Mentale Beanspruchung beim Autofahren in Abhängigkeit von Verkehrskomplexität und Navigationssystem (Jahn, Oehme, Krems & Gelau, 2005)
Erkläre die Studie
Ziel: Überprüfung der Brauchbarkeit einer bestimmten Sekundäraufgabe – Peripheral Detection Task (PDT) – für die Erfassung der Beanspruchung beim Autofahren, speziell im Zusammenhang mit Informationssystemen.
Untersuchung der Auswirkungen von Verkehrskomplexität und Displaygröße eines Navigationssystems Feldstudie auf 11,2 km langer Strecke in und um Chemnitz
Wie waren Stichprobe, unabhängige Variablen und subjektive Beanspruchungsmaße?
Stichprobe: 49 erfahrene Autofahrer (Taxifahrer)
Unabhängige Variablen
Phasen hoher vs. niedriger Verkehrskomplexität (Messwiederholung)
Art des Navigationssystems: großes vs. kleines Display (unabhängige Stichproben)
Beanspruchungsmaße
Sekundäraufgabe (Peripheral Detection Task); RZ und Fehler auf peripher dargebotene Signale (LEDs); Signalrate: alle 3-5s)
Physiologische Aktivität (Herzrate und Herzratenvariabilität)
Subjektive Beanspruchung (NASA Task Load Index)
Ergebnisse?
Was macht die Interpretation grundsätzlich schwierig?
Interpretation: grundsätzlich schwierig, da
keine Erfassung der Primäraufgabenleistung
Unterschiede in der Beanspruchung bei unterschiedlichen Displaygrößen könnten sich auch in Leistungsunterschieden bei der Primäraufgabe abgebildet haben
Unterschiede in Abhängigkeit von der Verkehrskomplexität könnten unterschätzt worden sein
keine Einzelleistungsdaten für PDT erhoben wurden
Haben sich die beiden Teilstichproben möglicherweise in der Ausgangsleistungim PDT unterschieden?
Macht Interpretationsprobleme von Sekundäraufgaben-Untersuchungen deutlich, wenn keine Daten zu Leistungen bei Einzelbearbeitung vorliegen
Auswirkungen von Assistenzsystemen auf die mentale Beanspruchung (Röttger, Bali & Manzey, 2007)
Erkläre Fragestellung und Setting
Fragestellungen:
Reduzieren automatisierte Diagnosesysteme die Beanspruchung von Operateur*innen beim Fehlermanagement in der Prozesskontrolle?
Welche Auswirkungen hat dabei der Automationsgrad?
Setting: : Laboruntersuchung unter Nutzung einer „Mikrowelt“
Erkläre Stichprobe und unabhängige Variablen
Phasen mit vs. ohne Fehler im System
Art der automatischen Unterstützung:
Keine (manual; Kontrollbedingung)
Diagnosevorschlag
(decision selection support; DS)
Diagnosevorschlag und Reparatur
Ergebnisse
Interpretation?
Interpretation:
Primäraufgabenleistungen weisen auf Entlastung bei Verfügbarkeit der Assistenzsysteme hin
Sekundäraufgabenleistungen zeigen lediglich erwarteten Beanspruchungsunterschied zwischen Phasen an, in denen Fehler zu bearbeiten sind bzw. nicht vorliegen
Hinweis darauf, dass die in der Primäraufgabenleistung freiwerdenden Ressourcen offenbar nicht genutzt werden (werden können?), die Leistung in der Sekundäraufgabe zu steigern
Effekt zusätzlicher visueller Beanspruchung des Assistenzsystems?
Bleiben VPn mit Aufmerksamkeit bei Fehlermanagement?
Mängel im Versuchsplan: keine Erfassung der Einzelleistung bei Primäraufgabe; daher Interferenzfreiheit nicht abschätzbar (u.U. tolerierbar da sehr einfache Sekundäraufgabe)
Wie würdest du Sekundäraufgabentechnik bewerten?
gute Sensitivität, sofern gleiche Ressourcen wie bei der Primäraufgabe beansprucht werden
Diagnostizität realisierbar über Vergleich qualitativ verschiedener Sekundäraufgaben (bezogen auf Art der beanspruchten Ressourcen)
Problem: Widerspruch Sensitivität/Diagnostizität vs. Interenzfreiheit
Sensitivität/Diagnostizität setzt Ressourcenüberlappung mit Primäraufgabe voraus
-> dan nInterferenzfreihei taber nicht mehr unbedingt gegeben
Anwendbarkeit: Richtige Anwendung sehr aufwendig und oft auf das Labor beschränkt
Was sind psychopshysiologische Untersuchungen?
Beobachtung von physiologischen Veränderungen in Abhängigkeit von Unterschieden in der mentalen Beanspruchung
Analogie zu physischer Beanspruchung
Theoretische Grundlagen von psychophysiologischen Untersuchungen?
Aktivierungstheorien für Indikatoren des peripheren Nervensystems und Spontan-EEG
Ressourcentheorien für spezifische Indikatoren Ereignis korrelierter Hirnrindenpotenziale
Was sind aktivierungstheoretische Modelle grundsätzlich?
Unterscheidung eines allgemeinen Aktivierungsniveaus (arousal), das ein Kontinuum von tiefstem Schlaf bis Zuständen höchster Erregung umfasst (Duffy, 1951, 1957)
-> „Intensitätsaspekt “des Verhaltens (Duffy,1951)
„...indicated roughly b yanyon eof a number of physiological measures(e.g.skin resistance, muscle tension, EEG, cardiovascular measures, and others.“ Duffy, 1957, S, 265)
Annahme eines unspezifischen arousal ursprünglich um Wirkungen äußerer Stressoren, psychotroper Substanzen oder Emotionen auf die Aktivität des sympathischen Nervensystems zu beschreiben („energy mobilization“ als Reaktion auf „hunger, fear and rage“; Cannon, 1915)
Aktivierungstheoretische Modelle – aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem
Was ist damit gemeint?
Aktivierungstheoretische Modelle – Arousal und Leistung
Wie hängen die zusammen?
Schon früh Zusammenhänge zwischen Leistung und Aktivierung angenommen
-> „The degree of activation appears to affect the speed,the intensity and the coordination of responses.“ (Duffy, 1957, S. 268).
Leistungsschwankungen in Abhängigkeit von unterschiedlichen Zuständen (z.B. Müdigkeit, emotionale Anspannung) als Effekt von Arousal-Verschiebungen
Spezifische Annahme eines umgekehrt U-förmigen Zusammenhangs zwischen Arousal und Leistungsfähigkeit (Duffy, 1932, Freeman, 1940)
Bekannt geworden als „Yerkes-Dodson Gesetz“
-> Bezug auf Untersuchungen zu Auswirkungen von Elektroschocks auf das Diskriminationslernen von Mäusen (Yerkes & Dodson, 1908)
Das „Gesetz“ von Yerkes-Dodson: Zwei Annahmen zum Zusammenhang zwischen Arousal und Leistung
Leistung steigt mit zunehmender Aktivierung bis zu einem Punkt optimaler Aktivierung an; weitere Aktivierung führt zu Leistungseinbußen
Das optimale arousal-Niveau liegt bei einfachen Aufgaben höher als bei schwierigen
In der Originaluntersuchung keine direkte Erfassung des Arousals, sondern indirekt geschlossen aus Schockstärke.
Hypothese von Easterbrook (1959)
Zunehmende Fokussierung der Aufmerksamkeit mit ansteigendem Arousal
Höhe des Aktivierungsniveau sbeeinflusst den Umfang der Umweltreize(„range of cues“), die für die Steuerung des Verhaltens verarbeitet werden
Bis zu einem bestimmten Punkt wirkt Fokussierung fördernd, darüber hinaus hemmend auf Leistung
Da schwierigere Aufgaben in der Regel die Berücksichtigung von mehr „Reizen“ erfordern, wird der Punkt optimaler Fokussierung schneller erreicht
Empirische Grundlage für Arousal-Theorie und das Yerkes-Dodson Gesetz
ABER: es gibt auch eine Reihe abweichender Befunde
(zum Thema Yerkes-Dodson-gesetz und die Arousel Theorie) zB
keine oder einfache lineare Beziehung zwischen Stärke des Arousals/Stressors und der Leistungsfähigkeit
Aktivierungsmodell von Pribram & McGuinness (1975, 1980): Was ist hier neu?
Frühe Ausdifferenzierung aktivierungssteuernder neuroanatomischer und - physiologischer Strukturen
Aktivierungsmodell von Pribram & McGuinness (1975, 1980)
Arousal-System für phasische Aktivierung bei Reizeingang
Activation-System für tonische Aktivierung beim otorischer Bereitschaft
Effort-System als koordinierender Mechanismus
Als Modell besonders einflussreich fü rweitere Theorienbildung (Boucsein, 1991; Sanders, 1983)
Fokus auf Aktivierungsmuster anstelle von Aktivierungsniveau
Kritik am klassischen Arousel-Modell
WIe sieht das Aktivierungsmodell von Pribram und McGuiness aus?
Pribram und McGuiness: Was ist relevant für das Arousal-System?
Pribram und McGuiness: Was ist relevant für das Effort-System?
Integrativer Ansatz mentaler Beanspruchung
Kognitiv-energetisches Modell nach Sanders (1983)
Erkläre die Bestandteile in Sanders System
„Arousal“: Grundlage für Reizaufnahme und Mustererkennung
Passive (stimulusbezogene) Reaktivität in Abhängigkeit der Stimulusintensität
Aktive Komponente im Sinne einer Aufmerksamkeitsausrichtung „Activation“: Aktivierung in Zusammenhang mit Kontrolle motorischer Prozesse
Vorbereitung motorischer Prozesse („readiness to response“) „Effort“: Übergeordneter Mechanismus mit Doppelfunktion
Energetische Grundlage von zentralen Verarbeitungsprozessen
Kompensatorische Funktion gegenüber untergeordneten Systemen (Anpassung bei zu hohem/r niedrigem/r arousal/activation)
Aktivierungstheoretische Modelle – Zusammenhang zwischen Aktivierungskonzepten und Ressourcenmodellen
Aktivierungstheoretische Modelle – Resümee: Aktivierungstheoretisches Konzept mentaler Beanspruchung
Klassisches, gut untersuchtes Konzept mit langer Forschungstradition
vor allem relevant für peripher-physiologische (vegetative) Indikatoren und Spontan-
EEG, wenn es darum geht, den physiologischen Aufwand abzubilden
ursprüngliche Vorstellung eines eindimensionalen Aktivierungsniveaus aus wissenschaftlicher Sicht zu einfach, aber in der Praxis immer noch populär
interessante Parallele zwischen Ausdifferenzierung des Aktivierungskonzepts mit Entwicklung der Ressourcentheorien
-> weist auf enge theoretische Verbindung der Konzepte hin
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