Erläutern Sie den Begriff ‚eigengesetzlich-sinnerzeugend‘.
Sprache ist eigengesetzlich-sinnerzeugend
Struktur der Sprache lässt unterschiedliche Deutungen zu
referenzieller Bezug von Literatur
es wird über die Sprache
es wird eine Beziehung auf die Begriffe als Begriffe (und nicht nur auf ihre Bedeutung) hergestellt
Bedeutung und Sinn ist damit nicht von vornherein gegeben und damit auch unveränderlich angesehen
Bedeutung oder Sinn eines Satzes/ Wortes/ Textes ergibt sich erst aus Material selbst bzw. aus dem Kontext in dem das Material verwendet wird
-> ermöglicht Prozess der Sinnkonstitution
Nennen Sie die drei Dimensionen von Sprache und Schrift und erläutern Sie diese materialen Eigenschaften am Beispiel von Kurt Schwitters‘ „Das i-Gedicht“.
Visualität
Graphem <i> als graphische Materialisation eines Lautes
Lautlichkeit
Phonem /i/
Performativität
Inwieweit sind die beiden Autorschaftsmodelle vom Poeta doctus und vom Poeta faber auch im Kontext materialästhetischer Vorstellungen von Literatur als gültig anzusehen?
Unter der Prämisse, dass die Sprache ein eigengesetzlich-sinnerzeugendes Material ist, bleiben diese beiden Autorschaftskonzepte gültig.
Porta doctus
kennt Gesetzmäßigkeiten der Sprache
Wissen über Literatur haben
Porta faber
Arbeit mit dem Material Sprache (Bsp. Anagramm)
Erläutern Sie, inwieweit Literatur sich gemäß Jürgen Link als Interdiskurs verstehen lässt.
Diskursanalyse interessiert die Beteiligung verschiedener Institutionen und deren Macht in Bezug auf die Konstitution von Diskursen
Literatur = Institution
Interdiskurse sind Diskurse, die “sich auf spezielle Wissensausschnitte (Spezialdiskurse) beziehen, deren Grenzen durch Regulierung dessen, was sagbar ist, was gesagt werden muß und was nicht gesagt werden kann, gebildet sind”
Interdiskurse rechts ntegrieren das in den Spezialdiskursen organisierte Wissen, insbesondere durch elementar-literarische Elemente wie Metaphern, Analogien und insbesondere Kollektivsymbole
z. B. Goethes Prometheus, der den philosophischen Diskurs des Idealismus aufnimmt und literarisch aufbereitet und außerhalb des Spezialdiskurses vermittelt
Geben Sie eine kurze Definition des Diskursbegriffs nach Michel Foucault.
Nach Michel Foucault ist ein Diskurs “eine historische Gesamtheit effektiv geschehener Aussagen, denen eine spezifische Regelhaftigkeit immanent ist”
erweisen sich als materielle Praktiken, die sich “über einen gemeinsamen Redegegenstand, über die Vorschriften und Konventionen, die festlegen, wie, von wem, mit welchen Begriffen und in welchen Medien über diesen Gegenstand gesprochen werden darf”
Nennen Sie die drei zentrale Kritikpunkte, die Roland Barthes bei seiner Entwicklung des mit der Metapher vom Tod des Autors gefassten Konzepts von Autorschaft anbringt.
zu starke Fixierung auf Autor*in
es steht nicht Literatur als solche im Fokus
Unterstellung, dass Autor*in über sich selbst spricht
Erläutern Sie, inwieweit die von Roland Barthes geprägte Metapher vom Tod des Autors in Analogie steht zum antiken Modell des Poeta vates.
Beide Modelle gehen davon aus, dass die Sprache im Fokus der Literatur steht. Autor*in ist hierbei nur in einer vermittelnder Rolle und somit von der Sprache abhängig ist.
Porta vates: Autor*in als Medium der Sprache
Tod des Autors: schreibendes Subjekt ist Sprache unterworfen
Inwieweit lässt sich die von Roland Barthes geprägte Metapher vom Tod des Autors als Kritik an der Vorstellung eines präexistierenden Sinns verstehen, wie er für den Sprachbegriff im Kontext mimetischer Vorstellungen von Literatur typisch ist?
Mimetische Literatur geht davon aus, dass Autor den präexistierenden Sinn in Sprache und Text kleidet. Diese stellt nur eine Hülle dar und der Leser muss dann diesen Sinn dem Text entnehmen. Er blickt durch das literarische Werk in den Kopf des Autors.
Barths Tod des Autors geht davon aus, dass der Text nicht nur den Sinn erhält, den der Autor dem Werk mitgeben wollte, sondern so viele Sinndeutungen wie es Lesarten gibt. Es entsteht also eine aktive Sinnkonstitution.
Er kritisiert also die Vorstellung, dass der Autor die Macht hat zu bestimmen wie sein Text zu deuten ist, sondern, dass ein Text losgelöst von seinem Autor steht. Er ist der Sprache unterworfen und hat nur eine von vielen Lesarten inne.
Das bedeutet auch, dass dieses Konzept sich nicht nur auf dominant materialästhetische Literatur beschränkt, sondern es kann auch auf dominant mimetische Literatur angewandt werden.
Was impliziert das von Michel Foucault entwickelte Konzept der Autorfunktion in Bezug auf die (moderne) Vorstellung von Autorschaft?
Autorschaft ist nur eine Funktion
Autor als schreibendes Subjekt ist nur ein Produkt bzw. eine Wirkung des Textes (also nicht Text als Produkt des Autors)
Autorschaft ist stets:
diskursiv hervorgebracht
historisch variable Funktion
greift Tod des Autors auf und analysiert die historisch variable Funktion des Autornamens
Autor als:
konstantes Wertniveau
Feld eines begrifflichen und theoretischen Zusammenhangs
stilistische Einheit
bestimmter geschichtlicher Augenblick
Historische Avantgarden
Dadaismus
Expressionismus
Surrealismus
Was ist der Sprachbegriff (Funktion von Sprache) bei der materialästhetischen Literatur?
Gegenstand: das Wort als Material
eigengesetzlich-sinnerzeugend (keine dienende Funktion)
Wechselbeziehung zwischen Form und Inhalt (keine Form/Inhalt-Dichtomie)
Was ist die Konkrete Poesie?
Form der Poesie, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konstituiert (gründet)
-> grundlegend nicht-mimetisches Verständnis von Literatur
-> verändertes Verhältnis des Autors zu den materialen Voraussetzungen: Sprache nicht mehr nur Instrument, sondern Material der Literatur
Was ist ein Anagramm?
Worte und Sätze, die durch Umstellen der Buchstaben eines gegebenen Wortes oder Satzes entstanden sind. Nur die gegebenen Buchstaben sind verwendbar und keine anderen können zur Hilfe gerufen werden.
Hauptbeispiel für materialästhetische Lit, da es den “präexistierenden Sinn” unterläuft
Abkehr vom präexistierenden Sinn
Während es in mimetischer Lit nur den einen präexistierenden Sinn gibt, geht materialästhetische Lit von einer Vielzahl von Sinnmöglichkeiten aus
Autor*in gilt als 1. Leserin
Autor rückt in Hintergrund
aktive Sinnkonstitution im Prozess des Schreibens/Lesens
Vielzahl von Sinnmöglichkeiten -> verschiedene Lesarten (die aber immer argumentativ am Text begründen)
Anagramm
Sie standen an den Hängen und Pisten/pissten.
Was ist Homonymie?
gleichklingende Worte mit unterschiedlicher Bedeutung
Sie standen an den Hängen und Pisten.
Sie standen an den Hängen und pissten.
Was wird bei diesen beiden Gedichten deutlich?
es liegt keine Form-/Inhalt-Dichtomie vor. Form und Inhalt stehen in Bezug zueinander.
Diese Wechselbeziehung ist typisch für die materialästhetische Lit.
Bär: Form und Inhalt korrespondieren miteinander
Unordnung: Form und Inhalt stehen in Spannungsverhältnis
Wie wird die Wechselbeziehung zwischen Form und Inhalt bei Goethes Prometheus deutlich?
Ode als Ursprung der Poesie
Prometheus als Ursprung der Menschen
Beispiel für verschiedene Lesarten
Franz Kafkas Der Bau
Lesart: Objektebene
Bericht über einen Bau/Bauvorhaben
Protagonist: Tier?
Lesart: Metaebene
Darstellung/ Reflexion über das Schreiben eines Textes
Protagonist: schreitendes Subjekt?
-> metapoetische Lesart
Was ist die Subjektproblematik?
Problematik von welcher Perspektive der Text aus geschrieben ist. Wer ist also das lyrische Ich?
Oft wird Autor als lyrisches Ich hereininterpretiert. Obwohl Text ja auch eine ganz andere Sichtweise darstellen kann.
-> Ich als autonomes Subjekt
Diskurs in Philosophie und Literatur sehr ähnlich
Was ist der Tod des Autors
Buch von Roland Barthes
Überlegungen, die ihm zu diesem Buch bewegten:
Subjektproblematik in Lit
“Wenn ich ich schreibe, bin ich nicht ich, sondern ich.”
- Autobiografie von
“C’est faux de fire: Je pense. On devrait dire: On me pense. […] JE est un autre.”
= Es ist falsch zu sagen: Ich denke. Man sollte sagen: Ich werde gedacht. […] ICH ist ein anderer.
- Arthur Rimbaud
Autor*in= schreibendes Subjekt
kann nicht als autonom agierend angenommen werden, da es mir Sprach agiert, die aufgrund eines eigengesetzlich-sinnerzeugenden Potenzials die möglichen Bedeutungen eines Textes viel wirkmächtiger bestimmt und damit jede mit dem Schreiben verbundene Intention notwendigerweise unterläuft
Kritik an der litwissenschaftlichen Ideologie: zu starke Fixierung auf Autor*in
er kritisiert also, dass die Literatur nicht als solche im Fokus steht
es wird also unterstellt, dass Autor*in immer über sich selbst spricht
aus dieser Kritik entwickelt er ein neues Autorschaftskonzept
Autor*in als 1. Leserin
Autor*in als schreibendes Subjekt, ist der Sprache unterworfen
Korrespondenz zwischen psychoanalytischer Konstruktion des Subjekt als subiectum und dem Tod des Autors
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