Was ist eine infektiöse Endokarditis?
durch Krankheitserreger hervorgerufene Entzündung der innersten Schicht der Herzwand (Endokard), die insb. auch die Herzklappen betrifft.
Die Entzündung wird durch eine zumeist bakterielle Infektion hervorgerufen, weitaus seltener durch Pilze.
Der Infektionsweg ist eine Bakteriämie mit folgender Absiedlung der Erreger an endokardialen Strukturen, dazu gehören operative Eingriffe, die hämatogene Ausbreitung bakterieller Infektionen in anderen Organsystemen und insb. bei Endokarditiden des rechten Herzens auch unsterile Injektionen (Venenzugänge!).
Was sind die häufigsten Erreger einer Endokarditis?
Staphylococcus ausreus (45-46%): häufigster der Endocarditis acuta (akuter Verlauf mit Herzinsuffizienz, Endokarditis ulcerosa)
Streptococcus viridans (30%): häufigster der Endocarditis lenta (subklinischer Verlauf, Endokarditis polyposa)
Styphylococcus epidermidis: häufigster über infizierte Venenverweilkanülen
Enterococcus faecalis: multiple AB-Resistenz (Penicillin G und Cephalosporine mit Enterokokkenllücke)
Streptococcus bovis: cave Kolonkarzinoom
Pilze: Aspergillus, Candida
Welche Klappen sind am häufigsten betroffen?
Und warum sind Klappen überhaupt betroffen?
Mitralklappe > Aortenklappe > Trikuspidalklappe > Pulmonalklappe
Spezielle immunologische Stellung der Herzklappen: Klappengewebe ist bradytroph und kapillarfrei und durch die hohe Geschwindigkeit des Blutflusses mechanisch stark beansprucht (insb. die Klappenränder) → Prädisposition für bakterielle Absiedlungen und Infektionen sowie degenerative Veränderungen
Folgen
Wirkstoffe gelangen nur über den Blutstrom der Herzhöhlen zum Klappengewebe → Antibiotische Therapie über mehrere Wochen nötig
Welche PatientInnen sind besonders gefährdet?
mit künstlicher Herzklappe, durchgemachter Endokarditis und schweren angeborenen Herzfehlern, i.v. Drogenabusus, Dialyse
Welche Kardialen und Allgemeinen Symptome können auftreten?
Fieber, Schüttelfrost
Leistungsknick, Schwäche, Blässe
Tachykardie
Herzgeräusche
Herzinsuffizienz (Klappeninsuffizienz)
Klappenperforation und -abriss mit akuter Dekompensation (Lungenödem)
Welche Extrakaridalen Manifestationen treten bei einer Endokarditis auf?
Die extrakardialen Manifestationen sind vor allem Folge der hämatogenen Streuung (bakterielleMikroembolien) und immunologischer Prozesse (Immunkomplexablagerungen).
ZNS
Septisch-embolische Herdenzephalitis
Kutan
Petechien (vor allem an den Nägeln)
Janeway-Läsionen: Schmerzlose Einblutungen an Handflächen und Fußsohlen
Osler-Knötchen: Schmerzhafte, knotige Einblutungen an Fingern und Zehen, embolisch oder bei Immunkomplex-Vaskulitis
Splinter-Hämorrhagien: Einblutungen im Nagelbett infolge von Immunkomplexablagerungen bzw. Mikrothrombosierungen; insb. bei subakuten Verlaufsformen der infektiösen Endokarditis beschrieben
Niere
Niereninfarkte
Fokale (= glomeruläre Herdnephritis Löhlein) oder diffuse Immunkomplex-Glomerulonephritis → Nachweis von dysmorphen Erythrozyten und Erythrozytenzylinder im Urinsediment
Milz: Milzvergrößerung und septische Embolien
Augen
Netzhautembolie
Roth's spots (=Retinablutungen)
Konjunktivale Einblutungen
Wie wird der Erregernachweis durchgeführt?
Die Blutentnahme für den Erregernachweis ist vor Beginn einer Antibiotikatherapie durchzuführen
Beimpfung von mind. 3–5 separaten Blutkulturpaaren
Transport der Blutkulturflaschen in das Labor innerhalb von 2 Std.
Antibiogramm bei Erregernachweis, um eventuelle Resistenzen frühzeitig zu erkennen
Was sind die Duke-Kriterien?
Das Vorliegen von zwei Hauptkriterien, einem Hauptkriterium und drei Nebenkriterien oder fünf Nebenkriterien verifiziert die Diagnose.
Hauptkriterien
Positive Blutkulturen
Endokarditis-typische Erreger in 2 unabhängigen Blutkulturen oder
Erreger, die potenziell eine Endokarditis verursachen können, in anhaltend positiven Blutkulturen oder
Nachweis einer Endokardbeteiligung in der Bildgebung
Echokardiografie: Endokarditis-Leitbefunde, bspw. Klappenvegetationen
Transthorakale Echokardiografie: Basisdiagnostik bei jeglichem Verdacht auf eine Endokarditis
Transösophageale Echokardiografie: Bestätigungs- und Verlaufsdiagnostik, i.d.R. bei allen Patienten mit Endokarditis anzustreben
Schnittbildgebung: CT, MRT und nuklearmedizinische Bildgebung (PET/CT)
Zusätzliche Hauptkriterien nach ESC 2015
Nachweis paravalvulärer Läsionen im Herz-CT
Nachweis einer abnormen Aktivität in der Umgebung eines Klappenersatzes in der PET/CT bzw. SPECT/CT
Nebenkriterien
Prädisposition durch kardiale Grunderkrankung oder i.v. Drogenabusus
Fieber ≥38 °C
Gefäßveränderungen (Arterielle Embolien, septische Infarkte, intrakranielle Blutungen, Janeway-Läsionen)
Immunologische Störung (Glomerulonephritis, Osler-Knötchen, Roth's Spots, positiver Rheumafaktor)
Mikrobiologie
Wie ist die kalkulierte Antibiotikatherapie?
1.Nativklappen/Klappenprothese >12 Monate nach OP
Ampicillin
Flucloxacillin
Gentamicin
bei beta-Lactam-Unverträglichkeit: Vancomycin und Gentamicin
2.Klappenprothese <12 monate nach OP
Vancomycin
Rifampicin
Wie ist die Antibiotikatherapie bei Streptokokken?
Für Nativklappen und Klappenprothesen:
Penicillin G i.v. oder Amicillin i.v. oder Ceftriaxon i.x.
kombiniert mit Gentamicin
Wie ist die Antibiotikatherapie für Staphylokokken?
1.Nativklappen
MSSA: i.v. Flucloxacillin
MRSA: i.v. Vancomycin
2.Klappenprothese
MSSA: i.v. Flucloxacillin mit Rifampicin und Gentamicin
MRSA: i.v. Vancomycin, Gentamicin, Rifampicin
Was ist die Antibiotikatherapie bei Enterokokken?
i.v. Ampicillin und Gentamicin
Wann muss operiert werden?
Häufigkeit: Bei ca. 50% der Patienten aufgrund schwerer Komplikationen erforderlich
Operationsindikation bei Linksherzendokarditis
Auftreten bzw. Progression einer Herzinsuffizienz
Unkontrollierte Infektion
Bei Embolien bzw. unkontrolliertem Embolierisiko unter der Therapie (größer werdende Vegetationen)
Neurologische Komplikationen: Hauptsächlich septische Embolien, die im MRT nachweisbar sind
Operationsindikationen bei Rechtsherzendokarditis: Insb. bei Versagen der Therapie, multiplen Rezidiven und rezidivierenden Lungenembolien zu erwägen
Operationsprinzip
Komplette Entfernung von infektiösem Material
Klappenersatz oder rekonstruktive Therapie betroffener Klappen
Bei wem, wann und wie ist eine Endokarditis-Prophylaxe indiziert?
Nur noch bei HochrisikopatientInnen
Patienten mit Klappenersatz (mechanisch und biologisch)
Patienten mit überstandener Endokarditis
Patienten mit angeborenen Herzfehlern
Wann?
Oropharyngealraum
Eingriffe bei infiziertem Gewebe: Respirationstrakt, GI-Trakt, Urogenitaltrakt, Haut und Weichteile
Mit was?
Oropharyngealraum: Aminopenicilline
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