Buffl

VL Schuldfähigkeitsbegutachtung

LD
by Livia D.

Strafrechtliches Schuldprinzip 

1. Was bedeutet Schuld im juristischen Sinn?

2. Schuldfähigkeitsparagraphen

1. Was bedeutet Schuld im juristischen Sinn?

  • Schuld Emotion

  • Schuld im strafrechtlichen Sinne= Subjektive Zurechnung (Vorwerfbarkeit) rechtswidrigen Verhaltens trotz generell normativer Ansprechbarkeit 

    • Normative Ansprechbarkeit=  

      • ist die zumutbare alltagsbezogene Verhaltenssteuerung durch soziale Normen


  • Maßgeblich für Bestrafung ist die Schwere der Schuld, Schwere der Tat bildet nur den Bestrafungsrahmen 

    • Keine Strafe ohne Schuld 

2. Schuldfähigkeitsparagraphen 

  • § 20 StGB Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung

    • Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaft seelischen Störung, tiefgreifender Bewusstseinsstörung, Intelligenzminderung o. schwerer anderer seelischer Störung, unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln

      • Eingangsmerkmale

        • Notwendige Bedingung

      • Einsichtsfähigkeit: Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen.

        • Hinreichende Bedingung

        • --> Setzte Wissen & Verständnis über Normen gesellschaftlichen Zusammenlebens voraus 

        • Keine Graduierung --> vorhanden vs. nicht vorhanden  

        • z.B. eingeschränkt bei akutem Verfolgungswahn 

      • Steuerungsfähigkeit 

        • Hinreichende Bedingung

        • Häufigstes Schuldunfähigkeitsphänomen 

        • nur zu prüfen wenn Einsichtsfähigkeit vorhanden

        • Es geht im wesentlichen um die Selbstkontrolle: Fähigkeit, motivationale Impulse zu kontrollieren, sich für/gegen etwas entscheiden zu können. Sie ist nur dann auszuschließen, wenn der Täter auch bei Aufbietung aller Widerstandskräfte zu einer normgemäßen Motivation nicht imstande ist.

        • Kann in 2 nicht empirische Konstrukte unterteilt werden 

          • Exekutive SF (Top-Down) 

            • Fähigkeit eine Handlung regelrecht, situationsadäquat und zielführend auszuführen (top-Down-Regulation)

            • z.B. eingeschränkt bei Intoxikation 

          • Motivationale SF (Bottom-Up)

            • Handlung, trotz Wünsche, Bedürfnisse, Impulse, Stimmung zu kontrollieren (Abschirmen gg. Bottom Up Prozesse)

            • z.B. eingeschränkt bei paranoider Schizophrenie 


  • § 21 StGB Verminderte Schuldfähigkeit 

    • Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in §20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe gemildert werden 

  • Schuldfähigkeit immer Tatbezogen zu bestimmen, weil wandelbar 

  • §19 StGB Kinder unter 14 gelten als schuldunfähig

    • zwischen 14-18 positive Prüfung --> Liegt Schuldfähigkeit doch vor durch Vorreifung

    • ab 18 --> negative Prüfung 

  • Mögliche Rechtsfolgen:

    • Straffreiheit

    • Strafminderung

    • Maßregeln zur Besserung und Sicherung

      • Psychiatrisches Krankenhaus

      • Erziehungsanstalt 

        • v.a. für Suchterkrankte

        • begrenzt auf 2 Jahre

      • Sicherheitsverwahrung

        • Hangtäterschaften 

        • Open End --> regelmäßige Überprüfung notwendig 

  • Problem: Keine positiv rechtliche Definiton von Schuld, nur Nennung von Negativumständen (Eingangsmerkmale) der Exkulpation und Dekulpation (verminderte Schuldunfähigkeit)


Eingangsmerkmale

1. Krankhaft seelische Störung

  • Entspricht den psychiatrischen Störungen mit organischer Ursache (historische Einteilung) 

    • Neurodegenerative Erkankungen wie Demenz

    • Störungen durch psychotrope Substanzen (Intoxikation)

    • Schwere affektive Störung mit psychotischen Symptomen 

    • Anfallserkrankungen 

  • Paradigmatisch für Schuldunfähigkeit (fehlende Einsichtsfähigkeit)

  • Keine spezifische Merkmalsliste --> Psychopathologische Kenntnisse auf den Einzelfall anwenden zur Bewertung des Einflusses auf die Tat 

2. Tiefgreifende Bewusstseinsstörung

  • Trübung/ Ausschaltung des Bewusstseins unter extremen Affekt/ Erregung --> nur normalpsychologische Phänomene 

  • Zeitlich passageres Phänomen

  • Häufigster Anwendungsfall: Tötung Intimpartner 

  • V.a. Steuerungsfähigkeit gravierend beeinflusst 

  • Spezifische Merkmalsliste existiert 

  • Kritik:

    • Hoch problematisches Konstrukt, beruht auf Laienvorstellung 

    • Schwer (auch selten) zu diagnostizieren (Kurzzeitiges Konstrukt, Lange Abstände zwischen Tat und Untersuchung) 

    • Fehlen einer wissenschaftlichen Affektdefinition birgt Gefahr tautologischer Schlüsse:

      • Warum hat er seine Partnerin umgebracht? Weiler er aus Affekt gehandelt hat / Wie macht sich der Affekt bemerkbar gemacht? Indem er seine Partnerin umgebracht hat 

3. Intelligenzminderung

  • Nicht auf organischen Ursachen beruhenden Oligophrenien (Intelligenzminderung, geistige Behinderung) 

  • Bemisst sich am IQ

    • 50-69 = Leichte Intelligenzminderung

    • 35-49 = Mittlere IM

    • 20-34= Schwere IM

    • <20 - 25= Schwerste IM 

  • Keine spezifische Merkmalsliste --> Saubere psychometrische Erfassung zur Erstellung eines Leistungsprofils nötig 

  • Ausdruck: Emotionsregulationsprobleme, Beeinflussbarkeit, erhöhte Suggestibilität

  • Kritik: Problematische Ausrichtung am IQ

    • IQ ist ein Gesamtwert aus mehreren Facetten, die dadurch nicht berücksichtigt werden 

    • 2 Standardabweichungen erst leichte IM; Schwerste IM so niedrig --> Wahrscheinlich gar nicht messbar 

4. Andere schwere seelische Störung 

  • Restkategorie anderer psychischer Störungen ohne organische Ursache 

    • Neurotische St., Belastungs, somatoforme Störungen

    • PKS. Und Verhaltensstörungen

    • Schizotype Störung

    • Anhaltende affektive Störung ohne psychotische Symptome

    • Substanzmissbrauchsphänomene

    • Chronische Dissozialität ist von der Schuldminderung auszuschließen -> Dies ist einfach eine normative Setzung, die jedoch durchaus kritisch zu beurteilen ist.

  • Heterogenes Bild an Störungen, die schwer zusammenzufassen sind: Versuch der Zusammenfassung: Rigide Reaktivität auf wechselnde, persönliche und soziale Lebenslagen mit stark vereinseitigten Problemlöse- und Copinmechanismen (Auswirkungen auf Steuerungsfähigkeit)

  • Spezifische Merkmalsliste vorhanden 


Author

Livia D.

Information

Last changed