Was ist eine Linksherzkatheteruntersuchung?
Definition[1][2]: Minimal-invasive Untersuchung, bei der über einen arteriellen Zugang (A. femoralis, A. brachialis oder A. radialis) ein Katheter zur Messung der Druckwerte und Sauerstoffsättigung im linken Herzen eingeführt wird. Zusätzlich können weitere Untersuchungen und Interventionen erfolgen.
Was sind Indikationen für eine HKU?
Chron. Coronarsyndrom (Hochrisiko)
ACS
Herzrhythmusstörungen (v.a. ventrikuläre HRST durch myokardiale Ischämie) oder Herzinsuffizienz
Klappenvitien zur interventionellen Versorgung
Myokarditis zur Biopsie
karxiomyopathie mit Biopsie
Was sind Kontraindikationen für eine HKU?
Fehlende Bereitschaft des Patienten zu einer revaskularisierenden Therapie
Schwerwiegende Komorbiditäten (Risiko der Koronarangiografie > diagnostischer Nutzen)
Fehlende therapeutische Konsequenz
Kardiovaskulär
Dekompensierte Herzinsuffizienz
Unkontrollierte arterielle Hypertonie
Gerinnungsproblematik und akute Blutungen, z.B.
Orale Antikoagulation
Thrombozytopenie (<50.000/mL)
Akute gastrointestinale Blutung
Weitere Erkrankungen
Niereninsuffizienz,
Hyperthyreose
Infektion, insb. mit Fieber
Kontrastmittelallergie
Schwangerschaft
Prämedikation vor der Linksherzkatheteruntersuchung: Wie gehst bdu mit vorhandener Medikation um?
Was solltest du bei den relevantesten Grunderkrankungen beachten?
Absetzen bzw. Pausieren von Medikamenten
Metformin: 48 h vor dem Eingriff
Sulfonylharnstoffe: 24 h vor dem Eingriff
DOAK: Ggf. 24 h vor dem Eingriff [1]
Phenprocoumon
Bei radialem Zugang: Auch INR >1,5 möglich
Bei femoralem Zugang: Ziel-INR <1,5
Bridging mit Heparin
Management von Begleiterkrankungen
Chronisches Koronarsyndrom
ASS (alternativ Clopidogrel) sollte bereits als Dauermedikation vorhanden sein, siehe auch: Antithrombozytäre Therapie bei KHK
Kein ASS in der Dauermedikation: Bei verstärkter Gerinnungsneigung am Katheter Gabe von 500 mg ASS i.v.
Akutes Koronarsyndrom / Myokardinfarkt: Siehe bspw. auch STE-ACS: Akuttherapie
Niereninsuffizienz:
Möglichst geringe Kontrastmittelmenge
Flüssigkeitssubstitution p.o. oder i.v. prä- und postinterventionell, Bilanzierung
Ggf. Furosemid-Gabe i.v.
Laborkontrollen von Kreatinin und Kalium prä- und postinterventionell
CAVE: Bei dekompensierter Niereninsuffizienz Gefahr der Überwässerung → Dialyse nach der Herzkatheteruntersuchung!
Kontrastmittelallergie: Prophylaxe mit H1-Antihistaminikum DOSIS + H2-Antihistaminikum DOSIS + Cortison
Welcher Gefäßzugang wird gewählt?
Empfohlen über die rechte A. radialis, alternativ über rechte A. femoralis, seltener A. brachialis
Gefäßzugang: A. radialis
Voraussetzung: Nachweis eines guten Kollateralkreislaufs zwischen A. ulnaris und A. radialis mittels
Allen-Test oder
Oxymetrie bzw. Plethysmografie
Vorteile
Geringere Komplikationsrate und signifikant reduzierte Mortalität im Vergleich zum transfemoralen Zugang [10][11][12][13]
Geringe Belastung, da der Patient nur eine Hand-Unterarm-Schiene erhält und ambulant behandelt werden kann
Nachteile
Geringe, jedoch signifikant höhere Strahlenexposition als beim transfemoralen Zugang
(Relative) Kontraindikationen
Terminale Niereninsuffizienz mit Shuntarm bzw. potenzieller Shuntanlage
Raynaud-Syndrom
Lymphödem
Gefäßzugang: A. femoralis
Indikation
Methode der Wahl, falls eine selektive Darstellung beider Aa. thoracicae internae erfolgen soll (z.B. LIMA-Bypass)
Insb. bei komplexen Interventionen (Kathetergrößen >7 French) der A. radialis vorzuziehen
Welche Katheter werden genutzt?
Diagnostikkatheter
Funktion: Dienen der Druckmessung und Kontrastmittelgabe an festgelegten Stellen des Gefäßsystems
Lävokardiografie, Aortografie: Pigtail-Katheter
Koronarangiografie: Judkins-Katheter
Sondierung des rechts-koronaren Ostiums: Judkins-rechts(JR)-Katheter (meist Größe 4,0)
Sondierung des links-koronaren Ostiums: Judkins-links(JL)-Katheter (meist Größe 4,0)
Führungskatheter für Interventionen
Funktion: Über den Führungskatheter werden der koronare Führungsdraht sowie der Ballonkatheter, das Stentsystem oder andere Koronarinterventionssysteme (z.B. Rotablation) in das erkrankte Gefäß eingeführt.
Beschreibe den Ablauf einer Katheteruntersuchung
Gabe von Heparin: Zur Vermeidung eines Verschlusses der A. radialis, z.B. 5000 IE i.a.
Bestimmung der ACT ca. 5–10 min nach Punktion: Ziel 250–300 s
Erneute Bestimmung der ACT, wenn Dauer der Untersuchung >20–30 min
Punktion der A. radialis mit einer Punktionskanüle: In flachem Winkel von 10–20 °
Punktionsort: 2 cm proximal des Proc. styloideus radii direkt über der A. radialis bei Supination und Dorsalflexion der Hand
Ziel: Freier pulsierender Blutaustritt
Vorschieben des Führungsdrahtes (meist gebogener J-Draht) durch die Punktionskanüle
Entfernung der Punktionskanüle unter Kompression der A. radialis
Vorschieben der speziellen Radialisschleuse über den Führungsdraht
Entfernen von Draht und Mandrin
Spülung der Schleuse und Druckanschluss, um Druckmessungen durchführen zu können
Ggf. Prophylaxe eines Gefäßspasmus der A. radialis
Weiteres Vorgehen: Durchführung der Lävokardiografie und Koronarangiografie
Was sind Kriterien zur Revaskularisation einer Koronararterienstenose bei chronischem Koronarsyndrom?
Stenosen >50%
Im linken Hauptstamm oder proximalen RIVA oder in einem „last remaining vessel“ oder
In ≥2 Koronargefäßen und linksventrikuläre Ejektionsfraktion <40% oder
Symptomatische Stenosen, trotz Medikation
Stenosen, die eine Ischämie >10% des linken Ventrikels verursachen
Wie erfolgt die Ballondilatation?
Ballondilatation
Zunächst Vorgehen analog zur Koronarangiografie
Einführen des PTCA-Führungskatheters (statt des Pigtail-Katheters): Über den noch liegenden J-Führungsdraht bis zum Ostium der betroffenen Koronararterie
Entfernung des J-Führungsdrahtes
Gabe von Glycerolnitrat intrakoronar
Injektion des Kontrastmittels unter Röntgenaufnahme
Gabe von Heparin: 5.000–10.000 IE (Ziel ACT <250–300 s)
Vorschieben des Führungsdrahtes mit Einführhilfe bis distal der Stenose
Auffädeln des entlüfteten Ballonkatheters auf den Führungsdraht
Fixieren des Führungsdrahtes
Einführen des Ballonkatheters über den Führungskatheter bis in die Stenose
Angiografische Lagekontrolle
Inflation des Ballons: Für die Dauer von Sekunden bis Minuten, häufig mehrfach
Ggf. Injektion von Glycerolnitrat intrakoronar
Angiografische Kontrollen
Entfernung der Schleuse abhängig vom ACT-Wert (Ziel >250 s)
Wie erfolgt die Stentimplantation? Was ist der Unterschied zwischen DES und BMS?
Stentimplantation
Stenteinlage nach Ballondilatation oder auch „primary stenting“ (ohne vorherige Ballondilatation) möglich
Montieren des Stents auf den nicht-entlüfteten Ballonkatheter
Vorschieben über den Führungsdraht in die Stenose
Platzieren des Stents unter angiografischen Kontrollen
Inflation des Ballons für 10–20 s
Deflation des Ballons
Entlüftung des Ballonkatheters mit anschließender erneuter Inflation mit höheren Drücken
Stentvarianten[15]
Drug-eluting-Stent (DES): Standard
Stent mit Beschichtung antiproliferativer Substanzen (Immunsuppressiva, Zytostatika)
Vorteil: Beschichtung verhindert eine übermäßige Intimahyperplasie → Risiko einer (In‑)Stent-Restenose wird gesenkt.
Dauer der DAPT (nach Stentimplantation) abhängig von individueller Ischämie und Blutungsrisiko
Bare-Metal-Stent (BMS): Nicht mehr empfohlen (wird von Endothel überwuchert)
Welche wieteren Interventionsmöglichkeiten gibt es bei einer HKU neben der PTCA/Stenting?
Bei Herzklappenerkrankungen
TAVI
Perkutane Mitralkommissurotomie
Perkutane Mitralklappenrekonstruktion, siehe auch: Therapie der Mitralinsuffizienz
Pulmonalklappenvalvuloplastie, siehe auch: Pulmonalklappenstenose
Bei Vorhofflimmern: Interventioneller Vorhofohrverschluss
Bei angeborenen Herzfehlern: Verschluss eines persistierenden Foramen ovale oder Vorhofseptumdefekts
Bei Myokarditis: Myokardbiopsie (ggf. in Kombination mit einer Rechtsherzkatheteruntersuchung)
Bei Kardiomyopathien: Transkoronare Ablation der Septum-Hypertrophie
Welche Informationen liefert die Koronarangiographie?
Koronarstenose
Lage in Bezug auf große Seitenäste
Qualität (kurz- oder langstreckig, konzentrisch, exzentrisch, diffus stenosierend, Gefäßverschluss oder -erweiterung)
Stenosegrad: <30%, 30–50%, 50%, 50–70%, 70–90%, 99%, 100%
Hämodynamisch relevant
Stenosegrad >70%: Bei der LAD, RCA, RCX sowie Diagonal- und Marginalästen
Stenosegrad >50%: Beim linken Hauptstamm
Siehe auch: Kriterien zur Revaskularisation einer Koronararterienstenose bei chronischem Koronarsyndrom
Zusammenfassung und Einteilung der Befunde in 1-, 2- oder 3-Gefäßerkrankung
Was sind mögliche Komplikationen einer HKU?
Allgemein
Kompressionskomplikationen: Taubheitsgefühl, Kribbelparästhesien oder Schmerzen an der Hand aufgrund der Druckbandage
Vasovagale Reaktion
Kardial
Kardiale Dekompensation
Rhythmusstörungen
Rekurrierende Angina pectoris
Myokardinfarkt
Perforation des Herzmuskels
Gefäßkomplikationen
Blutung: An Punktionsstelle (evtl. mit Ausbildung eines Aneurysma spurium)
Extremitätenischämie
Lungenembolie
Hirnembolien (<1%)
Gefäßspasmus der A. radialis
Definition: Vasospasmus der A. radialis im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung, der ggf. einen Abbruch der Untersuchung zur Folge hat
Radialisverschluss
Definition: Gefäßverschluss der A. radialis mit ggf. relevanter, funktionseinschränkender Ischämie der Hand
Gefäßperforation
Cholesterinembolie-Syndrom
Definition: Verschleppung von Cholesterinmaterial, welches atherosklerotischen Plaques oder normaler Gefäßwand aufgelagert ist, in kleine Arterien und anschließende Entzündungsreaktion
Ätiologie
Iatrogen durch vaskuläre Eingriffe, unter gerinnungshemmenden Maßnahmen oder spontan bei Arteriosklerose durch Plaqueruptur
Klinik
Periphere, muskuläre oder viszerale Embolien mit schwerem Verlauf
Akute Nierenschädigung
Hautbeteiligung (Purpura, Nekrosen, Livedo racemosa )
Gastrointestinale Beteiligung
ZNS-Symptome
Histopathologie
Spindelförmige Vakuolen durch herausgelöstes Cholesterin im Rahmen der Paraffineinbettung ("Cholesterinsärge")
Amorphes, eosinophiles Material im Gefäßlumen
Therapie
Symptomatische Behandlung
Beendigung einer Antikoagulation
Gabe von Statinen
Prognose: Trotz optimaler Therapie keine gute Prognose (z.B. häufig Nierenversagen)
Was wird bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung gemacht?
Definition: Minimal-invasive Untersuchung, bei der über einen venösen Zugang (V. femoralis, V. brachialis oder V. jugularis) der sog. Pulmonaliskatheter in das rechte Herz eingebracht wird. Es erfolgen:
Messungen der Druckwerte und der Sauerstoffsättigung im rechten Herzen und im Lungenkreislauf
Bestimmung des Herzzeitvolumens
Weitere optionale Untersuchungen
Vasoreagibilitätsmessung
Dextrokardiografie: Angiografie des rechten Ventrikels zur Beurteilung der Morphologie und Funktion der Herzkammer sowie -klappen
Was sind Indikationen für eine Rechtsherzkatheteruntersuchung?
Pulmonale Hypertonie
Schwere pulmonale Hypertonie mit zugrundeliegender pulmonaler oder kardialer Erkrankung
Verdacht auf PAH oder CTEPH
Angeborene Herzfehler
Myokarditis (Myokardbiopsien)
Herzklappenvitien des rechten Herzens
Intensivmedizin
Wie wird eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchgeführt? Was sind mögliche Messparameter?
Je nach Indikation ggf. in Kombination mit einer Linksherzkatheteruntersuchung
Untersuchungsablauf: Punktion einer Vene (z.B. V. femoralis oder V. jugularis) → Einbringen des sog. Pulmonaliskatheters (Syn. Swan-Ganz-Katheter) in das rechte Herz
Messparameter
Pulmonal-arterieller Mitteldruck (mPAP)
Zentraler Venendruck (ZVD)
Direkte Druckmessung in rechtem Vorhof und Ventrikel
Herzminutenvolumen
Oximetrie der gemischt-venösen Sauerstoffsättigung (SgvO2)
Pulmonary Capillary Wedge Pressure (PCWP, Wedge-Druck) = Indirektes Maß für den Druck im linken Vorhof
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