichtnahmepflichten
Aufklärungspflichten (kann auch Hauptleistungspflicht per Vertrag werden)
Leistungsgegenstand
1. Stückschuld = Schuldner schuldet bestimmte Sache
—> !Vereinbarung der Parteien!
2. Gattungsschuld, § 243 I BGB = der Leistungsgegenstand ist nur der Gattung nach bestimmt.
Gattung = Gruppe von Gegenständen, die durch gemeinschaftliche abstrakte Merkmale gekennzeichnet und von anderen Sachen abgrenzbar ist
3. Vorratsschuld („beschränkte Gattungsschuld“) = Schuldner schuldet einen Gegenstand mittlerer Art und Güte aus seinem Vorrat
Leistungsort
§269 BGB
1. Holschuld (gesetzlicher Regelfall, § 269 I, II BGB)
= Gläubiger einer Leistung muss sich diese am Wohn- (§ 269 I BGB) bzw. Geschäftssitz (§ 269 II BGB) des Schuldners abholen.
Leistungsort = Erfolgsort = Wohn-/Geschäftssitz Schuldner
2. Schickschuld
= Schuldner ist verpflichtet Leistungsgegenstand dem Gläubiger an dessen Wohnsitz zu übermitteln. nur verpflichtet Sache auf den Weg zu bringen (z.B. Post); keine persönliche Überbringung.
muss vereinbart werden oder sich aus den Umständen ergeben, vgl. § 269 I BGB.
Leistungsort ≠ Erfolgsort (Leistungsort beim Schuldner; Erfolgsort beim Gläubiger)
3. Bringschuld
= Schuldner hat die Leistung am Wohn-/Geschäftssitz des Gläubigers zu erbringen.
Leistungsort = Erfolgsort = Wohn-/Geschäftssitz des Gläubigers
auch mittels Transportperson möglich, aber Leistungsgefahr bis zur Überbringung durch die Transportperson
Ermittlung der im Fall gegebenen Schuldart (relevant für Risikoverteilung)
Schritt 1: Auslegung der Vereinbarung der Parteien
Schritt 2: Ergibt sich Schuldart aus Umständen?
Schritt 3: Gesetzlicher Regelfall des § 269 I, II BGB
Leistungsstörungen - Sekundärebene
I. Anfängliche / nachträgliche Unmöglichkeit, § 275 BGB
II. (Schuldnerverzug, § 286 BGB)
III. Nichtleistung
IV. Schlechtleistung („nicht wie geschuldet“)
V. (Nebenpflichtverletzung, § 241 II BGB)
VI. (culpa in contrahendo (c.i.c.), § 311 II BGB)
VII. (Gläubiger-/Annahmeverzug, §§ 293 ff. BGB)
Rechtsfolgen
Primärebene —> Schicksal der Primäransprüche
Sekundärebene —> Nacherfüllung (Schadensersatz, Aufwendungsersatz, Rücktritt)
Anfängliche/Nachträgliche Unmöglichkeit - Primärebene
1. Ausschluss der Leistungspflicht
Anspruch entsteht nicht, § 275 I BGB bzw.
Verweigerungsrecht, § 275 II, III BGB
2. Befreiung von Gegenleistungspflicht, § 326 I 1 BGB
Ausnahmen: § 326 I 2, II, III BGB
Achtung: Die anfängliche Unmöglichkeit steht der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen, § 311a I BGB.
Anfängliche/Nachträgliche Unmöglichkeit - Sekundärebene
Nichtleistung
Primärebene
zunächst nicht berührt
→ Beachte § 281 IV BGB
Sekundärebene
Schlechtleistung
→ Grds. Anspruch auf Nacherfüllung, vgl. §§ 439, 635 BGB
SE neben der Leistung vs. statt der Leistung
Schadensersatz statt der Leistung: Äquivalenzinteresse (—> Verbesserung)
Schadensersatz neben der Leistung: Integritätsinteresse (—> keine Verschlechterung)
!! Bei einer Nebenpflichtverletzung besteht grds. Anspruch auf SE neben d.L.!
Abgrenzung Schadensersatz statt und neben der Leistung
Schadensersatz, §§ 249 ff. BGB
Prinzipien:
Naturalrestitution, § 249 I, II BGB
Differenzhypothese
Totalreparation
ausnahmsweise Kompensation in Geld, §§ 250, 251 BGB
Immaterieller Schaden nur ausnahmsweise ersatzfähig, § 253 I BGB
Mitverschulden, § 254 BGB
Unterscheide:
Negatives Interesse (= „Vertrauensschaden“) → bei c.i.c., §§ 122, 179 II BGB
Positives Interesse (= „Erfüllungsschaden“) → Schadensersatz neben und statt der Leistung, §§ 280 ff. BGB
= Schadensberechnung; hypothetischen Vermögensvergleich beim Geschädigten
Schaden = Hypothetischer Wert des Vermögens ohne das schädigende Ereignis
- „Wie stünde der Geschädigte ohne das schädigende Ereignis?“
- Zu berücksichtigen ist auch ein entgangener Gewinn, § 252 BGB
./.
Gegenwärtiger tatsächlicher Wert des Vermögens
- „Wie steht der Geschädigte mit dem schädigenden Ereignis?“
SE neben der Leistung, §280 I BGB
Voraussetzungen:
1. Schuldverhältnis, § 280 I 1 BGB
• i.d.R. ein schuldrechtlicher Vertrag, z.B. Kauf, Miete
2. Pflichtverletzung, § 280 I 1 BGB
• Nichtleistung (Verzug) / Schlechtleistung / Nebenpflichtverletzung
3. Vertretenmüssen, § 280 I 2 BGB
• Wird vermutet, Vermutung ist aber widerlegbar
• Was der Schuldner zu vertreten hat, regelt § 276 BGB
4. Schaden, 249 ff. BGB
5. Berücksichtigung Mitverschulden Anspruchssteller, § 254 BGB
Rechtsfolge:
Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung, § 280 I BGB (Anspruch auf die Leistung bleibt unberührt)
Abtretung (Zession)
§§398 ff. BGB
= Übertragung einer Forderung auf einen neuen Gläubiger / Gläubigerwechsel
Beteiligte Personen:
1. Schuldner
2. Zedent (alter Gläubiger)
3. Zessionar (neuer Gläubiger)
Eigentlichen Abtretung: nur Zedent und Zessionar
• Vertrag (Verfügungsgeschäft) zwischen Zedent und Zessionar, § 398 BGB
• Schuldner bleibt außen vor (kein Zustimmungserfordernis, kein Informationsanspruch)
→ Schuldner ist bzgl. der Person seines Gläubigers grds. nicht schutzwürdig
→ Schuldner darf aber durch die Abtretung nicht schlechter stehen als vorher
Voraussetzungen Abretung
§ 398 BGB
I. Allgemeines
Abtretung = Verfügungsgeschäft. Jede Abtretung (dingliches Geschäft) bedarf eines Verpflichtungsgeschäftes. Dieses kann ausdrücklich oder konkludent vereinbart werden.
II. Voraussetzungen
1. Einigung über Forderungsübergang zw. Altgläubiger (Zedent) u. Neugläubiger (Zessionar)
• Regeln des BGB AT
• Schuldner nicht beteiligt (S geschützt durch §§ 404 ff. BGB)
• Keine Form erforderlich (Ausnahme § 1154 BGB)
• Bestimmbarkeit der Forderung
2. Übertragbarkeit der Forderung = Kein gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Ausschluss der Abtretung.
• Keine Vereinbarung eines Abtretungsverbotes nach § 399 Atl. 2 BGB (beachte § 354a HGB); ein vereinbartes Abtretungsverbot hat absolute Wirkung
• Kein gesetzlicher Ausschluss der Abtretung (§§ 613, 400, 399 Alt. 1)
3. Berechtigung des Altgläubigers = AG muss Inhaber der bestehenden Forderung ggü. dem Schuldner sein.
a) Bestehen der Forderung (oft Schwerpunkt der Klausur)
b) AG muss Inhaber d. Forderung sein
c) Ansonsten: Gutgläubiger Erwerb einer Forderung grds. ausgeschlossen
III. Rechtsfolge: Der Neugläubiger hat einen Anspruch nach AGL des Altgläubigers ggü. S iVm. § 398 BGB (§ 398 BGB sollte auch in Obersatz geschrieben werden) gegen S.
• Bei der mehrfachen Abtretung von Forderungen gilt der Prioritätsgrundsatz. Es erwirbt derjenige die Forderung, an den zuerst wirksam abgetreten wurde.
Konstellation Abtretung
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