Anwendungsbeispiel: Beanspruchungserfassung im PKW
Forschungsansatz mit EKG und EEG (Untersuchung von Lei & Rötting, 2011)
Was wurde da grob gemacht?
Beschreibung der Beanspruchung von Kraftfahrern in Abhängigkeit von der Schwierigkeit der Fahraufgabe und der Gedächtnisbelastung (z.B. durch Nebentätigkeiten)
Erfassung des EEG und EKG bei Fahrten in einem einfachen Fahrsimulator („Sitzkiste“, „driving box“)
Wie waren da die Stichprobe und deren konkrete Aufgabe?
Was waren denn da die Forschungsziele?
Forschungsziele:
Vergleich der Sensitivität verschiedener Indikatoren des Spontan-EEGs für verschiedene Beanspruchungsaspekte beim Autofahren (Frage nach der Diagnostizität)
Vergleich der Sensitivität von hirnelektrischen vs. kardiovaskulären Indikatoren für die Erfassung von Fahrerbeanspruchung
Was waren abhängige und unabhängige Variablen?
Und, was waren die Ergebnisse der kardiovaskulären Indikatoren?
Ergebnisse kardiovaskuläre Indikatoren:
HR differenziert bei Fahraufgabe nur zwischen Kontrolle und langsam/schnell; bei „n-back“ i.d.R. alle drei Stufen (Ausnahme: Kontrollbed.)
HRV differenziert jeweils nur zwischen einzelnen Bedingungen (z.B. Kontrolle/“langsam“ vs. „schnell“; N0 vs. N2)
Was waren nun die Ergebnisse der Theta- und Alpha-Aktivität?
Ergebnisse Theta- & Alpha-Aktivität
Theta: Differenziert die Beanspruchungsunterschiede bei n-back, nicht aber die der Fahraufgabe
Alpha: Differenziert bei beiden Arten von Beanspruchungsunterschieden
Was kann man aus den Ergebnissen nun schlussfolgern?
Vergleiche die EEG- und EKG Indikatoren
Was ist ereigniskorrelierte EEG-Aktivität?
Was sind Potentialkomponenten?
Kennzeichnung durch Polarität, Latenzzeit (bzw. Reihenfolge) und Topographie der Maximalamplitude
Für psychologische Forschung besonders interessant: späte Komponenten mit Latenzzeit > 100-200 msec, die unabhängig von spezifischen physikalischen Charakteristika eines Ereignisses auftreten („endogene Komponenten“)
Indikatoren ereigniskorrelierter EEG-Aktivität: Wie ist das im Kontext Forschungsfeld Mentale Beanspruchung?
Besonders gut untersucht: P3/P300-Komponente des EKP
positive Spannungsveränderung frühzeitig 300 msec nach Reizdarbietung
maximale Amplitude über dem parietalen Kortex (Pz) Auslösbar durch seltene, aufgabenrelevante Reize
Was ist das Odball-Paradigma?
„Oddball“-Paradigma:
der Vp werden Sequenzen zweier unterschiedlicher Reize dargeboten; Reiz A tritt häufig auf und soll ignoriert werden; Reiz B tritt selten auf (10-20%) und soll gezählt werden
Deutlich ausgeprägte P3(00) nach Reiz B
Indikatoren ereigniskorrelierter EEG-Aktivität: Wovon ist die Latenzzeit (Anmerkung: Latenzzeit = Das ist der Zeitraum zwischen einem Ereignis und dem Eintreten einer sichtbaren Reaktion darauf, also basicly Reaktionszeit) abhängig und wovon nicht? Und die Amplitude?
Latenzzeit abhängig von Schwierigkeit der Wahrnehmung und Kategorisierung eines Reizes, aber unabhängig von Reaktionsanforderungen (Kutas et al., 1977; Magliore et al., 1984)
Amplitude abhängig von der Menge an Ressourcen, die der Aufgabe zugewiesen werden (Isreal et al.,1980; Wickens et al., 1983)
Indikatoren ereigniskorrelierter EEG-Aktivität: Gib das Untersuchungsbeispiel von Israel und Friends, erstmal Untersuchungslogik und Annahme bitte
Untersuchungslogik:
Analyse der P300-Amplitude auf Sekundäraufgabenreize
Oddball-Aufgabe als leicht umsetzbare Sekundäraufgabe
Annahme:
Wenn P300-Amplitude die Menge der jeweils verfügbaren (investierten) Ressourcen anzeigt, sollte die Amplitude auf Sekundäraufgabenreize invers zur Schwierigkeit der Primäraufgabe variieren
Beispielexperiment I - Isreal, Chesney, Wickens & Donchin (1980)
Beispielexperiment II - Isreal, Chesney, Wickens & Donchin (1980)
So, was kann man aus Israels Experimenten nun schlussfolgern?
Schlussfolgerungen: Amplitude der P300 auf Sekundäraufgabenreize...
...ist reduziert im Vergleich zu single-task Kontrollbedingungen
...bleibt von der motorischen Schwierigkeit der Primäraufgabe unbeeinflusst
...variiert umgekehrt proportional zu den perzeptiv-kognitiven Anforderungen der Primäraufgabe
P300-Amplitude als physiologisches Korrelat perzeptiv-kognitiver Ressourcen im Sinne des Modells multipler Ressourcen (Wickens, 1980, 1984, 2002)
Beispielexperiment zur Ressourcenverteilung von Wickens, Kramer, Vanasse & Donchin (1983)
Beispielexperiment von Kramer, Sirevaag & Braune (1987)
Soo, erstmal genug Studien angeguckt- Jetzt bitte mal ein Zwischenfazit- wie ist denn die P300 Amplitude nun als Beanspruchungsindikator?
P300-Amplitude auf Sekundäraufgabenreize sensitiver Indikator für perzeptiv- kognitive Beanspruchung
Registrierung durch Anbindung an Sekundäraufgaben allerdings nicht völlig interferenzfrei
weniger problematisch als Leistungsmaße durch Möglichkeit des Verzichts auf erfassbare motorische Reaktionen
trotzdem Risiko von Veränderungen der Aufgabenanforderungen
Alternative: Ableitung von Beanspruchungsindikatoren von EKPs auf irrelevante Probenreize (irrelevant probe technique)
Was ist die irrelevant Probe Technique?
Irrelevante Probenreize: Reize, die während der Bearbeitung einer Primäraufgabe dargeboten werden, ohne dass die Person darauf achten oder damit etwas machen soll
Fragestellung: Lösen auch solche irrelevanten Reize EKPs aus, deren Komponenten- Amplituden in Abhängigkeit von der Beanspruchung in der Primäraufgabe variieren?
Irrelevant Probe Technique – Beispielexperiment von Allison & Polich (2008)
Irrelevant Probe Technique – Beispielexperiment von Miller et al. (2011)
Stichprobe: 20 Erwachsene
Primäraufgabe: Tetris®
Probenreize: unerwartete Alltagsgeräusche (z.B. zerbrechendes Glas; Husten o.ä.)
alle 6-30 sec
Unabhängige Variablen: Schwierigkeit der Primäraufgabe: nur zuschauen (Kontrolle),
leicht (level 1-3), schwer (level 8-11)
AV: EKP-Komponenten von 30 Ableitorten (10-20 System)
N1, P2, P3, späte (langsame) Positivierung (LPP)
Indikatoren ereigniskorrelierter EEG-Aktivität: Wie bewerten wir den Beanspruchungsindikator nun finally
P300-Amplitude auf Sekundäraufgabenreize sensitiver und diagnostischer Indikator für perzeptiv-kognitive Beanspruchung
Neuere Befunde weisen darauf hin, dass das auch bei irrelevant probe techique der Fall ist
Möglicherweise auch frühere Komponenten interessant als Indikatoren perzeptiver Beanspruchung (wenig Befunde bisher)
Für Felduntersuchungen kaum geeignet (nur Simulator)
Technischer Aufwand
Artefaktanfälligkeit (vor allem Bewegungen)
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