Was ist Kriminalprävention?
Ethisch vertretbare & evidenzbasierte Maßnahmen, die darauf abzielen, das Risiko für das Auftreten von Straftaten und deren schädlichen Folgen zu reduzieren, um auf die Lebensqualität und Sicherheit von Einzelpersonen, Gruppen und Gemeinschaften hinzuwirken.
Einteilungsmöglichkeiten der Kriminalprävention. Wieso wird es gemacht und welche Einteilungen gibt es?
Wozu?
Strukturierung nach bestimmten Gesichtspunkten ermöglicht zielgerichteter Entscheidungen bezüglich der Auswahl von Maßnahmen + besseren Überblick
Einteilung
Früher (Kube (gesundheitspsychologisch)) --> heute noch weit verbreitet
Primär = Flächendeckende Maßnahmen, sollen Auftreten von Risikofaktoren verhindern (z.B. Soziales Kompetenztraining an Schulen)
Sekundär= Interventionen, die Schweregrad bereits bestehender Risikofaktoren mildern sollen (z.B. Familienberatung in sozialem Brennpunkt)
Tertiär= Bereits manifestierte Kriminalität abschwächen und Rückfall vermeiden (z.B. Vermittlung einer Wohnung ) --> Eigentlich KEINE Prävention
Heutige Einteilung (Beelman & Raabe)
Universelle Prävention = Richtet sich an Adressaten, die keine Auffälligkeiten haben (z.B. soziales Kompetenztraining an Schulen)
Gezielte Prävention
Selektive Prävention = Gruppen mit erhöhtem Risiko (z.B. Erziehungsberatung in sozialem Brennpunkt)
Indizierte Prävention = Personen mit Vorläuferproblemen (z.B. Straßensozialarbeit mit delinquenten auffälligen Jugendlichen)
Therapie klinisch auffälliger Personen (z.B. Personen mit devianten sexuellen Interessen)
Rehabilitation von StraftäterInnen
--> Einordbar nach zeitlicher Vorverlagerung und Zielgerichtetheit
Weitere Einteilungsmöglichkeiten
General- vs. Spezialprävention (alle Menschen vs. zur Tat geneigte Menschen)--> soziales Kompetenztraining an Schule vs. Straßensozialarbeit
Personenorientiert vs. Umweltorientiert (individuelles Verhalten vs. Veränderung der Umwelt) --> Straßensozialarbeit vs. Erziehungsberatung in sozialen Brennpunkten
Verhaltens- vs. Verhältnisorientiert (Maßnahmen setzen an menschlichem Verhalten an sowohl individuell als auch am sozialen Umfeld vs. Maßnahmen betreffen Lebensverhältnisse) --> Erziehungsberatung o. Straßensozialarbeit vs. Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Kompetenzorientiert vs. Defizitorientiert (fördert Kompetenzen vs. soll Defizite ausgleichen) --> Soziales Kompetenztraining vs. Erziehungsberatungsstelle
Verordnung der Präventionsmaßnahmen im dreidimensionalen Raum (Beelmann & Raabe)
- Klassifikationssysteme haben viele Überschneidungen, daher dreidimensionalen Raum zur Einordnung postuliert:
- Interventionsstrategie (universell, selektiv, indizierte Prävention bzw. Therapie oder Rehabilitation)
- Adressat (Personen vs. Umweltorientiert oder dazwischen?)
Zieldimension (eher defizit- oder kompetenzorientiert
Grundannahme von (entwicklungsbasierter) Präventionsmaßnahmen + Definition entwicklungsorientierter Kriminalprävention
Grundannahme: Es ist sinnvoller kriminelles Verhalten vorzubeugen (Förderung gesunder Entwicklung & Vermeidung problematischer Entwicklungsverläufe), anstatt Nachsorge zu betreiben (spätere Therapie & Rehabilitation)
Auswahl sollte nicht eminenzbasiert sondern evidenzbasiert sein --> alle Präventionsmaßnahmen sollten empirisch belegt sein, dennPrävention setzt an, obwohl das Problemverhalten noch nicht aufgetreten ist
Definition Entwicklungsorientierte Kriminalprävention= Beeinflussung & Veränderung menschlicher Entwicklungsprozesse, um abweichende Entwicklungsverläufe zu verhindern oder abzuschwächen
Allgemeines Modell zur Evidenzbasierung entwicklungsorientierter Präventionsmaßnahmen
5 Schritte:
1. Legitimation der Maßnahmen
Indikation einer Maßnahme
--> Problem muss tatsächlich vorliegen
Material: Epidemiologische Untersuchungen, Sozialstatistiken, prognostische Längsschnittstudien (z.B. Age Crime Curve zeigt Bedarf für Eingriffe im Jugendalter)
Abgrenzung zu anderen Interventionsformen
Warum wird gerade diese und keine andere Maßnahme genommen
Begründung einer Präventionsstrategie
Begründete Auswahl welche spezifische Präventionsstrategien verfolgt werden soll
Material: Mit Blick auf empirische Studien & theoretisch
Normative Begründung
Muss sich an den Zielen der Gesellschaft orientieren
Auch wichtig, damit die Implementierer einer Maßnahme auch hinter der Maßnahme stehen
2. Veränderungstheoretische Fundierung
Mikro-Meso-, Makroebene
Entscheidung darüber auf welcher Ebene man ansetzen muss, um den Ursachen kriminellen Verhaltens entgegenzuwirken
Auf Individual und Mikroebene erreichen wir mit Blick auf konkrete Verhaltensänderungen am meisten (individuelles Verhalten, Denkstile, Copingstile, Interaktionsstile)
Aber Effektivität einer Maßnahme wird immer beschränkt sein durch Umstände auf Meso- und Makroebene, müssen daher mit bedacht werden.
An Übergangsphasen ansetzen
Ökologische Übergänge = z.B. Wechsel im ökologischen Kontext wie Schulwechsel --> Personen sind besonders sensibel und empfänglich für Input von Außen
Aktuelles Entwicklungsniveau als Ausgangspunkt
Um Unter- und Überforderung zu vermeiden
Prinzip der dosierten Abweichung vom Status quo = Interventionen, sollten sich auf das derzeitige Entwicklungsniveau eines Adressaten beziehen und als unmittelbare Handlungsziele auf den nächsten Entwicklungs-/Veränderungsschritt bezogen sein
Unterscheidung zwischen Aktualgenetisch und ontogenetischen Veränderungsmaßnahmen
Aktualgenetisch= Ad hoc Veränderungen (z.B. Programm zum Substanzstopp)
Ontogenetisch= Langfristige Veränderungen geplant
3. Formulierung der Programmtheorie --> Begründung der Präventionsinhalte
Empirisch bestätigte Risiko- und Schutzfaktoren
= Faktoren, die kausalen Einflussfaktor für die Entstehung von Verhaltensproblemen halten
Ableitungen aus bisheriger Interventionsforschung
z.B. Wirkfaktoren ableiten aus Wirksamkeitsstudien
Ätiologische Entwicklungsmodelle berücksichtigen
Theorien über positive Entwicklung
nicht nur defizitorientierte Perspektive einnehmen, sondern auch kompetenzorientierte Perspektive (z.B. Kompetenzen, die Jugendliche erwerben müssen, für eine gute Entwicklung)
4. Begründete Konzeption der Interventionsdurchführung/des Durchführungskonzepts
Wie soll ausgewählter Inhalt vermittelt werden?
Überlegungen zur Intensität, Methoden, Zielgruppe ect.
--> auch hier empfiehlt sich, wenn vorhanden empirisches Wissen zu nutzen
5. Empirische & praktische Bewährung (Flay et al. 2005)
Efficacy untersuchen mit mind. 2 unabhängigen Forschergruppen
Effectivness untersuchen (Wirksamkeit in praktisch repräsentativen Setting einschließlich Implementionsbedingungen, -und Probleme)
Dessimination untersuchen = Überlegungen & Maßnahmen zur systematischen Implementation & Verbreitung der Maßnahmen im sozialen Versorgungsystem
Kosten-Nutzen-Relation von Präventionsmaßnahmen
-> Mit all diesen Schritten erhält man dann eine wissenschaftlich fundierte Prävention
Befunde zur Wirksamkeit entwicklungsorientierter Kriminalprävention
Studienlage:
- positive geringe bis moderate Effekte (.2-.5) --> zu erwarten, da Kriminalität multikausales Konstrukt ist und nicht nur mit einer Maßnahme verhindern werden kann
- Heterogenität (auch negative Effekte wie z.B. Abschreckungsszenarien als Drogenintervention)
- Auch hier differentiellere Betrachtung notwendig + längere follow-up Zeiträume
Prinzipien erfolgsversprechender Präventionsarbeit 6 punkte
Entwicklungspsychologische Fundierung
bauen auf empirisch bestätigten Risiko- und Schutzfaktoren auf & berücksichtigen ätiologische Entwicklungsmodelle
Strukturierte, inhaltliche aufeinander aufbauende & interaktive Präventionsmaßnahmen
systematisches Erlernen von Verhaltensweisen besser als reine Wissensvermittlung
Kombination von Maßnahmen
straffälliges Verhalten multikausal --> Vielzahl von Risikofaktoren sollten auch bei Prävention bedacht werden
Zeitpunkt: Passung zum Reifegrad
Entwicklungsziele einer Prävention sollten zu Entwicklungsreife einer Person passen
Aktivierung von Zielgruppen bzw. der Angebotsstruktur
Maßnahmen sollen für Zielgruppe einladend sein
Implementationsfaktoren/ Durchführungsmerkmale
z.B. persönliches Engagement der Administratoren, Passung Programm und Anwender, Einstellung beteiligter Personen, Kontextbedingungen, Konzeptreue (aber auch gewissen Flexibilität wichtig)
1. Definition Rechtspsychologie
2. Traditionell Aufteilung der Rechtspsychologie
3. Kurze Geschichte der Rechtspsychologie
1. Die Anwendung von empirisch gesicherten psychologischen Grundlagen Wissen auf Fragen & Probleme des Rechts
2. Traditionelle Aufteilung
Kriminalpsychologie
früher Kriminologie, weil Kriminalpsychologie als Fach nicht vorhanden war
Beschäftigt sich v.a. mit Fragen zu individuellem kriminellen Verhalten (Prognose, Prävention, Rehabilitation, Behandlung)
Kriminologie hat heute einen gesellschaftlicheren Blick
Forensische Psychologie
Entstand, weil Gerichte immer mehr psychologisches Fachwissen zu rechtlichen Fragen einholten
Beschäftigt sich also v.a. mit Fragen, die sich in Gerichtsprozessen ergeben (Schuldfähigkeit, Glaubwürdigkeit, Polygraphie.)
Kritik: Starke Orientierung am Einzelfall & Fehlen einer theoretisch fundierten Grundkonzeption
---> Begriffe teilweise nicht genau voneinander zu trennen, daher hat sich in den 1980ern der Begriff Rechtspsychologie etabliert
3. Geschichte
Internationaler Aufschwung der Rechtspsychologie als eigene Forschungsdisziplin in den 80er Jahren (--> Gründung Fachzeitschriften, mehr empirische Forschung, Etablierung von Studiengängen der Rechtspsychologie usw.)
Gründe:
Wissenschaft generell spezialisierte sich und differenzierte sich aus, die Rechtspsychologie als eigenes Fach daher auch
Kampf um Drittmittel, kurbelte die Forschung an, v.a. auch in Beziehung auf praktische Relevanz (z.B. Arbeiten von Loftus zu false memories und ZeugInnenaussagen)
Durch mediale Berichterstattung stieg das gesellschaftliche Interesse an dem Thema (v.a. zu Sexualdelikten und Jugenddelinquenz)
In der zunehmend komplizierter werdenden Industriegesellschaft nahmen v.a. die Themen des Risikoassessments und Risikomanagement an Bedeutung zu
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