Bewegungswissenschaft
Erforschung der sportlichen Bewegung und des sportlichen Bewegers
Als eher grundlagenorientiert charakterisiert
Bewegungslehre
thematisiert Lehrinhalte hinsichtlich der sportlichen Bewegung
als eher anwendungsorientiert zu bezeichnen.
Funktionale Betrachtungsweise
Annahme, dass das Verhalten biologischer Organismen nur vor dem Hintergrund seiner Bedeutungshaftigkeit angemessen zu verstehen ist.
Bewegungsausführungen werden also stets als Mittel, d. h. als Problem- oder Aufgabenlösung interpretiert, die einen bestimmten und bestimmbaren Zweck – also eine Funktion – erfüllen.
Außen- versus Innenperspektive
Außen: Bewegungsziel
Innen: Effekt
Trainingswissenschaft
sportwissenschaftliche Teildisziplin, die sich aus einer ganzheitlichen und angewandten Perspektive mit der wissenschaftlichen Fundierung von Training und Wettkampf auf den Anwendungsfeldern beschäftigt.
Trainingslehre
umfasst alle Aussagen, die Regeln und Regelsysteme zum Handeln im Training und in sportlichen Bewährungssituationen zum Gegenstand haben.
Sie ist somit auch als Handlungslehre zu verstehen.
Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise
befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung von inter- und intraindividuellen motorischen Leistungsdifferenzen
der Bewegungswissenschaft ist, Individuen mit Blick auf motorische Fertigkeiten und Fähigkeiten zu vergleichen.
Dies tun wir im folgenden mit Hilfe der Beispiele
Schlagwurf im Handball sowie verschiedenen konditionellen und koordinativen Fähigkeiten.
Die Verschiedenheit der Individuen beruht auf Alter und Können.
Differentielle Psychologie in der Sportmotorik
Differenzielle Motorikforschung befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung von individuellen motorischen Leistungsdifferenzen.
Differentiell psychologische Überlegungen in der Sportmotorik brauchen lediglich zwei gedankliche „Zutaten“:
Individuen, die verschieden sind – z. B. Kinder, Jugendliche und Erwachsene
(Motorische) Merkmale, mit denen die Unterschiede charakterisiert werden können – z. B. die Ausdauer oder eine Wurfbewegung über die Lebensspanne.
Motorische Merkmale
Motorische Fertigkeiten
Motorische Fähigkeiten
Motorische Merkmale zur Beschreibung, Analyse und Erklärung von Leistungs- differenzen tragen den Charakter nomothetischer, querschnittlich relativ konsistenter und längsschnittlich relativ stabiler Dispositionen. Sie können hinsichtlich ihrer aufgabenbezogenen Anwendungsrelevanz von unter- schiedlicher Breite sein
Motorische Fertigkeiten (Motor Skills): kennzeichnen individuelle Differenzen im Niveau der Steuerungs- und Funktionsvorgänge, die der Realisierung jeweils spezifischer Bewegungen zugrunde liegen.
Beispiele: Laufen, Rolle rückwärts, Flop, Bergstemme, Topspin, etc.
Geschlossen -> Standardisierung oder stabile Umgebungsbedingungen
Offen -> Anpassung oder variable Umgebungsbedingungen
Motorische Fähigkeiten (Motor abilities): kennzeichnen individuelle Differenzen im Niveau der Steuerungs- und Funktionsprozesse, die bewegungsübergreifend von Bedeutung sind. Sie bilden die Voraussetzung für jeweils mehrere strukturell verschiedenartige Ausführungsformen und sind in ihrem Erklärungswert von unterschiedlicher Breite bzw. Generalität.
Beispiele: Ausdauer- oder Koordinationsfähigkeiten.
Elementare motorische Fertigkeiten
Mindestbestandteile der menschlichen Funktionsausstattung.
Gehen, Laufen, Kriechen, Hüpfen, Springen, Werfen, Klettern, Steigen, Heben, .....
Ihre Aneignung erfolgt gewöhnlich im Kleinkind-, Vorschul-, spätestens aber im Grundschulalter.
Sportmotorische Fertigkeiten
Sie bauen auf den elementaren Fertigkeiten auf, z. B. Werfen => Schlagwurf
Ihre Fülle ist unüberschaubar => Gliederungs- und Ordnungsbemühungen, heute allerdings nur noch innerhalb einzelner Sportarten
Horizontale Ordnung Vertikale Ordnung
Differenzierung am Alter (motorische Fertigkeiten)
Bei der Betrachtung des Bewegungslernens ist wichtig, zwischen der absoluten Leistung und dem Lernzuwachs zu differenzieren.
Lernen findet in jedem Alter statt, lediglich Ausgangsniveau, Geschwindigkeit und Zuwachs unterscheiden sich.
Die Theorie vom besten „motorischen Lernalter“ ist umstritten, Vorerfahrungen schienen sehr viel eher Lernfortschritte zu erklären.
Definitiv lassen motorische, sensorische und kognitive Leistungen im Alter nach.
In diesem System stehen
wenige (Minimumprinzip)
einfach strukturierte (Elementarprinzip)
unabhängige (Unabhängigkeitsprinzip) Fähigkeiten oben.
Konditionelle Fähigkeiten kennzeichnen individuelle Differenzen im Niveau der Systeme der Energiebereitstellung.
Koordinative Fähigkeiten kennzeichnen individuelle Differenzen im Niveau der Systeme der Informationsverarbeitung (Bewegungssteuerung und -regelung).
Beide repräsentieren technikübergreifende Leistungsvoraussetzungen.
Differenzierung am Alter (motorische Fähigkeiten)
Die Entwicklung der Motorik wird in der Regel über deskriptive Entwicklungskurven beschrieben.
Generell nimmt im Kindesalter die motorische Leistung zu.
Ab der Pubertät lassen sich unterschiedliche Verläufe berichten, die sich durch Stagnation, Rückgang und Steigerung auszeichnen.
Je nach Anforderungen wird der Leistungshöhepunkt in einem unterschiedlichen Alter erreicht
Nach diesem Leistungshöhepunkt kommt es zu einem degressiven Leistungsrückgang mit zunehmendem AlterGenerell nimmt im Kindesalter die motorische Leistung zu.
AB der Pubertät lassen sich unterschiedliche Verläufe berichten, die sich durch Stagnation, Rückgang und Steigerung auszeichnen.
Je nach Anforderungen wird der Leistungshöhepunkt in einem unterschiedlichen Alter erreicht.
Im jungen Erwachsenenalter wird Stabilität erreicht.
Anschließend ist ein Rückgang zu beobachten (Alterungsprozesse), der allerdings durch Training verzögert werden kann.
Motorikforschung
sportmotorische Tests
Sportmotorische Tests sind Bewegungsaufgaben, bei denen Probanden aufgefordert werden, das im Sinne der Aufgabenstellung bestmögliche Ergebnis („Maximum performance“) zu erzielen. SMTs müssen dabei spezifischen Qualitätsstandards (Hauptgütekriterien) genügen.
Ziel ihrer Anwendung ist der Schluss von den erfassten Leistungsdaten auf den individuellen Ausprägungsgrad der zugrundeliegenden motorischen Fertigkeit oder Fähigkeit (Bsp.: Laufstrecke im Shuttle Run).
Klassifizierung Sportmotorischer Tests
Gegenstandsbereich
- allgemeine sportmotorische Tests (z. B. Jump and Reach)
- Tests (z. B. HBT)
Aufgabenbereich
-Ist-Diagnose
-Veränderungsdiagnose
-Dimensionsanalyse
Komplexität
-Einzeltest (z. B. Shuttle Run)
-Testsysteme bzw. Testbatterie (z. B. DMT, MFT)
Dimensionalität
-homogene Tests (z. B. GGT)
- heterogene Tests (z. B. FMS)
Testgütekriterien
Hauptgütekriterien:
Objektivität Reliabilität Validität
Nebengütekriterien: Ökonomie, Nützlichkeit, Vergleichbarkeit
Objektivität
Definition: Grad der Unabhängigkeit der Testergebnisse vom Untersuchungsleiter
Objektivitätsarten
(1) Durchführungsobjektivität
(2) Auswertungsobjektivität
(3) Interpretationsobjektivität
Hinweis: Besonderheiten sportmotorischer Tests
(1)
Erhebung quantitativer Daten (Messwerte); nur Durchführungsobjektivität von Bedeutung
(2)
Erhebung qualitativer Daten (z. B. Spielbeobachtung, Wertung im Kunstturnen); Durchführungs-, Auswertungs- und Interpretationsobjektivität von Bedeutung
Reliabilität
Definition: Grad der Genauigkeit, mit dem ein Test das geprüfte Merkmal misst, unabhängig davon, was gemessen wird ( Zuverlässigkeit).
Verfahren zur Bestimmung der Reliabilität:
(1) Test-Retest-Methode
(2) Paralleltest-Methode
(3) Testhalbierungs-Methode
Berechnung mittels Produkt-Moment-Korrelations- koeffizienten oder ICC berechnen.
Validität
Definition: Grad der Gültigkeit/Genauigkeit, mit dem ein Test das interessierende Merkmal tatsächlich auch misst.
Inhaltsvalidität (Expertenvalidität): Man unterstellt – auf der Grundlage von praktischen Erfahrungen und sportwissenschaftlichen Erkenntnissen, häufig auch auf der Grundlage eines Expertenratings –, dass der Test selbst ein ausreichend genaues Kriterium für die zu messende Fähigkeit oder Fertigkeit darstellt.
Kriteriumsvalidität: Es liegen bereits ein oder mehrere Messinstrumente vor, die als gültige Indikatoren für die zu erfassende sportmotorische Fähigkeit/Fertigkeit angesehen werden können. Vergleich mit einem etablierten Verfahren (Bestimmung des Kriteriumsvaliditäts-Koeffizienten)
Längsschnitt vs Querschnittstudie
Querschnittsstudien oder „cross-sectional data“:
Eine empirische Beobachtung (beispielsweise eine Befragung oder Testung), die einmalig durchgeführt wird.
Längsschnittstudie oder „longitudinal data“:
Eine empirische Beobachtung (beispielsweise eine Befragung oder Testung), die mehrmals hintereinander mit denselben Personen durchgeführt wird.
„Um Veränderungen (‚change over time‘) zu modellieren, braucht man Längsschnittdaten, die beschreiben, wie jede einzelne Person der Stichprobe sich über die Zeit verändert!“
In der fähigkeitsorientierten Betrachtungsweise der Bewegungswissenschaft werden interindividuelle Differenzen in der Ausprägung von Fertigkeiten und Fähigkeiten analysiert.Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Individuen mit Blick auf Fertigkeiten und Fähigkeiten vergleichen werden, um Unterschiede (Differenzen) herauszuarbeiten.
Sie wird deshalb der Innenperspektive bzw. der Theorie des sportlichen Bewegers zugeordnet.
Dies erfolgt im Rahmen von Quer- und Längsschnittstudien.
Die Datenerhebung erfolgt häufig mittels sportmotorischer Tests, partiell aber auch durch Beobachtung von Bewegungen und deren qualitative Beschreibung
Intra- vs interindividuell
Interindividuell: Anfänger vs Könner
Intraindividuell: Veränderung über die Lebensspanne
Motorische Leistungsdifferenzen: Fähigkeiten und Fertigkeiten
Phylogenese
Ontogenese
Aktualgenese
Die Motorik des Menschen ist Gegenstand der Phylogenese, der Ontogenese und der Aktualgenese.
„Gegenstand der motorischen Ontogenese ist die lebenslang- altersbezogene Individualentwicklung des Menschen hinsichtlich unterscheidbarer, letztendlich jedoch untrennbarer Teilbereiche“.
Während die Ontogenese die persönliche Entwicklung eines Individuums (z. B. vom Säugling zum Rentner) und die Phylogenese die stammesgeschichtliche Entwicklung (z. B. vom Wirbel- zum Säugetier) beschreibt, bezieht sich die Aktualgenese auf ein aktuelles Ereignis im Leben eines Individuums, sprich die Entwicklung einer aktuellen situationalen Gegebenheit (ob nun Wahrnehmungs- erlebnis, Emotion, oder ähnliches).
Auf was beziehen sich ontogenetische Veränderungen?
Ontogenetische Veränderungen beziehen sich auf
den Erwerb von Bewegungen im Lebenslauf,
die variable Verfügbarkeit von grundlegenden und sportlichen Bewegungsfertigkeiten sowie
deren qualitative und quantitativ wahrnehmbare Erscheinung.
Besonderes Interesse gilt hierbei auch den „inneren“ Vorgängen, die dem beobachtbaren „Außengeschehen“ zugrunde liegen, also den motorischen Fähigkeiten.
Ontogenese umfasst die Lebensspanne eines Menschen von Geburt bis zum Tod.
Sie vollzieht sich in Wechselwirkung mit der Umwelt von Individuen.
Begriffe Motorische Entwicklung
Wachstum
Reifung
Lernen
Differenzierung/ Zentralisation
Verfestigung/ Kanalisierung
Sozialisation
Wachstum: quantitative Zunahme von messbaren Variablen, wie z. B. Gewicht oder Größe => körperliche Entwicklung
Reifung: endogen vorprogrammierte Prozesse, welche grundlegende Entwicklungsvorgänge ermöglichen.
Lernen: Zunahme an Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten. Wird immer dann herangezogen, wenn Verhaltensveränderungen nicht durch Reifung oder angeborene Verhaltenstendenzen erklärt werden können
Differenzierung/Zentralisation: Im Laufe der Entwicklung eines Menschen gliedern sich Teilgebiete aus, verselbständigen sich und strukturieren sich neu. Gleichzeitig werden übergeordnete Steuerungs- instanzen aufgebaut.
Verfestigung/Kanalisierung: Je älter Personen werden, desto mehr werden sie von der Vergangen- heit bestimmt (Festhalten an Gewohnheiten).
Sozialisation: Hineinwachsen in die soziale Umwelt mittels Sozialisationsinstanzen oder -agenten, wie z. B. Familie, Schule und Arbeit bzw. Beruf.
Entwicklung
... als Prozess von altersbedingten
Veränderungen von der Geburt bis zum Tod,
... Veränderung bedeutet Zugewinn und Verlust,
... erfolgt in verschiedenen Bereichen, wie z. B. körperliche, kognitive, soziale, motivationale und motorische Entwicklung,
... muss aber holistisch (ganzheitlich) betrachtet werden, da diese Stränge eng verzahnt und nur theoretisch trennbar sind.
… wird durch Stufenmodell beschrieben
Motorische Entwicklung
... muss aber holistisch betrachtet werden, da diese Stränge eng verzahnt und nur theoretisch trennbar sind.
Motorische Entwicklung ...
... ist ein Bereich der menschlichen Entwicklung
(Ontogenese),
... gilt als interaktionistischer Prozess von Mensch und Umwelt,
... wird in der Regel mittels Phasenmodellen beschrieben und
... fokussiert die Veränderung motorischer Kontrollprozesse.
Typologie von Entwicklungstheorien
Psychologische Entwicklungstheorien versuchen, die menschliche Entwicklung von der Geburt bis zum Tode zu beschreiben und zu erklären.
Ziel ist, Einflussfaktoren und deren komplexes Zusammenspiel zu benennen
Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Flut an Ansätzen => Typisierung
Endogenistische Entwicklungstheorien betonen den Aspekt der Reifung.
Exogenistische Entwicklungstheorien betonen die Dominanz von Umwelteinflüssen.
Beide Ansätze haben ihre spezifische Reichweite und ergänzen sich!
Interaktionistische Entwicklungstheorien betrachten das Gesamtsystem Mensch- Umwelt über die gesamte Lebensspanne.
Modell der holistischen dynamischen Interaktion (Bezug Sport)
Entwicklungstheoretische Konzeptionen (in der Sportwissenschaft)
Phasentheoretische Konzeptionen zeichnen sich dadurch aus, dass
ein bestimmter Entwicklungs- und Reife- zustand für längere Zeit charakteristisch ist,
zwischen zwei Stufen ein deutlich erkennbarer Einschnitt liegt, der als Veränderung und als Krisenzeit zu verstehen ist,
die Phasen in einer bestimmten, nicht umkehrbaren Reihenfolge aufeinander folgen und
die schubweise Entwicklung auf endogenen Antrieben beruht.
Kritik an diesen Konzepten:
Verhaltensänderungen sind eher kontinuierlich und nicht
sprunghaft.
Unterschiede zwischen Altersgleichen.
Innerhalb der Phasen wird der Entwicklungszu-stand
weit einheitlicher beschrieben als er tatsächlich ist.
Wissenschaftliche Konsequenzen
Entwicklungspsychologische Konzepte: Getrennte Betrachtung einzelner Entwicklungsbereiche, z. B. motorische Entwicklung.
Sozialisationstheoretische Konzepte, d. h. Berücksichtigung von Umweltfaktoren
Wie verändern sich die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit im Laufe des Schulkind- und Jugendalters?
Welche endogenen und exogenen Faktoren beeinflussen diese Entwicklung?
Welche Rolle spielen hierbei sportliche Aktivitäten?
Wir können einen stetigen Anstieg der Ausprägung motorischer Fähigkeiten ab dem Schulkindalter beobachten; dies gilt insbesondere für den Bereich der motorischen Kontrolle und der Kraft.
Grund hierfür liegt in der Plastizität des ZNS sowie einer Zunahme relevanter Hormone (Reifung). Training unterstützt diesen Prozess.
Auch scheinen die motorischen Fähigkeiten ab dem Schulkindalter gut trainierbar.
Wie verändern sich die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit im Laufe des Erwachsenenalters?
Die Abnahme konditioneller Fähigkeiten nach dem Höchstleistungsalter verläuft nonlinear.
Die Trainierbarkeit konditioneller Fähigkeiten ist während des Erwachsenenalters unabhängig vom chronologischen Alter.
Der Ausprägungsgrad konditioneller Fähigkeiten in der zweiten Lebenshälfte ist – mit Ausnahme eines langfristigen Hochleistungstrainings – unabhängig von den sportlichen Aktivitäten in der ersten Lebenshälfte.
Schlussfolgerung für TWi (motorische Entwicklung)
Beschreibung und Erklärung der motorischen Entwicklung beziehen sich auf die menschliche Ontogenese.
Dieser unterliegt ein holistisches, dynamisches und interaktionistisches Verständnis.
Menschliche Ontogenese wird in der Regel mit Stufenkonzepten beschrieben und erklärt.
Diese finden ebenfalls Anwendung für die motorische Entwicklung bzw. für die Entwicklung von Fertigkeiten und Fähigkeiten über die Lebensspanne
Trainingswissenschaftliche Überlegungen müssen sich an den Stufen menschlicher Entwicklung orientieren.
Folgende Fragestellungen sind zentral:
(1) Gibt es Abschnitte, die sich für ein Training
bestimmter Fähigkeiten besonders eignen?
(2) Kann Training (sportliche Aktivität) dem beschriebenen Leistungsverlust entgegenwirken?
(3) Was sind jeweils angemessene Trainingskonzepte bzw. –methoden?
Gibt es (empirisch belegte) Lebensabschnitte, die sich für ein Training bestimmter Fähigkeiten besonders eignen?
Insgesamt betrachtet sind alle motorischen Fähigkeiten – mit gewissen Einschränkungen – über die Lebensspanne trainierbar.
Das heißt, Menschen sind während ihres gesamten Lebens trainierbar, wobei bezüglich des Ausmaßes an positiver Adaptation eher geringe, bezüglich der Anpassungsgeschwindigkeit größere Differenzen zwischen Altersgruppen vorliegen.
Unabhängig davon liegt das Höchstleistungsalter in den vielen Bereichen in der 3. Lebensdekade.
Modelle sensibler Phasen
... haben eine lange Tradition in der Sportwissenschaft und in der Sportpraxis, v. a. auch im Schulsport,
... liefern detaillierte Informationen für die Konzeption eines entwicklungsgemäßen Sportunterrichts bzw. Trainings
... haben einen hohen Beliebtheitsgrad bei Sportlehrer*innen und Trainer*innen
... hatten ihren Bedeutungshöhepunkt in den 1980er Jahren und
... sind das zentrale Kriterium für die Konzeption eines entwicklungsgemäßen Trainings
Sensible Phase
Altersabschnitte, in denen eine hohe Sensibilität des Organismus für bestimmte Erfahrungen besteht.
Zeitlich begrenzt, biogenetisch festgelegt
Erwerb entsprechender Erfahrungen vorher und nachher beansprucht mehr Zeitaufwand oder es gelingt nur unzureichend oder überhaupt nicht.
Ist der Begriff sensible Phase für motorische Fähigkeiten angemessen?
Uneinheitliche Bestimmung und Operationalisierung des Begriffs in der Trainingswissenschaft (Verhaltensbiologie)
Orientierung am chronologischen Alter
Einteilung in einzelne Fähigkeiten zu undifferenziert
Das Postulat, dass ein maximales Potential nie erreichbar ist, wenn in spezifischen Phasen nicht entsprechend trainiert wird, ist so nicht haltbar (Gegenbeispiele im Sport).
Sensible Phasen sind empirisch (zumindest in der vorgegebenen Präzision) nicht nach gewiesen
FAZIT: Modelle sensibler Phasen liefern zwar konkrete Handlungsanleitungen, halten aber einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand.
Besser trainingsgünstige Zeiträume
Motorische Plastizität
Potential, welches Individuen aufgrund ihrer genetischen Prädisposition und in Abhängigkeit vom biologischen Alter befähigt, sich unterschiedlichen Umweltsituationen anzupassen
Trainierbarkeit
als Spezialfall des Begriffs motorische Plastizität – Umweltanpassungen werden durch Trainingsprozesse hervorgerufen werden.
Trainierbarkeit = Absolutwert der Differenz zwischen dem Ausprägungsgrad einer konditionellen Fähigkeit eines Individuums im untrainierten (baseline reserve capacity) und im trainierten (developmental reserve capacity) Zustand
Trainingsgünstige Zeiträume
Altersabschnitte mit hoher Trainierbarkeit
Trainingseffekt („Betrag des Zugewinns“)
Anpassungsgeschwindigkeit
Trainingsgünstige Zeiträume für motorische Fähigkeiten liegen ab dem Schulkindalter vor; davor sind Anpassungen aufgrund einer geringeren Plastizität nur in eingeschränktem Maße möglich.
Altersbedingte Veränderungen und exemplarische Trainingseffekte
Krafttraining => Sarkopenie
Ausdauertraining => Telomerase
Koordinationstraining => Bewegungssicherheit
Beweglichkeitstraining => Zugfestigkeit von Sehnen und Bändern
Wirkungen sportlicher Gegenmaßnahmen
KSPA und Lebenserwartung
KSPA und Muskelschwund
KSPA und Begungssicherheit
Gleichgewichtstraining hat einen signifikanten Einfluss auf verschiedene Faktoren, die ein Sturzrisiko erhöhen:
Posturale Stabilisierung
Schrittvariabilität
Gangstörungen
Schnellkraft der Beinstrecker
Dies konnte für Jugendliche und Senioren nachgewiesen werden, nicht jedoch für Kinder (Annahme: Reifungsdefizite des posturalen Kontrollsystems)
KSPA und Bewegungsapparat
Bei Personen im höheren Lebensalter kommt es u.a. aufgrund degenerativer Veränderungen des aktiven und passiven Bewegungsapparates zu einer verringerten Beweglichkeit.
Beweglichkeit spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, eine subjektiv hohe Kompetenz in den Aktivitäten des täglichen Lebens zu erhalten (Bravell et al., 2011).
Aus diesem Grund wird auch für ältere Personen ein Dehntraining empfohlen.
KSPA und Zellaterung
Die Telomere sind die aus repetitiver DNA und assoziierten Proteinen bestehenden Enden linearer Chromosomen.
Telomere schützen beidseits lineare Chromosomen während des Zellzyklus und sind insofern für alle biologischen Vorgänge wichtig. Sie wurden mit dem Altern von Zellen sowie mit deren Immortalisierung und auch mit der Entstehung von Krebs in Zusammenhang gebracht.
Warum ist altersangemessenes Training zur Erhaltung der Leitsungsfähigkeit sowie der funktionelle Gesundheit zu empfehlen?
Die motorische Leistungsfähigkeit verringert sich mit zunehmendem Alter non-linear, d.h. der Verlust ist zunächst gering, wird in späteren Jahren aber gravierender.
Körperlich-sportlicher Aktivität kann diesen Leistungsverlust zwar nicht aufhalten, aber verschiedene Alterungsprozesse zumindest deutlich verzögern.
Problem des Fähigkeitsorientierten Ansatzes
Theoretisches Problem: Eindimensionalität und strukturelle Beziehung der Fähigkeiten.
Empirisches Problem: Übertragbarkeit wird aufgrund empirischer Evidenzen angezweifelt.
->Generalitäts-Spezifitäts-Problem
Grundformel Koordinationstraining
Koordinationstraining= beherrschte Fertigkeiten/ sportliche Techniken+ Informationsanforderungen+ Druckbedingungen
Allgemeines und spezifisches Koordinationstraining
Allgemeines KT gilt als Maßnahme zur Herausbildung einer koordinativen Kompetenz, die als Lern- und Leistungsvoraussetzung betrachtet wird.
Spezifisches KT ist eine Maßnahme im Prozess des Überlernens zur Festigung bzw. Automatisierung von sportart- spezifischen Fertigkeiten.
Gleichgewichtsarten
Gleichgewichtstraining
Vorbemerkung: Beim Koordinationstraining spielen motorische Vorerfahrungen eine wichtige Rolle.
Gleichgewichtstraining hat in allen Altersstufen Effekte und folglich seine Berechtigung.
Trainingsinhalte sind vor allem Stand-, Balancier- und Drehgleichgewicht relevant.
Entscheidend ist die Auswahl beherrschter motorischer Fertigkeiten und deren Variation auf der Basis des KAR.
Dehnmethoden
Dehntraining bei Erwachsenen (jE und äE)
Trainingsmethoden Ausdauertraining
HIIT: kurze, interavllartige Belastungen mit submaximaler bis maximaler Intensität
HVT: Länger andauernde Belastung bei meist gleichbleibender, geringerer Intensität
Nachgewiesene Effekte von HIIT
Zusammenfassung altersgerechtes Training
Es gelten – mit wenigen Einschränkungen – die klassischen Trainingsmethoden für alle Altersgruppen.
Koordinationstraining sollte bei Kindern eine breite Basis schaffen, bei älteren Erwachsenen v. a. das Gleichgewichtsvermögen ansteuern.
Beweglichkeitstraining erfordert bei äE einen höheren Trainingsumfang als in jungen Jahren.
Ausdauertraining ist die „poly pill“ schlechthin, wobei sowohl HVT als auch HIIT breite Trainingswirkungen haben.
Es ist mittlerweile unbestritten, dass sämtliche motorische Fähigkeiten während der gesamten Lebensspanne durch geeignete Interventionen positiv beeinflussbar sind.
Unabhängig davon ist das Schulkind- und das Jugendalter durch trainingsgünstige Zeiträume charakterisiert.
Mehrere motorische Fähigkeiten tragen dazu bei, dass Alterungsprozesse verzögert auftreten; eine Umkehr ist jedoch nicht möglich.
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